sozial-Recht

Oberlandesgericht

Patienten können nicht bestimmten Arzt für Operation verlangen




Nach einem Gerichtsurteil kann die Klinik bestimmen, welcher Arzt operiert.
epd-bild/Werner Krüper
Klinikträger können ohne ausdrückliche Vereinbarung mit einem Patienten selbst über den Einsatz von Ärzten als Operateur bestimmen. Allein der geäußerte Patientenwunsch nach einem bestimmten Operateur ist noch nicht rechtlich bindend, urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken.

Saarbrücken (epd). Stationär aufgenommene Patienten können ohne ausdrückliche Vereinbarung mit der Klinik nicht einen bestimmten Krankenhausarzt als Operateur verlangen. Bei Abschluss des üblichen sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrages steht „dem Krankenhausträger das Recht zu, sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen“, stellte das Saarländische Oberlandesgericht in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 25. August klar.

Demnach stelle es auch keinen Aufklärungs- und damit Behandlungsfehler dar, wenn ein Arzt beim Aufklärungsgespräch den Eindruck erweckt, der Operateur zu sein, dann nach der erteilten Einwilligung des Patienten aber ein anderer Arzt den Eingriff vornimmt, urteilten die Saarbrücker Richter.

Im konkreten Fall ging es um eine heute 48-jährige Frau, die seit 2011 immer wieder wegen Bandscheibenvorfällen behandelt wurde. Wegen anhaltender Schmerzen ließ sich die Frau zunächst im Oktober 2015 operieren. Dabei wurde ihr ein sogenanntes Barricaid-Implantat eingesetzt, welches künftige Bandscheibenvorfälle verhindern sollte. Die Zulassung für das Implantat ist derzeit in der EU ausgelaufen.

Weiter Schmerzen nach Operation

Nach dem Eingriff bestanden die Schmerzen fort, so dass im November 2015 eine Korrektur des Implantatsitzes versucht wurde. Nachdem die Patientin weiter über starke Schmerzen klagte, wurde schließlich im September 2016 in Heidelberg eine Versteifungsoperation durchgeführt. Infolge der Eingriffe ist die Frau zwischenzeitlich wegen voller Erwerbsminderung verrentet.

Ihr Ehemann hielt die beiden Implantat-Operationen für fehlerhaft und verlangte von Klinik und behandelnden Ärzten für seine Frau ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000 Euro, über 44.000 Euro Schadenersatz und weitere 8.625 Euro für vorgerichtliche Anwaltskosten. Weil seine Ehefrau den Haushalt nicht mehr führen könne und nicht mehr arbeits- und verdienstfähig sei, müsse ihr zudem eine monatliche Rente von 2.647 Euro gewährt werden.

Kläger: Falscher Eindruck erweckt

Bei den Aufklärungsgesprächen habe der aufklärende und erfahrene Arzt den Eindruck erweckt, dass er der Operateur sei. Tatsächlich habe aber ein anderer Arzt seine Frau operiert. Mit korrekter Aufklärung über den richtigen Operateur hätte sie dem Eingriff aber nicht zugestimmt. Das Implantat sei außerdem in falscher Größe eingesetzt worden.

Außerdem habe an der Operation ohne ihr Wissen ein Medizinprodukteberater der Firma teilgenommen, die das Implantat hergestellt habe. Hätte seine Frau gewusst, dass das erforderlich sei, wären Zweifel an der Befähigung der behandelnden Ärzte aufgekommen, so die Begründung der Kläger. Dann wäre keine Einwilligung in die Operation erfolgt. Zudem wäre eine vorherige Aufklärung über die Anwesenheit des Medizinprodukteberaters schon aus datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen und standesrechtlichen Gründen erforderlich gewesen.

Die Klage hatte vor dem OLG jedoch keinen Erfolg. Ein ärztlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler sei nicht belegt. Hier habe ein sogenannter totaler Krankenhausaufnahmevertrag vorgelegen. Bei diesem üblichen Vertrag zwischen Patienten und Krankenhausträger stehe der Klinik grundsätzlich das Recht zu, „sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen“. Wolle ein Patient ausschließlich von einem bestimmten Operateur behandelt werden, müsse er dies „eindeutig zum Ausdruck bringen und gegebenenfalls beweisen“, etwa in Form der Einwilligungserklärung. Allein der geäußerte Wunsch reiche nicht, befand das Gericht.

Erklärung des Arztes keine rechtlich bindende Zusage

Die Erklärung eines Arztes in einem Vorgespräch, dass er die Operation nach Möglichkeit durchführen werde, sei keine rechtlich bindende Zusage, urteilte das OLG mit Verweis auf ein früheres Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Mai 2010.

Danach könne der Krankenhausträger den Operationsplan so aufstellen, „dass alle Krankenhausärzte nach Möglichkeit gleichmäßig herangezogen und entsprechend ihrem jeweiligen Können eingesetzt werden“. Sei für einen Eingriff ausdrücklich ein Chefarzt vereinbart, müsse der Patient aber rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn dann doch ein anderer Arzt an dessen Stelle den Eingriff machen soll.

Danach sei der Frau des Klägers in dem Aufklärungsgespräch kein konkreter Operateur verbindlich versprochen worden. Auch die Anwesenheit des Medizinprodukteberaters benötige keine Einwilligung des Patienten. Dieser habe nicht direkt am OP-Tisch gestanden und sei nicht in die Behandlung involviert gewesen. Er habe lediglich als „lebende Gebrauchsanweisung“ für das verwendete Implantat fungiert. Eine Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechtsverletzung habe damit nicht vorgelegen. Ein fehlerhaftes Einsetzen des Implantats sei ebenfalls nicht belegt.

Az.: 1 U 100/22 (OLG Saarbrücken)

Az.: VI ZR 252/08 (Bundesgerichtshof, Arztauswahl)