

Bielefeld (epd). Doch nun kam es anders. Im Bundestag gab es keine Mehrheit für die Widerspruchslösung. Im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) zeigt sich Ulrich Pohl enttäuscht, spricht von einer vertanen Chance. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Herr Pfarrer Pohl, Sie haben die von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) favorisierte Widerspruchslösung ausdrücklich begrüßt. Nun kommt sie nicht, im Bundestag fand sich keine Mehrheit? Sind Sie sehr enttäuscht?
Ulrich Pohl: Ja, ich bin enttäuscht. Ich glaube, es ist eine Chance vergeben worden, den betroffenen schwer kranken Menschen, die auf eine Organspende warten, besser zu helfen als bisher. Aber diese Entscheidung ist demokratisch getroffen worden und natürlich absolut zu akzeptieren.
epd: Wiederholt haben Sie darauf verwiesen, dass auch die Widerspruchslösung explizit vorsieht, Nein zu einer Organspende zu sagen und das in einem Register festzuhalten. Warum greift dieses Argument offenbar nicht?
Pohl: Anscheinend haben viele den Eindruck, dass die Entscheidungslösung eine größere Freiheit für die Bürger in dieser Frage bedeutet. Ich persönlich sehe aber diese Entscheidungsfreiheit genauso bei der Widerspruchslösung. Jedenfalls erfordert der jetzt notwendige Aufwand für wiederholte Information und Aufklärung der Bevölkerung erhebliche Ressourcen, die wir besser an anderer Stelle im Gesundheitswesen nutzen könnten.
epd: Die Entscheidungsbefürworter hatten aus Ihrer Sicht das schwächere Argument. Warum haben sie sich dennoch durchgesetzt?
Pohl: Ich kann es mir nicht erklären, warum die weitergehende Lösung, die ja auch in vielen anderen europäischen Staaten gute Praxis ist, abgelehnt worden ist. Sicherlich ist die Entscheidung auch durch die Freigabe des Votums in den Fraktionen beeinflusst worden. Die Freigabe für die Abgeordneten war in jedem Fall gut und richtig bei so einer Gewissensentscheidung. Und die Abstimmung ist ja sehr klar entschieden worden.