Ausgabe 37/2017 - 15.09.2017
Freiburg (epd). Immer mehr Menschen geht es so: Feierabend zu haben, bedeutet noch lange nicht, dass nichts mehr zu tun ist. Hier noch eine E-Mail vom Kollegen beantworten, dort noch eine WhatsApp-Nachricht lesen, und manchmal ruft sogar der Vorgesetzte am Wochenende an. Dass ständige Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit Menschen psychisch belasten kann, ist schon lange bekannt - allein, es fehlen Lösungsansätze, wie man mit E-Mails und Simsen zur "Unzeit" adäquat umgehen kann. "Es geht nicht darum, Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten zu verteufeln. Wichtig ist nur, sie so zu gestalten, dass sie einen Nutzen bringt", sagt Nina Pauls.
Sie ist Arbeits- und Organisationspsychologin an der Universität Freiburg und gehört einem Forscherteam an, das sich mit Wissenschaftlern des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung München dieser Frage angenommen hat. "MASTER - Management ständiger Erreichbarkeit" heißt die Studie, mit der die Wissenschaftler erkunden wollen, wie man die Erreichbarkeit von Mitarbeitern so gestalten kann, dass weder ein Unternehmen noch die Beschäftigten unter den Arbeitsbedingungen leiden.
Das Ergebnis klingt eigentlich ganz simpel, ist aber in vielen Unternehmen noch nicht angekommen: Man muss darüber reden. Dann lässt sich auch ein Modus finden, der auf die Bedürfnisse der Firma wie auch der Mitarbeiter zugeschnitten ist.
Befragt haben die Forscher für die Studie Mitarbeiter von fünf Unternehmen der IT-Branche, insgesamt etwa 300 Menschen. Sie wollten zunächst wissen: Wer ist üblicherweise wie oft außerhalb seiner Arbeit erreichbar - und wie wirkt sich das auf das Wohlbefinden aus?
Dabei habe sich gezeigt, dass Beschäftigte überdurchschnittlich viele Probleme mit Erreichbarkeit haben, wenn diese firmenintern nicht thematisiert wurde. Nicht die Verfügbarkeit allein war das Problem, sondern oftmals auch eine Unsicherheit unter den Mitarbeitern, was von ihnen eigentlich erwartet wird. "Viele Leute wissen zum Beispiel gar nicht, ob sie auf eine Mail am Wochenende antworten müssen - andere wiederum sind aus genau diesem Grund unsicher, zu welcher Zeit sie etwas verschicken dürfen", sagt Pauls.
Unklarheiten in der Kommunikation und in den Erwartungen können also zu einer Belastung werden. Genau dort setzte der nächste Schritt des Projekts an. "Wir haben mit einigen Mitarbeitern Workshops abgehalten. Bei den Teilnehmern ging die Erschöpfung messbar herunter", sagt Pauls. Geklärt wurden Fragen wie: Wer muss in einer Mail überhaupt in den Verteiler? Sollte man wichtige Mails vorab per SMS ankündigen? Oder: Welches Medium benutze ich? "Termine kann man beispielsweise viel besser über einen Online-Kalender ausmachen als über eine endlose E-Mail-Flut", sagt Pauls.
Eines der beteiligten Unternehmen ist die Freiburger Softwarefirma Kühn und Weyh. Etwa 100 Menschen arbeiten dort, viele von ihnen sind auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten erreichbar - vor allem deswegen, weil man bemüht ist, diese so flexibel wie möglich zu gestalten. In dem Forschungsprojekt seien die Vorteile, aber auch die Probleme konkret erfahrbar geworden, sagt Betriebsrätin Corinna Heist. Zum Beispiel, dass die Gefahr bestehe, dass "die Teams den Kontakt untereinander verlieren und es unübersichtlich wird". Das Unwissen darüber, welcher Mitarbeiter zu welcher Zeit erreichbar sei, habe sich negativ auf die Projektarbeit, aber auch auf das persönliche Wohlbefinden ausgewirkt.
Oft sind es nur kleine Schritte, die zusammen eine Menge bewirken können. So hat Betriebsrätin Heist ihr eigenes Verhalten jetzt überdacht und angepasst. "Ich habe einige Wochenend- und Abendtermine - und darüber kommuniziere ich jetzt viel mehr. Ich trage diese Termine jetzt ein. Das hat den Vorteil, dass die Kollegen wissen, wann ich noch für die Arbeit erreichbar bin. Das macht es allen einfacher", sagt sie.
Freiburg (epd). Unternehmen in Deutschland sollten einer Studie zufolge Regeln für die Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter außerhalb der üblichen Arbeitszeiten einführen. Das erhöhe die Arbeitszufriedenheit und auch die Produktivität der Beschäftigten. "Es geht nicht darum, Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten zu verteufeln - wichtig ist nur, sie so zu gestalten, dass sie einen Nutzen bringt", sagte Nina Pauls, Arbeits- und Organisationspsychologin der Universität Freiburg dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Für die Studie "MASTER - Management ständiger Erreichbarkeit" befragten ein Freiburger Forschungsteam sowie ein Team des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung München etwa 300 Angestellte in fünf Unternehmen der IT-Branche über deren Erfahrungen mit Erreichbarkeit per E-Mail oder Telefon außerhalb der üblichen Arbeitszeiten. Dabei zeigte sich nach Ansicht der Wissenschaftler, dass Beschäftigte überdurchschnittlich viele Probleme mit Verfügbarkeit haben, wenn diese firmenintern nicht thematisiert wurde. "Wir haben gemeinsam mit einigen Mitarbeitern Workshops abgehalten. Danach ging bei den Teilnehmern die Erschöpfung messbar herunter", sagte Pauls.
Gestalten lasse sich die Erreichbarkeit auf verschiedene Weisen und nicht jede Strategie helfe jedem Unternehmen. Mögliche Vorgehensweisen seien etwa, vor Versenden einer Mail, genau zu überlegen, wer in den Verteiler gehört oder etwa, ob es sich dabei um das geeignete Medium handelt. "Termine kann man beispielsweise viel besser über einen Online-Kalender ausmachen als über eine endlose E-Mail-Flut." Gut sei zudem, vorab zu klären, zu welchen Tageszeiten man eine Antwort auf E-Mails erwarten könne. "Wichtig ist vor allem, das eigene Vorgehen zu reflektieren", sagte Organisationspsychologin Pauls.
Frankfurt a.M. (epd). Manchmal hängen Dinge mehr miteinander zusammen, als vielen Menschen bewusst ist: Das gilt etwa für Fitness-Armbänder, die bei einem Jogger Daten über den Laufstil erheben. Ist ein Mensch mit einem solchen Gerät unterwegs, erfährt er nicht nur selbst etwas über seinen Fitnesszustand, sondern unter Umständen auch seine Krankenkasse. In Deutschland derzeit noch nicht, in den USA jedoch schon - was dort unmittelbar Einfluss auf die Höhe der Beiträge haben kann. "Menschen verlieren auf diese Weise vollkommen die Kontrolle über ihre Daten. Außerdem ist das eine Entgrenzung von Freizeit und Arbeit", sagt der Experte Welf Schröter.
Schröter leitet das "Forum soziale Technikgestaltung" des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). In dieser Funktion nimmt er als dessen Vertreter an dem organisationsübergreifenden Projekt "Sozialer Zusammenhalt in digitaler Arbeitswelt" teil. Neben DGB und ver.di sind auch kirchliche Organisationen wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Landeskirche in Württemberg dabei; außerdem Stiftungen und Wissenschaftler.
Insgesamt sind im "Forum soziale Technikgestaltung" ein Dutzend Akteure aus unterschiedlichen Strömungen der Gesellschaft versammelt, sie alle eint laut Schröter dasselbe Ziel: Zusammenhänge wie den zwischen Fitness-Armbändern und Krankenkassen, von denen es viel mehr gibt, als den meisten Menschen bewusst ist, zu erklären und so im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern. Kurzum: eine Debatte über Digitalisierung darüber anzustoßen, wie elektronische Geräte und ihre Datenerfassung unser Leben verändern.
Denn diese Debatte sei bislang viel zu kurz gekommen, finden die Gründer des Netzwerkes. Es fehle in der Bevölkerung an Kenntnis, wie weit die Technik bereits in den Alltag eingreift. Ein Beispiel ist für Schröter der sogenannte Cloudworker - also ein Mensch, der an einem beliebigen Ort am Rechner sitzt und von dort aus Arbeiten für verschiedene Betriebe ausführt.
"Teil des Betriebslebens ist ja auch der soziale Zusammenhalt. Man lernt, miteinander umzugehen", so Schröter. Das alles habe ein Cloudworker aber nicht - er stehe mit anderen Cloudworkern ausschließlich in Konkurrenz. "Wo also lernen diese Menschen Sozialisation?" Der Vorschlag des Netzwerks ist daher: Cloudworker zum Arbeiten an öffentlichen Orten zusammenbringen. Ohne dass ihnen dafür Kosten entstehen. Das könnte etwa in Bibliotheken geschehen. "Das muss man bewusst als Teil einer kommunalen Stadtentwicklungsplanung machen. Und dafür benötigt man dann auch gesellschaftspolitische Förderung." Also: öffentliche Gelder.
Initiativen wie dieses Netzwerk passen in die Zeit. Gerade erst haben die SPD-geführten Ministerien in der Bundesregierung für Justiz, Arbeit und Wirtschaft ein 80-seitiges Positionspapier zur Digitalisierung vorgelegt - ohne Beteiligung der Union. In dem Schriftstück mit dem Titel "Digitalpolitik für Wirtschaft, Arbeit und Verbraucher" regen die SPD-Minister Brigitte Zypries, Andrea Nahles und Heiko Maas unter anderem überbetriebliche Bildungszentren zur Digitalisierung an - und vor allem eine Digitalagentur unter Bundeshoheit.
Analog zu vergleichbaren Einrichtungen - etwa der Bundesnetzagentur - soll sie über den Wandel wachen. Außerdem fordern sie für die nächste Bundesregierung ein "Kompetenzzentrum, das wissenschaftlichen Sachverstand zum digitalen Wandel bündelt", heißt es in dem Papier.
Berlin (epd). Das Bundesfamilienministerium und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege wollen ihre Zusammenarbeit im Bereich der digitalen Transformation verstärken. Die Digitalisierung führe zu triefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, hieß es am 7. September in einer Erklärung nach einem Treffen zwischen Vertretern des Ministeriums und der Arbeitsgemeinschaft. "Damit verbunden sind einerseits große Chancen, zugleich aber auch Risiken sozialer Spaltung, die frühzeitig erkannt und begrenzt werden müssen."
Als vereinbarte Schwerpunkte nannten die Teilnehmer Bereiche wie soziale Arbeit, freiwilliges Engagement und Selbsthilfe sowie Bildung und Management. "In den digitalen Technologien steckt auch viel Potenzial für den sozialen Sektor", erklärte Familienministerin Katarina Barley (SPD). Ein gutes Beispiel sei der digitalisierte Elterngeld-Antrag. "Wir müssen die Möglichkeiten, die uns der digitale Wandel bietet, aber noch besser nutzen." Dafür seien die Wohlfahrtsverbände als zentrale Säule des Sozialstaats unverzichtbar.
Gemeinsam mit dem Ministerium wolle man "die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die gesellschaftlichen Gewinne aus der digitalen Transformation auch den sozial Benachteiligten zufließen", erklärte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft, Peter Neher. Der Caritas-Präsident bezeichnete die Freie Wohlfahrtspflege als "gemeinwohlorientiertes Gerüst der sozialen Infrastruktur in Deutschland".
Der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege gehören die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband, die Diakonie, das Rote Kreuz, der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden an.
Minden (epd). Ein Netzwerk aus Initiativen und Kirchenvertretern in Minden will mit Petitionen an den Bundestag und den nordrhein-westfälischen Landtag Helfer entlasten, die für Flüchtlinge gebürgt haben. Die Verpflichtung zur privaten Übernahme der Kosten staatlicher Sozialleistungen an Flüchtlinge sollten nach einer Anerkennung eines Asyl- oder Flüchtlingsstatus enden, forderte Rüdiger Höcker vom Welthaus Minden im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir appellieren an den Bundestag, eine Änderung des Integrationsgesetzes zu beschließen", sagte der evangelische Theologe.
Die Unterzeichner rufen den Düsseldorfer Landtag auf, über den Bundesrat eine Gesetzesänderung anzustoßen. In einem ersten Schritt solle das Bundessozialministerium die Aussetzung der Rückforderungen veranlassen, erläuterte der frühere Gelsenkirchener Superintendent Höcker, der ehrenamtlich im Welthaus mitarbeitet. "Dann lässt sich die Sachlage in Ruhe klären."
Von den Petitionen an die Parlamente werde eine schnelle Lösung des Problems im Sinne der Betroffenen erhofft, erläuterte Höcker. "Die ersten Rechnungen werden von den Behörden schon angemahnt."
In den vergangenen Monaten hatten Job-Center und Sozialämter Rechnungen an Menschen geschickt, die in den Jahren 2014 und 2015 Verpflichtungserklärungen für den Lebensunterhalt syrischer Flüchtlinge unterschrieben hatten. Dabei geht es laut Höcker um bis zu 20.000 Euro je Einzelfall. Nur aufgrund solcher Bürgschaften konnten Syrer damals vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland fliehen.
Die Geltungsdauer dieser Verpflichtungen war allerdings ungeklärt: In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen ging man von einer Befristung bis zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus aus. Aus Sicht der Bundesregierung galt die Verpflichtung aber auch danach fort. Das Integrationsgesetz bestimmte schließlich im August 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für "Altfälle" auf drei Jahre reduziert wurde.
Auch in Hessen regt sich massiver Widerstand gegen die umstrittene Praxis. Dort blicken Flüchtlingsinitiativen mit Spannung auf das Gießener Verwaltungsgericht, das am 5. Oktober zum ersten Mal mündlich über die Rechtmäßigkeit der Bürgschaften verhandelt.
Wie viele Verpflichtungserklärungen bundesweit unterschrieben wurden, ist nicht bekannt. Rund 15.000 syrische Flüchtlinge waren nach Angaben von Pro Asyl bis Mitte 2015 allein über Aufnahmeprogramme der Bundesländer eingereist.
Nürnberg (epd). Weiterbildungen und Umschulungen Arbeitsloser in der Altenpflege lohnen sich einer Studie zufolge. Dadurch verbesserten sich deren Jobchancen signifikant, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am 12. September in Nürnberg mit. Eine Umschulung in der Altenpflege "erhöht die Beschäftigungswahrscheinlichkeit langfristig um rund 20 Prozentpunkte", lautet das Ergebnis der Untersuchung. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) rief die Politik auf, die Finanzierung der erfolgreichen Umschulungen fortzusetzen.
Auch kürzere Weiterbildungen mit einer Dauer von wenigen Wochen bis zu einem Jahr können der Untersuchung zufolge die Beschäftigungschancen langfristig um zehn bis 20 Prozentpunkte steigern. "Weil ein wesentlicher Anteil der ehemals Geförderten dauerhaft im Pflegesektor tätig bleibt, tragen diese Maßnahmen auch dazu bei, die Lücke zwischen dem wachsenden Altenpflegebedarf und dem Altenpflegeangebot zu verkleinern", betonten die Forscherinnen Christine Dauth und Julia Lang.
Ein hoher Anteil der vorher Arbeitslosen, die in der Altenpflege geschult wurden, arbeitet auch langfristig im Pflegesektor. Unter den Umschulungsteilnehmern sind es rund 70 Prozent, bei den Teilnehmern an den kürzeren Weiterbildungen sind es den Angaben zufolge rund 50 Prozent. Das IAB gehört zur Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.
Bernd Meurer, Präsident des bpa, sagte, die Studie habe bestätigt, dass die "Altenpflege eine der wenigen klassischen Branchen ist, in der trotz des digitalen Wandels noch sichere Jobs mit Zukunft entstehen". Und er ergänzte: "Die Altenpflege ist ein Verbleibsberuf und kein Ausstiegsberuf."
Der Verbandschef rief die Verantwortlichen in der Politik und bei der Bundesagentur für Arbeit auf, "die erfolgreiche Umschulungsfinanzierung fortzuführen". Angesichts einer Million Langzeitarbeitslosen und dem schon jetzt gravierenden Fachkräftemangel in der Altenpflege ermöglichten diese Qualifizierungen vielen Menschen eine dauerhafte Berufs- und Lebensperspektive.
Berlin (epd). Drei Viertel der Bevölkerung halten die aktuelle Vermögensverteilung in Deutschland für ungerecht. Das ist das Ergebnis einer am 12. September vorgestellten Umfrage der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und des Paritätischen Gesamtverbands. Eine breite Mehrheit spricht sich demnach für mehr Staatsausgaben in der Sozial-, Wohnungs- und Bildungspolitik sowie für höhere Steuern für Reichen aus. Ver.di-Chef Frank Bsirske und der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, sehen darin ihre Forderungen nach einer stärkeren Umverteilung in Deutschland bestätigt.
Der Befragung zufolge empfinden 91 Prozent der SPD-Anhänger und 55 Prozent der CDU/CSU-Anhänger die Vermögensverteilung in Deutschland als ungerecht. Auch die Befragten mit anderen Parteipräferenzen vertreten mehrheitlich diese Auffassung. Einzige Ausnahme sind die FDP-nahen Umfrage-Teilnehmer.
Von den insgesamt 1.005 Befragten vertreten 70 Prozent die Ansicht, dass die Kluft zwischen Arm und Reich ein Maß erreicht hat, das den sozialen Frieden in Deutschland gefährdet. Diese Haltung teilte auch die Mehrzahl der befragten FDP-Anhänger. 78 Prozent befindet zudem, dass in der Bildung zu wenig investiert wird. 73 Prozent beklagen zu wenig Investitionen für bezahlbare Wohnungen, 62 Prozent wünschen höhere Sozialausgaben. 84 Prozent sprachen sich für ein stärkeres Engagement des Staates bei der Bekämpfung der Altersarmut, 77 Prozent bei der Pflege und 72 Prozent bei Hilfen für benachteiligte Kinder und Jugendliche aus.
Für Steueranhebungen auf sehr hohe Einkommen und große Vermögen plädierten ebenfalls drei Viertel der Befragten. Die Zustimmungsquoten lagen bei den AfD-Anhängern bei 72 Prozent, bei den Grünen-Sympathisanten bei 89 Prozent und bei den SPD- und Linke-nahen Befragten je bei 87 Prozent. Nur die Anhänger der FDP lehnen Steuererhöhungen mehrheitlich ab. Insgesamt halten 77 Prozent eine Anhebung der Vermögenssteuer und 67 Prozent der Einkommensteuer für das richtige Instrument. Nur 45 Prozent plädieren für eine höhere Erbschaftssteuer.
Schneider zog aus der Umfrage ein klares Fazit: "Die ganz breite Mehrheit der Bevölkerung will einen Kurswechsel in der Steuerpolitik, damit der Staat seinen drängenden sozialpolitischen und bildungspolitischen Aufgaben nachkommen kann." Die Menschen wollten in parteiübergreifender Mehrheit eine solidarische Steuerpolitik, die Reiche stärker in die Verantwortung nehme. Die nächste Bundesregierung müsse deshalb "der Mehrheit ihrer Anhängerschaft" folgen.
Bsirske unterstrich, die Umfrage zeige, dass eine umverteilende Steuer- und Ausgabenpolitik einen starken gesellschaftlichen Rückhalt habe. Dies sei keine parteipolitische, sondern eine moralische Frage. "Letztendlich geht es darum zu entscheiden, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen", sagte er. Im Wahlkampf hätten die Parteien das Thema aber nur "halbherzig" aufgegriffen. Jetzt hätten sie noch zwei Wochen Zeit, das Thema zuzuspitzen.
Eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der Umfrage und den Wahlprognosen, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wahl gewinnen wird, sehen Schneider und Bsirske nicht. Die Sonntagsfragen seien erfahrungsgemäß «sehr volatil», zudem hätten sich viele Wähler noch nicht festgelegt, sagte Schneider.
Eine parteipolitische Wahlempfehlung wollten weder er noch Bsirske aussprechen. Allerdings berge eine Koalition aus Union und FDP auch "kein Versprechen für eine Verbesserung", sagte Bsirske.
Detmold (epd). Wachsende soziale Ungleichheit beeinflusst aus Sicht des Detmolder Sozialwissenschaftlers Robert Vehrkamp zunehmend die Wahlen. "Wir reden nicht mehr über kleine Unterschiede, die soziale Schieflage wird immer krasser", sagte der Wissenschaftler im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der typische Nichtwähler lebe in Wohnvierteln mit hoher Arbeitslosigkeit, Armut und niedriger Bildung. In solchen Vierteln wählten nur noch 30 Prozent der Bewohner, in gutbürgerlichen dagegen um die 80 Prozent, erklärte der Forscher, der für die Bertelsmann Stiftung die Wahlbeteiligung in Deutschland untersucht.
Die Wahlergebnisse seien dadurch sozial nicht mehr repräsentativ. "Das ist eine große Gefahr für die Demokratie."
Nichtwähler seien oft der Auffassung, dass ihre Stimme nichts ändert. "Man ist in der öffentlichen Diskussion viel zu lang davon ausgegangen, dass Nichtwähler bräsig-zufrieden und politisch uninteressiert sind." Das sei grundfalsch. Sie seien weder unpolitisch noch zufrieden: "Sie erwarten aber nichts mehr von den etablierten Parteien."
Entsprechend einfach hätten es Protestparteien und Populisten: "Bei der NRW-Wahl 2017 sind viele Protestwähler direkt von den Piraten zur AfD gewandert, obwohl diese Parteien sich inhaltlich natürlich stark unterscheiden."
Die insgesamt gestiegene Wahlbeteiligung der letzten Landtagswahlen habe an der soziale Spaltung nichts geändert. Die Abstände seien sogar gewachsen. "In besser gestellten Milieus wird noch mehr gewählt - auch aus Sorge vor der AfD." Ausgerechnet Nichtwähler-Hochburgen seien zudem für die Parteien "wahlkampffreie Zonen".
Sich um Nichtwähler zu bemühen, verspreche den etablierten Parteien wenig Erfolg. "Es fehlen ihnen inzwischen auch die Ressourcen dafür", sagte Vehrkamp. Das verstärke den Trend. Damit bekämen die sozialen Probleme der Nichtwähler-Milieus in der Politik auch immer weniger Aufmerksamkeit, fürchtet Vehrkamp. "Ein Teufelskreis."
Nicht-Wählen werde zudem über das Umfeld an die jüngere Generation vermittelt. Der Forscher fordert daher, nicht nur das Wahlalter zu senken, sondern Jugendliche im schulischen Umfeld wählen zu lassen. "Wählen will gelernt sein."
Berlin (epd). Rund 100 Flüchtlingsheime wollen bis Ende des Jahre besonders gefährdete Bewohner wie allein geflohene Frauen oder Kinder besser vor Übergriffen in den Unterkünften schützen. Die Heime werden dazu unter anderem speziell geschulte Gewaltschutzkoordinatoren einsetzen, wie Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) am 12. September in Berlin mitteilte. Zudem sind bauliche Veränderungen wie getrennte Waschbereiche für Männer und Frauen geplant. Die Bewohner sollen über Gefährdungssituationen aufgeklärt werden.
Die Maßnahmen gehen auf die 2016 gegründete Bundesinitiative "Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften" zurück, der laut Barley mittlerweile 37 Verbände angehören, darunter der Deutsche Caritasverband und die Diakonie Deutschland. Die Organisationen formulierten Mindeststandards, um den Schutz vor Gewalt in den Unterkünften kontinuierlich zu verbessern.
Als besonders schutzbedürftig gelten Kinder, Jugendliche, Frauen und Menschen, die sich einer sexuellen Minderheit zurechnen. Sie bräuchten in den Unterkünften weiterhin dringend Schutz und Fürsprecher, erklärte Kirsten Di Martino vom Kinderflüchtlingshilfswerk Unicef in Deutschland. Unicef übernimmt die Schulung von Gewaltschutzkoordinatoren und Einrichtungsleitungen und unterstützt die Heime dabei, auf ihre Unterkunft zugeschnittene Gewaltschutzkonzepte zu entwickeln.
München (epd). Junge Menschen, die von der sexuellen Norm abweichen, werden sehr oft ausgegrenzt. Nach einer Studie des Deutschen Jugendinstituts werden mehr als 80 Prozent der Jugendlichen, die lesbisch, schwul, bisexuell oder transsexuell sind, diskriminiert. Am häufigsten erlebten sie dies in der Öffentlichkeit, in der Schule und am Arbeitsplatz, teilte das Institut am 11. September in München mit. Das hätten eine bundesweite Online-Befragung von 5.000 jungen Menschen im Alter von 14 bis 27 Jahren sowie 40 persönliche Interviews ergeben.
Danach wird fast die Hälfte der betroffenen Jugendlichen in der Schule oder am Arbeitsplatz diskriminiert. Dort seien sie Spott, Beleidigungen und Beschimpfungen ausgesetzt, auch würden sie sozial ausgegrenzt oder sogar körperlich attackiert.
In ihrer Familie seien die Jugendlichen vor allem damit konfrontiert, dass ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Zugehörigkeit nicht ernst genommen oder ignoriert werde. Auch im Freundeskreis kommt es nach der Studie neben vielen positiven Erfahrungen auch zu Diskriminierungen.
Um die negativen Erfahrungen "konstruktiv zu verarbeiten", sei der Rückhalt durch Freundinnen und Freunde wichtig, schreiben die DJI-Forscherinnen. Auch das Internet spiele eine große Rolle, um sich zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen - zum Beispiel über spezifische Beratungs- und Freizeitangebote.
Um befürchtetete Diskriminierungen zu vermeiden, übten die Betroffenen häufig Verzicht: So vermeiden laut Studie überdurchschnittlich viele nicht-heterosexuelle Jugendliche Vereinssport.
Bis zum Coming-out vergehen meist mehrere Jahre. Die Reaktionen auf das erste Coming-out würden fast durchgehend als sehr gut oder eher gut bewertet, heißt es in der Studie. Zwei Drittel der Jugendlichen vertrauten sich zuerst einer Person aus dem Freundeskreis an. Innerhalb der Familie spielten Mütter die wichtigste Rolle: An sie wenden sich zwölf Prozent der Jugendlichen beim ersten Coming-out.
Mainz (epd). Ein neues Internetportal bietet einen Überblick über Nachbarschaftsinitiativen in Rheinland-Pfalz. Über die Internetseite www.neue-nachbarschaften.rlp.de könnten sich Bürger unter anderem informieren, wo in ihrer Region sich Menschen bereits ehrenamtlich für andere engagieren, teilte das Mainzer Sozialministerium am 11. September mit. Zum Start gibt es dort Einträge zu rund 50 Initiativen, die beispielsweise Fahrdienste oder Einkaufshilfen anbieten, Mittagstische und Straßenfeste organisieren.
"Für ein gutes und selbstbestimmtes Leben im Alter brauchen wir vor Ort diese ehrenamtlichen nachbarschaftlichen Netzwerke der gegenseitigen Unterstützung", erklärte Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Das mit Landesmitteln finanzierte Portal solle auch Bürger in anderen Orten dazu ermutigen, sich ebenfalls um die Menschen in ihrer Nachbarschaft zu kümmern.
Hannover (epd). Die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) hat die Arbeit der kirchlichen Krankenhäuser gewürdigt. "Krankenhäuser mit christlicher Werteorientierung stellen den Menschen ins Zentrum ihrer Arbeit", sagte sie am 11. September bei der Jahrestagung des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes in Hannover. "Davon profitieren die Patienten, aber auch die Mitarbeiter." Natürlich müssten auch kirchliche Krankenhäuser im Kostenwettbewerb bestehen. Dennoch habe die zuwendungsorientierte Medizin hier einen hohen Stellenwert und sei tief im Leitbild verankert.
Laut Rundt wird der Bedarf an zuwendungs- und pflegeorientierter Medizin mit der wachsenden Zahl älterer Menschen in Zukunft deutlich steigen. Diese Form der Medizin sei jedoch mit der immer stärkeren Ökonomisierung in den Kliniken durch Fallpauschalen nicht vereinbar, kritisierte die Ministerin. "Je stärker der Kostendruck ist, desto höher ist die Gefahr, dass die Krankenhäuser gerade da sparen, wo es sich nicht unmittelbar rechnet: bei der intensiven Zuwendung für kranke Menschen." Gerade hier liege die Besonderheit der kirchlichen Krankenhäuser: "Hier müssen keine Renditeerwartungen privater Konzerne erfüllt werden."
Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover sagte, christliche Krankenhäuser stünden in einer langen Tradition und seien geprägt von einem "inneren Geist, dass Menschen, die in Not sind, Hilfe bekommen". Dieser "Spirit" sei eine große Stärke: "Es ist nicht zuerst ein Dienst, der rein wirtschaftliche Fragen bedient." Aus dieser Haltung heraus könnten diakonische Krankenhäuser auch "das Diktat ökonomischer Zwänge" kritisieren.
Frankfurt a.M. (epd). Die evangelische Wohlfahrt, die tätige Nächstenliebe leben will, kann nur dann private Spenden für ihre vielfältigen gemeinnützigen Tätigkeiten erwarten, wenn ihre Integrität außer Frage steht. Und genau die ist im Fall des Berliner Diakoniewerkes Bethel bereits schwer beschädigt. Jetzt bereitet der Landesverband der Diakonie den Rauswurf des umstrittenen Mitgliedes vor. Eine Entscheidung darüber soll im November fallen.
Der Vorstandsvorsitzende des Diakoniewerkes, Karl Behle, soll Medienrecherchen zufolge durch Satzungsänderungen vor einigen Jahren die Kontrolle über den Träger übernommen haben. Sein Jahresgehalt soll mehr als 700.000 Euro betragen, außerdem soll er sich unter anderem Pensionsansprüche in Millionenhöhe gesichert haben.
Ein Ausschluss aus dem Diakonieverband ist rechtlich möglich, wenn ein Mitglied gegen die Satzung der evangelischen Wohlfahrtspflege verstößt. Genau dies prüft nun der Berliner Landesverband. Auf Anfragen des Verbandes nach einem angeblich fragwürdigen Umgang mit Unternehmensgeldern hat das Diakoniewerk Bethel bis heute nicht geantwortet. Nach den Satzungen haben die Mitgliedsunternehmen jedoch Auskunftspflichten.
Die diakonischen Unternehmen akzeptieren bei der Aufnahme in den Verband die Satzungspflichten. Dazu gehört auch, dass sie Pläne zu wesentlichen rechtlichen Veränderungen in ihrem Unternehmen dem Verband frühzeitig mitteilen.
Darüber hinaus gehen die Mitgliedsunternehmen in den Satzungen die Verpflichtung ein, Teil der Kirche zu sein. Das Management stellt sicher, dass die Einrichtung kirchlich geprägt ist. Dazu gehört im Wesentlichen: Die Führungskräfte der Einrichtungen sind Kirchenmitglieder, die Einrichtungen machen ihren Beschäftigten geistliche Angebote, und sie wenden das kirchliche Arbeitsrecht an.
Außerdem müssen die evangelischen Sozialunternehmen gemeinnützig wirtschaften. Jahresgewinne werden nicht an die Gesellschafter ausgezahlt, sondern verbleiben im Unternehmen. Vorstandsmitglieder erhalten deshalb nach den Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts "keine unverhältnismäßig hohen Vergütungen" - allerdings legt die Abgabenordnung dabei keine exakte Maximalhöhe der Bezüge fest.
Die Diakonie Baden verpflichtet ihre Mitgliedsunternehmen sogar dazu, "ihre Jahresberichte vorzulegen". Der Verband fordert genauen Einblick in die Geschäftsbücher der rechtlich selbstständigen Einrichtungen. Laut verbindlicher Vereinssatzung "haben die Mitglieder den Nachweis geordneter Wirtschafts- und Rechnungsführung zu erbringen". In den diakonischen Landesverbänden gehen die Meinungen darüber auseinander, ob diese Regelungen als besonders fortschrittlich oder als besonders gängelnd zu bewerten sind.
Zu den häufigsten Satzungsverstößen gehören nicht-genehmigte Abweichungen vom kirchlichen Arbeitsrecht und vom Kirchentarif, um Arbeitskosten zu sparen. Auch wenn sie von den Führungskräften des Unternehmens nicht gemeldet werden, bleiben sie dem Diakonieverband meistens nicht lange verborgen: Hinweise kommen oft von den Mitarbeitervertretungen, aber auch von Konkurrenzunternehmen, die nicht bereit sind, Wettbewerbsnachteile durch unerlaubtes Lohndumping hinzunehmen.
In Fällen, in denen die Einrichtung glaubhaft darlegt, dass sie sich eine Entlohnung nach dem Kirchentarif nicht mehr leisten kann und deshalb ihr wirtschaftliches Aus droht, bemühen sich Diakonie und Kirche um Lösungen. So sind in wirtschaftlichen Notsituationen Vereinbarungen zu zeitlich begrenzten Abweichungen vom Kirchentarif möglich; in anderen Fällen greift die Kirche unmittelbar mit finanzieller Unterstützung ein.
Die Unternehmen erwerben mit ihrer Mitgliedschaft in den Landesverbänden Rechte: Sie dürfen in ihrem Namen das Wort "Diakonie" führen. Sie dürfen sich in ihrem Firmenlogo mit dem Symbol der Diakonie, dem Kronenkreuz, schmücken.
Um künftig besser auf Verstöße gegen das Satzungsrecht reagieren zu können, hat vor wenigen Monaten die Diakonie Mitteldeutschland ihren Sanktionskatalog verschärft. Die Unternehmen selbst haben im März in ihrer Mitgliederversammlung präzise Abstufungen beschlossen: von der Ermahnung bis zum Verbandsausschluss.
Derzeit läuft in der Diakonie Mitteldeutschland ein Ausschlussverfahren gegen eine Einrichtung. Der Grund: Das Sozialunternehmen ist nach Auffassung des Verbandsvorstandes nicht mehr der Kirche zuzuordnen, da nun ein kommunaler Träger 51 Prozent Anteile an der GmbH hält. "Dadurch hat die Kirche nicht mehr das Sagen", meint Wolfgang Teske, kaufmännischer Vorstand der Diakonie Mitteldeutschland.
Düsseldorf (epd). Diakoniebetriebe müssen sich an verbindliche Regeln halten. Sie stehen in den Satzungen der bundesweit 17 diakonischen Landesverbände. Besonders schwere Verstöße können sogar zum Ausschluss aus dem kirchlichen Verband führen. Im Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) ist es nach den Worten seines Vorstandes, Thomas Oelkers, schon dazugekommen. Mit Oelkers sprach Markus Jantzer über Rechte und Pflichten der rund 5.000 Mitgliedsunternehmen der Diakonie RWL.
epd sozial: Wie sind die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe und den diakonischen Mitgliedseinrichtungen geregelt?
Thomas Oelkers: Das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe ist als privat-rechtlicher eingetragener Verein organisiert. Die Träger diakonischer Sozialhilfeeinrichtungen sind Mitglieder des Vereins, deren Rechte und Pflichten sich aus der Satzung der Diakonie RWL ergeben. Die Satzung ist auf unserer Internetseite veröffentlicht.
epd: Waren Anpassungen der Satzung nach der Fusion zur Diakonie RWL im vergangenen Jahr nötig?
Oelkers: Vor der Verschmelzung auf den jetzigen Verein gab es drei diakonische Vereine. Alle drei Vereine hatten eigene Satzungen, die zwar inhaltlich ähnlich, aber unterschiedlich gestaltet waren. Daher wurde im Rahmen der Fusion die Satzung der Diakonie RWL grundlegend neu gefasst. Sie trat im Juni 2016 in Kraft.
epd: Welche wesentlichen Angelegenheiten der diakonischen Betriebe sind in der Satzung geregelt?
Oelkers: Ihre eigenen Angelegenheiten regeln unsere Mitglieder in ihren eigenen Satzungen oder Gesellschaftsverträgen. Dabei müssen diese die Mindestanforderungen, die unsere Satzung vorgibt, einhalten. Die Mitglieder sind verpflichtet, ihre Jahresrechnung/ihren Jahresabschluss durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einen sonstigen geeigneten Prüfer prüfen zu lassen.
Mit ihrer Mitgliedschaft erhalten unsere Mitglieder das Recht, das Kronenkreuz zu tragen. Daneben erhalten sie das Recht auf Informationen in einschlägigen Fragen. Sie bekommen Beratung in wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen. Zudem führen wir Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für die Mitarbeitenden unserer Mitglieder durch.
In der Satzung wird die Pflicht der Mitglieder normiert, die Zugehörigkeit zur Diakonie RWL zu dokumentieren. Dies stellt sicher, dass unsere Mitglieder einer der drei Landeskirchen zugeordnet werden und sie damit dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegen. Darüber hinaus müssen unsere Mitglieder die auf dem Dritten Weg zustande gekommenen tariflichen Regelungen in den Arbeitsverträgen vereinbaren. Die berufliche Mitarbeit in der Diakonie setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.
epd: Wie und wie streng kontrolliert die Diakonie RWL, ob die Mitgliedseinrichtungen ihre Pflichten einhalten?
Oelkers: Die Diakonie RWL ist keine Aufsichtsbehörde und versteht sich so auch nicht. Ein Unter- oder Überordnungsverhältnis besteht daher nicht. Unsere Mitglieder sind als eigenständige juristische Personen verpflichtet, sich an ihre Satzungen oder Gesellschaftsverträge zu halten. Bei Antrag auf Mitgliedschaft in der Diakonie RWL sind die Satzungen oder Gesellschaftsverträge vorzulegen und gegebenenfalls entsprechend anzupassen. Auch jede Änderung einer Satzung oder eines Gesellschaftsvertrags ist vorzulegen, so dass auch während des Laufs einer Mitgliedschaft geprüft werden kann, ob die Mindestanforderungen eingehalten werden. Auch finden jährlich Online-Befragungen statt - etwa zur Anwendung des Kirchlichen Arbeitsrechtes.
epd: Bei welchen Sachverhalten ist es in der Vergangenheit zu Verstößen gekommen?
Oelkers: Verstöße gibt es bei allen oben beschriebenen Pflichten. Sie sind aber alles in allem selten. In der Regel halten sich unsere Mitglieder an diese Pflichten.
epd: Zu welchen Maßnahmen greift die Diakonie bei Verstößen?
Oelkers: Folgende Maßnahmen kann der Vorstand bzw. der Verwaltungsrat ergreifen: Erinnerung an die Pflichten oder Ermahnung durch den Vorstand, Ruhendstellung der Mitgliedsrechte durch den Vorstand nach erfolgter Anhörung oder drittens Ausschluss aus dem Diakonischen Werk. Gedacht ist dies als abgestuftes System. Es kommt aber auch auf den Schweregrad des Verstoßes an, welche Maßnahme ergriffen wird.
epd: Hat die Diakonie RWL einem Mitglied schon einmal mit Ausschluss gedroht?
Oelkers: Ja, insbesondere bei Verstößen gegen das kirchliche Arbeitsrecht.
epd: Hat sie ihn bereits vollziehen müssen?
Oelkers: Ja, aber sehr selten. In der Regel wird versucht, eine tragbare Lösung zu finden.
epd: Sollten die Regelungen in der Diakonie RWL reformiert, etwa verschärft werden?
Oelkers: Nein. Verschärfungen sind aufgrund der Vereinsstruktur der Diakonie RWL auch gar nicht denkbar.
Villingen-Schwenningen (epd). Die junge Frau war erst kurz in Sicherheit. Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatten die Jesidin verschleppt, vergewaltigt und als Sexsklavin gehalten. Irgendwann konnte sie fliehen und kam in ein Flüchtlingslager im Nordirak. Doch nach zwei Wochen erlitt sie einen Flashback, wähnte sich wieder in den Händen ihrer Peiniger. Unerträglich für die 16-Jährige: Sie übergoss sich mit Öl und zündete sich an.
Jan Kizilhan kennt viele solcher Geschichten. Seit 20 Jahren behandelt der Psychologe aus dem Südschwarzwald Menschen, die Krieg und Gewalt zwar überlebt, aber längst nicht verarbeitet haben: Sie kommen aus Ruanda, vom Balkan, aus Pakistan und Tschetschenien. Transkulturelle Traumaforschung ist das Fachgebiet des 50-Jährigen. Es fand wenig Beachtung.
Doch das änderte sich schlagartig. Im Herbst 2014 bekam der Professor für Soziale Arbeit an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen einen Anruf aus Stuttgart. Ob er im Auftrag der Landesregierung die Aufnahme von tausend traumatisierten Frauen aus dem Nordirak leiten wolle? Kizilhan hatte über Minderheiten im Nahen Osten geforscht und entstammt selbst einer jesidischen Familie aus dem kurdischen Teil der Türkei. Trotzdem zögerte er: sich mit seinen eigenen Wurzeln beschäftigen?
Seine Familie gab den Ausschlag: "Sie haben gesagt: Du hast gar keine andere Wahl." Kizilhan flog in den Nordirak und traf auf depressive und ängstliche Menschen. Wenige Wochen zuvor waren Milizen des IS in das Sindschar-Gebirge eingefallen, die Heimat der Jesiden. Sie töteten Männer und Kinder, verschleppten Frauen und Mädchen, misshandelten und folterten sie. Heute werden noch rund 3.000 Frauen und Mädchen in der Gewalt des IS vermutet.
Zuflucht fanden die meisten Jesiden in Dohuk, einer Stadt, in der eine halbe Million Einwohner und genauso so viele Flüchtlinge leben. "Es gab in der ganzen Stadt gerade mal fünf Psychologen", sagt Kizilhan. Das sei ein Grund gewesen, Frauen nach Deutschland zu holen. Aber auch: "Die Menschen haben ihre Heimat und damit jeden Halt verloren." Zudem seien die vergewaltigten Frauen anfangs von ihrer Gemeinschaft verstoßen worden. Erst nachdem der religiöse Führer der Jesiden, auch auf Drängen Kizilhans, eine neue Fatwa zur Wiederaufnahme der Frauen erließ, habe sich das gebessert.
Kizilhan musste entscheiden, wer ins sichere Baden-Württemberg fliegen darf. Es war schwer: "Unser Ziel war, die Frauen rauszuholen, die am stärksten Schutz benötigen." Die junge Frau, die sich verbrennen wollte und schwer verletzt überlebte, gehört dazu.
Kizilhan spricht die Sprache der Jesiden, Kurmandschi. Oft hörte er das Wort "sernan". Es bedeutet Holocaust oder Völkermord. Denn die Jesiden waren in ihrer 800-jährigen Geschichte immer wieder bedroht. Zu Zeiten des Osmanischen Reichs seien über 1,8 Millionen Menschen zwangskonvertiert und 1,2 Millionen ermordet worden, sagt Kizilhan: "Die Leute leiden außer unter ihrem individuellen und kollektiven auch unter einem transgenerationellen Trauma."
Dass die Jesiden schon als Kinder Geschichten, Gebete und Lieder über ihre Verfolgung hören, kann ihnen jetzt helfen, glaubt Kizilhan. Er fragt seine Patientinnen nach ihren Vorfahren. Und lässt sie ihre Erfahrungen in Form von Geschichten erzählen, um sich vorsichtig den traumatischen Erlebnissen zu nähern.
Die Frauen klagten zunächst nicht über gedrückte Stimmung oder Depressionen, sondern über Kopf-, Rücken- oder Bauchschmerzen. Sie trennten nicht zwischen seelischem und körperlichem Leid, erklärt Kizilhan. Eine Psychotherapie erschien vielen abwegig: "Sie wollten nicht reden, sondern einfach Medikamente einnehmen." Auch Drogen seien deshalb ein großes Problem.
Nun hat sich die Haltung gewandelt: "Psychische Leiden sind heute weniger stigmatisiert, die Leute kommen von selbst zu uns. Aber es gibt kaum Therapeuten." Um das zu ändern, gründete Kizilhan mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg an der Universität Dohuk ein Institut für Psychotherapie, wo Therapeuten ausgebildet werden.
Kizilhan pendelt zwischen dem Südschwarzwald und dem Nordirak. Seine Erfahrung helfe ihm, eine gewisse Distanz zu wahren, erklärt er: "Ich bin trotz allem ein Optimist." Aber wenn eine Achtjährige vor ihm sitze und von ihrer Vergewaltigung berichte, sei das sehr schwer. Als Wissenschaftler finde er zwar Antworten auf die Grausamkeit, als Mensch und zweifacher Familienvater aber nicht.
Dortmund (epd). Immer mehr Opfer von Menschenhandel vor allem aus Westafrika suchen Hilfe bei der Dortmunder Mitternachtsmission. Hätten die Beraterinnen im Jahr 2015 noch 199 Frauen und Mädchen sowie sechs Jungen und Männer unterstützt, seien es im vergangenen Jahr bereits 335 Frauen, acht Männer und ein Transident gewesen, teilte die Beratungsstelle am 7. September mit. Sie kümmerten sich 2016 zudem um 217 Kinder der Frauen. In diesem Jahr wurden bereits 268 Betroffene betreut. Die häufigsten Herkunftsländer waren Nigeria, Gambia, Guinea und Ghana.
Viele Frauen und Mädchen würden auf der Flucht in ihrem Heimatland, auf dem Fluchtweg oder in Europa Opfer von Misshandlung, sexueller Gewalt und Menschenhandel, erklärte die Mitternachtsmission. Viele von ihnen seien schwer traumatisiert, völlig verängstigt und gesundheitlich in einem schlechten Zustand. Sie brauchten eine intensive Begleitung, um sich wieder sicher zu fühlen, zu erholen und Entscheidungen für ihren weiteren Lebensweg zu treffen, betonte die Beratungsstelle. Die meisten der Frauen, die aus Ländern außerhalb der EU kommen, entscheiden sich den Angaben nach dafür, Asyl zu beantragen.
Die wachsende Zahl der betreuten Frauen und Mädchen aus afrikanischen Ländern sei eine Herausforderung für die Beratungsarbeit, erklärte die Organisation. Der Einsatz von Sprachmittlerinnen mit kulturellem Hintergrundwissen sei unerlässlich. Für ihre Arbeit bekommt die Mitternachtsmission nach eigenen Angaben unter anderem Mittel der Integrationsbeauftragen der Bundesregierung, des Landes NRW und der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Zusätzlich sei die Beratungsstelle aber auf Spenden angewiesen, um die Arbeit zu bewältigen, hieß es.
Bremen (epd). Zum bundesweiten "Tag der Wohnungslosen" haben Aktivisten am 11. September auf dem Bremer Marktplatz vor dem Landtag eine "Klagemauer" mit Forderungen an die Politik aufgestellt. Die Zahl der Wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen steige, sagte Bertold Reetz von der diakonischen Wohnungslosenhilfe des Bremer Vereins für Innere Mission.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schätzt, dass es im kommenden Jahr knapp 540.000 wohnungslose Menschen in Deutschland geben wird. 2014 waren es noch etwa 335.000 Menschen. Alleine in Bremen seien schätzungsweise 600 Männer und Frauen betroffen.
"Nichts ist gut in unserer Stadt, wenn die Zahl der Wohnungslosen steigt", mahnte Bremens Landesdiakoniepfarrer Manfred Meyer. Er, Reetz und Vertreter des Aktionsbündnisses "Menschenrecht auf Wohnen" forderten die Landesregierung auf, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Ein vom Senat unterstütztes Bauprogramm der Wohnungswirtschaft habe den Obdachlosen in der Stadt bisher nichts gebracht, kritisierte Reetz. Er verlangte, dass der Senat eine eigene kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründet, mit der dann beispielsweise Schlichtwohnungen für Obdachlose errichtet werden könnten.
Mit ihren Forderungen auf der Klagemauer setzten sich Betroffene auch dafür ein, dass die Stadt mehr öffentlich zugängliche Trinkwasserbrunnen und kostenlose Toiletten schafft. Die bisherigen Bemühungen des Senats gegen Wohnungslosigkeit reichten nicht aus, sagte Harald Barzen, der selbst obdachlos ist: "Wir merken, dass wir von der Gesellschaft aus der Stadtmitte an die Ränder gedrängt werden, wo wir nicht mehr gesehen werden. Der arme Mensch passt nicht in eine reiche Stadt."
Betroffen vom Mangel an bezahlbaren Wohnraum seien längst nicht nur wohnungslose Menschen, ergänzte Joachim Barloschky, Sprecher des örtlichen Aktionsbündnisses "Menschenrecht auf Wohnen". Auch Studierende, Ältere, Flüchtlinge, Migranten, Alleinerziehende, große Familien sowie Menschen, die auf Hartz IV oder Sozialhilfe angewiesen seien, litten darunter. Auch er forderte: "Wir brauchen ein kommunales Wohnungsbauprogramm."
Berlin (epd). Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Irmgard Schwaetzer, hat Hospize als einen unverzichtbaren Beitrag für eine menschliche Gesellschaft gewürdigt. "Jedes Hospiz ist eine Antwort auf eine Gesellschaft, die das Sterben und die sterbenden Menschen an den Rand drängt, sie unsichtbar machen will", erklärte Schwaetzer in Berlin zum 25. Jubiläum des Ambulanten Lazarus Hospizdienst am 11. September.
Dabei würdigte sie auch das Engagement der zur Zeit 66 Ehrenamtlichen. Sie würden damit helfen, Sterben als einen wichtigen Teil des Lebens wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rufen, so die ehemalige Bundesministerin.
Der Lazarus Hospizdienst startete 1992 nach eigenen Angaben als erster ambulanter Dienst in der Hauptstadt. Im vergangenen Vierteljahrhundert seien 265 ehrenamtlich Mitarbeitende ausgebildet worden. Bislang wurden 2.400 schwer kranke und sterbende Menschen begleitet, hieß es.
In Berlin gibt es mehr als 20 ambulante Hospizdienste für Erwachsene, mehrere Kinderhospizdienste, etwa 15 stationäre Hospize für Erwachsene sowie weitere stationäre Hospize für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Hannover (epd). Die evangelische und die katholische Jugend in Deutschland haben zum Kampf gegen die Armut ein bedingungsloses Grundeinkommen für Kinder und Jugendliche gefordert. Dieses müsse unabhängig vom Einkommen der Familie sein, heißt es in einem gemeinsamen Sozialwort der beiden kirchlichen Jugendorganisationen, das am 12. September veröffentlicht wurde.
Darin äußern sich die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) zur sozialen Lage in Deutschland und in der Welt. Jedes Kind und jeder Jugendliche habe einen Anspruch auf die gleiche finanzielle Unterstützung, hieß es.
Alle politischen Konzepte, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen, liefen seit Jahren ins Leere, betonte der aej-Vorsitzende Bernd Wildermuth in Hannover. Reiche Bevölkerungsschichten könnten sich fast alle Wünsche erfüllen. Am unteren Ende der Einkommensskala müssten Familien dagegen gut überlegen, "ob der Besuch eines Fußballspiels wirklich drin ist". An Urlaubsreisen sei nicht zu denken.
Es sei endlich Zeit, "dass wir den Reichtum antasten, um Armut zu bekämpfen", betonte Wildermuth: "Der Sinn von Reichtum besteht darin, anderen Menschen zu helfen und sie zu unterstützen."
Kassel (epd). Ändern Beschäftigte ihre Rentenpläne und melden sich nach ihrer Altersteilzeit vorübergehend arbeitslos, führt dies nicht automatisch zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Denn mit der Altersteilzeitvereinbarung lag ein "wichtiger Grund" vor, das Arbeitsverhältnis zu beenden, so dass eine Sperrzeit nicht begründet werden kann, urteilte am 12. September das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Hintergrund des entschiedenen Rechtsstreits ist das zum 1. Juli 2014 eingeführte Gesetz für eine abschlagsfreie Rente ab 63. Voraussetzung hierfür ist, dass Versicherte mindestens 45 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Nach dem Kasseler Urteil können Beschäftigte, die mit der Einführung des Gesetzes bereits eine Altersteilzeit vereinbart hatten, deren Vertrag aber einige Monate vor dem Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ausläuft, nun ebenfalls von der abschlagsfreien Rente profitieren.
Im jetzt entschiedenen Fall war die Klägerin als Büroangestellte der Stadt Heubach im Ostalbkreis angestellt. 2006 vereinbarte sie mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell. Ihren unbefristeten Arbeitsvertrag änderte sie in einen befristeten um. Nach dem Ende der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit wollte sie ab Dezember 2015 nahtlos, aber mit Abschlägen in Höhe von monatlich 7,5 Prozent in Rente gehen.
Als zwischenzeitlich die abschlagsfreie Rente mit 63 eingeführt wurde, fehlten ihr nach der Altersteilzeit noch drei Lebensmonate, um die Voraussetzungen für den abschlagsfreien Rentenbezug zu erfüllen. Für diese Zeit meldete sie sich daher arbeitslos.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach jedoch eine Arbeitslosengeld-Sperrzeit aus. Die Frau habe ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt und damit ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet. Es fehle an einem "wichtigen Grund", dass das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Nur dann könne aber auf eine Sperrzeit verzichtet werden.
Dem widersprach nun das BSG und berief sich dabei auf eine BSG-Entscheidung aus dem Jahr 2009 (Az.: B 7 AL 6/08 R). Danach tritt keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I ein, wenn der Beschäftigte eine Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart und von Anfang an beabsichtigt hatte, aus dem Arbeitsleben danach auszuscheiden. Dieser Rechtsprechung des 7. Senats schloss sich nun der 11. Senat des BSG an.
Dass die Klägerin sich wegen der Einführung der abschlagsfreien Rente noch einmal für drei Monate arbeitslos gemeldet hat, sei ihr nicht anzulasten. Entscheidend sei, dass sie zum Zeitpunkt des Altersteilzeitvertrages im Jahr 2006 beabsichtigt hatte, nahtlos und damals noch mit Abschlägen in Rente zu gehen. Sie habe sich bei Arbeitgeber, Personalrat und Kollegen darüber informiert. Daher sei nicht anzunehmen, dass sie sich von Anfang an nach der Altersteilzeit arbeitslos melden wollte.
Bereits am 17. August 2017 hatte der 5. BSG-Senat zur abschlagsfreien Rente ab 63 entschieden, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die entsprechenden Bestimmungen gebe (Az.: B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R). Danach ist es in der Regel allerdings nicht möglich, die erforderlichen 45 Beitragsjahre durch Zeiten der Arbeitslosigkeit vollzumachen. Es verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Rentenbeiträge der BA in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur ausnahmsweise bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe berücksichtigt werden.
Az.: B 11 AL 25/16 R
Az.: B 7 AL 6/08 R (BSG im Jahr 2009)
Az.: B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R (BSG im August 2017)
Karlsruhe (epd). Deutsche Behörden dürfen eine alleinerziehende syrische Mutter mit vier Kindern nicht in die sichere Obdachlosigkeit nach Bulgarien abschieben. Denn Familien mit kleinen Kindern genießen besonderen Schutz, der bei der Anordnung einer Abschiebung berücksichtigt werden muss, wie das Bundesverfassungsgericht in einem am 7. September veröffentlichten Beschluss erklärte. Die Karlsruher Richter hoben damit die Entscheidung über die Abschiebung einer syrischen alleinerziehenden Mutter und ihrer Kinder auf.
Der Frau war Schutz in Bulgarien gewährt worden. Ihr Mann hatte sie auf der Flucht verlassen und war nach Syrien zurückgekehrt. Als die Alleinerziehende nach Deutschland weiterfloh, wurde ihr Asylantrag als unzulässig abgelehnt. Sie habe ja bereits in Bulgarien Schutz gefunden.
Ohne Erfolg wies die Frau darauf hin, dass Flüchtlinge in Bulgarien keine Unterstützung erhielten und praktisch immer zu Obdachlosen würden. Das Verwaltungsgericht Minden ging darauf jedoch nicht ein und bestätigte die Abschiebungsanordnung.
Damit hat das Gericht das verfassungsrechtliche Gebot auf rechtliches Gehör verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht. Familien mit kleinen Kindern seien besonders schutzwürdig. Bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe entschieden, dass die Abschiebung einer Familie mit kleinen Kindern bei drohender Obdachlosigkeit unzulässig sei.
Az.: 2 BvR 863/17
Az.: 29217/12 (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte)
Karlsruhe (epd). Mieter müssen andauernden Lärm von Kindern und ihren Eltern in der Nachbarwohnung nicht hinnehmen. Bei Kinderlärm müsse zwar eine erhöhte Toleranz gelten, aber dies habe Grenzen, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 12. September veröffentlichten Beschluss klar. Um Mietminderungsansprüche durchsetzen zu können, müssen betroffene Mieter auch kein detailliertes Lärmprotokoll vorlegen, so die Karlsruher Richter. Eine Beschreibung des Lärms reiche aus.
Geklagt hatte eine Mieterin aus Berlin, die wegen ständigen Lärms die Miete um 50 Prozent minderte und diese nur noch unter Vorbehalt zahlte. Von der Vermieterin verlangte sie über 9.000 Euro zurück.
Als Grund gab die Frau insbesondere Kinderlärm der über ihr wohnenden Nachbarn an. Die kleinen Kinder würden seit Jahren fast täglich und auch zu den Ruhezeiten stundenlang stampfen, springen, poltern oder schreien. Die Eltern mahnten dann die Kinder schreiend zur Ruhe. Selbst Ohrstöpsel hülfen nicht. Die Töpfe in den Regalen würden wegen der mit dem Lärm einhergehenden Erschütterungen hin und her springen. Besucher übernachteten nicht mehr bei ihr, klagte die Mieterin.
Das Landgericht Berlin als Vorinstanz hatte entschieden, dass Kinderlärm zwar nicht grenzenlos ertragen werden muss. Hier sei das zumutbare Maß noch nicht überschritten. Es gehöre zur normalen Entwicklung, dass Kinder Wege laufen und sich in lauter Sprache verständigen. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Der darauf erfolgten Nichtzulassungsbeschwerde gab der BGH nun statt. Auch wenn Kinderlärm als sozialadäquat gelte, müssten sich Nachbarn nicht alles bieten lassen. Es gelte das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Hier sei das Landgericht der Lärmbelästigung nicht ausreichend nachgegangen.
Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen sei es auch nicht erforderlich, dass Mieter ein detailliertes Lärmprotokoll vorlegen. Es reiche eine Beschreibung aus, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und welcher Frequenz der Lärm auftritt. Das Landgericht hätte hierfür auch Zeugen anhören und die Hellhörigkeit des Hauses prüfen können. Dies müsse nun nachgeholt werden.
Az.: VIII ZR 226/16
Mainz (epd). Das rheinland-pfälzische Landesarbeitsgericht hat sich in einem aktuellen Fall mit dem Geschlecht von Märchenfeen beschäftigt. In einem am 8. September veröffentlichten Urteil wiesen die Mainzer Richter die Entschädigungsklage eines Bankkaufmanns ab, dessen Bewerbung auf eine Stelle als "Bürofee" nicht berücksichtigt worden war. Trotz fachlicher Eignung sei er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und dadurch als Mann diskriminiert worden, hatte der Kläger bemängelt. Die Richter sahen allerdings keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Der abgelehnte Bewerber hatte seine Klage damit begründet, Feen würden "zumeist als wunderschöne, bezaubernde Frauen" beschrieben. Auch im Internet böten sich auf einer Plattform mit Stellengesuchen ausschließlich Frauen als "Bürofee" an. Das beklagte Unternehmen hielt dem eine Definition des Internet-Lexikons Wikipedia entgegen. Dort heißt es, Feen seien "nach romanischer und keltischer Volkssage geisterhaft, mit höheren Kräften begabte Fabelwesen, die sowohl weiblich als auch männlich sein könnten".
In dem schriftlichen Urteil stellten die Richter fest, dass ein Teil der Gesellschaft Feen tatsächlich für weibliche Wesen halte. Auf dem Stellenmarkt gebe es allerdings auch zahlreiche Angebote, in denen "Bürofeen" mit dem ausdrücklichen Zusatz "männlich/weiblich" gesucht würden. Daraus lasse sich ableiten, dass der Begriff auch geschlechtsneutral gemeint sein könne: "Eine andere Betrachtung und Bewertung der Begrifflichkeit 'Bürofee', als sie der Kläger vorgenommen hat, ist also durchaus möglich."
Weitere Hinweise auf eine Diskriminierung von Männern zusätzlich zu dem bemängelten Text der Annonce fehlten in dem verhandelten Fall ebenfalls. Das Unternehmen hatte darauf hingewiesen, dass der Bewerber in der Vergangenheit bereits einmal als Handelsvertreter für die Firma tätig gewesen sei, man sich aber im Streit getrennt habe. Somit sei ohnehin ausgeschlossen gewesen, dass der Mann in die engere Wahl für die zu besetzende Stelle kam.
Az.: 3 SA 487/16
Mainz (epd). Leistet eine Pflegehelferin über viele Jahre regelmäßig Bereitschaftsdienste, darf der Arbeitgeber diese Dienste und damit die gezahlten Zulagen nicht grundlos streichen. Das gilt zumindest dann, wenn die Zulagen fast 19 Prozent des Einkommens ausgemacht haben, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in einem am 8. September 2017 veröffentlichten Urteil. Der Arbeitgeber sei in solch einem Fall verpflichtet, seine Interessen mit denen der Beschäftigten abzuwägen, befanden die Mainzer Richter.
Damit bekam im Wesentlichen die klagende Pflegehelferin recht. Die aus Kasachstan stammende Frau hatte dort eine Ausbildung als Hebamme absolviert und wurde seit über 20 Jahren bei ihrem Klinik-Arbeitgeber im OP-Bereich eingesetzt. Die ganze Zeit war sie regelmäßig für Bereitschaftsdienste eingeteilt. Diese machten fast 19 Prozent ihres Verdienstes aus, monatlich fast 700 Euro.
Als die Klinik ohne Grund die Frau nicht mehr für Bereitschaftsdienste einsetzte, wollte die Pflegekraft das nicht hinnehmen. Die Klinik müsse ihr die entgangenen Zulagen erstatten zahlen. Es sei eine "betriebliche Übung" für den Einsatz als Bereitschaftskraft entstanden.
Das LAG urteilte, dass die Klägerin zwar laut ihrem Arbeitsvertrag keinen Anspruch darauf habe, im Bereitschaftsdienst eingesetzt zu werden. Der Arbeitgeber dürfe aber auch nicht ohne weiteres die Dienste mit dem damit verbundenen spürbaren Einkommensverlust wieder streichen. Er sei in solch einem Fall verpflichtet, "nach billigem Ermessen" zu entscheiden.
Der Arbeitgeber müsse seine und die Interessen der Klägerin abwägen. Hier habe die Pflegehelferin ihre Lebensplanung auf das Einkommen durch die Bereitschaftsdienste ausgerichtet. Sie machten einen großen Teil ihres Gesamtverdienstes aus. Dass dem Einsatz der Klägerin organisatorische oder personelle Maßnahmen entgegenstehen, habe die Klinik nicht vorgebracht. Das Ermessen sei falsch ausgeübt worden, so dass der Klägerin für ein Jahr nicht gewährte Zulagen von insgesamt rund 8.300 Euro zustehen.
Az.: 4 Sa 399/16
Berlin (epd). Behandeln Eltern Zuhause ihr krankes Baby mit Hilfe einer neuartigen Videotherapie, müssen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen. Für eine Erstattung neuartiger Therapien bedarf es einer Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, entschied das Sozialgericht Berlin in einem am 6. September bekanntgegebenen Urteil.
Im konkreten Fall ging es um einen Säugling aus Berlin-Charlottenburg, der mit einer Fehlbildung an der Speiseröhre auf die Welt kam. Wegen mehrerer Operationen war das Kind auf Sondennahrung angewiesen. Die normale Nahrungsaufnahme führte zu einem anhaltenden Würgereiz und Erbrechen.
Damit das Kind wieder normal essen und trinken kann, nahm die Mutter an einem an der Universität Graz entwickelten telemedizinischen Sonden-Entwöhnungsprogramm teil. Dabei bleibt der Patient Zuhause, die eigentliche Sonden-Entwöhnung nehmen die Eltern vor. Die betroffenen Familien wurden hierfür Rund-um-die-Uhr durch ein Team von Ärzten und Therapeuten per Video betreut. Die Techniker Krankenkasse wollte die Kosten der "Netcoaching"-Videotherapie in Höhe von 4.360 Euro jedoch nicht übernehmen, auch wenn diese bei dem Baby erfolgreich war.
Das Sozialgericht gab der Krankenkasse recht. Es handele sich hier um eine neuartige Behandlungsmethode. Für eine Kostenübernahme sei die Anerkennung des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderlich. In dem Gremium entscheiden Ärzte, Krankenkassen und Kliniken, welche Therapien und Methoden von den Kassen bezahlt werden müssen.
Der Bundesausschuss habe die Videotherapie aber noch nicht genehmigt, befand das Sozialgericht. Zwar sei die Behandlung Zuhause deutlich preiswerter als in einer Klinik. Nachteil sei aber, dass die Eltern die Therapie angeleitet durchführen. Bei auftretenden Komplikationen könnten Ärzte nicht sofort einschreiten, hieß es.
Az.: S 81 KR 719/17
Schwerin (epd). Paul Philipps wird das Diakonische Werk gemeinsam mit seinen beiden Vorstandskollegen Henrike Regenstein und Stephan Arnstadt leiten. Derzeit arbeiten mehr als 14.000 Menschen in Kitas, Pflegediensten, Hospizen und Beratungsstellen bei der Diakonie in Mecklenburg-Vorpommern.
Der gebürtige Hamburger Paul Philipps studierte in Göttingen und Hamburg Theologie. Nach dem ersten theologischen Examen nahm er ein ökumenisch-missionarisches Stipendium der Nordelbischen Kirche auf den Philippinen wahr.
Anschließend war er Vikar in Hamburg-Eilbek. Im Dezember 1992 wurde er ordiniert und war anschließend Pastor in Hamburg-Nettelnburg. Später wechselte er in die Arbeitsstelle Personalentwicklung im Nordelbischen Kirchenamt in Kiel. Seit 2005 war er Direktor des Predigerseminars in Ratzeburg in Schleswig-Holstein.
Philipps' Vorgänger Martin Scriba (65) wurde vom Landesbischof Gerhard Ulrich als "kluger Theologe und menschenfreundlicher Pastor" gewürdigt. Er stand der Diakonie Mecklenburg-Vorpommern seit 2010 vor.
Rainer Norden (60) ist vom Verwaltungsrat zum neuen stellvertretenden Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel berufen worden. Der promovierte Diplom-Kaufmann vertritt jetzt den Vorstandsvorsitzenden Ulrich Pohl. Norden ist Nachfolger von Günther Wienberg, der Ende August in den Ruhestand gegangen ist. Der gebürtige Duisburger Norden arbeitet seit 1996 in Bethel. Nachdem er die Leitung des Bereichs Finanzen und Controlling übernommen hatte, wechselte er im Jahr 2001 in die Leitung der Betheler Region Berlin-Brandenburg. Seit 2010 ist Norden im Vorstand, seit 2011 leitet er zudem das Evangelische Klinikum Bethel. Zu den Schwerpunkten Nordens Vorstandsarbeit zählen unter anderem die Bereiche Betriebswirtschaft, Finanzen, Krankenhäuser und Behinderten-Werkstätten. Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mit Hauptsitz in Bielefeld sind eines der größten diakonischen Unternehmen Europas.
Christoph Radbruch, Vorsteher der Pfeifferschen Stiftungen zu Magdeburg-Cracau, ist in Hannover vom neu gewählten Vorstand in seinem Amt als Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) bestätigt worden. Ebenfalls im Amt bleibt Andrea Trenner, Ordensoberin des Johanniterordens in Berlin, als stellvertretende Vorsitzende. Melanie Kanzler (43) wurde als neue Verbandsdirektorin offiziell vorgestellt. Die 43-jährige Politologin tritt die Nachfolge von Pastor Norbert Groß an, der in den Ruhestand getreten ist. Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband vertritt nach eigenen Angaben 205 evangelische Kliniken und Rehabilitationseinrichtungen an über 230 Standorten.
Gerda Hasselfeldt soll neue Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) werden. Das Präsidium und der Präsidialrat der Organisation haben die 67-jährige CSU-Politikerin einstimmig als Nachfolgerin für den derzeitigen Präsidenten Rudolf Seiters vorgeschlagen. Die Wahl durch die Bundesversammlung findet am 1. Dezember statt. Seiters hatte im Herbst 2016 angekündigt, nach 14 Jahren nicht wieder zu kandidieren. Er wird im Oktober 80 Jahre alt. Die derzeitige Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag gehört seit 1987 dem Bundestag an und hatte im Frühjahr angekündigt, nicht wieder für ein Abgeordnetenmandat zu kandidieren. Sie war Bundesbau- und Gesundheitsministerin sowie Vizepräsidentin des Bundestages.
Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg bei Hamburg, und die evangelische Pfarrerin im unterfränkischen Haßfurt, Doris Otminghaus, haben den Pro-Asyl-Menschenrechtspreis 2017 erhalten. Beide werden für ihr vorbildliches Engagement bei der Aufnahme abschiebungsbedrohter Flüchtlinge geehrt, teilte die Stiftung Pro Asyl in Frankfurt am Main mit. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von insgesamt 5.000 Euro und der von dem Darmstädter Kunstprofessor Ariel Auslender gestalteten "Pro Asyl-Hand" verbunden. Auf Initiative von Seibert habe die Jüdische Gemeinde Pinneberg als erste und bislang einzige jüdische Gemeinde in Deutschland in den vergangenen Jahren mehreren Schutzbedürftigen ungeachtet ihrer Religion Synagogenasyl angeboten, lobte die Stiftung. Die Evangelische Kirchengemeinde Haßfurt beherbergt seit Ende 2016 mehrere junge Flüchtlinge aus Äthiopien, Irak und Afghanistan, die unmittelbar von Abschiebung bedroht sind, im Kirchenasyl.
Gerhard Dahle aus Isernhagen bei Hannover ist als neuer Vorstandsvorsitzender der Diakoniegemeinschaft Stephansstift in sein Amt eingeführt worden. Sein Stellvertreter ist Diakon Erhard Stahl aus Goslar. Zum Führungsgremium gehören noch Jana Kasprzak aus Göttingen, Birgit Malinowski aus Halle/Saale, Hubert Meyer-Wiedemann aus Bremen, Jana Thiel aus Walsrode, Katharina Thiel aus Hannover und Isabelle Watral aus Laatzen bei Hannover. Zu der evangelisch geprägten Gemeinschaft gehören mehr als 400 Mitglieder überwiegend aus Niedersachsen. Im Einführungsgottesdienst in der Kirche des Stephansstiftes wurden die scheidenden Vorstandsmitglieder verabschiedet, darunter auch Schwester Magret Marten, die acht Jahre lang Vorsitzende der Diakoniegemeinschaft war.
Magnus Hirschfeld, Begründer der weltweit ersten homosexuellen Bürgerrechtsbewegung, wird in Berlin mit einem Denkmal geehrt. Das Gedenkzeichen, das an den Arzt und Sexualwissenschaftler (1868-1935) erinnern soll, wurde am gleichnamigen Ufer direkt gegenüber dem Bundeskanzleramt eingeweiht, wo sich früher Hirschfelds privates Institut für Sexualwissenschaft befand. Hirschfeld eröffnete 1892 eine Arztpraxis in Berlin-Charlottenburg. 1897 gründete er mit dem Wissenschaftlich-humanitären Komitee die weltweit erste Organisation, die sich für die Gleichberechtigung Homosexueller einsetzte.
Jürgen Westhoff, Journalist, hat von der Diakonie im Oldenburger Land das Kronenkreuz erhalten. Er habe nicht nur immer wieder auf Menschen aufmerksam gemacht, die in Not sind, sondern auch engagiert geholfen, hieß es zur Begründung. "Sie waren als Mensch für andere Menschen unterwegs", betonte Diakonie-Vorstand Uwe K. Kollmann bei der Verleihung der höchsten Auszeichnung des evangelischen Wohlfahrtsverbandes. Er erinnerte auch an Westhoffs Einsatz im Rahmen der Weihnachtsaktion der Nordwestzeitung. Dort kamen 2016 fast 170.000 Euro zusammen, die von Caritas und Diakonie über die Beratungsstellen im ganzen Oldenburger Land zur Förderung von Schulkindern verteilt werden konnten.
September
21.9. Frankfurt a.M.:
Austauschforum zur SGB-VII-Reform
des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-452
21.-22.9. Bad Boll:
Fortbildung "Mitwirkung und Beteiligung im Wohnheim und in Wohngruppen"
der Evangelischen Akademie Bad Boll
Tel.: 07164/79-211
www.ev-akademie-boll.de
21.-22.9. Freiburg:
4. Caritas-Stiftersymposium
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
www.fak-caritas.de
24.-25.9. Freiburg:
Seminar "Die Kunst, erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitern zu führen"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
www.fak-caritas.de
25.-26.9. Meckenbeuren:
Seminar "Langjährig tätig sein - mit Eigenmotivation und Perspektive"
der Akademie Schloss Liebenau
Tel.: 07542/10-12 63
www.fortbilden-entwickeln.de
25.-27.9. Berlin:
Seminar "Eltern und Jugendliche digital erreichen: Potenziale neuer Angebote und Herausforderungen für die kommunale Praxis"
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980605
26.9. Köln:
Seminar "Professionelle Fördermittelakquise für Organisationen der Sozialwirtschaft"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356159
26.-27.9. Kassel:
Fachtagung "Management in der Suchttherapie"
des Bundesverbandes für stationäre Suchthilfe
Tel.: 0561/779351
www.suchthilfe.de
27.9. Stuttgart:
Seminar "Alle inklusive? Menschen mit schweren Behinderungen in der Freizeit"
der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Tel.: 0711/1640-600
www.akademie-rs.de
28.9. Köln:
Kongress "Grenzen (in) der Beratung - Beratung im Spannungsfeld von Grenzen und Entgrenzung"
des Bundesforum Katholische Beratung
Tel.: 0228/103234
http://bit.ly/2sQwNxi
28.9. Stuttgart:
Fachtag Ethik "Wenn Vielfalt zur Herausforderung wird"
des Diakonischen Werks Württembergs
Tel.: 0711/1656-340
www.diakonie-wuerttemberg.de
Oktober
5.10. Münster:
Seminar "Zeit- und Selbstmanagement - Effizienter Umgang mit den eigenen Ressourcen"
der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Tel.: 0251/48204-12
http://www.bpg-muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe
5.-6.10. Darmstadt:
Fachtagung "Innovation und Legitimation in der aktuellen Migrationspolitik - ein Dialog zwischen Politikwissenschaft, politischer Praxis und Sozialer Arbeit"
der Schader-Stiftung
Tel.: 06151/1759-0
www.schader-stiftung.de/migrationspolitik
6.10. Ludwigsburg:
Fachforum "Diversity in Organisation und Gesellschaft - global denken, loyal handeln"
der Evangelischen Fachhochschule Ludwigsburg
www.eh-ludwigsburg.de/weiterbildung
10.10: Frankfurt a.M.:
Diskussionsrunde "Gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung - Grundsätzliche Anforderungen, Haftung und Vergaberecht"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
www.fak.de
12.10. Freiburg:
Seminar "Behindertenhilfe - Aktuelle steuerliche und handelsrechtliche Entwicklungen"
der Solidaris Unternehmensgruppe
Tel.:02203/8997-221
www.solidaris.de
16.10. Berlin:
Tagung "Geld ohne Gegenleistung - Das Grundeinkommen als Zukunft des Sozialstaates?"
der Evangelischen Akademie zu Berlin und des Sozialwissenschaftlichen Institutes der EKD
Tel.: 030/20355-0
www.eaberlin.de
17.10. Hannover:
Seminar "Tagespflege in aller Munde? Status Quo, Analysen und Handlungsrefordernisse"
der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin
Tel.: 0511/38811890
www.gesundheit-nds.de
18.10. Schwerin:
Fachtagung "Gesellschaft im Wandel- Wohin bricht die Jugendsozialarbeit auf?"
der BAG EJSA
Tel.: 0711/16489-20
www.bagejsa.de
18.-19.10. Berlin:
Fachtagung "Digitalisierung. Kinder. Jugendhilfe - Potenziale und Risiken in einem dynamischen Feld ausbalancieren"
des Vereins SOS-Kinderdorf
Tel.: 089/12606432
www.sos-fachportal.de
19.-20.10. Kassel:
DVSG-Bundeskongress "Soziale Arbeit im Gesundheitswesen"
der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen
Tel.: 030/394064540
www.dvsg-bundeskongress.de
19.10. Münster:
Seminar "Risikomanagement in Einrichtunge des Gesundheitswesens"
der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Tel.: 0251/4820412
http://bpg.muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe
20.-22.10. Rheinfelden:
Kommunikationsseminar "Tritt fest auf, mach's Maul auf!"
der Evangelischen Akademie Baden
Tel.: 0721/9175363