

Stuttgart (epd). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum beinhaltet für arbeitsuchende EU-Ausländer keinen generellen Anspruch auf Hartz IV oder Sozialhilfeleistungen. Ist dem EU-Ausländer eine Rückkehr in sein Heimatland zuzumuten, hat er keinen Anspruch auf Sozialhilfe, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am 21. Dezember 2019 veröffentlichten Beschluss im Fall einer Polin. Die Stuttgarter Richter schlossen sich damit der Auffassung mehrerer Landessozialgerichte an.
Nach EU-Recht darf sich jeder EU-Bürger für bis zu drei Monate in einem anderen EU-Land aufhalten, um dort Arbeit zu suchen. Allerdings sind sie dann vom Erhalt von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hatte jedoch am 3. Dezember 2015 geurteilt, dass arbeitsuchenden EU-Bürgern mit einem "verfestigten" Aufenthalt in Deutschland zumindest Sozialhilfe gewährt werden muss. Die Kasseler Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Asylbewerbern, wonach diese einen Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben (Az.: 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11). Das müsse auch für EU-Bürger gelten, so das BSG.
Die Entscheidung der obersten Sozialrichter wurde von mehreren Landessozialgerichten und der Politik heftig kritisiert. Am 29. Dezember 2016 gab es schließlich eine Gesetzesverschärfung, wonach arbeitsuchende EU-Bürger vom Erhalt von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen wurden. Hierzu hat bislang das BSG noch nicht entschieden.
Das LSG Stuttgart hielt die Gesetzesverschärfung im aktuellen Eilverfahren für verfassungsgemäß. Auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum umfasse keinen Anspruch auf Sozialleistungen, wenn Betroffene selbst Abhilfe schaffen können. Das sei hier durch eine Ausreise in das Herkunftsland möglich. Mit der Neuregelung habe der Gesetzgeber seine Erwartung bekräftigt, dass EU-Bürger, wenn sie keine Arbeit in Deutschland finden, "zur Vermeidung eines inländischen Sozialhilfebezuges ausreisen, insbesondere in ihr Heimatland zurückkehren".
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum von Asylbewerbern sei mit EU-Bürgern auf Jobsuche nicht vergleichbar, da Flüchtlinge anders als EU-Bürger nicht in ihr Heimatland zurückkehren könnten. Ähnlich hatten bereits auch andere LSGs im Eilverfahren entschieden, so etwa das LSG Bayern, das LSG Berlin-Brandenburg, das LSG Hessen und das LSG Niedersachsen-Bremen.
Az.: L 7 SO 3873/19 ER-B