Ausgabe 8/2013 - 23.02.2018
Frankfurt a.M. (epd). Zusammen mit 13 Sozialwissenschaftlern setzen sie sich die Befürworter für ihr Konzept einer Kindergrundsicherung ein, in dem konkrete Geldsummen genannt und auch die Finanzierung berechnet wird.
Die Kindergrundsicherung soll nach Willen des Bündnisses 619 Euro monatlich betragen – eine Summe, die dynamisch angepasst werden soll. Sie stützt sich auf das steuerliche Existenzminimum für Kinder. Das ist die Summe, die Steuerzahlern zur Sicherung existenzieller Bedürfnisse freigestellt wird und deren zentrale Bedeutung verschiedene Verfassungsgerichtsurteile festschreiben.
Das Existenzminimum wird alle zwei Jahre von der Bundesregierung im Existenzminimumsbericht veröffentlicht und setzt sich aus dem sächlichen Existenzminimum – dem Sachbedarf für Essen, Kleidung, Wohnen, Körperpflege – und einem Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung zusammen. Das sächliche Existenzminimum betrug im Jahr 2017 monatlich 393 Euro. Den Erziehungsfreibetrag haben die Bündnismitglieder für die Grundsicherung auf seiner Höhe von 180 Euro aus dem Jahr 2009 belassen – zusammen ergibt das die geforderten 619 Euro.
Die Kindergrundsicherung soll Kindergeld, Kinderzuschlag, Sozialgeld nach Hartz IV, Wohngeld für Kinder, Unterhaltsvorschuss und andere kinderbezogene pauschale Einzelleistungen ersetzen. Die 619 Euro Grundsicherung sollen mit dem elterlichen Einkommen versteuert werden. "Familien ohne oder mit wenig Einkommen erhalten damit die gesamte Leistung", erklärt die Volkswirtin Irene Becker, die das Kindergrundsicherungs-Konzept für das Bündnis durchgerechnet hat. Je niedriger das Einkommen ist, desto höher ist der Betrag. Das sei viel gerechter als das heutige System, findet Becker: "Derzeit profitieren Eltern um so mehr vom steuerlichen Freibetrag, je mehr sie verdienen."
Mit der Kindergrundsicherung wäre kein Kind mehr im Hartz-IV-Bezug. "Kinder von Eltern mit niedrigem bis mittleren Einkommen hätten ebenfalls deutlich mehr finanzielle Förderung als bislang über das Kindergeld", sagt die Verteilungsforscherin Becker. Auch die Kinder von Gutverdienern hätten mit der Kindergrundsicherung laut Becker nicht weniger als vorher.
Grundsicherung sollen alle Kinder bis zum 18. Lebensjahr erhalten. Danach erhalten junge Erwachsene in Ausbildung oder Studium bis zum 25. Jahr den Mindestbetrag, und sie können weiter Ausbildungsförderung wie BAföG beantragen.
Die Kosten einer solchen Kindergrundsicherung betragen nach Beckers Berechnungen etwa 102 Milliarden Euro brutto im Jahr. Netto wären es deutlich weniger, da einiges eingespart wird: Als größter Posten würden nach Beckers Berechnungen Kindergeld-Zahlungen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro wegfallen. Auch Hartz-IV-Leistungen für Kinder würden gespart. Weil die Kindergrundsicherung versteuert werden soll, kommen auch Staatseinnahmen zustande: etwa 25 Milliarden Euro, schätzt Becker.
Damit bliebe immer noch eine Finanzierungslücke von rund 28 Milliarden Euro. Auch für sie gibt es bereits Ideen und Berechnungen. Zentraler Baustein soll die Abschaffung des Ehegattensplittings sein. Potenzial laut Becker: 11,5 Milliarden Euro weitere zusätzliche Steuereinnahmen.
"Wir wollen weg von einer Politik, die meist nur die Armutsfolgen erträgt und zu selten kostenintensiv mildern will", sagt Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, der das Bündnis koordiniert. "Auch wenn die Kindergrundsicherung zu Beginn Mehrkosten verursacht, zahlt sie sich als präventive Maßnahme und damit als Investition in die Zukunftschancen für alle Kinder langfristig aus."