Ausgabe 8/2013 - 23.02.2018
Frankfurt a.M. (epd). Ausgesucht haben es sich die wenigsten: 2,7 Millionen Menschen erziehen ihre Kinder allein – eine halbe Million mehr als vor zehn Jahren. Und: Fast 44 Prozent von ihnen haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Das gilt als Schwelle zur Armut. Jeder dritte Alleinerziehenden-Haushalt bezog 2016 Hartz-IV-Leistungen, wie Daten der Bundesregierung zeigen. Sie verdeutlichen auch: Das Armutsrisiko für Alleinerziehende wächst.
"Auch Kinderarmut lässt sich zu einem großen Teil auf die Armut Alleinerziehender zurückführen", sagt Antje Funcke vom Forschungsbereich Bildungsinvestitionen der Bertelsmann Stiftung. Tatsächlich lebt die Hälfte der 1,9 Millionen Kinder in Hartz-IV-Bezug mit nur einem Elternteil. Fünfmal häufiger als eine Paarfamilie sind Ein-Eltern-Familien von Sozialleistungen abhängig, stellt die Volkswirtin fest. Das liegt auch an der Doppelrolle von Alleinerziehenden: "Sie müssen allein ein Einkommen für mindestens zwei erwirtschaften und sind auch allein für die Fürsorgearbeit zuständig."
Vollzeitjobs schaffen viele nicht – vor allem, wenn die Kinder jünger sind. Sie arbeiten dennoch häufiger Vollzeit als verheiratete Mütter – und in Teilzeit arbeiten sie länger. Das Geld reicht oft trotzdem nicht. "Es ist teurer, mit Kindern zusammenzuleben als mit anderen Erwachsenen", sagt Funcke. Frauen – sie stellen 90 Prozent der Alleinerziehenden – arbeiten oft in schlechter bezahlten Berufen. "Eine Vollzeitstelle als Verkäuferin reicht kaum zum Leben", sagt die Forscherin. "Die Arbeitszeiten sind für Alleinerziehende aber sowieso kaum machbar."
Für Arbeitgeber sind Alleinerziehende eher unattraktiv: "Wir sind ja auch diejenigen, die wegen kranker Kinder zu Hause bleiben müssen", sagt Erika Biehn, Vorsitzende des Verbandes alleinerziehende Mütter und Väter. Mehr Ganztagsbetreuung fordert der Verband schon lange. Ein Patentrezept gegen Armut ist das aber nicht, sagt Funcke. "Statt Druck zur Vollzeit zu machen, sollte Fürsorgearbeit finanziell mehr anerkannt und Frauen gezielt für besser bezahlte Arbeit qualifiziert werden, damit auch Teilzeit zum Leben reichen kann."
Seit 2017 springt der Staat zumindest länger ein, wenn der Expartner keinen Unterhalt zahlt – bis zum 18. statt wie vorher nur bis zum zwölften Geburtstag des gemeinsamen Kindes. Biehns Verband hat lange für die Reform gekämpft. Jetzt stellt sich heraus: "Bei vielen kommt gar nicht mehr Geld auf dem Konto an, bei manchen sogar weniger." Denn: Unterhaltsvorschuss zählt als Einkommen. Wer vorher Wohngeld bekam, weil der Lohn nicht für die Miete reichte, verliert es jetzt – es ist ja mehr Einkommen da.
Das ist nicht das einzige Schnittstellenproblem: Auch der Kinderzuschlag – eingeführt für arme Familien – wird mit dem Unterhalt verrechnet. "Es lohnt sich für die meisten gar nicht, ihn zu beantragen", sagt Biehn.
Und während Verheiratete mit dem Ehegattensplitting bis zu 16.000 Euro im Jahr sparen können, werden Alleinerziehende fast so besteuert wie Singles: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bringt bei einem Kind eine monatliche Steuerersparnis von 159 Euro - mehr nicht. Biehn fordert außer Steuergerechtigkeit eine Kindergrundsicherung: Hilfen aus einer Hand, die nicht gegeneinander verrechnet werden.
Die Kindergrundsicherung sieht auch Funcke als zentral in der Armutsbekämpfung. "Dafür muss das Hilfesystem aber komplett umgedacht werden", sagt die Expertin. Einen Prüfauftrag dafür gibt es immerhin: Die Konferenz der Sozialminister der Länder will in diesem Jahr ein Konzept dazu vorlegen. Ein Hoffnungsschimmer, sagt Biehn. "Als erstes brauchen wir aber endlich eine Regierung, die wir ansprechen können."
Berlin (epd). So wollen die möglichen Koalitionäre den Kinderzuschlag für Geringverdiener erhöhen und zwar so weit, dass er zusammen mit dem Kindergeld und dem anteiligen Wohngeld für ein Kind das sächliche Existenzminimum von derzeit 399 Euro pro Monat abdeckt.
Um wie viel der Kinderzuschlag steigen soll, steht nicht im Koalitionsvertrag. Er enthält auch keine Einzelheiten dazu, ob und wie sich die geplante Kindergelderhöhung auf den Kinderzuschlag auswirken soll.
Der Kinderzuschlag ist eine Leistung allein für Geringverdiener. Er beträgt bis zu 170 Euro im Monat für jedes Kind und soll verhindern, dass Eltern für ihre Kinder Hartz-IV-Sozialgeld beantragen müssen. Die Beantragung ist so kompliziert, dass nach Schätzungen des Fraunhofer-Instituts nur ein Drittel der Familien, denen die Leistung zustünde, sie auch tatsächlich beziehen.
Laut Koalitionsvertrag soll die Höchsteinkommensgrenze abgeschafft werden. Bisher ist es so, dass Familien, deren Einkommen auch nur einen Euro über der für sie jeweils individuell errechneten Höchsteinkommensgrenze liegen, den Kinderzuschlag nicht bekommen. Künftig soll die Leistung laut Koalitionsvertrag bei steigendem Einkommen langsam auslaufen.
Union und SPD kündigen außerdem an, Kinderzuschlag, Wohngeld, und Kinderunterhalt beziehungsweise den staatlichen Unterhaltsvorschuss besser aufeinander abzustimmen und das Antragsverfahren zu vereinfachen. Was das heißen könnte, ist indes noch nicht klar. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) bemängelt seit langem, dass Ein-Eltern-Familien bei einer Erhöhung des Unterhaltsvorschusses den Kinderzuschlag verlieren können und dann insgesamt weniger Geld haben.
Weiter wollen Union und SPD auch das sogenannte Bildungs- und Teilhabepakt verbessern. Das sind jene Leistungen, auf die Kinder Anspruch haben, die von Hartz-IV-Leistungen leben sowie Kinder, deren Eltern wenig verdienen und Wohngeld oder den Kinderzuschlag beziehen.
Dem Koalitionsvertrag zufolge soll zudem das Schulstarterpaket aufgestockt werden. Bisher bekommen Kinder, Jugendliche und Berufsschüler 100 Euro zu jedem Schuljahresanfang für Bücher und Lernmittel. Vereinfacht und verbessert werden sollen auch die Unterstützungen für das Schul- und Kita-Essen sowie die Kostenübernahme für den Schulbus und für Nachhilfestunden.
Profitieren würden einkommensschwache Familien auch vom weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und von dem Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in den Grundschulen, der bis 2025 verwirklicht werden soll. Die hohe Armutsquote bei Alleinerziehenden - nach der jüngsten Bertelsmann-Studie liegt die Risikoquote für Einkommensarmut bei 68 Prozent - ist unter anderem auf die vielerorts immer noch nicht ausreichende Kinderbetreuung zurückzuführen, die alleinerziehende Mütter daran hindert, mehr als ein paar Stunden am Tag berufstätig zu sein.
Nach einer Bertelsmann-Studie, die Anfang Februar für Aufsehen sorgte, hat sich die Kluft zwischen wohlhabenden und armen Familien in den vergangenen 25 Jahren stärker vergrößert als bisher angenommen. Die Armutsrisikoquote von Paarfamilien liegt nach dieser neuen Berechnung knapp drei Prozentpunkte über den bisher ermittelten Werten: Danach sind 13 Prozent der Paare mit einem Kind armutsgefährdet, 16 Prozent jener mit zwei und 18 Prozent solcher mit drei Kindern. Mehr als 2,5 Millionen Kinder gelten in Deutschland als armutsgefährdet, das ist etwa jedes Fünfte.
Frankfurt a.M. (epd). Alleinerziehende Steuerpflichtige können pro Kalenderjahr 1.908 Euro von der Summe ihrer Einkünfte abziehen, wenn ein Kind im Haushalt lebt. Für jedes weitere Kind gibt es zusätzliche 240 Euro. Diese steuerliche Entlastung wurde im Jahr 2004 mit 1.308 Euro Freibetrag eingeführt und ist in der Steuerklasse II verankert.
Vor 2004 gab es einen deutlich höheren sogenannten Haushaltsfreibetrag. Dieser wurde aber für verfassungswidrig erklärt, weil er nicht-ehelichen Erziehungsgemeinschaften einen höheren Grundfreibetrag einräumte als ehelichen. Ursprünglich wurde der Haushaltfreibetrag als Sonderfreibetrag für unverheiratete Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind eingeführt, als 1958 das Ehegattensplitting eingeführt wurde.
Mit dem Ehegattensplitting kann nach Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ein maximaler steuerlicher Vorteil von rund 16.000 Euro erzielt werden. Je ungleicher das Einkommen der Ehepartner, desto größer ist der Splittingvorteil.
Bei den Beiträgen zur Sozialversicherung werden Kinder – anders als im Steuerrecht – nicht berücksichtigt: Alleinerziehende zahlen genauso hohe Beiträge wie Alleinlebende. Der Expertenrat der Bertelsmann Stiftung fordert in seiner Studie zur Situation von Alleinerziehenden in Deutschland, das Existenzminimum von Kindern freizustellen.
Frankfurt a.M. (epd). Kinder haben Anspruch auf Unterhalt von ihren Eltern: Diese können ihn durch Pflege und Erziehung oder durch Geld leisten. Alleinerziehende bekommen entsprechend von ihrem Expartner Unterhalt für die alleinige Fürsorge. Die Höhe des Bar-Unterhaltes hängt vom aktuellen Einkommen des Unterhaltspflichtigen und vom Alter der Kinder ab. Wird nicht gezahlt, springt der Staat mit einem Unterhaltsvorschuss ein, den er aber von den Zahlungspflichtigen zurückfordert. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2016 kam zu dem Ergebnis, dass jede zweite Alleinerziehende keinen Unterhalt bekommt und ein weiteres Viertel weniger, als ihr zusteht.
Seit dem 1. Juli 2017 gilt eine Reform des Unterhaltsvorschusses. Seitdem wird er nicht nur für Kinder bis zum zwölften Geburtstag gezahlt, sondern bis zum 18. Geburtstag. Außerdem war er zuvor auf sechs Jahre begrenzt. Auch dies wurde aufgehoben. Kinder ab zwölf Jahren bekommen den Vorschuss allerdings nur, wenn sie keine Hartz-IV-Leistungen beziehen oder der alleinerziehende Elternteil ein Einkommen von mindestens 600 Euro erzielt.
Der Unterhaltsvorschuss orientiert sich am Mindestunterhalt – also an dem, was ein geringverdienender Ex-Partner mindestens zahlen muss. Allerdings wird davon beim Unterhaltsvorschuss das komplette staatliche Kindergeld von 194 Euro abgezogen. Beim vom Expartner gezahlten Unterhalt wird nur die Hälfte abgezogen.
Bis zum sechsten Geburtstag beträgt der Unterhaltsvorschuss 150 Euro, bis zum zwölften Geburtstag 201 Euro und bis zum 18. Geburtstag 268 Euro. Für Zahlungspflichtige gilt die sogenannte Düsseldorfer Tabelle: Je nach aktuellem Einkommen sinkt oder steigt der zu zahlende Unterhalt in Stufen.
Frankfurt a.M. (epd). Zusammen mit 13 Sozialwissenschaftlern setzen sie sich die Befürworter für ihr Konzept einer Kindergrundsicherung ein, in dem konkrete Geldsummen genannt und auch die Finanzierung berechnet wird.
Die Kindergrundsicherung soll nach Willen des Bündnisses 619 Euro monatlich betragen – eine Summe, die dynamisch angepasst werden soll. Sie stützt sich auf das steuerliche Existenzminimum für Kinder. Das ist die Summe, die Steuerzahlern zur Sicherung existenzieller Bedürfnisse freigestellt wird und deren zentrale Bedeutung verschiedene Verfassungsgerichtsurteile festschreiben.
Das Existenzminimum wird alle zwei Jahre von der Bundesregierung im Existenzminimumsbericht veröffentlicht und setzt sich aus dem sächlichen Existenzminimum – dem Sachbedarf für Essen, Kleidung, Wohnen, Körperpflege – und einem Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung zusammen. Das sächliche Existenzminimum betrug im Jahr 2017 monatlich 393 Euro. Den Erziehungsfreibetrag haben die Bündnismitglieder für die Grundsicherung auf seiner Höhe von 180 Euro aus dem Jahr 2009 belassen – zusammen ergibt das die geforderten 619 Euro.
Die Kindergrundsicherung soll Kindergeld, Kinderzuschlag, Sozialgeld nach Hartz IV, Wohngeld für Kinder, Unterhaltsvorschuss und andere kinderbezogene pauschale Einzelleistungen ersetzen. Die 619 Euro Grundsicherung sollen mit dem elterlichen Einkommen versteuert werden. "Familien ohne oder mit wenig Einkommen erhalten damit die gesamte Leistung", erklärt die Volkswirtin Irene Becker, die das Kindergrundsicherungs-Konzept für das Bündnis durchgerechnet hat. Je niedriger das Einkommen ist, desto höher ist der Betrag. Das sei viel gerechter als das heutige System, findet Becker: "Derzeit profitieren Eltern um so mehr vom steuerlichen Freibetrag, je mehr sie verdienen."
Mit der Kindergrundsicherung wäre kein Kind mehr im Hartz-IV-Bezug. "Kinder von Eltern mit niedrigem bis mittleren Einkommen hätten ebenfalls deutlich mehr finanzielle Förderung als bislang über das Kindergeld", sagt die Verteilungsforscherin Becker. Auch die Kinder von Gutverdienern hätten mit der Kindergrundsicherung laut Becker nicht weniger als vorher.
Grundsicherung sollen alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr erhalten. Danach erhalten junge Erwachsene in Ausbildung oder Studium bis zum 25. Jahr den Mindestbetrag, und sie können weiter Ausbildungsförderung wie BAföG beantragen.
Die Kosten einer solchen Kindergrundsicherung betragen nach Beckers Berechnungen etwa 102 Milliarden Euro brutto im Jahr. Netto wären es deutlich weniger, da einiges eingespart wird: Als größter Posten würden nach Beckers Berechnungen Kindergeld-Zahlungen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro wegfallen. Auch Hartz-IV-Leistungen für Kinder würden gespart. Weil die Kindergrundsicherung versteuert werden soll, kommen auch Staatseinnahmen zustande: etwa 25 Milliarden Euro, schätzt Becker.
Damit bliebe immer noch eine Finanzierungslücke von rund 28 Milliarden Euro. Auch für sie gibt es bereits Ideen und Berechnungen. Zentraler Baustein soll die Abschaffung des Ehegattensplittings sein. Potenzial laut Becker: 11,5 Milliarden Euro weitere zusätzliche Steuereinnahmen.
"Wir wollen weg von einer Politik, die meist nur die Armutsfolgen erträgt und zu selten kostenintensiv mildern will", sagt Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, der das Bündnis koordiniert. "Auch wenn die Kindergrundsicherung zu Beginn Mehrkosten verursacht, zahlt sie sich als präventive Maßnahme und damit als Investition in die Zukunftschancen für alle Kinder langfristig aus."
Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) hat gefordert, den Kampf gegen Kinderarmut zu einem Schwerpunkt der künftigen Bundesregierung zu machen. Ein reiches Land wie Deutschland könne sich keine armen Kinder leisten, sagte die geschäftsführende Ministerin am 20. Februar bei einer Veranstaltung des SOS-Kinderdorfes in Berlin. Am Welttag der sozialen Gerechtigkeit diskutierten rund 100 Gäste aus Politik, Wissenschaft und Praxis über Kinderarmut. Fast jedes fünfte Kind in Deutschland wächst dem Hilfswerk zufolge in Armut auf.
"Armut grenzt aus, macht klein und verschlechtert die Chancen, gut ins Leben zu starten", betonte Barley in ihrer Rede. Arme Kinder haben Experten zufolge schlechtere Bildungschancen, stehen häufiger im gesellschaftlichen Abseits und sind in ihrer gesundheitlichen Entwicklung beeinträchtigt.
Barley sagte, dass Kinder vor allem dann arm seien, wenn auch ihre Eltern arm sind. "Gegen Kinderarmut helfen deshalb gute Löhne, aber auch eine Politik, die noch mehr die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Mittelpunkt stellt", sagte die Ministerin. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD unter anderem vereinbart, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, den Kinderzuschlag für Einkommensschwache zu erhöhen und das Kindergeld bis 2020 um 25 Euro zu erhöhen.
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, erläuterte, dass in Deutschland vor allem Kinder von Alleinziehenden, Flüchtlingskinder und Kinder aus kinderreichen Familien in Armut aufwüchsen. "Sie alle 'erben' die Armut von ihren Eltern und haben in den seltensten Fällen die Chance, jemals ihre prekäre Situation zu überwinden." Das Ausmaß von Kinderarmut werde unterschätzt, mahnte sie.
Der Vorstandsvorsitzende des deutschen SOS-Kinderdorfvereins, Kay Vorwerk, kritisierte, dass noch immer die Herkunft eines Kindes in hohem Maße seine Bildungslaufbahn bestimme. Er fordert von der Politik, finanzielle Leistungen, Betreuungsangebote und individuelle Unterstützung, um allen jungen Menschen gerechte Zukunftschancen zu eröffnen.
Berlin (epd). Ein Expertenteam um Klaus Hurrelmann will mit einem "Nationalen Aktionsplan" das Wissen der Bevölkerung in Gesundheitsfragen verbessern. Viele Menschen sind nach Angaben des Bildungs- und Gesundheitswissenschaftlers von der Berliner Hertie School of Governance mit dem Umgang von Gesundheitsinformationen überfordert. Ziel müsse sein, "jeden Menschen in die Lage zu versetzen, ein souveräner Patient zu sein, der seine Bedürfnisse und Interessen durchsetzen kann". Die Fragen stellte Markus Jantzer.
epd sozial: Herr Professor Hurrelmann, Sie fordern, dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht mehr über das Thema Gesundheit erfahren. Warum sollten sich junge Menschen dafür interessieren, sind doch die meisten von ihnen gesund?
Klaus Hurrelmann: So ist es, als junger Mann oder junge Frau hat man das Gefühl, souverän über seinen Körper und seine Psyche herrschen zu können. Beeinträchtigungen sind noch sehr selten. Umso ratloser sind viele junge Leute, wenn sich plötzlich doch ein gesundheitliches Problem einstellt, was natürlich jederzeit möglich ist. Sie reagieren dann häufig hilflos und geraten in Panik, weil sie nicht wissen, wo und wie sie sich die angemessene Unterstützung holen können.
epd: Was genau sollen junge Menschen über Gesundheit lernen? Welche Wissens- und Kompetenzlücken sollten nach Ihrer Meinung dringend geschlossen werden?
Hurrelmann: Nach aktuellen Untersuchungen ist das Wissen der Schülerinnen und Schüler in der Mittel- und Oberstufe teilweise kläglich. Viele denken zum Beispiel, dass Antibiotika gegen Viren helfen. Sie wissen nicht, dass häufiger Sonnenbrand das Hautkrebsrisiko vergrößert und ungeschützter Sex Gebärmutterhalskrebs fördern kann. Auch bei Versorgungseinrichtungen kennen sie sich nicht aus. Jeder Vierte kann den Unterschied zwischen stationärer und ambulanter Behandlung nicht erklären. Hier sind also viele Wissenslücken zu schließen, die für das Alltagsleben von großer Bedeutung sind.
epd: In welchen Schulfächern soll dieses Wissen vermittelt werden?
Hurrelmann: Im Idealfall in einem neuen Schulfach Gesundheit. Es ist schwer nachvollziehbar, dass so ein wichtiger Bereich des Lebens in der Schule kaum vorkommt. Junge Leute sehen das nach einer aktuellen Umfrage genauso: Fast 80 Prozent sprechen sich für ein Schulfach Gesundheit aus. Ein starkes Argument dafür ist, dass eine gute Gesundheit eindeutig die beste Voraussetzung für Leistungsfähigkeit ist. Die Einführung eines neuen Fachs bedeutet natürlich eine Kraftanstrengung. Als Zwischenlösung auf dem Weg dahin könnten Gesundheitsthemen in bestehende Fächer wie Sport, Biologie und Sozialkunde einbezogen werden. Auch Arbeitsgemeinschaften und Projektwochen sind denkbar.
epd: Menschen, die in der Lage sind, im Internet zu surfen, finden dort zum Thema Gesundheit die Informationen, die sie brauchen. Wo sehen Sie hier Schulungsbedarf?
Hurrelmann: So paradox es klingt, die Vielfalt von Gesundheitsinformationen im Internet hat dazu geführt, dass die Nutzer überfordert sind; das gilt auch die jungen Nutzer, die sich online gut zurechtfinden. Wir stellen fest, dass die Kompetenz, zwischen guten und schlechten, richtigen und falschen Informationen zu unterscheiden, gesunken ist. Es gibt derartig viele Anbieter von Informationen und Apps, dass selbst Fachleute keinen Überblick mehr haben. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen Medienkompetenz und Gesundheitskompetenz.
epd: Sie plädieren für die Einführung eines "Nationalen Aktionsplans zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung". Das klingt zunächst abstrakt und bürokratisch. Wie könnte es mit einem solchen Plan gelingen, das Gesundheitsbewusstsein zu steigern und eine gesunde oder zumindest gesündere Lebensweise zu befördern?
Hurrelmann: Wir haben den Aktionsplan Gesundheitskompetenz zusammen mit vielen Fachleuten aus Gesundheitswissenschaften und Medizin entwickelt. Wir folgen dabei dem Vorbild anderer Länder, die solch umfassende Strategien eingeführt haben und erfolgreich praktizieren. Wir haben alle bisherigen Erfahrungen hierzu gesichtet und sie in 15 Empfehlungen zusammengefasst. Sie reichen von der Gesundheitsbildung in Kindergarten und Schule über die Förderung der gesundheitlichen Selbstkontrolle am Arbeitsplatz bis zum Umgang mit Konsum- und Ernährungsangeboten. Aber sie beziehen natürlich auch die verbesserte Orientierung im Versorgungssystem mit ein und machen Vorschläge für eine verbesserte Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten. Ganz wichtig sind auch Vereinfachungen im Gesundheitssystem, so dass Nutzer sich besser zurechtfinden und leichter die Informationen erhalten, die sie zur Bewältigung ihrer Krankheit benötigen.
epd: Wie teuer ist die Umsetzung eines solchen Nationalen Aktionsplans?
Hurrelmann: Nach Schätzungen der WHO ließen sich 15 Milliarden Euro sparen, wenn wir die Defizite in der Gesundheitskompetenz deutlich reduzieren würden, wie wir es vorschlagen. Der amtierende Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat erkannt, dass die Überforderung vieler Menschen im Umgang mit Gesundheitsinformationen ein Kostentreiber ist. Deshalb hat er eine Allianz für Gesundheitskompetenz ins Leben gerufen, der alle großen Gesundheitsorganisationen von den Krankenkassen über die Ärzteverbände bis hin zu den Selbsthilfegruppen in Deutschland angehören. Das gemeinsame Ziel ist, jeden Menschen, ob jung oder alt, in die Lage zu versetzen, ein bewusster Verbraucher und Nutzer zu sein und, wenn es sein muss, ein souveräner Patient, der seine Bedürfnisse und Interessen durchsetzen kann.
Berlin (epd). Die Bundesregierung will sich weiter um eine bessere ärztliche Versorgung im ländlichen Gebieten bemühen. Auch in der künftigen Legislaturperiode werde die Sicherung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ein Schwerpunkt sein, heißt es in der Antwort der Regierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion, teilte der Bundestag am 21. Februar mit.
In den vergangenen Jahren seien bereits verschiedene Initiativen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in strukturschwachen Regionen ergriffen worden, so etwa durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz 2011 sowie mit dem 2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz.
Auch verwies die Regierung auf den im vergangenen Jahr beschlossenen Masterplan Medizinstudium 2020, der viele Ansätze zur Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium sowie zur Gewinnung von mehr Nachwuchs für eine flächendeckende hausärztliche Versorgung enthalte.
Eine Auswertung der im Bundesarztregister hinterlegten Adressdaten der Hausarztpraxen habe nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ergeben, dass insgesamt nur rund 173.000 Einwohner in Deutschland mehr als zehn Kilometer vom nächsten Hausarzt entfernt wohnen. Davon betroffen seien neben der Inselbevölkerung vor allem dünn besiedelte Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen sowie im Grenzgebiet zu Luxemburg und Österreich, hieß es.
Berlin (epd). Die in Deutschland abgeschlossenen Einzel- und Gruppenversicherungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) ist den den vergangenen Jahren leicht gesunken. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor. Die Zahl dieser Policen sank von rund 8,9 Millionen im Jahr 2010 auf rund 8,6 Millionen im Jahr 2016 zurück, teilte der Bundestag am 19. Februar in Berlin mit.
Größter Anbieter ist die Debeka, die ihren Bestand an diesen Versicherungen von rund 2,1 Millionen im Jahr 2010 auf rund 2,3 Millionen im Jahr 2016 erhöhen konnte. Mit nur 800 Verträgen (im Zeitraum unverändert) war die "St. Martinus Kranken" der kleinste Anbieter.
Der durchschnittliche Beitrag je Versicherten in der PKV betrug nach Angaben der Regierung im Jahr 2010 223 Euro. Bis 2016 stieg dieser durchschnittliche Beitrag auf 242 Euro an. Die Beitragsspannen reichen hier von 94 Euro (Berufsfeuerwehr Hannover) bis 382 Euro (Münchener Verein).
Frankfurt a.M., Göttingen (epd). Weil Spenderorgane fehlen, wird in den Niederlanden künftig jede volljährige Person automatisch als Organspender erfasst - es sei denn, sie widerspricht dem ausdrücklich. Das Gesetz wurde am jetzt in Den Haag mit einer Zwei-Stimmen-Mehrheit vom Parlament angenommen. Für Deutschland wäre die Widerspruchslösung keine gute Idee, sagte der Straf- und Medizinrechtler Gunnar Duttge von der Georg-August-Universität in Göttingen dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der Bundesrepublik gilt die sogenannte Zustimmungsregelung. Danach ist nur derjenige ein potenzieller Organspender, der zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Im Zweifelsfall müssen nach dem Tod die Angehörigen entscheiden. Die Fragen stellte Carina Dobra.
epd: Herr Professor Duttge, was halten Sie von der Entscheidung in den Niederlanden?
Duttge: Die Nachricht hat mich überrascht. Die Niederlande sind sonst ein sehr liberales Land. Bei der Sterbehilfe und der Drogenpolitik ist dort alles auf Selbstbestimmung ausgerichtet.
epd: Wäre die sogenannte Widerspruchslösung auch in Deutschland denkbar?
Duttge: Rein rechtstechnisch wäre das natürlich machbar. Der Bundestag müsste dann das Transplantationsgesetz ändern. Gesellschaftspolitisch wäre das aber außerordentlich unklug, wenn man sagt: "Ihr seid misstrauisch, künftig werden wir euch einfach nicht mehr fragen." Das wäre ein Eigentor. So gewinnt man kein Vertrauen. Ich bin auch immer skeptisch beim Vergleich mit anderen Ländern. Auf Zypern und in Bulgarien gibt es auch die Widerspruchslösung und da sind die Spenderzahlen sehr niedrig. Spanien hat zwar die meisten Spender in Europa, da hat Organspende in den Familien aber auch eine andere Ausprägung von Solidarität.
epd: Was wären denn sinnvolle Alternativen, um wieder mehr Organspender in Deutschland zu gewinnen?
Duttge: Das Problem des Organmangels müsste im alltäglichen Leben der Menschen sichtbar werden, so wie etwa Fernsehlotterien für einen guten Zweck Menschen für die Not in der Welt sensibilisieren. Im Einzelnen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, um Anstöße zum Nachdenken zu geben. Die Bevölkerung muss dringend aufgeklärt werden. Zu selten informieren sich Menschen aus eigenem Antrieb über Themen wie Hirntoddiagnostik, Intensivmedizin am Lebensende und die Frage nach der Verteilung von Organen.
epd: Und wie könnte das gegen?
Duttge: Man könnte in der Tageszeitung eine Rubrik einführen "Organspender des Monats". Das was zum Beispiel die Deutsche Stiftung Organspende jetzt tut, verstehen Menschen eher als nachholende Imagekampagne, als Marketing. Das reicht nicht. Wir müssen proaktiv auf die Menschen zugehen, nicht nur eine Hotline anbieten. Warum thematisieren wir Organspende nicht in der Fahrschule? Wir sollten die Fahrschüler fragen, was mit ihren Organen nach einem Unfall passieren soll. Klingt prekär, aber wir sollten sie zumindest darüber informieren. Das sorgt ja auch für ein positives Image der Fahrschule. Oder an Schulen gehen, Jugendliche ansprechen. Wir müssen da hingehen, wo Menschen zusammenkommen.
Gütersloh, Berlin (epd). Trotz vorhandener Fördermittel gehen vor allem kleinere Initiativen der Flüchtlingshilfe oft leer aus. 37 Prozent der untersuchten Freiwilligenprojekte nehmen keine öffentlichen Gelder in Anspruch, wie aus einer am 20. Februar vorgestellten Studie "Fördermittel in der Flüchtlingshilfe" im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Hindernis sei unter anderem der hohe Aufwand bei der Antragstellung. Experten der Bertelsmann Stiftung sowie von Flüchtlingsinitiativen mahnten eine unbürokratischere Praxis bei der Vergabe von Fördermitteln an.
Hohe Hürden führten häufig dazu, dass Anträge erst gar nicht gestellt würden, heißt es in der Studie, die vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) erstellt wurde. So müssten die Förderungen in der Regel beantragt werden, bevor die Projekte umgesetzt werden. Bereits laufende Projekte erhielten daher oft keine Fördermittel. Der Staat fordere zudem häufig von den Initiativen, sich als Vereine zu organisieren. Knapp 38 Prozent der Initiativen hätten jedoch angegeben, sie fühlten sich dadurch eingeschränkt.
70 Prozent der befragten Initiativen sehen laut Studie zudem einen zu hohen Zeitaufwand für die Antragstellung. Jede zweite bemängele fehlende Informationen.
Öffentliche Mittel gehen der Untersuchung zufolge vor allem an bereits etablierte Träger, wie bereits bestehende Vereine und Verbände. Sowohl Initiativen als auch Vereine und Kirchen bestreiten demnach den größten Teil ihrer Mittel aus privaten Spenden.
Einer der Autoren der Erhebung, Serhat Karakayali, sagte in Berlin, es sei bedauerlich, "wenn gerade die spontan entstandenen, informell organisierten Initiativen nicht von der Förderung durch die öffentliche Hand profitieren. Denn vor allem diese Initiativen waren es, die im Angesicht der Überforderung staatlicher Strukturen wesentliche Aufgaben der Versorgung, Betreuung und schließlich Integration der Flüchtlinge geleistet haben."
Die Autoren der Studie fordern Reformen bei den Vergabeverfahren. Damit die Fördermittel besser ankommen, schlagen sie folgende Lösungsansätze vor:
• lokale Bedarfe besser zu identifizieren,
• die Unabhängigkeit anzuerkennen und geringere Vorgaben für die Vergabe von Fördermitteln anzusetzen,
• für die Förderung geringerer Beträge weniger bürokratische Verfahren zu wählen,
• die Verfahren insgesamt zu vereinfachen
• und Fördermittel auch für bereits laufende Aktivitäten bereitzustellen.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), plädierte dafür, "die Förderlandschaft neu zu denken". Hunderttausende Bürger hätten in den vergangenen Jahren spontan dort geholfen, wo die Not am größten gewesen sei und staatliche Systeme nicht ausgereicht hätten, erklärte sie in Berlin. Die Zusammenarbeit mit etablierten Trägern wie Verbänden bleibe wichtig.
Zugleich müsse eine effektive Flüchtlingshilfe Fördermöglichkeiten vor Ort für kleinere oder nicht etablierte Träger sowie für Initiativen und Migrantenorganisationen bereitstellen können. Die öffentliche Hand müsse auch bereit sein, Initiativen zu unterstützen, die nicht in die etablierte Förderstruktur passten.
Auch der Bundesverband Netzwerk von Migrantenorganisationen (Nemo) mahnte unbürokratischere und ortsnähere Förderung von Flüchtlingsprojekten an. Zentral vergebenen Fördermittel seien oft an Bedingungen geknüpft, die zwar im Grundsatz richtig seien, aber nicht immer mit der Wirklichkeit der verschiedenen örtlichen Gegebenheiten übereinstimmten, sagte Ismail Köylüoglo vom Bundesverband dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Auch die Diakonie Deutschland plädierte für leichtere Zugänge zu Fördermitteln. Flüchtlingsinitiativen und auch etablierte Träger könnten oft die geforderten Eigenmittel nicht aufbringen, erklärte der Wohlfahrtsverband in Berlin. Daher sollten diese so gering wie möglich angesetzt werden. Diakonie und Kirchengemeinden arbeiten mit Freiwilligen und Flüchtlingsinitiativen zusammen und unterstützen ihre Arbeit mit kirchlichen Mitteln.
Für die Studie "Fördermittel in der Flüchtlingshilfe. Was gebraucht wird - was ankommt" wurde zwischen Februar und April 2017 in den vier Bundesländern Bayern, Berlin, Niedersachsen und Thüringen 34 Interviews mit Initiativen, Trägern und Fördermittelgebern geführt. Ergänzend wurden 556 Organisationen online befragt.
Berlin (epd). Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat sich für Sonderregelungen bei den Abschlägen für Bezieher von Erwerbsminderungsrenten ausgesprochen. Abschläge seien für gesundheitlich angeschlagene Personen schonender als pauschale Rentenkürzungen, "weil sie mit wesentlich geringeren individuellen Einkommensverlusten verbunden sind", teilte das Institut unter Verweis auf eine neue Studie am 21. Februar in Berlin mit. Es hatte untersucht, wie sich die Dauer der Lebensarbeitszeit am besten verlängern lässt, um so die Rentenkasse zu stabilisieren.
Damit sich Abschläge für diese Personen nicht wie reine Rentenkürzungen auswirken, sollten spezielle Regelungen gefunden werden, denn erwerbsunfähige oder erwerbsgeminderte Personen hätten nicht die Möglichkeit, länger zu arbeiten, hieß es zur Begründung.
Der bestehende Automatismus in der Rentenanpassungsformel führe zu pauschalen Rentenkürzungen, die dann alle Ruheständler betreffen, betonte DIW-Rentenexperte Holger Lüthen. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht vor, die Renten bis 2025 auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent und die Beiträge bei 20 Prozent zu sichern.
Angesichts dessen ist der finanzielle Spielraum zur gesetzlichen Alterssicherung sehr eingeschränkt, sagte Lüthen. Ohne weitere Reformen komme es aufgrund der Alterung der Bevölkerung durch die Rentenanpassungsformel automatisch wieder zu Nullrunden, also realen und spürbaren Rentenkürzungen.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Erhöhung der derzeitigen Abschläge zu einer weiteren Erhöhung der Lebensarbeitszeit führen würde, wenn man diese Abschläge nicht gleichzeitig wieder durch Maßnahmen wie die 2014 eingeführte abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren konterkariert", sagte Lüthen.
Im Falle von pauschalen Rentenkürzungen hätten die Betroffenen jedoch einen weitaus geringeren Anreiz, ihren Rentenzugang nach hinten zu verschieben. Im Ergebnis steige das Rentenzugangsalter im Schnitt nur um etwa einen halben Monat. Fiskalische Anreize für einen späteren Renteneintritt seien möglichen Nullrunden auf jeden Fall vorzuziehen, hieß es.
Derzeit müssen Personen, die vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in Rente gehen wollen, dafür pro Monat Abschläge auf ihre Rente in Höhe von 0,3 Prozent hinnehmen. Über die Hälfte der Bevölkerung geht vorzeitig in Rente.
München (epd). Mike Gallen (62) ist Pastoralreferent und seit gut zwei Jahrzehnten als Arbeitslosenseelsorger im Münchner Westend tätig. Er sagt: "Ja, ich finde schon, dass Hartz IV noch ein Thema ist." Zumindest an jedem Mittwoch. Dann kommt die von Gallen betreute Arbeitslosengruppe in dem Treffpunkt an der Gollierstraße 61 des Pfarrverbandes München-Westend zusammen.
Die Tische stehen in Hufeisenform, es ist 10 Uhr und es gibt Frühstück: Kaffee und Tee, kleine Wurst- und Käseplatten, Brötchen. Rund 30 Leute haben sich heute hier versammelt.
Nach dem Frühstück folgt der Programmpunkt "Tipps und Tricks". Dabei geht es ganz konkret um Hilfestellungen für das Leben unter Hartz-IV-Bedingungen. Also für Menschen, die in die Langzeitarbeitslosigkeit gerutscht sind und jetzt mit 416 Euro im Monat auskommen müssen, Miete und Heizung werden vom Jobcenter bezahlt. "Tipps und Tricks", da geht es dann etwa um den Münchner Gesundheitsladen, wo man sich Zähne ohne Zuzahlung richten lassen könne. Oder um Aushilfsjobs und Beratungsangebote.
Gallen hat sein Büro im Hof von St. Benedikt an der Schrenkstraße, gleich um die Ecke liegt die Augustiner-Brauerei. Wenn der gebürtige Neuseeländer sich um die Menschen in seiner Gruppe kümmert, dann geht es in den Gesprächen auch um zwei scheinbar widersprüchliche Entwicklungen. Da ist zum einen die Tatsache, dass die Wirtschaft brummt und die Bundesagentur für Arbeit von einem sehr guten Trend auf dem Arbeitsmarkt spricht. Zum anderen leben bundesweit rund acht Millionen Menschen an der Grenze zum Existenzminimum. Sechs Millionen davon sind Menschen in Hartz IV.
Seit 2006, als der erste Pressebericht über ihn erschien, hat Gallen in den Medien eine kleine Karriere hingelegt: Weil er damals in Deutschland der einzige amtlich bestellte Arbeitslosenseelsorger war. Die Erzdiözese München und Freising stellte ihn in der Überzeugung ein, dass Menschen in einer derartigen Situation nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch Zuspruch und Trost brauchen.
Gallen kennt die Schicksale hinter der Statistik. Die Menschen, die nicht fit genug für den "Zack-Zack-Arbeitsmarkt" sind, wie er es nennt. An denen die Vollbeschäftigung vorbeigeht. "Viele sind über 50", sagt er, "und wenn sie in einer Krise stecken, können sie nicht mehr mithalten." Krise, das kann vieles sein: Krankheit, Scheidung, Überschuldung. Und die Firmen, so seine Erfahrung, würden einen nicht mehr wie früher mittragen. Die andere große Gruppe, die prekär lebt, ist die der alleinerziehenden Mütter.
Manche in der Arbeitslosengruppe sind schon einige Jahre hier, andere sind neu. "Bei uns ist es wie in der Statistik", sagt Gallen, "die Hälfte der Hartz-IV-Bezieher ist schon mehr als vier Jahre dabei." Da ist der 60 Jahre alte Gerd, der früher auf einem Postzug gearbeitet hat. Heute versucht er sich ein paar Euro zu verdienen, wenn in einer Firma die Inventur ansteht. Oder die 47-jährige gelernte Übersetzerin Magdalena, die mehr als ein Jahr lang einen neuen Job suchte. Dann ging sie zurück nach Hessen zu ihrer Mutter.
Fast 270.000 Menschen gelten in München als arm, hier in St. Benedikt erhalten die Zahlen ein Gesicht. Neben der Seelsorge geht es in dem Arbeitslosentreff aber auch um Aktivierung – in eigener Sache. Viele der Arbeitslosen sind ehrenamtlich tätig. Regelmäßig trifft sich eine Theatergruppe, die mit gesellschaftskritischen Botschaften in der Öffentlichkeit auftritt. Die dahinterstehende Parole hat Gallen schon vor ein paar Jahren ausgerufen: "Nicht nur deprimiert rumlaufen!"
Berlin (epd). Die Medizinsoziologin begrüßte die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Gesundheitskosten. Dass fast alle anderen Ärzteorganisationen gegen die Bürgerversicherung getrommelt hätten, kritisierte Rakowitz. Viele Ärzte hätten Angst vor sinkenden Einnahmen gehabt: "Vernünftige Argumente haben sie zumindest nicht." Die soziale Verantwortung der Ärzteschaft, zur Verwirklichung gleicher Lebens- und Entwicklungschancen für Alle beizutragen, werde verdrängt, rügte die Geschäftsführerin. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Ihr Verein hat einzige bundesweite Ärzteorganisation vehement für die Einführung einer Bürgerversicherung geworben. Wie tief sitzt die Enttäuschung darüber, dass diese grundlegende Finanzierungsreform nun nicht kommt?
Nadja Rakowitz: Enttäuschung ist der falsche Begriff. Dazu hätten wir vorher Vertrauen in die SPD gehabt haben müssen.
epd: Hatten sie aber nicht...
Rakowitz: Ehrlich gesagt, haben wir von der SPD nicht viel anderes erwartet. Die Erfahrungen der letzten 100 Jahre Parteigeschichte lassen mich nicht optimistisch sein. Dass CDU/CSU der interessierten Ärztelobby und Versicherungswirtschaft mehr zugeneigt sind als der Bevölkerungsmehrheit, überrascht auch nicht.
epd: Damit ist das Thema vermutlich für Jahre vom Tisch?
Rakowitz: Da bin ich mir nicht so sicher. Das Modell der Privaten Vollversicherung könnte bald von einer anderen Seite unter Beschuss kommen: 50 Prozent der Privatversicherten sind Beamte. Vergangenes Jahr war in der IGES-Studie der Bertelsmann Stiftung zu lesen, dass der Staat Millionen sparen könnte, wenn Beamte überwiegend gesetzlich krankenversichert wären. Demnach würden sich die jährlichen Kosten des Staates für Beihilfezahlungen an Beamte bis 2030 auf 20 Milliarden Euro fast verdoppeln. Bei der geltenden Schuldenbremse könnte es durchaus möglich sein, dass der Staat seine Beamten künftig gesetzlich versichert. Erste Ansätze dafür gibt es bereits in Hamburg. Wenn das Schule machen würde, wäre das das Ende der Privaten Krankenversicherung.
epd: Nach Ihrer Auffassung muss die Klassenteilung der Versicherten nach wie vor abgeschafft werden. Was genau hätte der Patient davon?
Rakowitz: Zunächst einmal sind wir als Demokraten und Demokratinnen für die Gleichheit und gegen jede Klassenteilung der Gesellschaft. Da die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft sich durch die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte noch verschärft hat, sollen die Menschen nicht auch noch beim Zugang zur gesundheitlichen Versorgung bestraft werden.
epd: Das heißt konkret?
Rakowitz: Wir stehen für einen gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle hier lebenden Menschen. Deshalb wollen wir, dass alle in der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Es gäbe dann keine unterschiedlichen Wartezeiten mehr, aber auch keinen ökonomischen Anreiz mehr für Ärztinnen und Ärzte und Krankenhäuser, privat Versicherte mit mehr zu versorgen als medizinisch notwendig und sinnvoll ist. Auch würden dann für alle Leistungen die Kontrollmechanismen des Gemeinsamen Bundesausschusses gelten und nicht mehr der unkontrollierte Wildwuchs von manchmal auch fragwürdigen Leistungen, wie wir ihn heute bei den privat Versicherten haben.
epd: Bundesärztekammer, Virchow-Bund und Marburger Bund haben alle medialen Felder bespielt, um die Bürgerversicherung zu verhindern. Wie erklären Sie sich die massive Ablehnung der SPD-Pläne? Ist das alleine mit der Angst vor sinkenden Einnahmen zu erklären?
Rakowitz: Größtenteils ist es sicher die Angst vor sinkenden Einnahmen. Vernünftige Argumente haben die Ärzte zumindest nicht. Die soziale Verantwortung der Ärzteschaft, zur Verwirklichung gleicher Lebens- und Entwicklungschancen für Alle beizutragen, wird verdrängt.
epd: Wie kommt das?
Rakowitz: Die organisierte Ärzteschaft begreift das Gesundheitswesen traditionell als Selbstbedienungsladen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn sie wieder zurück zu den Zeiten der Einzelleistungsvergütung gehen könnten. Ihre Einkommensvorstellungen sind nicht selten vollkommen losgelöst von den Einkommen der Patienten, die sie behandeln. Außerdem wollen sie sich nicht kontrollieren oder regulieren lassen – sie empfinden das als Einschränkung ihrer "Therapiefreiheit". Dabei kann Therapiefreiheit nur bedeuten, die Erkenntnisse evidenzbasierter Medizin klug auf den Einzelfall anzuwenden, um die bestmögliche Therapie herauszufinden und nach Möglichkeit zu verwirklichen.
epd: Hat der Einfluss der Reformgegner bewirkt, dass die Union bei der Finanzierung des Gesundheitswesens alles beim Alten lässt?
Nadja Rakowitz: Ich war nicht dabei bei den Verhandlungen, aber es ist anzunehmen, dass die Unionsparteien mehr auf die Ärzteschaft hören. Aber laut Koalitionsvertrag wollen sie ja nicht wirklich alles beim Alten lassen: Die paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird wieder eingeführt und damit die eingefrorenen Arbeitgeberbeiträge wieder "aufgetaut". Die Arbeitgeber müssen sich also in Zukunft wieder an allen Steigerungen der Ausgaben beteiligen.
epd: Knapp sechs Seiten des Koalitionsvertrages thematisieren die Pläne zur Zukunft von Pflege und Gesundheit. Wie fällt ihr generelles Urteil aus und wo sehen Sie wegweisende Schritte?
Nadja Rakowitz: Der am meisten wegweisende Schritt ist die geplante Einführung von gesetzlichen Personalquoten in der Pflege und die Änderung der Krankenhausfinanzierung dahingehend, dass die Ausgaben für Pflege aus den DRG herausgenommen und auf eine eigenen Säule gestellt werden. Das ist eine Sensation, denn das unterhöhlt die Konkurrenzlogik der Fallpauschalenabrechnung (DRG) massiv. Das ist, mindestens in diesem Bereich, als Abkehr vom Ökonomisierungskurs in der Gesundheitspolitik zu sehen.
epd: Warum ist das eine Zäsur?
Rakowitz: Endlich sieht man hier wieder Regelungsbedarf und glaubt nicht mehr, dass man das Verhältnis der Anzahl von Pflegekräften und Patienten dem „Markt“ überlässt. Klar: Wir wissen noch nicht, wie diese Quoten aussehen werden und auch nicht, wie sie finanziert werden. Hier müssen wir nun den Druck weiter erhöhen, dass dabei auch gute Lösungen herauskommen. Überhaupt muss hier gesagt werden, dass dies alles nur zustande gekommen ist, weil die Pflegekräfte in den Krankenhäusern so wacker gekämpft haben für mehr Personal, weil sie gestreikt und Aktionen gemacht haben, die von der Politik nicht mehr ignoriert werden konnten. Das ist der richtige Weg, die Gesundheitspolitik zu ändern.
epd: Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der GKV ist laut SPD ein großer Erfolg. Die finanzielle Entlastung der Bürger ist doch eher gering?
Nadja Rakowitz: Das kommt darauf an, wie viel Geld Sie verdienen. Für die vielen Menschen im Niedriglohnsektor bedeutet das schon etwas. Aber es geht ja auch nicht nur um die aktuelle Verschiebung vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber, sondern darum, dass die Arbeitgeber nun wieder bei allen Ausgabensteigerungen mit im Boot sind.
epd: Arbeitsgruppen werden eingesetzt, etwa um die sektorenübergreifende Versorgung auszubauen, sowie um die Honorare der Ärzte zu reformieren. Was erwarten Sie von diesen Runden?
Nadja Rakowitz: Ich hoffe, dass bei der Honorierung nicht das herauskommt, was durch die Medien gegangen ist: dass nämlich die Honorare der Gesetzlichen Versicherung erhöht werden.
epd: Aber war das nicht der Plan?
Rakowitz: Das würde an der Ungleichbehandlung der GKV- und PKV-Versicherten gar nichts ändern, aber die Ausgaben der GKV und damit die Beiträge der GKV-Versicherten erhöhen. Das muss nun gar nicht sein. Die Idee der Bürgerversicherung war ja, die Einnahmen zu erhöhen durch die Einbeziehung aller Einkommen in voller Höhe und aller Einkommensarten. Das wäre sozial gerecht und würde den Beitragssatz spürbar senken.
epd: Bis die Experten zu belastbaren Ergebnissen kommen, werden wohl Jahre vergehen. Man hat das Gefühl, die künftige Regierung drückt bei Reformen nicht wirklich aufs Tempo?
Nadja Rakowitz: Dazu kann ich nicht viel sagen. Die letzten Jahrzehnte waren die Regierungen nur schnell beim Ökonomisieren des Gesundheitswesens, sinnvolle Reformen gab es dagegen kaum und wenn, dann hat es lange gedauert.
epd: Bleiben wir noch einen Moment bei der Anpassung der Gebühren im Privaten Krankenversicherungssystem. Seit 18 Jahren herrscht dort Stillstand bei der Reform der GOÄ. Wer steht auf der Bremse und welche Rolle sollte hier die neue Regierung spielen?
Nadja Rakowitz: Soweit ich das einschätzen kann, war es in der letzten Legislaturperiode die SPD - und dafür ist sie zu loben. Die neue Regierung sollte die Vernunft walten lassen und das Fass der Bürgerversicherung noch einmal aufmachen. So lange es die nicht gibt, könnte man zum Beispiel alle Beiträge der privaten und gesetzlich Versicherten in einen Topf, nämlich den Gesundheitsfonds, fließen lassen und dann alle Leistungen einheitlich bezahlen. Nur müsste man dann natürlich berücksichtigen, dass es bei der PKV praktisch keine Qualitätssicherung gibt, auch gibt es keine Mengen oder Budgetvorgaben. Das müsste man wahrscheinlich auch ändern.
epd: Die Krankenhausvergütung soll geändert werden. Künftig will die Regierung eine Kombination von Fallpauschalen und der Vergütung der Pflegepersonalkosten. Klingt nach einem ähnlichen dicken Brett wie die Reform der GOÄ?
Nadja Rakowitz: Das mag sein. Aber anders als bei der GOÄ ist bei der Vergütung der Pflegepersonalkosten für Patienten und Beschäftigte viel zu gewinnen. Mehr Personal wird allerdings mehr Geld kosten. Also wird man nach Wegen suchen müssen, dass die Bundesländer endlich höhere Mittel für Investitionen in den Krankenhäusern bereitstellen. Und man muss einen Weg finden, die finanziellen Anreize für unnötige Krankenhausbehandlungen zu minimieren. Sie sind Körperverletzung und Geldverschwendung gleichzeitig. Wenn man dieses Übel an der Wurzel packen will, muss man das DRG-System durch eine bedarfsgerechte Krankenhausfinanzierung ersetzen. Das ist dann ein wirklich dickes Brett.
epd: Die Letzte Frage betrifft die Organspende. Vorgesehen ist, die Transplantationsbeauftragten in den Kliniken künftig verbindlich von anderen Aufgaben freizustellen und die Organentnahme höher zu vergüten. Sind das die richtigen Hebel, um mehr Organe übertragen zu können? Oder muss nicht doch über die Einführung der umstrittenen Widerspruchslösung diskutiert werden?
Nadja Rakowitz: Wir lehnen die Ökonomisierung für das Gesundheitswesen ab. Eine Kopfprämie für Organspender ist doch eine moralisch widerwärtige Vorstellung. Nüchtern betrachtet treibt sie die DRG-Systemlogik im Grunde aber nur auf die Spitze. Organspende ist gesellschaftlich akzeptiert und ist damit als förderungswürdig anzusehen.
epd: Das stimmt wohl, aber wie ist Lage in den Kliniken?
Rakowitz: Die Krankenhäuser stehen unter hohem Kostendruck, so dass es betriebswirtschaftlich vernünftig ist, nur solche Aufgaben mit Sorgfalt zu erledigen, die auskömmlich vergütet werden. Also ist es im DRG-System sinnvoll, für Organspende mehr finanzielle Ressourcen bereitzustellen. Ein Paradigmenwechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung würde auf jeden Fall eine breit angelegte gesellschaftliche Diskussion voraussetzen. Ich fürchte, dass selbst nur eine Diskussion über diese Frage die Bereitschaft der Menschen zur Organspende weiter vermindern könnte.
Berlin (epd). Sie sind privilegiert und gelten bisher als eine weitgehend gesunde Bevölkerungsgruppe: die Studierenden. Und doch sind knapp eine halbe Million Studenten psychisch krank. Das geht aus dem Barmer-Arztreport 2018 hervor, der am 22. Februar in Berlin vorgestellt wurde. Schwerpunkt des diesjährigen Reports sind psychische Störungen bei jungen Erwachsenen.
Mehr als jeder sechste Student (17 Prozent) hatte danach im Jahr 2015 eine psychische Erkrankung, rund 86.000 eine Depression. Insgesamt ist der Anteil der 18- bis 25-Jährigen mit psychischen Diagnosen in den Jahren 2005 bis 2016 um 38 Prozent gestiegen, bei Depressionen um 76 Prozent. Jeder Vierte (26 Prozent) der rund sieben Millionen jungen Erwachsenen in Deutschland hat danach heute eine psychische Störung.
Der Vorstandsvorsitzende der Barmer-Krankenkasse, Christoph Straub, sagte, auch wenn man einkalkuliere, dass heute mehr psychische Diagnosen gestellt würden als früher und mehr Menschen ärztliche Hilfe suchten, sei die Zunahme psychischer Erkrankungen auch bei jungen Erwachsen deutlich. Er prognostizierte einen weiteren Anstieg und forderte mehr Vorsorge. Bei jungen Erwachsenen würden die Weichen für das spätere Leben gestellt.
Mehr als ein Viertel (28 Prozent) der jungen Erwachsenen nimmt schon bei einer leichten depressiven Episode die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch. Andererseits gehen viele schwerer Erkrankte nicht zu Fachärzten oder Psychotherapeuten. Straub verwies darauf, dass der Ausbruch einer Depressionen nachweislich auch mit Online-Trainings verhindert werden könne, wie sie die Barmer anbiete. Wichtig seien passgenaue Hilfen.
Die Weltgesundheitsorganisation rechnet damit, dass Depressionen 2020 die zweithäufigste Volkskrankheit sein werden. Angehenden Akademiker waren bisher aber weniger unter Druck als Gleichaltrige in der Ausbildung oder im Beruf. Der Barmer-Report führt die Zunahme psychischer Erkrankungen auf steigenden Zeit- und Leistungsdruck sowie auf finanzielle Sorgen und Zukunftsängste zurück. Ein erhöhtes Risiko für Depressionen haben außerdem junge Erwachsene, bei deren Eltern bereits eine psychische Störung diagnostiziert wurde.
Junge Studierende sind weniger stark gefährdet als ältere und auch gesünder als ihre Altersgenossen in Ausbildung und Beruf. Mit zunehmendem Alter kehrt sich das Verhältnis um. Wie in anderen Altersgruppen auch, erkranken Frauen häufiger als Männer. Depressionen sind teuer: Von knapp zwei Milliarden Euro, die die Krankenkassen für die Behandlung psychischer Störungen bei jungen Erwachsenen aufwenden, entfallen mehr als zwei Drittel (71 Prozent) auf die rund sieben Prozent mit einer Depressionsdiagnose.
Die Barmer-Krankenkasse kann für ihre jährlichen Berichte auf die anonymisierten Daten von rund acht Millionen Versicherten zurückgreifen. Die Studien geben Auskunft über die ambulante medizinische Versorgung in Deutschland und haben jedes Jahr einen anderen Schwerpunkt.
Wuppertal (epd). Innerhalb von vier Monaten erhielten eine Altenheimleiterin und ein Altenheimleiter der Diakonie das Angebot eines Headhunters, für jeweils 10.000 Euro im Jahr mehr den Arbeitgeber zu wechseln. Die Heimleiterin ging auf das Angebot ein, der Heimleiter lehnte es ab. Mit diesem Wechsel hätte er nicht nur ein deutlich höheres Jahreseinkommen erhalten können, sondern auch noch gut 65 Minuten Fahrzeit täglich eingespart.
In einer Studie am Institut für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement (IDM) Bielefeld/Bethel wurde detailliert erforscht, was Einrichtungsleitende in der stationären Altenhilfe an ihren Arbeitsplatz in der Diakonie bindet. Bindungsfaktoren und Bindungsqualitäten wurden identifiziert und auf der Basis wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse Handlungsempfehlungen für die Mitarbeiterbindung der Zielgruppe in diakonischen Unternehmen generiert. Nachfolgend werden vier relevante Aspekte dieser Bindung vorgestellt.
Die Beurteilung der Zukunftsfähigkeit des Gesamtunternehmens ist höchst bindungsrelevant. Die Diakonie wird dabei insgesamt als ein sicherer und zukunftsfähiger Arbeitgeber beurteilt. Dieses Image ist als evident bindungsfördernd zu beurteilen. Als Kriterien für die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit diakonischer Unternehmen gelten die Größe des eigenen Unternehmens, die Organisationsstärke und die Stabilität. Kritisch beurteilt werden dagegen Unternehmen, die recht klein sind und oft einen Investitionsstau aufweisen. Weiter werden der BAT- bzw. der AVR-Tarif als stabiles Besoldungssystem bewertet.
Mit ihrer diakonischen Unternehmenskultur und ihrer Werteorientierung verfügen diakonische Unternehmen über ein hohes Potenzial an Bindungsstärke. Der Ruf des "sicheren Arbeitgebers" beschränkt sich nicht nur auf die o.g. Faktoren, sondern ebenso bedeutsam ist der Wert der "Menschlichkeit" als Teil der Unternehmenskultur. Dieser Wert "Menschlichkeit" wird von den Befragten als Alleinstellungsmerkmal diakonischer Unternehmen empfunden, im Unterschied zu den gewinnorientierten Unternehmen aus dem Profitbereich.
Des Weiteren hat die Studie erkennen lassen, dass die ausgewählten diakonischen Unternehmen über eine unternehmensübergreifende Kultur verfügen, die sich durch ein beachtliches Unterstützungsverhalten, einen "typischen" diakonischen Führungsstil mit zugestandenen freien Handlungsspielräumen und ein von den Mitarbeitenden getragenes Wertefundament auszeichnet. Diese diakonische Unternehmenskultur weist durchaus Ähnlichkeiten mit Kulturelementen der industriellen Unternehmen auf, die in Best-Practice-Beispielen als besonders erfolgreich vorgestellt werden. Die herausgearbeiteten diakonischen Kulturelemente bilden die Basis für ein nachhaltig erfolgreiches Commitment.
Die Interaktion mit den Vorgesetzten und ihren Führungsstilen spielt als Bindungsfaktor eine überdurchschnittlich gewichtige Rolle. Als Hauptkriterien werden dabei die partnerschaftliche Zusammenarbeit, die Wertekongruenz, die Entscheidungsfähigkeit, die Kompetenz und die Unterstützung genannt. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit wird weiter konkretisiert mit dem bindungsfördernden Element des Mitspracherechtes und der Partizipation der Heimleitenden an der unternehmerischen Entwicklung.
Eine starke, bindungsfördernde Komponente ist die Wertekongruenz mit den Vorgesetzten. Die Entscheidungsfähigkeit als solche erfährt eine besondere Bedeutung für die Bindung im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zukunft des Unternehmens. Ein ebenso bedeutendes, bindungsförderndes Element ist dabei die Kompetenzanerkennung. Hier unterscheiden die Heimleitungen die rein fachliche Kompetenz von der kommunikativen, menschlichen Kompetenz im Umgang.
Die Erfüllung des Anspruchs von Heimleitenden, gestaltend an der Unternehmensentwicklung mitbeteiligt zu sein, stellt eine weitere bedeutsame Einflussgröße dar und ist Ausdruck der Rolle und des Status in der Organisation. Da "Offenheit für Neues" ein durchgängiges Merkmal aller Heimleitungen ist, wird ein entsprechender Handlungsspielraum und Autonomie bei der Arbeit gefordert, die sowohl durch die Geschäftsführung schon gewährt werden als auch Teil der diakonischen Unternehmenskultur sind. Wird dieser Handlungsspielraum jedoch eingeschränkt oder findet keine Partizipation statt, schwächt dies die Bindung.
Literatur: Udo G. Polenske, Mitarbeiterbindung in der Diakonie, Empirische Analyse von Bindungsfaktoren diakonischer Führungskräfte, 2017, 311 S., ISBN 978-3-8487-4129-8
Berlin (epd). Die evangelische Diakonie erhöht in diesem Jahr die Löhne und Gehälter um 5,4 Prozent. Die Beschäftigten erhalten zum 1. März drei Prozent mehr, wie der Bundesverband der Diakonie am 21. Februar in Berlin mitteilte. Zum 1. Dezember gibt es weitere 2,4 Prozent. Zum 1. April 2017 waren die Entgelte bereits um 2,7 Prozent erhöht worden. Darauf haben sich die Vertreter der Arbeitnehmer und der Betriebe nach monatelangen Verhandlungen geeinigt. Das Tarifergebnis wird für 150.000 der insgesamt rund 450.000 Diakoniebeschäftigten wirksam.
Ärzte erhalten ab dem 1. Mai weitere 1,6 Prozent mehr Entgelt, wie es weiter hieß. Ihre Vergütungen waren bereits im vergangenen Jahr um fünf Prozent erhöht worden.
Die Einigung sieht außerdem eine Eigenbeteiligung der Beschäftigten an den Beiträgen zur kirchlichen Zusatzrente vor. Danach zahlen die Arbeitgeber 4,7 Prozent vom Gehalt zusätzlich an die Altersvorsorge. Übersteigt der Beitrag an die Zusatzrente diesen Anteil, wird er von Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch finanziert. Der Höchstbeitrag für die Eigenbeteiligung für die Beschäftigten wird auf 1,0 Prozent begrenzt.
"Mit diesem Ergebnis erhalten die diakonischen Einrichtungen zwar Rechts- und Planungssicherheit, sie werden aber auch an die Grenze ihrer wirtschaftlichen Belastbarkeit gebracht", sagte Christian Dopheide, Vorstandsvorsitzender des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland. Insbesondere für die diakonischen Unternehmen im Norden und Osten Deutschlands sowie in bestimmten Branchen wie etwa der Pflege sei der Kompromiss aufgrund der schwierigen Wettbewerbs- und Refinanzierungssituation "nur schwer verkraftbar".
Schwalmstadt (epd). Der Gießener Medizinhistoriker Volker Roelcke wird auf Anfrage der Hephata Diakonie die noch vorliegenden Patientenakten im Hinblick auf mögliche Versuche an Heimkindern in Hephata in den 1950er Jahren untersuchen. Das teilte die Hephata Diakonie am 21. Februar mit. Davon erhofft sich der Träger die Klärung von neu aufgeworfenen Fragen.
Roelcke gelte als Spezialist auf diesem Gebiet, unter anderem habe er in einer öffentlichen Anhörung zum Thema Impf- und Medikamententests an Kindern in hessischen Heimen vor dem Landtag gesprochen.
Die Filmemacherin Sonja Toepfer, die im Auftrag der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau das Leiden von Heimkindern aufarbeitet, war bei ihren Recherchen nach Medienberichten auf Hinweise gestoßen, dass in den 1950er Jahren Heimkinder vom damaligen Hephata-Arzt Willi Enke zu Forschungszwecken am Gehirn untersucht wurden. Dabei wurde das heute nicht mehr übliche, schmerzhafte Verfahren der Pneumoenzephalographie angewendet. Dabei wurde unter anderem Gehirnflüssigkeit entfernt und Luft in den Kopf eingeleitet, um das Gehirn zu röntgen.
Enke war NSDAP-Mitglied seit April 1933. Die Universität Halle-Wittenberg bezeichnet ihn als Mitwisser der Krankenmorde in der "Euthanasie"-Anstalt Bernburg. 1948 in Darmstadt entnazifiziert, war der Mediziner kurzfristig an der Universität Marburg tätig. Bis zur Pensionierung leitete er dann das Hessische Diakoniezentrum Hephata bei Treysa.
Kassel (epd). Die Evangelische Bank bietet ab sofort mit der EB Consult GmbH eine spezielle Beratung für Institutionen der Kirche und der Gesundheits- und Sozialwirtschaft an. Spezialgebiete der GmbH seien betriebswirtschaftliche Analyse, strategische Beratung und konzeptionelle Umsetzung für Einrichtungen aus dem kirchlich-diakonischen Umfeld, teilte die Bank am 20. Februar in Kassel mit. Die EB Consult als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Evangelischen Bank sei Nachfolger der EB Research GmbH, hieß es.
Mittelfristig sei geplant, die EB Consult als Strategie- und Beratungsgesellschaft im kirchlich-diakonischen und sozialwirtschaftlichen Netzwerk zu etablieren. Die unabhängig von der Bank agierende GmbH biete ihre Dienstleistungen in erster Linie den Kunden der Evangelischen Bank an, langfristig solle die Erweiterung der Zielkundschaft vorangetrieben werden, erläuterte das Geldinstitut. Die Geschäftsführung haben Jens Liehr und Hans-Christoph Reese.
Essen (epd). Die Essener Tafel hat einen Aufnahmestopp für Ausländer verhängt. Sie nimmt bis auf weiteres nur noch Bedürftige mit deutschem Pass als neue Kunden auf. Der Anteil der Migranten unter den 6.000 Nutzern der Tafel sei auf 75 Prozent angestiegen, erklärte die Tafel zur Begründung auf ihrer Internetseite. "Um eine vernünftige Integration zu gewährleisten", sehe sich die Tafel gezwungen, "zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen".
Der Landesverband der Tafeln in NRW zeigte Verständnis für den Schritt und verwies auf den großen Andrang bei den Tafeln. Kritik kam von der Linkspartei in NRW.
"Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt", sagte der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sartor, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (online) in Essen, die über die Maßnahme berichtet hatte. In den vergangenen zwei Jahren seien ältere Tafel-Nutzer sowie alleinerziehende Mütter offenbar einem schleichenden Verdrängungsprozess zum Opfer gefallen. Nachfragen hätten ergeben, dass sich gerade ältere Nutzerinnen von der Vielzahl junger, fremdsprachiger Männer an den Ausgabestellen abgeschreckt fühlten.
Vor dem Beginn des starken Flüchtlingszuzugs im Jahr 2015 sei jeder dritte Tafel-Kunde Zuwanderer oder Flüchtling gewesen, sagte Sartor dem Blatt. Inzwischen mache diese Gruppe aber drei Viertel aller Bedürftigen aus, die von der Tafel Lebensmittel erhalten. Daher habe der Vorstand im Dezember beschlossen, nur noch deutsche Kunden neu aufzunehmen. Dies werde seit Mitte Januar umgesetzt und zwar "so lange, bis die Waage wieder ausgeglichen ist".
Die stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Tafeln in NRW, Claudia Manousek, zeigte Verständnis für den Schritt der Essener Tafel. Der Andrang an den Tafeln im Land sei in den vergangenen Monaten einfach zu groß geworden, sagte Manousek dem Evangelischen Pressedienst (epd). In Städten wie etwa Dortmund gebe es deshalb mittlerweile eine Warteliste, Neukunden würden dort derzeit nicht mehr aufgenommen.
Zudem wolle man nicht, dass Menschen nun nicht mehr kommen, weil sie möglicherweise abgeschreckt würden. Überdies sei die Maßnahme der Essener Tafel nur vorübergehend, betonte Manousek. Der Vorsitzende der Tafel habe ihr gegenüber bereits erklärt, dass der Aufnahmestopp für Migranten vermutlich in sechs Wochen wieder aufgehoben werden könne.
Die Linke in NRW kritisierte die Entscheidung der Essener Tafel. Es sei "eine Schande, dass in einem so reichen Land wie Deutschland überhaupt Menschen gezwungen sind, zur Tafel zu gehen, weil sie sich kein Essen leisten können", sagte das Mitglied im Landesvorstand der Partei, Jules El-Khatib. Solange dies so sei, dürfe "es nicht von der Herkunft abhängen, ob Menschen Nutzer der Tafel werden", betonte er.
In Deutschland gibt es rund 930 Tafeln, die überschüssige Lebensmittel sammeln und damit regelmäßig bis zu 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Dafür sind über 60.000 ehrenamtliche Helfer aktiv. Die bundesweit erste Tafel entstand vor 25 Jahren in Berlin. In NRW existieren derzeit rund 170 Tafeln.
Berlin (epd). Die Europäische Union soll nach Ansicht von Caritas-Präsident Peter Neher mehr für die Ansiedlung von Flüchtlingen tun, die nicht in ihre Herkunftsländer zurück können. Derzeit lebten 1,2 Millionen Flüchtlinge in Zufluchtsländern, in denen sie nicht bleiben können. Sie müssten schnell umgesiedelt werden, sagte Neher am 22. Februar auf einer internationalen Konferenz zum Thema Resettlement in Berlin. Flüchtlingsschutz gehe alle Staaten an, mahnte der Chef des katholischen Wohlfahrtsverbandes.
"Die Industriestaaten müssen ihre Resettlement-Kontingente ausbauen, damit die Solidarität mit den Erstzufluchtsländern Wirklichkeit wird", sagte Neher. Die Hilfsprogramme seien eine "wichtige Ergänzung zum individuellen Recht auf Asyl". Frauen, Kinder, Senioren, Menschen mit Krankheiten und Behinderungen erhielten so einen ersten Zugang zu Schutz, "unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Status oder ihrer Konfession", betonte Neher.
Berlin (epd). Rund 230 Teilnehmende des Kongresses "Du + Ich = Wir bewegen Politik!" aus ganz Deutschland haben ein Forderungspapier des Beirats für Menschen mit Behinderung im Bundesverband evangelische Behindertenhilfe (BeB) unterzeichnet. Die Forderung zu Korrekturen am Bundesteilhabegesetz unter dem Titel "Das fehlt uns noch" enthalte sieben Kernpunkte, teilte der BeB am 21. Februar in Berlin mit.
Diskutiert und beschlossen wurden die Forderungen auf dem 5. Rheinsberger Kongress für Menschen mit Behinderung des Verbandes. Ziel sei eine partizipative, zukunftsorientierte Umsetzung des Teilhabegesetzes.
Der Vorsitzende des Beirats von Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung des BeB, Udo Dahlmann, hob einen Reformwunsch besonders hervor: "Alle Menschen sollen, unabhängig von ihrer Behinderung und Wohnform, die Regelbedarfsstufe 1 mit Zahllungen in Höhe von 416 Euro im Monat erhalten – gleiches Geld für alle." Erwachsene Behinderte, die in Heimen leben, werden derzeit der Regelbedarfsstufe 3 zugeordnet und erhalten 332 Euro im Monat.
Das Gesetz müsse Menschen mit Behinderung dienen, betonte Dahlmann: "Denn nur sie selbst wissen, wo sie der Schuh drückt und was richtig für sie ist."
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) besuchte die Veranstaltung als Schirmherr. Er stellte in Aussicht, dass das Land Brandenburg seinerseits weitere Verbesserungen am Teilhabegesetz einbringen werde.
Der BeB lädt den Angaben zufolge seit 2006 alle drei Jahre nach Rheinsberg ein. Er zählt rund 600 Mitgliedseinrichtungen, die nach eigenen Angaben Angebote für mehr als 100.000 Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung aller Altersstufen bereithalten.
Hamburg (epd). Angesichts der bevorstehenden Kältewelle in Hamburg fordert das Straßenmagazin "Hinz&Kunzt" die Öffnung des Winternotprogramms für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft. Auch am Tage müssten die beiden Notunterkünfte in der Friesenstraße und am Schaarsteinweg geöffnet bleiben, sagte Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer am 22. Februar: "Die Obdachlosen tagsüber in die Kälte zu schicken, ist gefährlich." Für den geschwächten Körper eines Obdachlosen könne das den Tod bedeuten. Derzeit müssten bislang täglich 600 Obdachlose zwischen 9.30 und 17 Uhr die Unterkünfte verlassen.
Das Magazin kritisiert, dass bisher sogar nachts Menschen an den Türen des Winternotprogramms abgewiesen worden seien. Rund 100 Obdachlose aus Osteuropa wurde demnach der Zugang verwehrt, weil sie im Herkunftsland eine Meldeadresse haben. "Das ist unmenschlich, ihnen bei diesen Temperaturen ein Bett zu verweigern," so Karrenbauer. Nach Schätzungen des Diakonischen Werks leben rund 2.000 Menschen in Hamburg auf der Straße.
Erfurt (epd). Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 20. Februar entschied, geht es in Ordnung, eine Hinterbliebenenversorgung nur zu gewähren, wenn der Ehepartner nicht mehr als 15 Jahre jünger ist als der Versorgungsberechtigte.
Damit muss die aus dem Raum Köln stammende Klägerin auf ihre betriebliche Witwenrente verzichten. Die Frau hatte 1995 ihren 18 Jahre älteren Ehemann geheiratet. Als dieser 2011 starb, beanspruchte sie dessen betriebliche Hinterbliebenenversorgung.
Weil der Arbeitgeber mittlerweile insolvent wurde, sollte der nun zuständige Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung für die Firmenrente aufkommen. Konkret ging es um monatlich 239,55 Euro.
Der Beklagte lehnte mit dem Verweis auf die Versorgungsordnung des Arbeitgebers die Zahlung ab. Denn darin wurden Leistungen für den Fall ausgeschlossen, dass der Ehepartner mehr als 15 Jahre jünger ist als der beschäftigte Arbeitnehmer.
Dem folgte nun auch das BAG. Weil der Altersunterschied des Paares mehr als 15 Jahre betragen habe, falle sie gemäß der Versorgungsordnung aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten heraus.
Die Altersabstandsklausel sei auch nicht in unzulässiger Weise altersdiskriminierend, befanden die obersten Arbeitsrichter. Denn der Arbeitgeber, der eine Hinterbliebenenversorgung zusagt, habe ein legitimes Interesse, das damit verbundene Risiko zu begrenzen.
Die Klausel führe auch nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer. Denn bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, "dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt".
Allerdings darf die Zahlung einer betrieblichen Witwen- oder Witwerrente nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Arbeitnehmer noch vor seinem 60. Lebensjahr die Ehe geschlossen hat, urteilte das BAG bereits am 4. August 2015 in einem anderen Verfahren. Solch eine "Spätehenklausel" sei nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz altersdiskriminierend.
Die Erfurter Richter verwarfen damit eine Klausel in den Pensionsvorschriften eines bayerischen Arbeitgebers. Diese sah vor, dass eine betriebliche Witwen- oder Witwerrente nur gezahlt werde, wenn die Ehe vor dem 60. Lebensjahr geschlossen wurde. Die Spätehenklausel führe zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der betroffenen Beschäftigten, befand das BAG.
Schließt der Arbeitnehmer allerdings erst nach Erhalt seines betrieblichen Ruhegeldes die Ehe, können Versorgungsvorschriften die Zahlung einer späteren Witwen- und Witwerrente ausschließen, heißt es in einem anderen BAG-Urteil vom 15. Oktober 2013.
Schließlich dürfen Arbeitgeber nach einer weiteren BAG-Entscheidung vom 21. Februar 2017 die betriebliche Witwenrente nicht auf die "jetzige Ehefrau" beschränken. (Az.: 3 AZR 297/15). Nach einer Scheidung und Wiederheirat würde es die zweite Ehefrau unangemessen benachteiligen, wenn sie beim Witwenrentenanspruch leer ausgeht. Für solch eine Benachteiligung gebe es keine "berechtigten Gründe", hieß es.
Az.: 3 AZR 43/17 (Altersabstandsklausel)
Az.: 3 AZR 137/13 (Spätehenklausel)
Az.: 3 AZR 294/11 (Ehe im Rentenalter)
Az.: 3 AZR 297/15 (jetzige Ehefrau)
Karlsruhe (epd). Das Ärztebewertungsportal Jameda hat einer Hautärztin zu Unrecht die Löschung ihrer Daten verweigert. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 20. Februar verkündeten Urteil entschieden. Der Portalbetreiber sei kein "neutraler Informationsmittler", weil er Anzeigen von Konkurrenz-Arztpraxen auf dem Basisprofil der Hautärztin platziert habe, hieß es zur Begründung. Nach der Urteilsverkündung reagierte Jameda schnell: Ab sofort zeigt das Portal in den Arzt-Profilen keine Anzeigen von konkurrierenden Praxen mehr.
Geklagt hatte eine Dermatologin aus Köln. Diese war, ohne dass sie es wollte, mit einem Basisprofil auf Jameda gelistet. Patienten konnten sie so auf "www.jameda.de" finden und bewerten. In den gespeicherten Basisdaten fanden sich Name, Praxisanschrift, Sprechzeiten und andere praxisbezogene Informationen.
Mit ihrer Klage wollte die Ärztin die Löschung ihres Profils erreichen. Sie hielt das Bewertungsschema für unzureichend. So war sie zunächst von Patienten mit der Note 4,7 bewertet worden. Erst mit gerichtlicher Hilfe änderte Jameda die Bewertung schließlich auf 1,5.
Die Ärztin wollte es aber auch nicht hinnehmen, dass auf ihrem Basisprofil Konkurrenz-Arztpraxen und ihre Bewertungen gezeigt wurden. Dies sei unfair. Denn zahlten Kollegen für ein sogenanntes Premium-Paket monatlich 59 Euro an Jameda, wurden auf deren Profil - anders als in der Basis-Variante - keine konkurrierenden Arztpraxen angezeigt. Der BGH urteilte, dass die Ärztin die Löschung ihres gesamten Profils beanspruchen konnte. Jameda habe mit seiner Praxis seine "Stellung als neutraler Informationsmittler" verlassen.
Trete der Portalbetreiber jedoch nicht als neutraler Informationsmittler auf, habe das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten Vorrang vor der Meinungs- und Medienfreiheit von Jameda. Die Klägerin habe daher ein "schutzwürdiges Interesse", die Speicherung ihrer Daten zu untersagen.
Der BGH hatte Jameda 2014 hatte in einem vergleichbaren Verfahren noch Recht gegeben. (AZ: VI ZR 358/13). Damals hatte ein Arzt nach mehreren negativen Bewertungen erfolglos die Löschung seines Profils verlangt. Wegen der Meinungsfreiheit und des großen öffentlichen Interesses müsse der Arzt bei seinen Persönlichkeitsrechten Abstriche machen. Dies gelte aber nur, wenn der Portalbetreiber ausreichend neutral sei, erklärte der BGH nun im aktuellen Fall.
Jameda-Geschäftsführer Florian Weiß teilte nach dem aktuellen Urteil mit, auf dem Portal seien nun sämtliche Anzeigen auf Arztprofilen, "die Grund für das Urteil waren", entfernt worden. Die Patienten könnten damit weiterhin auf vollständige Arztlisten zugreifen. Da Jameda die Anzeigen nicht mehr darstelle, gelte weiter, dass sich Ärzte nicht aus dem Bewertungsportal löschen lassen können, erklärte Weiß.
Der NAV Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, sah dennoch in dem BGH-Urteil ein positives Signal. "Der BGH weist sehr deutlich darauf hin, dass Internetportale und insbesondere Arztbewertungsseiten der Neutralität verpflichtet sind", sagte Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Verbandes. Auch die Bundesärztekammer begrüßte das Urteil. Es verdeutliche, dass Nutzer bei Internetangeboten genau hinsehen müssten.
Az.: VI ZR 30/17
Karlsruhe (epd). Hartz-IV-Nachzahlungen dürfen grundsätzlich nicht gepfändet werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 21. Februar veröffentlichten Beschluss entschieden.
Damit kann eine überschuldete alleinerziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern eine Nachzahlung des Jobcenters in Höhe von insgesamt 5.584,16 Euro behalten. In den Monaten März bis November 2015 hatte sie vom Jobcenter zu wenig Arbeitslosengeld II erhalten. Als die Nachzahlung auf ihr Pfändungsschutzkonto einging, forderte der Gläubiger das Geld. Er argumentierte, das Geld könne gepfändet werden, da das Existenzminimum der Frau zum gegenwärtigen Zeitpunkt gedeckt sei.
Das Landgericht Wiesbaden urteilte, dass die Nachzahlung pfändungsfrei sei. Der Betrag sei auf die Monate März bis November 2015 aufzuteilen, in denen die Frau das Geld hätte erhalten müssen. Der Schuldnerin mit ihren zwei minderjährigen Kindern stehe monatlich ein Pfändungsfreibetrag von 1.709 Euro zu. Dieser Betrag werde mit der Aufteilung der Nachzahlung auf die einzelnen Monate nicht überschritten.
Die vom Gläubiger eingelegte Rechtsbeschwerde wies der BGH nun zurück. Zu Recht habe das Landgericht den Nachzahlungsbetrag auf die einzelnen Monate verteilt und dann erst den Pfändungsfreibetrag zugrunde gelegt. Bei der Hartz-IV-Nachzahlung handele es sich zudem um Leistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums.
Az.: VII ZB 21/17
Kassel (epd). Alle Mitglieder eines Hartz-IV-Haushalts müssen dem Jobcenter Auskunft über ihre Einkünfte geben, wenn sie von der Behörde die vollen Unterkunftskosten beziehen wollen. Verweigert ein erwachsenes Kind die Angaben über den eigenen Verdienst, bekommen die Eltern nur ihren Anteil an den Unterkunftskosten erstattet, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am 14. Februar in Kassel. Einen Anspruch auf den Mietanteil des Sohnes haben sie nicht, auch wenn die Hilfebezieher dadurch Probleme haben, ihre Gesamtmiete zu bezahlen.
Im konkreten Fall ging es um ein auf Hartz IV angewiesenes Ehepaar und den 21-jährigen Sohn, mit dem sie gemeinsam in einer Mietwohnung lebten. Als der Sohn ein Gewerbe anmeldete, forderte das Jobcenter zur Prüfung seines Hartz-IV-Anspruchs auf, seine Einkünfte offenzulegen. Das lehnte der Sohn ab.
Die Behörde stoppte ihm daraufhin jegliche Leistungen, auch sein Mietanteil wurde nicht gezahlt. Für die Eltern als Mieter führte die Kürzung dazu, dass sie die Gesamtmiete in Höhe von 495 Euro monatlich alleine aufbringen mussten. Das Jobcenter zahlte dem Paar nur seinen Anteil an den Unterkunftskosten.
Die Eltern wollte das nicht hinnehmen und zogen vor Gericht. Sie könnten nichts dafür, dass ihr Sohn die Mitwirkung verweigere. Er sei drogenabhängig und straffällig geworden und verweigere jegliche Kooperation. Wegen des innerfamiliären Streits zogen die Eltern nach fünf Monaten schließlich ohne den Sohn in eine andere Wohnung um. Das Jobcenter müsse aber bis dahin die vollen Unterkunftskosten inklusive des Anteils für den Sohn gewähren, forderten die Kläger. Anderenfalls sei ihr Existenzminimum gefährdet, weil sie alleine nicht die volle Miete aufbringen könnten.
Das BSG urteilte jedoch, dass die Eltern keinen Anspruch auf den dem Sohn zustehenden Mietanteil haben. Hartz-IV-Leistungen seien nicht dafür da, die Wohnung für Menschen zu finanzieren, die gar nicht im Leistungsbezug stehen. Die Behörde wisse im vorliegenden Fall gar nicht, ob der Sohn Einkünfte habe und wie hoch diese sind.
Anders verhalte es sich, wenn die anteiligen Unterkunftskosten wegen einer vom Jobcenter verhängten Sanktion verweigert werden. So hatte das BSG am 23. Mai 2013 entschieden, dass die anderen im Haushalt lebenden Familienmitglieder wegen der Sanktion gegen eine Person nicht mithaften müssen. In solch einem Fall müsse das Jobcenter weiterhin die vollen Unterkunftskosten übernehmen, befand das Gericht.
Az.: B 14 AS 17/17 R
Dortmund (epd). Wer sich bei einem Grillabend der Firma im betrunkenen Zustand verletzt, hat unter bestimmten Umständen Anspruch auf Unfallversicherungsschutz. Das Sozialgericht Dortmund gab mit einem am 15. Februar veröffentlichten Urteil der Klage einer Industriekauffrau aus Hagen recht.
Die Arbeitnehmerin war bei einer Betriebsfeier in einem sauerländischen Hotel auf dem Weg zur Toilette gestürzt und hatte sich das linke Sprunggelenk gebrochen. Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall in Dortmund lehnte die Anerkennung eines Arbeitsanfalls ab, weil sich die Mitarbeiterin zum Unfallzeitpunkt nicht bei einer versicherten Tätigkeit befunden habe.
Das Sozialgericht Dortmund sah das anders. Es stufte nach Vernehmung mehrerer Zeugen den Sturz als Arbeitsunfall ein. Die Klägerin habe sich zum Unfallzeitpunkt im Rahmen einer betrieblichen Veranstaltung auf einem versicherten Weg zur Toilette befunden.
Der Grillabend sei von den Vorgesetzten der Klägerin nicht beendet worden, auch wenn zum Unfallzeitpunkt keine Anwesenheitspflicht mehr bestanden habe, hieß es weiter. Die Alkoholisierung der Frau habe dem Ziel der Veranstaltung nicht entgegengestanden, denn sie sei noch zu einer Teilnahme an dem geselligen Beisammensein in der Lage gewesen, befand das Gericht.
Az.: S 18 U 211/15
Karlsruhe (epd). Geboren 1957 wurde er in Wolfenweiler im Markgäflerland. Nach Abitur und Zivildienst studierte Schächtele Theologie in Freiburg, Tübingen, Basel und Heidelberg. Von 1992 bis 1998 war er Gemeindepfarrer, danach bis 2007 hauptamtlicher Dekan im Kirchenbezirk Freiburg. Darauf folgte eine Professur an der Evangelischen Hochschule in Freiburg sowie die Tätigkeit als Landeskirchlicher Beauftragter für den Prädikantendienst.
Der Aufsichtsrat ist eines der wichtigsten Entscheidungsorgane des evangelischen Wohlfahrtsverbandes. Er besteht aus insgesamt 16 Mitgliedern. Sie werden in freier und geheimer Wahl bestimmt, beziehungsweise von Landesynode und Evangelischem Oberkirchenrat delegiert.
Die Mitglieder des Diakonischen Werkes sind in der Regel Träger von Einrichtungen und Diensten. Davon gibt es in der Diakonie in Baden rund 900, in denen mehr als 36.000 Hauptamtliche und unzählige Ehrenamtliche arbeiten.
Cilli-Maria Kroneck-Salis, Mitbegründerin des autonomen Frauenhauses und des Frauenflüchtlingshauses in Osnabrück, ist posthum vom Landesfrauenrat Niedersachsen für ihren Einsatz für den Schutz von Frauen ausgezeichnet. Vertreterinnen des Rates und Gleichstellungsbeauftragte aus Osnabrück und Bad Iburg eröffneten ihr zu Ehren im Osnabrücker Rathaus den 35. "frauenOrt" des Landes. Das Thema Gewalt gegen Frauen habe die Sozialpädagogin (1923-2010) bis ins hohe Alter umgetrieben, hieß es. Seit 1978 habe sie sich im "Verein zum Schutz misshandelter Frauen" engagiert. Nach langjährigem Kampf habe der Verein 1981 die Trägerschaft für eines der ersten autonomen Frauenhäuser in Niedersachsen erhalten. Es ist bis heute eine Anlaufstelle für Frauen und ihre Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Cilli-Maria Kroneck-Salis war auch Initiatorin des Frauenflüchtlingshaus für geflüchtete bosnische Frauen, das 1993 eröffnet wurde.
Christian Schucht ist am 17. Februar in sein Amt als theologischer Vorstand der Kreuznacher Diakonie eingeführt worden. Die Zeremonie leitete der rheinische Vizepräses, Christoph Pistorius. "Der christliche Glauben erweist sich in unserem Handeln für das soziale Miteinander der Menschen", sagte der Theologe. Zu Schuchts Aufgaben gehöre es, zusammen mit dem Mitarbeitern zu sehen, was die Dienstgemeinschaft als Gemeinschaft der Dienenden ausmache. Das Kuratorium der Stiftung Kreuznacher Diakonie berief den Pfarrer zum 1. Oktober 2017 zum theologischen Vorstand. Zuvor hatte er diese Position bereits seit Januar 2016 in kommissarischer Funktion inne. Seit 2007 arbeitet der Theologe für die Kreuznacher Diakonie in der Krankenhausseelsorge. Der Träger nach eigenen Angaben rund 6.700 Mitarbeiter.
Christina Berndt und Till Cöster teilen sich in diesem Jahr den Karl-Buchrucker-Preis der Inneren Mission München. Damit zeichnet der diakonische Träger einen Printbeitrag und einen Fernsehfilm aus. Berndt hat in der Süddeutschen Zeitung das Porträt "Paul sieht Rot" über einen an Schizophrenie erkrankten jungen Mann veröffentlicht. Cöster, Absolvent der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen, ist Autor der die Langzeit-Dokumentation "Super Friede Liebe Love". Beide Preisträger erhalten je 3.500 Euro. Mit dem Themenpreis wird die Hörfunkreporterin Katharina Hübel-Gohr für ihre im "Notizbuch" auf Bayern 2 ausgestrahlte „Nah dran"-Reportage "Eltern ohne Rechte - Das extreme Leben als Pflegefamilie“ geehrt. Der Nachwuchspreis ging an Pia Ratzesberger für ihren in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Text "Lieber Gott, gib uns Platz". Die Preisverleihung findet am 26. März beim Bayerischen Rundfunks statt. Das Preisgeld die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon, die Bruderhilfe Pax Familienfürsorge sowie die Evangelische Bank.
Februar
27.2. Köln:
Seminar "Vergabe- und Beihilferecht im Überblick: Die Vergaberechtsreform und ihre Folgen"
der Solidaris Unternehmensgruppe
Tel.: 02203/8997221
http://u.epd.de/xwx
März
1.3. Köln:
Seminar "Einführung in das kirchliche Arbeitsrecht der Katholischen Kirche und der AVR-Caritas"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356159
http://u.epd.de/xvd
1.-2.3. Fulda:
Seminar "Schwierige" Klienten verstehen
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837488
http://u.epd.de/xr7
5.3. Paderborn:
Seminar "Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre"
der IN VIA Akademie
Tel.: 05251/290838
http://u.epd.de/xr4
6.3. Freiburg:
Seminar "Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen - Update"
der Solidaris Unternehmensgruppe
Tel.: 02203/8997221
http://u.epd.de/yaq
7.3.-9.3. Loccum:
Tagung "Zusammen angekommen? Geflüchtete Familien unterstützen"
der Evangelischen Akademie Loccum
Tel.: 05766/81103
http://u.epd.de/xve
8.3. Würzburg:
Seminar "Das neue Urlaubsrecht"
der Solidaris Unternehmensgruppe
Tel.: 02203/8997221
http://u.epd.de/yas
14.3. Loccum:
Tagung "Angst vor der Angst? Der interdisziplinäre Umgang mit Ängsten in der Palliativversorgung"
des Zentrums für Gesundheitsethik an der Ev. Akademie
Tel.: 0511/1241496
http://u.epd.de/yat
15.-16.3. Essen:
Seminar "Rechtsfragen in der Kinder- und Jugendhilfe"
des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF)
Tel.: 0231/557026-0
http://u.epd.de/xyt
15.-17.3. Paderborn:
Seminar "Personalwirtschaft - Aufgaben und Ziele"
der IN VIA Akademie
Tel.: 05251/290838
http://u.epd.de/xr4
20.3. Berlin:
Seminar "Professionelle Fördermittelakquise für Organisationen der Sozialwirtschaft"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356159
http://u.epd.de/yan
21.-24.3. Berlin:
Kongress "Psychosomatik als Perspektive"
der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie
Tel.: 030/20648243
http://u.epd.de/xvf
22.3. Berlin:
Seminar "Kostenrechnung für ambulante Pflege- und Betreuungsdienste"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356159
http://u.epd.de/yao