als die Bundesrepublik in den 50er und 60er Jahren dringend benötigte Arbeitskräfte im Ausland anwarb, sollten sie nur „Gastarbeiter“ sein - und bald wieder in ihre Heimat zurückkehren, denn Deutschland sah sich damals noch nicht als Einwanderungsland. Doch zwei Ausländerinnen, die einst kamen, Carmen Gonzalez und Apostolia Thomaidou, wollten hier nicht nur arbeiten, sie suchten ein neues Leben. Weit war der Weg, bis sie heimisch wurden.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit zeigt sich alarmiert über die geplanten Kürzungen bei den Jobcentern. Es sei ein Kahlschlag bei der Beschäftigungsförderung von Langzeitarbeitslosen zu erwarten, sagt der Geschäftsführer der zur Caritas gehörenden Organisation, Georg Münich, und erläutert im Interview mit epd sozial die gravierenden Folgen für Träger und langzeitarbeitslose Menschen. Einsparungen von 700 Millionen Euro für 2024 seien nicht zu kompensieren: „Hilfen, wie wir sie tausendfach bundesweit bieten, stehen jetzt zur Disposition.“
Jahrzehntelang gab es keine validen Daten über die Zahl wohnungsloser Menschen. Das ist seit dem Vorjahr anders. Erstmals liegen bundesweite Erkenntnisse über das Ausmaß an Wohnungslosigkeit vor. Damit ist die Ausgangslage für Hilfen zwar klar. Aber was muss die Bundesregierung nun tun, um ihr Ziel, bis 2030 die Wohnungslosigkeit in Deutschland zu überwinden, zu erreichen? Rolf Jordan vom Deutschen Verein gibt in seinem Gastbeitrag Antworten.
Wenn eine Kommune, obwohl sie dazu verpflichtet ist, keinen Platz in einer Kita bereitstellen kann, hat das Folgen für Eltern, die das Elterngeld Plus nutzen wollen. Denn wenn ein Elternteil sein schwerstbehindertes Kind deshalb selbst betreuen muss und keiner Teilzeitbeschäftigung nachgehen kann, geht der Anspruch auf den Partnerschaftsbonus beim Elterngeld Plus verloren, urteilte das Bundessozialgericht in Kassel.
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Ihr Dirk Baas
Troisdorf (epd). Carmen Gonzalez und Apostolia Thomaidou haben etwas gemeinsam: Beide kamen in den 60er Jahren mit einem Koffer nach Deutschland, um ein neues Leben zu beginnen. 1960 hatte die Bundesregierung ein Anwerbeabkommen für Arbeitskräfte mit Spanien und Griechenland unterzeichnet. Carmen Gonzalez war 25 Jahre alt, als sie 1963 ihre spanische Heimat Murcia verließ und nach Deutschland reiste. In Spanien arbeitete sie oft jeden Tag bis spät in die Nacht bei der Tomaten- oder Paprikaernte. In Hamburg fand sie in einer erdbeerverarbeitenden Fabrik ihre erste Anstellung, später ging es mit einem Pappkoffer nach Troisdorf bei Bonn, wo sie in einer Zündhütchen-Fertigung und ihr Verlobter Juan im Eisenwalzwerk arbeitete.
Apostolia Thomaidou, genannt Liza, wuchs die ersten acht Jahre ihres Lebens bei ihren Großeltern in Griechenland auf. Ihre Eltern gingen anfangs davon aus, nur kurzfristig in Deutschland zu arbeiten, Geld zu sparen und dann in die Heimat zurückzukehren. Regelmäßig bekamen sie Fotos ihrer Tochter geschickt. Da Liza noch nicht stehen konnte, stellten die Großeltern sie vor einen Vorhang und stützten sie. „Es sind die traurigen Fotos“, sagt die heute 63-Jährige, während sie die Schwarz-Weiß-Aufnahmen betrachtet.
Auf einer Aufnahme stehen sie und ihr drei Jahre jüngerer Bruder vor dem Rohbau eines Hauses, das ihre Eltern in Griechenland eigentlich ausbauen wollten. Diese griechischen Mauern sollten jedoch nie Lizas Zuhause werden. 1968 holen die Eltern die Kinder nach. Über 3.000 Kilometer ging es für die damals Achtjährige mit dem Zug in die Ferne. „Ich habe heute noch Gänsehaut, wenn ich an die Lichter am Rhein denke, die ich vom Zug aus sah und wusste, dass es nicht mehr weit ist“, erinnert sich Liza. Die erste Zeit im neuen Zuhause sei für sie schwierig gewesen. „Mir waren die eigenen Eltern fremd und ich verstand kein Deutsch“, erzählt sie.
Um den Arbeitskräftemangel zu mindern, schloss die Bundesrepublik 1955 mit Italien das erste Anwerbeabkommen ab. Es folgten Abkommen mit Griechenland und Spanien (1960), der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und dem damaligen Jugoslawien (1968). Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland stieg von rund 330.000 im Jahr 1960 auf 1,5 Millionen im Jahr 1969 und auf 2,6 Millionen im Jahr 1973.
Ab November 2023 treten Regelungen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sukzessive in Kraft, die es Fachkräften aus Ländern außerhalb der EU erleichtern sollen, in Deutschland zu arbeiten. Dazu zählen beispielsweise die Anerkennung von Berufserfahrungen auch ohne einen Hochschulabschluss. Als die Bundesregierung ab 1955 das erste Mal anfing, im Ausland um Arbeitskräfte zu werben, sollten die Menschen kurzzeitig den Arbeitskräftemangel ausgleichen und den Wirtschaftsaufschwung unterstützen. Doch viele der als „Gastarbeiter“ betitelten Eingereisten wie Carmen Gonzalez blieben in Deutschland. Ihre Geschichten zeigen, dass in einem anderen Land zu arbeiten auch immer dort zu leben bedeutet.
Carmen und Liza kamen beide in den 1970er Jahren an den Ort, der sie verbindet: die rote Kolonie in Troisdorf. Die Werkssiedlung wurde von Unternehmer Louis Mannstaedt bereits 1912 erbaut, um Facharbeiter aus dem nahen Köln unterzubringen. Damals lockte er die Arbeiter mit einem lebenswerten Wohnumfeld, kleinen Gärten zum Gemüseanbau, Lebensmittelläden und Kinderbetreuung. Die Kolonie sollte gleichzeitig die Arbeiter an das Werk binden.
Auch anderswo in Deutschland entstanden solche Arbeitersiedlungen als Gegenentwurf zu Massenunterkünften. Später fanden viele „Gastarbeiter“ in den Siedlungen ein günstiges Dach über dem Kopf. Da Lizas Vater bei Mannstaedt als Kranführer arbeitete, bekam die Familie eine Wohneinheit zur Miete zugesprochen.
„Wir haben mit den anderen Kindern verschiedenster Nationalitäten auf der Straße gespielt, Hüpfekästchen oder mit Murmeln“, erinnert sich die 63-Jährige an das internationale Flair der Siedlung. „Das war unsere Welt.“ Die „Klöckner-Mannstaedt-Werke“ verkauften schließlich Ende der 70er Jahre die Häuser der Kolonie. Lizas Eltern griffen zu. Auch Carmen Gonzalez und ihre inzwischen vierköpfige Familie kauften eine Haushälfte. Juan, dessen Familie in Spanien Landwirtschaft betrieben hatte, nutzte die Anbaumöglichkeiten der Gartenkolonie für Knoblauch, Bohnen oder Salat.
Im Jahr 1970 lebten bereits 4.575 ausländische Arbeitnehmer - teils mit Familien - in Troisdorf. Fast jeder dritte Fabrikarbeiter war zugewandert. Wählen durften die neuen Bürger jedoch nicht. Damit sie sich politisch dennoch einbringen können, wurde 1972 in Troisdorf das erste Ausländerparlament in Deutschland gewählt - aufgrund des geringen Einflusses aber nach nur drei Jahren wieder eingestellt.
Die Sozialwissenschaftlerin Vera Hanewinkel vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien an der Universität Osnabrück sieht in der gesellschaftlichen Teilhabe einen wichtigen Schlüsselfaktor für die Integration von Facharbeitern - auch heute: „Wenn wir heute Arbeitskräfte aus dem Ausland anwerben, dann sollten wir nicht wieder den Fehler begehen, zu denken, Migration ließe sich auf- und zudrehen wie ein Wasserhahn.“
Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, wenn die Hürden für eine Einbürgerung und den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gesenkt würden und damit volle politische Mitsprache ermöglicht werde. „Studien haben gezeigt, dass eine schnelle Einbürgerung Integrationsmöglichkeiten verbessert. Somit bleiben die Neuzuwandernden hoffentlich nicht so lange von zentralen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen wie die 'Gastarbeiterinnen' und 'Gastarbeiter' der 1960er Jahre.“
In der roten Kolonie in Troisdorf leben heute Carmens Söhne und deren Familien nur wenige Meter von Liza und ihrem Mann entfernt. Oft trifft man sich in den Gärten der Kolonie, tauscht selbst angebautes Obst und Gemüse aus, während die Enkel auf der Straße spielen. War es früher die Gemeinschaft der Fabrikarbeiter, die in der Werkssiedlung schnell für Verbundenheit sorgte, so ist es heute die gemeinsame Geschichte vom Neuanfang in der Ferne. „Wenn ich durch Torbogen in die rote Kolonie komme“, sagt Liza, „dann bin ich zu Hause.“
Winsen/Luhe (epd). Abraham Simon und Marion Philipp beugen sich zueinander über den Tisch im Foyer des evangelischen Gemeindehauses in Winsen an der Luhe bei Hamburg. Sie sind intensiv im Gespräch und erinnern sich an das Jahr 2013, als der heute 35-Jährige noch ganz neu in der Stadt war. Geflohen aus Eritrea, lebte er mit neun Landsmännern in einer kleinen Unterkunft. „Das war schön am Anfang“, sagt er in flüssigem Deutsch. „Wir waren neugierig, alles war neu. Wir mussten alles lernen.“
Sieben von seinen damaligen Mitbewohnern seien noch in der Gegend, erzählt er. „Ich glaub' sie sind auch hier“, fügt er mit ausladender Handbewegung an. Im großen Saal sitzen Menschen bei Kaffee, Kuchen oder vor dampfenden Tellern mit veganem Geschnetzelten und Rotkohl. Im Garten brandet beim Kicker-Spielen gerade Tor-Jubel auf. An diesem Tag sind rund 100 Menschen da, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Immer sonnabends wird das Gemeindehaus zum „Internationalen Café“. Vor zehn Jahren hat die Kirche es ins Leben gerufen - und es existiert mit Erfolg bis heute.
Nachdem es in der Region Proteste gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft gegeben hatte, wollte die Gemeinde ein Zeichen der Gastfreundschaft dagegen setzen. „Es ist uns gelungen, die Deutungshoheit der Stammtische zu bekommen“, zieht Gemeindepastor Markus Kalmbach Bilanz. Das gelte bis heute, auch wenn die Probleme nicht geringer würden. „Das Drückendste ist, dass es hier im Speckgürtel von Hamburg keine bezahlbaren Wohnungen gibt.“
Wie in Winsen gründeten sich in der Vergangenheit in vielen Orten in Deutschland Initiativen für die Begegnung mit und die Unterstützung von Geflüchteten im Alltag, vor allem seit dem Jahr 2015. Viele davon hätten sich aber mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen in den Jahren 2017 und 2018 wieder aufgelöst, sagt der Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer.
Er sieht aktuell sogar einen weiteren Rückgang des Engagements, obwohl ehrenamtlicher Einsatz auf breiter Basis weiter nötig sei: „Für die Begleitung, Beratung, für den Kontakt mit Behörden, für das Ankommen im Alltag der bundesdeutschen Gesellschaft ganz allgemein sind die Initiativen weiterhin ausgesprochen wichtig - und werden es bleiben.“
Doch verspreche der Einsatz zunehmend weniger soziale Anerkennung, erläutert der Historiker am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück (IMIS). Auch sprächen manche Aktive von einem „Gefühl der Überforderung“, insbesondere durch nervraubende Kontakte mit Behörden.
In Winsen hat sich Jürgen Baumgarten eine Tasse Kaffee eingeschenkt. Der 84-Jährige gehört zu den Gründern des Cafés. Er ist in den vergangenen zehn Jahren Experte dafür geworden, den Geflüchteten Arbeit und Ausbildung zu ermöglichen. „Manchmal war das mühsam und frustrierend“, sagt er. „Die Behörden hatten noch nicht begriffen, wie es gehen kann.“ Vieles sei besser geworden. Doch die aktuellen Pläne der Bundesregierung sind aus seiner Sicht „ein Schuss in den Ofen“. Bevor Flüchtlinge arbeiten könnten, müssten sie zumindest in Grundzügen Deutsch beherrschen, ist seine Erfahrung. Aber Sprachkurse gebe es bei weitem nicht genug. Hier müsse man ansetzen.
Im „Internationalen Café“ büffelt an diesem Tag eine ganze Klasse. In ruhige Ecken haben sich weitere ehrenamtliche Lernpatinnen und -paten zurückgezogen, so wie Walter Langhans. Mit einer jungen Mutter aus Eritrea geht er im Lehrbuch gerade das Kapitel „Arztbesuch“ durch. „Ich brauche viel Hilfe“, sagt die Frau mit leiser Stimme.
Inzwischen gehört zum Café auch ein Spielzimmer. Es sei ein Treffpunkt für alle geworden, sagt Pastor Kalmbach. Auch die Senioren der Gemeinde haben ihren angestammten Tisch. Bärbel Klevenhaus füllt im Foyer aus Suppenkesseln Chili und das Geschnetzelte auf die Teller. Sie kommt von den „Winsener Lichtblicken“, die sich gegründet haben, als im vergangenen Jahr Kirchen und andere Initiativen angesichts steigender Energiepreise mit beheizten Räumen und warmen Mahlzeiten helfen wollten.
Bis zu 150 Gäste bewirtet Klevenhaus jeden Sonnabend. Die „Foodsharerin“ bemüht sich darum, dafür möglichst viele gespendete Lebensmittel zu verwenden, die Großbetriebe sonst weggeworfen hätten. Sie kocht ausschließlich vegan. „Es war spannend, herauszufinden, was allen schmeckt, wir haben uns angenähert“, sagt sie und lacht - immerhin kommen Menschen aus bis zu 30 Nationen in das Café. „Inzwischen sind einige auch nur wegen des Essens da“, vermutet Klevenhaus. Doch das falle nicht auf, niemand müsse sich für seine Not schämen: „Genauso haben wir es uns gewünscht.“
Auch ein großes Kuchenbuffet ist im Gemeindehaus aufgebaut - Ware vom Vortag, gespendet von einem örtlichen Bäcker, dem Chef von Abraham Simon. „Die Berliner habe ich gebacken“, sagt der 35-Jährige, der einst aus Eritrea kam. „Ich bin Bäcker.“ Und Marion Philipp, die als Ehrenamtliche seinen Weg über die Jahre verfolgt hat, ergänzt mit Betonung: „Gelernter Bäcker!“ Es sei nicht immer leicht gewesen, räumt der Mann aus Eritrea ein: die Sprache lernen, eine Arbeitserlaubnis bekommen. Eine vorherige Kfz-Lehre musste er abbrechen.
Inzwischen hat er eine Aufenthaltsgenehmigung, ist verheiratet und Vater einer Tochter - auch seine Frau gehörte in der Anfangszeit zu den Engagierten im Café. Marion Philipp sagt lachend: „Von solchen Paaren haben wir inzwischen ein paar, paar kleingeschrieben, also mehr als zwei.“
Klingenberg/Erlenbach (epd). Nilifür Ulusoy hat manchmal das Gefühl, dass Menschen ihr Angst machen wollen, damit sie sich aus ihrem Ehrenamt zurückzieht. Die Integrationsbeauftragte der Stadt Klingenberg sowie Vorsitzende des Vereins „Frauen für Frauen“ in Erlenbach, beides angesiedelt im unterfränkischen Landkreis Miltenberg, kümmert sich seit zehn Jahren um Flüchtlinge. Das wird nicht leichter: „Es gibt immer mehr Menschen, die Unruhe schaffen wollen.“
Ulusoy hat keine Angst, wenn sie zu den 23 afghanischen Männern geht, die vor kurzem nach Klingenberg gezogen sind. Und sie hat auch keine Angst vor Mitbürgern, die genug von Migranten haben und jene anfeinden, die Geflüchtete unterstützen. „Ich weiß, ich mache nichts Falsches“, sagt sie. Zu schaffen macht ihr jedoch, welcher Hass sich in den sozialen Medien über Flüchtlinge ergießt: „Ich bin oft froh, dass unsere afghanischen Flüchtlinge die Sprache noch nicht verstehen und darum nicht mitbekommen, was über sie gesagt wird.“
Ulusoy engagiert sich, weil sie als Kind türkischer Gastarbeiter selbst erlebt hat, wie es ist, ausgegrenzt und abgelehnt zu werden: „Ich hatte eine deutsche Freundin im Kindergarten, die nicht mit mir spielen durfte, weil die Eltern Angst vor mir als türkischem Kind hatten.“
Integrationshelfer stünden im öffentlichen Konflikt, bestätigt Tobias Weidinger von der Universität Erlangen-Nürnberg. Der Kulturgeograph befasst sich in einem Forschungsprojekt mit Fragen von Zuwanderung in ländlichen Räumen. „Das Engagement für Migrantinnen und Migranten hat in den letzten Jahren stark abgenommen“, konstatiert er. Viele Flüchtlingshelfer hätten ihren Einsatz aus gesundheitlichen, beruflichen oder familiären Gründen eingestellt. Ehrenamtliche geben nach seinen Erkenntnissen auch deshalb irgendwann auf, weil sie zu wenig oder keine Unterstützung von Politik und Verwaltung vor Ort erhalten. „Hinzu kommt, dass Ehrenamtliche aufgrund ihres Engagements unterschiedliche Formen von Anfeindungen gegenüber sich und ihren Familien erleben“, so der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Erlanger Institut für Geographie.
Das kann Joachim Schmitt von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung im unterfränkischen Aschaffenburg vollauf bestätigen. Der Bildungsreferent gehört zu den Organisatoren einer sozialen Vernetzungsplattform namens „Open-Sozial“. Integration und Flüchtlingshilfe sind ein Schwerpunktthema der hier Engagierten. Laut Schmitt kommt es auch am Bayerischen Untermain inzwischen öfter zu Anfeindungen von Flüchtlingshelfern: „Die Spannungen reichen bis in die Familien hinein.“
Bei der Freiwilligenagentur „Schaffenslust“ im schwäbischen Memmingen, wo auch Flüchtlingshelfer unterstützt werden, hat man bisher indes noch nichts von direkter Kritik und Ablehnung mitbekommen. „Was wir jedoch erfahren, ist zunehmendes Unverständnis, warum man noch immer in der Flüchtlingshilfe tätig ist“, sagt Agenturleiterin Isabel Mang. Umso intensiver kümmert man sich bei „Schaffenslust“ gerade um diese Engagierten: „Wir stärken sie nicht zuletzt dadurch, dass wir als Kummerkasten für sie da sind.“
Wie kann ehrenamtliches Engagement für Geflüchtete trotz zunehmender Konflikte gelingen? An der Uni Erlangen-Nürnberg sind sie auch dieser Frage nachgegangen. Ehrenamtliche, die bei der Stange bleiben, bewerten ihr eigenes Engagement als positiv. Daraus ziehen sie Kraft. Der interkulturelle Austausch etwa werde als bereichernd empfunden. Auch den Wünschen der Ehrenamtlichen gingen die Erlanger Forscherinnen und Forscher nach. Wie sie herausfanden, wünschen sich viele Flüchtlingshelfer einen besseren Draht zu Behörden.
Das Team um Tobias Weidinger bat die am Forschungsprojekt teilnehmenden Flüchtlingshelfer, einander Tipps zu geben, wie man im Engagement stark bleiben kann. Wie sich herausstellte, ist das Ehrenamt nicht nur wegen schwieriger Behördenkontakte und Anfeindungen sehr anspruchsvoll. Auch falsche Erwartungen führten oft zu Frust. „Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind“, sagt eine Ehrenamtliche. Man dürfe Geflüchtete nicht bevormunden, nicht überrollen: „Man muss ihren Willen akzeptieren.“ Das Wichtigste sei, den Mut nicht zu verlieren, meint Nilifür Ulusoy. „Am Ende wird man sich an uns, an die Mutigen erinnern“, ist sie überzeugt.
Berlin (epd). Freiwilligendienste sollen häufiger in Teilzeit absolviert werden können. Das Bundeskabinett brachte zu diesem Zweck am 1. November in Berlin das Freiwilligen-Teilzeitgesetz auf den Weg. Der Entwurf sieht den Angaben nach auch mehr Spielraum für eine Erhöhung der Taschengelder für die Freiwilligen vor. Die Regelungen betreffen Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst (BFD), im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und im Freiwilligen Ökologisches Jahr (FÖJ).
Künftig könnten Freiwillige auch ohne Angabe von Gründen einen Dienst in Teilzeit leisten, teilte das Bundesfamilienministerium mit. Bisher müssen Interessentinnen und Interessenten für ein soziales oder ökologisches Jahr persönliche, familiäre oder gesundheitliche Gründe geltend machen. Im Bundesfreiwilligendienst für über 27-Jährige ist das schon heute nicht erforderlich. Der Dienst muss mit mehr als 20 Wochenstunden absolviert werden, und die Einsatzstellen müssen einverstanden sein.
Die Obergrenze für das Taschengeld wird von 438 Euro auf 584 Euro wöchentlich erhöht. Damit wird auch dem Koalitionsvertrag nachgekommen, in dem die Koalitionsparteien die Erhöhung des Taschengeldes vereinbart haben. Das sei auch deshalb nötig gewesen, weil die Berechnungsrundlage für die Höhe des Taschengeldes, dessen Höhe individuell mit den Einsatzstellen vereinbart wird, seit Einführung des BFD im Jahr 2011 nicht angepasst wurde.
Konkret soll die Obergrenze von 438 Euro monatlich auf 584 Euro monatlich, also um 146 Euro, steigen. Zusätzlich sollen Einsatzstellen Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Im Ergebnis können Freiwillige damit deutlich mehr Taschengeld erhalten als bisher, hieß es.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte, mit den Änderungen gehe man auf die Wünsche vieler Freiwilliger nach mehr Flexibilität ein und schaffe den Rahmen für höhere Taschengelder. „So stellen wir die Weichen für eine Zeit, in der die Freiwilligendienste wieder ausgeweitet werden können. Die Freiwilligendienste sind uns wichtig und das Engagement der Freiwilligen ist uns jede Wertschätzung wert“, so die Ministerin, die nicht auf die geplanten Kürzungen bei den Freiwilligendiensten von rund einem Viertel des Budgets einging. Nach Angaben ihres Ministeriums leisten rund 100.000 Menschen jedes Jahr einen Freiwilligendienst.
Berlin (epd). Eine knappe Woche vor dem geplanten Bund-Länder-Spitzentreffen am 6. November hat die Ampel-Koalition einen weiteren Schritt zur Neuordnung der Migrationspolitik gemacht. Das Bundeskabinett beschloss am 1. November Erleichterungen für die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten und schärfere Strafen für Schleuser. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach mit Blick auf weitere Forderungen aus den Bundesländern von einem „bedeutenden Gesetzespaket“, mit dem die Koalition umsetze, was mit den Ländern vereinbart worden sei.
Geflüchtete sollen künftig generell nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Bisher gilt das Arbeitsverbot für Menschen in Gemeinschaftsunterkünften neun Monate lang für Alleinstehende und sechs Monate lang für Eltern von Kindern. Von den Erleichterungen ausgenommen werden sollen Ausländer und Ausländerinnen, die Deutschland verlassen müssen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen oder die Identitätsklärung verweigern.
Menschen mit einer Duldung sollen grundsätzlich eine Beschäftigungserlaubnis erhalten. Bisher liegt das im Ermessen der jeweiligen Ausländerbehörde. Ausgenommen sind Personen, die in Kürze abgeschoben werden sollen. Damit Geduldete möglichst bald eine Arbeit aufnehmen, sollen die Jobcenter ihnen regelmäßig Stellenangebote machen, die sie annehmen müssen.
Außerdem werden die Hürden für die sogenannte Beschäftigungsduldung gesenkt. Das ist eine Möglichkeit, einen sicheren Aufenthaltstitel zu erlangen. Wer bis Ende 2022 eingereist ist, eine Duldung besitzt und bereits mindestens ein Jahr versicherungspflichtig gearbeitet hat, kann für weitere zweieinhalb Jahre die Beschäftigungsduldung beantragen. Sie gilt für die Antragsteller und ihre Familien, und es kann sich ein sicherer Aufenthaltstitel anschließen. Die Regelung wäre Ende dieses Jahres ausgelaufen, zudem galt sie bisher nur für Menschen, die bis zum 1. August 2018 nach Deutschland gekommen sind, der Einreisezeitraum wird bis Ende 2022 erweitert.
Das Kabinett sprach sich zudem dafür aus, die Strafvorschriften für Schleuser zu erhöhen. In Fällen gewerbs- oder bandenmäßiger Schleusung, in denen das Mindeststrafmaß bislang bei unter einem Jahr liegt, soll es auf ein Jahr heraufgesetzt werden. Strafverfahren können dann nicht mehr ohne Weiteres eingestellt werden. Faeser sagte dazu, die Bekämpfung der Schleuserkriminalität habe für sie oberste Priorität: „Schleusung ist ein Verbrechen.“ Nach Angaben des Bundesinnenministeriums registrierte die Bundespolizei in diesem Jahr bis Ende Juli 1.300 Fälle mit 14.000 geschleusten Personen.
Ein ebenfalls vom Bundeskabinett gebilligter Gesetzentwurf von Faeser sieht vor, dass Daten künftig einfacher und teilweise automatisiert an das Ausländerzentralregister übermittelt werden sollen. Die Bundesregierung setzt damit eine Forderung der Länder um.
Faeser hat die angestrebten Gesetzesänderungen als Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Fraktionen zum bereits vom Kabinett gebilligten Gesetz für eine Verschärfung der Abschieberegelungen verfasst. Damit kann beides zeitgleich vom Bundestag beraten werden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte, die Arbeitserleichterungen seien der „entscheidende zweite Teil“ der Änderungen im Migrationsrecht. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte: „Endlich ist der Weg frei für einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen im Asylverfahren und mit Duldung. Wir machen damit einen wichtigen Schritt, für den wir uns gemeinsam mit Wirtschaft, Handwerk und Kommunen lange eingesetzt haben.“ Die schnellere Aufnahme von Arbeit ermögliche es geflüchteten Menschen, ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren und es hilft ihnen im Lebensalltag und bei der Integration."
Pro Asyl begrüßte die Erleichterungen für Asylsuchende beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Der flüchtlingspolitische Sprecher, Tareq Alaows, erklärte aber zugleich: „Kleine vermeintliche Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt reichen nicht. Nötig ist, dass alle Arbeitsverbote vollständig abgeschafft werden.“ Arbeitsverbote grenzten Menschen aus der Gesellschaft aus und seien auch angesichts des Arbeitskräftemangels in Deutschland der falsche Weg, sagte Alaows.
Damit Geflüchtete schnell qualifizierte Arbeit finden könnten, seien weitere Schritte nötig, forderte der Sprecher. So müssten Sprachkurse ausgeweitet und ab dem ersten Tag allen angeboten werden. Zudem müssten ausländische Schul-, Ausbildungs- und Studienabschlüsse unkompliziert und schnell anerkannt werden.Alle Arbeitsverbote müssten abgeschafft werden.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte, Deutschland profitiere von jedem Baustein, der es möglich mache, dem Arbeitskräftemangel zu begegnen.
Berlin (epd). Die Aufnahme von Flüchtlingen stellt die Kommunen in Deutschland einer Umfrage zufolge vor deutliche Herausforderungen. Viele sehen eine Belastungsgrenze aber offenbar nicht überschritten. Das geht aus den am 2. November in Berlin präsentierten Ergebnissen einer nicht-repräsentativen Umfrage des Mediendienstes Integration in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe Migrationspolitik der Universität Hildesheim hervor.
Demnach beschrieben knapp 60 Prozent der rund 600 teilnehmenden Kommunen die Lage als „herausfordernd, aber (noch) machbar“. 40 Prozent sehen sich mit einer „Überlastung“ oder einem „Notfallmodus“ konfrontiert.
Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, nutzen 45 Prozent der Kommunen Notunterkünfte, vor allem Container. Sporthallen oder Zelte werden dagegen selten für die Unterbringung Schutzsuchender genutzt. Die überwiegende Mehrheit der Kommunen bringt Flüchtlinge derzeit in privat angemieteten (86,4 Prozent) oder kommunalen Wohnungen (77,8 Prozent) unter.
Diese hohe Quote sei überraschend, sagte der Co-Autor der Studie, Boris Kühn, von der Universität Hildesheim. Gleichzeitig betonte er, diese Wohnungen seien oftmals dicht belegt, also von mehreren Familien bewohnt.
Als hilfreiche Maßnahmen zur Bewältigung der angespannten Situation nannten die Kommunen den Angaben zufolge vor allem eine Begrenzung der Zuwanderung, mehr finanzielle Unterstützung sowie Erleichterungen bei Baumaßnahmen und der Akquise von Unterkünften für Geflüchtete. Etwas seltener nannten die Kommunen den Angaben zufolge mehr Personal als hilfreiche Maßnahme, noch seltener mehr Abschiebungen, die die Bundesregierung derzeit forciert.
Die ebenfalls von der Ampelkoalition geplanten Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang oder die von den Ländern geforderte Möglichkeit zur Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit nannte keine Kommune als hilfreiche Maßnahme. Kühn erklärt dies damit, dass viele Fragen sehr auf das Thema Unterbringung konzentriert waren und deswegen bei der Beantwortung dieser Frage weniger daran gedacht wurde.
Die Referatsleiterin für Flüchtlingspolitik beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, Miriam Marnich, sieht die Kommunen derweil auch bei diesem Aspekt in einer angespannten Lage. Wegen der begrenzten Personalkapazitäten sei bei der wachsenden Zahl von Flüchtlingen Arbeitsmarktintegration „faktisch kaum noch möglich“, sagte sie.
Die Ergebnisse der Umfrage sind den Angaben zufolge nicht repräsentativ, weil mehr als die Hälfte der Rückläufe allein aus Baden-Württemberg kamen. Die übrigen seien über die Bundesländer und Gemeindegrößen breit genug gestreut, um eine Einschätzung der Lage zu erlauben, hieß es.
Der Mediendienst Integration ist eine Initiative des Rats für Migration, eines bundesweiten Zusammenschlusses von Migrationsforscherinnen und -forschern. Das Projekt wird unter anderem von der Bundesregierung gefördert.
Stuttgart (epd). Die baden-württembergische Landesregierung will den Zugang zu medizinischer Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung verbessern. Deshalb würden landesweit neun Projekte mit einer Laufzeit von rund anderthalb Jahren mit insgesamt 400.000 Euro gefördert, teilte das Sozialministerium am 27. Oktober mit.
Nichtversichert seien beispielsweise wohnungslose Personen, oder solche, bei denen hohe Beitragsschulden für die Krankenversicherung aufgelaufen sind, sowie in der Prostitution Tätige ohne Aufenthaltsstatus. Für sie seien niedrigschwellige medizinische Behandlungsangebote wichtig und Hilfe bei der Vermittlung in eine Krankenversicherung.
Mit dem Förderprogramm würden daher Modellprojekte für die anonyme Krankenbehandlung und auch Beratungsangebote gefördert. „Die Menschenwürde gebietet, dass alle Menschen in Notlagen medizinisch versorgt werden“, sagte Sozialminister Manne Lucha (Grüne). Im Rahmen der Projektförderung wird eine Evaluation stattfinden, bei der ermittelt werden soll, welche Personengruppen die jeweiligen Angebote annehmen und was sie daran hindert, bei einer Krankenkasse versichert zu sein, so das Sozialministerium.
Wiesbaden (epd). „Mir geht es wunderbar, hier ist fett Party und ich trete bald auf“, sagt Kay-Uwe Gebert. Der 35-Jährige ist Frontmann der Band „Ruhestörung“, die als eine der Acts im Wiesbadener Schlachthof gebucht ist. Auf der Bühne sind acht Bandmitglieder mit Beeinträchtigung, sie spielen Keyboards, E-Drum, E-Bass. Zwei sitzen im Rollstuhl, zwei der Sänger gestikulieren mit ihren Händen und singen lautstark. Sie sind Klientinnen und Klienten des Evangelischen Vereins für Innere Mission in Nassau (EVIM) in Wiesbaden.
Johanna Schröter arbeitet seit zwölf Jahren für EVIM und hat das Event „Liebe X Leben X Feiern“ maßgeblich mitorganisiert. Es soll Menschen mit und ohne Beeinträchtigung möglich machen, gemeinsam am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, sagt die 35-Jährige.
Auf der Tanzfläche performt auch Cindy Klink. Sie übersetzt die Texte der Band „Ruhestörung“ in Gebärdensprache. Die 26 Jahre alte „Deaf-Performerin“ Klink war bis vor vier Monaten selbst gehörlos, seitdem hat sie eine Hörprothese. Sie hat auch schon bei den „Fantastischen Vier“ oder Wincent Weiss Musiktexte für gehörlose Konzertbesucher übersetzt. Das kleine Publikum hier im Schlachthof sei herzergreifend, sagt die Frau mit den zwei blonden Zöpfen.
Vor der Bühne bewegen sich die Gäste zu Coversongs wie „Nur noch kurz die Welt retten“ von Tim Bendzko oder „Ein Kompliment“ von Sportfreunde Stiller. Die Halle ist mit rund 250 Gästen gut gefüllt, Menschen tanzen, singen oder hüpfen zur Musik. Auch Rollstuhlfahrer feiern in der großen Halle mit, ein Mann hat einen Sprachcomputer an seinem Rollstuhl.
Viele Partygäste tragen kleine, runde Buttons an ihrer Kleidung, die im Eingangsbereich verteilt werden. Es gibt es ein schwarzes X oder ein rotes Herzsymbol. Dana Halm, die Verlobte von Frontmann Gebert, zeigt auf den X-Button auf ihrem T-Shirt. Dieser stehe für vergeben, denn sie sei seit fünf Jahren mit Gebert verlobt, erklärt sie.
Wer hingegen einen Herz-Button trägt, signalisiert, dass er oder sie auf der Suche nach einer Partnerin oder einem Partner ist. Ansprechpartner helfen auf Wunsch, jemanden anzusprechen, erklärt Schröter. Sie tragen gut sichtbar ein T-Shirt mit dem Logo der Party und sind zahlreich vertreten. Dieses „Awareness-Team“, das auch vor übergriffigem Verhalten schützt, schaue, wer mit wem nach Hause gehe, um auszuloten, ob sich die Personen schon länger kennen, erklärt Schröter. So solle Missbrauch vermieden werden.
Bei dem Event blitzt kein Stroboskop, damit auch Epileptiker kommen können, außerdem gibt es barrierefreie Toiletten. Alkohol wird ausgeschenkt, aber laut Barmann werden Cola und Limo am häufigsten bestellt.
Auf der Tanzfläche feiern hauptsächlich Menschen mit Beeinträchtigung. Bei denen ohne Beeinträchtigung scheint es sich um Begleiter zu handeln oder ehrenamtliche Helfer. Eine Mischung der Besucher müsse sich im Laufe der Jahre erst etablieren, meint Organisatorin Schröter. Ideal wäre es für sie, wenn man gar nicht mehr erwähnen müsste, dass dies eine Party für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung sei.
Kirchheim unter Teck (epd). Tagesleiterin Martina Rieker hat nachgezählt: 46 verschiedene Fleischgerichte und 47 verschiedene vegetarische Gerichte hat das „Café Hope“ innerhalb eines Jahres angeboten, vom Schweinebraten bis zur Spinatlasagne. Gekocht wird frisch und regional, aber ohne Geschmacksverstärker. Drei hauptamtliche Frauen sind in Teilzeit für das Café Hope im Einsatz. Sie haben ein 45-köpfiges Team an Ehrenamtlichen um sich versammelt, das aktuell aus sieben Nationen stammt.
Das Café Hope ist ein Arbeitszweig der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Kirchheim unter Teck, seit zehn Jahren ist es als eigener Verein organisiert. Weil der Verein von Sponsoren und Spendern unterstützt wird, kann er ein vollwertiges Essen für 7,50 Euro anbieten - ermäßigt 6 Euro. Es gibt auch Spender, die gezielt Bedürftigen ein kostenloses Essen schenken. Die Kirchengemeinde stellt dem Verein kostenlos ihr Gemeindezentrum zur Verfügung, inklusive Energie und Wasser.
Das in der 42.000 Einwohner-Stadt am Fuße der Schwäbischen Alb einmalige Angebot gibt es jeden Dienstag bis Donnerstag. Und zwar das ganze Jahr über, außer in den Schulferien. Das ist der größte Unterschied zu den klassischen Vesperkirchen, die auf einige Wochen im Jahr beschränkt sind. Doch ansonsten gibt es viele Parallelen, auch wenn das Café Hope nicht „Vesperkirche“ heißt. Im Café Hope sitzen Gäste miteinander am Tisch, die das sonst nicht tun würden, etwa der Berufsschüler neben dem 80-Jährigen aus der Nachbarschaft. Für viele Besucher und Mitarbeiter ist das Café Hope eine Art zweiter Heimat und Ersatzfamilie geworden. Manche Mitarbeiter leisten dort ihre Sozialstunden ab.
Die erste Vesperkirche im Südwesten startete 1995 in der Stuttgarter Leonhardskirche, daraus sind in der vergangenen Wintersaison 38 Angebote geworden. Die Kirchheimer Wurzeln reichen bis ins Jahr 2004 zurück. Damals bezog die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde ihr neu gebautes „Steingau-Zentrum“. Dem Hausmeister war nicht nur wichtig, dass die Stühle gerade stehen, ihm ging es um das Wohl der Menschen. Auch der Menschen, die nebenan im Jobcenter anstanden. So begann dort am Donnerstag ein Kaffeeausschank, im Gemeindehaus gab es Kuchen.
Die Kirchengemeinde nahm sich auch der Berufsschüler an, die auf dem Weg ins Stadtzentrum das Gelände durchquerten. Dass sie keine Sandwiches wollten, war schnell klar, das Team musste sie oft selbst essen. Also wurde ebenfalls am Donnerstag richtig gekocht, aus 15 Essen wurden schnell 60. Für einen weiteren Ausbau brauchte es eine neue Struktur, also wurde vor zehn Jahren der Verein Café Hope gegründet. „Wir wollen der Hoffnung ein Gesicht geben“, sagt Ruth Reiter, die zweite Vorsitzende. Den ersten Vorsitz hat Pfarrer Günter Öhrlich übernommen.
Im Café Hope, so der Werbeslogan, treffen „Vielfalt, Herzblut, Gastfreundschaft und ein Halleluja aufeinander“. Das Herzblut ist im ganzen Team zu spüren, in dem jeder das beiträgt, was er kann. Ein junger Geflüchteter ist dort ebenso willkommen wie ein Einheimischer mit psychischen Problemen. Im Café Hope mit schlechter Laune zu essen, sagen alle, das sei unmöglich.
Die spannende Frage für die hochgelobte Köchin Gabriele Heß ist an jedem Tag: Wie viele Gäste werden wohl heute kommen? Der bisherige Rekord lag bei 168. Alle sollen satt werden, es soll aber möglichst kein Essen weggeworfen werden. „Schätzen, Beten und viel Erfahrung“ beschreibt die Köchin ihre Strategie: „Ich weiß auch, was man schnell nachmachen kann.“
Beim Quiz zum zehnjährigen Bestehen des Vereins gab es drei Preise zu gewinnen: Zwei Freiessen, ein Freiessen und einmal Spülen. Das Spülen war zwar der dritte Preis, aber womöglich der versteckte Hauptgewinn: Wer wäre nicht gerne einmal Teil eines erfolgreichen, internationalen Teams, das eine - laut Stadtverwaltung - „einzigartige und wertvolle Einrichtung in der Stadt“ betreibt, „in der die Begriffe Nächstenliebe, Zusammenhalt und Begegnung mit Leben gefüllt“ werden.
Anfang August dieses Jahres hat das Statistische Bundesamt die aktuelle Statistik zur Zahl der in Deutschland untergebrachten Personen ohne Wohnung veröffentlicht. Die Daten wurde erstmalig im vergangenen Jahr erhoben. Zum Stichtag 31. Januar 2023 waren demnach bundesweit gut 372.000 Personen wegen Wohnungslosigkeit untergebracht. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2022, als zum Stichtag 178.000 wohnungslose Personen untergebracht waren. Wir als Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge sehen die Beendigung von Wohnungslosigkeit als zentrale sozialpolitische Aufgabe, der sich die Bundesregierung stellen muss.
Das im Frühjahr 2020 verabschiedete Wohnungslosenberichterstattungsgesetz (WoBerichtsG) stellt einen wichtigen Schritt dar, um die Wohnungsnotfallthematik auch auf Bundesebene stärker zu verankern. Verantwortet vom Statistischen Bundesamt, sollen jährlich Daten zu Personen erhoben werden, „denen aufgrund von Maßnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände oder mit Kostenerstattung durch andere Träger von Sozialleistungen zum Stichtag wegen Wohnungslosigkeit Räume zu Wohnzwecken überlassen oder Übernachtungsgelegenheiten zur Verfügung gestellt worden sind“ (§ 3 WoBerichtsG). Die damit jeweils zum Stichtag 31. Januar erhobenen Daten zur Zahl untergebrachter wohnungsloser Personen haben und werden zu einer deutlichen Verbesserung der Datenlage beitragen.
Weil mit den untergebrachten wohnungslosen Personen nur ein Teil der von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen und Haushalte erfasst wird, sieht das Gesetz eine ergänzende Begleitforschung und Berichterstattung vor, in deren Rahmen alle zwei Jahre zusätzlich jene Wohnungslosen erfasst werden, die entweder „temporär in regulärem Wohnraum wohnen, ohne damit einen Hauptwohnsitz zu begründen“, oder die „ohne jede Unterkunft obdachlos sind“ (§ 8 WoBerichtsG).
Mit dem Gesetz wird nun zum ersten Mal eine gesetzliche Verpflichtung zur dauerhaften Erfassung und Analyse wohnungsloser Menschen in Deutschland formuliert. Das ist zu begrüßen, auch wenn die Konzentration der Statistik auf die Teilgruppe der untergebrachten wohnungslosen Personen immer auch das Risiko einer Untererfassung birgt.
Kritisch anmerken möchte ich auch, dass die Wohnungslosenberichterstattung nur ein erster Schritt hin zu einer erst noch zu entwickelnden Wohnungsnotfall-Berichterstattung ist. Perspektivisch muss es das Ziel sein, auch Daten über bedrohte Wohnverhältnisse zu erheben, um den Bedarf an Hilfen zur Prävention von Wohnungsverlusten einschätzen zu können.
Flankiert durch eine fachliche Begleitung durch Expertinnen und Experten aus der Wohnungslosenhilfe, der Länder und Kommunen sowie der Verbände und Betroffeneninitiativen, liefert die Wohnungslo-senberichterstattung aber bereits jetzt wichtige Informationen für nachhaltige Planungen und Entscheidungen im Rahmen einer nationalen Strategie gegen Wohnungslosigkeit. Mit der Ziel, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden und hierfür einen Nationalen Aktionsplan zu formulieren, hat die Bundesregierung die Beseitigung von Wohnungslosigkeit als wichtige sozialpolitische Aufgabe identifiziert. Im Rahmen eines breiten Beteiligungsprozesses diskutiert eine Vielzahl an Akteuren aktuell, wie diese Zielsetzung umzusetzen ist und welcher konkreten Maßnahmen es bedarf, um tatsächlich bis 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland zu überwinden.
Das Erschließen und Bereitstellen von bezahlbarem Wohnraum markiert dabei eines der zentralen Elemente einer Politik gegen Obdach- und Wohnlosigkeit. Das gilt sowohl in quantitativer wie auch qualitativer Hinsicht. Die Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum übersteigt das Angebot entsprechender Wohnungen vor allem in den Ballungsräumen zumeist deutlich. Besonders problematisch ist dabei, dass seit Jahren immer mehr Wohnraum aus der Sozialbindung fällt, während der Neubau in diesem Segment weit hinter den Bedarfen zurückbleibt.
Gelöst werden müssen darüber hinaus die spezifischen Zugangsprobleme wohnungsloser Menschen auf den Wohnungsmärkten. Eine rein quantitative Ausweitung des Wohnungsangebots allein löst die Zugangsschwierigkeiten dieser Menschen mit ihren zum Teil komplexen Problemlagen nicht. Die Verfügbarkeit adäquaten Individualwohnraums ist für die Zielgruppe nicht nur eine Mengenfrage, sondern vielmehr eine Frage der Verteilung und eben des des Zugangs zu diesem Wohnraum.
Daneben sind aber auch eine Reihe weiterer Maßnahmen nötig, um die bereits hohe Zahl obdach- und wohnungsloser Menschen wieder mit eigenem, mietvertraglich abgesichertem Wohnraum zu versorgen und so ein weiteres Ansteigen der Wohnungslosenzahlen zu verhindern. Hierzu zählen verstärkte Anstrengungen bei der Prävention von Wohnungsverlusten, zum anderen aber auch die Entwicklung bedarfsgerechter Hilfen, um wohnungslose Menschen dabei zu beraten, wie sie wieder eine Bleibe finden können.
Im Bereich der Prävention stellt neben der Beratung und persönlichen Unterstützung bei bedrohten Mietvertragsverhältnissen die Übernahme von Mietschulden durch einen Sozialleistungsträger das zentrale Instrument gegen den Wohnungsverlust dar. Hier sollte vor allem die Umsetzung des Fachstellenkonzepts vorangetrieben werden, um die vor Ort zumeist unterschiedlichen Kompetenzen zur Vermeidung von Wohnungsverlusten besser zu bündeln.
Die vom Deutschen Verein im Herbst 2022 verabschiedeten Empfehlungen zum Housing First-Ansatz in den Wohnungsnotfallhilfen greifen ein Thema auf, dass eine zunehmend wichtigere Rolle als neuer Hilfeansatz spielt. Aktuell gilt es, die weiteren Entwicklungen auf kommunaler und Landesebene, aber auch auf Bundesebene zu beobachten und kritisch zu begleiten. Hierzu haben wir 2023 eine Reihe von Maßnahmen zur „Umsetzungsbegleitung Housing First“ initiiert, die auch 2024 fortgeführt werden sollen.
Die Intention ordnungsrechtlicher Unterbringung ist es, kurzfristig eine akute Notlage zu beheben. Die Ergebnisse der Wohnungslosenberichterstattung des Bundes zeigen aber, dass wohnungslose Menschen meist sehr lange in diesem Unterbringungssystem bleiben und schwer Zugang zu Mietwohnungen finden. Daher gilt es, die Durchlässigkeit des ordnungsrechtlichen Unterbringungssektors hin zum System sozialer Hilfen und hier vor allem den Zugang zu weiterführenden persönlichen Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII weiter zu stärken, um Wohnungslosigkeit zu beheben und ihr Wiederauftreten nachhaltig zu vermeiden.
Hamburg (epd). Mit einem Tag der offenen Tür hat das „marianne-doell-haus“ Ende Oktober in Altona sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Die Einrichtung der „hoffnungsorte hamburg“ bietet wohnungslosen Frauen ein vorübergehendes Zuhause, die Mitarbeitenden stehen mit ihnen in engem, ermutigendem Kontakt, wie Susanne Rohrmann im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) berichtet. Rohrmann bildet mit Andrea Mauritz das hauptamtliche Leitungsduo. Zusätzlich arbeiten bis zu vier Ehrenamtliche in dem nach einer verstorbenen Obdachlosen benannten Haus.
In der Hospitalstraße 66 bieten zehn teilmöblierte Ein-Zimmer-Apartments wohnungslosen Frauen für maximal ein Jahr ein Zuhause. Schwangerschaft oder ein noch nicht schulpflichtiges Kind seien kein Ausschlusskriterium, „wir nehmen keine nassen Alkoholikerinnen auf, bei sämtlichen Drogenvergangenheiten ist eine abgeschlossene Langzeittherapie erforderlich“, sagt Rohrmann. Weitere Aufnahmekriterien seien ein gesicherter Aufenthaltsstatus, keine Substitution und Deutschkenntnisse. „Psychisch erkrankte Frauen müssen über ausreichende Krankeneinsicht verfügen, um besonders in Krisensituationen adäquat für sich sorgen zu können.“
Jeder Aufnahme gehe ein Gespräch voraus. „Wir lassen uns sehr gründlich erzählen, wie das Leben bis hier und heute verlaufen ist.“ Das sei nötig, um später erkennen zu können, wie es um die Entwicklung jeweiliger Probleme stehe. „Das Entscheidende ist, dass wir thematisch am Ball bleiben, nachfassen, anschieben“, sagt Rohrmann. „Wir behalten alle Problematiken im Blick. Übersteigt etwas unsere Möglichkeiten, verweisen wir an Beratungsstellen.“
Frauen, die das Haus aufsuchen, stammen laut Rohrmann häufig aus fragwürdigen Mitwohngelegenheiten, aus Frauenhäusern oder Notunterkünften. „Die Frauen haben teils absurde Lebensläufe hinter sich, mit viel Gewalt und brüchigen Lebenssituationen.“
Verändert hätten sich in den 25 Jahren Alter und Herkunft der Bewohnerinnen. „Das Durchschnittsalter ist um fünf Jahre gestiegen“, aktuell liege es bei Ende 30, sagt Rohrmann. Habe zu Beginn geschätzt ein Drittel einen Migrationshintergrund aufgewiesen, seien es heute etwa 50 Prozent.
Beim Tag der offenen Tür werden zwei ehemalige Bewohnerinnen über ihre Zeit vor, während und nach dem Aufenthalt im „marianne-doell-haus“ berichten. Der Trommelkreis des „schulhafens“ der „hoffnungsorte hamburg“ musiziert, für das leibliche Wohl ist gesorgt.
Stuttgart (epd). Die Einsparungen von 700 Milionen Euro für 2024 seien nicht zu kompensieren, sagt der Geschäftsführer der zur Caritas gehörenden Organisation, Georg Münich. Die Folge wären unabsehbar, wenn die Infrastruktur der Beschäftigungsförderung von Langzeitarbeitslosen beschädigt würde: „Hilfen, wie wir sie tausendfach bundesweit bieten, stehen jetzt zur Disposition“. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Herr Münich, nicht nur im Bereich sozialer Infrastruktur wie der Integrationsberatung und der Freiwilligendienste will die Bundesregierung 2024 sparen, sondern auch bei der Finanzausstattung der Jobcenter. Um welche Summen geht es hier und was sind die Folgen?
Georg Münich: Es ist von 700 Millionen Euro die Rede, das ist die Größenordnung, die im Gesamtetat der Bundesagentur für Arbeit im kommenden Jahr eingespart werden soll. Manche Fachleute kommen gar auf 900 Millionen Euro. Einige Jobcenter haben das bereits umgerechnet und kommen auf sieben Prozent geringere Budgets. Aber unabhängig von der exakten Höhe der Kürzungen ist klar, dass sie dramatische Folgen für langzeitarbeitslose Menschen haben werden. Menschen, die lange aus dem Job sind, kann man nicht mit einer Schnellbleiche wieder fit für den Arbeitsmarkt machen. Es braucht qualifizierte Hilfen, wie wir sie tausendfach bundesweit bieten, und die stehen jetzt zur Disposition.
epd: Haben Sie bereits Beispiele, wie die Jobcenter ihre Ausgaben einschränken werden?
Münich: Ja, vereinzelt liegen schon Zahlen vor. Grundsätzlich muss man wissen, dass der Bund zwar die Kürzungen von oben herab vorgibt, aber jedes Jobcenter letztlich für sich entscheidet, welche Gelder und damit Projekte oder Maßnahmen wegfallen. Das macht es schwer, die Folgen vor Ort zu beschreiben, denn die künftige Förderlandschaft bleibt sehr heterogen.
epd: Aber es gibt schon vereinzelte konkrete Hinweise für die Umsetzung?
Münich: Ja. Der Caritasverband für Frankfurt am Main hat mitgeteilt bekommen, wie das zuständige Jobcenter nun plant. Demnach wird der Eingliederungstitel, also die Gelder für Fördermaßnahmen, die auch wir als Caritas bekommen, von 54 auf 45 Millionen gesenkt. Doch das ist noch nicht alles. Denn das Jobcenter muss aus diesem Etat über 20 Millionen Euro entnehmen, um damit den eigenen Betrieb am Laufen zu halten, um also seine eigenen Verwaltungsausgaben zu decken. Das ist rechtlich auch möglich. Das heißt, unter dem Strich werden die Gelder für Langzeitarbeitslose, die wieder in Beschäftigung gebracht werden, wohl halbiert. Aus Wuppertal habe ich die Information, dass der Eingliederungstitel auf 32 Millionen Euro sinken wird. In diesem Jahr lag er bei 48 Millionen Euro. Das ist dramatisch, denn damit wird der integrative Arbeitsmarkt beschädigt. Wir meinen, soziale Betriebe müssen gestärkt werden, um möglichst vielen Menschen soziale Teilhabe zu ermöglichen.
epd: Welche Bereiche der Caritasarbeit müssen womöglich gar geschlossen werden?
Münich: Diese Kürzungen würden zu massiven Veränderungen in den Angeboten der Betreuung, Förderung, Qualifizierung und Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen führen, die ja oft wegen ihrer multiplen Hemmnisse über eine lange Zeit Hilfe brauchen. Das bekannteste Opfer könnten die Stromsparchecks sein, ein seit 2008 bewährtes Angebot. Diese Beratungen gibt es gemeinsam mit den Energieagenturen in mehr als 150 Städten und Landkreisen. Dabei helfen speziell geschulte ehemalige Langzeitarbeitslose anderen Bürgergeldbeziehern, wie sie Strom in ihren Haushalten einsparen können. Doch auch viele andere Initiativen, häufig mit Bedeutung für die Gesellschaft, müssten ihre Angebote einschränken: Soziale Kaufhäuser, Fahrradwerkstätten, Waldprojekte oder Angebote wie die das Label „EiNZIGWARE“, das aus gebrauchten Textilien und andere Materialien Upcycling-Produkte fertigt und verkauft. Ganz generell wären alle Werkstätten betroffen, die langzeitarbeitslose Menschen beschäftigen. * epd: Was passiert, wenn der Fall eintritt, dass so massiv gespart werden muss? Wie viele Jobs sind bedroht?*
Münich: Man muss es klar sagen, auch wenn es bitter ist: Im Zweifelsfall müssen wir dichtmachen. Da, wo Träger tatsächlich schließen müssen, muss geklärt werden, was mit den festangestellten Mitarbeitenden geschieht. Die haben Arbeitsverträge, und die sind bindend. Aber klar: Es kann auch Entlassungen geben, auch wenn wir das auf jeden Fall vermeiden wollen, wo man dann mit Sozialplänen arbeiten muss. Wie viele Personen das betrifft, kann man gegenwärtig noch nicht sagen, denn oft kann ja, vor allem bei größeren Trägern, eine Versetzung in ein anderes Arbeitsfeld möglich sein.
epd: Das ist der Blick auf die eigenen Mitarbeitenden, was aber sind die Folgen für die langzeitarbeitslosen Menschen?
Münich: Für die wird es womöglich keine neuen oder auch keine fortlaufenden Beschäftigungsperspektiven geben. Das gilt an allererster Stelle für die sogenannten Arbeitsgelegenheiten (AGH), besser bekannt als Ein-Euro-Jobs. Hier setzen die Jobcenter bereits den Rotstift an. Drei Beispiele zeigen die Dimensionen des Kahlschlags, die da auf die Leute zukommen: In Leipzig hat das Jobcenter die AGH für 2024 auf 350 für ganz Leipzig gekürzt - von 600 in diesem Jahr. Die Caritas hat dann nur noch zehn Plätze in ihrem Caritasladen, im Jahr 2022 waren es noch 20. In Krefeld werden wohl die AGH um die Hälfte gekürzt. Deutliche Reduzierungen wird es auch bei den Förderungen der Beschäftigten nach dem § 16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ geben. Bestehende Förderungen von Stellen, auf denen ehemalige Langzeitarbeitslose tätig sind, laufen aus, neue Plätze gibt es nicht. So hat das Jobcenter in Düsseldorf die 16i-Stellen von 200 auf 60 für 2024 reduziert. Im Landkreis Osnabrück werden keine neuen Plätze nach § 16i SGB II bewilligt.
epd: Gibt es keine alternativen Finanzierungswege, etwa über die Länder oder die Landkreise?
Münich: Nein. Das ist undenkbar, allein schon wegen der gewaltigen Summen, die hier fließen müssten. Und: Das SGB II, das die Grundlage für die Beschäftigungsförderung ist, ist eine gesetzlich geregelte Bundesleistung. Das heißt, der Bundesminister für Arbeit ist zuständig und dessen Ministerium verteilt die Gelder an die Bundesagentur für Arbeit und die dann hinab in die Jobcenter. Warum also sollten die Länder hier tätig werden? Die Rechtslage ist eindeutig. Und auch die Kommunen, die ja ohnehin kaum Geld haben, zeigen da zurecht mit den Fingern auf Berlin. Es gibt keine Wege, die ausfallenden Gelder zu kompensieren.
epd: Am 8. November wird in Berlin auf dem Platz der Republik eine Kundgebung unter Beteiligung aller großen Sozialverbände stattfinden, um gegen die Einsparungen im Sozialen zu demonstrieren. Verbinden Sie damit noch Hoffnungen, über den Bundestag die Kürzungen zumindest zu reduzieren?
Münich: Das ist eine schwierige Frage. Wenn ich sagen würde, das Ding ist durch, dann müsste ich ja meine Arbeit auf der Stelle einstellen. Wir haben sehr wohl noch die Hoffnung, dass es eine Reaktion in unserem Sinne im Bundestag gibt. Wir machen auf allen medialen Kanälen klar, dass diese Pläne die soziale Infrastruktur auf Dauer beschädigen. Wir müssen Gehör und auch Verständnis finden. Auch deshalb suchen wir ja den Kontakt zu den Medien, um die Folgen dieser Rotstiftpolitik darzustellen.
Berlin, Dortmund (epd). Ein Jahr nach dem Bundestagsbeschluss zur sogenannten Triage-Regelung bereitet die Ärztevereinigung Marburger Bund eine Verfassungsbeschwerde gegen die Änderung des maßgeblichen Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vor. Die Beschwerde richte sich gegen Verfahrensregelungen in Paragraf 5c IfSG für den Fall, dass in einem Krankenhaus aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandene überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten vorhanden seien, teilte der Marburger Bund am 2. November in Berlin mit. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, findet die Position der Ärztevereinigung widersprüchlich.
Laut Marburger Bund geht es dabei im Wesentlichen um die Frage, ob die in Paragraf 5c IfSG aufgestellten Anforderungen an Triage-Entscheidungen und Regelungen mit der grundrechtlich geschützten ärztlichen Therapiefreiheit kollidierten, sagte Susanne Johna, Vorsitzende des Verbandes der angestellten Ärzte. Bei solchen Entscheidungen versuchten Ärzte, das Überleben möglichst vieler intensivpflichtiger Patienten zu erreichen, erläuterte sie. Die neue gesetzliche Regelung widerspreche dem ärztlichen Ethos und dem Grundrecht der Berufsfreiheit.
Das im November 2022 in der Corona-Pandemie beschlossene Triage-Gesetz sieht vor, dass in Triage-Situationen medizinische Ressourcen etwa im Krankenhaus nur aufgrund „der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit“ zugeteilt werden dürfen. „Aus Diskussionen mit vielen Mitgliedern, vor allem solchen, die auf Intensivstationen und in Notaufnahmen arbeiten, wissen wir, dass die Gesetzesänderung zu Verunsicherungen auch im Hinblick auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen geführt hat“, sagte Johna.
Die Gesetzesänderung könne dazu führen, dass Menschen mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit sterben, weil sie keine intensivmedizinischen Ressourcen bekommen, die ein anderer Patient mit aktuell deutlich schlechteren Überlebenschancen habe, sagte Johna.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, „dass beim Marburger Bund und seinen ärztlichen Mitgliedern in den Krankenhäusern das ärztliche Ethos und das Grundrecht der ärztlichen Berufsfreiheit in die Beliebigkeit abzugleiten scheinen“. So stehe etwa bei der Organspende die Dringlichkeit vor der Erfolgsaussicht. Damit hätten kränkere Patienten eine höhere Priorität, ein Organ zu erhalten.
Brysch erklärte, eine Überprüfung der Regelungen im Infektionsschutzgesetz durch das Bundesverfassungsgericht sei richtig und wichtig. „Es darf nicht sein, dass Ärzte in Deutschland Therapieangebote nach jeweils individuellem Ermessen wahrnehmen.“
Kiel (epd). Nach dreijähriger Laufzeit ist das Projekt „Beratungsmobil Demenz“ der Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e.V. in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein evaluiert worden. Das Ziel sei erreicht worden: Das Projekt vor Ort habe dazu beigetragen hat, die Beratungsstrukturen im ländlichen Bereich in Schleswig-Holstein auszuweiten und zu verbessern, heißt es in einer Mitteilung des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA). Das Team der mobilen Beratung konnte die Menschen direkt vor Ort erreichen, eine niederschwellige Beratung anbieten, und so die Situation der Menschen mit Demenz und ihrer pflegenden und betreuenden An- und Zugehörigen im ländlichen Raum verbessern. Das (KDA) hat das Projektteam wissenschaftlich über den Projektzeitraum begleitet.
Die Initiative, für das ein VW Crafter umgebaut wurde, klärte vo Ort, etwa auf Marktplätzen, welche Beratungsangebote an öffentlichen Orten und/oder mobil für Menschen mit Demenz und Ihre Angehörigen bereits vorhanden sind und wo Angebote aufgebaut beziehungsweise weiter ausgebaut werden sollten. Das Auto verfügte über eine Rollstuhlrampe und bot Sitzplätze für bis zu drei Gäste.
Das Projekt wollte durch die mobile Beratung die Situation der Menschen mit Demenz und ihrer pflegenden und betreuenden An- und Zugehörigen im ländlichen Raum zu verbessern. Denn die Beratungsstruktur ist vor allem in den ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins häufig unzureichend. Die Gründe dafür lägen vorwiegend an der eingeschränkten Mobilität der Ratsuchenden und den weiten Wegen zu den Beratungsangeboten.
Zu den Aufgaben des KDA gehörte etwa die konzeptionelle Beratung zu Aufbau, Struktur und Umsetzung des Beratungsangebotes und der begleitenden Evaluation. Dazu gehörten zum Beispiel die Unterstützung bei der Erstellung und Entwicklung von Materialien, die Beratung beim Auswertungskonzept und das Angebot von Reflektions-Workshops. Die Ergebnisse werden nun der breiten Fachöffentlichkeit präsentiert, hieß es.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt können den Angaben nach auf die Demenz-Beratung in anderen ländlichen Räumen übertragen werden. Das Bundesfamilienministerium hat die Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie damit beauftragt, das Projekt der mobilen Beratung bundesweit vorzustellen, eine Erhebung zu den Beratungsangeboten zum Thema Demenz an öffentlichen Orten zu erstellen sowie eine Handlungsempfehlung aus den Ergebnissen der Abfrage abzuleiten.
Nürnberg (epd). Im Rahmen der ConSozial hat die Rummelsberger Diakonie zum zweiten Mal ihren Journalistenpreis verliehen. In diesem Jahr waren die Journalistinnen und Journalisten aufgerufen, konstruktive Beiträge aus dem sozialen Bereich einzureichen. Den ersten Preis erhielten Journalist Jan Rübel und Fotograf Sascha Montag für den Artikel „Kinder der Flucht“, erschienen am 26. Februar 2023 in der „Welt am Sonntag“, teilte die Diakonie mit.
„Tiefe und Umfang der Recherche haben uns beim Sieger-Beitrag überzeugt. Drei Jahre lang hat der Autor für die Geschichte recherchiert und die Protagonisten begleitet“, so die Begründung der Jury. Dabei sei Jan Rübel den Menschen nahegekommen und rede mit ihnen, statt über sie. „Er gibt ihnen ein Gesicht und spricht über ein Thema, in das Außenstehende sonst vielleicht keinen Einblick bekommen“, begründete die Jury. Der Beitrag habe mit seinem Tiefgang, der Aktualität und der Perspektivenvielfalt alle Jury-Mitglieder überzeugt.
Den zweiten Platz belegte Björn Stephan mit seinem Artikel „Wahre Größe“, erschienen im Geo-Magazin im Juli 2023. Es geht um das Medikament „Voxzogo“, das kleinwüchsige Kinder wachsen lassen soll. Der Autor habe es geschafft, in seinem Text alle Perspektiven aufzuzeigen, ohne Wertung und Urteil, lobte die Jury.
Eine sehr persönliche Geschichte gewann den dritten Preis: Diabetikerin Annie Heger wird früher oder später erblinden. In einer Video-Reportage von Lea Drabent und Wiebke Schmelkus für Basis:Kirche lässt sich die junge Frau dabei begleiten, wie sie sich auf ihr Schicksal bestmöglich vorbereitet. „Es handelt sich um einen Beitrag, der uns auf seine eigene Art und Weise mit auf eine Reise nimmt“, kommentierte die Jury.
Kassel (epd). Ein von einer Kommune rechtswidrig vorenthaltener Platz in einer Kita kann sich für die Eltern auch nachteilig auf das Elterngeld-Plus auswirken. Muss ein Elternteil sein schwerstbehindertes Kind wegen eines fehlenden Kitaplatzes selbst zu Hause betreuen und kann deshalb keiner Teilzeitbeschäftigung nachgehen, geht der Anspruch auf den sogenannten Partnerschaftsbonus beim Elterngeld-Plus verloren, urteilte am 26. Oktober das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.
Mit dem 2015 eingeführten Elterngeld-Plus sollten Paare beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützt werden. Nach heutigem Recht dürfen danach beide Elternteile während des Bezugs von Elterngeld-Plus bis zu 32 Wochenstunden erwerbstätig sein. Das Elterngeld-Plus ist dann halb so hoch wie das reguläre Elterngeld, kann dafür aber doppelt so lange beansprucht werden. Arbeiten beide Elternteile gleichzeitig jeweils zwischen 24 und 32 Wochenstunden, haben sie Anspruch auf weitere vier Monate Elterngeld-Plus als sogenanntem Partnerschaftsbonus. Ein Wechsel zwischen regulärem Elterngeld und Elterngeld-Plus ist jederzeit möglich.
Im aktuellen Fall wollten die Kläger, ein Anwalt und eine IT-Fachkraft, gleichzeitig Elterngeld-Plus beziehen und in Teilzeit arbeiten. Hierfür hatten sie für den 15. bis 18. Lebensmonat ihres Sohnes Elterngeld-Plus in Form des sogenannten Partnerschaftsbonusses vorläufig bewilligt bekommen. Damit die Betreuung ihres Kindes während der Teilzeitarbeit gewährleistet ist, hatten sie im August 2018 bei der Stadt Mainz einen Kitaplatz beantragt. Laut Gesetz besteht darauf ein Rechtsanspruch.
Doch die Stadt stellte erst im September 2020 einen Platz für das behinderte Kind bereit. Das hatte Folgen. Denn die Mutter konnte nicht in Teilzeit arbeiten und musste das Kind selbst in Vollzeit betreuen. Die vorläufige Bewilligung des Partnerschaftsbonusses beim Elterngeld wurde daraufhin wieder aufgehoben, weil nicht beide Elternteile gleichzeitig in Teilzeit arbeiteten. Die dagegen eingereichte Klage der Eltern hatte sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem Landessozialgericht keinen Erfolg.
Auch das BSG wies nun die Eltern ab. Zum einen hätten sie fälschlicherweise das Land verklagt. Nach Landesrecht hätte aber vielmehr die Stadtverwaltung Mainz verklagt werden müssen. Zum anderen könnten sie unabhängig davon die Partnermonate auch so nicht beanspruchen, befand das Gericht.
Denn das Bundeselterngeldgesetz sehe keinen Partnerschaftsbonus vor, wenn ein Elternteil wegen eines fehlenden Betreuungsplatzes nicht arbeiten könne. Zentrales Ziel beim Elterngeld-Plus sei, die Rollenverteilung der Eltern zu erleichtern und gleichzeitig den Jobeinstieg zu fördern. Dieses Ziel werde nicht erreicht, wenn ein Elternteil wegen der Betreuung des schwerstbehinderten Kindes zu Hause bleiben müsse.
Zwar könnten auch Alleinerziehende beim Elterngeld-Plus den Partnerschaftsbonus beanspruchen. Die Betreung des behinderten Kindes durch die Mutter und die Teilzeitarbeit des Vaters sei damit aber nicht vergleichbar.
Wollen die Kläger wegen des rechtswidrig vorenthaltenen Betreuungsplatzes Amtshaftungsansprüche gegenüber der Stadt Mainz geltend machen, bliebe ihnen nur der Weg zu den Zivilgerichten. Zu prüfen sei dann, ob die Kommune für den vorenthaltenen Partnerschaftsbonus und für entgangenen Arbeitslohn aufkommen muss, den die Mutter bei einer Teilzeittätigkeit erhalten hätte.
Am 7. September 2023 hatte das BSG beim Elterngeld-Plus zugunsten von Eltern entschieden. Danach bleibt auch bei einer längeren Krankheit eines Elternteils der Partnerschaftsbonus erhalten, auch wenn dieser krankheitsbedingt seine Teilzeitarbeit nicht fortsetzen kann. Für den Anspruch reiche es aus, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die Tätigkeit später voraussichtlich wieder aufgenommen wird.
Zur Begründung verwiesen die obersten Sozialrichter auf das Ziel der Leistung, Eltern mit Teilzeitbeschäftigung wirtschaftlich abzusichern. Dem würde es widersprechen, wenn das Elterngeld-Plus bei unvorhersehbaren Ereignissen wie eine Erkrankung wegfällt. Insbesondere der Anreiz für die Partnerschaftsmonate wäre dann erheblich geringer.
Allerdings hatte das BSG am 18. März 2021 ebenfalls entschieden, dass - wie beim regulären Elterngeld - auch beim Elterngeld-Plus das Krankengeld teilweise mindernd angerechnet werden kann. Nur das Basiselterngeld bleibe den Eltern auf jeden Fall erhalten. Mittlerweile hat der Gesetzgeber hier nachgebessert. Nun bleibt das Krankengeld beim Elterngeld-Plus für alle ab dem 1. September 2021 geborenen Kinder anrechnungsfrei.
Az.: B 10 EG 1/23 R und B 10 EG 2/23 R (Partnerschaftsbonus, Kitaplatz)
Az.: B 10 EG 2/22 R (Partnerschaftsbonus, Krankheit)
Az.: B 10 EG 3/20 R (Elterngeld Plus, Krankengeld)
Essen (epd). Jobcenter können bei Eheleuten oder eigentragenen Lebenspartnern nicht immer von einem gemeinsamen Haushalt mit Einsparpotenzialen ausgehen. Besteht kein gemeinsamer Haushalt, darf die Behörde beim frühere Arbeitslosengeld II und heutigem Bürgergeld nicht von der für Ehepaare geltenden niedrigeren Regelbedarfsstufe 2 ausgehen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am 25. Oktober veröffentlichten Urteil.
Im Streitfall ging es um einen Lanzeitarbeitslosen, der mit einem anderen Mann eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen war. Beide waren auf Hilfeleistungen vom Jobcenter angewiesen. Sie lebten allerdings in unterschiedlichen Haushalten in zwei Städten.
Das Jobcenter gewährte dem Kläger zwar für den Zeitraum September 2019 bis August 2020 Arbeitslosengeld II, aber nur nach der für Ehepaare geltenden niedrigeren Regelbedarfsstufe 2. Der Arbeitslose erhielt daher 2019 monatlich 42 Euro und 2020 dann 43 Euro weniger als ein alleinstehender Langzeitarbeitsloser, für den die Regelbedarfsstufe 1 gilt.
Die Behörde begründete dies damit, dass bei Eheleuten und damit auch eingetragenen Lebenspartnern von einem gemeinsamen Zusammenleben auszugehen sei. Nur wenn ein Paar dauernd getrennt lebe und ein Trennungswille vorhanden sei, komme die Regelbedarfsstufe für Alleinstehende in Betracht. Der Kläger und sein Partner wollten sich aber nicht trennen. Mittlerweile wurde die gesetzliche Formulierung des „dauernd getrennt leben“ allerdings ersatzlos gestrichen.
Ohne Erfolg verwies der Kläger darauf, dass er und sein Partner zwei Haushalte bildeten. Ein „Wirtschaften aus einem Topf“ und damit verbundene Einsparpotenziale bestünden nicht, so seine Argumentation. Sie hätten sich im Streitzeitraum auch fast gar nicht gesehen. Zum einen sei das coronabedingt gewesen, zum anderen sei sein Lebenspartner wegen einer psychischen Erkrankung stationär behandelt worden.
Das LSG sprach ihm die höhere Regelbedarfsstufe für Alleinstehende zu. Allerdings gelte der Kläger nicht als „dauerhaft getrenntlebend“, weil er sich gar nicht trennen wolle. Auch liege eine Bedarfsgemeinschaft vor, so das Gericht.
Dennoch stünden ihm ausnahmsweise Hilfeleistungen für Alleinstehende zu. Denn könnten Eheleute oder eingetragene Lebenspartner wegen zweier unterschiedlicher Haushalte nicht mehr aus einem Topf wirtschaften und liege damit die Bedarfslage eines Alleinstehenden vor, könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die höhere Regelbedarfsstufe 1 begründet sein.
Az.: L 12 AS 1372/22
Celle, Bremen (epd). Jobcenter müssen nach einer Entscheidung des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen für Schwerbehinderte unter Umständen auch teurere Wohnungen zahlen. Wenn behindertengerechte Wohnungen besonders schwer zu finden seien, müssten sie auch Kosten oberhalb der Angemessenheitsgrenze übernehmen, befand das Gericht. Der Beschluss wurde am 23. Oktober in Celle veröffentlicht.
In dem Eilverfahren verpflichtete das Gericht das Jobcenter Bremen, eine Miete zu übernehmen, die mit 1.425,60 Euro über der Grenze von 1.353 Euro liegt. Eine alleinstehende Frau aus Bremen hatte dies beantragt. Sie hat den Angaben zufolge fünf Kinder im Alter von 9 bis 22 Jahren. Der älteste Sohn ist schwerbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Nach langer Suche fand die Familie eine barrierefreie Wohnung in passender Größe. Die Zentrale Fachstelle Wohnen in Bremen befürwortete die Anmietung.
Bisher lebt die Familie laut dem Gericht in einer 83 Quadratmeter großen Vier-Zimmer-Wohnung. Weil diese im ersten Stock liegt, muss der Sohn durch das Treppenhaus getragen werden, wenn er die Wohnung verlassen will. Das Landessozialgericht führte in seinem Beschluss aus, die höheren Kosten seien aufgrund der familiären Besonderheiten angemessen. Wohnungen für Menschen mit Behinderung seien ebenso Mangelware wie solche für viele Personen.
Auch das Argument des Jobcenters, die Mutter habe vorher eine andere geeignete Wohnung abgelehnt, ließ das Landessozialgericht nicht gelten. Der schwerbehinderte Sohn müsse deshalb nicht in einer ungeeigneten Wohnung bleiben.
Az.: L 13 AS 185/23 B ER
Mannheim (epd). Einem sechsjährigen jesidischen Mädchen aus dem Irak droht bei einer Abschiebung keine Zwangsverheiratung. Selbst wenn das bei jesidischen Frauen angenommen werden müsste und staatliche Behörden keinen Schutz dagegen bieten könnten, würde die Zwangsverheiratung nur Frauen im heiratsfähigen Alter treffen, entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in einem am 27. Oktober veröffentlichten Urteil. Zudem gebe es keine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“, dass die klagende Sechsjährige eine Gruppenverfolgung fürchten und ihr deshalb Flüchtlingsschutz gewährt werden müsse, betonten die Mannheimer Richter.
Das Kind war 2019 zusammen mit ihrer Tante und einem Onkel aus dem Irak nach Deutschland geflohen. Ihre Eltern blieben dort. Das Mädchen gehört zu den Jesiden an, die 2014 vom Völkermord durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) betroffen war.
Während das Verwaltungsgericht Freiburg dem unter der Vormundschaft der Stadt Freiburg stehenden Kind Flüchtlingsschutz zusprach, hob der VGH diese Entscheidung nun auf. Weder haben das Kind Anspruch auf eine Flüchtlingsanerkennung wegen einer drohenden Gruppenverfolgung noch könne ihr der eingeschränkte subsidiäre Flüchtlingsschutz gewährt werden. Auch Abschiebungshinderninsse bestünden nicht, befand das Gericht.
Es fehle an einer „flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr“ im Irak, urteilte der VGH. Eine systematische Verfolgung durch den militärisch besiegten IS oder durch radikal-islamische Milizen finde im Irak nicht statt.
Eine Zwangsverheiratung, die einen Flüchtlingsschutz begründen könnte, drohe ihr ebenfalls nicht. Selbst wenn man unterstellen würde, dass jesidische Frauen zwangsverheiratet und staatliche Behörden das nicht unterbinden würden, wäre die Klägerin zunächst nicht betroffen. Denn das Mädchen sei noch nicht im heiratsfähigen Alter. Dass im Verlauf ihres Lebens eine Zwangsheirat drohen könnte, sei bloße Spekulation, so das Gericht.
Der Klägerin drohe bei einer Rückkehr zu ihren Eltern auch keine willkürliche Gewalt oder ein anderer ernsthafter Schaden. Ein subsidiärer Schutz könne daher ebenfalls nicht gewährt werden. Gründe für ein Abschiebungsverbot bestünden nicht, hieß es.
Az.: A 10 S 373/23
Stuttgart (epd). In das ehemalige Pflegezentrum Schönberg in Stuttgart dürfen nach einem Gerichtsurteil nun doch geflüchtete Menschen einziehen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart lehnte entsprechende Eilanträge gegen eine Umnutzung des Gebäudes als Flüchtlingsunterkunft ab, wie das Gericht am 24. Oktober mitteilte. Die Kläger hatten unter anderem argumentiert, dass größere Flüchtlingsunterkünfte ein erhebliches Konfliktpotential für die Nachbarschaft mit sich brächten, weil dort meist schwer traumatisierte Geflüchtete untergebracht seien.
Der Betrieb in dem Pflegezentrum war 2019 eingestellt worden. Die Landeshauptstadt Stuttgart wollte in dem Gebäude daraufhin 101 Plätze für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen - allerdings befristet auf drei Jahre, weil der Eigentümer ab 2026 ein neues Pflegeheim eröffnen will. Eine entsprechende Baugenehmigung für die befristete Umnutzung als Asylunterkunft hatte die Landeshauptstadt Stuttgart im März 2023 beantragt - und im Sommer 2023 auch erhalten. Anwohner reichten daraufhin Klage ein.
Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts urteilte, dass die behaupteten Beeinträchtigungen voraussichtlich nicht erheblich über das Maß dessen hinausgehen, was ein Nachbar hinzunehmen habe. Zwar dürften die Antragsteller mit ihrer Einschätzung recht haben, dass sich der Charakter ihres Wohnumfeldes durch die Flüchtlingsunterkunft verändern werde. Das öffentliche Baunachbarrecht schütze den Eigentümer aber nicht vor jeder „Charakterveränderung“ der Umgebung seines Grundstücks oder Gebäudes.
Az.: 6 K 4851/23
Luxemburg (epd). Patientinnen und Patienten können eine erste Kopie ihrer Patientenakte kostenfrei verlangen. Erst für ein zweites Duplikat dürfen Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser einen Geld verlangen, urteilte am 26. Oktober der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Lxemburg. Anderslautende deutsche Regelungen verstießen gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), so das Gericht.
Im Streitfall ging es um einen Patienten aus dem Raum Köthen in Sachsen-Anhalt. Der hatte den Verdacht, dass seiner Zahnärztin ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Um dem nachgehen zu können, verlangte er von der Zahnärztin untentgeltlich eine Kopie seiner Patientenakte. Nach deutschem Recht können Patienten zwar durchaus eine Kopie verlangen. Ärzte und Kliniken können dafür allerdings einen Kostenersatz fordern. Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Dieser legte den Fall dem EuGH zur Prüfung vor (AZ: VI ZR 1352/20).
Der stellte nun fest, „dass in der DSGVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen“. Ärzte und Krankenhäuser könnten ein Entgelt erst dann verlangen, wenn ein Patient später eine weitere Kopie verlangt.
Die Zahnärztin gelte im vorliegenden Fall als „Verantwortliche“ für die Daten ihrer Patienten. Daher sei sie verpflichtet, dem Patienten eine erste, vollständige Kopie kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die enthält etwa Informationen zu Diagnosen, Befunde der behandelnden Ärzte oder Angaben zu Behandlungen. Der Antrag auf eine kostenfreie erste Kopie müsse auch nicht näher begründet werden, befand der EuGH. Anderweitige deutsche Regelungen verstießen gegen die Datenschutzgrundverordnung.
Az.: C-307/22
Koblenz (epd). Die Gründerin der Frauenrechtsorganisation Solwodi, die katholische Ordensschwester Lea Ackermann, ist tot. „Sie hat sich unermüdlich dafür eingesetzt, dass gerade die Gruppe der besonders vulnerablen Frauen - Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte und mit Gewalterfahrungen - Unterstützung erhalten und eine Stimme bekommen“, sagte die Solwodi-Vorsitzende Maria Decker am 2. November in Koblenz. „Wir werden sie und ihr Charisma sehr vermissen, und wir werden ihr Andenken hochhalten, indem wir uns mit der gleichen Kraft und Energie weiterhin für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder einsetzen.“ Ackermann starb den Angaben zufolge im Alter von 86 Jahren in Trier.
Ackermann wurde am 2. Februar 1937 im saarländischen Völklingen geboren. Nach einer Banklehre arbeitete sie sieben Jahre lang bei der saarländischen Landesbank. 1960 trat sie in den Orden der „Missionsschwestern unserer lieben Frau von Afrika“ ein. Als Ordensfrau studierte sie Theologie, Psychologie und Pädagogik und promovierte in München in Erziehungswissenschaft. Für ihren Orden war sie in Ruanda und Kenia in der Lehrerausbildung tätig. In Kenia gründete sie 1985 auch den Verein Solwodi, dessen Abkürzung für „Solidarity with Women in Distress“ („Solidarität mit Frauen in Not“) steht. Die Organisation begann damit, Frauen beim Ausstieg aus der Zwangsprostitution zu unterstützen.
Im Jahr 1987 folgte dann die Gründung des deutschen Ablegers, der zunächst seinen Sitz im rheinland-pfälzischen Boppard hatte und mittlerweile von Koblenz aus tätig ist. Der Verein betreut in Not geratene Frauen psychisch, gesundheitlich sowie juristisch und verhilft ihnen zu einem Neuanfang. „Heute durchzieht ein Netz von 21 Fachberatungsstellen und 14 Schutzeinrichtungen und Wohnprojekten das Land“, teilte Solwodi mit. Jährlich würden über 2.000 Frauen und ihre Kinder beraten und begleitet.
„Ihre Durchsetzungskraft, ihre Entschlossenheit und ihr Engagement waren legendär“, erklärte Solwodi. „Wenn es um von Gewalt betroffene Frauen ging, dann war sie nicht an Regeln oder Konventionen gebunden, dann war ihr kein Anruf zu viel, kein Weg zu weit, um sich mit aller Kraft für die Frauen einzusetzen.“ Für ihr Engagement erhielt die Ordensschwester unter anderem 2012 das Große Bundesverdienstkreuz und 2014 den Augsburger Friedenspreis.
Zwar hatte Ackermann im Juli 2020 die Leitung von Solwodi abgegeben, jedoch engagierte sie sich danach etwa in der von ihr gegründeten Lea-Ackermann-Stiftung weiter. Die Unternehmerin und Wirtschaftsprofessorin Ulrike Detmers hatte das Grundstockvermögen der Stiftung in Höhe von 25.000 Euro gespendet. Ziel der Stiftung ist es, Kindern und Jugendlichen in Afrika und weltweit aus Situationen, die sie in ihrer Entwicklung hindern, zu helfen.
Lea Ackermann war laut Solwodi schon länger gesundheitlich angeschlagen und daher vor wenigen Wochen in das Seniorenzentrum nach Trier gezogen. Dort sei sie nach einer Operation aus der Narkose nicht mehr aufgewacht. Ackermann werde in Trier beigesetzt.
Daniela Broda von der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) steht weiterhin an der Spitze des Deutschen Bundesjugendrings (DBJR). Die Delegierten der Dachorganisation der Jugendverbände und Landesjugendringe in Deutschland haben Broda am 28. Oktober in Berlin bestätigt. Sie führt den DBJR in ihrer zweiten Amtszeit weiterhin in einer Doppelspitze mit Wendelin Haag, dem Bundesvorsitzenden der Naturfreundejugend Deutschlands. Daniela Broda ist studierte Sozialpädagogin und arbeitet seit 2016 bei der aej, zunächst als Projektleiterin bei der Weltausstellung Reformation in Wittenberg. Seit 2017 leitet sie in der Geschäftsstelle des evangelischen Jugendverbandes in Hannover das Referat für Kinder- und Jugendpolitik. Die aej vertritt als Dachorganisation die Interessen der evangelischen Jugend in Deutschland auf Bundesebene. 3
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, ist mit dem Katharina-Zell-Preis 2023 des Landesverbands Evangelische Frauen in Hessen und Nassau ausgezeichnet worden. Bentele spreche für viele Frauen, die von Benachteiligung, Ungleichbehandlung und Kürzungen betroffen sind, teilte der Verband in Darmstadt mit. Verena Bentele verkörpere „Zuversicht, Ausdauer und Vertrauen“, sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, in ihrer Laudatio. Der undotierte Katharina-Zell-Preis, ein silbernes Flugblatt, wird seit 2016 jährlich vergeben. Er erinnert an die elsässische theologische Autorin und Reformatorin Katharina Zell, geborene Schütz (um 1497-1562), die unter anderem Streitschriften verfasste und sich für Flüchtlinge einsetzte.
Thomas Wülle, Dipolm-Kaufmann, hat die Geschäftsführung im Marienhospital Stuttgart übernommen. Er folgt auf Markus Mord, der das Haus nach zehn Jahren als Geschäftsführer auf eigenen Wunsch verlassen hat. Wülle ist seit 2021 als Referent der Ordensleitung im Kloster Untermarchtal. Zuvor war er 21 Jahre Geschäftsführer eines Unternehmens im südlichen Ruhrgebiet.Die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul sind Träger der gemeinnützigen Gesellschaft Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH, der auch das Marienhospital Stuttgart angehört.
Dieter Adler bleibt Vorstandsvorsitzender des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerkes (DPNW). Ebenso bestätigte die Mitgliederversammlung die zweite Vorsitzende Claudia Reimer im Amt. Die Kassengeschäfte führt nun die Frankfurter Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin Sevgi Meddur-Gleissner. Als Beisitzer wurden Sabine Kaiser, Norbert Cremer und Georg Moerschner gewählt.
Michael Stübgen, Innenminister in Brandenburg (CDU), hat den Negativpreis „Abschiebeminister 2023“ erhalten. Der studierte evangelische Theologe nahm die kritische Auszeichnung am 26. Oktober in seinem Ministerium in Potsdam persönlich entgegen. Die Initiative „Jugendliche ohne Grenzen“ hatte die Preisvergabe insbesondere mit Plänen zum Bau eines Abschiebezentrums am Flughafen BER in Schönefeld begründet. Von dort sei künftig mit Sammelabschiebungen „im großen Stil“ zu rechnen, erklärte die Initiative. Zudem sei eine massive Zunahme sogenannter Flughafenasylverfahren zu erwarten, bei denen keine faire Prüfung von Fluchtgründen möglich sei.
Ulrich Wagner, emeritierter Marburger Professor, hat den Deutschen Psychologie Preis 2023 erhalten. Wagner forscht seit Jahrzehnten zu den Themen Migration und Integration. In diversen Studien befasste sich der Sozialpsychologe gemeinsam mit seinem Forschungsteam mit der Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Geflüchteten. Er konnte dazu beitragen, dass Kontakt zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturkreise heute als Mittel zur Reduktion von Vorurteilen, Diskriminierung und Gewalt in Präventionsprogrammen eingesetzt wird. Thordis Bethlehem, Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen, sagte, Wagner habe gezeigt, „dass man Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit Integrationsangeboten und interkultureller Kompetenz begegnen kann. Herauszustellen ist hier vor allem seine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Leiter des Wissenschaft-Praxis-Projekts ‚Einsicht - Marburg gegen Gewalt‘.“ Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vergeben.
Margot Wolf aus Hamburg hat am 2. November das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihr langjähriges Engagement im Bereich der Armen- und Obdachlosenhilfe erhalten. Wolf ist mehr als zwölf Jahre (2006-2018) Geschäftsführerin des CaFée mit Herz gewesen, das obdachlosen, sozial benachteiligten und arbeitslosen Menschen auf St. Pauli hilft und sie mit Kleidung sowie Speisen und Getränken versorgt. „Damit leistete sie einen wichtigen Beitrag für die Integration vieler Menschen, denen es aufgrund der Unterstützung im CaFée mit Herz gelang, gesellschaftlich Fuß zu fassen“, sagte Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD).
8.11. München:
Seminar „Pflegesatzverhandlungen in der stationären Altenhilfe Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 0221/2093-0
8.-9.11. Berlin:
Seminar „Grundlagen 'Positive Führung' - wertschätzend und zukunftsorientiert führen“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/2758282-21
13.11. Nürnberg:
Fortbildung „Antimuslimischer Rassismus in der Gemeinwesen- und Quartiersarbeit“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
14.11.:
Online-Kurs „Die Richtigen finden - Erfolgreich Mitarbeitende für Caritas-Organisationen gewinnen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
16.11.:
Online-Seminar „Das operative Geschäft: Steuerung und Controlling in der Eingliederungshilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
16.-17.11. Würzburg:
Jahreskongress der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO)
Tel.: 069/6773289400
21.11. Essen:
der Diözesan-Caritasverbände Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn
Tel.: 0201/81028-0
22.11.:
Online-Kurs „In der Krise den Überblick behalten - Krisenkommunikation (nicht nur) in caritativen Organisationen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
27.11. Nürnberg:
Fachtag „Demenz und Sterben“
der Rummelsberger Diakonie und mehrerer Partner
Tel.: 0911/891205-30
27.-29.11. Berlin:
Seminar „Gesunde Führung - Fehlzeiten reduzieren und Mitarbeitende motivieren“
Tel.: 030/26309-139
27.-29.11. Loccum:
Tagung „Zuwanderung von Fachkräften in den Gesundheits- und Pflegeberufen“
der Evangelischen Akademie Loccum
Tel.: 05766/81-103
Dezember
4.12.:
Fachtagung „Stand und Weiterentwicklung von Housing First in den Wohnungsnotfallhilfen“
Tel.: 030/62980-606