noch ist die Kuh nicht vom Eis, doch die Richtung ihrer Bewegung stimmt immerhin: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, das Projekt Sonderprämie für Altenpflegekräfte rasch umzusetzen. Jetzt scheint klar zu sein, wer die Kosten für den Bonus von 1.500 Euro pro Fachkraft in den Einrichtungen tragen soll: Pflegekassen, Arbeitgeber und die Länder. Dass mit dieser Zahlung ein wichtiges Zeichen in die derzeit hochbelastete Branche gesendet würde, war allen Beteiligten von Anfang an klar. Nur wem dafür die Rechnung präsentiert werden kann, sorgte für einen zähen Streit.
Die Kritik am Mieterschutz-Gesetz der Bundesregierung reißt nicht ab. Jetzt macht eine ungewöhnliche Allianz aus Mieterbund und Wohnungswirtschaft Front gegen die Krisen-Politik der großen Koalition. Sie wirbt für einen "Sicher-Wohnen-Fonds", den der Bund einrichten müsste. Mit Geldern aus diesem Topf ließen sich nicht nur Wohnungskündigungen - ausgelöst durch die Corona-Krise - vermeiden, sondern zugleich den Eigentümern ihre Mieteinnahmen sichern. Doch die Regierung sieht sich (noch) nicht gefordert.
Erst langsam kehren die Tafeln in Deutschland zur Normalität zurück. Viele hatten ihre Angebote wegen der Corona-Pandemie ganz eingestellt. Jetzt bieten aber immer mehr Lebensmittelausgaben wieder ihre Dienste an - wenn auch unter strikter Einhaltung der Abstandsregeln, wie eine Umfrage des epd ergab. Die Krise wird die soziale Landschaft in Deutschland nachhaltig verändern, ist Tafel-Verbandschef Jochen Brühl überzeugt. Im epd-Interview erklärt er, warum das so ist.
Die Intensivmedizin konzentriert sich in diesen Wochen ganz auf Corona-Patienten. Doch kümmert sich das Gesundheitswesen auch noch ausreichend um die vielen anderen Schwerkranken, etwa Krebspatienten? Kritik und Verunsicherung rufen zum Beispiel die vielen vertagten Operationen hervor. Die Deutsche Krebshilfe berichtet, derzeit würden viele Maßnahmen in Bereichen wie etwa Früherkennung, Psychoonkologie, Palliativbehandlung oder Reha aufgeschoben. Sie zeigt sich besorgt und berichtet von einer "extrem gestressten Situation". Generell schlecht steht es derzeit um die ungezählten Angebote der Selbsthilfe. Die Gruppen kommen nicht mehr zusammen, das Kontaktverbot legt die gemeinsamen Aktivitäten lahm. Notbehelfe müssen her. Die gibt es, wie etwa Online-Gesprächskreise. Doch die, da sind die Experten einig, können echte Begegnungen, etwa beim Sport, nicht ersetzen - ein Lagebericht.
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Dirk Baas
Berlin (epd). Im Streit um die Finanzierung der versprochenen Bonuszahlungen für die Altenpflege in der Corona-Krise hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Klärung versprochen. Sein Ziel sei, "dass wir in den nächsten ein, zwei Wochen da auch zu einem konkreten Ergebnis für die Pflegekräfte kommen", sagte Spahn am 22. April nach einer Sitzung des Gesundheitsausschusses im Bundestag in Berlin. Das Bundeskabinett billigte neue Mindestlöhne für die Pflege. Sie sollen bis 2022 schrittweise steigen.
Spahn sagte, bei den Bonuszahlungen gehe es um eine faire Verteilung der Kosten. Geklärt werden müsse, welchen Teil die Pflegekassen übernehmen sowie die Länder und Arbeitgeber. Die Opposition kritisierte, die Pflegekräfte würden hingehalten.
Im Gespräch sind Prämien bis zu 1.500 Euro. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) hatten sich Anfang April auf eine Sonderzahlungen in dieser Höhe geeinigt. Es ist aber offen, ob das für die ganze Branche gelten soll. Dazu müsste Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Verordnung erlassen. Offen ist auch, wie hoch die Boni tatsächlich ausfallen werden. Beschlossen hat die Regierung aber, dass Corona-Prämien bis 1.500 Euro steuerfrei gestellt werden.
Seit Wochen wird nun darüber gestritten und verhandelt, wer die Boni finanzieren soll. Die Arbeitgeber in der Pflege fordern eine Erstattung. Widerstand gibt es nach Medienberichten auch bei den Krankenkassen, die die Prämie nicht allein über die Beiträge zur Pflegeversicherung finanzieren wollen.
Die Opposition fürchtet, dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen über steigende Eigenanteile am Ende selbst für die Kosten aufkommen müssen. Die Grünen verlangten eine Finanzierung aus Steuern, die Linke forderte die Bundesregierung auf, die Altenpflegekräfte nicht länger hinzuhalten.
Spahn sagte, geklärt werden solle in den kommenden Tagen, wie Teilzeitkräfte berücksichtigt werden und welche Berufsgruppen genau eine Prämie erhalten sollen. "Reinigungskräfte leisten auch wichtige Arbeit", sagte Spahn. Nach dieser Klärung solle über die Finanzierung gesprochen werden. Spahn würdigte die Arbeit in den Heimen. In den Altenpflegeeinrichtungen werde stationär wie ambulant "gerade großartige Arbeit geleistet" mit viel Engagement und in "oftmals sehr, sehr schwierigen Situationen", sagte der Minister.
Die Diakonie begrüßte die Pläne, eine Prämie zu zahlen, wies aber zugleich darauf hin, dass auch in anderen sensiblen Bereichen wie der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen vergleichbare Corona-Belastungen und -Risiken wie in der Pflege bestünden. Vorstand Maria Loheide: "Wir fordern die Bundesregierung auf, ähnliche Modelle wie für die Pflege auch für andere Berufsgruppen zu suchen, die besonders von der Corona-Krise betroffen sind."
"Die Beschäftigten in der Pflege leisten Außerordentliches und gefährden zum Teil in besonderer Weise ihre eigene Gesundheit. Sie haben die Prämie absolut verdient", sagte ver.di-Chef Frank Werneke: "Wir streben vergleichbare Regelungen auch für weitere Branchen und Tätigkeiten an." Die geplante Prämie sei insbesondere ein Erfolg der ver.di-Tarifinitiative für allgemeinverbindliche Regelungen in der Altenpflege.
Bpa-Präsident Bernd Meurer betonte, die Mitglieder des bpa Arbeitgeberverbands und des bpa stünden ohne Wenn und Aber zur Zahlung dieser Prämie. "Wie alle anderen Arbeitgeberverbände haben wir immer deutlich gemacht, dass die Refinanzierung gesichert und eine praktikable Umsetzung gewährleistet sein muss." Die jetzige Empfehlung beinhalte beides, deshalb könne er Bund und Länder nur dazu aufrufen, den Vorschlägen der Fachleute von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu folgen.
Die Dienstgeberseite der Caritas schlug gestaffelte Prämien für Pflege- und Betreuungskräfte sowie Auszubildende und andere Beschäftigte wie Reinigungskräfte zwischen 1.500 und 500 Euro vor. Diese Empfehlung sollte möglichst zügig, unproblematisch und rechtssicher umgesetzt werden, sagte Norbert Altmann, Sprecher der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas. "Dagegen würde eine Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages die Entscheidung für eine Prämie wie auch die Auszahlung nur auf die lange Bank schieben."
Die neuen Mindestlöhne für die Pflege, die das Bundeskabinett billigte, sollen Pflegekräfte vor Dumping-Löhnen schützen. Sie waren bereits Ende Januar von der 4. Pflegekommission beschlossen worden, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Erstmals sind unterschiedliche Mindeststundenlöhne für Hilfskräfte, Pflegehilfskräfte mit Ausbildung und Pflegefachkräfte vorgesehen. Festgelegt wurde auch eine stufenweise Anhebung und Angleichung von West- und Ostlöhnen. Außerdem sollen die Pflegekräfte mehr bezahlten Urlaub bekommen als gesetzlich vorgeschrieben.
Die untere Lohngrenze für ungelernte Kräfte im Westen Deutschlands steigt zum Juli von derzeit 11,35 Euro auf 11,60 Euro und in weiteren Stufen ab April 2022 auf 12,55 Euro. Bis dahin sollen auch die Ost-Mindestlöhne auf diesen Betrag steigen, die derzeit noch bei 10,85 Euro liegen. Für Pflegefachkräfte soll ab Juli kommenden Jahres bundesweit ein Mindeststundenlohn von 15 Euro gelten, der zum April 2022 auf 15,40 Euro steigt. Die unteren Lohngrenzen sind für die gesamte Altenpflegebranche verbindlich.
Berlin (epd). Das Elterngeld soll an die Bedingungen angepasst werden, unter denen viele Eltern in der Corona-Krise arbeiten müssen. Der Bundestag befasste sich am 22. April in Berlin mit einem Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), der verhindern soll, dass Eltern Nachteile haben.
Demnach sollen Väter und Mütter, die in systemrelevanten Berufen arbeiten und etwa in den Krankenhäusern gebraucht werden, ihre Elterngeldmonate aufschieben können, die sie sonst bis zum 14. Lebensmonat des Kindes nehmen müssten. Eltern die in Kurzarbeit sind, müssen nicht fürchten, dass das Kurzarbeitergeld ihr Elterngeld mindert. Werdende Eltern in Kurzarbeit können die Monate mit geringen Einkommen für die Elterngeldberechnung ausklammern. Auch der Partnerschaftsbonus soll nicht entfallen, wenn die Eltern mehr oder weniger arbeiten als geplant.
Elterngeld gibt es nach der Geburt eines Kindes, wenn ein Elternteil ihre oder seine Arbeit reduziert, um das Kind zu betreuen. Es wird länger gezahlt, wenn sich die Partner Arbeit und Kinderbetreuung teilen. Im vergangenen Jahr bezogen 1,9 Millionen Eltern die Leistung. Etwa 40 Prozent der Väter beteiligen an der Betreuung.
Zur Kinderbetreuung während der Schließung von Kitas und Schulen sagte Giffey in der Bundestagsdebatte, sie arbeite mit den Ländern an Plänen zur schrittweisen Wiedereröffnung der Kitas über die Notbetreuung hinaus. Im Fokus stünden Alleinerziehende und gefährdete Kinder. Die Notbetreuung von Kindern müsse künftig auch dann gesichert werden, wenn nicht beide, sondern nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. Außerdem arbeite sie an einer Verlängerung der Lohnersatzleistung für Eltern, die wegen ihrer unbetreuten Kinder nicht arbeiten können, sagte Giffey. Die bisherige Regelung, wonach Eltern 67 Prozent ihres Nettolohns bekommen können (insgesamt höchstens 2.016 Euro) gelte nur bis Mitte Mai.
Den Linken und den Grünen forderten ein Corona-Elterngeld für die Zeit der Krise, das es Eltern ermöglichen soll, ihre Kinder zu betreuen, ohne in Not zu geraten. In der Krise bräuchten die Familien deutlich mehr Unterstützung als sonst, sagte die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner, insbesondere arme Familien. Dazu gehöre auch ein Krisenzuschlag für Hartz-IV-Familien, sagte sie.
Die Diakonie forderte einen Schutzschirm für Familien. Nach dem Willen des evangelischen Wohlfahrtsverbandes sollten von Armut bedrohte Familien einen finanziellen Ausgleich erhalten dafür, dass während der Krise viele Hilfsangebote eingeschränkt sind, etwa die Tafeln, Angebote für Kinder und kostenloses Mittagessen in Kitas und Schulen. Vorstandsmitglied Maria Loheide forderte außerdem Zuschläge für Eltern mit Kurzarbeitergeld und Lohnersatz für Eltern, die wegen der Schul- und Kitaschließungen nicht arbeiten können.
Beim Zugang zur Notbetreuung müsse besonders die familiäre Situation berücksichtigt werden, verlangte die Diakonie weiter. Bund und Länder müssten ein Familienpaket schnüren, "weil sich abzeichnet, dass die Krise noch länger andauern wird", erklärte Loheide.
"Finanziell wird es für Alleinerziehende eng in der Corona-Krise. Ohne Kinderbetreuung in Kita und Schule können sie ihrem Beruf nicht mehr nachgehen. Zur finanziellen Not kommt dann die Angst um den Job und die eigene Existenz", erklärte Daniela Jaspers, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter. "Die Notfallbetreuungen müssen deshalb dringend in allen Bundesländern für Alleinerziehende geöffnet werden, unabhängig von ihrem Beruf."
Außerdem warb Jaspers um mehr Geld für die betroffenen Familien. Sie bräuchten schnellstmöglich eine unbürokratische Aufstockung der SGB II-Leistungen sowie die Bezahlung von Computern und Tablets.
Berlin (epd). Wer wegen der Corona-Krise länger in Kurzarbeit ist, kann mit einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes rechnen. Die Spitzen der großen Koalition haben sich in der Nacht zum 23. April in Berlin auf eine zeitlich gestaffelte Erhöhung verständigt. Der Beschluss wurde auch von der Opposition begrüßt, aber als nicht weitreichend genug kritisiert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zeigte sich zufrieden.
Wie CDU, CSU und SPD nach den nächtlichen Beratungen des Koalitionsausschusses mitteilten, sollen je nach Bezugsdauer bis zu 80 Prozent des Lohnausfalls ausgeglichen werden, bei Haushalten mit Kindern bis zu 87 Prozent. Auch für Arbeitslose wurden höhere Leistungen vereinbart. Schülerinnen und Schüler erhalten Unterstützung für den digitalen Unterricht.
Arbeitsminister Heil sagte, Kurzarbeit sichere in der Krise Millionen von Arbeitsplätzen. Die Lohnkürzung treffe aber viele Beschäftigte hart, gerade Familien hätten das zu spüren bekommen. Man helfe denen, die länger in Kurzarbeit seien. Der SPD-Politiker bezeichnete die Einigung mit der Union als eine "gute Lösung". Die SPD hatte eine Aufstockung auf 80 Prozent für die Sommermonate gefordert, die Unionsspitze hatte das abgelehnt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in ihrer Regierungserklärung, für die Bewältigung der Pandemie seien Hilfen in einer Höhe beschlossen worden, die vorher "schlicht außerhalb unserer Vorstellung lag". Die Pandemie habe Deutschland "in einer Zeit gesunder Haushalte und starker Reserven getroffen". Dies helfe jetzt.
Bislang beträgt das Kurzarbeitergeld 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettoeinkommens. Es soll für diejenigen, die ihre Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert haben, ab dem vierten Monat auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent erhöht werden, für Eltern auf 77 beziehungsweise 87 Prozent. Das soll längstens bis Jahresende gelten.
Wegen der wirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung haben inzwischen mehr als 700.000 und damit rund ein Drittel der Betriebe in Deutschland Kurzarbeit für ihre Beschäftigten beantragt.
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer lehnte die Erhöhung als zu pauschal ab. Sie diene nicht der gezielten Bekämpfung von Notlagen im Einzelfall, sondern befeuere nur Erwartungen an die Sozialstaat, die diesen langfristig finanziell überforderten, erklärte er.
Opposition und Sozialverbände begrüßten den Koalitionsbeschluss zwar, kritisierten aber, dass er nicht weit genug gehe. Grüne, Linke und AfD forderten eine sofortige Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Geringverdiener bräuchten das Geld sofort, wenn sie keine Rücklagen haben.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßte die Koalitionsbeschlüsse für Beschäftigte, kritisierte aber, dass Haushalten in Armut weiterhin nicht geholfen werde. Sozialverbände, Grüne und Linke fordern Aufschläge auf die Hartz-IV-Regelsätze und die Grundsicherung für Rentner, weil die Lebensmittel teurer werden und viele Hilfsangebote derzeit wegfallen.
Der Koalitionsausschuss vereinbarte ferner, dass ab dem 1. Mai bis Jahresende Kurzarbeiter in allen Branchen ein Einkommen bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen dürfen. Bisher gilt das nur für Zusatzjobs in systemrelevanten Betrieben und Einrichtungen. Arbeitslose, deren Arbeitslosengeld I zwischen dem 1. Mai und 31. Dezember ausliefe, erhalten die Leistung drei Monate länger.
Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), sagte: "Der jetzt gefundene Kompromiss ist ein Erfolg der gewerkschaftlichen Bemühungen um eine Anhebung des Kurzarbeitsgelds. Es ist gelungen, gegen den Widerstand in der Union und leider auch den meisten Arbeitgeberverbänden eine Erhöhung durchzusetzen."
Kritisch anzumerken sei, dass die Erhöhung erst ab dem vierten Monat einsetze und dann auch nur auf 70 beziehungsweise 77 Prozent: "Das geht an der Wirklichkeit vieler Beschäftigter mit Kurzarbeit in Dienstleistungsbranchen mit niedrigen Einkommen und einem hohen Anteil an Teilzeitarbeit weitgehend vorbei", stellte Werneke klar.
Außerdem beschloss die Koalition, Schülerinnen und Schüler wie auch Schulen mit 500 Millionen Euro bei der Digitalisierung zu unterstützen. Bedürftige Schüler erhalten einen Zuschuss von 150 Euro für die Anschaffung digitaler Geräte, auf die sie während der Schulschließungen besonders angewiesen sind. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärte, dass alle Kinder technisch ausgestattet sind, sei eine Frage der Chancengerechtigkeit. Die Pandemie dürfe nicht dazu führen, dass Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern weiter abgehängt würden.
Berlin (epd). Die Corona-Krise führt zu merkwürdigen sozialpolitischen Allianzen: Wenn Wohnungswirtschaft, Mieterbund, Genossenschaften und Sozialverbände gemeinsam eine Forderung erheben, ist das in normalen Zeiten fast anrüchig. Heute aber rufen sie vereint die Bundesregierung auf, mehr zu tun für den Mieter- und Vermieterschutz. Ein "Sicher-Wohnen-Fonds" für Notfälle müsse her.
Die Regierung hat beim Spannen ihrer milliardenschweren Schutzschirme Mieter und Kleinstunternehmen in Zahlungsnot nicht vergessen. Durch die Corona-Krise in Zahlungsnot geratene Mieter sind zwischen dem 1. April und dem 30. Juni 2020 sicher vor dem Verlust ihrer Wohnung geschützt. Knackpunkt: Die Zahlungen sind nur gestundet, müssen samt Zinsen bis spätestens 2022 nachgeholt werden. Andernfalls droht doch noch eine ordentliche Kündigung der Wohnung. Zudem greift der befristete Schutz nur, wenn Mieter nachweisen können, dass ihre Einkommenseinbußen direkt auf die Pandemie zurückzuführen sind - eine laut Experten hohe bürokratische Hürde.
Die Stundung von Mietrückständen sei keine Lösung, heißt es deshalb beim Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen. "Wer schon vor der Pandemie die horrenden Mieten gerade so schultern konnte, hat dafür keine Rücklagen. Wer jetzt in Kurzarbeit nur noch 60 Prozent des Einkommens hat oder arbeitslos wird, kann später keine Mietrückstände abstottern." Und: Die dreimonatige Kündigungsfrist sei viel zu kurz und müsse mindestens bis Ende September 2020 verlängert werden, so das Bündnis aus über 40 Organisationen, Vereinen, Initiativen und Gewerkschaften.
Der geforderte Fonds soll den Mietausfall als Zuschuss oder zinsloses Darlehen übernehmen und Geld direkt an den Vermieter auszahlen - so würden erst gar keine Kündigungstatbestände entstehen. Doch davon hält Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) bislang nichts: "Ein solcher Fonds ist nach meiner Überzeugung neben den bestehenden Systemen der sozialen Sicherung nicht erforderlich." Denn, so die Ministerin, wer in der Krise seine Miete nicht mehr zahlen könne, habe in der Regel Anspruch auf Grundsicherung oder Wohngeld.
Dem widerspricht Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes: "Anders als gelegentlich behauptet wird, kann durch andere staatliche Leistungen wie das Wohngeld allenfalls ein Teil der Miete abgedeckt werden, es ist nicht mehr als ein Mietzuschuss. Sofern wir uns also nicht im Bereich der Sozialleistungen bewegen, bleibt immer eine Lücke, die es auszugleichen gilt, wenn das Mietverhältnis nicht aus den Fugen geraten soll." Allein deshalb ist er von der Fonds-Lösung überzeugt.
Der Eigentümerverband Haus & Grund rügt, die jetzige Rechtslage sei für Wohnungsbesitzer, die selbst Kredite abzutragen hätten, völlig unzureichend. Das Hilfsgesetz treibe "Millionen private Eigentümer in die Insolvenz". Notwendig seien direkte und unbürokratische finanzielle Hilfen für Vermieter aus einem "Wohn- und Mietenfonds".
Vor einer Kettenreaktion warnt der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW. Fielen zuhauf Mieten weg, dann fehle den Eigentümern Geld, um Handwerker zu bezahlen oder Sanierungsarbeiten zu finanzieren. Wohnungsbauunternehmen könnten in strukturschwachen Regionen Mietausfälle "nur sehr kurz überstehen", sagt Hans Maier, Direktor des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen.
Ein staatlicher Fonds biete die Möglichkeit, "das häufig gute Miteinander im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter aufrechtzuerhalten", sagt Claus O. Deese, Vorstand des Mieterschutzbundes. Auch an die Zeit nach der Pandemie müsse gedacht werden. Deese fragt: Was passiert, wenn die Einnahmen so nachhaltig wegbrechen, dass bis Ende Juni 2022 der Rückstand nicht ausgeglichen werden kann?
"Das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket bleibt deutlich hinter den Möglichkeiten zurück", kritisiert auch Professor Nikolaus Meyer. Viele Betroffene hätten bereits Altschulden, die zum Wohnungsverlust führen könnten, sagte der Sozialwissenschaftler von der Hochschule IUBH in Frankfurt am Main. "Es muss egal sein, wann die Schulden aufgebaut wurden." Ab sofort dürften generell keine Wohnungen mehr zwangsweise geräumt werden, fordert er.
Frankfurt a.M. (epd). Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläutert der Mediziner, warum die Sorge nicht zufreffe, dass die Organspende an der Intensivkapazität scheitert. Allerdings berichtet Rahmel auch, dass es im Ausland dramatische Rückgänge von Transplantationen gegeben hat. Die Fragen stellte Patricia Averesch.
epd sozial: Herr Rahmel, die Intensivkapazitäten in Kliniken sollen wegen der Corona-Pandemie aktuell beatmungspflichtigen Infizierten vorbehalten werden. Sind Sie besorgt, dass die Organspende durch die hohe Auslastung in den Kliniken vernachlässigt wird?
Axel Rahmel: Aktuell habe ich diese Sorge nicht, denn die Bundesregierung hat frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um den exponentiellen Anstieg der Erkrankungsfälle zu stoppen und gleichzeitig den Kliniken Zeit zu verschaffen, ihre Intensivkapazität zu erhöhen. Sie hat damit verhindert, dass es zur bundesweiten Überlastung der Intensivstationen gekommen ist.
epd: Wie sehen Sie in die Zukunft?
Rahmel: Wir müssen weiterhin aufpassen, dass wir in Deutschland nicht in eine Situation kommen, in der die Covid-19-Infektionen derart ansteigen, dass wir uns in den Klinken nur noch um Covid-Patienten kümmern können. Wir müssen auch alle anderen schwer kranken Patienten, deren Behandlung nicht aufgeschoben werden kann, im Auge behalten. In das Spektrum der schweren Erkrankungen, die eine sofortige Behandlung erfordern, gehören zum Beispiel Menschen mit Schlaganfällen, Herzinfarkten und Tumoren, aber auch Menschen, die auf ein lebensnotwendiges Spenderorgan warten.
epd: Als Patient auf der Warteliste muss ich mir aktuell also keine Sorgen machen, dass ich länger auf ein Organ warten muss?
Rahmel: In Deutschland ist die Situation momentan so, dass es in den Kliniken genug Intensivkapazität gibt. Wie man im Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin online einsehen kann, werden auf den Intensivstationen aktuell knapp 2.000 Covid-19-Patienten beatmet, aber es stehen deutlich mehr Intensivbetten zur Verfügung. Von daher trifft die Sorge, dass die Organspende an der Intensivkapazität scheitert, nicht zu.
epd: Wie ist die Situation bei den Transplantationen?
Rahmel: Organspender werden weiterhin gemeldet und Organtransplantationen finden weiterhin statt. Die Wartezeiten auf ein Spenderorgan haben sich dadurch also nicht verlängert. So hatten wir im März dieses Jahres etwa die gleiche Zahl an postmortalen Organspenden wie im vorherigen Jahr. Einschränkungen gibt es aktuell nur bei der Lebendspende, bei der zum Beispiel ein Angehöriger bereit ist, eine seiner Nieren oder einen Teil seiner Leber zu spenden. Diese Lebendspenden sind in fast allen deutschen Transplantationszentren eingestellt worden und werden nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Diese Transplantationen kann man verschieben und so die Lebendspender schützen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit ist man bei der Lebendspende aktuell sehr zurückhaltend.
epd: Werden in besonders stark von der Pandemie betroffenen Ländern wie Italien, Spanien und den USA aktuell auch noch Organe transplantiert?
Rahmel: Es gibt in den Ländern zum Teil dramatische Rückgänge. Die gute Nachricht ist aber, dass die Organtransplantation in allen Ländern fortgeführt wird, insbesondere dann, wenn Patienten lebensbedrohlich erkrankt sind. In Spanien ist die Organspende zeitweise auf fast ein Viertel der früheren Aktivität zurückgegangen. Bei den italienischen Kollegen ist der Rückgang mit 30 Prozent geringer. Auch die USA haben zuletzt einen Rückgang von 30 Prozent berichtet.
epd: Wo sehen Sie die Ursachen dafür?
Rahmel: Die Gründe dafür sind komplex: In Italien und Spanien wird der Rückgang vermutlich an der hohen Auslastung der Intensivkapazität liegen. In den USA gab es vor allem zu Beginn der Ausbreitung der Pandemie das Problem, dass es nicht genügend Tests gab, um die Spender vor der Organentnahme auf das Virus zu testen. Deshalb konnten sie weniger Organspender akzeptieren.
epd: Warum dürfen Coronavirus-Infizierte postmortal ihre Organe nicht spenden?
Rahmel: Durch die Transplantation von Organen eines Covid-19-infizierten Spenders kann das Virus möglicherweise auf die Empfänger übertragen werden. Deshalb untersuchen wir die infrage kommenden Organspender aktuell diesbezüglich ganz besonders sorgfältig. Das beginnt mit einer genaueren Untersuchung der Krankheitsgeschichte: Hatte der Organspender Kontakt mit Personen, die an Covid-19 erkrankt sind? Hat er sich in Risikogebieten aufgehalten? Sind bei dem Spender vor dem Hirntod klinische Symptome aufgetreten, die auf eine Covid-19-Erkrankung hinweisen? Darüber hinaus wird bei allen Spendern eine Untersuchung auf das Virus durchgeführt, dazu werden ein Rachenabstrich oder Proben aus den Atemwegen genommen. Nur wenn die Untersuchung negativ ist und es auch sonst keine Corona-Risikofaktoren gibt, werden die Organe des Spenders zur Transplantation angeboten.
epd: Gibt es auch für den Organ-Empfänger vor einer Transplantation zusätzliche Untersuchungen?
Rahmel: Auch bei einem Empfänger ist es inzwischen so, dass die Ärzte ihn genauer auf eine Covid-19-Infektion untersuchen. Wir sind inzwischen darauf eingestellt, dass die Kliniken für die zusätzlichen Diagnostiken mehr Zeit als sonst benötigen. Im Vergleich zu anderen Ländern haben wir in Deutschland auch genügend Testkapazität, um die Empfänger sofort auf eine Infektion zu prüfen.
epd: Wie gefährlich ist eine Covid-Infektion für Menschen, die noch auf ein Spenderorgan warten?
Rahmel: Patienten, die auf ein lebensrettendes Organ warten, gehören zur Risikogruppe. Für sie ist eine Infektion mit dem Sars-CoV-2-Erreger und eine Covid-19-Erkrankung aufgrund ihrer schweren Grunderkrankung, die eine Transplantation erforderlich macht, sehr gefährlich. Insofern sind diese Patienten während ihrer Wartezeit einem besonderen Risiko ausgesetzt. Man weiß aus ersten Erfahrungen, dass die Krankheit wegen ihrer Vorerkrankungen wahrscheinlich einen ungünstigeren, schwereren Verlauf nimmt.
epd: Wissenschaftler rechnen damit, dass das Ende der Pandemie in Deutschland erst gegen Ende des Jahres erreicht wird. Wie bewerten Sie die ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen, die Bund und Länder beschlossen haben?
Rahmel: Die Bundesregierung hat eine extrem vorsichtige Lockerung angekündigt. Die Vorgehensweise, die Konsequenzen der Lockerung schrittweise beobachten zu wollen, finde ich sehr bedacht und vernünftig. Ich hoffe, dass wir damit nicht in eine Situation kommen, in der die Intensivkapazität in den Kliniken bis auf das Äußerste ausgenutzt wird. Das ist nicht nur im Sinne von Patienten vor und nach einer Organtransplantation, sondern im Sinne aller schwer kranken Patienten, die eine sofortige Behandlung benötigen. Ich weiß aber auch, dass das Disziplin von der Bevölkerung braucht. Ich sehe Deutschland insgesamt auf einem guten Weg: Die Bundesregierung hat angekündigt, Infizierte adäquat zu testen, nach Antikörpern zu schauen und die Entwicklung eines Impfstoffs vorantreiben zu wollen. Das weckt die Hoffnung, dass wir es mittelfristig - etwa bis zum nächsten Jahr schaffen werden - die Pandemie zu überwinden.
Berlin (epd). "Unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen muss familiärer und begleiteter Beistand möglich sein. Wir dürfen die sterbenden Menschen nicht weiter von ihren Angehörigen und engen Vertrauten isolieren. Das Sterben kann man nicht aufschieben", sagte Göring-Eckardt dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 21. April in Berlin. Die Grünen-Politikerin appellierte an die Bundesländer und den Bund, Regelungen für ein möglichst einheitliches Vorgehen zu treffen.
Die Ermöglichung der Sterbebegleitung in Altenheimen, in Krankenhäusern oder zu Hause dulde keinen Aufschub, betonte Göring-Eckardt. "Mein Eindruck ist, das ist nicht klar geregelt." Man könne nicht bis zum 30. April warten, wenn die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder erneut über den weiteren Umgang mit den Corona-Schutzmaßnahmen beraten wollen.
Eine zentrale Voraussetzung sei, dass für Angehörige und Seelsorger Schutzkleidung vorhanden sei. Das liege in den Händen der Bundesregierung, sagte Göring-Eckardt. Es reiche nicht, die beschafften Schutzmaterialien an die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Länder zu verteilen. Vielmehr müsse klar sein, dass zur Begleitung Sterbender Schutzkleidung zur Verfügung stehen müsse. Göring-Eckart sagte weiter, Krankenhäuser und Pflegeheime könnten außerdem etwa dafür sorgen, dass sterbende Menschen und ihre Begleiter in separaten Räumen zusammensein könnten, ohne mit anderen in Kontakt zu kommen. Gegenwärtig herrsche eine große Unsicherheit, ob Angehörige oder Seelsorger zu Sterbenden dürften. Zu Hause sei es zum Teil nicht möglich, weil die Seelsorger keine Schutzkleidung haben.
"Es ist für die Sterbenden eine Katastrophe, und es ist für die Angehörigen eine Katastrophe, wenn sie fürchten müssen, dass ihre Familienmitglieder oder Freunde am Ende allein sterben müssen." Da helfe auch kein Bildschirm, den man bereitstelle: "Das ist etwas, das geht nur von Mensch zu Mensch", sagte Göring-Eckardt.
Die Grünen fordern, Besuchsverbote in Pflegeheimen so weit wie möglich zu verhindern. Dazu haben sie einen Sieben-Punkte-Plan vorgelegt. Göring-Eckardt sagte, dies müsse eine einheitliche Linie in allen Bundesländern sein. Nur dann könne jedes einzelne Pflegeheim entscheiden, in welcher Form es Besuche erlaube. Wenn die Heime Kontakte zulassen dürften, würden sie das auch umsetzen. Viele Pflegekräfte seien hoch motiviert, Besuche zu ermöglichen, weil sie die Not der Bewohner sähen. "Die alten Leute haben einen Durst nach Kontakten", sagte Göring Eckardt.
Köln (epd). Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sehen die meisten Familien in Deutschland mit Blick auf Homeschooling und Freizeitgestaltung in Corona-Zeiten gut aufgestellt. Doch die kleine Gruppe der Kinder mit sehr ungünstigen häuslichen Lebensverhältnissen sollte bei der Gestaltung von Exitstrategien besonders berücksichtigt werden, lautet ein Fazit eines am 20. April veröffentlichten IW-Reports mit dem Titel "Häusliches Umfeld in der Krise".
Auch sollten Kinder, bei denen die häuslichen Gegebenheiten das Homeschooling behindern, nach der Wiederöffnung der Schulen eine intensive Zusatzförderung erhalten, um entstandene Lücken zu schließen, erklärte Studienautor Wido Geis-Thöne.
Eine Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) mit Daten aus den Jahren 2017 und 2018 zeige, dass sich die Lage bei den verschiedenen im SOEP erfassten materiellen Ressourcen für Kinder aus bildungsfernen Familien, aus Familien im Transferbezug, bei Alleinerziehenden und aus Familien mit Migrationshintergrund deutlich ungünstiger dar als für andere Kinder.
Auch wenn Zugangsmöglichkeiten zu PC, Laptop oder Tablet bei den meisten Familien möglich seien, zeige sich ein anderes Bild, wenn man in den Blick nehme, ob die Kinder ein eigenes Gerät nutzen können, hieß es. Einen eigenen PC oder Laptop hatten im Jahr 2018 nur 27,8 Prozent der Zwölfjährigen und 41,7 Prozent der Vierzehnjährigen. Auch wenn Tablets miteinbezogen würden, lägen die Anteile mit 42 beziehungsweise 50,3 Prozent noch vergleichsweise niedrig.
Beim aktuell praktizierten Homeschooling lasse sich kaum verhindern, dass Kinder vor allem in ungünstigen häuslichen Lebensverhältnissen beim Lernfortschritt zurückfielen, mahnte der IW-Forscher
Einbeck, Kr. Northeim (epd). Pflegende Angehörige werden aus Sicht der Vorsitzenden des Landesseniorenrates Niedersachsen, Ilka Dirnberger, in der Corona-Krise von der Politik im Stich gelassen. "Die allermeisten pflegebedürftigen Menschen werden im familiären Umfeld versorgt. Aber es wird nur über die Pflege in stationären Einrichtungen oder durch die ambulanten Dienste gesprochen", sagte sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Einbeck. Um die Haushalte, in denen ein Vater, eine Mutter oder ein Ehepartner ohne Unterstützung von draußen gepflegt werden, kümmere sich niemand.
Die Situation in den Familien sei derzeit problematisch, sagte Dirnberger. "Selbst wenn Sie ein Zimmer für den zu pflegenden Angehörigen isolieren können, werden doch immer wieder Menschen rein- und rausgehen." Da diese Menschen in einer häuslichen Gemeinschaft lebten, seien die derzeitigen Vorschriften zu Kontaktvermeidung, wie sie etwa für Altenheime in Geltung seien, nicht einzuhalten. Hinzu komme, dass es für private Haushalte extrem schwierig sei, an Schutzkleidung wie Mäntel, Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel zu gelangen.
Eine in stationären Einrichtungen oder bei den ambulanten Diensten übliche Kontrolle zur Qualität der Pflege durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen finde zu Hause quasi nicht statt, berichtete Dirnberger, die früher selbst in der Pflege tätig war. "Das ist ein dunkles Gebiet, über das wir nicht viel wissen." Zwar schreibe das Gesetz nach Pflegegraden gestaffelte Beratungsgespräche mit einem zugelassenen Pflegedienst vor, "aber das genügt nicht, um die Qualität der Pflege tatsächlich einzuschätzen".
Dirnberger forderte verpflichtende Kurse für pflegende Angehörige, in denen zumindest ein minimales Grundwissen über Hygiene und Desinfektion, aber auch über Pflegetechniken vermittelt werden. Dies helfe und schütze die zu pflegenden Menschen, aber auch diejenigen, die sich um die Pflege kümmerten.
Die Vorsitzende appellierte an die Pflegekassen, solche Kurse schon jetzt den Angehörigen gezielt anzubieten. "Da die Pflegekassen das Pflegegeld auszahlen, ist ihnen auch bekannt, wer die Angehörigen versorgt."
Außerdem sollte das Pflegegeld an Kriterien gekoppelt werden, unterstrich Dirnberger. Für die Pflegekassen sei es bequem, die Verantwortung mit der Zahlung des Pflegegeldes an die Angehörigen abzugeben. Darum forderten die Seniorenräte bereits seit Jahren von der Politik, die häusliche Pflege genauer in den Blick zu nehmen. "Jetzt fällt der Politik vor die Füße, was sie seit Jahrzehnten versäumt hat", sagte die Vorsitzende.
Frankfurt a.M. (epd). Die Umfrage zeigte aber auch, dass viele Tafeln nur in eingeschränktem Umfang arbeiten und ihre internen Abläufe geändert haben, um Obst, Gemüse und andere Esswaren möglichst kontaktarm zu verteilen. Die Träger rechnen nach eigenen Angaben damit, dass die Zahl der Bedürftigen infolge der Pandemie künftig deutlich ansteigt.
Die Tafeln von Kiel bis München organisierten nach eigenen Angaben ihren Betrieb um, indem etwa wie in Köln die Ausgabe der Nahrungsmittel ins Freie verlegt wurde. In Städten wie Potsdam, Oldenburg, Dortmund, Würzburg, Worms oder Heilbronn stellten die Betreiber auf Lieferdienste um. In Frankfurt am Main, Mainz, Fulda und Rostock wurden Ausgabestellen verlegt, in München gibt es statt verschiedener Tafel-Läden eine zentrale Ausgabe mit festen Abholzeiten.
Zahlreiche Ausgabestellen packen Lebensmittel-Taschen oder -Körbe vor, entweder zur Ausgabe oder zu Auslieferung, so etwa in Hamburg, Berlin, Bremen, Osnabrück, Mannheim und Nürnberg.
Andere greifen zu weiteren kreativen Lösungen, um die Abstandsregeln und Vorgaben zum Infektionsschutz einzuhalten. So werden die Nahrungsmittel in Schwerin gegen einen symbolischen Euro durch ein Fenster übergeben, in Mainz verteilt die Tafel Lebensmittelgutscheine, in Koblenz werden die Spenden zur kontaktlosen Abholung in Kisten abgelegt. Überall arbeiten die Helferinnen und Helfer mit Mundschutz und Handschuhen, in geöffneten Ausgabestellen wird der Zugang begrenzt.
Weil ein Großteil der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer über 65 Jahre alt ist und damit in der Pandemie zur Risikogruppe gehört, mussten von den bundesweit mehr als 940 Tafeln seit Mitte März etwa 450 vorübergehend schließen. Ein Grund dafür waren auch die häufig beengten Räumlichkeiten.
In den großen Städten öffneten die meisten Tafeln in den vergangenen Tagen wieder zumindest in begrenztem Umfang, etwa in Düsseldorf, Würzburg, Schwerin und Fulda. Die Tafel in Karlsruhe will in der kommenden Woche wieder einen Notbetrieb mit einer kontaktlosen Ausgabe vorgepackter Lebensmittel-Tüten aufnehmen. In Hannover, Saarbrücken und Ulm bleiben Einrichtungen dagegen weiter geschlossen.
Alle befragten Einrichtungen verfügen nach eigenen Angaben trotz des Ausfalls älterer Mitarbeiter derzeit über ausreichend Helfer, weil sich viele junge Menschen freiwillig gemeldet hätten. In Universitätsstädten wie Göttingen und Erfurt waren darunter viele Studenten. In Potsdam helfen unter anderen Fußballspieler des SV Babelsberg bei der Auslieferung.
Einige Tafeln zeigten sich aber besorgt, dass künftig Helfer fehlten könnten, wenn die jüngeren in ihren Alltag zurückkehren und vermutlich nicht alle älteren wiederkommen. "Eine Rückkehr zum 'normalen' Tafelleben wird es so schnell nicht geben können", sagte Frank Hildebrandt von der Kieler Tafel.
Etliche Einrichtungen, darunter in Hamburg, Oldenburg, Rostock, Fulda, Mannheim und Stuttgart verzeichneten bereits eine Zunahme der Nachfrage nach Unterstützung, wie sie erklärten. Mit einem weiteren Anstieg rechnen auch die Tafeln in Berlin, Dresden und Frankfurt. "Sicherlich wird unsere Arbeit mehr denn je gefragt sein, da möglicherweise - hoffentlich nicht - es mehr Personen ohne Arbeit geben wird", sagte Edith Kleber von der Frankfurter Tafel.
Mehrere Tafeln forderten zudem mehr staatliche Unterstützung für ihre Arbeit. Die Filialen in Dresden, Mannheim und Rostock verwiesen auf höhere Kosten für Lieferdienste, Verpackungen, Schutzausrüstung oder Desinfektionsmittel. "Ein weiterer Betrieb bei den jetzigen Rahmenbedingungen ist von den Kosten nicht lange zu stemmen", sagte Hubert Mitsch von der Mannheimer Tafel. Einige Einrichtungen äußerten sich zudem besorgt über einen Rückgang an Lebensmittelspenden.
Berlin (epd). Aufgrund von Jobverlusten und Kurzarbeit seien schon jetzt Tausende zusätzliche Menschen auf die Versorgung mit Lebensmitteln angewiesen, mit einer weiteren Zunahme sei zu rechnen, sagte der Verbandsvorsitzende Jochen Brühl dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Menschen, die ohnehin schon von Armut betroffen sind, erleben diese Krise noch viel drastischer", betonte er. "Corona in einer Fünf-Zimmer-Wohnung am Prenzlauer Berg ist schon schwierig, aber in Duisburg oder im Essener Norden auf 50 Quadratmetern alleinerziehend mit zwei Kindern - da wird noch einmal deutlich, welche Unterschiede es gibt."
Brühl beklagte, dass die Not von Menschen am Rande der Gesellschaft in der aktuellen Debatte zu wenig berücksichtigt werde. "Natürlich müssen wir uns als solidarische Gesellschaft in der Krise über Unternehmen unterhalten, die Arbeitsplätze sichern und jetzt gefährdet sind", sagte er. "Aber auch die Abgehängten, die wir oft übersehen und vergessen, haben die Berechtigung, dass wir uns über sie Gedanken machen."
Für die mehr als 940 Tafeln mit insgesamt 1,6 Millionen Nutzern seien die Maßnahmen zur Kontaktreduzierung eine große Herausforderung, sagte Brühl. Denn hier kämen viele Menschen auf teils engem Raum zusammen, zudem gehörten rund 90 Prozent der insgesamt 60.000 ehrenamtlichen Helfer aufgrund ihres Alters oder von Vorerkrankungen zur Risikogruppe. Zwischenzeitlich seien deshalb etwa 450 Einrichtungen geschlossen gewesen. Durch eine Umstellung ihrer Arbeit konnten inzwischen aber mehr als 100 Tafeln vor allem in größeren Städten wieder öffnen, wie der Vorsitzende des Dachverbands erklärte.
So hätten Einrichtungen unter anderem Lieferdienste eingerichtet, ihre Lebensmittel-Ausgabe ins Freie verlegt oder die Kundenanzahl in den Räumlichkeiten begrenzt. "Die Tafeln haben sich schnell neu erfunden, um kontaktarm oder sogar kontaktlos zu arbeiten", sagte Brühl. Erleichtert worden sie die Wiederaufnahme des Betriebs vieler Tafeln auch dadurch, dass die Ehrenamtlichen dort derzeit von jüngeren Helfern anderer Organisationen unterstützt würden, etwa der Pfadfinder.
Auch nach einem Ende der Kontaktbeschränkungen werden die Einrichtungen aber weiter vor großen Problemen stehen, wie Brühl warnt. Etliche ältere Helfer würden vermutlich nicht mehr zu ihrem Ehrenamt zurückkehren, vielen Jüngeren werde dann wohl die Zeit fehlen. Zudem sei mit einem Rückgang sowohl der Lebensmittelspenden von Supermärkten als auch der Geldspenden von Unternehmen zu rechnen. "Ohne finanzielle Unterstützung des Staates werden die Tafeln mittelfristig Schwierigkeiten bekommen, ihre Aufgaben zu bewältigen", sagte Brühl.
Bonn, Berlin (epd). Die Bereitstellung von Intensivbetten in den Krankenhäusern für Covid-19-Kranke und die Verschiebung von Operationen in den Kliniken sorgt bei Patienten mit anderen schweren Erkrankungen wie etwa Krebs für zunehmende Verunsicherung und Besorgnis. Organisationen wie die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Krebsgesellschaft und das Deutsche Krebsforschungszentrum erhielten derzeit "mehrere Hundert Anfragen pro Tag", sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Krebshilfe, Gerd Nettekoven, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bonn.
Immer wieder berichteten Anrufer davon, dass diagnostische Maßnahmen oder Therapien zur Behandlung von Krebspatienten angepasst oder verschoben würden. Bisweilen wurden sogar Operationen abgesagt oder verschoben, so der Experte.
In Deutschland erkranken den Angaben zufolge im Durchschnitt täglich 1.400 Menschen neu an Krebs. Trotz der aktuellen Herausforderungen der Covid-19-Pandemie dürfe die Versorgung dieser Menschen "unter keinen Umständen vernachlässigt werden", mahnte Nettekoven. Zwar gehe er davon aus, dass derzeit jede notwendige Behandlung von Krebskranken erfolge, ob die Maßnahmen aber auch stets adäquat seien, bleibe die Frage. "Die Situation ist extrem gestresst", sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung.
Durch die Umstellung in den Krankenhäusern würden derzeit viele Maßnahmen in Bereichen wie etwa Früherkennung, Psychoonkologie, Palliativbehandlung oder Reha aufgeschoben. Beim Personal gebe es Umstellungen, weshalb die für die Behandlung von Krebspatienten zuständigen Mediziner derzeit oft nicht zur Verfügung stünden.
Gerade Krebserkrankungen beträfen aber ein "Elementarfeld der Medizin" und erforderten eine umfangreiche Betreuung der Erkrankten. Und deren Behandlung könne man eben "nicht ellenlang nach hinten schieben", betonte Nettekoven. Zwar hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Ende vergangener Woche angekündigt, dass die Kliniken in Deutschland angesichts der sich abflachenden Kurve bei den Corona-Neuerkrankungen nun wieder in den Regelbetrieb zurückkehren sollten. Diese Aufforderung kann allerdings schnell Makulatur werden, wenn im Zuge der Lockerungen der Infektionsvorgaben die Zahl der neu und vor allem schwer erkrankten Covid-19-Patienten wieder anzieht.
In einer gemeinsamen Taskforce wollen Krebshilfe, Krebsgesellschaft und Krebsforschungszentrum über das Thema aufklären und bei Problemen Hilfe anbieten. Dazu schufen die drei Organisationen auch ein Frühwarnsystem, mit dem die aktuelle Versorgungslage regelmäßig bewertet wird. Dabei stehe man in "engem Kontakt" mit der Bundespolitik, die die Initiative begrüße, erklärte Nettekoven.
Bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft räumt man das Problem ein. Die Verschiebung notwendiger Krebstherapien über einen längeren Zeitraum sei aber "keine Option", sagte Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Zudem verwies er auf Ängste von Patientinnen und Patienten, die aus Furcht vor einer Corona-Infektion derzeit Behandlungen in Krankenhäusern mieden. Aufgrund der positiven Entwicklung bei den Infektionszahlen von Covid-19 sei allerdings damit zu rechnen, dass demnächst "eine vorsichtige Wiederaufnahme der Regelversorgung" von Krebspatienten wieder möglich" werde.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist darauf, dass trotz der Corona-Pandemie medizinisch notwendige Behandlungen weiterhin stattfänden. Bei jedem Patienten müsse allerdings "unter der Berücksichtigung aller Lebensumstände der Nutzen einer Krebstherapie gegen einen möglichen Schaden sowie das individuelle Infektionsrisiko für das Coronavirus abgewogen werden", erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. Derzeit sei die Versorgung von Krebspatienten "nicht akut gefährdet. Einschränkungen in Einzelfällen sind allerdings nicht auszuschließen."
Würzburg (epd). Längst ist die Selbsthilfe dabei, neue Wege zu gehen. Denn der klassische Stuhlkreis kommt gerade bei jüngeren Menschen nicht mehr gut an. Es wird mit neuen Formaten experimentiert. Auch soll es künftig vermehrt digitale Angebote geben - nicht nur wegen Corona. "Wir waren gerade dabei, sichere und barrierefreie Tools zu entwerfen, doch die Pandemie hat uns eiskalt erwischt", sagt Martin Danner, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe.
Derzeit nutzen viele Gruppen Standardtools, womit aber große Probleme verbunden sind. Die Videokommunikationsplattform Zoom zum Beispiel steht in der Kritik, weil sie hackeranfällig sein soll. "Das ist heikel, denn in den Gruppen werden sensible Daten ausgetauscht", betont Danner.
Gruppenleiter stehen deshalb vor einer schwierigen Abwägungsfrage: Sollen sie auf unsichere Tools verzichten? Dann bliebe, nachdem Treffen derzeit nicht möglich sind, nur der schriftliche Austausch im Chat. "Das hat den großen Nachteil, dass die emotionale Seite der Kommunikation verloren geht", sagt Danner. Und in der Selbsthilfe gehe es nun mal sehr viel um Emotionen.
Fragt sich auch, ob die Gruppenmitglieder mit digitalen Techniken überhaupt zurechtkommen. Jüngere Selbsthilfeaktivisten hätten damit sicher kein Problem, sagt der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft, der zum Beispiel an Gruppen denkt, in denen sich Stotterer oder HIV-infizierte Menschen treffen. Doch gebe es auch andere Probleme: "Bei Parkinson, Rheuma oder Osteoporose ist zum Beispiel das gemeinsame Funktionstraining sehr wichtig." Das fällt nun wegen Corona weithin flach. Das könnte sich nachhaltig negativ auf die Patienten auswirken, warnt der Fachmann.
Alleine zu üben, das machen die meisten Patienten höchst ungern, sagt Friedrich Wilhelm Mehrhoff, Geschäftsführer der Deutschen Parkinson Vereinigung. Die Tendenz, eigenverantwortlich im häuslichen Umfeld Gymnastik zu betreiben, sei bei Parkinsonpatienten, wie bei anderen Menschen auch, "schwach ausgebildet". Mehrhoff bestätigt, dass in der Parkinson-Selbsthilfe höchstens fünf Prozent der Gruppenmitglieder technisch und in puncto Know-how in der Lage seien, online zu kommunizieren. "Die Quote der Gruppenleiter, die internetaffin sind, schätze ich auf 30 bis 40 Prozent", sagt er.
Wenn der Sohn, die Tochter oder ein Nachbar nicht hilft, Online-Tools einzurichten, haben es auch Schlaganfallpatienten schwer, die Live-Kommunikation digital zu ersetzen, betont Thomas Hupp vom Zentrum für Aphasie & Schlaganfall Unterfranken (AZU). Auch bei dieser Patientengruppe handelt es sich vorwiegend um ältere Menschen. Viele kennen sich mit dem Internet nicht aus. Zugleich wäre es für sie sehr wichtig, online miteinander in Kontakt zu treten: Die Betroffenen greifen nicht gern zum Telefon, da ihr Sprachzentrum aufgrund des Schlaganfalls geschädigt ist. Die Aphasie mache es sowohl schwierig, zu sprechen, als auch, Gesprochenes oder Geschriebenes zu verstehen, sagt Hupp.
So manche Selbsthilfegruppe versucht derzeit, über den Messengerdienst WhatsApp in Kontakt zu bleiben. "Meine Erfahrung damit ist allerdings nicht so gut", sagt Bärbl Puls. Die Würzburgerin gründete in ihrer Heimatstadt vor zehn Jahren eine Selbsthilfeinitiative für Menschen, die von Alkohol oder harten Drogen abhängig waren. Viele Mitglieder hätten Angst, die aktuelle Krisenzeit trocken zu überstehen, sagt Puls. Dennoch lehnt sie WhatsApp-Gruppen ab. Die Vorstellung, jemand habe Suchtdruck, schreibe dies in die Gruppe und erhalte dann ungefiltert Ratschläge, etwa, kontrolliert zu trinken, findet sie "sehr gefährlich". Dann besser zum Telefon greifen.
Wer in der aktuellen Situation auf Mailkontakt, Chat und Videokonferenzen setze, könne eine "völlige Isolation" chronisch kranker Menschen vermeiden, sagt Andreas See, der 2016 eine erste Selbsthilfegruppe für Menschen mit Depression im Raum Hamm gründete. Der selbstständige IT-Dienstleister aus Westfalen verweist auf eine weitere Gefahr: "Es kann sich schnell eine Form der digitalen Abhängigkeit entwickeln." Die Folgen wären in kürzester Zeit sichtbar: "Es droht soziale Isolation durch einen Rückgang an realen sozialen Kontakten sowie im schlimmsten Fall der soziale Abstieg bis hin zu einem Suizid."
Frankfurt a.M. (epd). Zum Schulbeginn 2.000 Kindern aus armen Familien einen Schulranzen schenken: Das war der Plan der Stiftung Kinderglück. In der Corona-Krise, das lernte die gemeinnützige Organisation schnell, werden aber selbst die sorgfältigst vorbereiteten Pläne zunichte gemacht. "Momentan fehlen uns für das Schulranzen-Projekt 25.000 Euro", sagt Inga Kröger, die bei der Dortmunder Stiftung für das Fundraising zuständig ist. Mit den enormen Spendeneinbrüchen infolge der Corona-Pandemie hatte niemand gerechnet.
Bundesweit seien 95 Prozent der insgesamt 600.000 Vereine gemeinnützig, ebenso wie die meisten der 20.000 Stiftungen, sowie weitere 10.000 GmbHs und einige wenige Aktiengesellschaften, sagt der Wiesbadener Rechtswissenschaftler Ulrich Segna. Sie alle haben gemein, dass ihre Tätigkeit auf die selbstlose Förderung der Allgemeinheit gerichtet ist. Dafür erhalten sie steuerliche Vergünstigungen und haben die Möglichkeit, Spendenbescheinigungen auszustellen.
Gleichzeitig sind gemeinnützige Organisationen bei der Rücklagenbildung eingeschränkt. "Sie müssen eingenommene Mittel zeitnah verwenden und dürfen sie nicht unbeschränkt anhäufen", erklärt Segna. Ihnen fehlten also jetzt in der Krise finanzielle Puffer. Außerdem seien sie vom aktuellen Kreditprogramm des Bundes weitgehend ausgenommen.
Diese Ausnahme wird von den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege scharf kritisiert. Die Einrichtungen und sozialen Dienste ihrer gemeinnützigen Mitglieder müssten ebenso wie die freie Wirtschaft geschützt werden. "Ohne sie wird die soziale Infrastruktur kollabieren", warnen die Verbände. Auch Segna sieht Handlungsbedarf: Die Wohlfahrtsverbände hätten nicht nur eine staatsentlastende Funktion, sondern seien auch wichtige Arbeitgeber.
Noch gebe es auf staatlicher Seite nur kleinere Hilfen, sagt Segna. So hätten verschiedene Finanzämter Steuerforderungen aufgeschoben, weitere Spielräume könnte das Bundesfinanzministerium schaffen. Viele Gemeinnützige wendeten sich derweil mit Spendenaufrufen an die Öffentlichkeit - "obwohl die Spendenbereitschaft in Zeiten großer Unsicherheit nicht gerade ausgeprägt ist".
Diese Strategie verfolgt auch die Berliner Kinderstiftung "Die Arche". "Wir brauchen jeden Cent", sagt Pressesprecher Wolfgang Büscher. Die Stiftung sei daher "massiv an die Öffentlichkeit" gegangen. Nach starken Spendenrückgängen in den ersten Wochen gebe es nun viel Solidarität. Sorgen mache ihm, dass in Zukunft viele Firmenspenden ausbleiben könnten. Bis dahin machen die Mitarbeiter normal weiter. "Gerade jetzt müssen wir noch mehr für die Kinder aus bedürftigen Familien da sein", betont Büscher.
Auch die Stiftung Kinderglück will ihre Arbeit nicht einstellen, sondern höchstens Projekte verkleinern. Wie lange das funktioniert, ist aber offen. Das komme darauf an, wie lange die Corona-Krise andauere und wie sie sich auf die Wirtschaft auswirke, sagt Fundraiserin Kröger.
Eventuell könnte sich die Krise sogar positiv auswirken: So gibt es laut Rechtswissenschaftler Segna verschiedene Überlegungen, die Gesetze für gemeinnützige Organisationen auch im Bereich der Finanzen anzupassen. "Das Gemeinnützigkeitsrecht ist im Grunde eine Dauerbaustelle", sagt er.
Düsseldorf (epd). Keiner der rund 60 Bewohner des Caritas-Altenzentrum St. Martin in Düsseldorf darf aktuell Besuch empfangen. Zu hoch ist das Infektionsrisiko durch die Corona-Pandemie. Trotzdem haben rund 20 Senioren an Ostern Angehörige sehen und sprechen können - per Videoanruf. Möglicht macht das eine neue App.
FaceTime, Skype und Zoom gehörten zwar für viele Menschen zum Alltag, Bewohner in Pflege- und Altenheimen besäßen aber nur selten überhaupt ein Tablet oder Smartphone, um einen Videoanruf tätigen zu können, sagte Jaye Pharrell dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die 22-Jährige ist eine der Entwickler der App "Videobesuch", über die die Altenheim-Bewohner trotz Besuchsverbot ihre Familien sehen können.
Damit das klappt, müssen die Bewohner selbst so gut wie gar nichts machen, schildert Pharrell, die ebenfalls in Düsseldorf wohnt und die Videoanrufe begleitet hat. "Der Bewohner muss nur zur richtigen Uhrzeit vor dem Gerät sein." Im Altenzentrum St. Martin bringt dafür eine Pflegekraft das extra etwas größere Tablet in das jeweilige Zimmer der Senioren. Der Videoanruf startet dann zu einer festgelegten Uhrzeit und schließt sich nach einer programmierten Zeitspanne von zum Beispiel 20 Minuten wieder. Damit die Übertragung auch auf dem anderen Endgerät startet, müssen die Angehörigen auf einen Link klicken, den "Videobesuch" ihnen vorab gesendet hat.
Dem Entwickler-Quartett von "Videobesuch" war es wichtig, die Hemmschwelle für die Heimbewohner so niedrig wie möglich zu halten, zugleich sollte aber auch das Pflegepersonal möglichst gering belastet werden, erklärt Pharrell. "Die Pfleger haben ohnehin so viel zu tun, dass sie nicht noch Zeit dafür haben, Videoanrufe der Bewohner zu planen."
Der Unterschied zu anderen Anbietern wie Skype und Facetime bestehe darin, dass "Videobesuch" den Pflegekräften den organisatorischen Aufwand weitestgehend abnehme. Das Personal müsse das Heim zwar einmalig registrieren, eine Bewohnerliste mit den E-Mail-Adressen der Angehörigen eintragen und festlegen, dass sie zum Beispiel nur am Sonntag von 13 bis 16 Uhr Videobesuche empfangen wollen. Die Terminbuchungen mit den Angehörigen übernehme dann aber die App, erklärt Pharrell.
Sie empfiehlt den Heimen, einen Besuchsraum mit einem "Videobesuch"-Tablet oder Fernseher einzurichten. Bewohner, die mobil und geistig fit genug seien, könnten dann eigenständig zur vereinbarten Zeit in den Raum gehen. Zu bettlägerigen Bewohnern müsse das Pflegepersonal das Gerät allerdings bringen. Bei kognitiv eingeschränkten Bewohnern, etwa mit einer Demenz, sei es ratsam, wenn ein Pfleger während des Anrufs dabei bleibe.
Im Caritas-Altenzentrum St. Martin hat man sich dafür entschieden, das Tablet jeweils in die Zimmer der Bewohner zu bringen, sagt Rainer Schlaghecken vom Caritasverband Düsseldorf. "Für die Senioren ist es angenehmer, im gewohnten und geschützten Umfeld mit den Angehörigen zu sprechen." Das Pflegepersonal freue sich darüber, dass sie Bewohnern ihre Angehörigen trotz Besuchsverbot auf diese Weise näher bringen könnten.
Das Altenheim St. Martin ist die erste Einrichtung in Deutschland, die "Videobesuch" nutzt. Die App ist erst vor knapp vier Wochen bei einem sogenannten Hackathon der Bundesregierung entstanden, sagt Pharrell. Bei der Veranstaltung sollten digitale Projekte entwickelt werden, die dabei helfen sollen, die Folgen der Corona-Pandemie zu begrenzen. "Videobesuch" hat sich unter 1.500 eingereichten Projekten als einer von 20 Gewinnern durchgesetzt.
Auch das Kuratorium Deutsche Altershilfe ist über Projekte wie "Videobesuch" in Zeiten von Besuchsverboten dankbar, betont aber, dass Videoanrufe nicht langfristig den persönlichen Kontakt zu Angehörigen ersetzen dürften. Studien belegten, dass nicht die Häufigkeit von Kontakten für die Heimbewohner entscheidend sei, sondern die Intensität.
Auch geben die Experten zu bedenken, dass ein solches Projekt gerade bei Senioren gut begleitet werden müsse. "In Zeiten von Corona, in denen das Pflegepersonal jeden Tag bis an die Grenze der Belastung und oft darüber hinaus geht, ist es eine weitere Belastung für Pflegepersonal."
Berlin (epd). Zwar seien die Werkstätten-Träger vom Schutzschirm für die Sozialbranche erfasst, doch die Beschäftigten stünden bald ohne eigenes Einkommen da, sagte Schmidt. Nämlich dann, wenn die Rücklagen der Betriebe für die Lohnzahlung aufgebraucht seien. Hier müsse dringend ein neues Unterstützungspaket geschnürt werden, betonte die Ex-Gesundheitsministerin. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Es gibt in Corona-Zeiten Geld für Mieter, womöglich Sonderzahlungen für Pflegekräfte und Kurzarbeitergeld für Millionen Beschäftigte. Für die Werkstatt-Beschäftigten gibt es bislang keine Hilfe vom Bund. Hat man diese Gruppe vergessen?
Ulla Schmidt: Tatsächlich sind Menschen mit Behinderung und ihre besonderen Bedarfe anfangs nicht gesehen worden, weder von den Medien noch bei den Regelungen zu Corona. Hier hat sich schon einiges geändert, auch wenn wir uns noch mehr wünschen würden: Man muss einfach sehen, wie schwierig diese Situation für Menschen mit Behinderung ist und was sie besonders belastet.
epd: Viele Beschäftigte in den Einrichtungen müssen die Arbeit derzeit ruhen lassen. Was hat das für Folgen für die Menschen?
Schmidt: Aktuell gibt es Betretungsverbote für Werkstätten und nur einen Notbetrieb für die Menschen, die unbedingt eine Betreuung brauchen, oder für jene Bereiche wie die Produktion von Schutzmasken oder das Waschen von Klinikwäsche, die für die Infrastruktur nötig sind. Damit dürfen die meisten Menschen mit Behinderung nicht arbeiten, allerdings erhalten auch die meisten im Moment noch ihren Lohn, der aus den begrenzten Rücklagen der Werkstätten finanziert wird.
epd: Diese Mittel sind endlich ...
Schmidt: Ja, gerade weil diese Rücklagen begrenzt sind, muss die Zahlung auch weiterhin abgesichert sein. Zumal es keine freie Entscheidung, sondern eine Weisung des Staates ist, dass die Menschen nicht arbeiten dürfen.
epd: Wie ist die Situation in den Einrichtungen, wenn seit Wochen nicht gearbeitet werden kann. Die Tagesstruktur muss ja irgendwie aufrechterhalten werden. Wie bekommen die Werkstätten und Wohneinrichtungen das hin?
Schmidt: Hier leisten die Mitarbeitenden vor Ort Unglaubliches. Schon uns fällt es ja schwer, auf unseren normalen Tagesablauf zu verzichten. Das ist für Menschen mit Behinderung häufig noch viel schwerer. Nun rund um die Uhr in Wohngruppen beisammen zu sein, ist eine echte Herausforderung für Menschen mit Behinderung und ihre Betreuer. Sie machen vielfältige Beschäftigungsangebote, teilweise holen sie auch Arbeit aus den Werkstätten in die Wohneinrichtungen, damit ein Stück Alltag möglich wird. Da tagsüber üblicherweise keine Betreuung nötig ist, da die Bewohnerinnen und Bewohner in Werkstätten und Tagesstätten sind, helfen jetzt die Mitarbeitenden aus Werkstätten oder anderen geschlossenen Bereichen in der Betreuung mit. Eine wirklich unglaublich tolle Leistung, wie dies alles gelingt.
epd: Die Beschäftigten sind das eine, das andere sind die Werkstätten als Wirtschaftsbetriebe. Wie ist deren momentane Lage?
Schmidt: Die Werkstätten als Ganzes sind bereits vom Corona-Schutzschirm umfasst. Das war zu Beginn nicht einfach, aber seit der Entscheidung für das Soziale-Dienste-Entlastungsgesetz sind sie finanziell abgesichert.
epd: Dann kommen wir noch einmal auf die Beschäftigten zurück. Ist es richtig, dass für sie neues Hilfspaket geschnürt werden muss? Die Kurzarbeitergeld-Regelung dürfte ja nicht passend sein, denn die Betroffenen bekommen ja auch keinen Lohn?
Schmidt: Genau so ist es: Werkstätten sind Einrichtungen der Rehabilitation und die Beschäftigten keine Arbeitnehmer. Schon heute zahlen staatliche Institutionen zum Beispiel das Arbeitsförderungsgeld, das mit 52 Euro Teil des Lohnes ist, der im Übrigen etwa 180 Euro im Monat beträgt.
epd: Ist vor allem der Bund gefordert oder sollten die Bundesländer aktiv werden?
Schmidt: Tatsächlich sind eher die Länder am Zug, in deren Regelungsbereich die Träger der Eingliederungshilfe fallen. Ein entsprechender Vorstoß kommt ja auch aus Baden-Württemberg.
epd: Sie beklagen zudem die fehlende Absicherung der pädagogischen und therapeutischen Frühförderung von Kindern mit Handicap. Wie ist die Lage hier in Corona-Zeiten und warum ist es so wichtig, diese Angebote zwingend aufrecht zu erhalten?
Schmidt: Aktuell sind viele Angebote der Frühförderung nicht möglich, das heißt, Kinder können aus Gründen des Infektionsschutzes die Therapien und Förderung nicht erhalten, die sie für ihre persönliche Entwicklung eigentlich dringend brauchen. Weil der Krankenkassenanteil nicht Teil des staatlichen Schutzschirms ist, fehlt den Anbietern von Frühförderungen ein wichtiger Teil ihrer Finanzierung, die diese Struktur absichert. Denn natürlich brauchen Kinder auch in Zukunft Frühförderung, um sich trotz ihrer Beeinträchtigung gut zu entwickeln.
epd: Wie sind sie deswegen aktiv geworden?
Schmidt: Damit diese Struktur auch in der jetzigen Krise abgesichert wird, haben wir Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dazu schon vor fast zwei Wochen angeschrieben. Dennoch ist die Frühförderung als Komplexleistung, also als Paket von therapeutischer und pädagogischer Förderung, im aktuell geplanten Schutzschirm für die Gesundheitsberufe, der auch Therapeuten umfasst, nicht berücksichtigt.
Eschweiler (epd). In den knapp 2.000 Krankenhäusern in Deutschland stehen derzeit mehr als 30.000 Intensivbetten, knapp 17.400 davon sind belegt und mehr als 12.600 sind frei. Das geht aus dem DIVI-Intensivregister hervor, an das seit Mitte April alle deutschen Kliniken mit Intensivbetten ihre Kapazitäten melden müssen. "Wir haben endlich eine verlässliche Übersicht über alle Intensivkapazitäten in Deutschland erreicht", erklärte Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) am 19. April.
Wichtig sei für die Intensivmediziner, dass ihnen in dem Register die Situation in der Umgebung ihres Krankenhauses gezeigt werde. Denn in der Pandemiesituation müssten die Klinikärzte auch ein Auge darauf haben, was bei ihren Nachbarn und darüber hinaus los sei, sagte Janssens. "Schicken die mir in wenigen Stunden gleich mehrere schwere Fälle? Oder ist es dort eher ruhig?" Diese Informationen erhielten sie nun mit dem Intensivregister.
So zeigt jetzt eine von drei veröffentlichten Deutschlandkarten auf Kreisebene die COVID-19-Fälle pro Intensivbett. Fährt man mit der Maus über die Karte, wird der Name des Landkreises, der prozentuale Anteil sowie die konkrete Zahl der behandelten COVID-19-Fälle auf der Intensivstation angezeigt. Zuletzt ist die Gesamtzahl der verfügbaren Intensivbetten im Kreis dargestellt.
Ein Blick auf die Deutschlandkarte verdeutlicht ein Nord-Süd- sowie ein Ost-West-Gefälle: Prozentual werden die meisten Coronapatienten in Süddeutschland und im Westen der Republik intensivmedizinisch versorgt. Im Nordosten sei die Lage noch verhältnismäßig entspannt, hieß es.
Hannover, Bremen (epd). Die 53 Jugendherbergen in Niedersachsen und Bremen rufen angesichts der Corona-Krise erneut um Hilfe. Sie hätten durch den Leerstand seit Mitte März bereits jetzt bis zu den Sommerferien Einnahmeausfälle von mehr als 23 Millionen Euro zu verzeichnen, sagte der Geschäftsführer der Jugendherbergen im Nordwesten, Thorsten Richter, in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie seien als gemeinnützige Organisationen mit Ausnahme des Kurzarbeitergeldes nicht durch die Rettungsschirme von Bund und Ländern abgesichert. "Die Politik muss hier dringend und zeitnah nachbessern."
Die Umsatzausfälle werden Richter zufolge noch deutlich steigen, weil mit weiteren Stornierungen und weniger Neubuchungen für den Sommer zu rechnen sei. Richtig dramatisch würde es, wenn die Kultusministerien der Länder das Verbot von Schulfahrten bis in den Herbst hinein verlängern würden.
Bauliche Investitionen seien sofort an allen Standorten gestoppt, alle weiteren Ausgaben auf das absolut notwendige heruntergefahren worden, betonte der Geschäftsführer. Fast alle der rund 1.200 Beschäftigten seien seit dem 1. April in Kurzarbeit. Dennoch sei der enorme Umsatzausfall nicht zu kompensieren.
In der Folge werde in diesem Jahr ein bedrohliches Liquiditätsproblem entstehen, sagte Richter: "Außerdem werden die über Jahre mühselig aufgebauten Investitionsrücklagen in dieser Krise komplett aufgezehrt und stehen für Modernisierungen nicht mehr zur Verfügung." Auch die Schließung von wirtschaftlich schwachen Standorten sei dann nicht auszuschließen.
Immerhin liefen aber mittlerweile Gespräche mit den Sozial- und Wirtschaftsministerien in Hannover und auf Bundesebene. Konkrete Ergebnisse gebe es aber noch nicht. "Grundsätzlich stellen wir aber fest, dass man das Problem in Berlin und Hannover nicht nur erkannt hat, sondern Lösungen auslotet", sagte Richter. Bürgschaften für Kredite würden allerdings kaum weiterhelfen. In einigen Jahren müssten dann die Zins- und Tilgungszahlungen zusätzlich erwirtschaftet werden. Das werde für die gemeinnützige Jugendherbergen kaum möglich sein. "Vor diesem Hintergrund helfen nur direkte staatliche Zuschüsse."
Kassel (epd). Das Kasseler Gericht entschied in einem am 16. April veröffentlichten Urteil, dass bei unterlassener Aufklärung im Fall von Gesundheitsschäden nicht nur zivilrechtliche Haftungsansprüche drohen, sondern auch der Verlust der von der Krankenkasse normalerweise zu bezahlenden Klinikrechnung.
Bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung müsse der Patient erst recht selbst entscheiden können, ob er die Risiken der Alternativbehandlung in Kauf nimmt oder nicht, betonten die Richter.
Im Streitfall ging es um einen Patienten mit einem sogenannten Mantelzelllymphom, eine Form von Lymphdrüsenkrebs. Nachdem der Tumor zunächst im Dezember 2003 erfolgreich behandelt werden konnte, trat 2008 ein Rückfall auf. Es bestand damit eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass der Patient innerhalb von vier Jahren an der Erkrankung stirbt.
Die behandelnden Ärzte einer Hamburger Klinik setzten im März 2010 nach mehreren Behandlungsversuchen schließlich auf eine nicht dem medizinischen Standard entsprechende Alternativtherapie, der sogenannten allogenen Stammzelltransplantation. Dazu wurden die Stammzellen eines besonders gut geeigneten Spenders verwendet. Nach der Einschätzung der Ärzte und den bislang bekannten Studien über diese Therapieform würde sich die statistische Aussicht auf ein Fünf-Jahres-Überleben von 29 auf 60 Prozent erhöhen. Das individuelle Sterberisiko betrage nur zehn bis 15 Prozent. Doch zweieinhalb Monate später starb der Patient an den Folgen einer Blutvergiftung und einem Multiorganversagen.
Die Krankenkasse lehnte es ab, die vollen Behandlungskosten der Alternativtherapie zu bezahlen. Es ging um einen Betrag von über 45.000 Euro. Die Therapie sei medizinisch nicht notwendig gewesen, der Patient sei auch nicht ausreichend über die Risiken der Behandlung aufgeklärt worden, befand die Kasse. Unter Umständen hätte er diese Behandlung sonst gar nicht akzeptiert.
Die Klinik verwies indes darauf, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 Krankenkassen auch nicht anerkannte medizinische Methoden bezahlen müssen, wenn "eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht" auf Heilung oder Linderung besteht.
Das BSG verwies den Streitfall an das LSG zurück. Inwieweit die Krankenkasse die Alternativbehandlung nicht bezahlen muss, müsse vom LSG noch geprüft werden. Hier habe der Versicherte aber an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten, für die eine dem medizinischen Standard entsprechende Heilbehandlung nicht zur Verfügung stand. Die Alternativbehandlung in Form der Stammzelltransplantation sei nach der damaligen Studienlage auch "objektiv erfolgversprechend" gewesen und erfolgte nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Das spreche für einen Vergütungsanspruch, so die Richter.
Allerdings müsse auch belegt sein, dass der Versicherte ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Zwar könne bei medizinischen Routinebehandlungen regelmäßig davon ausgegangen werden, dass eine Aufklärung ordnungsgemäß stattgefunden hat. Mit dieser generellen Vermutung wollte das BSG verhindern, dass Kliniken wegen der Dokumentation umfassender Patientenaufklärung einen nicht mehr zu bewältigenden Bürokratieaufwand ausgesetzt sind. In Routinefällen müsste damit die Krankenkasse beweisen, dass der Patient korrekt aufgeklärt worden ist.
Doch bei Therapien, die mit schweren Gesundheitsschäden oder einem hohen Sterberisiko verbunden sind - wie im vorliegenden Fall - gelte für Kliniken die Pflicht zu einer "besonders sorgfältigen Aufklärung", betonten die Richter. Anderenfalls könne das von der Klinik einzuhaltende Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt sein.
Betroffene Patienten hätten ein Recht darauf, über die individuellen Chancen und Risiken aufgeklärt zu werden. Nur so könnten sie abwägen, ob sie die Risiken insbesondere einer nicht dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung überhaupt eingehen wollen, so das BSG.
Im vorliegenden Fall sei die ordnungsgemäße Aufklärung des Versicherten zweifelhaft. Inwieweit der Patient in der schriftlichen Einverständniserklärung über alle Chancen und Risiken umfassend aufgeklärt wurde, sei nicht klar. Ein Feld über persönliche Risikofaktoren sei sogar einfach leer geblieben, trotz des hohen Sterberisikos der Behandlung.
AZ: B 1 KR 20/19 R
Karlsruhe (epd). Bei der Einrichtung einer Betreuung darf sich ein Gericht nicht pauschal auf ein gerichtlich angeordnetes Sachverständigengutachten verlassen. Legt die betroffene Person im Streit um die Betreuung eine nicht beachtete Stellungnahme einer behandelnden Psychiaterin vor, die im offenen Widerspruch zu dem eingeholten Sachverständigengutachten steht, ist die gerichtlich angeordnete Betreuung fehlerhaft, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem am 22. April veröffentlichten Beschluss.
In dem Rechtsstreit war die heute 84-Jährige zu Hause gestürzt. Die behandelnde unfallchirurgische Klinik regte eine Betreuung an. Das Amtsgericht Dachau holte hierfür ein Sachverständigengutachten ein und bestellte einen Berufsbetreuer, der die Angelegenheiten der Frau regeln sollte. Der Gutachter hatte bei der alten Frau eine organische Persönlichkeits- und Wesensveränderung festgestellt und eine Betreuung empfohlen.
Die Frau hielt dies für unnötig. Da sie auch in einer geriatrischen Klinik behandelt wurde, verwies sie auf den Entlassungsbericht und die darin enthaltene Stellungnahme einer Psychiaterin. Diese hatte der Frau bescheinigt, dass sie in ihre häuslichen Umgebung entlassen werden könne.
Das Amtsgericht verließ sich jedoch allein auf die gutachterliche Stellungnahme. Dies sei aber rechtsfehlerhaft, befand nun der BGH. Das Gutachten stehe in offenem Widerspruch zu der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme. Die Klinik habe zudem die Frau umfassender untersucht als der Sachverständige, so dass über die Betreuungsbedürftigkeit erneut und mit Einholung eines weiteren Gutachtens entschieden werden müsse.
Az.: XII ZB 443/19
Erfurt (epd). Bei einem öffentlichen Arbeitgeber angestellte schwerbehinderte Menschen können wegen ihrer Einschränkungen keine andere als im Arbeitsvertrag festgelegte Beschäftigung einfordern. Der Arbeitgeber kann allenfalls von sich aus dem Wunsch des Beschäftigten nach einer Vertragsanpassung nachkommen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 21. April veröffentlichten Urteil.
Laufe aber bereits ein öffentliches Ausschreibungsverfahren für die gewünchte Stelle, hänge die Stellenbesetzung ausschließlich vom Ausgang des Bewerbungsverfahrens ab, entschieden die Erfurter Richter.
Geklagt hatte eine angestellte, schwerbehinderte Lehrerin aus Thüringen, die im September 2012 arbeitsunfähig erkrankt war. Die Wiedereingliederung an ihren Arbeitsplatz scheiterte. Der Amtsärztliche Dienst befand, dass die Frau voraussichtlich nicht mehr als Lehrerin arbeiten könne und nur für leichte Tätigkeiten "ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung" geeignet sei.
Als das Land Thüringen zehn Stellen als "Lehrer-Kulturagent/Kulturagentin" ausschrieb, verlangte die Lehrerin, dass der Arbeitgeber ihr die Stelle noch vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens zuweist. Als öffentlicher Arbeitgeber sei er verpflichtet, sie leidens- und behinderungsgerecht zu beschäftigen. Eine Stelle als Lehrer-Kulturagentin sei für sie geeignet.
Das BAG wies die Klage auf den Beschäftigungsanspruch jedoch ab. Zwar sei der Arbeitgeber zur Rücksichtnahme verpflichtet, wenn die Arbeitnehmerin ihre arbeitsvertragliche Leistung nicht mehr erbringen könne. Es gebe jedoch keine Verpflichtung, ihr eine vertragsfremde Beschäftigung anzubieten.
Sei eine Stelle ausgeschrieben, müsse das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens abgewartet werden. Denn jeder Bewerber und jede Bewerberin habe ein Recht auf "chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren". Die vorherige Vergabe der ausgeschriebenen Stelle an die schwerbehinderte Klägerin würde das Recht auf Chancengleichheit unterlaufen.
Az.: 9 AZR 78/19
Celle, Bremen (epd). Jobcenter müssen nach einem Gerichtsurteil die Instandhaltungs- und Reparaturkosten für Unterkünfte nur dann übernehmen, wenn diese von den Antragstellern selbst bewohnt werden. Andere Unterkunftsformen wie Boote gehörten nicht dazu, entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen und wies damit die Klage eines Hartz-IV-Empfängers aus Bremen ab. Das Urteil wurde am 20. April in Celle bekannt.
Der 61-Jährige ohne festen Wohnsitz hatte angegeben, dass ihm ein eigenes, sanierungsbedürftiges Segelboot im Bremer Hafen als Unterkunft diene. Beim Jobcenter hatte er dafür die Übernahme der Kosten eines Dieselofens für den Winter beantragt.
Zuvor habe er die Kajüte mit einem Petroleumofen beheizt, der jedoch nicht für den Dauereinsatz vorgesehen sei. Die Kosten in Höhe etwa 2.700 Euro für den neuen Ofen könne er nicht selbst aufbringen, da er als Taxifahrer nur geringe Einnahmen habe, argumentierte der Mann. Das Jobcenter hielt nach einem Besuch vor Ort das Boot für unbewohnbar und lehnte den Antrag ab.
Das Landessozialgericht verneinte ebenfalls einen Anspruch auf Kostenübernahme. Zum einen könnten Ausgaben für die Instandhaltung und Reparatur nur bei einem selbst bewohnten Haus oder Wohneigentum übernommen und andere Wohnformen wie Boote oder Wohnmobile nicht berücksichtigt werden. Zudem sei der Einbau eines Dieselofens angesichts des gezahlten Kaufpreises auch keine Instandhaltung, sondern eine erheblich wertsteigernde Neuanschaffung.
Instandhaltung sei keine Modernisierung, sondern Substanzerhalt, betonte das Gericht. Dem Kläger gehe es jedoch um die Schaffung eines neuen, verbesserten Zustands mit einhergehender Wertsteigerung. Hierfür gebe es im Gesetz keine Grundlage.
Az.: L 15 AS 96/19
Hannover (epd). Ein vom Landkreis Hildesheim wegen der Corona-Pandemie angeordnetes Besuchs- und Betretungsverbot für ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften ist laut einem Gerichtsurteil rechtmäßig. Das Verwaltungsgericht Hannover wies den Eilantrag einer Bewohnerin der Einrichtung und ihres Sohnes gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises vom 9. April ab. Das Urteil wurde am 16. April bekannt.
Die Antragsteller hatten argumentiert, das Besuchs- und Betretungsverbot sei unverhältnismäßig. Es sei wegen seiner erheblichen Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden nicht geeignet, die Gesundheit der Bewohner der Einrichtung zu erhalten. Zudem gebe es mildere Mittel wie etwa Atemschutzmasken, um einer Ansteckung mit dem Coronavirus vorzubeugen.
Das Gericht folgte dieser Einschätzung jedoch nicht. Dem nachvollziehbaren Wunsch der Antragsteller nach einem persönlichen Besuchskontakt stehe eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit der Mutter sowie der übrigen WG-Mitglieder und der Pflegekräfte gegenüber, entschieden die Richter. Die Bewohner von Pflegeeinrichtungen gehörten zu einer besonders verletzlichen Bevölkerungsgruppe.
Im vorliegenden Einzelfall komme hinzu, dass an sämtlichen Bewohnern der Einrichtung ein Luftröhrenschnitt vorgenommen worden sei. Dies führe dazu, dass Viren direkt in die Lunge gelangen könnten, heißt es in der Begründung. Im Falle einer Erkrankung an Covid-19 bestehe bei diesen Personen wegen der Vorerkrankungen das gesteigerte Risiko eines tödlichen Verlaufs.
Atemschutzmasken ohne Luftfilter böten nach bisherigen Erkenntnissen nur begrenzten Schutz. Professionelle Schutzkleidung stehe nur in sehr eingeschränktem Umfang zur Verfügung und bedürfe zudem besonderer Vorsicht und Sorgfalt bei der Nutzung, hieß es weiter.
Die Kammer hat nach Angaben eines Sprechers auch berücksichtigt, dass das Besuchsverbot zunächst bis zum 18. April 2020 befristet war. Dies stelle sicher, dass die Allgemeinverfügung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie in Kürze erneut überprüft werden könne.
Az.: 15 B 2147/20
Hamburg (epd). Eine Mutter darf nach einem Beschluss des Hamburger Verwaltungsgerichts ihre Kinder auch während der Corona-Krise in einem Kinderschutzhaus besuchen. Das Gericht kippte am 17. April eine Verordnung des Senats zur Eindämmung des Coronavirus, nach der Eltern das Betreten von Kinderschutzeinrichtungen verboten ist. Ausnahmen sieht die Verordnung nicht vor. Die Mutter hatte dagegen mit einem Eilantrag geklagt.
Der Mutter war das Sorgerecht für ihre beiden kleinen Kinder vom Amtsgericht teilweise entzogen worden. Bis zur Corona-Krise hatte sie regelmäßig einmal pro Woche begleiteten Umgang mit ihnen. Laut Verwaltungsgericht verletzt das absolute Verbot, die eigenen Kinder in Kinderschutzeinrichtungen persönlich zu besuchen, die Eltern in ihren Grundrechten. Es werde nicht differenziert nach dem Alter der Kinder, der Qualität der bisherigen Eltern-Kind-Beziehung oder der Häufigkeit des bisherigen Umgangs. Das Verbot könnte somit dazu beitragen, dass es zu einem kompletten Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kindern führt.
Zudem beanstandete das Gericht beanstandet, dass die Corona-Verordnung zwar Besuche in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen der öffentlichen Unterbringung in Einzelfällen ermöglicht, aber keine entsprechende Ausnahme für Kinderschutzeinrichtungen vorsieht. Gegen die Entscheidung kann die Stadt Beschwerde beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht erheben.
Az. 11 E 1630/20
Leipzig (epd). Der Freistaat Sachsen muss laut einem Gerichtsurteil dafür sorgen, dass die Corona-Abstandsregeln auch in Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber eingehalten werden können. Das Verwaltungsgericht Leipzig gab am 22. April einem entsprechenden Antrag eines Asylbewerbers auf vorläufigen Rechtsschutz statt. Die zuständige Landesdirektion kann den Mann demnach vorläufig nicht weiter dazu verpflichten, in der Aufnahmeeinrichtung in Dölzig (Kreis Nordsachsen) zu wohnen.
Das Gericht erklärte, die Ausbreitung der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 müsse gerade auch in Unterkünften für Asylbewerber zwingend verhindert werden. Bewohner müssten daher die Möglichkeit haben, den in der sächsischen Corona-Verordnung geforderten Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,50 Metern einzuhalten.
Den Antrag gestellt hatte demnach ein Asylbewerber, der zusammen mit einer weiteren Person in einem zwei Mal zwei Meter großen Zimmer untergebracht ist und sich Küche und sanitäre Einrichtungen mit 50 weiteren Menschen teilen muss. Laut Gericht gehört der Mann zudem zu einer Altersgruppe, in der eine Covid-19-Erkrankung "eine Lungenentzündung sowohl mit Krankenhausaufenthalt und auch kritischem Verlauf nach sich ziehen könne".
Zuvor habe der Asylbewerber gegenüber der Landesdirektion "erfolglos geltend gemacht", dass er die Grundsätze der Corona-Verordnung in der Erstaufnahme nicht einhalten könne, erklärte das Gericht weiter. Im Anschluss habe er den Rechtsweg beschritten. Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
Az.: 3 L 204/20
Essen (epd). Sabine Depew ist Erziehungswissenschaftlerin und übernahm das Leitungsamt bei der Caritas in Essen im Sommer 2017. Sie arbeitete seit 1993 im Diözesancaritasverband für das Erzbistum Köln in verschiedenen Führungspositionen mit den Arbeitsschwerpunkten Europa, Arbeitsmarktfragen, Kinder- und Jugendhilfe sowie Digitalisierung der sozialen Arbeit. Als Grund für den Wechsel wurde die Verlagerung ihres persönlichen Lebensmittelpunktes nach Schleswig-Holstein genannt.
Depew habe sich in ihrer dreijährigen Amtszeit für die Themen sozialpolitische Interessenvertretung, Digitalisierung und Agilität in der verbandlichen Caritas stark gemacht und die Caritas im Ruhrbistum auf den Weg zu einem modernen Spitzenverband der Wohlfahrt geleitet, heißt es in einer jetzt verbreiteten Würdigung.
"Es macht mich stolz, dass hier so viel innovative Kraft, Engagement und eine hohe Bereitschaft zu spüren ist, sich auf neue Wege der sozialen Zusammenarbeit einzulassen", lobte die scheidende Direktorin ihren Verband. "Als Caritas sind wir ein wesentlicher Teil der Kirche, die für die Menschen vorbehaltlos da sein will."
Generalvikar Klaus Pfeffer, zugleich Vorsitzender des Caritasrates, zollte Sabine Depew Respekt und Anerkennung: "Sie haben viele innovative Impulse in den Caritasverband und in das Bistum Essen hineingetragen." Er fügte hinzu: "Für uns ist Ihr Abschied bedauerlich, aber die Caritas im Norden darf sich auf Sie freuen."
Ulrike Kühn (51), Diakonin, wird am 1. Juli Oberin im diako Augsburg. Der Verwaltungsrat der Evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg hat sie in das Amt berufen. Sie tritt die Nachfolge von Oberin Christiane Ludwig an, die Ende August in den Ruhestand geht. Kühn, geboren in Ulm, hat nach ihrer Tätigkeit als Zahnarzthelferin und Verwaltungsangestellte in einer Psychologischen Beratungsstelle in der Zeit 1994 bis 1999 die Ausbildung zur Diakonin und als Erzieherin in Rummelsberg absolviert. Berufliche Stationen als Gemeinde- und Jugenddiakonin waren Freising, Coburg und Pfuhl. Seit 2006 lebt sie in Leipheim und hat im Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Neu-Ulm zunächst als Religionslehrerin an Mittel-, Grund- und Förderschulen gearbeitet, bevor sie 2018 die theologisch-pädagogische Leitung des Evangelischen Bildungswerks übernahm. Die Oberin gehört dem dreiköpfigen Vorstand der Evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg an. Gemeinsam mit Rektor Jens Colditz als Vorsitzenden und kaufmännischem Vorstand Claus Boldt trägt sie Verantwortung für rund 700 Mitarbeiter.
Hans-Ulrich Demuth, Biochemiker, die Juristen Helmut Frister und Stephan Rixen sowie die Pflegeexpertin Annette Riedel sind vom Bundestag am 23. April neu in den Ethikrat gewählt worden. Der Jurist Steffen Augsberg, die Biologin Sigrid Graumann, der Gerontologie-Experte Andreas Kruse und der Theologe Andreas Lob-Hüdepohl wurden für eine weitere Amtszeit berufen. Elf der insgesamt 13 zuvor von den Fraktionen benannten Experten wurden einstimmig von allen Parteien akzeptiert, darunter der Philosoph und frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, die evangelische Regionalbischöfin Petra Bahr und die katholische Moraltheologin Kerstin Schlögl-Flierl. Abgelehnt wurden zwei von der AfD vorgeschlagene Mediziner. SPD, Linke, Grüne und einzelne Abgeordnete der Union stimmten gegen den Medizinhistoriker Axel W. Bauer und den Mediziner Helmut Hahn. Die Mitglieder müssen noch vom Bundestagspräsidenten berufen werden.
Frerk Hinrichs, 20 Jahre in der Öffentlichkeitsarbeit des Diakonischen Werkes im Oldenburger Landaktiv, wechselt an die Pflegeschule Stephanusstift in Delmenhorst und übernimmt die Leitung der Berufsfachschule. Die Leitungsposition war zehn Monate lang vakant. Hinrichs knüpft damit an seine Lehramtstätigkeit vor seinem Wechsel in die Pressearbeit an. 20 Jahre lang war er im Vorstand der Ev. Altenpflegeschule in Oldenburg. Ansprechpartner in der Öffentlichkeitsarbeit des DW bleiben Kerstin Kempermann und Alexander Goerschel.
Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité, erhält den mit 50.000 Euro dotierten Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes. Von 2007 bis 2017 war Drosten Professor an der Universität Bonn. Seit 2017 ist er Lehrstuhlinhaber und Institutsdirektor an der Charité in Berlin. Der Virologe erhalte zudem den einmalig mit 50.000 Euro dotierten "Sonderpreis für herausragende Kommunikation der Wissenschaft in der Covid19-Pandemie". Außerhalb des Preisverfahrens werde Drosten für "außerordentliche Leistungen für Wissenschaft und Gesellschaft angesichts einer dramatischen Pandemieentwicklung" ausgezeichnet, hieß es. Er stehe für die besondere Rolle, die der Wissenschaft während der Pandemie zukomme, und erkläre auf anschauliche, transparente sowie faktenbasierte Weise, was Wissenschaft wisse und wie sie arbeite. Zweiter Preisträger ist der Berliner Fischereiwissenschaftler Robert Arlinghaus. Der "Communicator-Preis - Wissenschaftspreis des Stifterverbandes" wird seit dem Jahr 2000 verliehen.
Aufgrund der Corona-Epidemie haben die Veranstalter viele Termine abgesagt. Wir haben Tagungen, Seminare und Workshops aufgelistet, die ab Mai geplant sind und daher auch tatsächlich stattfinden könnten. Kurzfristige Änderungen sind jedoch nicht auszuschließen. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, dies zu beachten.
Mai
12.5. Regensburg:
Workshop "Professionelle Beratung – Der Schlüssel in Zeiten des Personalmangels: Das Fundament Ihres Pflegedienstes"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0941/5696-0
14.5. Berlin:
Fachsymposium "360° Pflege - Qualifikationsmix für den Patienten - in der Praxis"
des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung
Tel.: 0221/46861-30
2.6. Berlin:
Seminar "SGB II und XII für SchuldnerberaterInnen und SozialarbeiterInnen in Beratungsstellen"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
15.-16.6. Berlin:
Seminar "Die Anwendung der ICF in der Hilfeplanung"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
18.-20.6. Paderborn:
Seminar "Sozialrecht im Sozial- und Gesundheitswesen"
der IN VIA-Akademie
29.-30.6. Mainz:
Seminar "Sozialräumliches Arbeiten in der Arbeit mit Menschen mit Teilhabeeinschränkungen"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/488 37-495