Ausgabe 37/2017 - 15.09.2017
Kassel (epd). Ändern Beschäftigte ihre Rentenpläne und melden sich nach ihrer Altersteilzeit vorübergehend arbeitslos, führt dies nicht automatisch zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Denn mit der Altersteilzeitvereinbarung lag ein "wichtiger Grund" vor, das Arbeitsverhältnis zu beenden, so dass eine Sperrzeit nicht begründet werden kann, urteilte am 12. September das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Hintergrund des entschiedenen Rechtsstreits ist das zum 1. Juli 2014 eingeführte Gesetz für eine abschlagsfreie Rente ab 63. Voraussetzung hierfür ist, dass Versicherte mindestens 45 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Nach dem Kasseler Urteil können Beschäftigte, die mit der Einführung des Gesetzes bereits eine Altersteilzeit vereinbart hatten, deren Vertrag aber einige Monate vor dem Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ausläuft, nun ebenfalls von der abschlagsfreien Rente profitieren.
Im jetzt entschiedenen Fall war die Klägerin als Büroangestellte der Stadt Heubach im Ostalbkreis angestellt. 2006 vereinbarte sie mit ihrem Arbeitgeber eine Altersteilzeit im sogenannten Blockmodell. Ihren unbefristeten Arbeitsvertrag änderte sie in einen befristeten um. Nach dem Ende der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit wollte sie ab Dezember 2015 nahtlos, aber mit Abschlägen in Höhe von monatlich 7,5 Prozent in Rente gehen.
Als zwischenzeitlich die abschlagsfreie Rente mit 63 eingeführt wurde, fehlten ihr nach der Altersteilzeit noch drei Lebensmonate, um die Voraussetzungen für den abschlagsfreien Rentenbezug zu erfüllen. Für diese Zeit meldete sie sich daher arbeitslos.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach jedoch eine Arbeitslosengeld-Sperrzeit aus. Die Frau habe ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt und damit ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet. Es fehle an einem "wichtigen Grund", dass das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Nur dann könne aber auf eine Sperrzeit verzichtet werden.
Dem widersprach nun das BSG und berief sich dabei auf eine BSG-Entscheidung aus dem Jahr 2009 (Az.: B 7 AL 6/08 R). Danach tritt keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I ein, wenn der Beschäftigte eine Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart und von Anfang an beabsichtigt hatte, aus dem Arbeitsleben danach auszuscheiden. Dieser Rechtsprechung des 7. Senats schloss sich nun der 11. Senat des BSG an.
Dass die Klägerin sich wegen der Einführung der abschlagsfreien Rente noch einmal für drei Monate arbeitslos gemeldet hat, sei ihr nicht anzulasten. Entscheidend sei, dass sie zum Zeitpunkt des Altersteilzeitvertrages im Jahr 2006 beabsichtigt hatte, nahtlos und damals noch mit Abschlägen in Rente zu gehen. Sie habe sich bei Arbeitgeber, Personalrat und Kollegen darüber informiert. Daher sei nicht anzunehmen, dass sie sich von Anfang an nach der Altersteilzeit arbeitslos melden wollte.
Bereits am 17. August 2017 hatte der 5. BSG-Senat zur abschlagsfreien Rente ab 63 entschieden, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die entsprechenden Bestimmungen gebe (Az.: B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R). Danach ist es in der Regel allerdings nicht möglich, die erforderlichen 45 Beitragsjahre durch Zeiten der Arbeitslosigkeit vollzumachen. Es verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass Rentenbeiträge der BA in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur ausnahmsweise bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe berücksichtigt werden.
Az.: B 11 AL 25/16 R
Az.: B 7 AL 6/08 R (BSG im Jahr 2009)
Az.: B 5 R 8/16 R und B 5 R 16/16 R (BSG im August 2017)