sozial-Branche

Obdachlosigkeit

Wohnungslose stellen "Klagemauer" auf




Unterstützer von Wohnungslosen an der "Klagemauer" in Bremen.
epd-bild/Dieter Sell
Eine "Klagemauer" steht nun auch in Bremen: Obdachlose haben die Wand errichtet und ihre sozialpolitischen Forderungen daran befestigt. Bundesweit steigt die Zahl der Obdachlosen, sagen Experten. Verlässliche Statistiken gibt es jedoch nicht.

Zum bundesweiten "Tag der Wohnungslosen" haben Aktivisten am 11. September auf dem Bremer Marktplatz vor dem Landtag eine "Klagemauer" mit Forderungen an die Politik aufgestellt. Die Zahl der Wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen steige, sagte Bertold Reetz von der diakonischen Wohnungslosenhilfe des Bremer Vereins für Innere Mission.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schätzt, dass es im kommenden Jahr knapp 540.000 wohnungslose Menschen in Deutschland geben wird. 2014 waren es noch etwa 335.000 Menschen. Alleine in Bremen seien schätzungsweise 600 Männer und Frauen betroffen.

"Nichts ist gut in unserer Stadt"

"Nichts ist gut in unserer Stadt, wenn die Zahl der Wohnungslosen steigt", mahnte Bremens Landesdiakoniepfarrer Manfred Meyer. Er, Reetz und Vertreter des Aktionsbündnisses "Menschenrecht auf Wohnen" forderten die Landesregierung auf, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Ein vom Senat unterstütztes Bauprogramm der Wohnungswirtschaft habe den Obdachlosen in der Stadt bisher nichts gebracht, kritisierte Reetz. Er verlangte, dass der Senat eine eigene kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründet, mit der dann beispielsweise Schlichtwohnungen für Obdachlose errichtet werden könnten.

Arme Menschen werden verdrängt

Mit ihren Forderungen auf der Klagemauer setzten sich Betroffene auch dafür ein, dass die Stadt mehr öffentlich zugängliche Trinkwasserbrunnen und kostenlose Toiletten schafft. Die bisherigen Bemühungen des Senats gegen Wohnungslosigkeit reichten nicht aus, sagte Harald Barzen, der selbst obdachlos ist: "Wir merken, dass wir von der Gesellschaft aus der Stadtmitte an die Ränder gedrängt werden, wo wir nicht mehr gesehen werden. Der arme Mensch passt nicht in eine reiche Stadt."

Betroffen vom Mangel an bezahlbaren Wohnraum seien längst nicht nur wohnungslose Menschen, ergänzte Joachim Barloschky, Sprecher des örtlichen Aktionsbündnisses "Menschenrecht auf Wohnen". Auch Studierende, Ältere, Flüchtlinge, Migranten, Alleinerziehende, große Familien sowie Menschen, die auf Hartz IV oder Sozialhilfe angewiesen seien, litten darunter. Auch er forderte: "Wir brauchen ein kommunales Wohnungsbauprogramm."


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