rund 3,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind Mitglieder in Selbsthilfegruppen. Gemeinsam setzen sie darauf, ihr Leben trotz Krankheiten, Behinderungen, Sucht oder psychischen Problemen besser in den Griff zu bekommen. Studien belegen, dass das etwa bei Alkoholikern durchaus Erfolg hat. Seit 70 Jahren sind die Anonymen Alkoholiker in Deutschland aktiv. Keimzelle der Bewegung mit heute über 2.000 Gruppen war München - ein Rückblick.
Fachleute beklagen, dass viele Hilfsangebote für suizidgefährdete Menschen oft nicht dauerhaft finanziert sind. Um das zu ändern, seien Bundesmittel von mindestens 20 Millionen Euro im kommenden Jahr nötig, fordern Vertreter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro). Unter anderem müsse eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle mit einer allzeit erreichbaren Telefonnummer eingerichtet und auch dauerhaft finanziert werden.
Der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, nennt die Sparpläne der Bundesregierung im Sozialbereich für das Jahr 2024 „widersinnig“ und kündigt den Widerstand der Wohlfahrtsverbände an. Gegen „Kürzungen mit der Heckenschere“ werde die Branche „richtig Rabatz machen“, sagte Lilie im Interview mit epd sozial. Der Diakonie-Präsident geht zum Jahreswechsel mit 66 Jahren in den Ruhestand - und zeigt sich kämpferisch bis zum Schluss.
Wer in einer Klinik von einem bestimmten Arzt operiert werden will, muss das ausdrücklich schriftlich vereinbaren. Andernfalls kann die Klinik gemäß der üblichen „totalen Krankenhausaufnahmeverträge“ selbst festlegen, welcher Mediziner den Eingriff vornimmt. Dem Krankenhausträger stehe das Recht zu, „sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen“, stellte das Saarländische Oberlandesgericht in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 25. August klar.
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Ihr Dirk Baas
München (epd). Die Geschichte der Anonymen Alkoholiker (AA) in Deutschland beginnt am 31. Oktober 1953 mit einer kleinen Anzeige, die leicht zu übersehen ist. Unter der Rubrik „Was Sie heute wissen müssen“ auf Seite 10 der „Süddeutschen Zeitung“ steht die dürre Nachricht: „Die Vereinigung Alcoholics Anonymous hält morgen, 14 Uhr, im Hotel Leopold ihre erste Versammlung ab.“ Heute gibt es bundesweit über 2.000 AA-Gruppen, die gemeinsam Wege zur Abstinenz suchen. Längst ist die Selbsthilfe auch auf vielen anderen sozialen Feldern nicht mehr wegzudenken.
Werner ist Teilnehmer dieses ersten Treffens in dem unscheinbaren Hotel an der Leopoldstraße in Schwabing: „Es war kurz nach 14 Uhr, als eine Gruppe amerikanischer Soldaten ihr erstes Meeting begann. Etwa 25 Menschen waren gekommen, darunter vielleicht zehn Deutsche“, ist auf der österreichischen Homepage „alk-info.com“ nachzulesen.
„Einer der Amerikaner, sein Name war Bob, erklärte den neuen deutschen Freunden ein Programm, das bereits vielen tausend alkoholkranken Menschen in den USA, Kanada und auch in europäischen Ländern Genesung und Nüchternheit gebracht hatte. Woche für Woche trafen sich zunächst drei deutsche Alkoholiker mit ihren amerikanischen Freunden. Sie hießen Max, Heinrich und Kurt. Bob sprach nur Englisch, und Max übersetzte Satz für Satz“. Möglich wurde die Initiative nur, weil es seit dem 1. November 1953 amerikanischen GIs in Deutschland erstmals erlaubt war, ihre Kasernen in Zivilkleidung zu verlassen.
Richard, der bald nach dem ersten Treffen hinzukam, berichtete von einer schwierigen Startzeit: „Wir waren jetzt sechs Mitglieder. Einen eigenen Meetingsraum hatten wir nicht und trafen uns deshalb wöchentlich in Max' Wohnzimmer. Max, ein arbeitsloser Ingenieur, (...) gehörte zu den wenigen Glücklichen, die beim ersten Kontakt mit den amerikanischen Freunden von der Lebensphilosophie des AA-Programms ergriffen waren. Er blieb trocken und wurde unser Sponsor“, also Leiter der Gruppe. Er starb überraschend im Jahr 1963.
Dieses „Meeting“ war die Keimzelle einer heute breiten Bewegung von Frauen und Männern, die die Sucht hinter sich lassen wollen und auf dem steinigen Weg zur Abstinenz Erfahrung, Kraft und Hoffnung teilen. Und sie sind nicht die einzigen: Auf Selbsthilfe setzen auch der Kreuzbund, das Blaue Kreuz und der Verein der Guttempler, um nur die großen Träger zu nennen.
Und deren Hilfen werden gebraucht: Laut Bundesgesundheitsministerium liegt bei rund neun Millionen Bürgerinnen und Bürgern zwischen 18 und 64 Jahren ein problematischer Alkoholkonsum vor. In Deutschland starben laut WHO 2016 19.000 Frauen und 43.000 Männer aufgrund von Alkoholismus.
Es waren amerikanische Soldaten, die 1953 die Idee zur Selbsthilfe nach München brachten, um, wie es auf der Homepage der AA heißt, „die Genesungsbotschaft an deutsche Alkoholiker weitergeben zu können“. In den USA waren die christlich-evangelikalen Treffen bereits seit knapp 20 Jahren erfolgreich. Die Gründer waren zwei Alkoholiker, Börsenmakler William Wilson (1895 -1971), der schon mit 20 Jahren Trinker war und mehrere Entzüge abgebrochen hatte, und der ebenfalls alkoholkranke Chirurg Robert Smith (1879-1950). Sie hatten erkannt, dass der Zwang zum Trinken nachlässt, wenn man sich offen in einem geschützten Raum über seine Krankheit unterhält.
Sie gründeten mit anderen Betroffenen 1935 in der Kleinstadt Akron im US-Bundesstaat Ohio die erste Gruppe der Alcoholics Anonymus. Die einzige Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist bis heute der persönliche Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören. Die Gemeinschaft nimmt keine Mitgliedsbeiträge oder Gebühren, sie finanziert sich allein durch Spenden. Die Bewegung wuchs zunächst in den USA, breitete sich weltweit aus und kam mit den US-Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg auch ins besetzte Deutschland.
In Akron erinnert ein vielbesuchtes Museum im einstigen Wohnhaus von Bob Smith und seiner Frau Anne Ripley an die Anfänge. „Viele einst hoffnungslose Alkoholiker, darunter auch Dr. Bob, machten an diesem Ort ihre ersten wackeligen Schritte zur Genesung“, ist auf der Homepage des Museums zu lesen. Hier könne man sich an jene Tage in den 1930er und 1940er Jahren erinnern, „als die Smiths und ihre Besucher über spirituelle Themen sprachen und voller Dankbarkeit darüber nachdachten, wie dramatisch sich ihr Leben durch sie verändert hatte“. Smith schrieb später: „Ich denke, dass die Art von Dienst, die wirklich zählt, darin besteht, sich selbst zu geben, und das erfordert fast ausnahmslos Mühe und Zeit.“ Er soll durch seinen Einsatz 5.000 Alkoholiker zur Abstinenz verholfen haben.
Aus dem in vielen Gesprächen Gehörten entwickelten Wilson und Smith das Therapieprogramm der „Zwölf Schritte“ als Glaubenssätze - eine Art Lebens- und Genesungsgrundlage, die als Buch mit den Erlebnisberichten nun trockener Alkoholiker ein Bestseller wurde. Nach Schätzungen zählen die AA heute zwei Millionen Teilnehmer in 150 Ländern. Die AA standen immer wieder im Ruf, eine religiöse Sekte zu sein. Die Organisation weist das zurück, betont aber ihre konsequente Unabhängigkeit, auch in Sachen finanzieller Unterstützung. Deshalb verbinde man sich auch nicht mit Institutionen und Personen oder äußere sich nicht zu den Streitfragen unserer Zeit.
Doch worin gründet sich deren Erfolg, wie auch der der vielen anderen Initiativen, Krankheiten, Behinderungen oder sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit eigenverantwortlich zu begegnen? Bernhard Borgetto betont in einem Beitrag des „Suchtmagazins“: „Die soziale Unterstützung durch andere AA-Teilnehmerinnen und -teilnehmer spielt eine große Rolle. Zum einen finden Alkoholiker bei den AA positive Rollenmodelle, sie können an sozialen Veranstaltungen der AA teilnehmen, die auf der Grundlage der Alkoholabstinenz stattfinden, und sie können selbst die Rolle des oder der Helfenden einnehmen.“ Und der Medizin- und Gesundheitssoziologe schreibt weiter: „Es gibt Belege dafür, dass die Effekte von Gesprächs-Selbsthilfegruppen mit denen der Gruppenpsychotherapie vergleichbar sind. Sie verringern psychische Störungen und erhöhen subjektive Gesundheit und Lebensqualität.“
Eine Analyse des internationalen Forschungsnetzwerkes Cochrane aus dem Jahr 2020 bestätigt die Wirkung der AA-Hilfen. Dazu wurden die Resultate von 27 Studien mit mehr als 10.000 Teilnehmern miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die regelmäßige Teilnahme an AA-Treffen half den meisten Alkoholikern wirksamer, dauerhaft abstinent zu bleiben als vergleichbare Behandlungen wie die der kognitiven Verhaltenstherapie. 42 Prozent der AA-Teilnehmer waren noch ein Jahr nach Therapiebeginn trocken. Bei anderen Behandlungsformen wie Verhaltens- und Motivationstherapie waren es etwa 35 Prozent. Der Analyse zufolge hängt der Erfolg im Wesentlichen von den gut geplanten Förderprogrammen ab, die die dauerhafte Teilnahme an AA-Treffen unterstützen.
„Selbsthilfegruppen setzen da an, wo das professionelle Hilfesystem letztendlich nicht mehr weiterkommt oder bereit ist weiterzugehen, also etwa bei chronischen Erkrankungen oder Behinderungen“, sagte der Hamburger Psychologe Christopher Kofahl dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es werde Erfahrungswissen weitergegeben, das Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten und Sozialarbeiter nicht haben könnten, weil sie die entsprechenden Erfahrungen nicht gemacht hätten. „Da geht es um Geborgenheit, um das Gefühl, nicht allein zu sein, um gegenseitige psychosoziale Entlastung. Das ist das zentrale Motiv der Selbsthilfe“, so der Vize-Direktor des Instituts für Medizinische Soziologie (IMS) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Der Koordinator der Patientenorientierung und Selbsthilfe verwies zudem darauf, dass viele Krankheiten und auch Behinderungen ja nicht behandelbar seien: „Es geht in den Gruppen darum, wie man damit leben kann.“ Ein entscheidender Unterschied zur Suchthilfe: „Hier ist das Ziel die Abstinenz, und die ist ja erreichbar.“
Die AA seien herausragend für alle Patientinnen und Patienten, die sich darauf einlassen können, so der Experte. „Es gibt zwar eine christliche Grundierung, aber man muss nicht unbedingt gläubig sein, um die Sucht zu überwinden. Das Zwölf-Schritte-Programm ist ein Ritual, und die Spiritualität, die da drinliegt, fordert Demut vor der Macht der Sucht, um dann Schritt für Schritt die Sucht in den Griff zu bekommen.“ Die AA-Gruppen seien „Inseln, die helfen, den Alltag zu strukturieren.“ Alkoholsucht sei unglaublich stark und die therapeutischen Erfolge seien ja relativ bescheiden. „Und deshalb können ehrenamtliche Angebote wie die der AA es tatsächlich mit den professionellen Hilfen aufnehmen.“
Berlin (epd). „Die Gruppe hebt die Isolation der einzelnen auf und stärkt dadurch das Selbstvertrauen und die Solidarität“, erläutert die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) den Grundansatz der Selbsthilfe. Im Themenbereich Gesundheit gehe es stets um Fragen, Folgen und Probleme der eigenen Erkrankung oder der von Angehörigen. Durch regelmäßige Treffen entstehe ein stützender Zusammenhalt, der Verständnis und Trost gebe, Mut mache zu neuer Aktivität und verändertem persönlichem Verhalten.
„Durch gegenseitige Unterstützung und Motivation werden die Lebensumstände verbessert und Wege erarbeitet, die ein zufriedeneres Leben ermöglichen“, betont die BAG Selbshilfe mit Sitz in Düsseldorf.
Weil die Teilnehmenden während der Treffen nicht nur die eigene Situation neu betrachten, sondern auch die der anderen Mitglieder, könne „jeder und jede vertrauensvoll am Leid und an den Sorgen Anderer Anteil nehmen, weil man sie selbst gut kennt“. Das diene auch der eigenen Problembewältigung. Denn trotz Krankheit, Behinderung oder seelischer Konflikte verfügten alle über Bewältigungsmuster, die im Alltag verwendet werden, oft ohne sie überhaupt bewusst zu bemerken. Die Selbsthilfe mache diese konstruktiven Fähigkeiten bewusst und fördere ihre Entfaltung. „Weil die Selbsthilfekräfte bei allen anders sind, verfügt die Gruppe über unterschiedliche Herangehensweisen, mit Schwierigkeiten und Problemen fertig zu werden“, so die NAKOS.
Austausch und gegenseitige Hilfe innerhalb der Gruppe ist für die Selbsthilfe elementar und unverzichtbar. „Aufgrund des gesammelten Erfahrungswissens und ihrer Betroffenenkompetenz entwickeln die Gruppen Handlungskompetenzen im Umgang mit dem Versorgungssystem und Selbstmanagmentfähigkeiten im Umgang mit Beinträchtigungen, Behinderungen und Belastungen.“
Oder, wie es die BAG Selbsthilfe in direkter Ansprache formuliert: „Hier wirst Du nicht bemitleidet, sondern wirklich verstanden. Hier wirst Du konkret unterstützt, wo Deine Familie und Deine Freunde längst nicht mehr weiter wissen. Hier fühlst Du, durch die Geschichte anderer, wieder eine Perspektive, an die Du längst nicht mehr geglaubt hast.“
Berlin. (epd). Nach Angaben der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) in Berlin gibt es bundesweit 70.000 bis 100.000 Selbsthilfegruppen. In denen sind laut der BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.) rund 3,5 Millionen Menschen organisiert, die sich Hilfe von den regelmäßigen Treffen mit Gleichgesinnten erhoffen.
„Die Gruppe hebt die Isolation der einzelnen auf und stärkt dadurch das Selbstvertrauen und die Solidarität“, erläutert NAKOS den Grundansatz der Selbsthilfe. Im Themenbereich Gesundheit gehe es stets um Fragestellungen, Folgen und Probleme der eigenen Erkrankung oder der von Angehörigen. Durch regelmäßige Treffen entstehe ein stützender Zusammenhalt, der Verständnis und Trost gebe, Mut mache zu neuer Aktivität und verändertem persönlichem Verhalten.
Die finanzielle Förderung der Selbsthilfe in Deutschland ist im Sozialgesetzbuch V geregelt. Hier ist festgelegt, dass die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Verbände Selbsthilfegruppen und -organisationen fördern, die sich die gesundheitliche Prävention oder die Rehabilitation von Versicherten zum Ziel gesetzt haben. Die Ausgaben liegen im Jahr 2023 bei 1,23 Euro je Versicherten, damit stehen rund 90,62 Millionen Euro zur Verfügung.
Berlin (epd). Hilfsangebote für suizidgefährdete Menschen müssen nach Ansicht von Fachleuten finanziell besser abgesichert werden. Nötig seien Bundesmittel von mindestens 20 Millionen Euro im kommenden Jahr, forderten Vertreter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro) am 24. Oktober. Zahlreichen niedrigschwelligen Präventionsangeboten etwa in der Telefon- und Online-Beratung fehle eine nachhaltige Finanzierung.
Mithilfe eines Bundesförderprogramms sollten Bund und Länder künftig gemeinsam entsprechende Einrichtungen, Angebote und Netzwerke erhalten und weiterentwickeln, sagte NaSPro-Sprecher Reinhard Lindner. Unter anderem müsse eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle mit einer allzeit erreichbaren Telefonnummer eingerichtet und auch dauerhaft finanziert werden. Auch der Erhalt und Ausbau bestehender palliativer und hospizlicher Hilfen am Lebensende müsse finanziell gefördert werden. „Leider sind bis jetzt im Haushaltsplan 2024 der Bundesregierung keine Mittel für die Förderung der Suizidprävention vorgesehen. Diese Mittel wären aber absolut notwendig. 20 Millionen Euro für die Suizidprävention wären ein Zeichen der Hoffnung für viele Menschen in unserem Land“, heißt es in einer Stellungnahme.
Der Neurologe und Psychiater Lindner verwies auf den „Kasseler Aufruf 2023“, in dem mehr als 100 Fachleute ebenfalls mehr Mittel für die Suizidprävention im Bundeshaushalt 2024 forderten. Georg Fiedler von der Deutschen Akademie für Suizidprävention unterstrich, der Bundestag habe Anfang Juli mit großer Mehrheit die Förderung der Arbeit beschlossen. Bislang sei aber nichts passiert. „Prävention ist eine Investition in die Zukunft“, mahnte Fiedler: „Wer kurzfristig denkt und bei der Prävention spart, zahlt später drauf.“
2021 beendeten laut Statistischem Bundesamt 9.215 Menschen ihr Leben durch einen Suizid, fast drei Viertel von ihnen waren Männer. Den Statistikern zufolge gab es im Vergleich zum Vorjahr (9.206 Suizide) einen minimalen Anstieg. Insgesamt ist die Zahl der Suizide jedoch in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen: 1980 nahmen sich beispielsweise noch rund 50 Personen pro Tag das Leben.
Fiedler sagte, gäbe es nicht eine Vielzahl von Angeboten der Psychiatrie, dann lägen die Zahlen sicher sehr viel höher. Wolle man das Thema Suizid enttabuisieren und erreichen, dass mehr Menschen Hilfe in Anspruch nehmen, müssten laut Fiedler zwei Dinge geschehen: „Es muss darüber informiert werden, dass es Hilfe gibt und wo sie zu finden ist. Und man muss dafür Sorge tragen, dass diese Hilfen auch zur Verfügung stehen.“
Der Vorsitzende der „TelefonSeelsorge Deutschland“, Helmut Ellensohn, sprach sich für den Aufbau einer bundesweiten Hotline zur Suizidprävention aus. Die Telefonseelsorge könne aufgrund ihres breiten Angebotes nicht alle Menschen erreichen, die Hilfe benötigen. Zugleich mahnte er eine bessere Förderung für die Telefonseelsorge an, damit sie weiterhin flächendeckend rund um die Uhr verfügbar sein könne. Der größte Teil der Finanzierung komme bislang von den beiden großen Kirchen, sagte Ellensohn. Die 1956 gegründete Telefonseelsorge gilt als erstes Angebot dieser Art unter den Krisenberatungsangeboten.
Eine fehlende Anschlussfinanzierung droht nach eigenen Angaben unter anderem der Online-Suizidprävention für junge Menschen „U25“. Zudem verfüge das Angebot unter dem Dach des Caritasverbandes über zu wenig Vollzeitstellen, sagte Projektleiter Klaus Weckwerth. So hätten in diesem Jahr nur 20 Prozent der Neuanfragen von Ratsuchenden angenommen werden können.
Berlin (epd). Der Gesetzentwurf der Ministerin sieht der unter anderem mehr Befugnisse der Behörden bei der Durchsetzung von Abschiebungen vorsieht. Der Bundestag muss das Gesetzespaket noch beraten. Das steht drin:
LÄNGERER AUSREISEGEWAHRSAM: Künftig soll ein bis zu 28-tägiger Ausreisegewahrsam möglich sein, um eine Abschiebung zu vollstrecken. Die Maximaldauer liegt derzeit bei zehn Tagen, reicht laut Bundesinnenministerium aber oft nicht aus, um alle Vorbereitungen zu treffen. Im Ausreisegewahrsam können Menschen festgehalten werden, bei denen die Voraussetzungen für eine Abschiebehaft nicht erfüllt sind, aber dennoch angenommen wird, dass sie versuchen werden, einer Abschiebung zu entgehen. Das ist laut Gesetz schon dann der Fall, wenn sie die Frist zur Ausreise um mehr als 30 Tage haben verstreichen lassen.
MEHR BEFUGNISSE BEI DURCHSUCHUNGEN: In Erstaufnahme- und Gemeinschaftsunterkünften soll der Polizei bei einer geplanten Abschiebung künftig erlaubt sein, auch andere Wohnräume als die der Abzuschiebenden zu durchsuchen. Damit soll verhindert werden, dass sich Betroffene bei Zimmernachbarn verstecken können. Zudem soll es künftig auch erlaubt sein, die Wohnung oder Räume eines Ausländers nach Unterlagen oder Datenträgern zu durchsuchen, die über seine Identität Auskunft geben. Das Gesetz soll zudem klarstellen, dass die Behörden Daten von mobilen Geräten wie Smartphones und aus digitalen Speicherdiensten (Clouds) auslesen dürfen, wenn Pass oder andere Identitätspapiere fehlen.
WEGFALL DER ANKÜNDIGUNG VON ABSCHIEBUNGEN: Die bisherige Pflicht, Menschen, die seit mindestens einem Jahr in Deutschland geduldet waren, eine Abschiebung mindestens einen Monat zuvor anzukündigen, soll grundsätzlich gestrichen werden. Eine Vorwarnung sollen nur noch Familien mit Kindern unter zwölf Jahren erhalten. Auch in der Abschiebehaft soll die Ankündigungspflicht entfallen.
ABSCHIEBUNGEN AUCH IN DER NACHT: Das Aufenthaltsgesetz lässt Abschiebungen in der Nacht nur in Ausnahmefällen zu. Faesers Gesetz will diese nun erweitern: Wenn bei einer Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat durch die Vorgabe dieses Landes oder einen späten Flug ein „Ergreifen zur Nachtzeit“ erforderlich ist, soll es künftig zulässig sein, die Menschen nachts etwa auch aus Gemeinschaftsunterkünften herauszuholen.
AUSWEISUNG VON MUTMAßLICHEN MITGLIEDERN ORGANISIERTER KRIMINALITÄT: Faeser will mit dem Gesetz die Möglichkeit schaffen, Menschen auszuweisen, die mutmaßlich einer kriminellen Vereinigung angehören. Unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung sollen die Behörden davon ausgehen, wenn „Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen“. Ein bloßer Verdacht durch ein Verwandtschaftsverhältnis zu einem Mitglied organisierter Kriminalität soll aber nicht ausreichen.
VERSCHÄRFUNG VON STRAFVORSCHRIFTEN: Das Gesetz sieht eine Reihe weiterer Verschärfungen vor: Unter anderem soll ein „besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse“ künftig angenommen werden, wenn jemand wegen Schleusungskriminalität zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Bislang sind es zwei Jahre. Zudem sollen Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote ein eigenständiger Grund für eine Abschiebehaft werden. Falschangaben gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollen ein eigener Straftatbestand werden. Ferner soll künftig schon mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden können, wer einmal gegen Meldepflichten oder eine räumliche Aufenthaltsbeschränkung etwa auf einen Landkreis verstößt. Bislang gilt das nur für wiederholte Verstöße.
Berlin (epd). Der stellvertretende Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, Stefan Keßler, hat den Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für schnellere Abschiebungen scharf kritisiert. „Das Gesetz verspricht die Lösung von Problemen, die mit der Migration zusammenhängen sollen, löst aber kein einziges reales Problem“, sagte Keßler dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Sollte das Gesetz so durchkommen, wird es neue Probleme schaffen und das Leid der Betroffenen erhöhen.“ Am 25. Oktober hat das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen.
Keßler ist Referent für Politik und Recht sowie Sozial- und Verfahrensberatung beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Die internationale katholische Hilfsorganisation engagiert sich seit 1995 in Deutschland für Abschiebungshäftlinge und Menschen mit unsicherem oder ohne Aufenthaltsstatus.
Der Gesetzentwurf sieht mehr Befugnisse für Behörden und Polizei vor, um Rückführungen abgelehnter Asylbewerber durchzusetzen. So soll etwa die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams, mit dem ein ausreisepflichtiger Ausländer festgesetzt werden kann, von 10 auf 28 Tage verlängert werden. Damit werde die Zahl der Abschiebungen wahrscheinlich nicht erhöht, sagte Keßler. Aber: „28 Tage in Haft: Das wird für viele Betroffene sehr leidvoll sein und die entsprechenden psychischen Folgen haben.“
Der Entwurf soll es der Polizei zudem ermöglichen, Handys ausreisepflichtiger Personen auszulesen. Keßler äußerte ernsthafte Bedenken, ob das mit dem Grundgesetz und dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundrecht auf Datenschutz vereinbar sei.
Vorgesehen ist zudem, dass Polizisten zur Durchsetzung einer Abschiebung auch andere Räume als die des Betroffenen betreten können. Auch Abschiebungen in der Nachtzeit sollen erleichtert werden. Keßler warnte: „Sie können sich vorstellen, welche Unruhe ein Abholversuch in der Nacht in einer Gemeinschaftsunterkunft auslöst, noch dazu, wenn fast wahllos Zimmer durchsucht werden.“
„Abschiebung um jeden Preis“ könne nicht das Ziel sein, betonte Keßler. Die überwiegende Mehrheit der als ausreisepflichtig geltenden Ausländer könne ohnehin nicht abgeschoben werden, weil sie geduldet seien. Gründe für eine Duldung können etwa Krankheit oder die Sicherheitslage im Heimatland sein. Auch wer eine Ausbildung macht oder wem die nötigen Ausweispapiere fehlen, wird nicht abgeschoben. „Viele der formal Ausreisepflichtigen möchten an der Gesellschaft teilhaben und sich einbringen“, betonte Keßler. Die Politik müsse mehr dafür tun, um diesen Menschen die Integration zu erleichtern.
Nürnberg (epd). Die FDP-Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch (FDP) hat staatliche Versäumnisse in der Migrationspolitik eingeräumt. Nach den hohen Flüchtlingszahlen 2015 habe es der Staat verpasst, sich gut genug auf Zeiten starker Einwanderung vorzubereiten, kritisierte sie am 24. Oktober bei einer Veranstaltung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg.
„Da mussten wir uns seit letztem Jahr viele Dinge ganz neu erarbeiten, die eigentlich vorausschauend schon hätten gemacht werden können“, sagte die Juristin. Dazu gehörten Migrationsabkommen mit anderen Ländern oder Gesetze zu Asylverfahren.
Mahmut Özdemir (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, kritisierte, dass Flüchtlinge wieder in Zeltstädten untergebracht werden und es an Personal in Sicherheitsbehörden und bei der Justiz fehle. So entstehe in der Bevölkerung der Eindruck, dass die Politik die Lage nicht im Griff habe. „Wir brauchen diese martialische Sprache nicht, dass wir härter oder konsequenter werden müssten. Wir müssen uns einfach an unseren Gesetzen orientieren und diese konsequent umsetzen“, sagte er. Die Menschen müssten sehen, dass der Staat effektiv funktioniere.
Der Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer forderte Nachdenklichkeit in Debatten über Migration. „Politik hat eine Moderationsfunktion. Wenn diese nicht wahrgenommen wird und Polarisierung in den Vordergrund rückt, bekommen wir gesellschaftliche Probleme“, sagte er. Auch müsse an den Schulen anders mit Migration und Diversität umgegangen werden. Das Thema werde in Schulbüchern noch immer als Ausnahme und im Kontext von Krieg und Katastrophen behandelt.
Hannover (epd). Niedersachsachsens Migrationsbeauftragter Deniz Kurku (SPD) hat die defizitorientierte Diskussion in der Politik über Flüchtlinge kritisiert. Es werde vor allem über Probleme gesprochen, aber oft das Positive übersehen, sagte Kurku in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Pläne der Bundesregierung zu beschleunigten Abschiebungen sieht der Migrationsbeauftragte skeptisch. Bislang scheiterten Abschiebungen meistens daran, dass Herkunftsländer die Geflüchteten nicht zurücknähmen. Das werde sich durch die neuen Gesetzespläne kaum ändern. Positiv wäre es allerdings, wenn die Asylverfahren beschleunigt würden. Die Menschen bräuchten schnell Klarheit über ihre Bleibeperspektive. Kettenduldungen über Jahre erschwerten das Ankommen.
Niedersachsen habe grundsätzlich eine gute Integrationsstruktur. Sie müsse allerdings angesichts der hohen Zuwanderungszahlen verbessert werden. "Jeder Euro, den wir nicht vernünftig in die Integration investieren, wird uns später um ein Vielfaches teurer zu stehen kommen, sagte Kurku.
Das Land dürfe zudem seine Pflicht nicht vernachlässigen, den Schutzsuchenden mit Menschlichkeit zu begegnen, mahnte Kurku. „Wenn jemand seine Heimat, Verwandte und Freunde verlassen muss, dann ist das keine Kleinigkeit.“
Er wolle die Herausforderungen für die Kommunen und ihre Strukturen nicht kleinreden, sagte der Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe. Es sei auch nicht hilfreich, dass einige Staaten in Europa sich weigerten, Geflüchtete in größerer Zahl aufzunehmen. „Aber dennoch ist mir die alleinige Konzentration darauf in der Debatte zu einfach.“ Die Politik, aber auch weitere gesellschaftliche Akteure wie die Kirchen und die Gewerkschaften seien gefragt, immer wieder deutlich zu machen, dass es eine Pflicht sei, Menschen zu helfen. „Deutschland und Niedersachsen zeichnet es aus, dass wir bisher immer offen waren und Hilfesuchende aufgenommen haben.“
Auch die Klage über den Rückgang ehrenamtlich Engagierter in der Flüchtlingshilfe berücksichtige nicht, „dass viele Menschen etwas tun und dafür auch etwas zurückbekommen“, betonte der Kurku, der als Abgeordneter im Landtag und im Rat der Stadt Delmenhorst sitzt. Immerhin 7,7 Prozent der Ehrenamtlichen in Niedersachsen engagierten sich für die Integration der Schutzsuchenden. Viele erzählten ihm, wie bereichernd diese Arbeit für sie selbst sei.
Die Defizit-Diskussion befeuert nach den Worten Kurkus die ohnehin bestehenden Sorgen der Menschen angesichts von Klimakrise, Kriegen, Inflation und negativen Folgen von Globalisierung und Digitalisierung. Populistische Parteien wie die AfD seien die Nutznießer solcher Entwicklungen. Das zeige sich auch in anderen europäischen Ländern.
Berlin (epd). Die Reform der Pflegeversicherung mit der Einführung der fünf Pflegegrade hat laut einer Studie deutliche finanzielle Verbesserungen für eine große Zahl Pflegebedürftiger und deren Angehörigen gebracht. Nach der am 26. Oktober in Berlin veröffentlichten Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) profitieren seit der Pflegereform im Jahr 2017 deutlich mehr Haushalte von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung.
Sie verfügen demnach mittlerweile über ein ähnlich hohes Haushaltseinkommen wie Haushalte, in denen keine pflegebedürftige Person lebt. Rund 2,3 Millionen der in den eigenen vier Wänden Gepflegten erhielten Pflegegeld von durchschnittlich 532 Euro. Auch weitere Transfers wie Wohngeld, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter stabilisierten die Einkommen von Pflegehaushalten, hieß es. Sie kämen damit auf ein monatliches Nettoeinkommen von gut 2.000 Euro netto, was dem Durchschnitt der Haushalte älterer Menschen ab 60 Jahren in Deutschland entspreche.
Die Studie stellt der jüngsten Pflegereform mit Blick auf die finanzielle Situation betroffener Haushalte zumindest in Teilen ein positives Zwischenzeugnis aus, zeigt aber zugleich auch weiteren Handlungsbedarf auf. So gibt es etwa mit Blick auf die Vermögen nach wie vor große Unterschiede zwischen Pflege- und anderen Haushalten, wie die Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ebenfalls zeigen.
Laut DIW verfügen Pflegebedürftige im Mittel (Median) über ein Vermögen von 30.000 Euro im Vergleich zu 81.000 Euro in der übrigen Bevölkerung ab 60 Jahren. Fast ein Drittel von ihnen hat gar kein Vermögen oder ist sogar verschuldet. Zum Vergleich: Unter allen Pflegehaushalten trifft das nur auf gut jeden fünften zu, unter den Haushalten ohne eine pflegebedürftige Person ist die Quote mit 18 Prozent nochmals geringer.
„Für das Wohlergehen im Alter spielt neben dem Einkommen auch das Vermögen eine zentrale Rolle“, betonte Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Viele Pflegehaushalte haben langfristig keine ausreichenden finanziellen Rücklagen, um angesichts steigender Pflegekosten dauerhaft über die Runden zu kommen.“ Das grundsätzliche Problem: Der Staat verlasse sich hierzulande immer noch sehr stark darauf, dass Angehörige die Pflege übernehmen: „Angesichts unserer alternden Bevölkerung kann das aber nicht ewig gut gehen.“
Die Pflegereform 2017 habe den Pflegebedürftigkeitsbegriff verändert, erläuterte DIW-Experte Johannes Geyer. Dadurch würden nicht mehr nur physische Einschränkungen berücksichtigt, sondern auch geistige und mentale Einschränkungen wie Alzheimer und Demenz. Dadurch steige die Zahl der Leistungsempfänger. Jedes Jahr kämen etwa 300.000 Menschen hinzu.
Gleichzeitig seien die Pflegesätze, aber auch die Pflegesachleistungen und sonstige Leistungen, die die Pflegeversicherung bietet, deutlich angehoben worden. Auch deshalb haben sich der Studie zufolge die Ausgaben der Pflegeversicherung zwischen 2016 und 2022 beinahe verdoppelt, auf rund 60 Milliarden Euro.
Geyer kritisierte, dass die Pflegeversicherung noch zu stark auf die familiäre Pflege abstelle. Das überfordere viele: „Die Pflegeleistenden, die häufig Familienangehörige sind, müssen sehr viel Zeit und Kraft für die Pflegesituation aufbringen und können währenddessen entweder nicht erwerbstätig sein oder leiden unter der Doppelbelastung.“ Generell seien Erwerbsarbeit und Pflege schwierig zu vereinbaren.
Weil die Kosten für die Pflege, die privat aufzubringen sind, weiter steigen, empfehlen die Studienautoren einen weiteren Ausbau der sozialen Pflegeversicherung. Dazu zählt mehr finanzielle Unterstützung, etwa durch eine zeitnahe Kopplung des Pflegegeldes an die Inflation, ebenso wie mehr professionelle Pflege. Eine Möglichkeit zur Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs wären Geyer und Haan zufolge einkommens- und vermögensabhängige private Zuzahlungen. Auch der Vorschlag einer Bürgerversicherung, also die Verbindung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung, sei sinnvoll, da das Pflegerisiko von besser situierten Menschen mit privater Pflegeversicherung deutlich geringer ist.
Hamburg (epd). Der Bundesverband der BerufsbetreuerInnen (BdB) kritisiert das geplante Gesetz der Bundesregierung, mit dem die Inflation ausgeglichen werden soll. Der Entwurf sei gut gemeint, „und doch verfehlt er sein Ziel. Mit diesem Tröpfchen auf den glühend heißen Stein wird man die Betreuungslandschaft nicht retten können“, sagte Vorsitzender Thorsten Becker am 23. Oktober in Hamburg..
Rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sollen vom Bund eine Sonderzahlung erhalten, um „die finanzielle Mehrbelastung abzufedern, die ihnen infolge der Inflation entstanden ist“, heißt es im Gesetzentwurf. Becker: „Der Plan greift viel zu kurz.“
Vorgesehen sei ein Zahlung von 7,50 Euro pro Betreuung und Monat. Der BdB hatte 25,89 Euro pro Betreuung und Monat errechnet - auf der Grundlage einer Studie, die belege, dass sich die Kosten für Berufsbetreuer seit 2019 um durchschnittlich 19,3 Prozent erhöht hätten.
Becker sagte, die Berechnungsgrundlage sei das Problem. „So dient als Referenz der festangestellte Behördenbetreuer. Jedoch arbeitet die überwiegende Mehrheit in unserer Branche selbstständig, viele managen Betreuungsbüros mit Angestellten. Als Selbständige müssen sie neben ihren persönlichen Lebenshaltungskosten die Betriebskosten finanzieren und bei ihren Angestellten den Arbeitgeberanteil.“ Der vorgesehene Inflationsausgleich orientiere sich an den Tarifen im Öffentlichen Dienst an der Gehaltsstufe S12. Mit 7,50 Euro seien die gestiegenen Kosten nicht im Entferntesten zu decken", so der Vorsitzende.
Am 8. November werden Experten und Sachverständige im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zum Gesetzentwurf der Bundesregierung gehört. Unter ihnen ist dann auch Thorsten Becker.
Hannover (epd). Mit einer neuen Service-Stelle will das niedersächsische Kultusministerium jungen Menschen mit Förderbedarf eine bessere Orientierung auf dem Arbeitsmarkt geben. Die Service-Stelle „Inklusiver Weg“ gebe sowohl Interessierten, die sich im Übergang von der Schule in den Beruf befinden, als auch Betrieben auf Auszubildendensuche Tipps, teilte das Ministerium am 23. Oktober in Hannover mit.
Die Service-Stelle ist den Angaben zufolge Teil des Projektes „Begleitung in inklusive Ausbildung und Arbeit“. Es solle Netzwerke und die Zusammenarbeit etwa von Berufsbildenden Schulen, Kammern und Arbeitsagenturen fördern, um die Chancen auf eine inklusive Ausbildung zu erhöhen. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, hieß es.
„Jeder einzelne Mensch hat ein Recht auf Bildung und dieses Recht gilt ein Leben lang“, betont Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). „Daher ist es wichtig, die berufliche Orientierung für Menschen mit Förderbedarfen zu stärken.“
Johannes Pfeiffer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit, fügte an: „Mit der besseren Vernetzung aller Beteiligten wollen wir das Angebot an betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Behinderungen deutlich verbessern. Auf Inklusion in der Schule sollte Inklusion am Arbeitsmarkt folgen.“
Berlin (epd). Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat die geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt des Bundes erneut scharf kritisiert. Gegen „Kürzungen mit der Heckenschere“ im Bundeshaushalt für 2024 werde die Branche „richtig Rabatz machen“, sagte Lilie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er sehe „mit großer Sorge, dass das soziale Netz und auch der soziale Zusammenhalt vor Zerreißproben stehen“. Der Diakonie-Präsident, der seit Juli 2014 an der Spitze des Verbandes steht, geht zum Jahreswechsel mit 66 Jahren in den Ruhestand. Mit Lilie sprachen Bettina Markmeyer und Markus Jantzer.
epd sozial: Herr Lilie, zum ersten Mal seit Jahren soll im Sozialhaushalt wieder gespart werden. Die Wohlfahrtsverbände werfen der Ampel-Koalition vor, dabei besonders unklug vorzugehen. Warum?
Ulrich Lilie: In einzelnen Bereichen kommen wir in eine dramatisch schwierige Situation. Beispiel Migrationspolitik: Dass ausgerechnet jetzt die Mittel für die Migrationsberatung, für Migrationsfachdienste beschnitten werden, kann man niemandem erklären. Erst recht nicht den Leuten, die diese Arbeit machen und an ihrer Leistungsgrenze sind, weil die Zahlen durch die Decke gehen. Das ist einfach widersinnig. Genauso widersinnig ist es, ein Drittel der Mittel für die Freiwilligendienste zu streichen, wenn gerade alle über den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft diskutieren - und etliche, wie etwa der Bundespräsident, auch über ein soziales Pflichtjahr. Dazu kommt: Die Freiwilligendienste helfen in doppelter Hinsicht gegen den gravierenden Personalmangel. Wir wissen, dass ein hoher Prozentsatz der Menschen, die sich in ihrer Jugend freiwillig sozial engagieren, später einen sozialen oder einen Gesundheitsberuf wählen.
Natürlich müssen wir auch im sozialen Bereich Kürzungen hinnehmen - aber bitte nicht mit der Heckenschere. Vielmehr müssen wir alles dafür tun, dass das Gefühl bei vielen erschöpften Mitarbeitenden wie den Menschen 'Um uns kümmert sich keiner' nicht stärker wird.
epd: Über den Bundeshaushalt für 2024 entscheidet der Bundestag im November. Haben Sie die Hoffnung, dass die Kürzungen abgemildert werden?
Lilie: Ich hoffe, dass die Einsicht noch wächst. Sonst werden wir zusammen mit anderen Wohlfahrtsverbänden richtig Rabatz machen. Wir sehen mit großer Sorge, dass das soziale Netz und der soziale Zusammenhalt vor Zerreißproben stehen.
epd: Herr Lilie, die bisherige Regierungszeit der Ampel-Koalition ist geprägt von internationalen Krisen. Wenn Sie aufs Inland schauen: Was sind aus Sicht eines Diakonie-Chefs die wichtigsten Themen?
Lilie: Es ist schon ein gravierender Politikausfall, dass diese Regierung auf die große Herausforderung Pflege bis jetzt keine befriedigende Antwort gefunden hat. Minister Lauterbach macht derweil Politik mit Talk, Pflaster und Symbol. Wir laufen aber gerade in eine echte Versorgungskatastrophe. Wir erleben landauf, landab, dass Einrichtungen zumachen, weil sie kein Personal haben oder weil die Kostenträger ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Dazu kommt der Fachkräftemangel. Unsere Beschäftigten - wunderbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - haben noch die Corona-Zeit in den Knochen. Es ist eine enorme Belastung, unter der das Gesundheits- wie das Pflegesystem stehen. Da kann man die Monate zählen, bis wir wirklich gravierende Probleme haben werden.
epd: Muss die Diakonie Einrichtungen schließen?
Lilie: Noch nicht, aber viele stoppen Planungen und müssen bereits ihre Angebote begrenzen. Wir bekommen Alarmmeldungen von ambulanten Diensten. Sie können die Einsätze nicht mehr flächendeckend gewährleisten. Sie können keine neuen Pflegebedürftigen annehmen. Heime müssen Stationen schließen oder eine Tagespflege an einen anderen Ort verlegen. Das ist schlecht. Auch für die Pflegebedürftigen steigen die Belastungen weiter. Wir haben in Nordrhein-Westfalen jetzt einen Satz für den Eigenanteil in der stationären Pflege bei durchschnittlich 2.700 bis 2.800 Euro. Die Durchschnittsrente beträgt 1.500 bis 1.600 Euro. Das ist ein riesiges Problem, auch für die Kommunen, die über die Sozialhilfe diese Kosten übernehmen müssen. Klamme Kommunen können nicht zahlen. Ich kenne Träger, die warten seit acht oder zwölf Monaten auf die ihnen zustehenden Zahlungen. Auf all das braucht es eine politische Antwort!
epd: Welche?
Lilie: Wir werden Steuerzuschüsse für die Pflege brauchen. Wir brauchen eine neue Systematik in der Finanzierung der Pflegeversicherung. Der Gesundheitsminister stellt sich dem Problem nicht. Kurzfristig hilft eine konzertierte Aktion. Wir haben es hier mit den Folgen jahrelang nicht getroffener Entscheidungen zu tun. Wir wissen doch, was nötig ist: Pflege muss bezahlbar bleiben, die Arbeit in der Pflege muss attraktiv, die Kommunen müssen handlungsfähig sein.
epd: Bei den jüngsten Landtagswahlen haben wir gesehen, dass Wahlen derzeit auch vom Thema Migration entschieden werden. Müssen die Flüchtlingszahlen runter, wie der Kanzler es formuliert?
Lilie: Wir müssen die Zahlen begrenzen. Darüber muss man auch diskutieren, wenn man das Recht auf Asyl und das Recht auf subsidiären Schutz dauerhaft sichern will.
epd: Glauben Sie, dass weniger Menschen kommen, wenn Deutschland die Regeln für ihren Aufenthalt hier verschärft?
Lilie: Das glaube ich nicht. Wir wissen aus der Migrationsforschung, dass die verfolgten Menschen in Not zuerst einen sicheren Ort suchen. Evidenzbasierte Untersuchungen aus der Migrationsforschung haben längst gezeigt, dass relativ wenige Menschen kommen, um Sozialleistungen zu erhalten. Die Frage ist: Mit welchen Instrumenten reagiert man? Mit Sach- statt Geldleistungen schafft man viel mehr Bürokratie. Darin sind wir gut in Deutschland - statt dass wir professionellen Pragmatismus in die Debatte bekommen. Wir appellieren mit vielen Fachleuten seit Jahren an die Politik, dass Menschen, die hier absehbar auf längere Zeit Schutz genießen, so schnell wie möglich in Arbeitsprozesse integriert werden sollen. Gott sei Dank, kommt da jetzt Bewegung rein.
epd: Sollte es eine Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit geben? Die Menschen würden dann ja auch in Ihren Einrichtungen beschäftigt werden.
Lilie: Eine Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit hat etwas von einem Zwangsdienst. Wenn man Menschen in Arbeit bringen will, kann freiwilliges Engagement durchaus ein Weg sein. Aber das Ziel muss immer die rasche Integration in den Arbeitsmarkt sein. Alles, was wir nicht rechtzeitig tun, kostet uns nachher das Doppelte und Dreifache: Dadurch, dass Menschen sich dann eben selbst organisieren, desintegrieren und Parallelgesellschaften entstehen. Integration ist ein Marathonlauf. Aktionismus und Symbole werden uns hier sicher nicht zu besseren Ergebnissen führen.
epd: Sie haben jetzt fast zehn Jahre die Berliner Politik aus der Nähe beobachtet. Was trauen Sie der Ampel zu?
Lilie: Diese Koalition hat sich viel vorgenommen. Man muss auch sagen, sie hat in den ersten zwei Jahren trotz dieser wahnsinnigen Belastungen einiges geschafft: Dass wir so durch den vergangenen Winter gekommen sind, dass wir keine einschneidenden sozialen Verwerfungen erlebt haben, ist sehr verdienstvoll. Aber ich habe häufiger vermisst, dass die Politik den Austausch sucht, mit der Zivilgesellschaft, den Wohlfahrtsverbänden, mit der Wirtschaft, und gute Vorschläge aufnimmt. Wir haben mit dem Thema Heizen und Energie ein schlechtes Beispiel für das Herangehen an die ganz großen Herausforderungen der sozial-ökologischen Transformation erlebt. Da haben einige Spezialisten und Überzeugungstäterinnen in guter Absicht einen erheblichen politischen Schaden angerichtet.
Wir brauchen eine neue Haltung und eine kohärentere Politik - jetzt hört man vom Deutschlandpakt und Anti-Bürokratiegipfel, das geht in die richtige Richtung. Wir müssen viele Dinge schneller, einfacher und zielgerichteter machen.
epd: Werden Sie sich weiter engagieren? Haben Sie Pläne für Ihren Ruhestand?
Lilie: Erst mal gehe ich ein paar Monate ins Abklingbecken. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ich nur Rosen züchte. Ich werde mich weiter engagieren für die Dinge, die mir wichtig sind. Aber zunächst einmal mehr Zeit zu haben für meine Frau, für Freundinnen und Freunde und die Dinge, die es im Leben sonst noch gibt - das ist schon etwas, auf das ich mich freue.
Berlin (epd). Philip Büttner hat ein Spiel erdacht, das nicht lustig ist. „Sagen wir mal, ich gebe 20 Euro am Tag für Essen aus“, sagt er und trägt 600 Euro im Abschnitt „Ernährung“ ein. Uuups, damit ist er schon über dem Regelsatz von 502 Euro, und in der Mitte des bunten Kreises erscheint ein Minus von 98 Euro. Das funktioniert nicht, wenn Büttner am Ende „Bingo“ lesen will. 20 Euro seien auch ein bisschen hoch gegriffen, meint er - und kürzt die Ausgaben um die Hälfte: 300 Euro. Dann bleiben noch 202 Euro zum Leben.
Büttner arbeitet für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, eine Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Kirche (EKD). Das sozialpolitische Online-Spiel „Bürgergeld-Bingo“ stellten Büttners Verband, die Diakonie Deutschland, das Armutsnetzwerk und der Verband Kirche und Arbeitswelt am 25. Oktober gemeinsam in einer Online-Präsentation vor.
Am Ende seiner Klick-Tour durch zwölf Posten wird Büttner bei 168 Euro für Essen landen. Bei allem, von Kleidung über Mobilität bis Bildung, musste er seine ersten Einträge radikal kürzen. Für Ernährung sind im Regelsatz für einen Erwachsenen 174 Euro im Monat vorgesehen, das sind knapp sechs Euro für drei Mahlzeiten am Tag. „Da lag ich also schon ganz gut“, sagt Büttner.
Während er das Spiel spielt, kann jede und jeder still mitrechnen: 45 Euro enthält der monatliche Bürgergeld-Satz für Mobilität - das reicht nicht für das Deutschland-Ticket, 42 Euro im Monat für die Stromrechnung und alle Reparaturen, genau so viel für Kleidung und Schuhe. Zwei Kaffee auswärts sind sechs Euro: Geht eigentlich nicht, sagt Büttner, obwohl im Regelsatz auch Geld für die Teilnahme am „ganz normalen Leben“ vorgesehen ist.
„Mit ein paar Mausklicks einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Mangel nachvollziehbar machen“, das ist Büttners Anliegen und auch das der Diakonie-Vorständin Maria Loheide sowie von Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk. „Wir können entscheiden, was wir jeden Tag sparen, damit wir etwas, das wir brauchen, wenigstens zum Teil finanzieren können“, sagt Schneider. Das Online-Spiel richte sich an all die Menschen, „die das Bürgergeld zu hoch finden“.
Loheide kritisiert, dass in der aktuellen Debatte um die Höhe der Sozialleistungen und das Lohnabstandsgebot zunehmend populistische Töne zu hören seien. Menschen würden zur Zielscheibe. Nötig seien aber „Sachlichkeit und Menschlichkeit“. Schneider sagt es so: „Irgendwie kommen die Menschen, die es betrifft, immer an den Marterpfahl der Öffentlichkeit“. Loheide zufolge decken die Regelsätze das Existenzminimum nicht ab.
Demgegenüber hatte unter anderem der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz anlässlich der Anfang 2024 anstehenden Erhöhung des Bürgergelds vor zu hohen Sozialleistungen gewarnt. Diejenigen, die arbeiten, müssten netto mehr in der Tasche haben als die, die soziale Transferleistungen bekommen, verlangte der CDU-Chef - und erhielt dafür auch Zustimmung aus der mitregierenden FDP.
Im September bezogen laut Bundesagentur für Arbeit rund 5,7 Millionen Menschen Bürgergeld, davon rund 1,6 Millionen nicht Erwerbsfähige. Anfang 2024 steigt der Regelsatz für einen Erwachsenen von 502 Euro auf 563 Euro im Monat, plus Miete und Heizkosten. Der Diakonie zufolge gleicht das kaum die Inflation aus. Der evangelische Wohlfahrtsverband und zahlreiche weitere Sozialverbände fordern deshalb eine Neuberechnung und Erhöhung des Regelsatzes auf mindestens 600 Euro im Monat.
Augsburg (epd). Wieder Kontakt zu anderen Menschen und zu sich selbst finden - das können die Besucher und Besucherinnen von Tagesstätten für psychische Gesundheit. Vier von ihnen betreibt die Diakonie Augsburg in der Region Schwaben. Für viele Frauen unnd Männer sind die Einrichtungen in Kaufbeuren, Augsburg, Mering und Meitingen zur zweiten Heimat geworden, in der ganz eigene Communitys entstanden sind.
Die Tür des modernen Flachbaus in Meitingen steht immer offen. Zumindest unter der Woche ab 9 Uhr, wenn Tagesstättenleiter Wolfgang Klaiber-Mehling sie aufschließt und wartet, wer heute kommt. „Meistens sind es Leute, die wir schon länger kennen. Es kann aber auch sein, dass auf einmal ein Fremder in der Tür steht, der sich ein Herz gefasst hat und mal vorbeischauen will“, sagt er. In die Tagesstätte schickt einen kein Arzt, man braucht auch keine Versichertenkarte, um aufgenommen zu werden. „Hier kann man ungezwungen mal den Blick von allem abwenden, was ansonsten im Leben schlecht läuft“, sagt der Pädagoge.
Dazu gibt es einen Wochenplan mit Tagesstruktur. Die Menschen können kreativ gestalten, für externe Auftraggeber Werkstücke montieren oder auch einfach in der Küche mithelfen, wenn gemeinsam gekocht wird - von Montag bis Freitag sind die Tage durchgetaktet. „Viele brauchen wieder einen Lebensrhythmus oder müssen erst einen für sich finden“, sagt Ergotherapeutin Silvia Lederer.
Dazu gehört es auch, rauszugehen. Zum Beispiel jeden ersten Freitag im Monat an den Marktstand der Meitinger Gemeinde, wo Selbstgebasteltes und -erzeugtes verkauft wird. Öffentlich sichtbar sein, sich nicht verkriechen, ist wichtig: In der Meringer Tagesstätte betreiben die Menschen beispielsweise eine Cafeteria, die für alle Bürgerinnen und Bürger geöffnet ist.
Alle Tagesstätten im Augsburger Raum seien zu 100 Prozent vom Bezirk Schwaben finanziert, sagt der kaufmännische Vorstand der Diakonie Augsburg, Markus Bottlang. Damit ein Platz abgerechnet werden kann, muss ein Besucher an einer festgelegten Anzahl an Tagen die Einrichtung besuchen. Bleibt die Person unter diesem Wert, entstehen der Tagesstätte Kosten, die dann nicht geltend gemacht werden können. Umgekehrt: Klopfen mehr Menschen an die Tür und besuchen die Einrichtung, gibt es auch nicht mehr Geld. Ein Zwiespalt, mit dem die Leitung leben muss - und sich meist für den Menschen entscheidet, der nach Hilfe verlangt.
Eine Regel gilt für alle: kein Alkohol. Oftmals ist das Trinken auch mit ein Grund, weshalb Menschen in psychische Ausnahmesituationen kommen. „Die Menschen bringen aber ganz unterschiedliche Päckchen mit. Und werden auch immer älter“, berichtet Carina Gebele, die für Augsburg und Mering verantwortlich ist.
Immer wieder hört man in den Tagesstätten Geschichten von Männern, die nach ihrem Job auch noch die Frau verloren haben und irgendwann in ein tiefes Loch gefallen sind. Dietmar Bauer aus Mering berichtet von seiner tiefen Krise vor 20 Jahren, als er „vom Leben ausgespuckt“ irgendwann in der Einrichtung landete und seither den „Luxus des Wahrgenommenwerdens“ genießt und sich einbringt.
Derzeit besuchen die Tagesstätten aber auch viele junge Erwachsene, die es schon in der Kindheit mit ewig streitenden Eltern nicht leicht hatten und nach den Corona-Jahren Probleme haben, in der Arbeitswelt und Gesellschaft anzukommen. „Hier sind wir Anlaufpunkt und Auffangstation, oft auch Vermittler. Den selbstständigen Schritt ins Leben müssen die Jüngeren aber dann selbst tun“, sagt Gebele.
Gelsenkirchen (epd). Die Ruhrgebietskonferenz Pflege, ein Zusammenschluss von Arbeitgebern, hat ihre Forderung wiederholt, im Rahmen einer Reform der Pflegeversicherung ein persönliches Pflegebudget einzuführen. Nur so lasse sich die Pflege und Betreuung zukunftsfest machen, heißt es in einer Mitteilung vom 23. Oktober. Sprecher Thomas Eisenreich sagte, dieses Budget werde nicht aus einem unübersichtlichen Kostenträger-Mix gespeist.
Der Experte hat in einer Arbeitsgruppe mitgewirkt, die unter dem Titel „Wirkungs- und personenfokussierte Pflege und Betreuung“ einen radikalen Systemwechsel vorschlägt.Eisenreich: „Wir haben einen gemeinsamen Auftrag, dem wir uns stellen müssen.“
Die Arbeitgeber blicken voller Sorge in die Zukunft, denn in den kommenden Jahren gingen die Baby-Boomer in Rente, von denen mittelbar auch viele auf Pflege angewiesen seien. „Hochgerechnet brauchen wir zur Deckung der prognostizierten Bedarfe bis zum Jahr 2050 jährlich 1,5 Prozent mehr an Pflege- und Betreuungsleistungen, wenn wir das bestehende System fortschreiben.“ Das sei angesichts der demografischen Nachwuchsentwicklung vollkommen unrealistisch. Abgesehen vom fehlenden Nachwuchs sei das auch schlicht nicht bezahlbar.
Schon heute zeige die Kostenentwicklung steil nach oben, so die Ruhrgebietskonferenz. Unternehmen, die aktuell Pflegesatzverhandlungen für 2024 vorbereiten, meldetenn zurück, dass die Eigenanteile im kommenden Jahr noch einmal um bis zu 48 Prozent steigen würden. „Konkret bedeutet das bis zu 1.000 Euro monatliche Mehrbelastungen für die Bewohner und deren Angehörige. Gleiches gilt für die ambulante Pflege und die ambulant betreuten Wohngemeinschaften.“
In Städten wie Duisburg und Gelsenkirchen sind den Angaben nach heute schon 80 Prozent der Bewohnerinnnen und Bewohner in stationären Einrichtungen auf Sozialhilfe angewiesen, um die Pflege- und Betreuungskosten zu stemmen. „Spätestens 2025 erwarten wir, dass dieser Anteil auf über 90 Prozent steigen wird.“
Die Lösung könne in einem Pflegebudget liegen, hieß es. Statt eines schwer zu durchblickenden Leistungskataloges und eines intransparenten Preissystems sollen die Pflegebedürftigen ein Zeitbudget erhalten, mit dem sie stundenweise professionelle Unterstützung bezahlen können. Damit könnten sie individuell und situationsabhängig ihren Unterstützungsbedarf steuern und abdecken.
Bremen (epd). Der Bremer Gesundheitsökonom Heinz Rothgang kritisiert die unzureichenden Maßnahmen der Politik zur Begrenzung der Eigenanteile in der Pflegeversicherung für die vollstationäre Pflege. „Es zeigt sich ein deutlicher Reformbedarf, wenn an dem Ziel festgehalten werden soll, eine pflegebedingte Verarmung zu verhindern“, erklärte Rothgang am 25. Oktober auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd).
Erreicht werden könne dieses Ziel nur durch eine Deckelung der Eigenanteile, die Pflegebedürftige selbst für ihren Heimaufenthalt zu bezahlen hätten, führte Rothgang aus. Eine Reform, bei der die pflegebedingten Eigenanteile auf Null gesetzt werden würden, reduziere die persönlichen Belastungen Stand Juli 2023 um mehr als 800 Euro. Das sei effektiv, auch wenn die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten sowie die monatliche Umlage für die Ausbildungskosten durch Azubis nicht einbezogen wären.
Flankiert werden müsste eine solche Regelung aber dadurch, dass die Ausbildungskosten nicht mehr von den Pflegebedürftigen zu tragen seien, forderte Rothgang. Außerdem müssten sich die Länder stärker an der Finanzierung der Investitionskosten der Pflegeheime beteiligen. „So entsteht Planungssicherheit für die zukünftigen Pflegebedürftigen, und die Mehrausgaben für die Pflegeversicherung können im Vergleich zu einer Vollversicherung reduziert werden.“
Bei einer Vollversicherung müssten die Beiträge deutlich steigen oder die zusätzlichen Ausgaben mit staatlichen Milliarden-Zuschüssen finanziert werden. In der vollstationären Pflege lagen die bundesdurchschnittlichen Gesamteigenanteile einschließlich der umgelegten Ausbildungskosten Rothgang zufolge im Juli des laufenden Jahres bei 2.248 Euro. Das seien 52 Euro oberhalb des Wertes vom 1 Juli 2021.
Das im Koalitionsvertrag genannte Ziel der Begrenzung der Eigenanteile in der Langzeitpflege werde trotz ergriffener Gegenmaßnahmen klar verfehlt, fasste Rothgang zusammen. Nach seinen eigenen Modellrechnungen seien schon für 2026 bundesdurchschnittliche Eigenanteile von 2.500 Euro zu erwarten. Das werde die finanziellen Möglichkeiten der großen Mehrheit zukünftiger Pflegebedürftiger „weit übersteigen“.
Berlin (epd). Der Bundesverband Pflegemanagement hat den Entwurf des Pflegestudiumstärkungsgesetzes der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt. Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, die hochschulische Pflegeausbildung gesetzlich zu stärken und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege zu erleichtern, teilte der Verband am 25. Oktober in Berlin mit.
Zudem solle die Finanzierung des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung im Rahmen eines dualen Studiums vergütet werden. Das übergeordnete Ziel ist es, das Pflegestudium attraktiver zu machen und damit dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzutreten. Parallel dazu wurden von der Ausbildungsoffensive Pflege der Bundesregierung Empfehlungen zu den Aufgabenprofilen akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen gegeben. Es sei wichtig, auch in Deutschland die pflegewissen-schaftlichen Qualifikationen für eine hochwertigere pflegerischer Versorgung auszubauen.
„Mit dem Gesetzesentwurf wird endlich ein Schlussstrich unter das jahrelange Motto 'Pflege kann jeder' und dem 'Downgrade der Pflege' ein Ende gesetzt“, so Sarah Lukuc, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Pflegemanagement. Sie begrüßte die gesetzlich verankerten erweiterten Kompetenzen für Pflegefachpersonen. Dies sei ein erster Schritt in die Richtung der Entwicklung eines eigenständigen Heilberufegesetzes für Pflegefachpersonen und damit weg von den jahrelangen gesetzlichen Grauzonen.
Die Weichen dafür wurden bereits 2012 im Rahmen eines „Modellvorhabens“ im SGB V gestellt, die Umsetzung erfolgt mit einem Zeitverzug von mehr als zehn Jahren.
Bremen (epd). Der Bremer Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder feiert sein 60-jähriges Bestehen. „Mit 4.500 Plätzen und mehr als 1.500 Mitarbeitenden ist er mittlerweile der größte freie Kita-Träger in der Stadt“, erklärte Kirchensprecherin Sabine Hatscher. Jährlich werde neben der staatlichen Refinanzierung ein Zuschuss von rund sechs Millionen Euro aus der Kirchensteuer in die Kita-Qualität investiert.
Die Wurzeln des Landesverbandes gehen nach Angaben seines Chefs Carsten Schlepper auf das Jahr 1963 zurück. Damals habe das leitende Gremium der Landeskirche den damaligen Landesdiakoniepastor Claus von Aderkas damit beauftragt, die evangelischen Kindergärten in den Gemeinden fachlich und organisatorisch zu unterstützen. Zu dieser Zeit befanden sich zehn Ganztags- und neun Halbtagskindergärten in evangelischer Trägerschaft.
Der neue Verband sollte laut Schlepper auch die Zusammenarbeit mit den evangelischen Kindertageseinrichtungen in anderen Landeskirchen koordinieren. Zu einem Schwerpunkt der Arbeit entwickelte sich die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Förderbedarf.
Damit habe die Kirche in Bremen auch im nationalen und internationalen Vergleich eine Vorreiterposition eingenommen. Hatscher bekräftigte, heute stehe die evangelische Kita-Arbeit für Frühförderung, Spracherwerb, Entwicklung sozialer Kompetenzen, Gemeinschaft, Kreativität und Chancengerechtigkeit für Kinder und Eltern.
Saarbrücken (epd). Stationär aufgenommene Patienten können ohne ausdrückliche Vereinbarung mit der Klinik nicht einen bestimmten Krankenhausarzt als Operateur verlangen. Bei Abschluss des üblichen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrages steht „dem Krankenhausträger das Recht zu, sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen“, stellte das Saarländische Oberlandesgericht in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 25. August klar.
Demnach stelle es auch keinen Aufklärungs- und damit Behandlungsfehler dar, wenn ein Arzt beim Aufklärungsgespräch den Eindruck erweckt, der Operateur zu sein, dann nach der erteilten Einwilligung des Patienten aber ein anderer Arzt den Eingriff vornimmt, urteilten die Saarbrücker Richter.
Im konkreten Fall ging es um eine heute 48-jährige Frau, die seit 2011 immer wieder wegen Bandscheibenvorfällen behandelt wurde. Wegen anhaltender Schmerzen ließ sich die Frau zunächst im Oktober 2015 operieren. Dabei wurde ihr ein sogenanntes Barricaid-Implantat eingesetzt, welches künftige Bandscheibenvorfälle verhindern sollte. Die Zulassung für das Implantat ist derzeit in der EU ausgelaufen.
Nach dem Eingriff bestanden die Schmerzen fort, so dass im November 2015 eine Korrektur des Implantatsitzes versucht wurde. Nachdem die Patientin weiter über starke Schmerzen klagte, wurde schließlich im September 2016 in Heidelberg eine Versteifungsoperation durchgeführt. Infolge der Eingriffe ist die Frau zwischenzeitlich wegen voller Erwerbsminderung verrentet.
Ihr Ehemann hielt die beiden Implantat-Operationen für fehlerhaft und verlangte von Klinik und behandelnden Ärzten für seine Frau ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 Euro, über 44.000 Euro Schadenersatz und weitere 8.625 Euro für vorgerichtliche Anwaltskosten. Weil seine Ehefrau den Haushalt nicht mehr führen könne und nicht mehr arbeits- und verdienstfähig sei, müsse ihr zudem eine monatliche Rente von 2.647 Euro gewährt werden.
Bei den Aufklärungsgesprächen habe der aufklärende und erfahrene Arzt den Eindruck erweckt, dass er der Operateur sei. Tatsächlich habe aber ein anderer Arzt seine Frau operiert. Mit korrekter Aufklärung über den richtigen Operateur hätte sie dem Eingriff aber nicht zugestimmt. Das Implantat sei außerdem in falscher Größe eingesetzt worden.
Außerdem habe an der Operation ohne ihr Wissen ein Medizinprodukteberater der Firma teilgenommen, die das Implantat hergestellt habe. Hätte seine Frau gewusst, dass das erforderlich sei, wären Zweifel an der Befähigung der behandelnden Ärzte aufgekommen, so die Begründung der Kläger. Dann wäre keine Einwilligung in die Operation erfolgt. Zudem wäre eine vorherige Aufklärung über die Anwesenheit des Medizinprodukteberaters schon aus datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen und standesrechtlichen Gründen erforderlich gewesen.
Die Klage hatte vor dem OLG jedoch keinen Erfolg. Ein ärztlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler sei nicht belegt. Hier habe ein sogenannter totaler Krankenhausaufnahmevertrag vorgelegen. Bei diesem üblichen Vertrag zwischen Patienten und Krankenhausträger stehe der Klinik grundsätzlich das Recht zu, „sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen“. Wolle ein Patient ausschließlich von einem bestimmten Operateur behandelt werden, müsse er dies „eindeutig zum Ausdruck bringen und gegebenenfalls beweisen“, etwa in Form der Einwilligungserklärung. Allein der geäußerte Wunsch reiche nicht, befand das Gericht.
Die Erklärung eines Arztes in einem Vorgespräch, dass er die Operation nach Möglichkeit durchführen werde, sei keine rechtlich bindende Zusage, urteilte das OLG mit Verweis auf ein früheres Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Mai 2010.
Danach könne der Krankenhausträger den Operationsplan so aufstellen, „dass alle Krankenhausärzte nach Möglichkeit gleichmäßig herangezogen und entsprechend ihrem jeweiligen Können eingesetzt werden“. Sei für einen Eingriff ausdrücklich ein Chefarzt vereinbart, müsse der Patient aber rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn dann doch ein anderer Arzt an dessen Stelle den Eingriff machen soll.
Danach sei der Frau des Klägers in dem Aufklärungsgespräch kein konkreter Operateur verbindlich versprochen worden. Auch die Anwesenheit des Medizinprodukteberaters benötige keine Einwilligung des Patienten. Dieser habe nicht direkt am OP-Tisch gestanden und sei nicht in die Behandlung involviert gewesen. Er habe lediglich als „lebende Gebrauchsanweisung“ für das verwendete Implantat fungiert. Eine Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechtsverletzung habe damit nicht vorgelegen. Ein fehlerhaftes Einsetzen des Implantats sei ebenfalls nicht belegt.
Az.: 1 U 100/22 (OLG Saarbrücken)
Az.: VI ZR 252/08 (Bundesgerichtshof, Arztauswahl)
Karlsruhe (epd). Die Vaterschaftsanerkennung für ein Kind ist auch nach dem Tod der Mutter noch möglich. Hierfür reiche es aus, dass das Kind der Vaterschaftsanerkennung zustimmt oder, bei unter 14-Jährigen, der gesetzliche Vertreter, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem am 19. Oktober veröffentlichten Beschluss. Fehle es an der Zustimmung, bleibe dem Anerkennenden das gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsverfahren.
Im Streitfall ging es um eine 1963 geborene Frau aus dem Raum Schweinfurt. Im Geburtenregister war für sie kein Vater eingetragen. Ihre Mutter starb 2004. Mit notarieller Urkunde hatte im Oktober 2021 ein Mann für sie und mit ihrer Zustimmung die Vaterschaft anerkannt. Der Mann starb kurz darauf im Jahr 2022.
Das Standesamt hatte den Antrag der Frau auf Eintragung der Vaterschaft in das Geburtenregister abgelehnt. Für eine Vaterschaftsanerkennung bedürfe es der Zustimmung der Mutter. Diese sei aber zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits tot gewesen.
Das Oberlandesgericht Bamberg wies die Beschwerde der Frau zurück. Die Mutter müsse der Vaterschaftsanerkennung zustimmen, da nur sie wisse, wer der biologische Vater des Kindes ist, befand das Gericht.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass trotz der fehlenden Zustimmung der verstorbenen Mutter eine wirksame Vaterschaftsanerkennung vorliegt. Nach dem Gesetz müsse zwar die Mutter der Vaterschaftsanerkennung zustimmen. Mit ihrem Tod sei ihr Zustimmungsrecht aber erloschen. Ausreichend sei dann die Zustimmung des Kindes oder bei unter 14-Jährigen des gesetzlichen Vertreters.
Az.: XII ZB 48/23
Karlsruhe (epd). An Zigarettenausgabeautomaten an Supermarktkassen müssen grundsätzlich die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise zu den Gesundheitsgefahren des Rauchens zu sehen sein. Sind auf den Auswahltasten zumindest ähnlich aussehende Zigarettenpackungen abgebildet, sind die Warnhinweise in Form von „Schockfotos“ und Warntexten Pflicht, urteilte am 26. Oktober der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Keine Warnhinweise seien erforderlich, wenn die Zigarettenpackungen im Automaten gar nicht zu sehen seien und keine den Packungen ähnlichen Abbildungen bei der Auswahl verwendet werden. Denn mit der Abbildung einer ähnlich aussehenden Zigarettenpackung werde beim Verbraucher ein Kaufimpuls ausgelöst, so dass die gesundheitsbezogene Warnung erforderlich ist.
Vor Gericht war der Verein Pro Rauchfrei gezogen, der die Ausgabeautomaten an den Kassen eines Betreibers zweier Münchener Supermärkte beanstandete. Bei der Auswahl der Zigarettenpackungen seien auf den Automaten nicht die „Schockfotos“ und gesundheitsbezogenen Warnhinweise zu sehen. Die Kunden könnten vor ihrer Zigarettenauswahl lediglich Abbildungen der verschiedenen Sorten sehen. Das würde jedoch den Zweck der vorgeschriebenen Warnung nicht erfüllen.
Der Bundesgerichtshof legte das Verfahren zweimal dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. Dieser urteilte am 9. Dezember 2021, dass vorgeschriebene Fotos und Warnhinweise nach EU-Recht nicht dadurch umgangen werden dürfen, indem statt naturgetreuer Fotos auf den Ausgabeautomaten Abbildungen verwendet werden, die an eine Zigarettenschachtel erinnern (AZ C-370/20).
Der Bundesgerichtshof legte daraufhin wegen offener Fragen dem europäischen Gericht erneut den Rechtsstreit vor. Die Luxemburger Richter urteilten am 9. März 2023, dass auf dem Automaten keine Warnhinweise und Schockfotos gezeigt werden müssten, wenn die darauf gedruckten Symbolbilder nicht wie eine Zigarettenschachtel aussehen (AZ: C-356/22).
Az.: I ZR 176/19
Kassel (epd). Non-binäre Menschen können sich nicht auf Krankenkassenkosten beide Brüste operativ entfernen lassen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 19. Oktober verkündeten Urteil entschieden und damit die Klage einer Person abgewiesen, die sich weder als Frau noch als Mann versteht.
Die aus dem Raum Mannheim kommende Person wurde als Frau geboren. Sie fühlte sich aber keinem Geschlecht zugehörig. Wegen ihrer sogenannten non-binären Geschlechtsidentität ließ sie ihren Vornamen und ihre Geschlechtsangabe im Geburtenregister ändern.
Sie litt aber darunter, dass sie weibliche Brüste hatte und von ihrer Umwelt als Frau wahrgenommen wurde. Anfang Dezember 2019 beantragte sie infolge ihres psychischen Leidensdrucks bei ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für die operative Entfernung ihrer Brüste.
Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Eine non-binäre Geschlechtsidentität sei kein behandlungsbedürftiger Zustand. Ob die OP den Leidensdruck lindere, sei unklar.
Daraufhin ließ die versicherte Person auf eigene Kosten die Operation vornehmen. Die Kosten in Höhe von 5.305 Euro machte sie gerichtlich geltend.
Die Klage hatte vor dem BSG jedoch keinen Erfolg. Es handele sich bei dem Eingriff in den gesunden Körper von non-binären Personen um eine neue „Untersuchungs- und Behandlungsmethode“, deren Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bewerten müsse. Das Gremium legt fest, welche Behandlungen die Krankenkassen bezahlen müssen.
Bislang habe die Rechtsprechung darauf basiert, dass operative Eingriffe in den gesunden Körper zur Geschlechtsangleichung von Mann oder Frau ausnahmsweise möglich seien, erläuterte das BSG. Bei non-binären Personen greife der Maßstab Mann/Frau aber nicht mehr. Es sei daher erforderlich, dass der G-BA den operativen Eingriff empfiehlt. Auch müssten klare Grenzen gezogen werden, wann ein notwendiger medizinischer Eingriff und wann lediglich eine nicht von der Krankenkasse zu übernehmende Schönheitsoperation vorliegt.
Bis zur Prüfung des G-BA sollten die Krankenkassen daher die bislang anhängigen Verfahren zur Kostenübernahme aus Vertrauensschutzgründen übernehmen, appellierte BSG-Präsident Rainer Schlegel.
Az.: B 1 KR 16/22 R
Kassel (epd). Auch mit der Teilnahme eines Arztes oder Zahnarztes am ärztlichen Notdienst kann eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegen. Nimmt ein sogenannter Pool-Zahnarzt, also ein Zahnarzt ohne eigene Praxis, am ärztlichen Notdienst teil und ist er dort fest in die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisierten Abläufe eingebunden, spricht das für eine abhängige und nicht selbstständige Beschäftigung, urteilte am 24. Oktober das Bundessozialgericht in Kassel. Die Entscheidung der Kasseler Richter kann nicht nur für Zahnärzte, sondern auch für andere Ärzte ohne Praxis gelten, die am ärztlichen Notdienst teilnehmen.
Im Streitfall ging es um einen Zahnarzt aus dem Raum Heidelberg, der 2017 seine Praxis verkauft hatte. In der Folgezeit übernahm er als Pool-Arzt überwiegend an Wochenenden von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisierte Notdienste. Hilfspersonal und Ausstattung des Notdienstes wurden gestellt. Pro Stunde erhielt er für seine Arbeit bis zu 50 Euro.
Als ihm nach seinen Angaben zu enge fachliche Vorgaben bei der Behandlung der Patienten gemacht wurden, beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Prüfung, ob es sich bei dem Notdienst um eine abhängige Beschäftigung handelt. In diesem Fall müsste die Kassenzahnärztliche Vereinigung insbesondere Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Nach einer Wartezeit von fünf Jahren hätte der Zahnarzt dann Anspruch auf eine Rente.
Rentenversicherungsträger und Kassenzahnärztliche Vereinigung werteten die Notdiensttätigkeit als selbstständige und damit als sozialversicherungsfreie Beschäftigung. Das Bundessozialgericht gab jedoch dem Zahnarzt recht. Entscheidend sei immer eine individuelle Prüfung, inwieweit ein Beschäftigter weisungsgebunden und in die betrieblichen Abläufe eingegliedert ist.
Im konkreten Fall habe der Zahnarzt die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung angemieteten Räume, die dortige Ausstattung und die angestellten Hilfskräfte genutzt. Einen entscheidenden oder gar unternehmerischen Einfluss habe er nicht gehabt. Damit liege nach dem Gesamtbild eine abhängige Beschäftigung vor.
Enttäuscht reagierte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha auf die Entscheidung: „Die ambulante ärztliche Versorgung außerhalb der regulären Sprechstunden gehört zu den unverzichtbaren Interessen des Allgemeinwohls und muss der Bevölkerung uneingeschränkt und niederschwellig zur Verfügung stehen“ Mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts sei dem ärztlichen Bereitschaftsdienst in Baden-Württemberg in seiner jetzigen und gut funktionierenden Form die rechtliche Grundlage entzogen worden, so der Minister.
Bereits im Vorfeld der Entscheidung hatte sich Baden-Württemberg als Vorsitzland der Gesundheitsministerkonferenz gemeinsam mit den anderen Ländern im Bundesrat für die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht für die sogenannten Poolärztinnen und -ärzte eingesetzt. Leider habe der Bund diesem berechtigten Anliegen eine Absage erteilt, sagte Lucha.
Az.: B 12 R 9/21 R
München (epd). Pflegebedürftige Menschen können ihre krankheits- und pflegebedingten Kosten für die Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft steuermindernd geltend machen. Ebenso wie bei der vollstationären Unterbringung in einem Pflegeheim können die Kosten für notwendige Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen in einer Pflege-WG als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am 19. Oktober veröffentlichten Urteil. Der Steuerabzug gelte für alle krankheits- oder pflegebedingt anfallenden Kosten, die „zusätzlich zu den Kosten der normalen Lebensführung anfallen“, erklärten die Münchener Richter.
Damit hatte die Klage eines schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mannes aus Nordrhein-Westfalen weitgehend Erfolg. Der Kläger, bei dem der Pflegegrad 4 festgestellt wurde, lebt zusammen mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflege-WG. Dort wurde er rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt. Die Aufwendungen für Kost und Logis machte er als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Nur bei einer vollstationären Heimunterbringung sei der Steuerabzug möglich.
Der BFH urteilte ebenso wie zuvor das Finanzgericht Köln, dass der pflegebedürftige Mann Unterbringungskosten in Höhe von 16.920 Euro zum Steuerabzug bringen kann. Grundsätzlich seien Aufwendungen für die krankheits- und pflegebedingte Unterbringung eine außergewöhnliche Belastung. Dies gelte nicht nur für die Kosten der Unterbringung in einem Heim, sondern auch für die Unterbringung in einer Pflege-WG.
Für den Steuerabzug sei es ausreichend, dass der Betroffene in der Pflege-WG wohnt und dort ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen bezieht. Steuermindernd könnten nur solche Aufwendungen geltend gemacht werden, die „zusätzlich zu den Kosten der normalen Lebensführung anfallen“, erklärte der BFH. Die Unterbringungskosten müssten daher um eine Haushaltsersparnis gekürzt werden.
Az.: VI R 40/20
Essen (epd). Der Caritasverband für das Bistum Essen hat eine neue Vorständin: Stefanie Siebelhoff übernimmt am 1. Dezember 2023 die Leitung des Verbands. Die 56-jährige Organisationsentwicklerin und Arbeitswissenschaftlerin ist keine Unbekannte im Ruhrbistum. Rund zwölf Jahre lang war sie im Essener Franz Sales Haus als Referentin für Konzept- und Organisationsentwicklung tätig, ehe sie im Jahr 2021 die Leitung der Abteilung „Arbeitsschutz und betriebliche Arbeitsgestaltung“ im Bochumer Landesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung NRW übernahm.
„Ich freue mich sehr, wieder in den Caritasverband zurückzukehren“, sagte Siebelhoff nach ihrer einstimmigen Wahl durch den Caritasrat. „Ich will mithelfen, dass die Caritas im Ruhrbistum eine starke Anwältin für Menschen in Not bleibt“, versicherte die neue Vorständin, die zugleich auch das Amt der Diözesan-Caritasdirektorin übernimmt.
Generalvikar Klaus Pfeffer zeigte sich als Vorsitzender des Caritasrates erfreut, dass mit der Wahl von Siebelhoff eine fast einjährige Übergangszeit an der Spitze des Verbandes zu Ende geht. Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres hatte ein Interims-Vorstand - bestehend aus Martin Peis, Gabriele Pollaschek, Andreas Wiegers und Janine Rhode - die Geschicke des Verbandes vorübergehend gelenkt.
Zum Netzwerk des Caritasverbands für das Bistum Essen gehören rund 750 Einrichtungen und Dienste, wie Krankenhäuser, Pflegeheime, Kindertagesstätten, Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe sowie Beratungsstellen. In den angeschlossenen Fach- und Ortsverbänden sind rund 34.000 hauptamtlich Mitarbeitende sowie 5.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz.
Thomas Greiner bleibt Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege (AGVP). Die Mitgliederversammlung bestätigte das Präsidium im Amt. Eva Lettenmeier (Vorständin Personal bei Korian Deutschland) ist weiter Vizepräsidentin. Ebenso Jörg Braesecke (Vorsitzender der Geschäftsführung der Kursana) und Friedhelm Fiedler (Mitglied der Geschäftsleitung Pro Seniore/Victor’s Group). Lettenmeier war 2021 als Vizepräsidentin berufen worden, die übrigen Präsidiumsmitglieder bekleiden ihre Ämter seit 2009. Geschäftsführerin bleibt Isabell Halletz.
Thomas Hanschen (46) wird im November Teil des Vorstandes des Caritasverbandes Oberhausen. Er ist seit 2005 in unterschiedlichen Positionen beim Malteser Hilfsdienst tätig. Er war dort zuletzt Diözesangeschäftsführer im Bistum Essen und Bezirksgeschäftsführer der Malteser im Ruhrgebiet. Von März bis November 2020 übernahm Hanschen zusätzlich die Kommissarische Geschäftsführung des Verbands im Bistum Münster. Hanschen hat zunächst eine Ausbildung als Industrieelektroniker absolviert und anschließend Elektrotechnik sowie Wirtschaftsinformatik studiert.
Ulrich Knopp ist neuer medizinischer Vorstand der St. Franziskus-Stiftung Münster. Er folgt ruhestandsbedingt auf Daisy Hünefeld und bildet gemeinsam mit Nils Brüggemann das Leitungsduo. Knopp ist seit 2018 als Geschäftsführer bei den Asklepios Kliniken Hamburg GmbH, Asklepios Klinik Nord, tätig. Er verantwortet vor allem die medizinische Entwicklung und Strategie sowie die Steuerung des Ärztlichen Dienstes. Zudem arbeitet er als Lehrbeauftragter für strategisches und operatives Krankenhausmanagement. Knopp war zuvor sowohl Klinikleiter und -geschäftsführer bei der Schön Klinik Hamburg Eilbek als auch Klinikgeschäftsführer und Ärztlicher Direktor des Hauses und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der Schön Kliniken Holding.
Jürgen Mathies, früherer Staatssekretär, wird das NRW-Ministerium für Flucht und Integration künftig als Berater unterstützen. Eine vordringliche Aufgabe des „Beraters des Ministeriums zur Prozessoptimierung und Strukturanalyse im Landesaufnahmesystem“ ist es dabei, für weitere Plätze in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW zu sorgen, wie Ministerin Josefine Paul (Grüne) am 24. Oktober in Düsseldorf erklärte. Vor seiner Tätigkeit als Staatssekretär war er Polizeipräsident in Köln. Mathies sei ein „profilierter Verwaltungsfachmann mit Expertise“, so Paul.
Alexandra Roth und Frank Lehmann übernehmen die Geschäftsführung der Immanuel Diakonie Südthüringen mit Sitz in Schmalkalden. Sie treten die ruhestandsbedingte Nachfolge von Lutz Reichardt an, der nach zwölfJahren im Führungsamt verabschiedet wurde. Das Führungsduo war schon vorher bei der Immanuel Diakonie Südthüringen tätig. Lehmann arbeitete seit 2005 als Verwaltungsleiter und Roth verantwortete seit knapp einem Jahr die Fachbereichsleitung der Behindertenhilfe. Sie übernimmt in der Geschäftsführung die Bereiche Eingliederungshilfe, Personal, Mitarbeitendenentwicklung, Kommunikation und Informationstechnologie, während sich Lehmann schwerpunktmäßig den Bereichen Pflege, Finanzen und Controlling, Technik, Gebäude und Grundstücke widmet.
Ulrich Wagner hat am 26. Oktober in Berlin den Deutschen Psychologie Preis 2023 erhalten. Damit wurden seine herausragenden Leistungen und sein langjähriges Engagement im Bereich der Migrationsforschung und Gewaltprävention gewürdigt. Zudem wiesen die Laudatoren auf Wagners Arbeit als Sozialpsychologe und Wissenschaftlicher Leiter des Wissenschafts-Praxis-Projekts „Einsicht - Marburg gegen Gewalt“ hin. Wagner ist emeritierter Professor für Sozialpsychologie an der Philipps-Universität Marburg. Er engagiert sich auf nationaler und internationaler Ebene in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien für die Psychologie als Wissenschaft und Beruf. Der Presi von vier Fachverbänden ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben.
André Diecks (47) ist seit Oktober Geschäftsführer der Caritas St. Martinus Pflege GmbH im Bistum Osnabrück. Für rund 14 Jahre war der Diplom-Pflegewirt zuletzt beim Verbund katholischer Altenhilfe Paderborn tätig. Dort leitete er seit 2020 die VKA St. Liborius gGmbH und die Marienheim gGmbH. Diecks stieg als Pflegedienstleitung in den Verband ein und arbeitete dort zudem als Einrichtungs- und Regionalleitung. Zuvor war er als Pflegedienstleiter im Caritas-Altenwohnhaus in Ibbenbüren sowie als Wohnbereichsleiter im Alten- und Pflegeheim Haus Maria Trost tätig.
Wieland Kleinheisterkamp (52) hat beim Caritasverband Gladbeck sein Amt als Vorstand angetreten. Der langjährige Vorstand Rainer Knubben scheidet ruhestandsbedingt zum Jahresende aus. Kleinheisterkamp ist seit mehr als 23 Jahren im Gesundheitswesen tätig. In den zurückliegenden 14 Jahren verantwortete er den Unternehmensbereich Leben und Gesundheit der Hellmich Unternehmensgruppe mit bundesweit zwölf vollstationären Pflegeeinrichtungen. Zuvor war der Personalmanagement-Ökonom neun Jahre lang bei der Theodor Fliedner Stiftung in Mülheim a. d. Ruhr als Controller und Revisor tätig.
6.-10.11. Berlin:
Fortbildung „Von der Fach- zur Führungskraft“
Tel.: 030/26309-137
7.11.:
Online-Seminar „Aktuelle steuerliche Themen in der Abgabenordnung und im Umsatzsteuerrecht - Update für Fortgeschrittene“
Tel.: 030/26309-138
8.11. München:
Seminar „Pflegesatzverhandlungen in der stationären Altenhilfe Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 0221/2093-0
8.-9.11. Berlin:
Seminar „Grundlagen 'Positive Führung' - wertschätzend und zukunftsorientiert führen“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/2758282-21
13.11. Nürnberg:
Fortbildung „Antimuslimischer Rassismus in der Gemeinwesen- und Quartiersarbeit“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
14.11.:
Online-Kurs „Die Richtigen finden - Erfolgreich Mitarbeitende für Caritas-Organisationen gewinnen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
16.11.:
Online-Seminar „Das operative Geschäft: Steuerung und Controlling in der Eingliederungshilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
22.11.:
Online-Kurs „In der Krise den Überblick behalten - Krisenkommunikation (nicht nur) in caritativen Organisationen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
27.11. Nürnberg:
Fachtag „Demenz und Sterben“
der Rummelsberger Diakonie und mehrerer Partner
Tel.: 0911/891205-30
27.-29.11. Berlin:
Seminar „Gesunde Führung - Fehlzeiten reduzieren und Mitarbeitende motivieren“
Tel.: 030/26309-139
Dezember
4.12.:
Fachtagung „Stand und Weiterentwicklung von Housing First in den Wohnungsnotfallhilfen“
Tel.: 030/62980-606