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Skepsis gegenüber Zuwanderung geht in Deutschland zurück




Teilnehmerinnen eines Integrationskurses
epd-bild/Gustavo Alabiso
Die Deutschen sind einer aktuellen Umfrage weniger skeptisch gegenüber Zuwanderung als in den vergangenen Jahren. Zugleich monieren viele Befragte hohe Hürden bei der Integration.

Gütersloh (epd). Die Deutschen beurteilen Zuwanderung positiver als in früheren Jahren. 68 Prozent der Befragten einer aktuellen Umfrage zur „Willkommenskultur“ in Deutschland sind der Ansicht, Zuwanderung bringe Vorteile für die Ansiedlung internationaler Firmen, wie die Bertelsmann Stiftung am 16. Februar bei der Vorstellung der Ergebnisse erklärte. 65 Prozent erwarteten zudem durch Zuwanderung eine geringere Überalterung der Gesellschaft. Einheimische sowie zugewanderte Menschen sähen jedoch auch Hindernisse für die Integration durch geringere Beteiligungsmöglichkeiten. Die Bertelsmann Stiftung plädierte für weitere gesetzliche Regelungen gegen Diskriminierung.

Belastungen für den Sozialstaat

Die Zuwanderung habe höhere Zustimmungswerte als in den vorherigen Befragungen der Jahre 2017 und 2019, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Ebenso seien die Sorgen vor möglichen negativen Effekten von Zuwanderung weiter zurückgegangen, diese würden allerdings immer noch von einer Mehrheit geteilt. So äußerten 67 Prozent der Befragten Befürchtungen im Hinblick auf Belastungen für den Sozialstaat - zwei Jahre zuvor waren es 71 Prozent. Konflikte zwischen Eingewanderten und Einheimischen würden noch 66 Prozent erwarten (2019: 69 Prozent).

Die Aufnahmebereitschaft gegenüber geflüchteten Menschen sei gestiegen und stehe erstmals wieder an einem ähnlichen Punkt wie vor 2015, erklärte die Bertelsmann Stiftung weiter. Demnach sind aktuell noch 36 Prozent der Meinung, Deutschland könne nicht mehr Geflüchtete aufnehmen, weil es an seiner Belastungsgrenze sei. 2017 sahen dies noch 54 Prozent so. Auch die Ansicht, dass die Bundesrepublik aus humanitären Gründen mehr Geflüchtete aufnehmen sollte, werde inzwischen von fast jedem zweiten Befragten (48 Prozent) geteilt.

Insgesamt würden jedoch mehr Menschen als in den früheren Befragungen mangelnde Chancengleichheit für Zugewanderte auf dem Arbeitsmarkt und Diskriminierung wegen der Herkunft als größte Hindernisse für Integration sehen, hieß es. Zudem werde verstärkt bemängelt, dass Menschen mit Migrationshintergrund in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen nur ungenügend vertreten seien, hieß es.

Chancen von Zuwanderung

„Das Verhältnis der deutschen Bevölkerung zur Migration hat sich seit dem Höhepunkt der 'Fluchtkrise' 2015 kontinuierlich verbessert, und die Chancen von Zuwanderung rücken immer mehr in den Fokus“, sagte der Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung, Orkan Kösemen. Ein Grund dafür könnten laut Kösemann auch die Erfahrungen aus der Corona-Krise sein, dass für das Funktionieren der kritischen Infrastruktur Zuwanderung nötig sei. Sorgen und Zweifel seien jedoch noch immer verbreitet und erforderten gesamtgesellschaftliche Antworten.

Die Bertelsmann Stiftung plädierte dafür, strukturelle Benachteiligungen für Zugewanderte weiter abzubauen und so die Voraussetzungen für ihre gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern. Neue gesetzliche Regelungen zur Antidiskriminierung sollten dafür ebenso geprüft werden wie rechtliche Maßnahmen zur Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund bei der Besetzung von Stellen in Verwaltung und öffentlichem Dienst. Projekte, die Wertschätzung und Anerkennung gegenüber zugewanderten Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum Ausdruck bringen würden, förderten zudem das Zusammenwachsen, sagte die Integrationsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Ulrike Wieland.

Für die Studie „Willkommenskultur zwischen Stabilität und Aufbruch. Aktuelle Perspektiven der Bevölkerung auf Migration und Integration in Deutschland“ befragte das Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid zwischen dem 3. und 10. November 2.013 Menschen in Deutschland ab 14 Jahren.

Holger Spierig