

Berlin (epd). Die Linke im Bundestag ist überzeugt: Der Sozialstaat braucht mehr als ein Update. Deshalb hat die Partei ein Konzept entwickelt, das grundlegende Umbauten im System der erforderlichen Reformen nötig macht. "Wir wollen einen neuen, einen besseren Sozialstaat. Einen Sozialstaat, der die Beschäftigten sicher durch die Umwälzungen bringt, die die Digitalisierung und die Klimawende für uns bedeuten", sagte Vorsitzende Katja Kipping bei der Vorstellung der Pläne in Berlin: "Der Sozialstaat braucht mehr als ein Update, er braucht ein neues Betriebssystem." epd sozial dokumentiert das Vorhaben:
Für ein neues Betriebssystem des Sozialen
– Jedes Jahr wachsen Wohlstand, Wissen und Reichtum. Jedes Jahr könnte mit immer weniger Aufwand immer besser produziert, verteilt und organisiert werden.
– Wir wollen ein neues Betriebssystem des Sozialen: Eine öffentliche Infrastruktur, die echte Demokratie fördert und Umverteilung von oben nach unten schafft.
– Ohne Sozialstaat keine funktionierende Demokratie und kein Schutz von Klima und Umwelt.
Gesellschaftliche Umbrüche zwingen zum Handeln
– Das Modell des Neoliberalismus ist wirtschaftlich, sozial und ökologisch gescheitert.
– Digitalisierung und die Klimakrise zwingen zum Handeln.
– Hunderttausende Arbeitskräfte fehlen schon heute, etwa in Pflege, Bildung und Erziehung.
– Die Agenda 2010 hat Mechanismen des Sozialstaats als Instrument der Disziplinierung und Entmutigung genutzt, um Menschen gefügig zu machen. Der Zwang, nahezu jede Arbeit anzunehmen, hat die Löhne gedrückt. Mehr als eine Million Erwerbstätige sind heute noch gezwungen, zusätzlich ALG-II-Leistungen (Hartz IV) zu beziehen.
– Die soziale Verunsicherung hat die Fliehkräfte der Gesellschaft verschärft, sie hat Ausgrenzung und Rassismus befördert.
Für einen demokratischen Sozialstaat
– mit organisierter Solidarität in den sozialen Sicherungssystemen;
– mit sozialem Ausgleich zwischen starken und schwachen Schultern;
– mit sozialen Rechten, die den Einzelnen garantiert sind: sozialen Garantien;
– mit sozialen Dienstleistungen und öffentlichen Infrastrukturen als Teilen der öffentlichen Daseinsvorsorge: einer universellen Grundversorgung auch im ländlichen Raum;
– mit guter Arbeit, die sicher ist und zum Leben passt.
– Soziale Garantien und soziale Sicherung für die Einzelnen: Solidarische Umlagesysteme, die den Lebensstandard sichern und einen verlässlichen Schutz vor Armut bieten.
– Soziale Dienstleistungen und Infrastrukturen, die öffentlich und gemeinwohlorientiert organisiert sind und damit Zugang für alle ermöglichen: eine universelle Grundversorgung.
– Ein "neues Normalarbeitsverhältnis" für gute Arbeit, die sicher ist und zum Leben passt.
Beispiele Säule I: Soziale Sicherheit
– Das Rentenniveau wird auf 53 Prozent angehoben. Das bedeutet: Fast 150 Euro brutto mehr im Monat für einen sogenannten "Standardrentner".
– Wir wollen eine Kindergrundsicherung in Höhe von rund 600 Euro.
– Statt der Zwei-Klassen-Medizin wollen wir eine Solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle, auch Selbstständige, Freiberuflerinnen und Beamten einzahlen.
– Zwölf Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil (bzw. 24 Monate für Alleinerziehende), der individuell und nicht übertragbar ist.
Beispiele Säule II: Soziale Dienstleistungen
– Bessere Bildung: Ausbau von gebührenfreien Kitas mit mehr Personal, das besser bezahlt wird. Schulen sanieren und flächendeckende Ganztagsbetreuung.
– Investitionen in Krankenhäuser, ambulante Versorgung im ländlichen Raum, nichtkommerzielle Pharmaforschung.
– Wir finanzieren eine Energiewende, in der umweltschädliche Energien durch regenerative ersetzt werden. Die großen Energieversorgungsunternehmen wollen wir ablösen: saubere Energie in Bürgerhand.
– Den öffentlichen Nahverkehr ausbauen: Mehr Busse, Bahnen, bessere Taktung und kostenfrei für die Nutzer und Nutzerinnen.
Beispiele Säule III: Arbeit, die zum Leben passt
– Arbeit in den sozialen Dienstleistungen aufwerten. Keine Pflegefachkraft und keine Erzieherin soll unter 3.000 Euro brutto im Monat verdienen.
– Arbeitszeiten, die mehr Zeit fürs Leben lassen. Wir wollen ein Recht auf selbstbestimmtere, familienfreundliche und kürzere Arbeitszeiten für alle. Die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit wollen wir auf 40 Stunden absenken.
– Wir wollen eine Anti-Stress-Verordnung. Alle Beschäftigten müssen ein Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit haben.
– Veto-Recht der Beschäftigten bei Überlastung.
In Verantwortung für eine soziale Zukunft
Wir sind entschlossen für die Umsetzung zu kämpfen. Wenn es um soziale Garantien, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, gute Arbeit sowie ums Öffentliche geht, gilt für uns: Wir wollen das umsetzen. Mit all unser Energie, mit aller Entschiedenheit, mit allem Kampfesmut und mit Klugheit.