Berlin (epd). Im Streit um die Finanzierung der versprochenen Bonuszahlungen für die Altenpflege in der Corona-Krise hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Klärung versprochen. Sein Ziel sei, "dass wir in den nächsten ein, zwei Wochen da auch zu einem konkreten Ergebnis für die Pflegekräfte kommen", sagte Spahn am 22. April nach einer Sitzung des Gesundheitsausschusses im Bundestag in Berlin. Das Bundeskabinett billigte neue Mindestlöhne für die Pflege. Sie sollen bis 2022 schrittweise steigen.
Spahn sagte, bei den Bonuszahlungen gehe es um eine faire Verteilung der Kosten. Geklärt werden müsse, welchen Teil die Pflegekassen übernehmen sowie die Länder und Arbeitgeber. Die Opposition kritisierte, die Pflegekräfte würden hingehalten.
Im Gespräch sind Prämien bis zu 1.500 Euro. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) hatten sich Anfang April auf eine Sonderzahlungen in dieser Höhe geeinigt. Es ist aber offen, ob das für die ganze Branche gelten soll. Dazu müsste Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine Verordnung erlassen. Offen ist auch, wie hoch die Boni tatsächlich ausfallen werden. Beschlossen hat die Regierung aber, dass Corona-Prämien bis 1.500 Euro steuerfrei gestellt werden.
Seit Wochen wird nun darüber gestritten und verhandelt, wer die Boni finanzieren soll. Die Arbeitgeber in der Pflege fordern eine Erstattung. Widerstand gibt es nach Medienberichten auch bei den Krankenkassen, die die Prämie nicht allein über die Beiträge zur Pflegeversicherung finanzieren wollen.
Die Opposition fürchtet, dass die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen über steigende Eigenanteile am Ende selbst für die Kosten aufkommen müssen. Die Grünen verlangten eine Finanzierung aus Steuern, die Linke forderte die Bundesregierung auf, die Altenpflegekräfte nicht länger hinzuhalten.
Spahn sagte, geklärt werden solle in den kommenden Tagen, wie Teilzeitkräfte berücksichtigt werden und welche Berufsgruppen genau eine Prämie erhalten sollen. "Reinigungskräfte leisten auch wichtige Arbeit", sagte Spahn. Nach dieser Klärung solle über die Finanzierung gesprochen werden. Spahn würdigte die Arbeit in den Heimen. In den Altenpflegeeinrichtungen werde stationär wie ambulant "gerade großartige Arbeit geleistet" mit viel Engagement und in "oftmals sehr, sehr schwierigen Situationen", sagte der Minister.
Die Diakonie begrüßte die Pläne, eine Prämie zu zahlen, wies aber zugleich darauf hin, dass auch in anderen sensiblen Bereichen wie der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen vergleichbare Corona-Belastungen und -Risiken wie in der Pflege bestünden. Vorstand Maria Loheide: "Wir fordern die Bundesregierung auf, ähnliche Modelle wie für die Pflege auch für andere Berufsgruppen zu suchen, die besonders von der Corona-Krise betroffen sind."
"Die Beschäftigten in der Pflege leisten Außerordentliches und gefährden zum Teil in besonderer Weise ihre eigene Gesundheit. Sie haben die Prämie absolut verdient", sagte ver.di-Chef Frank Werneke: "Wir streben vergleichbare Regelungen auch für weitere Branchen und Tätigkeiten an." Die geplante Prämie sei insbesondere ein Erfolg der ver.di-Tarifinitiative für allgemeinverbindliche Regelungen in der Altenpflege.
Bpa-Präsident Bernd Meurer betonte, die Mitglieder des bpa Arbeitgeberverbands und des bpa stünden ohne Wenn und Aber zur Zahlung dieser Prämie. "Wie alle anderen Arbeitgeberverbände haben wir immer deutlich gemacht, dass die Refinanzierung gesichert und eine praktikable Umsetzung gewährleistet sein muss." Die jetzige Empfehlung beinhalte beides, deshalb könne er Bund und Länder nur dazu aufrufen, den Vorschlägen der Fachleute von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu folgen.
Die Dienstgeberseite der Caritas schlug gestaffelte Prämien für Pflege- und Betreuungskräfte sowie Auszubildende und andere Beschäftigte wie Reinigungskräfte zwischen 1.500 und 500 Euro vor. Diese Empfehlung sollte möglichst zügig, unproblematisch und rechtssicher umgesetzt werden, sagte Norbert Altmann, Sprecher der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas. "Dagegen würde eine Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages die Entscheidung für eine Prämie wie auch die Auszahlung nur auf die lange Bank schieben."
Die neuen Mindestlöhne für die Pflege, die das Bundeskabinett billigte, sollen Pflegekräfte vor Dumping-Löhnen schützen. Sie waren bereits Ende Januar von der 4. Pflegekommission beschlossen worden, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Erstmals sind unterschiedliche Mindeststundenlöhne für Hilfskräfte, Pflegehilfskräfte mit Ausbildung und Pflegefachkräfte vorgesehen. Festgelegt wurde auch eine stufenweise Anhebung und Angleichung von West- und Ostlöhnen. Außerdem sollen die Pflegekräfte mehr bezahlten Urlaub bekommen als gesetzlich vorgeschrieben.
Die untere Lohngrenze für ungelernte Kräfte im Westen Deutschlands steigt zum Juli von derzeit 11,35 Euro auf 11,60 Euro und in weiteren Stufen ab April 2022 auf 12,55 Euro. Bis dahin sollen auch die Ost-Mindestlöhne auf diesen Betrag steigen, die derzeit noch bei 10,85 Euro liegen. Für Pflegefachkräfte soll ab Juli kommenden Jahres bundesweit ein Mindeststundenlohn von 15 Euro gelten, der zum April 2022 auf 15,40 Euro steigt. Die unteren Lohngrenzen sind für die gesamte Altenpflegebranche verbindlich.