sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

im Bundestag fand sich nach zähem Ringen keine Mehrheit für die Einführung der Widerspruchsregelung. Dann wäre automatisch jeder potenzieller Organspender geworden, sofern er nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hätte. Zu Reformen kommt es im Transplantationsrecht dennoch, denn die derzeitige Organspenderegelung wird erweitert. Ein Online-Register wird eingeführt und die Spendebereitschaft der Bürger soll regelmäßig abgefragt werden. Ob das wirklich zu mehr Spenden führt, ist weiter umstritten.

2010 begann Deutschland zu erkennen, in welchem Ausmaß die Kirchen und andere Institutionen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verschwiegen und vertuscht haben. Den Anfang machten drei frühere Elite-Schüler und ein Pater - Klaus Mertes, der die Fälle öffentlich machte. Zehn Jahre später sind Aufklärung und Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen.

Überfüllte Notaufnahmen an den Wochenenden, steigende Zahlen bei den Rettungseinsätzen: Folgt man Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dann besteht auf diesem Feld der Gesundheitsversorgung einiger Reformbedarf. Der Minister handelt und hat jetzt einen Gesetzentwurf vorlegt, der die Organisation und Finanzierung des Notfallwesens komplett verändert. Kliniken, Krankenkassen und Ärzteverbände üben Kritik an den Plänen. Wir erläutern Spahns Vorhaben und weshalb die Verbände auf Distanz gehen.

Der Skandal bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt am Main und Wiesbaden zieht weiter Kreise: Am 14. Januar durchsuchte die Staatsanwaltschaft sechs Privatwohnungen und acht Geschäftsräume in Frankfurt, Wiesbaden, Berlin, Bad Schwalbach und Schöneck. Es geht um den Verdacht des Betruges. Zudem tauchte der Verdacht von verbotenen Insichgeschäften auf. Der AWO-Bundesverband begrüßte die Ermittlungen und sagte volle Unterstützung zu.

Das Problem dürften viele Pflegekräfte aus eigener Anschauung kennen: Patienten weigern sich beharrlich, unter die Brause zu gehen oder sich auch nur waschen zu lassen. Doch Körperreinung mit Gewalt ist strikt verboten. Darauf hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hingewiesen und die Kündigung einer Pflegerin, die einen Dementen zwangsgeduscht hatte, bestätigt. Das sei eine schwerwiegende Misshandlung.

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Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen

Dirk Baas




sozial-Thema

Organspende

Es kommt auch weiter auf das erklärte Ja an




Informationen über die Organspende in einer Klinik
epd-bild/Annette Zoepf
Der Bundestag hat sich deutlich gegen die Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende ausgesprochen. In der Schluss-Debatte erwiesen sich Befürworter und Gegner Respekt beim gemeinsamen Ziel, die Zahl der Spender von Organen und Gewebe zu erhöhen.

Am Ende ging es schnell, und die Abstimmung fiel deutlich aus: Eine breite Mehrheit von 432 Abgeordneten stimmte am 16. Januar im Bundestag dafür, dass eine Organspende auch weiterhin die ausdrückliche Zustimmung des Spenders zu Lebzeiten voraussetzt.

Diese Regel wird nicht umgekehrt, wie es sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wünscht und wofür er gekämpft hat, zusammen mit dem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und einer beachtlichen Gruppe von Bundestagsabgeordneten. Ihr Gesetzesantrag für eine Widerspruchsregelung erhielt 140 Stimmen weniger.

Bis zum Tag vor der Abstimmung standen unter dem Spahn-Entwurf mehr Unterschriften als unter dem Gegenantrag der Gruppe von Abgeordneten um die Grünen-Chefin Annalena Baerbock und die Linken-Vorsitzende Katja Kipping. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und etliche Kabinettsmitglieder hatten bei Spahn unterschrieben.

Verhaltener Beifall für Lauterbach

Doch schon zu Beginn der abschließenden Debatte am Morgen der Entscheidung war im Plenarsaal im Reichstag zu spüren, dass die Parlamentarier, die sich im Vorfeld nicht entschieden hatten, den Weg zu einer grundlegenden Neuregelung der Organspende nicht mitgehen würden.

Eröffnungsredner Lauterbach erhielt nur verhaltenen Beifall. Er warnte: "Ohne die Widerspruchsregelung werden wir nichts ändern" und nannte bedrückenden Zahlen. Jedes Jahr sterben in Deutschland 1.000 Menschen, während sie auf ein Spenderorgan warten, mehr als 10.000 stünden auf den Wartelisten.

In keinem anderen Bereich der Medizin sei die Versorgungslage schlechter und die Wartezeit länger, bilanzierte Gesundheitsminister Spahn, der als letzter Redner ans Podium trat. Aufklärung und Debatten hätten nicht geholfen.

Spahn: Reform soll Leben retten

Deshalb habe er die Debatte um eine Widerspruchsregelung angestoßen: "Ja, es ist eine Zumutung. Aber eine, die Menschenleben rettet", sagte Spahn. Es gehe auch um die Selbstbestimmung von Menschen, die schwer krank in einem Krankenhauszimmer mit einer Maschine leben und auf ein lebensrettendes Organ warten müssten.

Auch die Ärzteschaft und die Organisationen der Transplantationsmedizin hatten den Spahn-Vorstoß für eine Widerspruchsregelung unterstützt. 932 Organspender gab es im vorigen Jahr. Deutschland ist damit Schlusslicht in Europa.

Alle Rednerinnen und Redner, die in der gut zweistündigen, teilweise emotionalen Debatte im Wechsel für die Zustimmungs- oder die Widerspruchslösung sprachen, betonten das gemeinsame Ziel, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen und dadurch mehr Leben zu retten. Aber den Ausschlag gegen die tiefgreifende Reform gab die Warnung, dafür dürfe der Staat nicht in Grundwerte des Zusammenlebens eingreifen. Auch die Kirchen hatten zuvor in einem Brief an die Abgeordneten vor der Widerspruchsregelung gewarnt.

Baerbock: Wem gehört der Mensch?

Grünen-Chefin Baerbock sagte unter Beifall, das Grundgesetz schütze das Selbstbestimmungsrecht eines jeden einzelnen Menschen: "Wir stimmen auch darüber ab: Wem gehört der Mensch? Er gehört nicht dem Staat, nicht der Gesellschaft. Er gehört sich selbst, ungefragt, ohne Widerspruch." Deshalb müsse ein milderes Mittel gewählt werden als die Widerspruchsregelung.

Die Zustimmungsregelung, für die sie eintrete, werde dafür sorgen, dass sich Menschen leichter für eine Spende entscheiden und in ein Online-Register eintragen können, auf das Ärzte Zugriff haben sollen. Über 80 Prozent der Bevölkerung stünden einer Spende positiv gegenüber, sagte die Grünenchefin.

Der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) versicherte, er habe Respekt vor denen, die die Widerspruchsregelung befürworten, aber eine Spende müsse eine Spende bleiben. Es sei möglich, mehr Organspenden mit dem Recht auf Selbstbestimmung zu verbinden. Sein Fraktionskollege und Staatssekretär im Forschungsministerium, Thomas Rachel (CDU), gab zu bedenken, es sei ein Widerspruch, wenn die Selbstbestimmung über die eigenen Daten höher bewertet werde als über die eigene körperliche Unversehrtheit.

In gut einem Jahr könnte nun das Gesetz für ein Online-Register und eine regelmäßige Abfrage der Spendenbereitschaft etwa beim Hausarzt in Kraft treten. Viele praktische Fragen sind noch offen.

Bettina Markmeyer


Organspende

Kirchen und Verbände begrüßen Reformentscheidung




Nierentransplantation im Klinikum Bremen (Archivbild)
epd-bild/Werner Krüper
Die Entscheidung des Bundestages zur Organspende, nach dem die Entscheidungsregelung erweitert wird, hat bei Kirchen und Fachverbänden ein positives Echo ausgelöst.

Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände und der Deutsche Hospiz- und Palliativverband (DHPV) begrüßten am 16. Januar in Berlin, dass die Organspende eine freiwillige Entscheidung bleibt. Der Chef des großen diakonischen Trägers Bethel, Ulrich Pohl, zeigte sich dagegen enttäuscht vom Ergebnis der Abstimmung.

Die Entscheidung der Parlamentarier, bei einer Zustimmungslösung zu bleiben, setze "ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender medizinethischer und grundrechtlicher Prinzipien", auf denen das Wertefundament der Gesellschaft fuße, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Größtmögliche Entscheidungsfreiheit

Das Gesetz gewähre weiterhin eine möglichst große Entscheidungsfreiheit bei der Organspende und treffe dennoch Maßnahmen, die dazu führten, dass die Menschen sich verstärkt mit der Frage der Organspende befassen, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, laut Mitteilung.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte, jetzt müsse es vor allem darum gehen, diese freiwillige Entscheidung in der Praxis qualifiziert umzusetzen, so dass sich viele Menschen gut beraten fühlen. Caritas-Präsident Peter Neher wies darauf hin, dass die Abläufe in den Krankenhäusern im Hinblick auf Betreuung und Information "erheblich verbessert werden können, damit mehr Organe gespendet werden". Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des DHPV, sagte, die Entscheidung des Bundestags werde "am ehesten dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Umgang mit den sensiblen Fragen rund um das Lebensende gerecht".

Pohl: Chance wurde vergeben

Ulrich Pohl sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), es sei eine Chance vergeben worden, den betroffenen schwer kranken Menschen, die auf eine Organspende warten, besser zu helfen als bisher. "Aber diese Entscheidung ist demokratisch getroffen worden und natürlich absolut zu akzeptieren", sagte der Bethel-Chef.

Auf die Frage, warum es keine Mehrheit im Bundestag für die Widerspruchsregelung gegeben habe, sagte Pohl, anscheinend "haben viele den Eindruck, dass die Entscheidungslösung eine größere Freiheit für die Bürger in dieser Frage bedeutet". Zudem verwies er darauf, dass der jetzt notwendige Aufwand für wiederholte Information und Aufklärung der Bevölkerung erhebliche Ressourcen erfordere, "die wir besser an anderer Stelle im Gesundheitswesen nutzen könnten".

Aktive Zustimmung bleibt erforderlich

Die vom Bundestag mehrheitlich beschlossene Regelung setzt für eine Organspende weiterhin die vorherige aktive Zustimmung des Verstorbenen oder der Angehörigen voraus. Der von einer Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock eingebrachte Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass Bürger künftig bei Behörden und Ärzten für Organspende sensibilisiert werden und ihre Spendebereitschaft in einem Online-Register festgehalten werden.

Für diese Regelung stimmten 432 Abgeordnete, 200 stimmten dagegen. 37 enthielten sich. Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) favorisierte Widerspruchregelung, bei der jeder automatisch Spender ist, der nicht widerspricht, fand keine Mehrheit.

Markus Jantzer, Franziska Hein


Organspende

Gesetzliche Regelungen in Europa



Organ- und Gewebespenden sind in den europäischen Ländern unterschiedlich geregelt. Während hierzulande derzeit die Entscheidungsregelung gilt, haben andere Staaten abweichende gesetzliche Vorgaben erlassen, wie und unter welchen Bedingungen Organe oder Gewebe einer verstorbenen Person entnommen werden dürfen. Das ist nicht unwichtig, denn die jeweiligen Landesregelungen gelten auch für Urlauber. "Deshalb ist es ratsam, sich vor einem Auslandsaufenthalt über die dort geltende Regelung zu informieren", betont die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

In fast allen Ländern gilt entweder die (erweiterte) Zustimmungsregelung, die Entscheidungsregelung oder die Widerspruchsregelung, über deren mögliche Einführung in Deutschland am Donnerstag der Bundestag zu entscheiden hat.

Erweiterte Zustimmungsregelung: Organe und Gewebe dürfen nur entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat. Falls keine Dokumentation der Entscheidung der verstorbenen Person vorliegt, werden die nächsten Angehörigen oder Bevollmächtigten gebeten, im Sinne der verstorbenen Person zu entscheiden. Diese Regelung gilt in Dänemark, Irland, Island, Litauen, in den Niederlanden (ab Mitte des Jahres Widerspruchslösung), Rumänien, der Schweiz und im Vereinigten Königreich.

Entscheidungsregelung: Sie stellt eine Abwandlung der erweiterten Zustimmungslösung dar und umfasst die Pflicht zu regelmäßiger Information der Bürgerinnen und Bürger. Die Kassen müssen demnach in bestimmten Zeiträumen mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgen, damit jeder für sich eine Entscheidung für oder gegen die Organ- und Gewebespende treffen kann. Diese Regelung gibt es jedoch nur in Deutschland.

Widerspruchsregelung: Hat die verstorbene Person einer Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen, zum Beispiel in einem staatlich geführten Widerspruchsregister, können Organe zur Transplantation entnommen werden. Die Angehörigen haben in diesem Fall kein Widerspruchsrecht. Diese Form der Widerspruchsregelung gibt es in Belgien, Luxemburg, Lettland, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn. Dagegen können in Estland, Finnland, Griechenland, Italien, Kroatien, Norwegen, Russland, Schweden und der Türkei Hinterbliebene gegen die Organentnahme stimmen, weil hier die Widerspruchsregelung mit dem Einspruchsrecht der Angehörigen verknüpft ist.



Organspende

Bethel-Chef Pohl: Votum des Bundestages ist vergebene Chance




Ulrich Pohl
epd-bild/Bethel
Pastor Ulrich Pohl ist Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, einer der größten diakonischen Einrichtungen Europas. Er hatte sich im Vorfeld, anders als die großen Kirchen, klar für die Einführung der Widerspruchsregelung in der Organspende ausgesprochen.

Doch nun kam es anders. Im Bundestag gab es keine Mehrheit für die Widerspruchslösung. Im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) zeigt sich Ulrich Pohl enttäuscht, spricht von einer vertanen Chance. Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Herr Pfarrer Pohl, Sie haben die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) favorisierte Widerspruchslösung ausdrücklich begrüßt. Nun kommt sie nicht, im Bundestag fand sich keine Mehrheit? Sind Sie sehr enttäuscht?

Ulrich Pohl: Ja, ich bin enttäuscht. Ich glaube, es ist eine Chance vergeben worden, den betroffenen schwer kranken Menschen, die auf eine Organspende warten, besser zu helfen als bisher. Aber diese Entscheidung ist demokratisch getroffen worden und natürlich absolut zu akzeptieren.

epd: Wiederholt haben Sie darauf verwiesen, dass auch die Widerspruchslösung explizit vorsieht, Nein zu einer Organspende zu sagen und das in einem Register festzuhalten. Warum greift dieses Argument offenbar nicht?

Pohl: Anscheinend haben viele den Eindruck, dass die Entscheidungslösung eine größere Freiheit für die Bürger in dieser Frage bedeutet. Ich persönlich sehe aber diese Entscheidungsfreiheit genauso bei der Widerspruchslösung. Jedenfalls erfordert der jetzt notwendige Aufwand für wiederholte Information und Aufklärung der Bevölkerung erhebliche Ressourcen, die wir besser an anderer Stelle im Gesundheitswesen nutzen könnten.

epd: Die Entscheidungsbefürworter hatten aus Ihrer Sicht das schwächere Argument. Warum haben sie sich dennoch durchgesetzt?

Pohl: Ich kann es mir nicht erklären, warum die weitergehende Lösung, die ja auch in vielen anderen europäischen Staaten gute Praxis ist, abgelehnt worden ist. Sicherlich ist die Entscheidung auch durch die Freigabe des Votums in den Fraktionen beeinflusst worden. Die Freigabe für die Abgeordneten war in jedem Fall gut und richtig bei so einer Gewissensentscheidung. Und die Abstimmung ist ja sehr klar entschieden worden.




sozial-Politik

Missbrauch

Als Verschweigen nicht mehr möglich war




Die Deutsche Bischofskonferenz präsentiert 2018 eine Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche.
epd-bild/Harald Oppitz/KNA-Bild
Vor zehn Jahren begann Deutschland zu erkennen, in welchem Ausmaß die Kirchen und andere Institutionen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verschwiegen und vertuscht haben. Den Anfang machten drei frühere Elite-Schüler und ein Pater.

Es war ein Brief, der vor zehn Jahren die Aufdeckung des Missbrauches in der katholischen Kirche auslöste. Der damalige Rektor des Canisius-Kollegs in Berlin, der Jesuitenpater Klaus Mertes, richtete ihn am 19. Januar 2010 an Absolventen des katholischen Elite-Gymnasiums, nachdem ihm drei ehemalige Schüler von Missbrauchserfahrungen und dem Ausmaß der Gewalt an der Schule in den 70er und 80er Jahren berichtet hatten. Er wolle dazu beitragen, "dass das Schweigen gebrochen wird", schrieb Mertes.

Das gelang ihm. Knapp zehn Tage später räumte der Jesuitenorden Missbrauchsfälle am Canisius-Kolleg öffentlich ein. Immer mehr Opfer sexueller Gewalt meldeten sich, bald bundesweit und zunehmend über die katholische Kirche hinaus.

Bergmann wurde erste Missbrauchsbeauftragte

Die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) wurde zur ersten Missbrauchsbeauftragten berufen und richtete eine Anlaufstelle für Betroffene ein, bei der sich Tausende meldeten. Ihr Nachfolger, Johannes-Wilhelm Rörig, setzte eine unabhängige Aufarbeitungskommission durch. Ein Meilenstein war der erste Betroffenen-Kongress in der lichtdurchfluteten Akademie der Künste am Brandenburger Tor: Die Menschen versteckten sich und ihr Leid nicht länger.

Hinweise auf sexuelle Gewalt in Heimen, Schulen, in Sakristeien, Pfarrhäusern und in Internaten hatte es schon lange vorher gegeben. Ein Drittel der Heimkinder in der frühen Bundesrepublik berichtete dem Runden Tisch von Missbrauchserfahrungen. Die "Frankfurter Rundschau" hatte 1999 über die Fälle an der Odenwaldschule berichtet. Einer der Täter am Canisius-Kolleg hatte 1991 kirchenintern seine sexuellen Übergriffe gestanden. Davon drang nichts nach außen.

Anhaltende Vertuschung

Erst 2010 war die Zeit reif, dass Öffentlichkeit und Politik begannen, den Überlebenden zuzuhören und sich dem Skandal in den Institutionen zuzuwenden: dem jahrzehntelangen, erfolgreichen Verschweigen und Vertuschen Tausender Gewaltakte gegen Kinder und Jugendliche durch Kirchen- und Ordensobere, Schuldirektoren, Heimleiter. "Vertuschung ist das entscheidende institutionelle Problem", sagt Pater Mertes. Er leitet heute eine Schule im Schwarzwald.

Gesellschaftlich sei viel in Bewegung gekommen, bilanziert der Sprecher der Opferinitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, der zu den drei Canisius-Schülern gehört, die bei Mertes waren. Aber für die Betroffenen seien es auch "zehn verlorene Jahre". Die Debatte über Entschädigungen werde erst jetzt geführt: "Die Opfer haben lange gewartet. Es muss jetzt eine Lösung gefunden werden", drängt Katsch: "Gelingt das nicht, verspielt die Kirche ihre letzte Chance auf einen glaubwürdigen Neuanfang."

Rörig: Ziel noch nicht erreicht

Der Missbrauchsbeauftragte Rörig, der mit den Kirchen in engem Kontakt steht, bilanziert, beide Kirchen hätten das Ziel einer umfassenden Aufarbeitung noch nicht erreicht, "da gibt es immer noch Widerstände". Im Gespräch mit dem WDR am Dienstag dieser Woche bestand Rörig darauf, "dass unabhängige Kommissionen das Mandat bekommen, das Ausmaß von Missbrauch aufzuarbeiten". Betroffene müssten Akteneinsicht erhalten, damit die Vertuschung aufgeklärt werden könne.

Es gibt Zahlen, aber sie erfassen das tatsächliche Ausmaß nicht. Auf katholischer Seite nennt die von der Bischofskonferenz selbst beauftragte Missbrauchs-Studie die Zahl von 1.670 beschuldigten Klerikern, die 3.677 Kinder und Jugendliche missbraucht haben sollen. Die Forscher, die keinen Zugang zu den kirchlichen Akten hatten, sprechen von "unteren Schätzgrößen".

In der evangelischen Kirche waren Ende vergangenen Jahres rund 770 Missbrauchsfälle bekannt, 60 Prozent davon in der Diakonie. Eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung soll weitere Erkenntnisse bringen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärt, es sei noch viel zu tun, aber sie sehe auch Erfolge: "Es gibt inzwischen einen ganz klaren gesellschaftspolitischen Konsens, dass Missbrauch von Kindern nicht toleriert werden darf", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ich erwarte, dass die Kirchen konsequent weiterarbeiten - an der Aufarbeitung der Fälle, der Entschädigung der Opfer und der Frage, wie die Täter zur Verantwortung gezogen werden".

Bettina Markmeyer


Missbrauch

Mertes: "Ich fühle mich in die Logik des Ablasswesens hineingelockt"




Klaus Mertes
epd-bild/Norbert Schäfer/Kolleg St. Blasien e.V.
Der Jesuitenpater Klaus Mertes (65) wurde zum Whistleblower, lange bevor die Welt von Edward Snowden gehört hat. Der damalige Direktor des Canisius-Kollegs machte vor zehn Jahren in einem Brief die Missbrauchsfälle im Berliner Jesuiteninternat öffentlich. Im epd-Interview blickt er zurück - und nach vorne.

Klaus Mertes konnte nicht ahnen, dass er mit seinem Schreiben eine Dynamik auslösen würde. 3.677 Kinder und Jugendliche sind laut der Missbrauchsstudie zwischen 1946 und 2014 zum Opfer geworden. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen. Zehn Jahre später dreht sich die Debatte um Entschädigungsleistungen - und Mertes prophezeit im epd-Interview eine neue Enttäuschung der Betroffenen seitens der Kirche. Die Fragen stellte Franziska Hein.

epd sozial: Wie kam es 2010 dazu, dass Sie den Brief geschrieben haben, der alles ins Rollen gebracht hat?

Klaus Mertes: Kurz gesagt: Drei Männer aus dem Abiturjahrgang 1980 kamen zu mir und erzählten mir von dem Missbrauch, den sie erlebt hatten durch zwei Jesuitenpatres und Lehrer in den 70er und 80er Jahren. Die Geschichten waren glaubwürdig. Mir wurde dann klar, es muss mindestens weitere 100 Opfer geben. Und mir war klar, diese Information kann ich nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen, sondern ich muss Verantwortung übernehmen. Ich musste nachfragen bei den potenziell betroffenen Jahrgängen, wer noch Opfer von Missbrauch wurde.

epd: War Ihnen damals bewusst, was dann passieren würde?

Mertes: Mit dieser Wirkung hatte ich nicht gerechnet. Dass einer der Adressaten meinen Brief weitergeben würde, war wahrscheinlich. Ich dachte, es gibt ein oder zwei kleinere Artikel im Lokalteil der Lokalpresse. So würden sich weitere Opfer melden und dann könnten wir das hier in der Schule in Ruhe aufarbeiten.

epd: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass die Nachricht über den Missbrauch am Canisius-Kolleg gerade zu diesem Zeitpunkt eine solche Eigendynamik entwickelt hat?

Mertes: Dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Eine Gesellschaft muss einerseits bereit sein, diese Information aufzunehmen und zu akzeptieren. Das Thema sexualisierte Gewalt wurde durch 30 Jahre Vorarbeit der Frauenbewegung in die Öffentlichkeit gebracht. Mein Brief war wohl wie ein Tropfen, der ein Fass zum Überlaufen bringt. Der zweite Aspekt ist die besondere Stellung des Canisius-Kollegs als katholische Leuchtturm-Schule, 800 Meter vom Brandenburger Tor entfernt. Das Kolleg ist seit der Gründung 1925 als Schule der katholischen Minderheit immer wieder umstritten gewesen. Ein weiterer Grund für die Bereitschaft der Medien, das Thema aufzugreifen, war sicherlich auch, dass ich die Vorwürfe der Betroffenen bereits als glaubwürdig anerkannt hatte. Damit war es für die Medien nicht mehr riskant, darüber zu berichten.

epd: Die Bischofskonferenz diskutiert gerade Höhe und Art von Entschädigungszahlungen an die Opfer sexuellen Missbrauchs. Sehen Sie das als Fortschritt in der Aufarbeitung?

Mertes: Ja, ich bin froh, dass das Thema endlich in der Öffentlichkeit angekommen ist. Wir, als Orden der Jesuiten, sind seit zehn Jahren mit dieser Frage beschäftigt. Und ich fand es immer problematisch, dass die für die Opfer so wichtige Frage der Entschädigung in der Öffentlichkeit inklusive der Politik und der Bischofskonferenz nie wirklich ernstgenommen worden ist.

epd: Wie hat Ihr Orden die Entschädigung geregelt?

Mertes: Wir standen damals vor vergleichbaren Forderungen nach Pauschalbeträgen in sechsstelliger Höhe. Das war für uns Jesuiten nicht zu leisten. Unser Geld steckt in der gesetzlich vorgeschriebenen Altersvorsorge unserer Mitbrüder und in unseren Institutionen, vor allem Schulen und Hochschulen. Selbst wenn wir alle pädagogischen Institutionen und Exerzitienhäuser geschlossen hätten und unsere Immobilien verkauft hätten, hätten wir nicht den Bruchteil dessen bezahlen können, was gefordert wurde. Hinzu kommt, dass die Orden nicht an den Kirchensteuern beteiligt werden. Wir zahlen seit 2010 als Anerkennung den vielzitierten pauschalen Betrag von 5000 Euro. Zusätzlich helfen wir durch individuelle Leistungen, wenn eine Entschädigung durch Geld möglich ist - also wir finanzieren Therapien, wir leisten Rentennachzahlungen, wir bezahlen Ausbildungsgänge.

epd: Auf Vorschlag der Opferverbände sind derzeit zwei Modelle im Gespräch: Eine pauschale Entschädigung in Höhe von 300.000 Euro oder individuelle Entschädigungen zwischen 40.000 bis zu 400.000 Euro im Einzelfall. Was halten Sie von diesen Vorschlägen?

Mertes: Die an diesem Vorschlag beteiligten Betroffenen wollen nicht, dass untereinander eine Opferkonkurrenz entsteht und fordern daher einen pauschalen Betrag für jeden Betroffenen. Außerdem wollen sie nicht, dass die Institution entscheidet, welches Leiden wie anerkannt wird. Beides verstehe ich. In der Höhe der geforderten Summe soll sich die Anerkennung der Größe des Leids widerspiegeln. Ich finde es allerdings schwierig, dass sich Debatte auf den finanziellen Aspekt der Anerkennung verengt.

epd: Inwiefern?

Mertes: Ob die Anerkennung ernst gemeint ist oder nicht, wird oft auf die Frage reduziert, wie viel Geld bezahlt wird. Geld ist ein Medium der Anerkennung, aber Geld alleine reicht nicht. Ich fühle ich mich da als Vertreter der Institution, die zahlen soll, hineingelockt in die Logik des Ablasswesens. Ich glaube nicht daran, dass die Anerkennung über die Höhe des gezahlten Betrages auf der Beziehungsebene wirklich Frieden bringt. Ich weiß aus Hunderten Gesprächen innerhalb der vergangenen zehn Jahre, dass Geld allein nicht hilft. Mindestens genauso wichtig ist Zeit, Beziehung, das Zulassen der Auseinandersetzung.

epd: Wie sollte Ihrer Meinung nach denn die Entschädigung geregelt werden?

Mertes: Wir Jesuiten schlagen seit 2010 vor, eine unabhängige Kommission einzurichten, die über die Höhe von Entschädigungsleistungen entscheidet. Unabhängig bedeutet, unabhängig von der Kirche und unabhängig von Opferverbänden. Und ich halte daran fest, dass die Unterscheidung zwischen Anerkennungsleistung und Entschädigung wichtig ist, denn die schädlichen Wirkungen des Missbrauchs sind individuell verschieden. Für erlittenes Leid eine pauschale Leistung als Anerkennung zu zahlen, finde ich richtig. Aber wenn es darum geht, Schaden zu entschädigen, soweit er überhaupt durch Geld zu entschädigen ist, muss es eine Gewichtung geben.

epd: Wie sehen Sie den Umgang der Bischofskonferenz mit der Frage der Entschädigungen?

Mertes: Da wird nicht die ganze Wahrheit gesagt. Die Bischofskonferenz lässt bis heute diese Forderung in dieser Höhe stehen, ohne sie zu kommentieren. Das erfüllt mich mit tiefem Misstrauen. Aus meiner Sicht stehen wir ganz kurz vor einer tiefen und schweren neuen Enttäuschung der Opfervertreter.

epd: Ein Reformprozess soll die Kirche aus der Krise nach dem Missbrauch herausführen. Es geht um klerikalen Machtmissbrauch, Sexualmoral, Zölibat und Frauen in kirchlichen Ämtern. Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem "synodalen Weg"?

Mertes: Schon in meinem Brief von 2010 stand, dass es begünstigende systemische Faktoren für den Missbrauch gibt. Es sind gesamtkirchliche Themen, die beim 'synodalen Weg' angesprochen werden. Deswegen wird es natürlich keine nationalen Lösungen geben. Aber meine Erwartung ist dennoch, dass Bischöfe und Laien mutig voranschreiten, etwas riskieren, um auf diese Weise einen ortskirchlichen Beitrag zu leisten, dass vielleicht in ein paar Jahren ein drittes Vatikanisches Konzil einberufen wird, in dem endlich mal über die Schlüsselthemen gesamtkirchlich gesprochen wird.

epd: 2016 haben Sie Rücktritte von Verantwortlichen gefordert. Wie sehen Sie die Situation heute?

Mertes: Vertuschung ist das entscheidende institutionelle Problem. Sie führt zu einem Glaubwürdigkeitsverlust. Was da in der Glaubenskongregation alles vertuscht wurde in den letzten 20 Jahren, ist nicht zu fassen. Wenn dann der Vorwurf aus dem Vatikan an die Ortskirchen kommt 'Ihr habt vertuscht', finde ich das schwierig - es stimmt zwar, aber der Vorwurf wird von Vertuschern erhoben. Da gruselt es mich.

Mir ist nicht an einer Personalisierung der Debatte gelegen, aber ich verstehe jetzt besser, warum einige Bischöfe hinter vorgehaltener Hand 2010 so über uns Jesuiten in Deutschland geschimpft haben, Personen, die inzwischen Entschuldigungsbriefe schreiben, weil sie selbst vertuscht haben.

epd: Haben Sie noch Kontakt zu den Betroffenen von damals?

Mertes: Ja, ganz viel. Seit zehn Jahren habe ich intensiven Kontakt zu Betroffenen des Canisius-Kollegs, aber auch zu vielen anderen Betroffenen.

epd: Sie sind heute Direktor des Kollegs St. Blasien im Schwarzwald. Wie gehen Sie heute mit dem Thema sexueller Missbrauch an Ihren Schulen um?

Mertes: Die Schulkultur hat sich grundlegend geändert. Die betroffenen Institutionen haben viel für die Prävention getan. Das Problem sind eher die Schulen, die meinen, dass sie nicht betroffen sind. Grundlegend ist die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle, die die Interessen von Betroffenen besser schützen kann. Jeder Schulleiter, der mit der Bezichtigung eines Kollegen konfrontiert wird, ist in einem komplexen Konflikt. So eine Ombudsperson würde ich auch jeder staatlichen Schule empfehlen.



Missbrauch

Giffey: "Heute gibt es eine eindeutige Grenze"




Franziska Giffey
epd-bild/Christian Ditsch
Zehn Jahre nach Beginn des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey die Kirchen zu einer weiteren Entschädigung von Missbrauchsopfern aufgefordert.

Ende Januar jährt sich das Bekanntwerden des Ausmaßes sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche zum zehnten Mal. Was hat sich seitdem getan, wie können Kinder und Jugendliche besser geschützt werden und welche Konsequenzen sind von den Kirchen zu erwarten - Fragen an Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) im Interview, das Corinna Buschow und Bettina Markmeyer führten.

epd sozial: Frau Ministerin, vor zehn Jahren erschütterte der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche die Republik. Die Zahl der Fälle von Missbrauch geht aber nicht zurück. Droht der Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern verloren zu gehen?

Franziska Giffey: Das glaube ich nicht. Man darf aber auch nicht davon ausgehen, dass der Kampf jemals komplett gewonnen wird. Wir müssen alles dafür tun, dass gut präventiv gearbeitet wird, konsequente Strafverfolgung stattfindet und die Gesellschaft sensibilisiert wird. Dass die Zahl der Fälle nicht zurückgeht, kann auch daran liegen, dass mehr gemeldet werden. Das kennen wir aus der Diskussion um Gewalt gegen Frauen. Es ist eben auch so: Jeder Fall, der aus dem Dunkelfeld herauskommt, aufgedeckt wird, ist ein Fall, in dem geholfen werden kann.

epd: Ist das vielleicht der wesentliche Erfolg der vergangenen zehn Jahre?

Giffey: Der größte Erfolg ist zweifelsohne, dass das Thema viel stärker in der öffentlichen Wahrnehmung ist. Es gibt inzwischen einen ganz klaren gesellschaftspolitischen Konsens, dass Missbrauch zu ächten und sicher kein Kavaliersdelikt ist. Mit Sprüchen wie "Nun hab dich mal nicht so", "Kommt doch überall mal vor" oder "Der hat doch gar nichts gemacht" wurden Taten früher oft abgetan. Heute gibt es eine eindeutige Grenze, die besagt, dass Missbrauch von Kindern nicht toleriert werden darf.

epd: Ausgangspunkt der Debatte waren Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Wo stehen die Kirchen heute bei der Aufarbeitung?

Giffey: Immerhin gibt es Willensbekenntnisse und die ersten Schritte. Missbrauch von Kindern ist Thema. Den Versuch aber, darauf zu verweisen, dass Missbrauch auch in anderen Bereichen stattgefunden hat, finde ich schwierig. Zum Beispiel wenn ich von den Kirchen höre, man müsse ja auch Missbrauch in anderen Feldern aufarbeiten, zum Beispiel im Sport. Auch wenn die Kirchen nicht der einzige Ort für Missbrauch sind, macht es das doch nicht weniger schlimm.

epd: Sie haben wiederholt gefordert, dass kein Täter mehr ein Amt in der Kirche bekleiden darf. Wie wollen Sie das durchsetzen?

Giffey: Ich erwarte, dass die Kirchen konsequent weiterarbeiten - an der Aufarbeitung der Fälle, der Entschädigung der Opfer und der Frage, wie die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Und ja, ich bin der Auffassung: Jemand, der ein Kind missbraucht hat, hat in keinem Amt der Kirche mehr etwas zu suchen. Das müssen die Kirchen in ihren Regularien verbindlich verankern und sie tun dies teils auch schon.

epd: Die katholische Kirche diskutiert intensiv über Reformen: Wie verfolgen Sie die Debatte um männliche Hierarchien, Sexualmoral und Zölibat?

Giffey: Da ist noch viel Luft nach oben. Es ist ein erster Schritt, dass Papst Franziskus das "Päpstliche Geheimnis" gelockert hat. Für mich ist es allerdings eine Selbstverständlichkeit, dass die katholische Kirche bei der Aufklärung mit staatlichen Behörden zusammenarbeitet und entsprechende Informationen zur Verfügung stellt. Missbrauch von Kindern ist keine kircheninterne Angelegenheit. Darüber hinaus müssen wir grundlegende Dinge hinterfragen: Das Zölibat ist in meinen Augen ein Risikofaktor für sexuellen Missbrauch. Auch autoritäre, klerikale Strukturen begünstigen sexuellen Missbrauch, der immer auch ein Missbrauch von Macht ist. Ich kann und will der Kirche nicht reinreden, wie sie sich organisiert. Sie muss aber wirksame Schutzkonzepte entwickeln. Dazu gehört eine Jugendarbeit, bei der es nicht so viele Gelegenheiten für Missbrauch gibt. Da stellen sich zentrale Fragen: Ist jemand mit einem Kind länger allein? Gibt es enge Vertrauensverhältnisse? Wer kontrolliert das? Es gibt Anstrengungen der Kirchen, das besser zu organisieren. Ob die aber tatsächlich bis in die letzte Gemeinde wirken, vermag ich nicht einzuschätzen.

epd: Diskutiert wird in beiden Kirchen auch die Frage der Entschädigung. Welche Höhe halten Sie für angemessen?

Giffey: Ich nenne keine Beträge, weil das sehr von der Lage und Situation der Betroffenen abhängig ist. Das muss man aber transparent regeln. Für die Betroffenen ist Entschädigung ein wichtiger Punkt, weil es auch um Anerkennung geht. Aus Gesprächen mit Betroffenen weiß ich, dass allein das ungemein hilft. Im kürzlich verabschiedeten Gesetz zur sozialen Entschädigung haben wir dafür gesorgt, dass es für Betroffene leichter ist, an Hilfen zu kommen. Trotzdem finde ich es angebracht, dass die Kirchen überlegen, wie sie diese Fälle auch selbst entschädigen.

epd: Der Staat hatte vor Jahren einen eigenen Fonds für Opfer von Missbrauch aufgelegt. Wird es den weiter geben?

Giffey: Dieser Fonds wird fortgeführt, weil die Bedarfe der Betroffenen weiterhin bestehen. Wir haben im Bundeshaushalt für das Jahr 2020 den Fonds um mehr als 20 Millionen auf 45 Millionen Euro aufgestockt. Und es wird eine Umstrukturierung geben. Der Fonds wird ab dem nächsten Jahr beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelt. Den Mitarbeitenden wird eine langfristige Beschäftigungsperspektive eröffnet. Im Moment arbeiten wir daran, die Bearbeitungszeiten auf perspektivisch drei bis sechs Monate zu verkürzen.

epd: Wie sieht es aus mit der Aufarbeitung in Sportvereinen oder staatlichen Einrichtungen wie Heimen?

Giffey: Da muss noch mehr getan werden. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat kürzlich Empfehlungen zu Aufarbeitungsprozessen in Institutionen vorgelegt. Damit gibt es Leitlinien, auch für Sportvereine, wie eine Aufarbeitung ablaufen soll. Diese Leitlinien müssen in Zukunft gelten, damit Betroffene Klarheit haben und zu ihren Rechten kommen. Und wir werden die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts nutzen, um den Kinderschutz in Deutschland noch verlässlicher zu machen. Dazu gehört unter anderem auch, dass wir die Heimaufsicht verschärfen und die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen und der Justiz verbessern.

epd: Sie selbst wollen das Jugendmedienschutzgesetz verschärfen. Was planen Sie konkret?

Giffey: Wir haben derzeit ein Jugendschutzgesetz, das im Zeitalter von CD-Rom und Videokassette stehengeblieben ist. Jeder hat aber heute jederzeit Zugang zum Netz, deshalb müssen wir den Jugendschutz ins digitale Zeitalter bringen. Es geht um drei große Bereiche: Schutz, Orientierung und Durchsetzung. Schutz heißt, dass wir große Anbieter dazu verpflichten, Vorkehrungen zu treffen, dass Kinder ihre Dienste sicher nutzen können. Zum Beispiel, indem bei Chats erstmal voreingestellt ist, dass fremde Leute Kinder nicht anchatten können. Oder durch gut sichtbare Hilfe-Buttons direkt im Chat, für den Fall, dass Kinder etwa mit sexueller Anmache konfrontiert sind. Wie in einem Auto ein Sicherheitsgurt eingebaut sein muss, so müssen bei Online-Spielen bestimmte Voreinstellungen vorhanden sein, die Kinder und Jugendliche schützen. Der Bereich Orientierung richtet sich besonders an die Eltern, an Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher. Wir wollen einheitliche und verlässliche Alterskennzeichnungen. Diese Fragen werden wir mit einem modernen gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutz angehen.

epd: Und was heißt Durchsetzung?

Giffey: Wir sorgen dafür, dass große Player wie Instagram, Tiktok oder Whatsapp die Regeln auch tatsächlich einhalten. Dazu werden wir die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" zur "Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz" weiterentwickeln. Die Bundeszentrale wird sich dann anschauen, welche Vorkehrungen die großen Player ergriffen haben. Wenn diese nicht ausreichen, werden Anbieter aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Wenn das nicht reicht, muss es natürlich auch Sanktionen geben.



Bundesregierung

Darum geht es bei der geplanten Reform der Notfallversorgung




Rettungswagen auf Weihnachtsmarkt in Frankfurt am Main
epd-bild/Heike Lyding
Notaufnahmen in Kliniken entlasten sowie unnötige Rettungsfahrten vermeiden - das sind die Ziele eines Gesetzentwurfs zur Notfallversorgung, den Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegt hat. Krankenkassen, Kliniken und Ärzte gehen auf Distanz.

"Die Bürger müssen sich im Notfall darauf verlassen können, dass sie schnell und gut versorgt werden", erklärt Bundesgesundheitsminister Spahn seinen Vorstoß. "Deshalb wollen wir die Notfallambulanzen der Krankenhäuser, die Notärzte und die Bereitschaftsdienste der Ärzte besser verzahnen. Unnötige Warteschlangen im Krankenhaus passen nicht zu einem der besten Gesundheitssysteme der Welt." Doch seine Pläne werden kritisch gesehen. Der epd erläutert Spahns Pläne und woran sich der Widerspruch festmacht.

Warum ist eine solche Reform überhaupt nötig?

Spahn verweist darauf, dass an Wochenenden die Notaufnahmen regelmäßig auch mit Patienten voll sind, die oft nur Bagatellfälle sind. Auch beklagt er eine zunehmende Inanspruchnahme der Rettungsdienste bei Beschwerden, die alles andere als lebensbedrohlich sind und die besser von Haus- und Fachärzten versorgt werden können.

Ist das tatsächlich ein Problem?

Ja. Das belegt eine Umfrage von Forsa im Auftrag der Krankenkasse KKH. Demnach blockieren Patienten mit Bagatellerkrankungen in der Tat die Abläufe in den Notaufnahmen. Der Erhebung zufolge würde mehr als jeder Dritte der rund 1.000 Teilnehmer der Umfrage das Krankenhaus trotz geöffneter Arztpraxen ansteuern - auch bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden. Von den Befragten, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal in der Notaufnahme waren, ging fast jeder Dritte innerhalb der Öffnungszeiten von Arztpraxen ins Krankenhaus - auf eigene Initiative, ohne Überweisung oder Rettungseinsatz.

Was ist der Kern der geplanten Reform?

Ziel sind gemeinsame Notfall-Leitsysteme (GNL) von Ländern und Kassenärzten. Sie sollen hilfesuchende Patienten und deren Behandlung besser steuern. Dazu ist vorgesehen, dass in sogenannten Integrierten Notfallzentren (INZ) an ausgewählten Krankenhäusern entschieden wird, ob und wo die Patienten versorgt werden. Es geht also um eine Lotsenfunktion für alle Hilfesuchende in Notfällen.

Was ist die Aufgabe der neuen Leitsysteme?

Sie bestehen in der verbindlichen Zusammenarbeit der Träger der Rettungsleitstellen der Rufnummer 112 und der Kassenärztlichen Vereinigungen mit der Rufnummer 116 117. Kernelement für die operative Arbeit soll eine Vereinbarung über ein verbindliches Ersteinschätzungsverfahren sein, auf das eine Entscheidung über die weitere Behandlung der Patienten folgt.

Wie soll das administrativ erreicht werden?

Spahn will die ambulanten, stationären und rettungsdienstlichen Strukturen zu einem integrierten System der medizinischen Notfallversorgung weiterentwickeln. Dazu ist eine verbindliche Kooperation und digitale Vernetzung aller an der Versorgung Beteiligten nötig. Geregelt werden soll das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der eine bundesweit geltende Richtlinie über die medizinische Notfallrettung und integrierte Notfallzentren beschließen muss.

Wo erfolgt künftig die Akutversorgung?

In den Integrierten Notfallzentren (INZ), die rund um die Uhr erreichbare Anlaufstellen an ausgewählten Krankenhäusern sein sollen. Sie gewährleisten die notdienstliche Versorgung. INZ sollen die Notaufnahmen der Kliniken um all jene Fälle entlasten, die besser ambulant versorgt werden können.

Wie sieht der Zeitplan der Umstellung aus?

Das Gesetz soll bis Ende 2020 verabschiedet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Details. Im Bundesrat ist das Gesetz nicht zustimmungsbedürftig.

Wer soll künftig die Notfallrettung bezahlen?

Alle Hilfen am Notfallort und die Rettungsfahrten, die heute durch die Träger der Rettungsdienste nach den Landesrettungsdienstgesetzen erbracht werden, sollen jeweils eigenständige Leistungen der Krankenversicherung werden.

Wie bewerten die Krankenhäuser die Pläne?

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht von einem Affront. Der Beitrag der Kliniken zur Notfallversorgung werde mit diesem Konzept "in geradezu diskriminierender Weise den Interessen von Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) preisgegeben", rügt der Dachverband. "Statt den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) den Sicherstellungsauftrag, den sie bislang nicht erfüllen konnten, wegzunehmen, sollen sie nun dominant über die Leistungen, die die Krankenhäuser bislang im Rahmen ihrer ambulanten Notfalleinrichtungen erbracht haben, bestimmen." Weiterer Kritikpunkt: Für die Patienten würden die Anlaufstellen im Notfall stark begrenzt.

Was halten die Kliniken an dem Reformansatz für falsch?

Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, rügt, dass ambulante Notfallleistungen nur noch in den INZ an ausgewählten Krankenhäusern erbracht werden dürfen. Bei der Entscheidung, welche Kliniken das sind, hätten die Krankenkassen und die KVen die Mehrheit. Damit könnten sie über die Zukunft der Krankenhausstrukturen maßgeblich entscheiden. Das stehe in absolutem Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Zuordnung der Zuständigkeit für die Krankenhausplanung auf die Länder.

Gibt es auch Zustimmung seitens der Experten?

Nicht wirklich. Zwar betont der Marburger Bund, es sei grundsätzlich richtig, die Kliniken bei der Notfallversorgung zu entlasten, doch habe der Gesetzentwurf viele Konstruktionsmängel. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, sagte, anstatt die regionalen Kooperationen zwischen Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen gesetzlich zu flankieren, würden wirtschaftlich und organisatorisch abgetrennte Einrichtungen an den Kliniken entstehen, ohne dass die Krankenhausärztinnen und -ärzte an der Ausgestaltung beteiligt werden. Es sei auch falsch, Krankenhäuser in Zukunft für Leistungen in ihren Notfallambulanzen zu bestrafen, wenn sie kein INZ-Standort sind. "Kein Krankenhaus kann einen Patienten abweisen, der als Notfall in die Notaufnahme kommt", so die Verbandschefin.

Wie reagierte die Opposition?

Kirsten Kappert-Gonther, Obfrau der Grünen im Gesundheitsausschuss, sagte, eine Reform der Notfallversorgung sei überfällig. Das bisherige Angebot sei für viele Patientinnen und Patienten nur schwer durchschaubar. "Wir benötigen ein klar verständliches Angebot aus einer Hand: eine Notrufnummer, eine Anlaufstelle, eine einheitliche Ersteinschätzung." Zugleich sei es nicht nachvollziehbar, warum Minister Spahn von seinen ursprünglichen Forderungen absieht und den Sicherstellungsauftrag für den Notdienst nicht an die Länder überträgt. "Die Planung aus einer Hand ist besser als ein Kompetenz-Wirrwarr." Den Patientinnen und Patienten sei es egal, ob sie ambulant oder stationär versorgt werden, Hauptsache sie bekommen Hilfe.

Dirk Baas


Parteien

Linke: Konzept für ein neues Betriebssystem des Sozialen




Mann sammelt Pfandflaschen
epd-bild/Rainer Öttel
Die Linkspartei hat zum Start ins neue Jahr ein ambitioniertes Reformpapier vorgestellt. Demnach ist eine Rosskur für den Sozialstaat nötig. Die Linke will soziale Sicherheit, individuelle Garantien und Gerechtigkeit miteinander verbinden.

Die Linke im Bundestag ist überzeugt: Der Sozialstaat braucht mehr als ein Update. Deshalb hat die Partei ein Konzept entwickelt, das grundlegende Umbauten im System der erforderlichen Reformen nötig macht. "Wir wollen einen neuen, einen besseren Sozialstaat. Einen Sozialstaat, der die Beschäftigten sicher durch die Umwälzungen bringt, die die Digitalisierung und die Klimawende für uns bedeuten", sagte Vorsitzende Katja Kipping bei der Vorstellung der Pläne in Berlin: "Der Sozialstaat braucht mehr als ein Update, er braucht ein neues Betriebssystem." epd sozial dokumentiert das Vorhaben:

Für ein neues Betriebssystem des Sozialen

– Jedes Jahr wachsen Wohlstand, Wissen und Reichtum. Jedes Jahr könnte mit immer weniger Aufwand immer besser produziert, verteilt und organisiert werden.

– Wir wollen ein neues Betriebssystem des Sozialen: Eine öffentliche Infrastruktur, die echte Demokratie fördert und Umverteilung von oben nach unten schafft.

– Ohne Sozialstaat keine funktionierende Demokratie und kein Schutz von Klima und Umwelt.

Gesellschaftliche Umbrüche zwingen zum Handeln

– Das Modell des Neoliberalismus ist wirtschaftlich, sozial und ökologisch gescheitert.

– Digitalisierung und die Klimakrise zwingen zum Handeln.

– Hunderttausende Arbeitskräfte fehlen schon heute, etwa in Pflege, Bildung und Erziehung.

– Die Agenda 2010 hat Mechanismen des Sozialstaats als Instrument der Disziplinierung und Entmutigung genutzt, um Menschen gefügig zu machen. Der Zwang, nahezu jede Arbeit anzunehmen, hat die Löhne gedrückt. Mehr als eine Million Erwerbstätige sind heute noch gezwungen, zusätzlich ALG-II-Leistungen (Hartz IV) zu beziehen.

– Die soziale Verunsicherung hat die Fliehkräfte der Gesellschaft verschärft, sie hat Ausgrenzung und Rassismus befördert.

Für einen demokratischen Sozialstaat

– mit organisierter Solidarität in den sozialen Sicherungssystemen;

– mit sozialem Ausgleich zwischen starken und schwachen Schultern;

– mit sozialen Rechten, die den Einzelnen garantiert sind: sozialen Garantien;

– mit sozialen Dienstleistungen und öffentlichen Infrastrukturen als Teilen der öffentlichen Daseinsvorsorge: einer universellen Grundversorgung auch im ländlichen Raum;

– mit guter Arbeit, die sicher ist und zum Leben passt.

Drei Säulen für einen linken Sozialstaat

– Soziale Garantien und soziale Sicherung für die Einzelnen: Solidarische Umlagesysteme, die den Lebensstandard sichern und einen verlässlichen Schutz vor Armut bieten.

– Soziale Dienstleistungen und Infrastrukturen, die öffentlich und gemeinwohlorientiert organisiert sind und damit Zugang für alle ermöglichen: eine universelle Grundversorgung.

– Ein "neues Normalarbeitsverhältnis" für gute Arbeit, die sicher ist und zum Leben passt.

Beispiele Säule I: Soziale Sicherheit

– Das Rentenniveau wird auf 53 Prozent angehoben. Das bedeutet: Fast 150 Euro brutto mehr im Monat für einen sogenannten "Standardrentner".

– Wir wollen eine Kindergrundsicherung in Höhe von rund 600 Euro.

– Statt der Zwei-Klassen-Medizin wollen wir eine Solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle, auch Selbstständige, Freiberuflerinnen und Beamten einzahlen.

– Zwölf Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil (bzw. 24 Monate für Alleinerziehende), der individuell und nicht übertragbar ist.

Beispiele Säule II: Soziale Dienstleistungen

– Bessere Bildung: Ausbau von gebührenfreien Kitas mit mehr Personal, das besser bezahlt wird. Schulen sanieren und flächendeckende Ganztagsbetreuung.

– Investitionen in Krankenhäuser, ambulante Versorgung im ländlichen Raum, nichtkommerzielle Pharmaforschung.

– Wir finanzieren eine Energiewende, in der umweltschädliche Energien durch regenerative ersetzt werden. Die großen Energieversorgungsunternehmen wollen wir ablösen: saubere Energie in Bürgerhand.

– Den öffentlichen Nahverkehr ausbauen: Mehr Busse, Bahnen, bessere Taktung und kostenfrei für die Nutzer und Nutzerinnen.

Beispiele Säule III: Arbeit, die zum Leben passt

– Arbeit in den sozialen Dienstleistungen aufwerten. Keine Pflegefachkraft und keine Erzieherin soll unter 3.000 Euro brutto im Monat verdienen.

– Arbeitszeiten, die mehr Zeit fürs Leben lassen. Wir wollen ein Recht auf selbstbestimmtere, familienfreundliche und kürzere Arbeitszeiten für alle. Die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit wollen wir auf 40 Stunden absenken.

– Wir wollen eine Anti-Stress-Verordnung. Alle Beschäftigten müssen ein Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit haben.

– Veto-Recht der Beschäftigten bei Überlastung.

In Verantwortung für eine soziale Zukunft

Wir sind entschlossen für die Umsetzung zu kämpfen. Wenn es um soziale Garantien, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, gute Arbeit sowie ums Öffentliche geht, gilt für uns: Wir wollen das umsetzen. Mit all unser Energie, mit aller Entschiedenheit, mit allem Kampfesmut und mit Klugheit.



Armut

Experten loben geplante Wohnungslosen-Statistik



Mit großer Zustimmung haben Experten auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Wohnungslosenberichterstattung sowie einer Statistik untergebrachter wohnungsloser Personen reagiert.

Von der weitgehenden Zustimmung zu den Plänen der Regierung berichtete der Bundestag nach einer Anhörung am 13. Januar im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Eine solche Statistik sei überfällig, weil bislang belastbare Daten für das gesamte Bundesgebiet fehlen, das Problem der Wohnungslosigkeit sich in den vergangenen Jahren aber verschärft habe.

So lautete den Angaben nach der Tenor in der Anhörung. Positiv bewertet wurde auch die vorgesehene ergänzende Berichterstattung über Personenkreise, die bisher vom Gesetz nicht erfasst werden. Auch eine Revisionsklausel, um das Gesetz entsprechend der gewonnenen Daten eventuell neu zu justieren, stieß auf positive Resonanz.

Neben dem Regierungsentwurf waren auch Anträge der AfD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Gegenstand der Anhörung.

"Statistik alleine löst keine Probleme"

Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag betonte, die Akteure seien sich bewusst, dass eine Statistik alleine keine Probleme löse. Zumal von der geplanten Datensammlung auch nicht alle betroffenen Personenkreise erfasst würden. Dennoch begrüße der Landkreistag eine solche Statistik, weil sie den Fokus auf eine sich deutlich verschärfende Problemlage richte, betonte Vorholz.

Für den Deutschen Caritasverband äußerte Birgit Fix die Erwartung, dass die Statistik die Arbeit der Akteure vor Ort erleichtern werde. Auch könne dadurch die Koordinierung von Maßnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen vorangebracht werden, sagte Fix.

Werena Rosenke von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG) kritisierte indes die "Untererfassung" ganzer Personengruppen. So sei es wichtig, wohnungslose Geflüchtete als auch von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen in die Statistik miteinzubeziehen. Auch Menschen, die auf der Straße leben, also die "klassische Kerngruppe" der Wohnungslosen, nicht einzubeziehen, sei nicht nachvollziehbar, schreibt die BAG in ihrer Stellungnahme.

Bundesweites Aktionsprogramm gefordert

Das Armutsnetzwerk, als Selbstvertretung (ehemals) wohnungsloser Menschen, begrüßte die Einführung einer bundesweiten Statistik ebenfalls. Darüber hinaus schlug der Verein in seiner Stellungnahme ein nationales Aktionsprogramm gegen Wohnungslosigkeit vor und forderte ergänzend, die Etablierung eines Grundrechts auf Wohnung im Grundgesetz.

Auch die Grünen begrüßten die Pläne. Eine ihrer über viele Jahre erhobene Forderung werde endlich aufgegriffen, hieß es. "Untergebrachte wohnungslose Menschen empirisch fundiert zu zählen, ist richtig und vereinfacht die Erarbeitung wirkungsvoller Maßnahmen zur Beseitigung und Vermeidung von Armut", sagten Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik, und Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik.

Die Grünen warben zudem für ein nationales Aktionsprogramm. Alle relevanten Akteure auf Bundes-, Landes-, und Kommunalebene müssten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Wohlfahrtsverbände, sowie (ehemals) Betroffenen ein wirksames Gesamtkonzept zur dauerhaften Vermeidung und Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit erarbeiten. Auf diese Weise folge dem Zählen auch ein wirksames Handeln.

Diakonie mahnt Verbesserungen an

Auch die Diakonie Deutschland begrüßte die Pläne "als grundsätzlich wichtigen Schritt, um eine belastbare Grundlage für eine praxisnahe und zielgerichtete Sozialpolitik zu erhalten". Das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung erfasse jedoch nicht alle betroffenen Menschen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik: "Die Bundesregierung sollte die vorgesehene Begleitforschung so weiterentwickeln, dass tatsächlich alle faktisch wohnungslosen Menschen erfasst werden. Dazu gehören sowohl Straßenobdachlose als auch Menschen, die vorübergehend bei Freunden oder Bekannten wohnen. Es muss zudem alles getan werden, um solche prekären Wohnsituationen zu vermeiden."



Mecklenburg-Vorpommern

Neue Kontaktstelle Kinderschutz



Mit einer neuen Kontaktstelle Kinderschutz will Mecklenburg-Vorpommern den Opferschutz stärken. Das dreijährige Modellprojekt sei ein begleitendes Hilfs- und Unterstützungsangebot, teilte das Schweriner Sozialministerium am 15. Januar mit. Es richte sich vor allem an Mädchen und Jungen, die von Gewalttaten betroffen sind. Die Anlaufstelle wurde bereits Ende 2019 in Trägerschaft des Deutschen Kinderschutzbundes MV eingerichtet und besteht aus einer sozialpädagogischen Fachkraft. Ihre Leistungen sind für die Betroffenen kostenlos.

"Wir schaffen damit im Zusammenhang mit der psychosozialen Prozessbegleitung von Kindern und Jugendlichen ein zusätzliches Angebot im Kinderschutz", sagte Sozialministerin Stefanie Drese (SPD). Die Kontaktstelle informiere Betroffene und Ratsuchende über ihre Rechte, zeige Unterstützungsmöglichkeiten auf und vermittle weiterführende Hilfen. Ziel sei es auch, individuelle Belastungen zu reduzieren.

Die Kontaktstelle arbeite mit anderen Einrichtungen und Diensten zusammen, ersetze jedoch nicht die Leistungen von Jugendamt, Interventionsstellen, Rechtsmedizin, Gesundheitswesen oder Justiz, sagte Drese.



Schleswig-Holstein

Weniger Pflegekräfte als im Bundesdurchschnitt



In Schleswig-Holstein arbeiten weniger Pflegefachkräfte pro Bevölkerung als im Bundesdurchschnitt. Während es in Deutschland laut OECD-Gesundheitsstatistik 12,9 Pflegefachkräfte pro 1.000 Einwohner gibt, seien es in Schleswig-Holstein nur 9,35, sagte Patricia Drube, Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, am 15. Januar in Neumünster.

Norwegen liegt mit 17,8 Pflegefachkräften pro 1.000 Einwohner an der Spitze der OECD-Statistik von 2018 gefolgt von der Schweiz mit 17,2 Pflegenden. Frankreich liegt mit 10,9 im Mittelfeld, Italien mit 6,7 und Spanien mit 5,7 im unteren Drittel. Das Schlusslicht bilden Südafrika und Kolumbien mit 1,3 Pflegenden pro 1.000 Einwohner.

Die Pflege in Schleswig-Holstein sei zudem überaltert, so Drube. Knapp 40 Prozent aller Pflegefachkräfte würden in den nächsten zehn bis zwölf Jahren in den Ruhestand gehen. Nur 24,0 Prozent seien jünger als 35 Jahre.




sozial-Branche

Verbände

Kliniken brauchen Zehntausende zusätzlicher Pflegekräfte




Dringend gesucht: Pflegekräfte in Kliniken
epd-bild/Werner Krüper
Drei Verbände - ein Vorschlag: Pflegerat, Krankenhausgesellschaft und die Gewerkschaft ver.di haben ein neues Modell zur Personalbemessung in Kliniken vorgestellt. Das Echo fiel durchweg positiv aus. Jetzt ist der Gesundheitsminister gefordert.

Um die Überlastung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern zu beenden, müssten 40.000 bis 80.000 zusätzliche Stellen besetzt werden. Diese Zahlen nannten die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft ver.di am 14. Januar in Berlin auf der Basis eines Personalbemessungsverfahrens, auf das sich die drei Verbände verständigt haben.

Sie forderten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, ein bundesweit einheitliches, modernes Bemessungsverfahren einzuführen, um zu verbindlichen Vorgaben für die Personalausstattung in den Kliniken zu kommen. Sylvia Bühler vom ver.di-Bundesvorstand sagte: "Wir werden keine Ruhe geben, bis die Entlastung im Alltag der Pflegekräfte angekommen ist."

Neues Instrument ist überfällig

Der Präsident des Pflegerats, Franz Wagner, erklärte, ein aktuelles Instrument zur Personalbemessung sei überfällig. Er räumte zugleich ein, dass es schwierig werde, genügend Pflegekräfte zu finden. Die Stimmung in der Pflege sei nicht gut. Die Mehrheit der Fachkräfte sehe die Patientensicherheit nicht mehr gewährleistet.

In den Kliniken gibt es rund 330.000 Vollzeit-Pflegestellen, aber mehr Pflegekräfte, weil viele Teilzeit arbeiten. Die Entwicklung eines reformierten Personalbemessungsverfahrens war ein Auftrag aus der Konzertierten Aktion Pflege der Bundesregierung, an der alle Akteure im Gesundheitswesen beteiligt worden waren. Eine Zusage des Bundesgesundheitsministers zur Umsetzung gebe es noch nicht, sagte der Präsident der Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß.

Vorgaben nur für Früh- und Spätschicht

Das neue Verfahren würde für den Personalbedarf in der Früh- und Spätschicht gelten. Nachtdienste, Kinder- und Intensivstationen wurden zunächst nicht einbezogen. Es berücksichtigt den gestiegenen Arbeitsaufwand und würde bei einer Umsetzung dazu führen, dass mehr Pflegekräfte eingestellt werden müssten. Die Verbände erklärten, Bemessungsverfahren seien bedarfsgerechter als gesetzliche Untergrenzen für die Personalausstattung. Untergrenzen gibt es bereits in besonders pflegeintensiven Abteilungen wie etwa der Intensivmedizin oder der Herzchirurgie.

Für die Grünen erklärten Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik, und Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik, die Bundesregierung habe es bisher verpasst, "die Pflege im Krankenhaus qualitativ aufzuwerten und deren Finanzierung mit einem bedarfsgerechten Personalbemessungsinstrument zu verknüpfen". Es stehe zwar mehr Geld für Pflegestellen zur Verfügung, offen erscheint allerdings, ob die Krankenhäuser die Mittel tatsächlich für eine bedarfsgerechte Pflege einsetzen. "Mit ihren willkürlichen Untergrenzen hat die Bundesregierung ein populistisches Ausweichmanöver gestartet und ein bürokratisches Monstrum geschaffen."

Der jetzt von den Verbänden vorgelegte Vorschlag sei eine gute Zwischenetappe bis zum Ziel, den Pflegeberuf aufzuwerten. "Es ist nun wichtig, den Dokumentationsaufwand möglichst gering zu halten und zugleich evidenzbasierte Einschätzungskriterien zu schaffen, um den pflegerischen Anteil am Leistungsvolumen von Krankenhäusern sichtbar zu machen."

Linke: Abkehr von einem Bürokratiemonster

Ähnlich äußerte sich auch die Linke: "Im Unterschied zum Bürokratiemonster 'Personaluntergrenze' kann die Finanzierung der Pflege mit diesem Konzept auf solide Füße gestellt werden. Dafür muss Herr Spahn jetzt handeln und das neue Instrument zur Bemessungsgrundlage für das Pflegebudget machen", sagte Vorsitzender Bernd Riexinger.

Die Pflegekammer Niedersachsen begrüßte das vorgeschlagene Instrument als Interimslösung. Sie will aber an Pflegepersonaluntergrenzen als "roter Linie" zum Schutz von Patienten und Pflegefachpersonen festhalten.

"Angesichts der Personalprobleme in den Krankenhäusern mit den daraus resultierenden Folgen für die Patientenversorgung ist es unabdingbar, nun sehr zügig per Gesetz eine verbindliche Regelung zur Personalbemessung in der Pflege zu treffen", sagte Christel Bienstein, die Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe. Ihr Verband erwarte, dass das Bundesgesundheitsministerium seine Prüfung der Vorschläge zeitnah abschließt und dann die konsequente Umsetzung einschließlich einer Begleitforschung in den Anfangsjahren erfolgt.

Jetzt stehe eine grundlegend überarbeitete und modernisierte Fassung der seit langem bekannten und genutzten Pflegepersonalregelung (PPR) zur Verfügung, hieß es beim Deutschen Evangelischen Krankenhausverband. Im Herbst 2019 wurde sie den Angaben nach einem Machbarkeitstest unterzogen, an dem sich auch evangelische Krankenhäuser beteiligten. Dabei wurden mehr als 30.000 Datensätze aus 44 Krankenhäusern analysiert.



Verbände

Staatsanwaltschaft durchsucht AWO-Räume



Der AWO-Skandal zieht Kreise: Am 14. Januar durchsuchte die Staatsanwaltschaft Frankfurt sechs Privatwohnungen und acht Geschäftsräume. Es geht um den Verdacht des Betruges bei der AWO in Frankfurt und Wiesbaden.

Im Skandal um die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt am Main und Wiesbaden rückte die Staatsanwaltschaft mit 84 Beamten an. Beteiligt waren mehrere hessische Polizeipräsidien, das Berliner Landeskriminalamt und eigenes Personal, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilte. Ziel der Aktion war auch die AWO-Zentrale des Frankfurter Kreisverbands in der Henschelstraße.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben nach einer anonymen Strafanzeige zum einen wegen des Verdachtes auf Betrug beim Betrieb zweier Flüchtlingsunterkünfte durch falsch abgerechnete Personalkosten im hohen sechsstelligen Bereich zum Nachteil der Stadt Frankfurt. Zum anderen bestehe der Verdacht der Untreue von Leitungspersonen zum Nachteil der AWO. Hier gehe es unter anderem um satzungswidrige Vergütungen beziehungsweise ungerechtfertigte Honorarzahlungen.

Sechs Verdächtige im Visier

Die Ermittlungen richteten sich gegen zwei Frauen und vier Männer im Alter zwischen 40 und 63 Jahren, die bei der AWO in Frankfurt am Main beziehungsweise Wiesbaden - teilweise in beiden Kreisverbänden gleichzeitig - zum Teil ehrenamtlich in leitenden Funktionen tätig waren. Im Zuge der Durchsuchungen seien Geschäftsunterlagen in schriftlicher und elektronischer Form sichergestellt worden. Die Auswertung sowie weitere Ermittlungen dauerten an, hieß es.

Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes, sagte in Berlin: "Die Handlungen der Staatsanwaltschaft machen die Tragweite der Vorwürfe in Frankfurt am Main und Wiesbaden deutlich. Sie zeigen auch, dass die von uns eingeleiteten internen Prüfungen der richtige Weg waren."

Bundesverband für restlose Aufklärung

Er bekräftigte den Willen seines Verbandes, die Sachverhalte vollständig aufzuklären und entstandene finanzielle Schäden auszugleichen. Nur so lasse sich "ein radikale und glaubwürdige Neuanfang ermöglichen". Der Bundesverband werde die Staatsanwaltschaft vollumfänglich unterstützen. "Wir fordern auch von den Verantwortlichen vor Ort, uneingeschränkten Aufklärungswillen zu zeigen."

Die Vorwürfe reichen inzwischen noch weiter: Der Hessische Rundfunk berichtete am Montag, dass die Staatsanwaltschaft auch im Fall der Verkäufe zweier Pflegeheime aus dem Besitz der AWO Hessen-Süd in Bruchköbel und Langgöns an private Unternehmen ermittele. Auch hier stehe der Vorwurf der Untreue zum Zweck persönlicher Bereicherung im Raum, weil der damalige Generalbevollmächtigte des Bezirks zugleich Gesellschafter der Immobilienunternehmen sei. Seit den Verkäufen nutzt die Arbeiterwohlfahrt die ehemals eigenen Pflegeheime weiter, aber als Mieterin.

Verdacht auf Insichgeschäfte

Hinter den Geschäften steckt laut HR ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der bis Mitte 2019 Generalbevollmächtigter des Bezirksverbandes Hessen-Süd war. In beiden Fällen gingen die Heime an private Immobilienunternehmen, die der Steuerberater mit gegründet hat und zu deren Gesellschaftern er zählt.

Zu den Berichten über diese Immobiliengeschäfte erklärte Stadler, diese Vorwürfe seien dem Bundesverband bereits bekannt und schon Bestandteil eines laufenden Prüfungsverfahrens. Stadler betonte, dass bei der AWO keine sogenannte Insichgeschäfte erlaubt seien. "Der aktuelle Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist dem Bundesverband nicht bekannt."

Neben Staatsanwaltschaft und AWO Bundesverband wird laut Stadler auch die eingesetzte Task Force unter der Leitung von Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) den AWO Bezirksverband Hessen Süd und dessen wirtschaftliche Tätigkeiten auf die Einhaltung rechtlicher und verbandsinterner Vorschriften prüfen.

Medien haben in den vergangenen Monaten aufgrund zugespielter Informationen über maßlos überhöhte Gehälter und Luxusdienstwagen bei den AWO-Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden berichtet. Aufsehen erregten Berichte über überhöhte Gehälter für die Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD), der vor seiner Wahl AWO-Angestellter war, und für SPD-Jungpolitiker.

Medien deckten außerdem personelle Verflechtungen zwischen Leitungspersonen der beiden AWO-Kreisverbände und Beraterfirmen auf. Mehrere Leitungskräfte sind inzwischen zurückgetreten.

Jens Bayer-Gimm, Dirk Baas


Strafvollzug

Rothaarige Meisterin, struppiger Teddy




Bettlaken zu Friedensfahnen: Ulla Mörtel-Then leitet die Schneiderwerkstatt der Justizvollzugsanstalt in Nürnberg.
epd-bild/Christoph Lefherz
Wer im Gefängnis einen Beruf lernen kann, bekommt eine große Chance. Auf die Arbeit und das normale Leben ohne Gitter bereitet im Nürnberger Knast eine unkonventionelle Schneiderin die Häftlinge vor. In der Näherei lernen die Häftlinge den Umgang mit Stoffen und mit sich selbst.

Felix Wolf (Name geändert) sitzt im Knast, wegen Drogendelikten und anderen Taten. Bevor er in Haft kam, hat er es mit mehreren Berufen versucht, als Metzger, Maler, Zimmermann. Aber nichts hat er zu Ende gebracht. "Wegen meiner Drogenproblematik hat das alles nicht funktioniert, da waren die Drogen dann wichtiger", erzählt er.

Seit einem Jahr aber macht er eine Lehre in der Näherei der Justizvollzugsanstalt Nürnberg. Seine Chefin ist Ulla Mörtel-Then, die die Näherei leitet. Eigentlich habe sie nie Schneiderin werden wollen, erzählt sie. Denn die ganze Familie hatte diesen Beruf, der Opa, die Oma, die Tante, die Mutter. Sie wollte Schreinerin lernen. Aber das hätte sie damals als Mädchen nicht werden können.

Über Afrika in den Justizdienst

Mit 23 Jahren ging die selbstbewusste Frau mit den leuchtend roten Haaren dann doch als Schneiderin für zweieinhalb Jahre nach Afrika in den Entwicklungsdienst. Dann las sie von der Stelle in der Knast-Näherei in der Zeitung. Jetzt trägt sie das dunkelblaue Shirt mit der Aufschrift "Justiz".

Im Nürnberger Gefängnis flicken ihre Leute die Anstaltswäsche, erledigen kleine Firmen-Aufträge, sie nähen Adventskalender oder spezielle Backblech-Taschen, um einen Kuchen mit zur einer Party zu nehmen. Die Arbeit mit den männlichen erwachsenen Gefangen ist Mörtel-Then zur Berufung geworden. Es mache einfach Spaß mit ihnen zu arbeiten, zu sehen, dass da Potenziale seien. "Nicht jeder ist schlecht, die haben alle irgendwo einen guten Kern".

Felix Wolf kommt mit einem Problem an einer Herrenhose zu ihr, die er kürzen soll. Erst die Naht absteppen oder erst abschneiden? Er ist sich nicht sicher. "Jetzt nähst du erst mal und machst dann deine Länge", rät die Meisterin.

Es sei ein Privileg, im Gefängnis eine Arbeit zu haben, eine Ausbildung noch viel mehr, berichtet Wolf. Er habe die Chance ergriffen, weil er mittlerweile in dem Alter sei, in dem er ein normales Leben führen wolle. "Ich kann nicht permanent rein, raus, rein, raus, in den Knast". Er wolle nicht mehr straffällig werden und keine Drogen mehr nehmen.

Beruf ist komplizierter als gedacht

Der Schneiderberuf fasziniere ihn, "weil er mehrschichtiger und vielseitiger ist, als man im ersten Moment denkt". Er brauche Fingerfertigkeit, Geduld, Vorstellungsvermögen und man habe viel mit Kunden und mit verschiedenen Materialien zu tun. Aber der Beruf sei auch komplizierter als gedacht.

Drogenabhängige hätten oft ein Defizit beim Fühlen mit den Fingern, weil ihre Nerven angegriffen seien, erklärt Mörtel-Then. "Das heißt, wir müssen erst mal üben, uns selbst zu spüren, weil Schneider doch ein ziemlich gefühlvoller Beruf ist." Und diese Gefühle machten unter Umständen Angst.

"Die Arbeit ist immer auch Therapeut", lacht die Chefin. Ihre Schützlinge müssten begreifen, dass man nicht als Meister vom Himmel fällt. Wenn einer wütend schreit, weil etwas nicht so funktioniert, wie er denkt, "dann sagen wir, das Schreien hat nichts verändert". Wir fangen mit der Aufgabe noch mal an, und dann noch mal und irgendwann funktioniert es. Mörtel-Then hat dafür dann extra eine Lobwand in ihrem Büro, von der sich die Mitarbeiter einen Lobzettel abreißen können.

Beim Schneidern für das Leben lernen

Felix Wolf und die anderen Mitarbeiter lernen in der Näherei Schneidern und etwas fürs Leben, den anderen zu akzeptieren, wie er ist oder Druck auszuhalten. Manche ehemalige Häftlinge, die es geschafft haben, rufen Mörtel-Then an. Einer habe mit dem Zeugnis aus der JVA eine Stelle bekommen und mache derzeit seinen Meister. "Das spornt mich an", sagt die Chefin.

Vor Felix Wolf auf dem Tisch sitzt sein erstes Prüfungs-Stück: Ein süßer brauner Bär, etwa 30 Zentimeter groß, mit dunklen Fußsohlen und Knopfaugen. Den habe er komplett allein zugeschnitten, genäht und ausgestopft, berichtet der Lehrling. Die Chefin habe ihm zwar gesagt, das Fell müsse am ganzen Körper in eine Richtung wachsen, "aber ich wollte das nicht. Der sollte Charakter haben, deswegen sitzt er auch schief".

Er passt auch gut zu Werkstatt-Leiterin Ulla Mörtel-Then. Auch sie ist alles andere als angepasst. Anfangs habe sie sich darüber gar nicht den Kopf zerbrochen, sagt die ehrenamtliche Kirchenvorsteherin. Aber die Gefangenen hätten sie immer wieder gefragt: "Woher nimmst du eigentlich die Kraft, dich mit Idioten wie uns auseinanderzusetzen?" Und sie habe festgestellt, dass die Kraft aus ihrem Glauben und der Einstellung komme, "der Mensch ist erst mal Mensch, und er wird geliebt, so wie er ist, ohne Wenn und Aber."

Christoph Lefherz


Senioren

Wenn der Himmel auf den Kopf fällt




Elisabeth Schutte mit ihrem Kater Pumuckel
epd-bild/Pat Christ
Für viele ältere Menschen ist Einsamkeit ein großes Problem. Vielerorts gibt es bereits erste Projekte, die gegen die wachsende Isolierung ankämpfen. Auch in Bayern, wo sich Kirchengemeinden engagieren.

Sie möchte das, was ihr zur Gewohnheit geworden ist, nicht aufgeben. Möchte sich nicht in fremde Strukturen pressen lassen. "Deshalb geh' ich nicht ins Heim", sagt Elisabeth Schutte. An manchen Tagen ist der Preis der Freiheit hoch. Dann fühlt sich die 87-jährige Würzburgerin sehr alleine. Aus ihrer Wohnung kommt sie nicht mehr raus. Die liegt im vierten Stock. Der Aufzug reicht nur bis zur dritten Etage: "Er ist sowieso schon seit zwei Monaten kaputt und wird nicht repariert."

Früher, da vergingen die Tage wie im Fluge. Es war immer viel zu tun. Es gab eine Menge Menschen, mit denen sich mal kurz plaudern ließ. Heute ist Schutte auf Besuch angewiesen. Einen Besucher gibt es, der sie jede Woche glücklich macht. "Der Bub" nennt Schutte ihn liebevoll. "Der Bub" ist 15 Jahre alt, heißt Paul und engagiert sich ehrenamtlich in der Würzburger Pfarrei St. Johannis. Manchmal kauft er für Elisabeth Schutte ein. Doch meistens sitzt Paul bei der Seniorin und unterhält sich mit ihr. Schutte hat viel zu erzählen. Und sie redet gern.

Senioren kommt Treppe nicht mehr runter

Wenn sie noch die Treppe herunterlaufen könnte, wäre alles anderes. Aber das geht seit einigen Jahren schon nicht mehr, sie hat Arthrose. Meist sitzt sie in ihrem Zimmer auf dem Bett. Dann kuschelt sich Kater Pumuckel an sie. Auf dem Wohnzimmerschrank steht eine Marienfigur. Auch sie zählt zu Schuttes Ansprechpartnerinnen - obwohl Schutte evangelisch ist. Meist komme sie gut klar mit dem Alleinsein, sagt die Seniorin: "Aber es gibt Momente, da denke ich, der Himmel fällt mir auf den Kopf." Dann schließt sie die Augen. Und träumt von früher.

Hin und wieder kommt ein Pater, mit dem Schutte Erfahrungen austauschen kann: "Er stammt auch aus dem Odenwald, wo ich mit meinem Mann lange gelebt habe." Schuttes Mann starb 2006. Vier Jahre später erlag ihr einziger Sohn einem schweren Krebsleiden. Seitdem gibt es keine Angehörigen mehr, die sich um sie kümmern. Auch an Weihnachten wird Schutte alleine sein. Immerhin gibt es noch Menschen, die sich für sie interessieren. Allen voran Paul. Aber auch Inge Wollschläger von der Gemeinde St. Johannis.

Kontakte bei Hochaltrigen dünn gesät

Wenn Elisabeth Schutte eine ganz dunkle Stunde hat, dann ruft sie Wollschläger an. Als Seniorenreferentin kümmert sich Wollschläger um einsame alte Menschen in ihrer Gemeinde. Kürzlich wurde sie von einer 91-Jährigen kontaktiert, die sie bat, zu kommen. "Als ich kam, lagen vor ihr zwölf eng beschriebene Seiten", sagt Wollschläger. Die Frau sagte, dass sie seit Jahren schon nicht mehr besucht worden sei: "Sie hat sich alles notiert, was sie mir erzählen wollte, damit sie nichts vergisst."

Im hohen Lebensalter sind Kontakte in vielen Fällen dünn gesät. Ehepartner, Freunde, Kollegen und Nachbarn starben. Neue Menschen kennenzulernen, ist bei eingeschränkter Mobilität fast unmöglich. Viele Senioren fühlen sich aus diesem Grund sozial isoliert. Laut Statistischem Bundesamt leben derzeit fast 75 Prozent aller Frauen ab 85 Jahre alleine. Die psychologische Forschung spreche inzwischen von einer regelrechten "Epidemie der Einsamkeit", sagt Karin Haist, Leiterin "Projekte demografische Zukunftschancen" der Körber-Stiftung.

Einsamkeit ist dabei kein Problem, das erst jenseits der 60 auftritt, sagt Anja Burkhardt, Architektin und CSU-Stadträtin aus München: "Jeder kann betroffen sein, auch junge Menschen." Vergangenes Jahr erregte sie Aufsehen mit der Forderung, eine "Fachstelle gegen Einsamkeit" in München einzurichten. In Großbritannien, sagt sie, gibt es seit 2018 ein eigenes Ministerium, das sich der "Einsamkeit" annimmt. Niemand soll in Großbritannien einsam sein müssen: "Und niemand in München, wo es 54 Prozent Ein-Personen-Haushalte gibt." Ihr Vorschlag wurde abgelehnt: "Für mich bleibt dies jedoch weiter ein Thema."

Einsamkeit macht schlechte Gefühle

Manchmal ist es schön, alleine zu sein, ein bisschen zu chillen, nichts reden und sich auf niemanden konzentrieren zu müssen. "Doch das", sagt Burkhardt, "ist keine Einsamkeit". Einsamkeit sei ein Zustand, den man sich nicht selbst gewählt hat: "Und aus dem man nicht durch Freizeitangebote herauskommt." Vielen Einsamen sei jedoch gar nicht klar, dass ihr schlechtes Gefühl auf Einsamkeit zurückzuführen ist. Einsamkeit, fand Burkhardt in vielen Gesprächen heraus, ist außerdem schambesetzt: "Unsere Gesellschaft, und da ist München ein gutes Beispiel, erwartet, dass man erfolgreich und beliebt ist und überall mithalten kann". Wer gibt da schon freiwillig zu, einsam zu sein?

In den letzten Jahren entstanden vielerorts Projekte gegen Einsamkeit. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) zeichnete im März besonders vorbildliche Initiativen aus. Darunter war das Projekt "Gemeinsam statt einsam" des Mehrgenerationenhauses (MGH) im unterfränkischen Haßfurt. Das Projekt bietet von Einsamkeit bedrohten Menschen die Chance, sich sinnstiftend zu engagieren, sagt Einrichtungsleiterin Gudrun Greger. Dadurch werde nicht nur Einsamkeit verhindert: "In unserer täglichen Arbeit merken wir, dass das Engagement auch einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat." Einsamkeit, ist Greger überzeugt, macht krank: "Sie ist eine potenzielle Gefahr für psychische und körperliche Einschränkungen."

Einsamkeit lähmt die Kreativität und den Willen. Kraft und Lebendigkeit schwinden in der sozialen Isolation. Eine Abwärtsspirale beginnt. Das bekommen auch die Telefon- und Onlineseelsorger in Bayern täglich mit. Viele Senioren leiden an Altersdepressionen, weiß Ingo Schurig, Seelsorge-Referent im Münchner Landeskirchenamt. Verschärft werde die Einsamkeit oftmals durch Altersarmut. seien doch arme Senioren nicht mal mehr in der Lage, sich einen geselligen Abend mit Getränken im Wirtshaus zu leisten.

Pat Christ


Verbände

Paritätischer fordert Rückfluss der Steuerüberschüsse ins Soziale



Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat sich gegen Steuersenkungen als Folge der Steuermehreinnahmen des Bundes ausgesprochen. Angesichts der sozialen Verwerfungen und Millionen Menschen, die in Deutschland in Armut leben, mahnte der Verband am 14. Januar in Berlin "einen konsequenten Rückfluss der Überschüsse in das Soziale an". Die Gelder sollten für den Ausbau der Mindestsicherung und eine bedarfsgerechte Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung verwendet werden, hieß es.

"Das Geld muss dahin, wo es am Nötigsten gebraucht wird und Menschen in ihrem Alltag wirklich und unmittelbar hilft. Hartz IV geht direkt in den Konsum", betonte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer der Organisation. Eine Anhebung der Regelsätze sei damit nicht nur direkte Armutsbekämpfung, sondern auch das beste Konjunkturprogramm, das man für strukturell benachteiligte Kommunen auflegen könne.

Regelsätze spürbar anheben

Angesichts der in diesem Jahr turnusmäßig anstehenden Neuberechnung der Regelsätze mahnt der Paritätische spürbare Anpassungen an, um Teilhabe sicherzustellen und Armut zu verhindern.

Steuersenkungen würden die soziale Schieflage noch weiter zu verschärfen, warnte Schneider. "Wenn wir die großen sozialen Probleme unserer Zeit lösen wollen, wenn wir Altersarmut und Armut trotz Arbeit verhindern, gutes Wohnen und eine menschenwürdige Pflege für alle sicherstellen wollen, dann braucht es eine sozialpolitische Offensive und diese kostet Geld", so Schneider.

Der Verband warb erneut für einen Runden Tisch zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um auch das Problem nicht abfließender Investitionsmittel zu lösen.



Verbände

DRK: Kleiderspenden in ersten ZARA-Filialen



Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) geht bei den Kleiderspenden neue Wege. Die Hilfsorgansiation startet eine Kooperation mit ZARA Deutschland (Inditex), um Altkleider und Schuhe in deren Geschäften zurückzunehmen, heißt es in einer Mittelung vom 16. Januar. „Ab sofort können nicht mehr getragene Kleidung, Schuhe und Accessoires in gutem Zustand in den ZARA-Filialen in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt am Main abgegeben werden. Die Marke spielt dabei keine Rolle."

Die Kleiderspende komme den Angaben nach entweder direkt Menschen in Not zugute oder unterstütze soziale DRK-Projekte in der Region, sagte Nadine Haegeli, Projektverantwortliche beim DRK-Bundesverband.

Dazu sind weiße Sammelboxen vom DRK in den Geschäften aufgestellt worden. Lokalen DRK-Gliederung holen die abgegebene Ware im Geschäft abholt. Bis Ende 2020 soll das Programm in allen ZARA-Filialen bundesweit umgesetzt werden. Sowohl durch den Secondhand-Verkauf als auch über die Textilverwertung werden aus Kleiderspenden Geldspenden, hieß es. Diese Erlöse dienten wiederum der finanziellen Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit des DRK vor Ort.



Diakonie

Innere Mission schafft "Regiestelle Hauswirtschaft"



Mit einem neuen Modell will die Innere Mission in München helfen, hauswirtschaftliche Dienstleistungen zu professionalisieren. Träger des Versuchs mit Namen "Regiestelle Hauswirtschaft" ist der Sozialbetrieb diakonia, heißt es in einer Mitteilung vom 10. Januar. Ziel sei es, mit der Qualifizierung von jährlich 60 Personen dem Personal- und Fachkräftemangel im Bereich der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen gezielt entgegenzusteuern.

Kooperiert wird dabei den Angaben nach mit der Landeshauptstadt München. Der Stadtrat hat dem Projekt bereits zugestimmt. "Wir freuen uns, dass wir das Ganze als Träger übernehmen dürfen und haben schon sehr viele Anfragen und Kooperationszusagen", erklärt Christine Hopf, stellvertretende Betriebsleiterin von diakonia inhouse.

Kosten von 625.000 Euro

Finanziert wird das Projekt vom Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ). Die Kosten belaufen sich auf insgesamt 624.800 Euro. Gefördert werden sollen vor allem Personen, die bereits in der Hauswirtschaft tätig sind.

Mit der Regiestelle packe man gleich mehrere Schwierigkeiten im Bereich der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen an, betont SPD-Stadtrat Christian Müller. Die Stadt schaffe gemeinsam mit diakonia ein Konzept für die Qualifizierung hauswirtschaftlich Beschäftigter in Privathaushalten sowie im Kita-Bereich. Dadurch werde dieser Bereich professioneller und die Beschäftigten erhalten neue Möglichkeiten.

SPD lobt vielfältigen Ansatz

"Im Bereich der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen, also beispielsweise Reinigung, Küche und kleine Unterstützungen im Alltag, gibt es unterschiedliche Schwierigkeiten. Viele Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten sind prekär oder nicht einmal angemeldet", sagt Müller. "Dazu kommen häufig eine mangelnde Ausbildung und teils auch mangelhafte Sprachkenntnisse. Das führt auch in professionellen Bereichen, etwa bei den hauswirtschaftlichen Dienstleistungen in Kitas, zu Problemen wie einem hohen Unterstützungsaufwand.“

Ziel des Modellprojekts ist es, mehr qualifiziertes Personal zu sichern und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Das Projekt startet am 1. März 2020 und läuft bis Ende Dezember 2021.

Diakonias Auftrag ist es, Menschen eine berufliche Orientierung zu ermöglichen, sie zu qualifizieren und auszubilden. Hierfür wurden in den Betrieben von diakonia rund 350 Arbeitsplätze und Beschäftigungsgelegenheiten geschaffen.



Diakonie

Johanniter übernehmen defizitäre Rehaklinik in Bremen



Die finanzielle Sanierung der Bremer Stiftung "Friedehorst" schreitet weiter voran. Die Johanniter-Ordenshäuser im Bad Oeynhausen haben Anfang Januar das Neurologische Rehabilitationszentrum im Bremer Norden von der Stiftung übernommen. Standort und Arbeitsplätze blieben erhalten, teilte die diakonische Einrichtung am 14. Januar mit.

Friedehorst hatte die Reha-Klinik vor knapp 35 Jahren gegründet. Wegen roter Zahlen wollte sich die Stiftung zuletzt von ihr trennen, um sich auf andere Geschäftsbereiche konzentrieren zu können. Die Johanniter gehören wie Friedehorst zur Unternehmensfamilie der Diakonie.

Schwierige Rahmenbedingungen

Als Gründe für das Defizit nannte Friedehorst-Vorstand Michael Schmidt die Rahmenbedingungen im Gesundheitsmarkt und insbesondere im Rehabilitationsmarkt. Sie seien in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden. "Das Haus lässt sich nur mit einer signifikant höheren Bettenzahl wirtschaftlich betreiben", erläuterte Schmidt. Mit den Johannitern gebe es einen bundesweit agierenden finanzstarken Partner, der in der Lage sei, das dafür notwendige Geld zu investieren.

Für die Johanniter sagte ihr Chef Frank Böker, das Reha-Zentrum habe bundesweit einen hervorragenden Ruf. "Es gibt unsererseits ein klares Bekenntnis zum Standort Bremen-Lesum, zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie zu Investitionen am Standort", ergänzte der Vorsitzende der Geschäftsführung. Über den Kaufpreis sowie weitere Details des Kaufvertrages wurde Stillschweigen vereinbart.




sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Duschen eines Patienten unter Zwang führt zu Kündigung




Wer Patienten mit Gewalt unter die Dusche stellt, muss mit einer Kündigung rechnen.
epd-bild/Heike Lyding
Auch ein tagelanges Weigern, unter die Brause zu gehen, begründet bei einem Demenzkranken kein Zwangsduschen. Wird ein Heimbewohner gegen seinen erklärten Willen von Pflegekräften gewaschen, stellt dass grundsätzlich eine schwerwiegende Misshandlung dar, die eine Kündigung rechtfertigt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern.

Die Rostocker Richter erklärten in einem am 18. Dezember 2019 den Verfahrensbeteiligten zugestellten Urteil die fristlose Kündigung einer heute 58-jährigen Pflegehilfskraft zwar für unwirksam, billigten aber die von ihrem Arbeitgeber ebenfalls hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung.

Die Frau arbeitete seit rund 25 Jahren in einem Alten- und Pflegeheim. Davon wurde sie 15 Jahre zur Betreuung demenzkranker Bewohner eingesetzt. Der Arbeitgeber betreibt bundesweit rund 100 Pflege- und Senioreneinrichtungen.

Sehr distanzierter ehemaliger Grenzsoldat

Zu den von der Pflegerin betreuten Personen gehörte auch ein heute 75-jähriger hochgradig dementer Mann. Der Demenzkranke, ein früherer DDR-Grenzsoldat mit Nahkampfausbildung, zeigte sich von Anfang an sehr distanziert und ließ Körperberührungen nur ungern zu.

Wegen seines Widerstandes gegen die Körperreinigung mussten Ganzkörper- und Intimwäsche, Zahnpflege und auch die Rasur unterbleiben. Laut Pflegedokumentation hatten sich in der Vergangenheit auch Mitbewohner über den Geruch des Kranken beschwert. Als der Mann sich wieder mehrere Tage nicht waschen ließ und sich zuletzt auch noch eingenässt hatte, schritt die Pflegehilfskraft im Januar 2017 zur Tat.

Sie konnte den Demenzkranken anfangs noch überreden, sich zum Duschen und für eine Rasur auf einen Duschstuhl zu setzen. Als es ans Einseifen ging, wehrte sich der Mann nach Kräften und schrie. Er trat einem zu Hilfe eilenden Pfleger in die Genitalien. Die Pflegehilfskraft hielt daraufhin die Hände des Demenzkranken fest, so dass ihn der Pfleger zwangsweise duschen konnte. Im Zuge des Zwangsduschens schlug der Pfleger dem Demenzkranken mit der flachen Hand ins Gesicht. Als der Vorgang bekanntwurde, wurden die Frau und ein beteiligter Pfleger vom Dienst suspendiert.

Arbeitgeber kündigte Arbeitsverhältnis

Der Vorfall hatte weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen. So wurde der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Verweigere sich ein Bewohner einer ausreichenden Hygiene, sei vorgeschrieben, dass das lediglich in der Pflegedokumentation vermerkt werde. Die Pflegehilfskraft habe gewusst, dass sie keinen - wenn auch zur Einhaltung einer Körperhygiene gut gemeinten - körperlichen Zwang ausüben dürfe.

Das LAG urteilte, dass die fristlose Kündigung unwirksam, die ordentliche Kündigung jedoch wirksam sei. Grundsätzlich könne aber eine körperliche Misshandlung von Heimbewohnern auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Auch kein "gut gemeinter Zwang" gestattet

Selbst wenn eine Körperpflege aus hygienischen Gründen geboten war: "Der gut gemeinte Zweck rechtfertigt nicht das Mittel der Anwendung von Zwang", urteilten die Rostocker Richter. Dieser dürfe kein "Erziehungsmittel" sein, um Menschen mit fehlender Einsichtsfähigkeit zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Über notwendige Ausnahmen dürften nur die zuständigen Ärzte, Betreuer und staatlichen Institutionen entscheiden.

Das Zwangsduschen habe den Patienten in seinem Selbstbestimmungsrecht verletzt. Die Klägerin habe auch gewusst, dass sie solch einen Zwang nicht ausüben durfte. Der Schweregrad dieser Misshandlung rechtfertige hier daher nur eine ordentliche und nicht die fristlose Kündigung.

Eine Abmahnung und mögliche Weiterbeschäftigung der Frau sei dem Heimträger aber nicht zuzumuten, befand das Gericht. Dieser müsse sicherstellen, dass gegenüber den Heimbewohnern weder offen noch verdeckt in irgendeiner Form Gewalt und Zwang ausgeübt wird. Die Klägerin habe sich zudem von ihrem Verhalten auch nicht distanziert, rügte das LAG.

Az.: 5 Sa 97/19

Frank Leth


Bundesverwaltungsgericht

Aufenthaltserlaubnis für langjährige gute Integration



Eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis für nachhaltig integrierte, geduldete Ausländer setzt nicht zwingend eine vorherige Mindestduldungszeit von acht Jahren voraus. Auch andere legale Voraufenthaltszeiten, in denen der Ausländer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden konnte, können die Achtjahresfrist für den Erhalt einer humanitären Aufenthaltserlaubnis erfüllen, urteilte am 18. Dezember 2019 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Mit einer ab August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung wollte der Gesetzgeber die nachhaltige Integration von Ausländern mit einer humanitären Aufenthaltserlaubnis belohnen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Antragsteller seit mindestens acht Jahren, Eltern minderjähriger Kinder seit mindestens sechs Jahren, "ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben".

Chinesin wollte von Regelung profitieren

Im entschiedenen Rechtsstreit wollte auch eine Chinesin davon profitieren. 2003 war sie im Wege der Familienzusammenführung zu ihrem Ehemann nach Deutschland gereist. Nach der Scheidung 2007 erhielt sie eine Aufenthaltserlaubnis. Diese konnte aber nicht verlängert werden, weil sie vorübergehend keinen gültigen chinesischen Reisepass hatte.

Sie wurde daraufhin von den deutschen Behörden geduldet. Ihren Antrag auf eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis wurde jedoch abgelehnt, weil sie nicht ununterbrochen acht Jahre geduldet worden sei.

Dem Grunde nach im Recht

Das Bundesverwaltungsgericht gab der Klägerin jedoch dem Grunde nach recht. Die Frau sei im Zeitpunkt der Entscheidung der Vorinstanz eine "geduldete Ausländerin" gewesen. Für die Zeit davor stünden die im Gesetz genannten Rechtsgrundlagen des Aufenthalts (geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis) "gleichberechtigt nebeneinander". Zu berücksichtigen seien danach "alle Voraufenthaltszeiten, in denen der Ausländer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden konnte", befanden die Richter.

Hier habe die Chinesin die Anforderungen an eine "nachhaltige Integration" durchweg erfüllt. Allerdings müsse der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg noch klären, ob ein anderweitiges öffentliches Interesse an einer Ausweisung besteht, etwa wegen einer unzureichenden Mitwirkung an der Beschaffung gültiger chinesischer Papiere.

Az.: 1 C 34.18



Bundesverfassungsgericht

Verwehrter Steuerabzug für Erstausbildungskosten ist verfassungsgemäß



Der Bund darf auch künftig Hunderttausenden Studierenden oder Azubis eine Steuerminderung für die Ausgaben ihres Erststudiums oder ihrer Erstausbildung verweigern. Die Regelungen des Einkommensteuergesetzes, die seit 2004 einen Werbungskostenabzug nicht mehr vorsehen, sind mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 10. Januar veröffentlichten Beschluss.

Normalerweise können die Kosten für die berufliche Aus- und Weiterbildung steuersenkend als Werbungskosten abgesetzt werden. Der Gesetzgeber hatte jedoch den Werbungskostenabzug für Erstausbildungen ohne Vergütung oder das Erststudium rückwirkend zum Steuerjahr 2004 nicht mehr vorgesehen. Folge: Studierende können die Ausgaben für ihr Erststudium später bei ersten eigenen Verdiensten nicht mehr von der Steuer absetzen.

Beschwerdeführer beklagten Ungleichbehandlung

Die Kosten für eine Erstausbildung können lediglich als Sonderausgaben bei der Steuererklärung berücksichtigt werden. Diese wirken sich aber nur aus, wenn im laufenden Jahr Einkünfte erzielt wurden. Das ist bei Studierenden in aller Regel nicht der Fall.

Die sechs Beschwerdeführer, ehemalige Studenten sowie mehrere Piloten, rügten, dass damit der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt werde. Denn, anders als bei Erstausbildungen, könnten bei Zweitausbildungen Ausbildungskosten mit späteren Einkünften nach dem Berufseinstieg steuermindernd geltend gemacht werden. In den konkreten Fällen fielen bei den Beschwerdeführern Ausbildungskosten von bis zu 70.000 Euro an.

Die Verfassungsrichter hatten jedoch keine Einwände, dass der Gesetzgeber den Werbungskostenabzug für Erstausbildungen bei späteren Einkünften nach dem Berufseinstieg nicht mehr vorsieht. Er habe hier einen weiten Gestaltungsspielraum, hieß es zur Begründung.

Der Gesetzgeber durfte "typisierend" davon ausgehen, dass die Kosten einer Erstausbildung oder eines Erststudiums nicht nur beruflich, sondern auch privat veranlasst werden, zumal während der ersten Ausbildung auch eine Unterhaltspflicht der Eltern bestehe. Die Erstausbildung sei vor allem auch persönlichkeitsbildend. Daher sei es zulässig, dass die Kosten nur als Sonderausgaben angerechnet werden können. Ohne Einkünfte im jeweiligen Steuerjahr wirkt sich das allerdings dann steuerlich nicht aus.

Az.: 2 BvL 22/14 bis 2 BvL 27/14



Bundesgerichtshof

Familiengerichte können Ordnungsgeld auch im Ausland durchsetzen



Bei Streitigkeiten um das Umgangsrecht können deutsche Gerichte Zwangs- und Ordnungsgelder auch gegen einen im Ausland lebenden Elternteil verhängen. Ist das ebenfalls im Ausland lebende Kind Deutscher, sind die deutschen Gerichte für die Vollstreckung von Umgangstiteln zuständig, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 20. Dezember veröffentlichten Beschluss.

Im konkreten Fall hatten sich die getrennt lebenden Eltern wegen des Umgangs mit ihrem 2016 geborenen Sohnes gestritten. Die Mutter war mit dem Kind Mitte 2018 nach Irland umgezogen. Das Amtsgericht Freiburg verpflichtete die Mutter zu Umgangsregelungen zwischen Vater und Sohn.

Danach sollte der Vater einmal wöchentlich eine halbe Stunde mit seinem Kind per Skype-Video-Telefonie oder einer anderen vergleichbaren Möglichkeit Kontakt aufnehmen können. Die Mutter sollte zudem mitteilen, wo, wann und wie ein begleiteter Umgang stattfinden könne. Komme sie den Regelungen nicht nach, drohe ihr Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft.

Vater beantragte Ordnungsgeld

Die Mutter kam dem nicht nach, ab Januar 2019 wurde sogar keinerlei Skype-Kontakte ermöglicht. Der Vater beantragte daraufhin ein Ordnungsgeld gegen seine frühere Partnerin. Diese meinte, dass die deutschen Gerichte gar nicht zuständig seien, da das Kind in Irland lebe.

Dem widersprach jedoch der BGH. Sei das Kind wie im vorliegenden Fall Deutscher, könnten auch deutsche Gerichte Ordnungs- und Zwangsmittel zur Vollstreckung von Umgangstiteln verhängen, die im Ausland dann durchgesetzt werden müssen. Das stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.

Az.: XII ZB 311/19



Landesozialgericht

Sozialhilfe-Ausschluss für arbeitsuchende EU-Ausländer rechtmäßig



Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum beinhaltet für arbeitsuchende EU-Ausländer keinen generellen Anspruch auf Hartz IV oder Sozialhilfeleistungen. Ist dem EU-Ausländer eine Rückkehr in sein Heimatland zuzumuten, hat er keinen Anspruch auf Sozialhilfe, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am 21. Dezember 2019 veröffentlichten Beschluss im Fall einer Polin. Die Stuttgarter Richter schlossen sich damit der Auffassung mehrerer Landessozialgerichte an.

Nach EU-Recht darf sich jeder EU-Bürger für bis zu drei Monate in einem anderen EU-Land aufhalten, um dort Arbeit zu suchen. Allerdings sind sie dann vom Erhalt von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen.

Urteil führte zu neuem Gesetz

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte jedoch am 3. Dezember 2015 geurteilt, dass arbeitsuchenden EU-Bürgern mit einem "verfestigten" Aufenthalt in Deutschland zumindest Sozialhilfe gewährt werden muss. Die Kasseler Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Asylbewerbern, wonach diese einen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben (Az.: 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11). Das müsse auch für EU-Bürger gelten, so das BSG.

Die Entscheidung der obersten Sozialrichter wurde von mehreren Landessozialgerichten und der Politik heftig kritisiert. Am 29. Dezember 2016 gab es schließlich eine Gesetzesverschärfung, wonach arbeitsuchende EU-Bürger vom Erhalt von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen wurden. Hierzu hat bislang das BSG noch nicht entschieden.

Stuttgarter Richter haben keine Einwände

Das LSG Stuttgart hielt die Gesetzesverschärfung im aktuellen Eilverfahren für verfassungsgemäß. Auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum umfasse keinen Anspruch auf Sozialleistungen, wenn Betroffene selbst Abhilfe schaffen können. Das sei hier durch eine Ausreise in das Herkunftsland möglich. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber seine Erwartung bekräftigt, dass EU-Bürger, wenn sie keine Arbeit in Deutschland finden, "zur Vermeidung eines inländischen Sozialhilfebezuges ausreisen, insbesondere in ihr Heimatland zurückkehren".

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum von Asylbewerbern sei mit EU-Bürgern auf Jobsuche nicht vergleichbar, da Flüchtlinge anders als EU-Bürger nicht in ihr Heimatland zurückkehren könnten. Ähnlich hatten bereits auch andere LSGs im Eilverfahren entschieden, so etwa das LSG Bayern, das LSG Berlin-Brandenburg, das LSG Hessen und das LSG Niedersachsen-Bremen.

Az.: L 7 SO 3873/19 ER-B



Sozialgericht

Wohnungslose Frau ohne Einkünfte hat Anspruch auf Hartz IV



Eine wohnungslose Düsseldorferin ohne Vermögen und ohne Einkünfte hat Anspruch auf die Hartz-IV-Regelleistung. Das Sozialgericht Düsseldorf gab am 8. Januar einer 53-Jährigen Recht, die lediglich Einkünfte aus dem Sammeln von Pfandflaschen bezieht und auf dem Grundstück der Mutter ihres ehemaligen Lebensgefährten nächtigt. Die Frau lebe auch nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit einer andern Person, stellte das Gericht klar und verwies auf eine umfangreiche Beweisaufnahme zu den tatsächlichen Lebensverhältnissen der Frau.

Die Frau hatte dem Gericht zufolge in der Vergangenheit gegenüber dem Jobcenter Düsseldorf widersprüchliche Angaben zu ihren Wohnverhältnissen gemacht. Dabei ging es um die Frage, ob sie in einem Haus mit ihren ehemaligen Lebensgefährten und dessen Mutter wohnt oder ob sie lediglich außerhalb des Hauses auf dem Grundstück in einem Sprinter beziehungsweise in einem Bauwagen lebt.

Aufgrund der Widersprüchlichkeiten hatte das Jobcenter in der Vergangenheit den Antrag auf Gewährung von Regelleistungen abgelehnt.

Auf Regelzahlung dringend angewiesen

Die Frau hatte geltend gemacht, dass sie keine Miete zahle und auch keine Unterhaltskosten benötige. Aber auf den Regelbedarf sei sie dennoch dringend angewiesen. Allein mit dem Sammeln von Pfandflaschen habe sie sich über Wasser halten können und keine Unterstützung von anderen erhalten.

Das Gericht gab der Frau nun Recht. Dem ihr zustehenden Regelbedarf dürfe nur das Kindergeld angerechnet werden, das ihr als Kindergeldberechtigter für ihre Tochter zur Verfügung gestanden habe, urteilte die 37. Kammer. Die Einnahmen aus dem Flaschensammeln seien aber so gering gewesen, dass sie im diesem Einzelfall anrechnungsfrei bleiben müssten.

Az.: S 37 AS 3080/19




sozial-Köpfe

Verbände

Lea Ackermann geht in den Ruhestand




Lea Ackermann
epd-bild/Annette Zoepf
Die Gründerin und langjährige Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation Solwodi, Lea Ackermann, will in den Ruhestand gehen.

Lea Ackermann werde im Februar 83 Jahre alt und wolle die Arbeit aus Altersgründen "in andere Hände übergeben", teilte eine Sprecherin der Organisation am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit. Der Verein mit Sitz im rheinland-pfälzischen Boppard sucht daher zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Betriebswirtin und eine Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin für die künftige hauptamtliche Leitungsarbeit.

Die 1937 im saarländischen Völklingen geborene gelernte Bankkauffrau trat 1960 bei den Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika (Weiße Schwestern) ein. Ackermann studierte Pädagogik, Psychologie und Theologie. Sie war sieben Jahre lang Bildungsreferentin bei der Mission München und Dozentin an der Katholischen Universität Eichstätt. Solwodi "Solidarity with women in distress" ("Solidarität mit Frauen in Not") gründete Ackermann nach einem längerfristigen Aufenthalt 1985 in Kenia, wo sie als katholische Ordensfrau eingesetzt war. Der Verein, 1987 in Boppard gegründet, begann damit, Frauen beim Ausstieg aus der Zwangsprostitution zu unterstützen.

Später richtete Solwodi auch in Deutschland Beratungsstellen und Notunterkünfte für Frauen ein, die Opfer von Menschenhandel, Zwangsheiraten oder anderen Formen von Gewalt wurden. Aktuell gibt es bundesweit 19 solcher Solwodi-Anlaufstellen. Ackermann erhielt für ihr langjähriges Engagement eine Vielzahl von Auszeichnungen.

Ackermann wurde für ihren außergewöhnlichen sozialen Einsatz vielfach ausgezeichnet: 1996 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz, 1998 wurde sie Frau Europas und 2008 bekam sie die Ehrendoktorwürde der Universität Luzern verliehen. 2014 wurde Ackermann mit dem Augsburger Friedenspreis ausgezeichnet.



Weitere Personalien



Carolina Trautner (58) aus dem Landkreis Augsburg (CSU) wird neue Sozialministerin in Bayern. Amtvorgängerin Kerstin Schreyer (CSU) übernimmt das Ressort Wohnen, Bau und Verkehr. Schreyer folgt dem bisherigen Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) nach, der sein Amt zum 1. Februar abgeben will. Trautner gehört seit März 2018 der Staatsregierung an - zunächst als Staatssekretärin im Ministerium für Unterricht und Kultus, bevor sie im November 2018 ins Sozialministerium wechselte. Sie hat Pharmazie studiert und als Apothekerin gearbeitet. 2013 zog Trautner in den Landtag ein. Zwei Jahre später übernahm sie den Vorsitz des CSU-Kreisverbands im Landkreis Augsburg.

Léon von Brasch, Arzt und Gesundheitsökonom, ist neuer Geschäftsführer des Ev. Krankenhaus Alsterdorf. Gemeinsam mit dem langjährigen Geschäftsführer Michael Schmitz und der Ärztlichen Direktorin Gabriele Garz wird er das Krankenhaus leiten. Ulrich Scheibel, Vorstand der Ev. Stiftung Alsterdorf, sagte, Léon von Brasch "weiß er um die Herausforderung, Krankenhäuser einerseits medizinisch, pflegerisch und therapeutisch gut aufzustellen – und gleichzeitig wirtschaftlich zu führen. Damit sind wir in der Krankenhausleitung sehr gut besetzt." Von Brasch hat zuvor viele Jahre bei der Schön Klinik gearbeitet, zuletzt in der Klinikleitung der Schön Klinik Bad Bramstedt. Er wird zusätzlich zu seinen Aufgaben in der Geschäftsführung des Ev. Krankenhauses Alsterdorf auch die Geschäftsführung des Werner Otto Instituts und des theravitalis alsterdorf, dem Gesundheits- und Therapiezentrum der Ev. Stiftung Alsterdorf, übernehmen.

Bernd Klein (52), bisheriger Bürgermeister von Lich, wird neuer Vorstand des Oberhessischen Diakoniezentrums in Laubach. Er übernimmt für zunächst ein Jahr die Geschäftsführung des Hauses. Klein übernimmt die Aufgabe von Beatrix von Lüpke, die das Amt zum 31. Januar aus gesundheitlichen Gründen niederlegt. Klein gehört der SPD an und ist seit 2008 Bürgermeister von Lich. Das Amt übte er noch bis zum 15. Januar aus. Die gemeinnützige Stiftung Oberhessisches Diakoniezentrum Johann-Friedrich-Stift zählt 400 Beschäftigte und 140 ehrenamtliche Mitarbeiter.

Sven Dörr hat am 1. Januar sein Amt als Pflegedienstleiter im Universitätsklinikum Ulm am Oberen Eselsberg angetreten. Dörr hat langjährige Berufserfahrung als Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege. Vor seinem Wechsel ans Universitätsklinikum Ulm war er seit 2017 als Pflegedienstleiter und Mitglied der Klinikleitung an der Schön Klinik Nürnberg Fürth tätig. Von 2009 bis 2014 hat er am Universitätsklinikum Freiburg in unterschiedlichen Leitungspositionen gearbeitet. Dörr ist für etwa 290 Pflegekräfte am Oberen Eselsberg zuständig.

Sascha Altendorf (43) übernimmt zum 1. Februar 2020 die Geschäftsführung im Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf. Der gebürtige Hesse ist bereits seit vielen Jahren im Management von Gesundheitseinrichtungen tätig. Er folgt auf Christian Quack, der das Unternehmen Ende des vergangenen Jahres auf eigenen Wunsch aus familiären Gründen verlassen hat. Altendorf war zuletzt Klinikleiter und Geschäftsführer der Schön Klinik Lorsch und des MVZ Lorsch und Lampertheim. Zuvor hat er in verschiedenen Leitungs- und Führungspositionen in Hessen, Schleswig-Holstein und Hamburg gearbeitet. Altendorf verfügt über einen MBA-Abschluss in Sozial- und Gesundheitsmanagement.

Frank Johannes Hensel, Direktor des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln, ist turnusgemäß neuer Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Er folgt Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie RWL, der das Amt zwei Jahre lang innehatte. Die Mitgliederversammlung der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege hatte Hensel im September für die Jahre 2020 und 2021 zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Er forderte mehr politischen Rückhalt für Schwache und Benachteiligte.

Andreas Heinz ist zum neuen Vorsitzenden Richter am Bundessozialgericht ernannt worden. Er übernimmt den Vorsitz des 12. Senats (Beitrags- und Mitgliedschaftsrecht der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung). Am 1. August 2008 nahm Andreas Heinz seine Tätigkeit als Richter am Bundessozialgericht auf. Dort war er bis Ende 2016 in dem für die gesetzliche Unfallversicherung zuständigen 2. Senat tätig. Seit Januar 2017 ist er Mitglied im 12. Senat und dessen stellvertretender Vorsitzender. Ebenfalls ernannt wurden Miriam Hannes und Christian Burkiczak. Hannes, promovierte Juristin, war zuletzt seit 2017 Richterin am Landessozialgericht Hamburg. Christian Burkiczak, ebenfalls promoviert, kommt aus Baden-Württemberg und wurde im April 2016 zum Richter am Landessozialgericht Stuttgart ernannt. Ernst Hauck, Vorsitzenden Richter des 1. Senats, ist in den Ruhestand getreten. Im August 2016 war er zum Vorsitzenden Richter ernannt worden.

Sascha Köpke, Professor, leitet seit Jahresbeginn den neuen Lehrstuhl für "Klinische Pflege", der als dualer Studiengang von der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln und der Gesundheits- und Krankenpflegeschule der Uniklinik Köln seit dem Wintersemester 2019 erstmalig angeboten wird. Die Professur ist vorerst am Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) angesiedelt. Ein eigenes Institut für Pflegewissenschaft ist in Vorbereitung, hieß es. Köpke absolvierte zunächst die Ausbildung zum Krankenpfleger. 2004 legte er an der Universität Hamburg sein Erstes Staatsexamen in Gesundheitswissenschaften und Anglistik ab. 2004 bis 2011 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Hochschuldozent für Gesundheitswissenschaften an der Universität Hamburg sowie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig. 2007 promovierte er in Hamburg mit einer Arbeit über evidenzbasierte Patienteninformation und partizipative Entscheidungsfindung bei Multipler Sklerose.

Alexander Scholvien, Dipl.-Psychologe, steigt als Projektleiter bei conQuaesso® JOBS mit dem Schwerpunkt Krankenhaus ein. Damit baue die contec GmbH - Unternehmens- und Personalberatung der Gesundheits- und Sozialwirtschaft - den Bereich conQuaesso® JOBS strategisch für das Krankenhauswesen aus, heißt es in einer Mitteilung vom 9. Januar. conQuaesso® JOBS ist die Personalberatung der contec. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Besetzung von Top-Management-Positionen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Scholvien verfügt über mehrjährige Erfahrung in der Besetzung von ärztlichen und verwaltungsbezogenen Leitungspositionen. In den Jahren seiner Tätigkeit in der Gesundheitswirtschaft hat er zahlreiche ärztliche sowie pflegerische und administrative Vakanzen erfolgreich besetzt.

Jürgen Widera (65) geht nach 32 Jahren als Pfarrer des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) Niederrhein in den Ruhestand. Er war für die fünf evangelischen Kirchenkreise Dinslaken, Duisburg, Kleve, Moers und Wesel kirchlicher Ansprechpartner für Institutionen aus Wirtschaft und Politik. Der Theologe begleitete unter anderem Proteste gegen Schließungen bei Krupp, Siemens oder bei der Desowag. Für seine Verdienste wurde er mit der Hans-Böckler-Medaille der Gewerkschaften ausgezeichnet. Die KDA-Arbeit soll den Angaben zufolge nach Wideras Eintritt in den Ruhestand in die Arbeit des "Evangelischen Laboratoriums" überführt werden. Die Veranstaltungsplattform untersucht die sozialen und ökonomischen Beziehungen, sucht das Gespräch mit Wirtschaft, Gewerkschaft und Politik und ist seelsorgerlich für Arbeitnehmer undUnternehmer tätig.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Februar



Januar

23.-25.1. Kassel:

Christlicher Gesundheitskongress "Du bist es wert - Menschen. Würde. Achten"

des Vereins Christen im Gesundheitswesen

Tel.: 04104/91709-34

28.1. Berlin:

Seminar "Chancen- und Risikomanagement in Einrichtungen der Sozialwirtschaft"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-160

29.1. Berlin:

Seminar: "Umsetzung Bundesteilhabegesetz: Wirksamkeit plausibel machen - aber wie?"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0

29.1. Moritzburg:

Seminar "Mitarbeiterjahresgespräch als Führungsinstrument"

der Diakonischen Akademie für Fort- und Weiterbildung

Tel.: 035207/843-50

29.1. Köln:

Seminar "Rechnungslegungshinweise für Werkstätten für behinderte Menschen unter besonderer Berücksichtigung des Arbeitsergebnisses"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

31.1. Paderborn:

Seminar "Verstehender Umgang mit Demenz"

der IN VIA Akademie

Tel. 05251/2908–0

Februar

4.2. München

Symposium "Kassensturz in der Pflege"

des Kuratoriums Wohnen im Alter gAG

Tel.: 089/66558-565

5.-6.2. Köln:

Seminar "Gestaltung und Optimierung von Dienst- und Schichtplänen"

der Paritätischen Akademie

Tel.: 0202/2822-247

6.2. München:

KWA-Symposium "Kassensturz in der Pflege"

der Kuratorium Wohnen im Alter gAG

Tel.: 089/66558-565

12.-14.2. Tutzing

Tagung "Die Rentenpolitik vor Zukunftsentscheidungen"

der Evangelischen Akademie Tutzing

Tel.: 08158/251-128

12.-14.2. Berlin:

Seminar " Sozialräumliches Arbeiten in multikulturellen Wohnquartieren - Grundlagenkurs - Der Einbezug migrantischer Milieus als Gegenentwurf zur Stigmatisierung von "Parallelgesellschaften"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

17.-19.2. Berlin:

Seminar "Verantwortungsbewusst handeln in der Arbeit mit illlegalisierten Menschen - Aktuelle Rechtslage und verbleibende Handlungsspielräume"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

18.2. Berlin:

Seminar "Einführung in das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)"

der Bundesakademie der AWO

Tel.: 030/26309-0

25.-26.2. Paderborn:

Seminar "Grundlagen der Personaleinsatz-planung in der stationären Altenhilfe"

der IN VIA Akademie

Tel.: 05251/2908–0

27.2. Köln:

Seminar "Pflegeversicherung aktuell: Die ambulante Pflege"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159