nun liegen alle Vorschläge zur Umsetzung der allgemeinen Impfpflicht vor. Bis Ende März soll der Bundestag entscheiden, ob die Corona-Impfpflicht in Deutschland ausgeweitet werden soll. Bereits ab Mitte März gilt solch eine Pflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen - daran halten die Gesundheitsminister fest.
Die Behindertenhilfe beklagt eine hohe Zusatzbelastung und viel Unklarheit durch die besondere Impfpflicht für die Sozialbranche. Dies treffe die Beschäftigten in einer Situation, in der nach zwei Jahren Corona-Pandemie „fast alle extrem müde und ausgelaugt“ seien", sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe (BeB), Barbara Heuerding, im Interview.
Die steigenden Energiepreise und die Zusatzausgaben in der Corona-Pandemie setzen Menschen mit kleinem Einkommen zu. Sozialverbände fordern die Ampel-Koalition auf, Kindern aus armen Familien unverzüglich einen Zuschlag auf die Grundsicherung zu zahlen. Heizkosten sollten für Geringverdiener gedeckelt werden. Sonst drohen Stromsperren, warnen Schuldnerberatungsstellen. Auch Anna Conrad von der Gießener Tafel erklärt im epd-Video, wie der Hilfebedarf zunimmt.
Psychisch kranke Menschen können für ihre im Wahn auf die Straße gestellten Möbel und ihren Hausrat von der Sozialhilfe eine Geldspritze für neues Mobiliar erhalten. Solch ein außergewöhnlicher Krankheitsschub stellt nach der Auffassung des Bundessozialgerichts einen außergewöhnlichen Umstand dar, vergleichbar mit einem Wohnungsbrand, der einen kostenlosen Ersatz der Möbel begründet.
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Markus Jantzer
Magdeburg, Berlin (epd). Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) spricht sich für eine zügige Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus. „Nach intensiven Beratungen der Gesundheitsminister und -ministerinnen mit dem Bund haben wir jetzt gemeinsam die Voraussetzungen für die praktikable Umsetzung des Bundesgesetzes geschaffen“, sagte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Grimm-Benne (SPD), die der Konferenz vorsitzt, am 16. Februar in Magdeburg. Die GMK sehe in den kontinuierlichen Bund-Länder-Abstimmungen auf der Arbeitsebene eine gute Basis für eine zügige und rechtssichere Umsetzung.
Eine vom Bundesgesundheitsministerium und der GMK erarbeitete Handreichung zur Umsetzung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht sei eine „sachdienliche Grundlage für den Vollzug“, hieß es weiter. Zudem begrüßten die Gesundheitsminister die Zusage des Bundesgesundheitsministeriums, die Beratung über die Umsetzung mit den Ländern kontinuierlich fortsetzen zu wollen. Demnach sollen auch Gesundheitsämter bei der Ausübung ihres Ermessensspielraums unterstützt werden, um einen einheitlichen Vollzug in allen Bundesländern zu erreichen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) appellierte, dass der Abstimmungsprozess zwischen den Ländern „schnell zu einem einheitlichen Vorgehen führt: Wir brauchen Klarheit und Verlässlichkeit“, erklärte DGK-Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß in Berlin nach den Beschlüssen. Dabei müssten die Gesundheitsämter die Möglichkeit haben, in Einzelfällen abzuwägen, ob sie bei einem fehlenden Immunitätsnachweis von Beschäftigten ein Betretungs- und Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn dadurch die pflegerische oder medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet wäre.
Alle Leistungserbringer müssen „ihrem Auftrag gemäß handlungsfähig bleiben“, sagte die Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Kathrin Sonnenholzner, dem Evangelischen Pressedienst (epd), „Das heißt, die Versorgungssicherheit der den Einrichtungen anvertrauten Menschen ist zu gewährleisten.“
Ab 15. März gilt für das Personal von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen eine Corona-Impfpflicht. Das bereits im Dezember auch mit den Stimmen der Union in Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz stößt seit Wochen auf Kritik. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am 7. Februar angekündigt, es vorerst in seinem Bundesland nicht umzusetzen. Am 15. Februar bekannte sich jedoch die bayerische Staatsregierung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, forderte aber bundeseinheitliche Vollzugshinweise.
Ein Eilantrag gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht wurde am 11. Februar vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt.
Berlin (epd). Die Behindertenhilfe beklagt eine hohe Zusatzbelastung und viel Unklarheit durch die bevorstehende Impfpflicht für die Beschäftigten der Sozialbranche. „In den Einrichtungen wird mit erheblichem Kommunikationsaufwand fürs Impfen geworden“, sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe (BeB), Barbara Heuerding. Das geschehe in einer Situation, in der nach zwei Jahren Corona-Pandemie „fast alle extrem müde und ausgelaugt“ seien. Die Fragen stellte Markus Jantzer.
epd sozial: Wie sind die aktuellen Arbeitsbedingungen in der Behindertenhilfe? Kommt es zu vielen Personalausfällen in der Omikronwelle, ist der Krankenstand überdurchschnittlich hoch?
Barbara Heuerding: Nachdem in den letzten beiden Jahren die Personaldecke wegen Nachwuchsmangels und Pensionierungen von starken Jahrgängen bereits extrem dünn geworden ist (auch wegen großer Probleme beim internationalen Recruiting), sorgen ein stark steigender Krankenstand und Quarantäneauflagen im Moment dafür, dass vielerorts der Betrieb nicht mehr in Übereinstimmung mit den Standards erfolgen kann. Bei einigen Angeboten wissen die Leistungserbringer wegen der hohen Anzahl positiv getesteter Klienten und Mitarbeiterinnen nicht mehr, wie sie den Betrieb aufrechterhalten können. Dort ist die Belastungsgrenze erreicht.
epd: Wie wirkt sich das konkret aus?
Heuerding: Bei vielen Angeboten muss jeden Tag wegen der Erkrankung umdisponiert werden, weil ständig die Dienstpläne verändert und neue Verordnungen umgesetzt werden müssen. In Nordrhein-Westfalen waren es rund 210 Verordnungen und Allgemeinverfügungen seit Beginn der Pandemie. Hinzu kommt der enorme Dokumentationsaufwand für die Refinanzierung der durchgeführten Antigentests, die durch die Einrichtungen selber durchgeführt werden.
epd: Inwieweit können die Einrichtungen und Dienste in der ambulanten Behindertenhilfe, den Wohngruppen, den Förderschulen und Werkstätten ihre Leistungen weiter anbieten?
Heuerding: Die Leistungen werden bestmöglich aufrechterhalten, allerdings mit Abstrichen bei der erreichbaren Qualität zu Lasten der sozialen Teilhabe und der Einhaltung der Fachkraftquote. In manchen Wohngruppen sind Bewohnerinnen und Mitarbeiter gemeinsam in Quarantäne. In inklusiven Kindergärten und Schulen gibt es einen sehr hohen Krankenstand. Leider gibt es gerade bei vielen niedrigschwelligen Angeboten (Familienentlastende Dienste, Freizeitangebote etc.) Angebotseinschränkungen.
epd: Sind Eltern behinderter Kinder aufgrund der Omikronwelle derzeit stärker belastet in den vergangenen zwei Jahren?
Heuerding: Das ist sicher in den verschiedenen Hilfefeldern unterschiedlich, aber die Belastungen steigen, da gerade viele familienentlastende Angebote eingeschränkt sind. Viele Angehörige sorgen sich vor allem vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus, wenn sie risikoerkrankte Kinder haben. Einige fühlen sich allein gelassen, weil Kinder mit Behinderung nicht im Fokus der Politik sind. Trotz allem gibt es eine ungebrochen hohe Hilfsbereitschaft bei den Angehörigen von Kindern mit Behinderung gegenüber den Assistenzkräften und Diensten.
epd: Sehen Sie Erschöpfungssymptome in einzelnen Bereichen der Behindertenhilfe?
Heuerding: Ja, die sind unverkennbar auf breiter Front zu beobachten. Gab es am Anfang eine hohe Motivation, die Herausforderung Corona zum Beispiel durch selbst hergestellte Schutzkleidung und flexiblen Einsatz des Personals zu bewältigen, sind jetzt fast alle extrem müde und ausgelaugt.
epd: Wie wird den Belastungen begegnet?
Heuerding: Hier sind derzeit besonders die jeweiligen Vorgesetzten gefordert, da für finanzielle Benefits keine Budgets vorhanden sind sowie zeitliche Entlastung und emotionsförderliche Events unter Corona-Bedingungen nicht möglich sind. Es werden alle Anstrengungen unternommen, um Synergieeffekte zu erzielen. In manchen Fällen können Einrichtungen Prämien für das Einspringen aus der freien Zeit zahlen. In anderen gelingt die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung verschiedener Leistungserbringer in einer Region.
epd: Welche staatlichen Hilfen sind aus Ihrer Sicht notwendig?
Heuerding: Zunächst muss sehr schnell eine auskömmliche Finanzierung des durch Corona verursachten Zusatzaufwands erfolgen. Alle Einrichtungen und Dienste haben seit 2020 erhebliche Vorleistungen bei Sach- und Personalkosten zum Schutz der Menschen mit Behinderung und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbracht sowie zur Umsetzung der Verordnungen der Bundesländer. Ein großer Leistungserbringer hat zum Beispiel mitgeteilt, dass in seinen Einrichtungen und Diensten mittlerweile eine Million FFP2-Masken gekauft werden mussten. Leider läuft die Erstattung dieser Kosten in der Behindertenhilfe vielfach nur sehr schleppend und bindet obendrein zusätzliches Personal. Darüber hinaus bedarf es einer nachhaltigen Steigerung der Attraktivität der Berufe und Unterstützung des Berufsbilds Heilerziehungspflege und Heilpädagogik. Bundes- und Landespolitik müssen gemeinsam durch gute Öffentlichkeitsarbeit, Ausbildungskonditionen und Berufsanerkennung handeln.
epd: Wie stellen sich die unterschiedlichen Leistungserbringer in der Behindertenhilfe auf die vom Gesetzgeber beschlossene einrichtungsbezogene Nachweispflicht einer Covid-19-Impfung ein?
Heuerding: Zunächst muss man feststellen, dass es nur begrenzt möglich ist, als Leistungserbringer sich und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Impfpflicht einzustellen, weil die Umsetzung teilweise unklar ist und in den Bundesländern ausgelegt wird. Natürlich wird in den Einrichtungen mit wiederum erheblichem Personalaufwand der Impfstatus der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfasst und gemeldet. Mit erheblichem Kommunikationsaufwand wird derzeit fürs Impfen geworben und gehofft, dass sich einige noch mit dem neuen Impfstoff auf Protein-Basis impfen lassen. Außerdem wird über die Folgen der Nicht Einhaltung der Impfpflicht informiert. In einigen Ländern soll dann das zuständige Gesundheitsamt tätig werden. Es wird also nicht unmittelbar eine Kündigung ausgesprochen. Gleichzeitig suchen die Leistungserbringer weiter händeringend nach Personal. Außerdem wird die Klärung offener Fragen mit den Behörden und Gesundheitsämtern gesucht. Leider laufen derzeit Klärungsprozesse mit den Gesundheitsämtern oft unzureichend.
Berlin (epd). Im „Dreischritt“ sollen in Deutschland die Corona-Einschränkungen fallen: Bund und Länder haben sich am 16. Februar auf einen Fahrplan für eine schrittweise Rücknahme der Maßnahmen bis zum Frühlingsanfang geeinigt. Damit gilt ab dem 20. März ein Großteil der Regeln nicht mehr. Der Lockerungsplan beruht auf Empfehlungen des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, umsetzen müssen ihn die Bundesländer. Die wichtigsten Beschlüsse:
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Geimpfte und Genesene dürfen sich im ersten Schritt privat wieder in unbegrenzter Zahl treffen. Bisher waren zehn Personen erlaubt. Treffen mit Ungeimpften bleiben bis zum 19. März auf den eigenen Haushalt und zwei weitere Personen beschränkt. Ausgenommen von den Regeln sind Kinder bis 14 Jahren.
EINZELHANDEL: Ebenfalls im ersten Schritt soll der Zugang zu Geschäften bundesweit wieder ohne Kontrollen, aber weiter mit Maske möglich sein. Empfohlen werden FFP2-Masken. Bisher gilt formal noch die 2G-Regel, Zugang also nur für Geimpfte und Genesene. Etliche Bundesländer haben sie aber bereits aufgehoben, die anderen haben dies für die nächsten Tage angekündigt. In Sachsen gilt die 3G-Regel (Geimpfte, Genesene, Ungeimpfte mit negativem Corona-Test).
GASTRONOMIE UND BEHERBERGUNG: Vom 4. März an soll im zweiten Schritt bundesweit die 3G-Regel gelten. Dann können auch nicht geimpfte Menschen mit negativem Corona-Test wieder ein Restaurant besuchen oder im Hotel übernachten. Bisher gilt 2G plus Test oder Booster-Impfung. Diskotheken und Clubs können wieder öffnen, allerdings nicht für Ungeimpfte, denn dort gilt die 2G-Plus-Regel.
GROßVERANSTALTUNGEN: Ebenfalls vom 4. März an werden deutlich mehr Zuschauer zugelassen. Dabei gilt die 2G-plus-Regel, also mit zusätzlichem Test oder Booster-Impfung. In Innenräumen soll eine Auslastung von 60 Prozent nicht überschritten werden, und es sollen höchstens 6.000 Menschen zusammenkommen. Bei Veranstaltungen im Freien dürfen beispielsweise in einem Stadion bis zu 75 Prozent der Plätze besetzt werden bei einer Höchstgrenze von 25.000 Zuschauern. Drinnen wie draußen sollen weiterhin Masken getragen werden.
FRÜHLINGSANFANG: Ab dem 20. März sollen alle 2G- und 3G-Regeln entfallen. Das ist der dritte Schritt. Die Maskenpflicht in Innenräumen und im öffentlichen Personenverkehr soll aber weiter gelten, ebenso die Abstands- und Hygieneregeln. Die bis 19. März befristeten, verpflichtenden Vorschriften zum Homeoffice sollen ebenfalls wegfallen, die Arbeitgeber sollen den Beschäftigten Homeoffice aber weiter anbieten, wenn es seitens des Betriebs möglich ist. Kurz vor dem weitgehenden Ende der Corona-Maßnahmen am 17. März will die Bund-Länder-Runde wieder zusammenkommen, wenn nötig auch früher.
BASISSCHUTZMAßNAHMEN: Die Länder wollen weiterhin darüber entscheiden können, ob für bestimmte Regionen oder Einrichtungen noch besondere Regelungen erforderlich sind. Es geht dabei um spezifische Schutzmaßnahmen, beispielsweise für Pflegeheime oder Krankenhäuser im Fall von Corona-Ausbrüchen. Auch eine Maskenpflicht in Bus und Bahn soll weiterhin möglich sein. Die rechtliche Grundlage dafür soll der Bundestag in den kommenden Wochen schaffen.
Berlin (epd). In der Debatte um eine Erhöhung der Immunität gegen Covid-19 sprechen sich Abgeordnete von FDP, Grünen und SPD für eine Pflicht zur Impfberatung anstelle einer sofortigen Impfpflicht aus. Am 16. Februar präsentierte die Gruppe um den FDP-Politiker und Infektiologen Andrew Ullmann einen entsprechenden Entwurf in Berlin. Es ist der inzwischen fünfte Vorschlag in der Debatte um eine mögliche Ausweitung der Corona-Impfpflicht.
Man habe Zweifel an der Verhältnismäßigkeit einer Impfpflicht ab 18 Jahren, wenn zuvor nicht jeder ein Beratungsangebot erhalten habe, sagte Mitinitiator Konstantin Kuhle (FDP). Zudem lasse sich heute nicht seriös voraussagen, inwieweit eine Impfpflicht im Herbst notwendig sei. Der Antrag der Gruppe sieht erst im zweiten Schritt eine mögliche Impfpflicht für Personen ab 50 Jahre vor.
Sie soll aber nur kommen, wenn im Herbst eine neue Infektionswelle und eine dann immer noch zu niedrige Impfquote drohen, das Gesundheitssystem zu überlasten. Dies lasse sich nicht voraussehen, argumentiert die Gruppe. Der Bundestag soll nach ihren Vorstellungen erst dann auf Grundlage der dann aktuellen Erkenntnissen über die Impfpflicht entscheiden.
Ullmann sagte, heute lasse sich auch nicht voraussagen, wie hoch die Impfquote dann sein müsse, ob 95 Prozent notwendig seien oder 88 Prozent ausreichten. Aktuell sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts drei Viertel der Bevölkerung vollständig, also in der Regel zweimal, gegen Covid-19 geimpft. Mehr als die Hälfte (55,7 Prozent) hat auch bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Der Entwurf der Gruppe sieht vor, dass die Krankenversicherungen alle Versicherten ab 18 Jahren über Impfungen und die Regel aufklären sollen. Bis zum 15. September müssten dann alle erwachsenen Bürgerinnen und Bürger den Kassen nachweisen, dass sie vollständig geimpft oder genesen sind oder eine Impfberatung hatten. Wer das nicht tut, wird mit Bußgeld bestraft.
Eine dann gegebenenfalls notwendige Impfpflicht soll dem Vorschlag der Abgeordneten zufolge aber nur für den älteren Teil der Bevölkerung gelten. Ullmann und seine Mitstreiter halten eine Impfpflicht ab 50 Jahren für ausreichend, weil insbesondere Älteren ein schwerer Covid-19-Verlauf auch verbunden mit einem Krankenhausaufenthalt droht.
Die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta sagte, mit diesem Vorschlag gehe man „wohldosiert“ und „mit Augenmaß“ vor. Die Leipziger Ärztin und Politikerin verwies zudem auf regional unterschiedliche Impfquoten. Eine Impfpflicht müsse auch durchsetzbar sein. Es sei kein Zufall, dass die Mitglieder dieser Gruppe für einen Mittelweg seien, sagte sie mit Verweis auf Mitinitiatoren, die unter anderem aus Sachsen, Bayern und Sachsen-Anhalt kommen. Der Gesetzentwurf, der eine Befristung der Regelung bis 31. Dezember 2023 vorsieht, hat Unterstützung von Abgeordneten aus allen drei Ampel-Fraktionen. Bis Ende März soll im Bundestag über eine mögliche Ausweitung der Corona-Impfpflicht entschieden werden.
Berlin (epd). Bis Ende März soll der Bundestag entscheiden, ob die Corona-Impfpflicht in Deutschland ausgeweitet werden soll. Bereits ab Mitte März gilt solch eine Pflicht für das Personal in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In der Koalition aus SPD, Grünen und FDP gibt es Stimmen für eine allgemeine Impfpflicht, aber auch dagegen. Die Abstimmung über diese Frage soll daher auf Grundlage fraktionsübergreifender Anträge erfolgen, in der Opposition machen das aber nicht alle mit. Fünf in Form und Inhalt verschiedene Vorschläge liegen auf dem Tisch:
IMPFPFLICHT AB 18
Eine Gruppe um die Abgeordneten Dirk Wiese (SPD), Janosch Dahmen (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) plädiert für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen, die ab Oktober gelten und bis Ende 2023 befristet werden soll. Als vollständig geimpft würde nach ihrem Gesetzentwurf anerkannt, wer entweder drei Impfungen erhalten hat oder zwei Impfungen plus eine Covid-19-Genesung nachweisen kann. Der Impfstatus soll über die Krankenversicherungen abgefragt und so kontrolliert werden. Bei einem Verstoß drohen Bußgelder. Der Antrag aus den Reihen der Ampel wird von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt.
VERPFLICHTENDE IMPFBERATUNG UND VIELLEICHT IMPFPFLICHT AB 50
Parlamentarier um den FDP-Abgeordneten und Infektiologen Andrew Ullmann wollen eine verpflichtende Impfberatung als milderes Mittel gegenüber einer Impfpflicht durchsetzen. Sie soll mit einem Impfangebot gekoppelt werden. Hilft dies nicht, die Impfquote bis zum 15. September so weit zu erhöhen, dass nach dann vorliegendem Stand das Gesundheitswesen ausreichend gegen eine mögliche neue Infektionswelle gewappnet ist, soll im zweiten Schritt eine Impfpflicht für alle ab 50 Jahren gelten. Dies ist nach Auffassung dieser Gruppe ausreichend und verhältnismäßiger als eine Impfpflicht ab 18. Für die Pflicht wäre ein weiterer Bundestagsbeschluss nach dem 15. September notwendig. Auch diese Regelung soll bis 31. Dezember 2023 befristet werden und hat Unterstützung von Abgeordneten aus allen Fraktionen der Ampel-Koalition.
IMPFPFLICHTGESETZ AUF VORRAT
CDU und CSU im Bundestag haben sich dazu entschieden, einen eigenen Fraktionsantrag einzubringen. Er fordert die Bundesregierung auf, ein Impfregister einzurichten und eine gesetzliche Impfpflicht sozusagen auf Vorrat vorzubereiten. Sie soll nicht sofort gelten, sondern „scharfgeschaltet“ werden, wenn die Infektionslage wieder bedrohlicher wird, etwa durch eine neue Virusvariante. Nötig wäre nach Vorstellung der Union dann ein erneuter Bundestagsbeschluss, mit dem auch je nach Lage festgelegt werden soll, für welche Personengruppen die Impfpflicht gilt. Das Gesetz für die Impfpflicht auf Vorrat müsste die Regierung erarbeiten.
KEINE IMPFPFLICHT
Gegen eine Ausweitung der Impfpflicht wendet sich ein Antrag aus den Reihen der FDP, der unter anderem von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki initiiert wurde. Dessen Unterstützer halten eine allgemeinere Impfpflicht für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Sie sprechen sich zugleich aber für eine Ausweitung der Anstrengungen aus, um mehr Menschen mit Impfangeboten zu erreichen.
AUFHEBUNG DER TEILWEISEN IMPFPFLICHT
Auch die AfD bringt einen Fraktionsantrag ein. Sie wendet sich darin nicht nur gegen eine Ausweitung der Impfpflicht, sondern plädiert auch dafür, die einrichtungsbezogene Impfpflicht wieder aufzuheben.
Gütersloh (epd). Die Deutschen beurteilen Zuwanderung positiver als in früheren Jahren. 68 Prozent der Befragten einer aktuellen Umfrage zur „Willkommenskultur“ in Deutschland sind der Ansicht, Zuwanderung bringe Vorteile für die Ansiedlung internationaler Firmen, wie die Bertelsmann Stiftung am 16. Februar bei der Vorstellung der Ergebnisse erklärte. 65 Prozent erwarteten zudem durch Zuwanderung eine geringere Überalterung der Gesellschaft. Einheimische sowie zugewanderte Menschen sähen jedoch auch Hindernisse für die Integration durch geringere Beteiligungsmöglichkeiten. Die Bertelsmann Stiftung plädierte für weitere gesetzliche Regelungen gegen Diskriminierung.
Die Zuwanderung habe höhere Zustimmungswerte als in den vorherigen Befragungen der Jahre 2017 und 2019, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Ebenso seien die Sorgen vor möglichen negativen Effekten von Zuwanderung weiter zurückgegangen, diese würden allerdings immer noch von einer Mehrheit geteilt. So äußerten 67 Prozent der Befragten Befürchtungen im Hinblick auf Belastungen für den Sozialstaat - zwei Jahre zuvor waren es 71 Prozent. Konflikte zwischen Eingewanderten und Einheimischen würden noch 66 Prozent erwarten (2019: 69 Prozent).
Die Aufnahmebereitschaft gegenüber geflüchteten Menschen sei gestiegen und stehe erstmals wieder an einem ähnlichen Punkt wie vor 2015, erklärte die Bertelsmann Stiftung weiter. Demnach sind aktuell noch 36 Prozent der Meinung, Deutschland könne nicht mehr Geflüchtete aufnehmen, weil es an seiner Belastungsgrenze sei. 2017 sahen dies noch 54 Prozent so. Auch die Ansicht, dass die Bundesrepublik aus humanitären Gründen mehr Geflüchtete aufnehmen sollte, werde inzwischen von fast jedem zweiten Befragten (48 Prozent) geteilt.
Insgesamt würden jedoch mehr Menschen als in den früheren Befragungen mangelnde Chancengleichheit für Zugewanderte auf dem Arbeitsmarkt und Diskriminierung wegen der Herkunft als größte Hindernisse für Integration sehen, hieß es. Zudem werde verstärkt bemängelt, dass Menschen mit Migrationshintergrund in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen nur ungenügend vertreten seien, hieß es.
„Das Verhältnis der deutschen Bevölkerung zur Migration hat sich seit dem Höhepunkt der 'Fluchtkrise' 2015 kontinuierlich verbessert, und die Chancen von Zuwanderung rücken immer mehr in den Fokus“, sagte der Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung, Orkan Kösemen. Ein Grund dafür könnten laut Kösemann auch die Erfahrungen aus der Corona-Krise sein, dass für das Funktionieren der kritischen Infrastruktur Zuwanderung nötig sei. Sorgen und Zweifel seien jedoch noch immer verbreitet und erforderten gesamtgesellschaftliche Antworten.
Die Bertelsmann Stiftung plädierte dafür, strukturelle Benachteiligungen für Zugewanderte weiter abzubauen und so die Voraussetzungen für ihre gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern. Neue gesetzliche Regelungen zur Antidiskriminierung sollten dafür ebenso geprüft werden wie rechtliche Maßnahmen zur Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund bei der Besetzung von Stellen in Verwaltung und öffentlichem Dienst. Projekte, die Wertschätzung und Anerkennung gegenüber zugewanderten Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum Ausdruck bringen würden, förderten zudem das Zusammenwachsen, sagte die Integrationsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Ulrike Wieland.
Für die Studie „Willkommenskultur zwischen Stabilität und Aufbruch. Aktuelle Perspektiven der Bevölkerung auf Migration und Integration in Deutschland“ befragte das Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid zwischen dem 3. und 10. November 2.013 Menschen in Deutschland ab 14 Jahren.
Bremen (epd). Das Land Bremen will vor dem Bundesverfassungsgericht höhere Beträge für alleinstehende Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften durchsetzen. Das Asylbewerberleistungsgesetz gehe abstrakt davon aus, dass Menschen in Gemeinschaftsunterkünften auf die gleiche Weise gemeinschaftlich wirtschaften könnten wie zusammenlebende Paare, sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) am 15. Februar: „Das ist aber eine Annahme, die der Wirklichkeit nicht gerecht wird.“ Allein in Bremen lebten 176 Alleinstehende in einer Gemeinschaftsunterkunft, in der sie Küchen und Sanitäranlagen gemeinsam mit Fremden nutzen müssen.
Alleinstehenden in Gemeinschaftsunterkünften steht laut Stahmann nur die Regelbedarfsstufe 2 nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu. Das seien 330 Euro pro Monat für Lebensunterhalt und persönlichen Bedarf. Für Alleinstehende außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften gelte dagegen die Stufe 1 mit 367 Euro. „Die derzeitige Regelung ist nach meiner Auffassung verfassungswidrig“, sagte die Senatorin.
Die im Jahr 2019 vom Bund beschlossene Absenkung des Regelbedarfs für Alleinstehende in Gemeinschaftsunterkünften von Stufe 1 auf 2 ist aus Stahmanns Sicht nicht gerechtfertigt. Sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und damit gegen die Verfassung. Außerdem habe der Gesetzgeber nicht dargelegt, wie mit 330 Euro ein menschenwürdiges Existenzminimum gesichert sein solle. Der aktuelle Hartz IV-Satz gestehe Alleinstehenden in Stufe 1 immerhin 449 Euro und in Stufe 2 noch 404 Euro zu.
Auch wenn die Senatorin die Regelung für nicht verfassungskonform erachtet, muss die Verwaltung sie trotzdem in Bremen anwenden: „Wir können uns nicht aus einer eigenen Rechtsauffassung heraus über Bundesrecht hinwegsetzen“, sagte Senatorin Stahmann. Das gehe nur in begründeten Einzelfällen.
Düsseldorf (epd). Zur Stärkung der Inklusion von Menschen mit Behinderung starten das NRW-Sozialministerium und die „Aktion Mensch“ das neue Programm „Inklusion vor Ort“. Kommunen und gemeinnützige Organisationen werden aufgerufen, beispielhafte Ideen für ein Lebensumfeld zu entwickeln, in dem alle Menschen gleichberechtigt leben können, wie das Ministerium am 15. Februar in Düsseldorf mitteilte. Vier Modellkommunen können im Rahmen des Programms bis zu fünf Jahre gefördert werden. Dafür stellen die Projektpartner bis zu vier Millionen Euro zur Verfügung.
Die Ausschreibung endet am 31. Mai. Mit dem Programm haben die „Aktion Mensch“ und das Land Nordrhein-Westfalen erstmals ein gemeinsames Förderangebot für Kommunalverwaltungen und gemeinnützigen Organisationen für die Inklusion vor Ort aufgelegt, wie es hieß. Bis Ende Juli dieses Jahres sollen die vier Modellkommunen ausgewählt werden.
„Inklusion soll überall dort gelebt werden, wo sich Menschen treffen. Dafür müssen sich alle Akteure vor Ort vernetzen: Vereine, Verbände, Unternehmen, Selbsthilfegruppen, Religionsgemeinschaften und Kommunalverwaltung“, sagte Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Es gehe darum, Modelle für ein inklusives Miteinander zu entwickeln. „Ein Ansatz könnte etwa sein, dass Menschen mit Behinderungen bei Kultur und Freizeit nicht mehr auf besondere Angebote verwiesen werden, sondern an Aktivitäten teilnehmen können, die allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen.“
Bereits seit mehreren Jahren unterstützt und begleitet die „Aktion Mensch“ mit der Initiative „Kommune Inklusiv“ fünf Modellkommunen in fünf Bundesländern dabei, das Leben vor Ort dauerhaft inklusiv, barrierefrei und lebenswerter zu gestalten. „Inklusion in der Kommune gelingt, wenn in einem starken Netzwerk partizipativ und nachhaltig geplant und gearbeitet wird. Diesen Prozess unterstützen wir als 'Aktion Mensch' gerne durch die Vermittlung von Praxiswissen und finanzielle Förderung“, sagte die Sprecherin der „Aktion Mensch“, Christina Marx.
Berlin (epd). Eine überwältigende Mehrheit der Europäerinnen und Europäer sieht Defizite bei der sozialen Gerechtigkeit. 80 Prozent halten die Einkommens- und Vermögensverteilung in der Gesellschaft für ungerecht, wie aus drei Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen. Zudem fühlen Frauen sich immer häufiger von Benachteiligungen bedroht.
Objektiv habe die Benachteiligung von Frauen „sehr wahrscheinlich“ in den vergangenen Jahren nicht zugenommen, erklärten die Studien-Autoren zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20. Februar. Aber die Frauen hätten eine „höhere Sensibilität für Diskriminierung“ entwickelt.
„Auf gewisse Weise haben unsere Studienergebnisse auch etwas Ermutigendes“, sagte Sandra Bohmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im DIW. Denn Politik und Gesellschaft könnten Diskriminierung nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn Menschen die Benachteiligung von Gruppen oder Personen auch wahrnehmen.
Dass alle Menschen einen fairen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, sieht etwa ein Drittel der Befragten in 29 europäischen Ländern skeptisch. Ihre eigenen Chancen bei der Jobsuche schätzt die Hälfte der Europäerinnen und Europäer als gerecht ein, lautet ein weiteres Ergebnis der Analysen.
Acht Prozent der Befragten sehen sich nach den Angaben als Teil einer Gruppe, die aufgrund ihrer Herkunft, Sprache, Religion, Geschlecht oder sexuellen Orientierung benachteiligt werde. Für Studienautorin Bohmann bedeutet das: „Die politischen Bemühungen, das Vertrauen aller Bürgerinnen und Bürger in eine gerechte Chancenverteilung zu gewinnen, sind offensichtlich nicht ausreichend.“
Insgesamt zeige sich, dass die Chancengerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt dort höher eingeschätzt wird, wo die Bürgerinnen und Bürger auch zufriedener mit der Demokratie in ihrem Land sind. „Wer also das Vertrauen in die Demokratie stärken möchte, tut sicher gut daran, sich für gerechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt einzusetzen“, sagte Stefan Liebig, Studienautor und Direktor des SOEP im DIW.
Datenbasis für die Studien ist der European Social Survey, eine Querschnittsbefragung für vergleichende Analysen in Europa. Die jüngste Befragung fand in den Jahren 2018 und 2019 statt.
Berlin (epd). Sozialverbände und die Jugendorganisationen von SPD und Grünen fordern angesichts anhaltender Preissteigerungen und Mehrausgaben in der Corona-Krise auf Soforthilfen für arme Familien. Die Inflation und finanzielle Belastungen durch die Corona-Pandemie verschärften „die Not von Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen wie Hartz IV angewiesen sind“, heißt es in einem am 15. Februar veröffentlichten offenen Brief, den unter anderem das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Paritätische Gesamtverband und die Diakonie Deutschland sowie die Jusos und die Grüne Jugend unterzeichnet haben.
Die Verbände und die Jugendorganisationen von SPD und Grünen verweisen auf Ankündigungen im Koalitionsvertrag der Ampelparteien. Der angekündigte Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder lasse auf sich warten, und bisher seien keine Schritte unternommen worden, um alle Beziehenden von Grundsicherungsleistungen zu unterstützen. Es könne „nicht sein, dass ausgerechnet die Ärmsten wieder einmal auf der Strecke bleiben“.
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, erläuterte: „Durchschnittlich 78 Euro fehlten Kindern in der Grundsicherung schon vor der Pandemie, coronabedingte Mehrausgaben und Inflation kommen hinzu.“ Dieses Loch in der Haushaltskasse werde von Monat zu Monat größer. Dadurch fehle Geld für das Nötigste wie Schulmaterial, Kleidung und gesundes Essen. Die Bundesregierung müsse hier „deutlich spürbar Abhilfe schaffen“, forderte die Vertreterin der Diakonie.
„Wer Kinderarmut den Kampf ansagt und Soforthilfe verspricht, muss auch genau das liefern: Leistungen, die umgehend und wirklich substanziell helfen“, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die Bundesregierung müsse "Geld in die Hand nehmen, um die Ärmsten in dieser Gesellschaft wirksam zu entlasten”, sagte Schneider.
Der Präsident der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Michael Groß, forderte einen pauschalen Zuschlag auf die Grundsicherung, um steigende Lebenshaltungs- und Stromkosten abzufedern. Über diese Sofortmaßnahmen sei eine Gesamtstrategie notwendig, um mehr sozialen Zusammenhalt zu organisieren.
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) erklärte, es werde in der Bundesregierung „mit Hochdruck“ an der Ausgestaltung des Kinder-Sofortzuschlags gearbeitet, nannte aber keinen Zeitpunkt, zu dem er eingeführt werden könnte. Die Corona-Pandemie habe soziale Ungleichheiten verschärft, und die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten erhöhten den Druck auf Familien weiter, erklärte sie: „Zur schnellen Hilfe brauchen wir den Kinder-Sofortzuschlag.“
Die Koalition plant die Einführung einer Kindergrundsicherung. Bis dahin sollen Kinder mit einem Anspruch auf Sozialleistungen einen Sofortzuschlag erhalten. Dazu hatte das Bundeskabinett am 2. Februar einen Heizkostenzuschuss für Beziehende von Wohngeld beschlossen. Weitere armutspolitische Beschlüsse hat die Ampel-Regierung bisher nicht gefasst.
Gießen (epd). Die Gießener Tafel erhält seit Mitte Januar vermehrt Anfragen nach kurzfristiger Unterstützung. Sie kämen vor allem von Studierenden, Auszubildenden und Menschen mit geringem Erwerbseinkommen, deren Budget durch die gestiegenen Preise für Lebensmittel, Strom und Heizung besonders belastet sei, sagte die Organisationsleiterin der Tafel, Anna Conrad, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Täglich nähmen zwei bis drei Personen Kontakt zur Tafel auf, berichtete Conrad. „Viele kommen persönlich vorbei.“ Die Klienten befänden sich in einer „akuten Notlage“ und fragten nach einer einmaligen oder einer Unterstützung für wenige Wochen. Gleichzeitig bekomme die Tafel vom Handel weniger Lebensmittel geliefert. „Um das zu kompensieren, wenden wir uns direkt an die produzierenden Unternehmen, etwa an Bauernhöfe aus der Region.“
Mit Sorgen schaue sie auf den Sommer, sagte Conrad. Dann würden die Jahresabrechnungen für Heizung und Strom verschickt, die gerade Haushalte mit geringem Ankommen besonders belasteten. Die Folge sei vermutlich ein erneuter Anstieg der Anfragen bei der Gießener Tafel, die ihren Jahresetat in Höhe von rund 380.000 Euro allein aus Spenden bestreiten müsse.
Nach Angaben von Conrad unterstützt die Tafel an sechs Standorten etwa 3.000 Menschen. Zentraler Standort sei der „Tafelladen“ in der Gießener Weststadt. Dort würden die Lebensmittel je nach Haushaltsgröße gesammelt, sortiert und in entsprechende Kisten verpackt. Vier Kühlfahrzeuge lieferten sie anschließend an die Ausgabestellen im Landkreis aus. Zum Team gehörten rund 300 Ehrenamtliche, „ohne die die Arbeit nicht zu leisten wäre“.
Frankfurt a.M. (epd). Die Hans-Böckler-Stiftung fordert angesichts des starken Anstiegs bei den Energiepreisen staatliche Hilfen für Bürger mit einem kleinen Einkommen. Die hohen Gaspreise führten zu erheblichen Problemen, erklärte die gewerkschaftsnahe Stiftung am 15. Februar in Düsseldorf. „Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, was derzeit wahrscheinlich ist, dürften Haushalte mit niedrigeren Einkommen zunehmend stärker belastet sein. Denn Haushaltsenergie und Lebensmittel haben als Waren des Grundbedarfs bei ihren Ausgaben ein sehr hohes Gewicht.“
Die Energiepreise sind nach einer Analyse der Experten die wichtigsten Inflationstreiber. Ihr deutlicher Anstieg habe im Januar zu einer Inflationsrate von 4,9 Prozent geführt. Sie sehen für die kommenden Monate insbesondere mit Blick auf die Gaspreise große Risiken: Angesichts der Entwicklung auf den Gasmärkten und vor dem Hintergrund des Konflikts mit Russland sei eine Verdopplung der Gaspreise und eine Erhöhung der Inflationsrate um 2,5 Prozentpunkte möglich.
Sie fordern deshalb die Bundesregierung zum Gegensteuern auf, „um soziale Härten abzuwenden“. Dazu gehöre die bereits diskutierte vorgezogene Abschaffung der EEG-Umlage sowie eine zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie. Darüber hinaus empfehlen sie, für Haushalte, die mit Gas heizen oder kochen, zeitweilig einen Grundbedarf preislich zu deckeln. „Der Staat sollte beispielsweise für die ersten 8.000 Kilowattstunden Gas, die Haushalte beziehen, den Preis auf dem aktuellen Niveau festschreiben und die Versorgungsunternehmen für eigene Mehrkosten entschädigen“, lautet der konkrete Vorschlag der Forscher. 8.000 Kilowattstunden Gas entsprechen nach den Angaben etwa dem halben Jahresverbrauch einer Wohnung mit 100 Quadratmetern.
Angesichts der massiv steigenden Energiekosten hat die niedersächsische Landesregierung am 15. Februar eine Bundesratsinitiative beschlossen. Sie plädiert dabei unter anderem dafür, das Wohngeld und das Bafög dauerhaft an die Steigung der Heizkosten anzupassen. Ferner sei zu prüfen, ob die Mehrwertsteuer auf Energie für 2022 und 2023 vorübergehend auf sieben Prozent gesenkt werden könne. Energieminister Olaf Lies (SPD) sagte, eine warme Wohnung müsse eine Selbstverständlichkeit sein.
Die Caritas in Niedersachsen mahnte, insbesondere ärmere Menschen bei den Energiekosten nicht im Stich zu lassen. Der von der Bundesregierung geplante einmalige Heizkostenzuschuss für Einkommensarme sei zwar ein erster wichtiger Schritt, solle aber erst zum 1. Juni in Kraft treten. „Bis dahin haben aber viele Familien so viele Energieschulden angehäuft, dass ihnen im schlimmsten Fall eine Strom- oder Gassperre droht“, warnte von Pogrell. Die Bundesregierung müsse also zusätzlich beschließen, dass Betroffene einen Vorschuss beantragen können.
Deshalb dürften Menschen, für die es im Moment zur Nutzung fossiler Energie noch keine greifbare Alternative gebe, bei den Energiekosten nicht im Stich gelassen werden. Der von der Bundesregierung geplante einmalige Heizkostenzuschuss für Einkommensarme sei zwar ein erster wichtiger Schritt, solle aber erst zum 1. Juni in Kraft treten. „Bis dahin haben aber viele Familien so viele Energieschulden angehäuft, dass ihnen im schlimmsten Fall eine Strom- oder Gassperre droht“, warnte die Sprecherin der niedersächsischen Caritas für Armutsfragen, Annette von Pogrell.
Nach Auskunft der Schuldnerberatungen des katholischen Wohlfahrtsverbandes kommen bereits sehr viele Menschen mit Energieschulden in die Beratung. Die Bundesregierung müsse daher beschließen, dass Betroffene einen Vorschuss beantragen können.
Berlin (epd). Kirchen, Klima- und Sozialverbände sprechen sich für die Auszahlung einer pauschalen Klimaprämie als Ausgleich für den steigenden CO2-Preis aus. Wie aus einer am 17. Februar in Berlin vorgestellten Studie hervorgeht, wäre eine solche Rückzahlung an die Bevölkerung etwa in Höhe von insgesamt rund 130 Euro pro Kopf und Jahr kostengünstig und rechtssicher sowie ohne viel Bürokratie machbar.
Die Klimaprämie soll in einem gewissen Rahmen die zusätzlichen Kosten kompensieren, die wegen des Kohlendioxid-Preises auf fossile Energieträger entstehen. Dieser liegt aktuell bei 30 Euro pro Tonne CO2 und wird in den nächsten Jahren steigen.
Die „Machbarkeitsstudie“ wurde von der Klima-Allianz Deutschland und vom Deutschen Naturschutzring in Auftrag gegeben und von der Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer umgesetzt. Demnach könnte das Geld im „Huckepackverfahren“ ausgezahlt werden, und zwar zum Beispiel über die Lohnsteuererstattung, die Grundsicherung, die Renten oder das Kindergeld.
Ein digitales „Klimaprämien-Register“ müsse zudem beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet werden, welches mithilfe der Steuer-ID sicherstellen könnte, dass niemand doppelt kassiert. Die meisten Berechtigten könnten zudem identifiziert werden, ohne dass sie Anträge stellen müssen.
Die Geschäftsführerin vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Antje von Broock, sagte, die Klimaprämie müsse für die Menschen als solche zu erkennen sein, da das Ziel des CO2-Preises eine Verhaltensänderung zugunsten des Klimaschutzes sei.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, erläuterte, der Chefarzt bekomme genauso viel wie die Krankenschwester. Das Gerechte sei aber, „der Chefarzt zahlt drauf“. Denn der Chefarzt habe, wenn er zwei Kühlschränke, mehrere Laptops für die Familie und vielleicht noch eine kleine Sauna im Keller habe, einen deutlich höheren CO2-Fußabdruck. Die Krankenschwester hingegen werde belohnt für ihre sparsame Haushaltsführung im Energiebereich.
Prälat Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), sagte, ohne Ausgleich belaste ein spürbarer CO2-Preis ärmere Haushalte überproportional. Daher sei eine Klimaprämie ökologisch und fair.
Braunschweig/Berlin (epd). Hartmut Koschniczke ist zufrieden. Er hat ein warmes Plätzchen im „Iglu“ ergattert. Passender als heute könnte der Name des Braunschweiger Tagestreffs, der seit 35 Jahren Wohnungslosen hilft, kaum sein. Draußen sind es nur wenige Grad über null, um die Häuser pfeift nasskalter Wind. Koschniczke wärmt sich die Hände an einer Tasse Kaffee. „Ein Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen“, reimt der Mann mit dem langen Bart - und ahnt noch nicht, dass er heute tatsächlich eine seiner Sorgen loswerden wird.
Es ist Notfallsprechstunde im Tagestreff der Dachstiftung Diakonie. Heute hat Marco Burger Dienst. Der Internist kümmert sich seit anderthalb Jahren abwechselnd mit seinen Kollegen Rainer Prönneke und Christoph Menze ehrenamtlich um die medizinische Versorgung der Obdachlosen im „Iglu“. Wunden verarzten, Schmerzmittel verteilen, Verbände erneuern - und natürlich impfen gegen Corona. Für Koschniczke hat Burger den Impfstoff von Johnson & Johnson dabei. „Ich wusste gar nicht, dass ich eine zweite Spritze brauche“, sagt Koschniczke überrascht, zögert nicht lang und krempelt bereitwillig einen Ärmel hoch. „Gut, dass es hier einen Arzt gibt“, sagt der 59-Jährige.
Viele Versorgungsangebote für Obdachlose basieren auf freiwilligem Engagement. Experten sehen das durchaus auch kritisch. Zwar müsse das niedrigschwellige Angebote in der ärztlichen Versorgung wohnungsloser Menschen ausgebaut und systematisiert werden, sagt Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen. „Derzeit aber sind die Angebote zu stark von örtlichen und persönlichen Initiativen abhängig.“
Das findet auch Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W). „Die Pandemie hat gezeigt, wie schnell Versorgungsstrukturen, die auf Freiwilligkeit basieren, wegbrechen können“, sagt sie. Viele Ärzte, die Bedürftigen ehrenamtlich geholfen haben, seien selbst Risikopatienten und hätten aus Angst vor einer Corona-Ansteckung ihre Arbeit eingestellt. „Davon dürfen wir nicht abhängig sein.“
Die BAG W fordert, die medizinische Notfallversorgung auszubauen und flächendeckend über einen Bundesfonds zu finanzieren. Gerade in kleineren Städten fehle es an niedrigschwelliger Erstversorgung, sagt Rosenke. Wichtig sei es, dass die Angebote eine Brücke in die Regelversorgung schlagen. Begriffe wie „fehlende Wartezimmertauglichkeit“, die man bezogen auf Wohnungslose immer wieder höre, seien inakzeptabel. „Gesundheit ist ein Menschenrecht.“
Dass es Obdachlose in normalen Arztpraxen oft schwer hätten, bestätigt Burger. „Viele haben keine Krankenversichertenkarten, selbst wenn sie versichert sind“, sagt er. Und auch die Wartezeit hielten die meisten nicht aus. Dirk Krause nickt. Er hat zwölf Jahre lang auf der Straße gelebt und ist heute ebenfalls zur ärztlichen Sprechstunde ins „Iglu“ gekommen. Eine richtige Praxis, Termine merken, lange Wartezeiten - das sei nichts für ihn. „Da ist das hier viel besser“, sagt er.
Lenke warnt indes, die niedrigschwelligen Notversorgungsangebote dürften nicht zu einer „dauerhaften Parallelwelt“ führen, mit der sich die Gesellschaft arrangiere. „Es muss in einer Krankheitssituation auch für wohnungslose Menschen eine reguläre ärztliche Behandlung angestrebt werden“, sagt der Diakonie-Chef.
Würzburg (epd). Freitags ab 14 Uhr hat Amelie Hildebrand keine Zeit. Zumindest für niemand anderen als Jan. Denn dann gehen die beiden spazieren, spielen Karten, unterhalten sich oder blödeln einfach nur rum. Jede Woche, jeweils zwei Stunden. Seit Juli 2021 machen die beiden das so. Den Rest der Woche sehen sie sich nicht. Und wahrscheinlich hätten sie sich ohne Sydney McQueen nie getroffen. Denn das ist McQueens Job: Menschen mit Behinderung und Ehrenamtliche zusammenzubringen.
Wenn sich Sonderpädagogik-Studentin Amelie Hildebrand und der 34-jährige Jan treffen, ist da keine Spur vom „Betreuer-Betreute“-Gefälle, das man im sozialen Bereich sonst mitunter beobachten kann. Es gibt nicht diese professionelle Distanz. Es ist ein vertrautes Verhältnis, freundschaftlich, ganz auf Augenhöhe. An diesem Freitag entscheiden sich die beiden für einen Spaziergang. Jan wohnt in der Nähe des neuen Würzburger Landesgartenschaugeländes. Dorthin machen sie sich auf den Weg.
Hildebrand sagt, „die Arbeit mit Menschen mit Behinderung interessiert mich sehr“. Sie sei ein praxisorientierter Mensch, das Studium manchmal sehr theorielastig, da kam ihr das Angebot der Mainfränkischen Werkstätten der Lebenshilfe sehr gelegen. „Die Treffen mit Jan kosten mich zwar Zeit, aber ich bekomme so viel von ihm zurück“, erzählt sie.
Für Sydney McQueen sind Amelie und Jan eine Vorzeige-Paarung - aber letztlich würde sie zu jedem ehrenamtlichen Angebot, das der von ihr aufgebauten Koordinierungsstelle Ehrenamt gemacht wird, unter den Bewohnern oder Mitarbeitern der verschiedenen Lebenshilfe-Einrichtungen jemand passenden finden. „Ein solches Ehrenamt kann wirklich alles sein“, erläutert McQueen: „Vom gemeinsamen Spazierengehen über Aquarellmalen und Kochen bis zum Konzertbesuch.“
Die Koordinierungsstelle Ehrenamt gibt es seit etwas mehr als eineinviertel Jahren, sie wird finanziell von der Aktion Mensch gefördert. Die Idee dahinter: Erwachsene Menschen mit Behinderung leben oft in Wohngruppen. Sofern sie einer Arbeit nachgehen, sind sie tagsüber zwar unterwegs, aber das findet alles zumeist in betreuten Gruppen statt. „Etwas Individuelles, Eigenes haben die meisten nicht“, weiß McQueen: „Etwas für sich zu machen, ohne Gruppe, das geht ohne fremde Hilfe oft nicht.“
Dafür gibt es mehrere Gründe. „Unsere Städte sind einfach nicht barrierefrei“, sagt McQueen. Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist, komme ohne Hilfe mitunter nicht von A nach B - und selbst wenn, seien gewöhnliche Alltagssituationen ein Hindernis, etwa weil die Kassenbänder für Menschen im Rollstuhl zu hoch sind. Zudem gebe es rechtliche Hindernisse: Viele Menschen mit Behinderung stünden unter Betreuung, etwa weil sie orientierungslos sind. Sie dürfen gar nicht alleine unterwegs sein.
So ist das auch bei Jan. Unter der Woche lebt er in der Wohngruppe, am Wochenende fährt er nach Hause zu seinen Eltern. Unternehmungen ohne Gruppe und Familie - vor den Treffen mit Amelie war das für ihn eine absolute Ausnahme. „Für Jan ist das inzwischen ein wichtiger Wochenabschluss. Er bekommt am Freitag Besuch, er unternimmt was“, sagt die Studentin: „Das ist alleine sein Ding.“ Wie die Treffen ablaufen, plane daher auch nicht sie: „Wir entscheiden gemeinsam, was wir machen.“
Dass sich Menschen mit und ohne Behinderung „ganz von alleine“ treffen und solche Tandems wie Amelie und Jan bilden - eine schöne Idee, nur nach wie vor nicht die Realität. „Berührungsängste und Unsicherheiten im sozialen Nahraum“ der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung „verhindern oft, dass dort Begegnungen entstehen“, sagt McQueen. Zudem funktioniere Ehrenamt ohne Hauptamt auf Dauer nur selten: „Ehrenamtliche brauchen Anerkennung und einen professionellen Unterbau“ -, den die Koordinierungsstelle bietet.
Wichtigster Knackpunkt aber ist, dass es zwischen den jeweiligen Tandempartnern passt. „Anfangs dachte ich, wir treffen uns alle zwei Wochen - aber es hat von Anfang an so gut geklappt, dass wir uns seither wöchentlich treffen“, sagt Hildebrand. „Niemand muss Sorge haben, dass die Treffen mit viel Aufwand verbunden sein müssen“, sagt McQueen: „Wir haben etwa einen Bewohner, der bringt gerne Altglas weg. Er sucht eine wöchentliche Begleitung zum Altglas-Container. Dauer: 20 Minuten.“
Neu-Isenburg (epd). In Deutschland wohnen, in Deutschland arbeiten, in Deutschland bleiben - davon träumen die Brasilianerin Leticia Borges, der Syrer Mustafa Sultan und die Kirgisin Cholpon Urustemova. Als Auszubildende an einer Krankenpflegeschule in Neu-Isenburg wollen die drei jungen Erwachsenen diesen Traum wahr werden lassen. Sie sind Teil eines Ausbildungskonzepts, das ihnen auf dem hessischen Pflegecampus Theorie, Praxis, Sprachschule sowie eine erste Unterkunft bietet.
Die 22 Jahre alte Urustemova war schon vor ihrem Ausbildungsstart in Deutschland: „Ich habe bei einer Familie in Mainz als Au-pair gearbeitet und währenddessen Deutsch gelernt“, erzählt sie im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). In Russland, wo sie mit ihrer Familie zuletzt lebte, machte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau. „Bei uns entscheiden die Eltern, was die Kinder machen sollen und bei uns arbeiten alle in diesem Bereich - ich sollte das also auch machen.“
Die junge Frau wollte jedoch in die Medizin und kam deshalb nach Deutschland. Nach ihrem Abschluss als Pflegefachkraft will sie studieren. In der Zukunft sieht sie sich in der Onkologie. Was sie auf diesem langen Weg antreibt, erzählt Urustemova unter Tränen: „Mein Opa ist an Krebs gestorben. Zuvor hat er eine falsche Diagnose bekommen. Das sollte niemandem passieren.“
Begonnen haben die Auszubildenden mit einer Theoriephase auf dem Neu-Isenburger Campus, auf dem sie zunächst auch gewohnt haben. Nun sind viele von ihnen in ihre eigene Wohnung gezogen und begleiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste. „Die Patienten sind sehr nett und vor allem sehr geduldig“, erzählt die 24 Jahre alte Borges. Der Umgang mit ihnen sei ihr nicht fremd, denn schon in Brasilien habe sie eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, diese jedoch abgebrochen. „Noch ist das Fachliche nicht mein Problem, schwerer ist die Sprache“, sagt sie.
Seit die angehenden Pflegekräfte arbeiten, haben sich ihre Sprachkenntnisse verbessert, erzählt die Pflegedienstleiterin Alma Nieto: „Man merkt einen deutlichen Unterschied. Aber auf ein Gespräch mit den Patienten müssen sich die Auszubildenden erst einmal einlassen.“ Auch Nieto kam für ihre Pflege-Ausbildung von Spanien nach Deutschland, kennt deshalb die Situation ihrer Schützlinge. „Ich sage ihnen immer wieder, dass es sehr schwierig ist, aber dass man es schaffen kann. Das Wichtigste ist die Sprache.“
Dass die Ausbildung trotz Pandemie starten konnte, freut den geschäftsführenden Gründer der Krankenpflegeschule, Tilman Frank: „Unsere Auszubildenden scheinen zufrieden.“ Zwar habe sein Unternehmen „Talent Orange“ viel Erfahrung in der Rekrutierung von bereits ausgebildeten Menschen, die Auswahl der neuen Auszubildenden unter Corona-Bedingungen stellten Frank und sein Team jedoch durchaus vor Herausforderungen: „Wir mussten die jungen Leute über Online-Bewerbungsgespräche davon überzeugen, dass wir kein dubioses Programm sind, sondern dass sie hier kompetent ausgebildet werden und für ihre Arbeit auch Geld bekommen.“
Weil das Konzept neu ist, konnten Bewerberinnen und Bewerber nicht auf Erfahrungsberichte von Vorgängern zurückgreifen, was die Überzeugungsarbeit zusätzlich erschwert habe. „Was wir hier momentan gemeinsam machen, bedeutet also Vertrauensvorschuss von beiden Seiten. Der Start ist uns nun ja schon gut gelungen“, zeigt sich Frank zuversichtlich.
Wittenberg (epd). Vor fast zwei Jahren hat das Bundesverfassungsgericht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben festgehalten, das auch die freiwillige Hilfe durch Dritte einschließt. Im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) spricht Diakonie-Präsident Ulrich Lilie über Entwicklungen der Diskussion in der evangelischen Kirche, warum offen über Todeswünsche gesprochen werden muss und wie Menschen mit Sterbewünschen in diakonischen Einrichtungen begleitet werden können. Die Fragen stellte Lisa Konstantinidis.
epd sozial: Sie plädieren dafür, in Ausnahmefällen auch in Einrichtungen der Diakonie assistierten Suizid zuzulassen. Wann sollte das Ihrer Meinung nach der Fall sein?
Ulrich Lilie: Diakonie ist ein Beziehungsangebot. Darum treibt mich die Frage um, wie wir Menschen in unseren Einrichtungen weiterhin begleiten, die trotz guter palliativer Versorgung, größtmöglicher Zuwendung und nach eingehender Beratung dauerhaft einen Sterbewunsch äußern - mit der Haltung „Wir lassen auch dich nicht alleine“. Und das erfordert unser Nachdenken darüber, wie wir bei diesen Menschen bleiben, sie seelsorglich und pflegerisch begleiten. Selbstverständlich beteiligen wir uns als Diakonie nicht an der Handlung eines assistierten Suizids. Das wollen wir auch nicht anbieten, das wäre absurd. Eine reflektierte begleitende Haltung in Ausnahmefällen passt hingegen gut zu einer Diakonie, die ihren Ort bei den Menschen hat.
epd: Nach zwei Gastbeiträgen zum Thema assistierter Suizid in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im vergangenen Jahr, an denen auch Sie beteiligt waren, haben Sie von laufenden Gesprächen mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gesprochen. Was hat sich seitdem getan?
Lilie: Seitdem hat sich die Diskussion sehr versachlicht. Inzwischen haben viele verstanden, dass es sich bei den Gastbeiträgen um den ernsthaften Versuch gehandelt hat, eine sehr differenzierte Antwort auf eine komplexe Materie zu finden. Wir sind uns alle einig, dass niemand ein regelhaftes Angebot von Suizidassistenz in diakonischen Einrichtungen will. Das wäre eine Karikatur. Es geht aber um eine Haltung und vorstellbare Formen der Begleitung, wenn Menschen trotz bestmöglicher Versorgung und bei eingehender Beratung in einer diakonischen Einrichtung - die natürlich der Sorgekultur und der Prävention verpflichtet ist - einen dauerhaften Sterbewunsch haben. Derzeit erarbeitet die Diakonie nach einem breit angelegten Konsultationsprozess eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid. Wir sind dazu auch im engen Gespräch mit dem Rat der EKD und werden diese Orientierungshilfe dort vorstellen und darüber diskutieren.
epd: Vor dieser Orientierungshilfe will die Diakonie aber noch einen anderen Vorschlag einbringen ...
Lilie: Die Orientierungshilfe ist aktuell noch in der Endredaktion und soll bald veröffentlicht werden. Zuerst werden wir jedoch einen öffentlichen Vorschlag für eine gesetzlich und finanziell abgesicherte Suizidprävention in Deutschland machen. Das muss nach unserer Überzeugung der Rahmen sein für alle anderen Überlegungen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kultur vorrangig eine Sorge- und eine Präventionskultur bleibt. Um dann in gesonderten, begrenzten Fällen Ausnahmen ermöglichen zu können. Das halte ich für eine gut zu verantwortende Linie mit Augenmaß.
epd: Kann es aus christlicher Sicht überhaupt eine Antwort auf das Begehren von Menschen mit einem Todeswunsch geben?
Lilie: Eine tragende Antwort erfordert eine stets neu zu verantwortende Balance: Wir fühlen uns als Christen einerseits einem Verständnis des Lebens als einer von Gott anvertrauten Gabe verpflichtet, die wir vor uns selbst, vor Gott und anderen zu verantworten und zu gestalten haben. Auf der anderen Seite gibt es das Tötungsverbot. Eine sehr hohe Hürde, die die christlich-jüdische Überlieferung uns vorgibt. Aber es gibt eben auch die im reformatorischen Glauben angelegte hohe Achtung vor der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung eines jeden Christen. Diese drei Größen gilt es, immer wieder in einer der Situation und dem betroffenen Menschen gerecht werdenden Weise ins Gleichgewicht zu bringen. Wir sollten das eine nicht gegen das andere ausspielen. In einer Gesellschaft, die nicht mehr nur mehrheitlich christlich-jüdisch geprägt ist, sollten wir uns mit diesem Dreiklang in die öffentliche Debatte einmischen. Wir tun dabei gut daran, keinen bevormundenden Ton in die Debatte einzubringen.
epd: Wie ließe sich denn Ihrer Ansicht nach verhindern, dass lebensmüde Menschen ins Ausland gehen oder schmerzhafte Methoden nutzen, um selbstbestimmt sterben zu können?
Lilie: Das ist ein wirklich wichtiger Teil der Debatte. Es gibt gut situierte Leute, die das einfach umsetzen können. Und es gibt Leute, die sich aus Not grauenvoll suizidieren. Das hat auch Folgen für andere, beispielsweise Lokführer. Ich hoffe, dass über Todeswünsche zukünftig offener gesprochen wird und dieses Thema kein Tabu bleibt. Auch das wäre ein wichtiger Schritt hin zu einer Präventionskultur. Ich habe in meiner Seelsorge-Ausbildung in der Psychiatrie gelernt, dass man Menschen, die sich wirklich umbringen möchten, nicht einfach davon abhalten kann. Aber man kann versuchen, eine Brücke zu ihnen zu bauen, indem dieser Wunsch erstmal akzeptiert wird als Ausdruck von Not, als eine letzte Option. Versucht man das, kann man in Gesprächen die Perspektiven dieser Menschen und ihren verzweifelten Tunnelblick weiten helfen. Allerdings wird es leider immer Menschen in akuten Krisen geben, die Möglichkeiten finden, ihren Todeswunsch umzusetzen. Da sollten wir keine Allmachtsfantasien haben.
epd: Sie wollen nicht nur Forderungen an die Politik stellen, sondern auch an die Kirche. Welche sind das?
Lilie: Wir dürfen nicht nur von der Politik fordern, sondern müssen uns auch selbst verpflichten, in die Personalausstattung, den Kompetenzgewinn und in die Qualifizierung von Mitarbeitenden-Teams in der Sterbebegleitung zu investieren. Denn sie sind es, die die Menschen am Ende ihres Lebens betreuen. Ich sehe es als Aufgabe, das Thema Wunsch nach dem Tod zu enttabuisieren und die Menschen, die in unseren Einrichtungen arbeiten, so zu qualifizieren, um damit angemessen umzugehen.
Auch wir können noch mehr für die Suizidprävention tun, die gesetzlich geregelt und finanziell abgesichert werden muss. Dazu können Kirche und Diakonie in allen unseren Handlungsfeldern etwas beitragen, indem wir gerade in Bereichen, in denen wir zum Beispiel mit jungen Menschen zu tun haben, eine Präventionskultur und eine besondere Sensibilität für Sterbenswünsche von Jugendlichen und Kindern entwickeln. Und dann auch wissen, wie Betroffene schnell an die richtige fachliche Hilfe kommen. Hinter den allermeisten Suizidwünschen stehen psychosoziale Krisen, existenzielle Notlagen sowie psychische Erkrankungen. Wir können und müssen als Gesellschaft erheblich mehr tun, um diese Menschen auf den Weg zurück ins Leben zu holen. Die Diakonie Deutschland setzt sich deshalb für eine deutliche Stärkung der Suizidprävention und der palliativen Versorgung ein.
Gerade in einer Gesellschaft, die immer älter wird, halte ich das für das Gebot der Stunde. Da müssen wir besser werden, das beinhaltet auch eine Verpflichtung in den Einrichtungen der Diakonie und in den Handlungsfeldern der Kirche.
Oldenburg (epd). Vor dem Landgericht Oldenburg hat am 17. Februar der Prozess gegen sieben Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel begonnen. Angeklagt sind vier Vorgesetzte aus dem Klinikum Oldenburg und drei aus Delmenhorst. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft so viel gewusst haben, dass sie Tötungen zumindest für möglich gehalten hätten. Dennoch seien sie aus Sorge um den Ruf ihrer Stationen, ihrer Kliniken und das eigene Ansehen nicht eingeschritten. So hätten sie billigend in Kauf genommen, dass Högel weiter tötete - was er auch tat. Die Verteidigung wies alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als „grob mangelhaft“ und falsch zurück.
Die Angeklagten aus Oldenburg - der damalige Geschäftsführer, ein Arzt, die Pflegedirektorin und ein Pflegedienstleiter - hätten spätestens Ende Oktober 2001 die von Högel ausgehende Gefahr erkannt, sich aber mit den „wenn auch unerwünschten“ Taten abgefunden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Dabei geht es um drei Tötungen.
Im Krankenhaus Delmenhorst seien die Angeklagten spätestens am 23. Juni 2005 über die Tötungen Högels so weit informiert gewesen, dass sie weitere Taten für möglich gehalten hätten. Der Ex-Pfleger war an diesem Tag auf frischer Tat ertappt worden. Trotzdem durfte er weitere zwei Schichten arbeiten. Diese Angeklagten müssen sich für vier Tötungen verantworten.
Die insgesamt 17 Vertreterinnen und Vertreter der Angeklagten wiesen die „ungeheuerlichen“ Anschuldigungen einmütig zurück. Die Anklage gründe auf „Gerüchten und Mutmaßungen“, sagte eine Verteidigerin. Die Hypothesen der Staatsanwaltschaft entbehrten jeder Grundlage.
Ein Verteidiger warnte vor einem „Rückschaufehler“ nach dem Motto, dann man im Nachhinein immer schlauer sei. Das heutige Wissen um die Taten Högels dürfe aber nicht auf die damalige Zeit übertragen werden. Damals sei der Gedanke, ein Arzt oder eine Pflegekraft könne Patienten ermorden, unvorstellbar gewesen.
Eine weitere Anwältin wandte sich an die Schöffen, die als ehrenamtliche Richter dem Prozess beisitzen. Sie dürften sich nur von dem leiten lassen, was in der Verhandlung gesagt oder bewiesen werde, sagte sie. Was in „Volkstheaterstücken“, fragwürdigen TV-Dokumentationen, der Literatur oder der Presse veröffentlicht werde, dürfe für ihre Urteilsfindung keine Rolle spielen.
Die Anwältin eines Chefarztes aus Oldenburg betonte, das die infrage stehenden drei Sterbefälle neu zu untersuchen seien. Es müsse geklärt werden, ob sie wirklich von Högel verursacht worden seien: „Geständnisse Högels dazu existieren nach Aktenlage nicht.“
Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann hatte bereits zum Prozessauftakt betont, dass „alle Uhren auf null“ zurückgestellt seien. Alle Tötungsvorwürfe müssten neu verhandelt und bewiesen werden. Alle weiteren möglichen Verfehlungen seien bereits verjährt. Es gehe um den Vorwurf, dass die Angeklagten die Taten nicht aktiv verhindert hätten.
Der frühere Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht wegen insgesamt 85 Morden im Klinikum Oldenburg und im Krankenhaus Delmenhorst zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Högel hatte nach Überzeugung des Gerichts seine Patienten mit Medikamenten vergiftet, die zum Herzstillstand führten, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.
Az.: 5 Ks 20/16
Az.: 5 Ks 1/18 (Högel-Prozess)
Hannover (epd). Stress bei der Arbeit ist einer neuen Krankenkassen-Erhebung zufolge der Schlafräuber Nummer eins. Als Ursache für nicht organische Schlafstörungen liegt er noch vor privaten Sorgen und der Coronakrise, wie die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) am 15. Februar in Hannover mitteilte. Die Kasse hat nach eigenen Angaben für ihre Studie Daten ihrer Versicherten zu Schlafstörungen von 2010 und 2020 erhoben. Zusätzlich seien 1.004 Menschen zwischen 18 und 70 Jahren im vergangenen Jahr bundesweit repräsentativ befragt worden.
Am meisten betroffen von Schlaflosigkeit durch Stress sind demnach die 18- bis 29-Jährigen. Fast 60 Prozent der Befragten bringe das Gedankenkarussell rund um die Arbeit um eine erholsame Nachtruhe, hieß es. Unter den 30- bis 49-Jährigen gelte dies für die Hälfte und unter den 50- bis 70-Jährigen für rund ein Drittel der Befragten.
Gründe können den Angaben zufolge unter anderen Mobbing, mangelnde Anerkennung oder Existenzangst, etwa durch Kurzarbeit oder befristete Verträge sein. Aber auch eine zu hohe Arbeitsbelastung sowie Zeitdruck spielten eine Rolle. Gerade Berufsanfänger setzten sich am Anfang ihrer Karriere häufig selbst unter Erfolgsdruck, hieß es. Für viele Menschen sei wenig Schlaf mittlerweile sogar eine Art Statussymbol, ein Beweis für ihr großes Engagement im Job. Dies könne auch ein Grund sein, warum die Diagnosen bei Männern stark angestiegen seien.
Insgesamt habe die Zahl der Menschen mit nicht organisch bedingten Schlafstörungen innerhalb von zehn Jahren rapide zugenommen, erklärte die Krankenkasse weiter. So sei bundesweit der Anteil der 19- bis 29-Jährigen mit Schlafstörungen von 2010 auf 2020 insgesamt um etwa 70 Prozent gestiegen, bei den Männern sogar um mehr als 80 Prozent. Im Bundesdurchschnitt seien es rund 60 Prozent. Der hohe Anstieg sei ein Warnsignal. Ein dauerhaft gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus belaste die Psyche sowie Magen und Darm und erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechsel-Erkrankungen und Diabetes.
Kassel (epd). Psychisch kranke Menschen können für ihre im Wahn auf die Straße gestellten Möbel und ihren Hausrat von der Sozialhilfe eine finanzielle Beihilfe für neue Einrichtungsgegenstände verlangen. Denn geht die Möbelentsorgung nicht auf einen Verschleiß, sondern auf einen wahnhaften Krankheitsschub zurück, stellt dies nach dem Willen des Gesetzgebers einen plötzlich auftretenden außergewöhnlichen Umstand dar, der eine erneute Ersatzbeschaffung begründet, urteilte am 16. Februar das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Gesetzlich ist der Anspruch auf eine „Wohnungserstausstattung“ auf Kosten des Jobcenters oder der Sozialhilfe nur in bestimmten Fällen vorgesehen, etwa wenn wegen einer Haushaltsgründung Einrichtungsgegenstände angeschafft werden müssen. Auch nach einem Wohnungsbrand oder nach einem Haftaufenthalt kann ausnahmsweise ein Anspruch auf eine „Wohnungserstausstattung“, faktisch eine Ersatzbeschaffung, bestehen. Muss dagegen Mobiliar aufgrund von Verschleiß ersetzt werden, ist dies aus dem Regelsatz zu bezahlen. Allenfalls kann es ein Darlehen geben.
Im jetzt vom BSG entschiedenen Fall ging es um eine Frau aus Freiburg, die aufgrund ihrer paranoiden Schizophrenie auch an Wahnvorstellungen leidet. Die Sozialhilfebezieherin hörte dabei nicht nur Stimmen oder führte Gespräche mit Engeln, Teufeln oder Dämonen, sie war während eines Krankheitsschubes Anfang 2016 im Wahn auch davon überzeugt, dass ihre Möbel und ihr Hausrat „verflucht“ oder „vergiftet“ seien. Sie entsorgte daraufhin weite Teile ihrer noch funktionsfähigen Wohnungseinrichtung und ihres Hausrats auf der Straße.
Für die Frau wurde eine Betreuung eingerichtet. Als sie nach mehreren Klinikaufenthalten eine neue Wohnung bezog, beantragte sie beim Sozialamt eine finanzielle Beihilfe für eine Wohnungserstausstattung.
Doch die Stadt Freiburg lehnte als Sozialhilfeträger die Beihilfe ab. Sie habe ja schon voll funktionsfähige Möbel gehabt, so dass kein Anspruch auf eine Erstausstattung bestehe. Zwar sei auch bei außergewöhnlichen Umständen eine „Ersatzbeschaffung“ möglich. Die Voraussetzungen hierfür lägen aber nicht vor. Die Stadt bezog sich auf ein Urteil des BSG vom 6. August 2014 im Fall eines drogenabhängigen Hartz-IV-Beziehers: Danach könne bei einer Suchterkrankung kein neues Mobiliar für vorzeitig verschlissene Einrichtungsgegenstände verlangt werden.
Der Anspruch auf eine Wohnungsausstattung setze nach dieser Rechtsprechung ein besonderes Ereignis und „von außen“ wirkende, plötzlich auftretende Umstände voraus, die zur Unbrauchbarkeit des Mobiliars und der Haushaltsgegenstände geführt haben. Hier seien die Möbel krankheitsbedingt im Wahn, also aufgrund „von innen“ wirkenden Umständen entsorgt worden, meinte die Stadt.
Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart sprach der Frau jedoch eine Beihilfe für die Ersatzbeschaffung von Möbeln in Höhe von 771 Euro zu. Die Möbel seien krankheitsbedingt unter außergewöhnlichen Umständen entsorgt worden. Auch lägen „von außen“ einwirkende Umstände vor. Das BSG habe in seinem Urteil von 2014 gemeint, dass Umstände außerhalb eines Abnutzungsverhaltens vorliegen müssen.
Das BSG sprach nun der Frau ebenfalls die Beihilfe für die Ersatzbeschaffung zu. Der Sozialhilfeträger müsse aber keinen Hausrat wegen Verschleiß ersetzen. Eine Ersatzbeschaffung komme ausnahmsweise infrage, wenn wegen eines außergewöhnlichen, plötzlich auftretenden Umstandes die Einrichtungsgegenstände unbrauchbar geworden sind. Der Gesetzgeber nenne hier als Beispiel einen Wohnungsbrand oder die Situation nach einer Haftentlassung.
Bei dem erheblichen Krankheitsschub der Klägerin habe es sich ebenfalls um einen außergewöhnlichen Umstand gehandelt. Die Einrichtungsgegenstände seien nicht wegen Verschleiß unbrauchbar geworden. Vielmehr seien die Möbel im plötzlich auftretenden Wahn auf der Straße entsorgt worden. Ein Ansparen für neue Möbel aus dem Regelsatz sei der Klägerin nicht möglich gewesen.
Doch nicht immer muss der Sozialleistungsträger bei außergewöhnlichen Umständen mit neuem Mobiliar aushelfen, wenn die alten Möbel noch gerettet werden können. Wenn Möbel von Kakerlaken befallen sind, besteht noch kein Anspruch auf neue Einrichtungsgegenstände, entschied das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt in Halle mit Beschluss vom 27. August 2020. Statt die Möbel in den Sperrmüll zu geben, könnten diese auch gründlich gereinigt und dann weiterverwendet werden. Eine vom Jobcenter zu bezahlende Ersatzbeschaffung sei daher nicht „zwingend erforderlich“.
Um einen erneuten Kakerlakenbefall vorzubeugen, hätte es ausgereicht, dass mögliche Kakerlakeneier auf den Möbeln entfernt werden. Die Möbel seien weder beschädigt noch unbenutzbar geworden. Allenfalls für die Matratzen sei eine Kostenübernahme denkbar, falls diese schadhaft waren und sich darin Kakerlaken einnisten konnten.
Az.: B 8 SO 14/20 R (Bundessozialgericht, Wahnerkrankung)
Az.: L 7 SO 3313/18 (Landessozialgericht Stuttgart)
Az.: B 4 AS 57/13 R (Bundessozialgericht, Suchterkrankung)
Az.: L 2 AS 361/20 B ER (Landessozialgericht Halle)
Karlsruhe (epd). Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die Corona-Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen abgewiesen. Es bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die eine Aussetzung der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht rechtfertigen, entschieden die Karlsruher Richter in einem am 11. Februar veröffentlichten Beschluss. Allerdings gebe es wegen formaler Mängel Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, die aber nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden können.
Anlass des Rechtsstreits ist die ab 15. März geltende Pflicht, dass medizinische und pflegerische Angestellte zum Schutz eine Impfung gegen das Coronavirus nachweisen müssen. Ein Nachweis über eine Genesung von Covid-19 oder ein ärztliches Attest, dass man sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, ist ebenfalls möglich.
Liegt solch ein Nachweis bis zum 15. März nicht vor, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren, das dann ein Betretungs- oder auch Tätigkeitsverbot verhängen kann. Für Personen, die erst ab dem 16. März in Gesundheitseinrichtungen tätig sein wollen, gilt ohne einen entsprechenden Nachweis ein Beschäftigungsverbot. Die Nachweispflicht läuft Ende 2022 wieder aus.
Die 46 Antragsteller, die überwiegend als Pfleger oder Ärztinnen arbeiten, sehen in der Nachweispflicht ihre Grundrechte verletzt. In einem Fall will ein Arbeitgeber weiterhin ungeimpftes Personal einsetzen. Sie befürchteten, dass sie bei einer Impfung ernstzunehmende Nebenwirkungen und Impfschäden erleiden könnten. Zahnärzte und Ärzte müssten „um ihre berufliche Existenz bangen“, wenn sie den Impfnachweis nicht vorlegen können und ihre Tätigkeit nicht ausüben dürfen. Die gesetzlichen Bestimmungen müssten daher vorläufig außer Vollzug gesetzt werden.
Doch das Bundesverfassungsgericht argumentierte, dass gravierende Nebenwirkungen einer Impfung nach derzeitigem Kenntnisstand sehr unwahrscheinlich seien. Viel wahrscheinlicher sei hingegen, dass sehr alte Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen und einer geschwächten Immunabwehr sich bei ungeimpften oder nicht genesenen medizinischen Personal mit dem Coronavirus anstecken. Damit werde ihre Gesundheit oder ihr Leben gefährdet. Dabei seien sie auf pflegerische Leistungen angewiesen.
Gleichwohl gebe es wegen formaler Mängel, wie das Gesetz ausgestaltet wurde, „Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit“, die aber nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten, argumentierten die Richter. So sei im Gesetz nicht klar geregelt, welche Anforderungen an den Impf- oder Genesenennachweis zu stellen sind.
Az.: 1 BvR 2649/21
München (epd). Beim Abbruch einer Ausbildung wegen Krankheit geht für volljährige Kinder einem Urteil zufolge der Anspruch auf Kindergeld in der Regel verloren. Nur wenn anschließend erneut ein Ausbildungsplatz gesucht wird und die Erkrankung voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauert, könne noch Kindergeld beansprucht werden, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am 10. Februar in München veröffentlichten Urteil. Sei dies nicht der Fall, bleibe nur ein möglicher Kindergeldanspruch wegen des Vorliegens einer Behinderung.
Im konkreten Fall ging es um eine junge Frau, die im Februar 2016 eine zweijährige Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin begann und dafür eine Schule besuchte. Wegen der Ausbildung wurde weiter Kindergeld gezahlt. Im September 2017 teilte die Mutter der Familienkasse mit, dass voraussichtlich kein Kindergeldanspruch mehr bestehe, da ihre Tochter ihre Ausbildung abgebrochen habe und nun vollzeitbeschäftigt sei.
Die Behörde fragte bei der Schule nach und erfuhr, dass die Tochter bereits im März 2017 krankheitsbedingt die Ausbildung beendet hatte. Die Familienkasse forderte 1.344 Euro zu viel gezahltes Kindergeld zurück - zu Recht, wie der BFH befand. Zwar bestehe für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht beendet haben, während einer Ausbildung oder einer Ausbildungsplatzsuche ein Kindergeldanspruch. Gleiches gelte für volljährige Kinder, die wegen einer Behinderung ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.
Unterbreche ein Kind seine Ausbildung krankheitsbedingt, müsse für einen Kindergeldanspruch das Ausbildungsverhältnis weiter fortbestehen. Im konkreten Fall habe das Kind aber die Ausbildung beendet. Zwar könne auch ein Kindergeldanspruch für ein ausbildungsplatzsuchendes Kind bestehen. Dies setze aber voraus, dass die Erkrankung voraussichtlich nicht länger als sechs Monate andauere und das Kind auch „ausbildungswillig“ sei. Sei dies nicht der Fall, komme allein ein Kindergeldanspruch wegen einer Behinderung in Betracht. Dies muss nun das Finanzgericht Stuttgart noch einmal prüfen.
Az.: III R 41/19
Celle/Winsen (epd). Mütter mit befristeter beruflicher Beschäftigung dürfen nach einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen in Celle bei der Berechnung des Elterngeldes nicht benachteiligt werden. Wenn sie wegen der Schwangerschaft keine neue Beschäftigung bekommen, darf ihnen der Bezug deswegen nicht gekürzt werden, wie das Gericht am 14. Februar mitteilte. Die Celler Richter gaben damit einer Kameraassistentin aus dem Landkreis Harburg recht und korrigierten ein Urteil des Sozialgerichts Lüneburg.
Die Frau verdiente ihren Lebensunterhalt durch Zeitverträge bei Filmproduktionen. Bis zum jeweils nächsten Engagement war sie arbeitslos. Nachdem sie im Jahre 2017 schwanger wurde, durfte sie nicht mehr arbeiten und bezog Arbeitslosengeld. Nach der Geburt ihres Kindes berechnete der Landkreis ihr Elterngeld auf der Grundlage der letzten zwölf Arbeitsmonate und legte dabei für die letzten fünf Monate ein Arbeitseinkommen von 0 Euro zugrunde.
Die Behörde verwies darauf, dass bei der Berechnung des Elterngeldes lediglich Einkommensausfälle wegen Krankheit unberücksichtigt bleiben müssten, nicht aber wegen einer Schwangerschaft. Somit verringerte sich das Elterngeld der Kamerafrau auf sieben Zwölftel. Dem hielt die Kamerafrau entgegen, dass sie wegen der körperlichen Belastungen während der Schwangerschaft nicht arbeiten durfte. Denn bei der Arbeit gebe es neben Tragebelastungen beim Umbau von Kamera und Stativ, Nachtarbeit und tägliche Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden.
Das Landessozialgericht entschied, dass in diesem Fall die gesetzlichen Regelungen für Krankheiten auch mit Blick auf eine Schwangerschaft angewandt werden müssten. Es begründete diese Gesetzesauslegung mit dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für werdende Mütter, die einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge durch die Gemeinschaft hätten. Der Gesetzgeber habe den Fall abhängiger Kettenbeschäftigungen übersehen, in dem eine neue Beschäftigung aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht in Betracht komme.
Az.: L 2 EG 4/20
Münster (epd). Schüler können laut aktuellen Gerichtsentscheidungen nicht aus Unfallverhütungsgründen den Einbau von Luftfiltern verlangen. Grundsätzlich könnten Schülerinnen und Schüler zwar von Schulträger und Land mit Blick auf kalte Raumluft die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften fordern, erklärte das Oberverwaltungsgericht in Münster in zwei am 15. Februar veröffentlichten Entscheidungen. Doch sei die Einhaltung einer Mindesttemperatur in Unterrichtsräumen nicht verbindlich. Insbesondere mit Blick auf den Infektionsschutz seien Ausnahmen gerechtfertigt.
Ein Schüler einer Grundschule in Bünde hatte von der Stadt und dem Land Nordrhein-Westfalen als Schulträger für die Unterrichtsräume technische Einrichtungen wie Luftfilter verlangt, um die Lüftungsintervalle durch Stoßlüftungen via Fenster zu verkürzen. Eine weitere Klage richtete sich gegen die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. Damit sollte ein erhebliches Absinken der Raumtemperatur unter 20 Grad Celsius vermieden werden. Das Oberverwaltungsgericht wies beide Klagen ab und bestätigte damit die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Minden.
In den Technischen Regelungen für Arbeitsstätten sei zwar für leichte sitzende Tätigkeit ein Mindestwert von 20 Grad vorgesehen, erläuterte das Gericht. Einer Unterschreitung der Mindestwerte könne jedoch mit geeigneter Kleidung begegnet werden. Ausnahmen seien mit Blick auf den Infektionsschutz möglich. Die gesetzlichen Unfallkassen hätten den Schutzstandards in der Pandemie mit differenzierten Vorgaben zu Covid-Schutzstandards Rechnung getragen. Dazu gehöre die Benennung konkreter Lüftungsintervalle.
Az.: 12 B 1683/21 und 12 B 1713/21
Brüssel, Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Behinderten im Berufsleben den Rücken gestärkt. Sie können, auch wenn sie zunächst eine Probezeit absolvieren und die geplante Arbeit wegen der Behinderung nicht leisten können, Anspruch auf eine andere Stelle im Betrieb haben. Voraussetzung sei, dass eine andere Stelle frei ist, die Person dafür geeignet ist und der Wechsel den Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig belastet, urteilte der EuGH am 10. Februar in Luxemburg.
Im konkreten Fall war ein Mann bei der belgischen Bahn eingestellt worden und absolvierte zunächst eine Probezeit. Später stellte sich ein Herzproblem heraus, mit dem er nicht wie vorgesehen in den Gleisanlagen arbeiten konnte. Er wurde noch kurze Zeit als Lagerist eingesetzt und dann gekündigt, wogegen er sich zur Wehr setzte. Der mit dem Fall betraute belgische Staatsrat rief den EuGH an, damit dieser die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf auslegt.
Der EuGH machte zunächst klar, dass die Richtlinie so breit gefasst ist, dass sie auch Personen in der Probezeit erfasst. Er stellte sodann fest, dass Arbeitgeber „angemessene Vorkehrungen“ treffen müssen, um die Gleichbehandlung von Behinderten zu verwirklichen. Dazu könne die Verwendung an einem anderen Arbeitsplatz gehören. Bei der Frage, ob dies den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten würde, sollten unter anderem die Größe des Unternehmens und die Kosten des Wechsels berücksichtigt werden.
Az.: C-485/20
Stuttgart (epd). Gemeinsam mit dem Vorsitzenden Pfarrer Oliver Merkelbach und Annette Holuscha-Uhlenbrock wird Matthias Fenger ab 1. Juli 2022 als Vorstand an der Spitze des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg-Stuttgart stehen. Wie sein Vorgänger, Rainer Brockhoff, wird er schwerpunktmäßig für die Bereiche Unternehmenspolitik, Ressourcensteuerung und Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur verantwortlich sein.
„Ich sehe es als große Aufgabe an, den Verband gemeinsam mit dem Vorstandsteam und allen Mitarbeitenden inhaltlich und digital in die Zukunft zu führen“, sagte Matthias Fenger.
Nach ersten beruflichen Stationen in der kommunalen Familien- und Jugendhilfe, übernahm der in Annahütte in der Lausitz geborene Fenger 2008 die Leitung des Caritasverbandes für die Stadt und den Landkreis Würzburg. Seit 2012 ist er Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes im Tauberkreis und verantwortet hier neben den inhaltlichen Bereichen Beraten, Teilhabe und Senioren das Finanz- und Personalwesen und gestaltete umfangreiche IT-Entwicklungsprozesse.
Der Caritasverband Rottenburg-Stuttgart vertritt die Interessen von 2.000 katholischen Einrichtungen und Diensten in Fragen pflegerischer und sozialer Arbeit. Insgesamt arbeiten unter seinem Dach 36.000 hauptamtliche und ebenso viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Matthias Becker ist seit 1. Februar Geschäftsführer der Johanniter GmbH. Der 45-Jährige wird für die Sparte Krankenhäuser zuständig sein. Den gebürtigen Münsterländer führten Stationen als Geschäftsführer des Klinikums Westmünsterland und des Klinikums Rheine zu den Alexianern, bei denen er als Regionalgeschäftsführer tätig war. Zum Geschäftsführerteam der Johanniter GmbH gehören weiterhin Frank Böker (Vorsitz) und Ansgar Hermeier. Die Johanniter GmbH ist einer der größten christlichen Träger von Kliniken und Altenpflegeeinrichtungen. Sie koordiniert seit 2004 als Trägergesellschaft des stationären Johanniter-Verbundes bundesweit 126 Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In den Einrichtungen sind Menschen angestellt.
Ulf Hartmann ist seit 1. Februar Vorstand für Finanzen und Mitgliederberatung des Paritätischen Landesverbandes in Baden-Württemberg. Er führt den Vorstand in einer Doppelspitze mit Ursel Wolfgramm. Sie ist für die strategische Ausrichtung und Lobbyarbeit des Verbandes verantwortlich. Hartmann absolvierte eine Ausbildung und Weiterbildung zum Betriebswirt in einer Sparkasse. Danach folgte eine mehr als 20-jährige Tätigkeit in der Bank für Sozialwirtschaft. Zuletzt war er Mitglied im Vorstand einer regionalen VR Bank eG. In dem Landesverband sind mehr als 800 selbstständige Mitgliedsorganisationen mit rund 4.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen.
Silke Geithner ist für eine Amtszeit von fünf Jahren als Rektorin der Evangelischen Hochschule Dresden (ehs) und Ivonne Zill-Sahm für drei Jahre als Prorektorin berufen worden. Geithner und Zill-Sahm treten ihre Ämter am 1. März an. Silke Geithner ist Professorin für Führung und Organisation in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft an der ehs. Sie studierte Wirtschaftspädagogik an der TU Chemnitz und promovierte an der TU Dresden. Sie lehrt seit 2018 als Professorin an der ehs. Ivonne Zill-Sahm, Professorin für Erziehung und Bildung im frühen Kindesalter an der ehs, hat an der Universität Koblenz-Landau Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Pädagogik der frühen Kindheit studiert. Sie ist unter anderem Mitinitiatorin des Deutschen Berufsverbands für Kindheitspädagogik.
Eugen Scheinker wird zum 1. April neues Vorstandsmitglied des Verka-Verbundes. Der Diplom-Mathematiker folgt auf Ulrich Remmert, der in den Ruhestand geht. Als Versicherungsunternehmen ist der Verka-Verbund seit knapp 100 Jahrenim Bereich der betrieblichen Altersvorsorge für Kunden im Bereich der evangelischen Kirche und der Diakonie, aber auch im säkularen Marktumfeld tätig. Als neues Vorstandsmitglied gilt Scheinkers primäres Interesse der weiteren Etablierung der betrieblichen Altersvorsorge im kirchlichen und säkularen Raum. Gemeinsam mit seiner Vorstandskollegin Charlotte Klinnert möchte er die Spezialkompetenz der Verka in diesem Bereich inhaltlich vorantreiben.
Markus Kink (51) ist neuer Regionalleiter Mitte der Hephata-Jugendhilfe mit 160 Mitarbeitenden. Der Diplom-Sozialpädagoge und Sozialarbeiter folgt auf Bettina Götz, die die Hephata Diakonie im Oktober verlassen hat. 2002 schloss der einstige Maschinenbauer Kink das Sozialwesen-Studium in Kassel ab. Danach folgten Stationen bei der Jugendgerichtshilfe Homberg, beim Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes Homberg, bei Projektstellen des Schwalm-Eder-Kreises für Nachbarschaftshilfe und für Menschen mit Migrationshintergrund sowie schließlich als Leitung des Allgemeinen Sozialen Dienstes des Jugendamtes Göttingen.
Wir haben Tagungen, Seminare, Workshops und Webinare aufgelistet, die aktuell geplant sind. Wegen der Corona-Epidemie sagen Veranstalter allerdings Termine auch kurzfristig ab. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, das zu beachten.
3.3. Köln
Seminar „Treasury in der Sozialwirtschaft - Finanzmittel bedarfsgerecht bereitstellen“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
3.3.
Online-Seminar „Das neue Lobbyregister für jedermann - Handlungsbedarf und Gestaltungsmöglichkeiten ab dem Jahr 2022“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
8.-9.3.
Online-Fortbildung: „Datenschutz in sozialen Einrichtungen: Einführung in das KDG - rechtliche Anforderungen und Umsetzungen im operativen Tagesgeschäft“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/2001-700
16.3.
Online-Fortbildung „Suchtprävention für Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/275828-212
21.-22.3.
Online-Seminar: „Traumapädagogische Ansätze im Umgang mit jungen psychisch erkrankten Erwachsenen“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/30128-19
22.3.
Online-Seminar „Reform des Stiftungsrechts“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 02203/8997-221
22.-23.3.
Online-Seminar „Trends in der Arbeitsmarktpolitik“
Tel.: 030/26309-404
23.-25.3.
Online-Fortbildung: „Das operative Geschäft: Steuerung und Controlling in der Eingliederungshilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/30128-19
29.3. Köln
Seminar „Grundlagen des Arbeitsrechtes in Einrichtungen der Sozialwirtschaft - Gestaltungsspielräume nutzen“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
30.3.-1.4. Marktbreit
Seminar „Grundlagen des Zuwendungsrechts“
Tel.: 030/26309-139
April
7.-8.4. Berlin
Seminar „Teilhabe organisieren mit einem teilhabebasierten Organisationsmodell - Kollegiale Führung und agile Organisationsentwicklung in der Eingliederungshilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/30128-19