die katholische Kirche habe eine historische Chance vertan, sagt ein enttäuschter Hubertus Heil. Der Bundesarbeitsminister wollte einen bundesweit flächendeckenden Tarifvertrag für die Altenpflege einführen. Nun hat die Caritas die von ihr erhoffte Zustimmung verweigert, obwohl der neue Tarifvertrag die Lohnkosten der kirchlichen Sozialbetriebe nicht in die Höhe getrieben hätte. Aber die Kirche will weiter ihrern eigenen Weg gehen.
Das Prostitutionsverbot während der Corona-Pandemie heizt die Debatte über ein generelles Sexkaufverbot an. Die Arbeit von Prostituierten sei menschenunwürdig und frauenfeindlich, sagen die einen. Die Gegner eines Verbots argumentieren, Verbote trieben die Sexarbeiterinnen in die Illegalität. Davon ist auch Maria Loheide vom Vorstand der Bundesdiakonie überzeugt. Ein gemeinsames Papier der Diakonie in Karlsruhe und Bordellbetreibern sorgt für Aufregung.
Es gibt nach wie vor zu wenige Sozialwohnungen - und ihre Zahl sinkt weiter: 43.000 Wohnungen fallen nach Angaben des Bundesbauministers Horst Seehofer jedes Jahr aus der Sozialbindung heraus, während derzeit nur 25.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu hinzukommen. Die Mieten steigen weiter. Trotzdem zog er eine "stolze Bilanz" der Wohnungspolitik. Verbände wie der Deutsche Mieterbund fordern einen sofortigen Mietenstopp für sechs Jahre.
Diakonie und Caritas sind in Sorge, dass trotz Reihen-Impfungen und einem deutlich verbesserten Schutzkonzept auch in diesem Jahr viele Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen an Corona sterben könnten. Ohne personelle Hilfen von außen seien insbesondere die Tests von Besucherinnen und Besuchern nicht zu leisten. Caritas-Präsident Peter Neher warnt davor, dass die Personalnot in den Heimen noch größer werden könnte.
Ob jemand eine Conterganrente bezieht, spielt für die Berechnung von Hartz-IV-Leistungen keine Rolle. Die Rente der Conterganstiftung erfülle "im Wesentlichen eine Entschädigungsfunktion für Betroffenen". Durch sie sollten entgangene Lebensmöglichkeiten ausgeglichen werden. Deswegen müsse die Conterganrente nicht zur Deckung existenzsichernder Mehrbedarfe eingesetzt werden, entschied das Landessozialgericht NRW.
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Markus Jantzer
Freiburg, Paderborn (epd). Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für bessere Löhne in der Pflege ist weiter nicht in Sicht. Der Deutsche Caritasverband hat dem geplanten Verfahren am 25. Februar seine Zustimmung verweigert, wie die Arbeitgeber- und die Mitarbeiterseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK) des Verbandes mitteilten. Die Zustimmung beider kirchlichen Sozialverbände, Caritas und Diakonie, ist die Voraussetzung zu dem Verfahren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der auf Antrag den Tarifvertrag auf die gesamte Branche erstrecken wollte, sprach von einer bitteren Nachricht für die Pflegekräfte.
Heil sagte in Berlin, er könne die Kirchen nicht auf den Weg des Tarifvertrags zwingen, "aber ich bin enttäuscht, dass man diese historische Chance nicht genutzt hat." Er verlangte, die Finanzierung aus der Pflegeversicherung von Tarifbindung abhängig zu machen und forderte die Diakonie auf, "zumindest ein positives Signal zu setzen für einen neuen Anlauf". Die Verhandlungen würden dann von vorn beginnen, so Heil. Er wolle sich mit einem Scheitern nicht abfinden.
Die Kommission der Caritas hatte darüber abzustimmen, ob ein zwischen der DGB-Gewerkschaft ver.di und der Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) geschlossener Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt werden soll. Er hätte den bisherigen Branchenmindestlohn ersetzt.
Der Sprecher der Arbeitgeberseite in der Kommission, Norbert Altmann, erklärte, die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit sei nicht erreicht worden. Man wisse um die Bedeutung der Entscheidung und habe sie sich nicht leicht gemacht. Die ARK der Caritas ist paritätisch mit je 31 Vertretern der Dienstgeber- und der Mitarbeiterseite besetzt, die Abstimmung erfolgte geheim.
Die Mitarbeiterseite warf der Arbeitgeberseite vor, den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Caritas zu beschädigen. Ihr Sprecher, Thomas Rühl, erklärte: "Ein allgemeinverbindlicher Tarif Altenpflege hätte für Tausende zumeist bei privaten Anbietern beschäftigte Menschen ein Ende von Dumpinglöhnen bedeutet". Das sei nun ausgerechnet an den Dienstgebern der Caritas gescheitert.
Caritas-Präsident Peter Neher betonte die Unabhängigkeit der Arbeitsrechtlichen Kommission. Er nehme deren Entscheidung "zur Kenntnis", erklärte er. Unabhängig davon werde sich sein Verband weiter für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege einsetzen, versicherte Neher. Für die Diakonie erklärte Personalvorstand Jörg Kruttschnitt, die Arbeitsrechtliche Kommission seines Verbandes werde sich am 26. Februar mit der Frage eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags befassen.
Scharfe Kritik kam von ver.di. Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte, die Caritas handele "in krassem Widerspruch zu ihren eigenen Aussagen und Werten". Verlierer seien die 1,2 Millionen Beschäftigten in der Pflege: "Nach dem Klatschen kommt die Klatsche", sagte Bühler mit Blick auf die Belastung der Beschäftigten in der Corona-Krise. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sprach von einer Entscheidung der Arbeitgeber gegen bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen. Kritik kam auch von der Linken und den Grünen, die von einer vertanen Chance sprachen.
Die privaten Pflege-Arbeitgeber begrüßten den Beschluss der Caritas-Kommission. Der Präsident des bpa Arbeitgeberverbands, Rainer Brüderle, erklärte, die ARK der Caritas habe trotz hohen politischen Drucks ein Bekenntnis zur grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie sowie zur Arbeit der Pflege-Mindestlohnkommission abgegeben. Die privaten Pflege-Anbieter lehnen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag ab. Sie kritisieren außerdem, dass die BVAP und ver.di nur eine Minderheit der Beschäftigen repräsentieren und es deshalb nicht dazu kommen dürfe, dass der Altenpflege-Tarifvertrag für die gesamte Branche verbindlich sei.
Berlin (epd). Damit es in der Altenpflege einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag geben kann, müssen die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie zustimmen. Die Caritas hat sich jedoch am 25. Februar dagegen entschieden. Von der Diakonie wurde ein Beschluss am 26. Februar erwartet. Abgestimmt wird in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen (ARK) der Verbände, die jeweils zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitgeberseite und der Arbeitnehmerseite besetzt sind. Bei den Kirchen und ihren Verbänden heißen sie Dienstgeber und Dienstnehmer.
Die Kommissionen stimmen nicht über den Tarifvertrag selbst ab, auf den sich die DGB-Gewerkschaft ver.di und die 2019 gegründete Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP) am 1. Februar dieses Jahres verständigt haben. Sie stimmen nur darüber ab, ob der Tarifvertrag durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Altenpflege für allgemeinverbindlich erklärt werden und damit den bisherigen Branchenmindestlohn ersetzen soll.
Dass beide kirchlichen Verbände dem Verfahren zustimmen müssen, hat damit zu tun, dass sie mit insgesamt rund 300.000 Beschäftigten die größten Arbeitgeber in der Branche sind und dass sie bei der Tariffindung eigene Wege gehen. Die Kirchen und ihre Sozialverbände Caritas und Diakonie verhandeln die Löhne für die Beschäftigten autonom in ihren Arbeitsrechtlichen Kommissionen.
Angesichts der Personalnot setzen sich die Spitzen von Caritas und Diakonie für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in der Pflege ein und fordern von der Politik, die Finanzierung zu klären. Am 22. Februar hatte sich der Sprecher der Arbeitgeberseite bei der Caritas, Norbert Altmann, gleichwohl gegen eine Zustimmung zu einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung ausgesprochen und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, er plädiere dafür, die Mindestbedingungen für Arbeitskräfte in der Pflege weiterhin über die Pflege-Mindestlohnkommission zu regeln, die bisher die Lohnuntergrenzen festlegt.
Dass die im Tarifvertrag von ver.di und dem BVAP ausgehandelten Mindestentgelte höher sind, ist nicht der Knackpunkt für die kirchlichen Arbeitgeber. Denn mit ihren eigenen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) - die Tarifverträgen in etwa entsprechen, ein Streikrecht aber ausschließen - liegen Caritas und Diakonie über diesem Tarifvertrag. Einem Teil der Dienstgeber geht es vielmehr darum, dass der autonome Weg der Kirchen bei der Lohnfindung nicht infrage gestellt wird. Denn auch Caritas und Diakonie müssten den Tarifvertrag anwenden, wenn in einer ihrer Einrichtungen geringere Löhne gezahlt würden.
Der Tarifvertrag zwischen ver.di und dem BVAP soll am 1. August in Kraft treten. Er sieht vor, die Mindeststundenentgelte für alle Pflegekräfte in der Altenpflege in vier Schritten zu erhöhen und die Schlechterstellung der Beschäftigten in Ostdeutschland zu beenden. Die Stundenlöhne der Pflegehelferinnen und -helfer wären mit 12,40 Euro höher als der dann geltende Mindestlohn von 11,80 Euro (West). Im Osten ist die Differenz etwas größer. Die Mindeststundenentgelte für examinierte Pflegekräfte lägen ab August bei 16,10 Euro und damit ebenfalls über dem von Juli an bundesweit geltenden Mindestlohn für Fachkräfte von 15 Euro pro Stunde. Der Tarifvertrag sieht außerdem den Anspruch auf mindestens 28 Urlaubstage pro Jahr und ein zusätzliches Urlaubsgeld von mindestens 500 Euro vor.
Die BVAP ist ein Zusammenschluss von Pflegeanbietern und Wohlfahrtsverbänden. Das Bündnis wurde unter anderen vom Arbeiter-Samariter-Bund, der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Volkssolidarität gegründet. Die privaten Pflege-Arbeitgeber wollen gegen den Tarifvertrag klagen. Der Arbeitgeberverband Pflege will gerichtlich die Tarifunfähigkeit von ver.di in der Altenpflege feststellen lassen, weil nur ein sehr kleiner Teil der Pflegekräfte ver.di-Mitglieder sind. Hätte er Erfolg, wäre der Tarifvertrag nichtig.
Frankfurt a.M. (epd). Sie ist eigentlich "in Altersteilzeit". In normalen Zeiten arbeitet Monika (Name geändert) drei Tage in der Woche als Prostituierte in einer bayerischen Stadt. "Aber jetzt bin ich im zweiten Lockdown", sagt die 55-Jährige. Das Bordell, in dem sie ein Zimmer nutzt, ist geschlossen. Sie verdient kein Geld, hat aber ein Auskommen. "Ich bin verheiratet und werde von meinem Mann unterstützt." Für viele ihrer Kolleginnen sei die Lage aber sehr prekär: "Die wissen kaum, wie sie überleben sollen." Eine Einschätzung, die Maria Loheide vom Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland bestätigt. "Viele Sexarbeiterinnen verlieren derzeit ihre Existenzgrundlage."
Damit geht es den Prostituierten in der Corona-Krise ähnlich wie Friseurinnen, Kosmetikerinnen und Gastronomen - aber sie haben weniger Möglichkeiten, an Hilfsgelder zu kommen. Ihr Gewerbe gilt als anrüchig und ist moralisch umstritten. Bereits Anfang vergangenen Jahres forderten mehrere Bundestagsabgeordnete, darunter der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, in einem Brief an die Ministerpräsidenten ein "generelles Sexkaufverbot": In Bordellen sei das Infektionsrisiko hoch und sie könnten sich zu Superspreadern entwickeln. Die Arbeit von Prostituierten sei zudem menschenunwürdig und frauenfeindlich. Nach dem nordischen Modell sollten Freier und Zuhälter bestraft werden und nicht die Sexarbeiterinnen.
Dabei ist umstritten, ob das Sexkaufverbot wie in Schweden dazu beiträgt, Prostitution einzudämmen. "Für die Wirksamkeit des nordischen Modells gibt es keine Belege", sagt Loheide. Und Renate Jachmann-Willmer, Bundesgeschäftsführerin beim Sozialdienst katholischer Frauen, stimmt zu: "Ein Sexkaufverbot nutzt weder den Frauen, die freiwillig in der Prostitution arbeiten, noch denen, die Zwang und Gewalt ausgesetzt sind." Verbote trieben die Sexarbeiterinnen vielmehr in die Illegalität. Das mache es deutlich schwerer, den Frauen zu helfen. Die evangelische Diakonie und der Sozialdienst katholischer Frauen bieten bundesweit Beratung und Hilfen an.
Auch die Beratungsstelle P.I.N.K. in Freiburg erhält jetzt mehr Anfragen von Prostituierten in finanzieller Not. "Die aufsuchende Unterstützung, die wir sonst in den Bordellen oder Clubs machen, ist derzeit nicht möglich", sagt Gründerin und Leiterin Simone Heneka. Daher finde die Beratung oft per Telefon oder Video-Chat statt. Auch Heneka lehnt ein Sexkaufverbot ab. "Die Menschen, in erster Linie Frauen, die wir in Bordellen treffen, arbeiten unter unterschiedlichen Bedingungen: von souverän und selbstständig bis hin zu sehr arm und sehr abhängig." Ihnen sei aber gemeinsam, dass sie gesellschaftlich ausgegrenzt, diskriminiert und stigmatisiert werden.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Ende 2019 rund 40.400 Sexarbeiterinnen und mehr als 2.000 Bordelle oder Clubs offiziell gemeldet. Diese Prostituierten haben Anspruch auf soziale Grundsicherung. Aber die Dunkelziffer liegt weit höher. Laut Schätzungen arbeiten bis zu 400.000 Frauen in Deutschland in der Prostitution.
Elke Winkelmann ist Zweite Vorsitzende des Bundesverbandes Sexuelle Dienstleistungen und betreibt das Freudenhaus Hase in Berlin. Die sieben Zimmer, die dort sonst von Sexarbeiterinnen genutzt werden, stehen jetzt leer. "Dabei hatten wir im vergangenen Jahr ein gutes Hygienekonzept erarbeitet", berichtet sie. Als angemeldetes Unternehmen werden dem Freudenhaus 80 Prozent seiner Gewerbekosten vom Staat als Corona-Hilfe bezahlt. "Ich habe aber seit einem Jahr kein Einkommen", klagt Winkelmann. Die selbstständigen Sexarbeiterinnen hätten auch meist keine Einnahmen.
Monika will in Bayern in ihrem alten Job weiterarbeiten, sobald die Politik den Lockdown beendet. "Ich bin ein ganz normaler Mensch und mache das seit 30 Jahren freiwillig." Auch ihr Mann und ihre erwachsene Tochter wüssten davon und akzeptierten die Tätigkeit.
Berlin (epd). Im Lockdown sind auch die Bordelle geschlossen. Für Sexarbeiterinnen fallen damit die Verdienstmöglichkeiten weg, Prostitution wird zum Teil in die Illegalität gedrängt. In den Beratungsstellen der Diakonie steigt die Nachfrage. Was ist zu tun? Die Fragen stellte Michael Ruffert.
epd sozial: Frau Loheide, wie stellt sich die Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern im Corona-Lockdown aus Sicht der Diakonie da?
Maria Loheide: Die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter befinden sich derzeit in einer sehr prekären Lage. Die Bordelle sind im Lockdown geschlossen, Prostituierte dürfen nicht arbeiten. Sie verlieren praktisch ihre Existenzgrundlage und mitunter sogar ihre Wohnung. Darüber hinaus bekommen sie auch keine Hilfsgelder, weil sie in der Regel keine Grundsicherung beantragen können. Es ist zu befürchten, dass Frauen deshalb gezwungen sind, in der Illegalität weiter zu arbeiten, was es für sie sehr gefährlich macht.
epd: Welche Hilfsangebote gibt es für Prostituierte?
Loheide: Die Diakonie unterstützt Prostituierte schon sehr lange. Jetzt im Lockdown ist der Beratungsbedarf noch dringender und weit höher. Aber wegen der Kontaktbeschränkungen müssen alternative Wege gesucht werden: digital, per Telefon oder Videochat. Wir unterstützen die Frauen etwa dabei, Hilfe zu bekommen, ihre Existenz und Gesundheit zu sichern. Oder auf eine andere Tätigkeit umzusteigen und auszusteigen.
epd: Es gibt erneut eine politische Debatte, Bordelle generell geschlossen zu lassen und nach dem nordischen Modell ein Sexkaufverbot zu erlassen. Wie steht die Diakonie dazu?
Loheide: Aus unserer Sicht verhindern Verbote keine Prostitution. Sie wandert dann in die Illegalität. Dort sind die Frauen extrem gefährdet, viel eher Zwang und Gewalt ausgesetzt. Für unsere Beratungsstellen sind die Frauen kaum noch zu erreichen, um sie über ihre Rechte, eine gute Gesundheitsversorgung und Ausstiegsmöglichkeiten aufzuklären. Ein Sexkaufverbot ist keine Lösung und bringt nur Nachteile für die Frauen. Vielmehr muss es darum gehen, die bereits bestehenden Gesetze gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution konsequent umzusetzen.
Karlsruhe (epd). Verstößt Prostitution gegen die Menschenwürde und sollte verboten werden? Ob ein Sexkaufverbot sinnvoll ist, wird höchst kontrovers diskutiert. Ein Positionspapier der Diakonie Karlsruhe hat zu heftigen Diskussionen geführt. Dass das Papier "Zur Situation von Prostitution in Karlsruhe" gemeinsam mit Prostitutionsstätten verfasst wurde, kritisierte etwa der Landesfrauenrat Baden-Württemberg als "frauenverachtendes Vorhaben". Der Verband zeigte sich irritiert darüber, dass die Diakonie mit Bordellbesitzern verhandle und ein "Gütesiegel" für Bordelle befürworte.
Die Initiative "Karlsruhe gegen Sexkauf" schreibt in einem sechsseitigen Offenen Brief: "Mit der Kooperation der Diakonie mit den Profiteuren der Prostitutionsszene hat sich die evangelische Kirche in Baden von ihrer Schutzpflicht vollständig verabschiedet." Die Diakonie fungiere als "Stütze dieser Industrie, die die Würde der Frauen tagtäglich mit Füßen tritt".
Dies bezeichnet der Direktor der Diakonie Karlsruhe, Pfarrer Wolfgang Stoll, als "Verleumdungskampagne". Mit Unterstellungen und Halbwahrheiten werde versucht, die Arbeit des Diakonischen Werkes in Karlsruhe zu diskreditieren, sagte Stoll dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anderslautende fachliche Positionen, die sich gegen ein Sexkaufverbot aussprechen, sollten zum Schweigen gebracht werden.
"Grundsätzlich befürworten wir Prostitution nicht, akzeptieren sie aber als eine nach geltender Rechtslage legale Tätigkeit", sagt Stoll. Allerdings gebe es "erhebliche Defizite" bei der Anwendung des Prostituiertenschutzgesetzes von 2017. Daher müsse alles getan werden, um die Situation der Frauen und Männer in der Prostitution zu verbessern.
Dass ein Verbot die Prostitution nicht verhindere, sondern in die Illegalität treibe, habe sich in der Corona-Pandemie deutlich gezeigt. "Zwang und Gewalt müssen enden. Daher sprechen wir auch mit Bordellbetreibern", so der Theologe. In dem Papier gehe es weder um eine formale Kooperation noch um eine Zertifizierung. Allerdings habe er die Dimension der ideologischen Auseinandersetzung unterschätzt. Aus heutiger Sicht würde er einiges anders formulieren.
In dem Papier verpflichten sich Prostitutionsstätten und Sexarbeiterinnen zu einer freiwilligen Einhaltung von Standards. Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Frauen seien etwa ein Mindestalter von 21 Jahren und Deutsch- oder Englischkenntnisse. Den Frauen sollte zudem ein niederschwelliger Zugang zu einer festen Wohnung und zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht werden, hieß es.
In die Debatte hat sich auch das Diakonische Werk der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Dachverband, eingeschaltet. Sie fordere eine sachliche gesellschaftliche Diskussion über das Thema, sagt Diakoniechef Urs Keller. Es gebe unterschiedliche Auffassungen dazu, wie die Frauen am besten vor Zwangsprostitution und Menschenhandel geschützt werden könnten. Hier könnten die Kirchen eine Plattform für die gesellschaftliche Diskussionen bieten.
Beim sogenannten Sexkaufverbot geht es vor allem um das sogenannte "Nordische Modell". Danach werden Kunden für den Kauf von Sex bestraft, die Prostituierten bleiben straffrei. 1998 hatte Schweden im Zuge einer Offensive gegen Gewalt an Frauen und für Gleichberechtigung eine entsprechende Gesetzesnovelle eingeleitet. Ob dies Prostitution verhindert oder nur verlagert, wird in Studien unterschiedlich bewertet.
Zwar könne ein Verbot ein Zeichen gesellschaftlicher Missbilligung setzen, heißt es beim Deutschen Institut für Menschenrechte. Dieses werde die Bedingungen für die Frauen jedoch nicht ändern. Empfohlen wird stattdessen der Ausbau eines niedrigschwelligen Zugangs zur Gesundheitsversorgung, die Finanzierung von Fachberatung, Ausstiegsangebote, Sensibilisierung der Jugendhilfe sowie die Durchsetzung der bestehenden Strafgesetze.
Frankfurt a.M. (epd). Lea Nachtigall aus Unterfranken hat heute mal wieder eine Art Großkampftag zu bewältigen. Die Medizinerin arbeitet derzeit viel im Homeoffice. Während sie ihrer Arbeit nachgeht, hat sie immer ein Auge auf ihren Sohn, einen Drittklässler mit Autismus-Spektrum-Störung, der gerade von seiner Schule auf Distanz unterrichtet wird. Außerdem muss sie ihre fünf Jahre alten Zwillinge beschäftigen, denn die Kita hat pandemiebedingt zu. Und dann ist noch der Haushalt zu erledigen. "In solchen Situationen hätte ich gerne, ähnlich einer Krake, viele Arme, die alle Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen können", sagt die 36-Jährige mit einem Seufzen. Zum Glück ist nicht jeder Tag für sie so turbulent. Morgen muss wieder Papa ran.
Nachtigalls Mann hat es nie infrage gestellt, dass Vatersein auch bedeutet, Erziehungs- und Hausarbeit zu übernehmen. "Wir teilen uns alles auf", sagt seine Frau. Dennoch gibt es einen großen Unterschied: Während das, was Lea Nachtigall tut, als normal angesehen wird, erhält ihr Mann für dieselbe Arbeit dickes Lob. "Geht er mit unseren drei Kindern auf den Spielplatz, bekommt er zu hören, wie großartig das sei, dass er so etwas macht", schildert die Ärztin. Ist sie mit ihren Kindern unterwegs, würde niemand auf die Idee kommen, ihr dafür Lob zu zollen. Frauen hätten nun mal Kinder zu betreuen. So wie sie auch "automatisch" für Pflege zuständig seien.
Hier kommt auf die Gesellschaft in Deutschland ein riesiges Problem zu: Immer mehr Ältere müssen von immer weniger Jüngeren versorgt werden. Das gehe unmöglich, wenn auch weiterhin fast nur Frauen pflegen, sagt Bodo de Vries, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Johanneswerks, eines Sozialdienstleisters aus Bielefeld. Doch bisher gelinge die Einbindung von Männern in pflegerische Sorgearbeit nur "äußerst zögerlich".
Junge Frauen seien "extrem belastet", beobachtet Helga Hinse vom Verein "Mütterforum Baden-Württemberg". Das finde sie "bedrückend". Zum Equal Care Day am 1. März fordert die fünffache Großmutter ein "Lebenszeitkonto". Damit sollten Frauen und Männer die Freiheit haben, in den zehn bis 15 Jahren, in denen sehr viel Familienarbeit zu stemmen ist, zum vollen Gehalt weniger Stunden in ihrem Beruf zu arbeiten. Und das auch "ohne Nachteile für ihre Karriere oder ihre Rente". Als Gegenleistung sollten sie erst später in Rente gehen können.
Andrea König leitet das in Nürnberg angesiedelte "forum frauen im Amt für Gemeindedienst" der evangelischen Landeskirche in Bayern. Frauen, die Kinder erziehen oder Familienmitglieder pflegen, seien bei der Rente gravierend benachteiligt, sagt die Theologin: "Brüche in der Erwerbsbiografie und fehlende Anerkennung von Pflegezeiten führen zu Lücken in der Alterssicherung." Es drohe Altersarmut.
Vor Jahrhunderten schon sei eine romantische Vorstellung zum Dogma gemacht worden, die Frauen bis heute in die Sorgearbeit hineindränge, sagt die Münchner Soziologin Maria Rerrich: Pflegen sei etwas, was jede Frau könne. Und es sei etwas, das angeblich aus Liebe geschehe - und darum nichts mit dem "schnöden Mammon" zu tun haben kann. In der Initiative "CareMachtMehr" kämpft Rerrich gegen solche Mythen an. Die Initiative fordert ein "Care Mainstreaming". Das heißt: Bei allen politischen Entscheidungen sollen die Auswirkungen auf Menschen, die Care-Tätigkeiten leisten oder die Pflege benötigen, berücksichtigt werden.
Jahrelang häuslich zu pflegen, sei im Lebensentwurf vieler Pflegender nie vorgesehen gewesen, sagt Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg. Die Menschen pflegten auch deshalb selbst, weil sie sich eine bedarfsdeckende, professionelle Pflege kaum leisten könnten. Der Gerontologe und Sozialexperte fordert daher, dass Pflegebedürftige Pflegedienste kostenlos in Anspruch nehmen dürfen - genauso wie Patienten einen Arzt aufsuchen, ohne für die Leistungen zu bezahlen. Auch bräuchte es ein Ersatzeinkommen für häuslich Pflegende, sagt Klie.
Bremen (epd). Der Beitrag der Frauen für die Gesellschaft wird nach Ansicht der Bremer Soziologin Sonja Bastin unterschätzt - auch deshalb, weil Frauen oft unbezahlte Arbeit leisten. "Das Bruttoinlandsprodukt lässt die komplette private und ehrenamtliche Sorgearbeit unberücksichtigt", sagte Sonja Bastin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dazu zählen insbesondere die Erziehung eigener Kinder, Hausarbeit und die Pflege von Angehörigen. Bastin gehört der Initiative "Equal Care Day" an, die sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit einsetzt.
Durch die Corona-Pandemie ziehe Sorgearbeit mehr als sonst öffentliches Interesse auf sich, sagte sie. Pflege wurde für "systemrelevant" erklärt. "Die Krise zeigt, wie abhängig wir von Sorgearbeit sind", erklärte Bastin. Dennoch ändere sich nichts Grundlegendes an der ungleichen Verteilung der Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern. Hartnäckig hielten sich Rollenstereotype.
Derzeit nähmen Stereotypisierungen sogar massiv zu, kritisierte Bastin. Zwar werde in Kitas und Schulen versucht, solche Klischees aufzubrechen. Aber um Stereotypisierungen wirklich etwas entgegensetzen zu können, bräuchte es dort viel mehr Personal, das in gendersensibler Pädagogik geschult ist.
Gerade Westdeutschland sticht laut der Wissenschaftlerin am Bremer "Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik" mit sehr hohen Erwartungen an die Mutterrolle hervor. Dies sei insbesondere seit der Industrialisierung so: "Damals wurde sozusagen entschieden, dass Arbeit in dem einen Bereich bezahlt und von Männern verrichtet und in dem anderen Bereich nicht bezahlt und von Frauen erledigt wird." Bis heute werde Sorgearbeit als "romantisierte Privatsache" Frauen zugeschrieben - denn die könnten das ja, einfach weil sie Frau sind.
Wissenschaftlich gelte es längst als ein Trugbild, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts fähiger als Männer seien, sich um Kinder, Kranke und Alte zu kümmern. Menschen, sagte Bastin, werde beigebracht, was für eine Frau oder für einen Mann als "normal" gelte: "So sollen Männer nach wie vor leistungsorientierte Haupternährer sein." Nach Überzeugung der Soziologin würden jedoch viele Männer gern mehr Sorgearbeit leisten.
"Wir stecken weltweit in einer Care-Krise", betonte sie. Die professionelle Pflege leide "unter einem existenzbedrohlichen Fachkräftemangel". Es sei daher höchste Zeit, Sorgearbeit endlich gerecht unter den Geschlechtern zu verteilen.
Berlin (epd). Obwohl die Zahl der Sozialwohnungen immer noch sinkt und die Mieten weiter steigen, haben Bund, Länder und Kommunen eine positive Bilanz der vor gut zwei Jahren gestarteten Wohnraumoffensive gezogen. Besonders zufrieden zeigte sich am 23. Februar in Berlin Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU). Er sprach von einer "stolzen Bilanz" und wehrte sich gegen den Vorwurf, er rechne die Zahlen schön. Der kam unter anderem von der Opposition.
Insgesamt sei im Wohnungsbau mehr geleistet worden als in den Jahren zuvor, sagte Seehofer. 300.000 neue Wohnungen seien allein 2020 fertiggestellt worden. Das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode werde man schaffen, erklärte Seehofer. Zwar seien bisher nur 1,2 Millionen Wohnungen fertig, räumte er ein, doch lägen 770.000 weitere Baugenehmigungen vor.
Dass es zu wenige Sozialwohnungen gibt, bestreitet Seehofer ebenso wenig wie alle anderen Beteiligten. 43.000 Wohnungen fielen jedes Jahr aus der Sozialbindung heraus, bestätigte der Bauminister, während derzeit nur 25.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu hinzukämen. Deshalb müsse man über ein mehrjähriges Programm zum Sozialwohnungsbau nachdenken. Diese Bundesregierung habe jedenfalls mit einer Grundgesetzänderung dafür gesorgt, dass der Bund überhaupt wieder in die Förderung des Sozialwohnungsbaus eingestiegen sei, betonte Seehofer.
Nach unterschiedlichen Angaben gibt es zwischen 1,14 (Ende 2019) und 1,18 Millionen Sozialwohnungen. Unstrittig ist, dass der Bestand in den letzten Jahrzehnten drastisch abgenommen hat; allein seit den frühen 2000er Jahren hat er sich mehr als halbiert. Der Bund fördert in dieser Legislaturperiode den Sozialwohnungsbau mit fünf Milliarden Euro und bis 2024 jährlich weiterhin mit einer Milliarde Euro. Das ist eine der Verabredungen des Wohngipfels vom September 2018 im Kanzleramt, zu dem nun, knapp zweieinhalb Jahre später, bei einem virtuellen Treffen Bilanz gezogen wurde. Zu den Maßnahmen zählen eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus, das Baukindergeld, die Nachbesserung von Mietspiegeln, die Verlängerung der Mietpreisbremse, die Erhöhung des Wohngelds sowie Baulandmobilisierung und die Beschleunigung von Verfahren.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verlangte noch mehr Tempo im Wohnungsbau und ein dauerhaftes öffentliches Engagement. Er bekräftigte die Forderung der SPD nach 100.000 neuen Sozialwohnungen im Jahr bei 400.000 zusätzlichen Wohnungen insgesamt. Insbesondere der genossenschaftliche und kommunale Wohnungsbau müsse mehr werden, sagte Scholz.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte nur von einer "Zwischenbilanz" der Wohnraumoffensive reden und verteidigte den Berliner Mietendeckel. In vielen deutschen Großstädten forderten Initiativen inzwischen einen Mietenstopp, sagte er. Die Mieter bräuchten eine Atempause. Es sei zwar viel erreicht worden mit der Wohnraumoffensive, doch sei beim Wohnungsbau und der Regulierung des Marktes auch noch viel zu tun, betonte Müller und nannte die geplante Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten, bei der die SPD im Bundestag gegen den Widerstand der Union und des Bauministeriums derzeit nicht vorankommt.
Anlässlich des Bilanztreffens von Bund, Ländern und Kommunen äußerten sich Opposition und zahlreiche Verbände überwiegend kritisch. Die Diakonie Deutschland sprach von einer ernüchternden Bilanz. In Ballungsgebieten fänden selbst Normalverdiener keine bezahlbare Wohnung mehr, erklärte Vorstandsmitglied Maria Loheide. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Caren Lay, meinte, die Bilanz sei kein Grund zum Feiern. Am Ende der Legislaturperiode werde es 160.000 Sozialwohnungen weniger geben als am Anfang. Der Sozialverband VdK erklärte, damit Wohnen wieder bezahlbar werde, reiche bauen nicht aus. "Wir brauchen eine dauerhafte Sozialbindung bei Mietwohnungen", forderte VdK-Präsidentin Verena Bentele.
Der Deutsche Mieterbund fordert in einer gemeinsamen Kampagne mit Gewerkschaften und Sozialverbänden einen sofortigen Mietenstopp für sechs Jahre. Die Mieten müssten für diese Zeit bundesweit eingefroren werden, erklärte das Bündnis am 19. Februar in Berlin. Ausnahmen sollte es dem Präsidenten des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zufolge nur bei der Vermietung von Neubauten und für Vermieter geben, die Mieten von weniger als 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen.
Berlin (epd). Es sind deutliche Sätze des Bundesverfassungsgerichts, die dem Gesetzgeber seit nunmehr einem Jahr bei einem schwierigen Thema Kopfzerbrechen bescheren. "Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen", urteilten die Karlsruher Richter am 26. Februar 2020. Der zweite folgenreiche Satz daraus: "Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen." Damit kippte das höchste deutsche Gericht das Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Hilfe bei der Selbsttötung, das vor allem auf Sterbehilfeorganisationen zielte.
Ihnen wollte der Bundestag 2015 per Strafrecht die rechtliche Grundlage entziehen. Damit ging er zu weit, stellte das Bundesverfassungsgericht klar. Für den Gesetzgeber hieß das, er stand wieder am Anfang seiner Bemühungen, den als unmoralisch empfundenen Organisationen beizukommen. Inzwischen gibt es erste Initiativen für eine Neuregelung aus dem Parlament. Ob es noch in dieser Wahlperiode zu einer Neuregelung kommt, ist aber offen.
Denn die Voraussetzungen haben sich mit dem Urteil des Verfassungsgerichts seit 2015 wesentlich geändert. Karlsruhe lehnt es ab, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben von Krankheit oder Alter abhängig zu machen - Bedingungen, die 2015 selbst Entwürfe pro Suizidassistenz formulierten. Karl Lauterbach (SPD), damals federführend beteiligt am Vorschlag einer Erlaubnis für ärztliche Hilfe beim Suizid, sagte kürzlich, ihn habe das weitgehende Urteil selbst überrascht.
Diesmal hat sich Lauterbach mit der FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr auf der Suche nach einer Neuregelung zusammengetan. Ende Januar präsentierte die parteiübergreifende Gruppe - mit dabei ist auch die Linken-Politikerin Petra Sitte - ihren Entwurf. Er sieht vor, Suizidassistenz möglich zu machen, indem Ärzte auch für diesen Zweck anders als jetzt entsprechende Mittel verschreiben dürfen. Voraussetzung soll eine verpflichtende Beratung mit bestimmten Fristen sein.
In eine ähnliche Richtung geht ein weiterer Vorschlag der Grünen-Politikerinnen Katja Keul und Renate Künast. Beide Entwürfe, würden sie eine Mehrheit im Bundestag erhalten, wären die Grundlage für ein erstes liberales Sterbehilfe-Gesetz in Deutschland, wo man vor Regelungen wie in den Niederlanden oder Belgien bislang zurückgeschreckt ist.
Im Bundestag gibt es deswegen auch Widerspruch zu den Plänen. Der Kirchenbeauftragte der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, gehört zu einer weiteren überfraktionellen Gruppe, die über eine Regelung in anderer Richtung berät. Sie wolle sicherstellen, "dass insbesondere auch die Selbstbestimmung verletzlicher Gruppen, etwa von Kindern oder Kranken gewahrt bleibt und keine gesellschaftliche Normalisierung der Selbsttötung die Menschen unter äußeren Druck setzt", sagte er dem epd.
Dabei müsse es auch noch einmal um den Ausbau der Hospiz- und Palliativmedizin sowie das Vertrauen in Medizin, Pflege und gute Beziehungen im persönlichen Umfeld gehen. "Wir müssen eine Gesellschaft werden, in der niemand Angst vor dem Älterwerden haben muss", betont Castellucci. Der Abgeordnete stört sich auch an dem breiten Beratungsnetz, das der Entwurf von Helling-Plahr und Lauterbach vorsieht: "Es darf nicht sein, dass man leichter Hilfe bei der Selbsttötung bekommt als einen Platz in der Tagespflege."
Castellucci und auch der CDU-Politiker Michael Brand halten es nach eigener Aussage für vernünftiger, der Debatte auch in der Gesellschaft mehr Zeit einzuräumen. "Es wäre jedenfalls eine menschliche und politische Katastrophe, wenn wir durch Mangel an Sorgfalt am Ende eine Regelung hätten, die ein fragwürdiges Schutzkonzept mit lebensgefährlichen Risiken bei der Selbstbestimmung zur Folge hätte", sagte Brand, einer der federführenden Politiker bei der Regelung 2015, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Damit ist offen, ob es in der mit der Bundestagswahl im September zu Ende gehenden Wahlperiode überhaupt noch zu einer Neuregelung kommt. Eine Lesung der vorliegenden Entwürfe im Bundestag ist noch nicht terminiert.
Berlin (epd). Otto Fricke gehört zu den Initiatoren eines der beiden bereits veröffentlichten Vorschläge zur Reform der Sterbehilfe. Der Haushaltspolitiker, früher Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erklärt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), was ihn dazu bewogen hat, wie seine liberale Haltung mit seinem Glauben zusammenpasst und warum er glaubt, dass legale Sterbehilfe sogar Leben schützen kann. Die Fragen stellte Corinna Buschow.
epd sozial: Herr Fricke, Sie gehören zu den ersten Unterzeichnern eines Entwurfs für eine Regelung der Suizidassistenz. Was hat Sie dazu bewogen?
Otto Fricke: Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes haben wir die Notwendigkeit, etwas zu tun. Wir haben jetzt eine Nichtregulierung, die dazu führt, dass alle in Unsicherheit gelassen werden: diejenigen, die leiden, und diejenigen, die beraten und helfen. Außerdem finde ich es richtig, darüber zu reden. Es gibt in unserer Gesellschaft Hemmungen, sich mit Fragen des Todes zu beschäftigen. Deswegen muss man mehr darüber sprechen. Auch mein christlicher Glaube spielt hier eine Rolle.
epd: Wie passt ihr Vorschlag, der Suizidassistenz vor allem ermöglichen will, damit zusammen? Viele Kirchenvertreter sind skeptisch. Sie sagen, das Leben ist ein Geschenk Gottes, das der Mensch nicht von sich aus zurückgeben soll.
Fricke: Als jüngerer Abgeordneter dachte ich selbst noch anders. Ich war damals eher der Meinung, wir kommen hier an den Kernbereich, wo Leben absolut geschützt werden muss. Die Frage ist aber weniger, wie ich das selbst sehe. Ich wäre sehr viel defensiver bei der Frage, ob ich Suizidassistenz für mich in Anspruch nehmen würde. Aber ich muss unterscheiden zwischen dem Christen als Individuum und dem Christen als Parlamentarier. Wenn der Herrgott mich in die Position als Gesetzgeber gestellt hat, kann ich nicht nur überlegen, was für mich richtig ist, sondern für die Gesellschaft.
epd: Und das ist?
Fricke: Ich sehe das so: Man darf die Nächstenliebe nicht zu einer aufgedrängten Nächstenhilfe machen. Und wenn man mit dem Geschenk des Lebens argumentiert, muss ich auf der anderen Seite auch auf die Lebensverlängerung schauen.
epd: Wie meinen Sie das?
Fricke: Wir haben heute in weitem Maß Möglichkeiten zur Verlängerung des ursprünglich gottgegebenen Lebens. Dabei müssen wir auch erkennen, dass pure Lebensverlängerung kein Lebensschutz ist, jedenfalls solche nicht, die man nur ausübt, weil man es kann. Auch die Ärzteschaft hat nach meiner Wahrnehmung den Widerspruch erkannt, der entsteht, wenn medizinischer Fortschritt immer längeres Leben, damit aber auch immer längeres Sterben ermöglicht.
epd: In Ihrem Gesetzesvorschlag spielen Ärzte die zentrale Rolle. Sie könnten künftig die tödlich wirkenden Mittel verschreiben. Was macht Sie sicher, dass die das überhaupt wollen?
Fricke: Ich bemerke einen Generationswechsel - weg vom Paradigma, dass der Arzt um jeden Preis Leben erhalten soll, hin zu dem, dass der Arzt ein möglichst gutes Leben ermöglichen soll. Bei mir haben sich in letzter Zeit viele Ärzte gemeldet. Sie wollen eine Regelung, auf der anderen Seite aber auch, dass sie durch eine Regelung nicht zu sehr eingeengt werden. Was klar ist: Kein Arzt soll gezwungen werden, Hilfe bei der Selbsttötung zu leisten.
epd: Es wird also zwei Sorten von Ärzten geben?
Fricke: Ich hoffe, dass sich die Ärzteschaft nicht spaltet - in die, die das Leben erhalten, und die, die es beenden. Der Arzt sollte weiter ständiger Begleiter seiner Patienten sein, im Leben und im Sterben. Ein ethisches Dilemma sehe ich aber, über das wir noch reden müssen: Je mehr ein Arzt bestimmte Eingriffe vornimmt, desto mehr Erfahrung und fachliche Kompetenz hat er. Das gilt in allen Bereichen der Medizin, genauso auch hier.
epd: Ihr Gesetzentwurf sieht eine verpflichtende Beratung vor. Wer soll die machen?
Fricke: Das Bundesverfassungsgericht schreibt uns vor, dass wir den freien Willen nicht beeinflussen, sondern stärken sollen, egal in welche Richtung er geht. Also brauche ich Leute, die beispielsweise auf mögliche kurzsichtige Entscheidungen eingehen - wie den 19-Jährigen mit Liebeskummer. Die konkrete Ausgestaltung der Beratungsstellen würde aber bei den Ländern liegen. Bundesberatungsstellen passen nicht ins deutsche System. Deswegen muss das Gesetz auch zustimmungspflichtig durch den Bundesrat sein.
epd: Sehen Sie auch die Kirchen als mögliche Anbieter solcher Beratung?
Fricke: Ja, es wäre ein Weg für die Kirchen, ihr Angebot zu machen. Es wird beim Aufbau dieses Beratungssystems, wenn es so kommt, auch darum gehen, ob es seelsorgerliche Begleitung gibt oder nicht. Ich finde ausdrücklich: ja. Da sind im Gesetzentwurf aus meiner Sicht noch Änderungen möglich.
epd: Einer der umstrittensten Punkte bei der Sterbehilfe ist der Umgang mit Minderjährigen. Wie sehr ringen Sie persönlich damit?
Fricke: Sehr, aber wenn man das Bundesverfassungsgericht ernst nimmt, kann man sie nicht ausschließen. Das Urteil lässt aber zu, dass die Anforderungen bei Minderjährigen viel, viel höher sind, auch wenn wir 16-Jährigen teilweise immer mehr Rechte geben. Altersbegrenzungen müssen differenziert nach dem Schutzzweck festgelegt werden. Bestimmte Dinge kann man mit 16, andere nicht. Wählen kann man dann meiner Meinung nach. Die Inanspruchnahme von Suizidassistenz geht nur in Ausnahmen.
epd: Wer soll darüber entscheiden?
Fricke: Nach unserem Vorschlag muss bei der Beratung beurteilt werden, ob ein autonomer Wille vorliegt oder ob derjenige entwicklungspsychologisch nicht reif für diese Entscheidung ist. Klar wäre für mich aber, dass ein Berater erst einmal sagt, wenn er einen 16-Jährigen vor sich hat: Eigentlich geht das noch nicht.
epd: In der evangelischen Kirche wird gerade darüber gestritten, ob Suizidassistenz auch in kirchlichen Häusern möglich sein soll. Manche wünschen sich Klauseln im Gesetz, um das auszuschließen. Wie sehen Sie das?
Fricke: Das finde ich schwierig. Meiner Meinung nach sollte das eher in den Verträgen der einzelnen Häuser festgehalten werden. Ich sehe diesen Ausschluss mit der Konsequenz, dass jemand dann die Einrichtung verlassen muss, kritisch. Das wäre das typische Alleinlassen und damit seelsorgerlich das Falsche.
epd: Gerade in den Kirchen wird befürchtet, dass durch das Angebot der Suizidassistenz der Druck auf Alte und Schwache wächst, dieses auch in Anspruch zu nehmen. Was entgegnen Sie?
Fricke: Diese Annahme basiert auf einem sehr schlechten Menschenbild. Sie geht davon aus, dass die Gesellschaft mehrheitlich einen solchen Druck laufen lassen würde statt sich ihm zu widersetzen. Vielleicht habe ich da ein bisschen mehr Gottvertrauen in meine Mitbürger. Es ist nach allem, was ich aus den Niederlanden weiß, eher so, dass die Möglichkeit zur Suizidassistenz Menschen die Angst nimmt, zu lange leiden zu müssen. Es ist doch so: Wenn ich gesellschaftlich bewusst mache, dass es den Weg der Suizidassistenz gibt, sage ich Leidenden: Ihr habt nicht nur den Weg der Illegalität. Und auf dem legalen Weg kann man sich jederzeit umentscheiden. Es ist also sogar eine Chance, Leben zu schützen.
epd: Es gibt inzwischen einen eigenen Gesetzesvorschlag von Strafrechtlern, die auch eine Aufweichung der Tötung auf Verlangen fordern. Sie argumentieren, Suizidassistenz komme nicht für jeden infrage. Bleibt die aktive Sterbehilfe für Sie ein Tabu?
Fricke: Tabus gibt es nur für Gesetze, die gegen die Verfassung verstoßen. Dennoch bin ich nicht bereit, diese Frage im Zusammenhang mit diesem Gesetz zu diskutieren. Wenn der Gesetzgeber versucht, für jeden Fall Vorausschau zu betreiben, macht er durch eine Überbelastung mit Spezialfällen die bessere Beherrschung des Alltäglichen kaputt.
Berlin (epd). Die Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will mit übrig gebliebenen AstraZeneca-Impfdosen demnächst die rund 3.000 Obdachlosen in den Notunterkünften der Stadt impfen lassen. "Es ist in der aktuellen Situation nicht hinnehmbar, dass Impfdosen ungenutzt herum liegen", sagte sie am 24. Februar. Vertreter der Obdachlosenhilfe begrüßten den Vorschlag. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte hingegen vor Änderungen der Impfreihenfolge.
Breitenbach betonte, es sei richtig, dass über eine neue Impfpriorisierung diskutiert werde. Obdachlose seien eine besonders vulnerable Gruppe. Im Winter kämen viele von ihnen in einer Notunterkunft unter: "Wir könnten und sollten allen Obdachlosen in Notunterkünften jetzt so schnell wie möglich ein Impfangebot machen."
Die Senatorin wolle mit den Impfungen schon Anfang März starten und hoffe, dass andere Bundesländer dem Beispiel folgen, hieß es. Obdachlose sind aufgrund ihrer Unterbringung in Massenunterkünften und erhöhten Infektionsgefahr bislang in Prioritätsstufe zwei eingruppiert.
Auch die Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Barbara Eschen, betonte: "Für uns gehören obdachlose Menschen zu einer besonders vulnerablen Gruppe, die man zudem nur jetzt gut erreichen kann." Die Zeit dränge: "Mit den steigenden Temperaturen schlafen wohnungslose Menschen nun wieder häufiger außerhalb der Einrichtungen und Notunterkünfte", sagte Eschen dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Bald schon wird es nicht mehr möglich sein, in einer konzentrierten Aktion möglichst viele Menschen zu impfen." Sie plädierte zudem dafür, Mitarbeitende der Wohnungslosenhilfe, die täglich mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen Kontakt haben, möglichst zügig zu impfen.
Zustimmung zum Vorschlag der Sozialsenatorin kam auch vom Direktor der Berliner Stadtmission, Christian Ceconi. Aktuell seien die Bedingungen gut, um Menschen ohne Obdach zu impfen, sagte er. So seien mehr als 200 Betroffene vorläufig bis Ende März dauerhaft in Wohnheimen der Stadtmission untergebracht.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, erklärte dagegen mit Blick auf eine geänderte Impfreihenfolge: "Epidemiologisch und ethisch ist das hochbedenklich." Seit November sei bekannt, dass Angehörige von Pflegebedürftigen und Kontaktpersonen von Schwangeren zur zweiten Priorisierungsgruppe gehören, weil sie hochgefährdete Menschen betreuen. Diese würden mit einer geänderten Impfreihenfolge benachteiligt.
Allein in Berlin seien das mehrere hunderttausend Personen, "die jetzt sofort ein Impfangebot" benötigen, sagte Brysch: "Aber weder die Senatsverwaltung noch die Krankenkassen verschicken Impf-Berechtigungsscheine, damit eine unkomplizierte Terminvergabe möglich ist." Das sei absurd, da viele dieser Menschen mit dem Serum von AstraZeneca versorgt werden könnten. "Stattdessen will jetzt die Senatsverwaltung für immer mehr Berufs- oder Sozialgruppen außerhalb der Reihenfolge ein Impfangebot organisieren", kritisierte er.
Frankfurt a.M. (epd). Volker Nürnberg, Professor für betriebliches Gesundheitsmanagement an der Allensbach Hochschule in Konstanz und externer Berater des Gemeinsamen Bundesausschusses, stellt zum Corona-Management in Deutschland fest: "In allen offiziellen Planungen kommt das 'Setting Betrieb' nicht vor." Der Experte hält das für fahrlässig. Dabei könnten Betriebsärzte eine entscheidende Rolle spielen, sagt er im Interview. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Politik und Experten versuchen mit Hochdruck, die Zahl der Corona-Impfungen zu steigern. Doch dabei scheinen die bundesweit 12.000 Betriebsärzte keine Rolle zu spielen. Ist das so?
Volker Nürnberg: In der Tat ist in allen offiziellen Planungen das Setting "Betrieb" nicht vorgesehen. Das ist fahrlässig, weil die meisten Deutschen doch bei der Arbeit sind und wenn manche Menschen nicht zur Impfung gehen, muss ja die Impfung zu ihnen kommen. Dazu kommt, dass bei vielen Unternehmen in der Betriebsmedizin die Infrastruktur schon vorhanden ist, also Ärzte, medizinisches Personal, Räume und Logistik. Bei den Grippeschutzimpfungen hat sich das schon bewährt.
epd: Kommen die Unternehmen vielleicht erst ins Spiel, wenn die Masse der Bürger von Hausärzten geimpft werden soll?
Nürnberg: Normalerweise greifen die Werksärzte nicht in die Regelversorgung ein. Sie haben einen etwas exotischen Status, verschreiben ja beispielsweise auch keine Medikamente. Die Unternehmen sollten parallel zu den Hausärzten und niedergelassenen Ärzten aktiv werden, also nach dem jetzigen Zeitplan der Impfungen vermutlich in der zweiten Jahreshälfte. Impfzentren werden damit entlastet und neue Zielgruppen werden gezielt angesprochen.
epd: Verteilung, Lieferung, Lagerung, Kühlung - das Impfen ist ein überaus komplexer Vorgang. Könnten die Ärzte in den Unternehmen das alles gewährleisten?
Nürnberg: Das ist in der Tat der schwierigste Punkt. Aber das lässt sich organisieren. Die Firmen benötigen natürlich Unterstützung und Rechtssicherheit. Arbeitsmedizinische Dienstleister, Unternehmen aus dem betrieblichen Gesundheitsmanagement und andere können hier unterstützen. Und: Die Firmen, die mit ihren Ärztinnen und Ärzten beim Impfen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfüllen, müssen die Kosten erstattet bekommen, von der Haftung befreit werden und in eine sichere, ununterbrochene Lieferkette eingebunden werden.
epd: Kita-Personal soll nach langen Diskussionen jetzt doch früher geimpft werden. Die Priorisierung ist also nicht in Stein gemeißelt. Sehen Sie hier noch einen Ansatz, auch die Betriebsärzte mit einzubinden?
Nürnberg: Die aktuelle Priorisierungsdebatte kommt für die meisten Betriebsärzte zu früh. Zunächst sollten, wie von der Bundesregierung vorgesehen, die ersten beiden Prioritätsstufen geimpft werden, danach könnte aber das Rollout in den Firmen erfolgen.
epd: Also müsste die Priorisierung nicht erneut verändert werden?
Nürnberg: Nein. Die aktuelle Priorisierung der ersten beiden Gruppen ist ökonomisch und ethisch durchdacht und sollte auch nicht gekippt werden. Aber wir bieten unsere Mitarbeit für die Zeit danach an. Wir reden über den Herbst. Dann sollte man die Reihenfolge noch einmal überdenken und die mehr als 12.000 Betriebsmediziner mit einbinden.
epd: Letztlich geht es doch immer auch ums Geld. Sie fordern eine einheitliche zentrale Vergütung für Impfungen in Firmen. Es gibt bereits Pilotprojekte in Kooperation mit den Kassen. Wie funktioniert das in der Praxis?
Nürnberg: In manchen Regionen haben Verbände beziehungsweise Interessenvertretungen der Betriebsärzte mit einzelnen Krankenkassen Vereinbarungen zur Impfung und deren Vergütung geschlossen. Es wäre wünschenswert, dass es hier zu einer bundeseinheitlichen Regelung und Vergütung kommt, in die auch alle gesetzlich und privat versicherten Berufstätigen eingebunden sind.
Berlin, Bremen (epd). Die Pflegebranche warnt in der Corona-Pandemie vor einer neuen Eskalation in den stationären Pflegeeinrichtungen. "Die Pflegekräfte sind ausgebrannt. Wir müssen aufpassen, dass die Krise nicht zum Berufsausstieg führt", sagte Caritas-Präsident Peter Neher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diakonie-Präsident Ulrich Lilie forderte für die Einrichtungen "die bestmögliche Unterstützung". Denn "hier leben diejenigen, die am meisten gefährdet sind", sagte er mit Blick auf die überdurchschnittlich hohe Zahl der Corona-Todesfälle in den Pflegeheimen.
Seit einem knappen Jahr sind fast 70.000 Menschen in Deutschland an Covid-19 gestorben. Davon lebte mehr als die Hälfte in Alten- und Pflegeheimen - bei insgesamt rund 910.000 Heimbewohnerinnen und -bewohnern. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisiert: "Hygiene-Mängel verschärfen die Infektionslage in den Pflegeeinrichtungen."
Auch wenn in den stationären Einrichtungen Schutzimpfungen an den Hochbetagten längst begonnen haben, bleibt nach Nehers Überzeugung "regelmäßige Testung unerlässlich, mindestens solange Bewohnerinnen und Mitarbeiter nicht zwei Mal geimpft wurden - und wahrscheinlich noch länger darüber hinaus". Brysch fordert, jede Pflegeeinrichtung müsse garantieren, dass weder Personal noch Besucher ungetestet eingelassen werden.
Besondere Sorge macht Diakonie-Präsident Lilie die Situation der Pflegekräfte, die in der Pandemie weit über ihre Grenzen hinaus gearbeitet hätten. "Viele von ihnen haben sich durch ihre Arbeit selbst mit Covid-19 infiziert. Die meisten brauchen dringend eine Pause", sagte der evangelische Theologe.
Der Deutsche Ethikrat hat vor kurzem mehr Unterstützung für die Pflegeheime gefordert. Bund und Länder müssten schnellstens die Voraussetzungen schaffen, dass Freiwillige in den Einrichtungen helfen und das Pflegepersonal entlasten könnten, empfiehlt der Ethikrat.
Caritas-Präsident Neher fürchtet in der angespannten Lage sogar, dass sich Pflegeheime aus finanziellen Gründen zum Personalabbau gezwungen sehen könnten. Denn die Heime hätten angesichts einer rückläufigen Platzbelegung "erhebliche Mindereinnahmen". Das führe "im schlimmsten Fall dazu, dass das Personal reduziert werden muss", warnt Neher.
Deshalb müsse der Finanz-Schutzschirm für die Pflegeeinrichtungen bis zum Jahresende verlängert werden, fordern die christlichen Wohlfahrtsverbände. Der vorliegende Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium sehe jedoch "Einschnitte in den bisher gut funktionierenden Schutzschirm" vor, sagte Neher und bekräftigte: "Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass es nicht dazu kommt."
Die Balance zwischen dem Bedürfnis nach menschlicher Nähe und dem Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner vor Infektionen bleibe "die größte Herausforderung im Alltag der Heime", glaubt Neher. Lilie sagt: "Diese Herausforderung muss an jedem Ort individuell gemeistert werden. Menschen können auch einen psychischen Tod sterben." Der Verband der privaten Pflegebetriebe bpa vertritt hingegen: "An Einsamkeit ist niemand gestorben, sehr wohl aber an den Folgen einer Infektion." Der bpa warnt vor verfrühten Lockerungen und erklärt: "Es hängt vieles von den Impfungen ab."
Der Bremer Pflegeforscher Heinz Rothgang warnte vor einem "Schwarzer-Peter-Spiel" zwischen Politik und Pflegebranche, "bei dem jeder nur versucht, die Verantwortung auf die anderen abzuschieben". Die Verantwortlichkeit für die Organisation der Tests liege in erster Linie bei den Heimen. Sie müssten dabei jedoch unterstützt werden: durch Erstattung der aufgewendeten materiellen und personellen Ressourcen oder durch zusätzliches Personal, sagte Rothgang dem Evangelischen Pressedienst.
Bremen (epd). Die Impfungen gegen das Coronavirus und seine Mutanten werden den Infektionsschutz auch für volatile Gruppen erhöhen. "Kurzfristig stehen den Pflegeheimen aber noch schwierige Wochen bevor", sagten Heinz Rothgang und Karin Wolf-Ostermann im Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd). Zur Situation in der stationären Pflege antworteten sie auf Fragen von Markus Jantzer.
epd sozial: Fast 70.000 Menschen sind in Deutschland an Corona gestorben, mehr als die Hälfte der Toten lebte in Alten- und Pflegeheimen. Was muss in diesem Jahr geschehen, um einen möglichst hohen Schutz in den Einrichtungen zu gewährleisten?
Heinz Rothgang: Die Strategie für Pflegeheime muss auch im Jahr 2021 aus verschieden Elementen bestehen, die ineinandergreifen. Das wichtigste Element ist sicher das Impfen der Bewohnerinnen und Bewohner und auch des Personals in den Heimen. Derzeit sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts fast die Hälfte der Pflegeheimbewohner zweimal gegen das Coronavirus geimpft worden und verfügen damit nach einigen Wochen über einen sehr hohen Infektionsschutz. Allerdings sind zwei singuläre Impftermine nicht ausreichend, da manche Heimbewohnende an einem Impftermin nicht teilnehmen konnten und zudem regelmäßig neue Bewohnerinnen und Bewohner in die Einrichtungen kommen. Notwendig sind daher regelhafte Angebote für Nachimpfungen.
epd: Dennoch bleiben Impflücken, da nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner einer Impfung zustimmen ...
Rothgang: Richtig. Nicht alle wollen geimpft werden, und ein anderer Teil kann aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden. Es gilt daher auch weiterhin, wichtige Grundsätze im Umgang mit dem Virus zu beachten. Hierzu gehören nach wie vor verbindliche Schnelltests für alle Besucherinnen und Besucher und für nicht geimpftes Personal vor Betreten der Einrichtung. Bei positivem Testergebnis sollte eine Quarantäne und ein PCR-Test zur Überprüfung des Schnelltestergebnisses erfolgen. Bei geimpften Personen sollten bei weiterhin hohen Inzidenzzahlen diese Tests in größeren Abständen erfolgen. Es bleibt wichtig, Hygieneregeln penibel einzuhalten.
Mittel- und langfristig verdeutlicht die Pandemie zudem die Notwendigkeit, die Zahl der Pflegekräfte zu erhöhen, um professionelle Standards einhalten zu können. Bereits vor der Pandemie waren Pflegekräfte in besonderem Maße belastet und häufiger krank als andere Beschäftigte. In der ersten und zweiten Welle wurden sie über Gebühr gefordert. Wenn nun keine Besserung der Arbeitsbedingungen verbindlich in Aussicht gestellt werden kann, droht der Ausstieg einer Vielzahl von Pflegekräften aus ihrem Beruf.
epd: Wen sehen Sie beim Gesundheitsschutz in der Pflicht?
Rothgang: Im Umgang mit dem Pandemiegeschehen sind viele Akteure in unterschiedlichen Rollen und Funktionen in der Pflicht. Unbedingt vermieden werden muss aber ein "Schwarzer-Peter-Spiel", bei dem jeder nur versucht, die Verantwortung auf die anderen abzuschieben. Wenn dennoch primäre Verantwortlichkeiten bestimmt werden müssen, so liegt diese für das Impfen und entsprechende Impfstrategien bei den politischen Akteuren. Anders ist das bei der Organisation von Tests. Hier liegt die primäre Verantwortlichkeit bei den Heimen. Jedoch müssen diese in ihrem Auftrag unterstützt werden: entweder durch Refinanzierung der aufgewendeten materiellen und personellen Ressourcen oder aber zusätzlich durch direkte personelle Unterstützung, wenn diese notwendig ist. Für die Einhaltung notwendiger Hygienemaßnahmen sind neben den Pflegeheimen alle Personen in der Pflicht, die Heime betreten, aber letztlich auch wir alle, da wir das Infektionsgeschehen insgesamt begrenzen müssen.
epd: Was macht Ihnen die größte Sorge?
Rothgang: Hervorgerufen durch die ständig wachsende Bedeutung der deutlich ansteckenderen Mutation B.1.1.7 erleben wir gerade den Beginn der dritten Welle und müssten unsere Anstrengungen beim Infektionsschutz noch einmal verstärken. Nach einem Jahr Pandemiegeschehen mit wechselnden Lockdown-Phasen zeichnet sich in der Bevölkerung jedoch eine zunehmende "Coronamüdigkeit" ab – selbst wenn das Wissen um die weiterhin anhaltende prekäre Lage da ist. Als Konsequenz daraus werden notwendige Maßnahmen nicht mehr konsequent im Alltag umgesetzt. Gleichzeitig gerät die Politik unter Druck, die angekündigten Lockerungen auch in einer Phase steigender Inzidenzen durchzuführen, was das Fallzahlwachstum noch weiter anheizt. Da die Impfquoten aber noch zu gering sind, erwächst hieraus die Gefahr, dass die dritte Welle wiederum – auch in Pflegeheimen – zu einer Vielzahl schwerer Verläufe führen wird.
epd: Wie kann in diesem Jahr die Balance zwischen dem Gesundheitsschutz und dem Bedürfnis nach sozialen Kontakten in den Heimen gelingen?
Karin Wolf-Ostermann: Während der ersten Welle war die Einschränkung sozialer Kontakte vor dem Hintergrund fehlender Schutzmaterialien, Tests und Impfungen das primäre Mittel zur Begrenzung der Infektionen in den Pflegeheimen. Da dies die einzigen zur Verfügung stehenden effektiven Schutzmaßnahmen waren, wurden die daraus entstehenden negativen Folgen für die Bewohnerinnen und Bewohner in Kauf genommen. Auch wenn teilweise deutlich über das Ziel hinausgeschossen wurde und insgesamt nicht genug Fantasie aufgebracht wurde, um Kontakte trotzdem zu ermöglichen, war der Ansatz grundsätzlich vertretbar. Das ist inzwischen nicht mehr gegeben, da nun Schnelltests und Impfungen zur Verfügung stehen, so dass flächendeckende Kontaktsperren tabu sein sollten. Wir sollten aber nicht vergessen, dass fehlende soziale Zuwendung auch aufgrund mangelnder personeller Ressourcen bereits vor Corona ein massives Problem war – hier bedarf es auch weiterhin verstärkter Anstrengungen.
epd: Wie wird sich die Corona-Lage in den Heimen weiter entwickeln?
Wolf-Ostermann: Zentral und positiv ist zunächst die hohe Impfpriorität für Altenheimbewohnerinnen und - -bewohner und das Personal in Pflegeheimen. Hierdurch wird die Zahl der Corona-bedingten Todesfälle in den Heimen mittelfristig deutlich sinken – das stimmt hoffnungsfroh. Auf der anderen Seite stehen wir gerade am Beginn einer dritten Corona-Welle, die auch für Pflegeheime weiter massive Konsequenzen haben kann – insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der breiten Bevölkerung eine hohe Durchimpfungsrate noch in weiter Ferne ist und alle zunehmend Corona-müde sind – mit den daraus entstehenden Risiken. Kurzfristig stehen den Pflegeheimen daher noch schwierige Wochen bevor. Langfristig steht zudem zu erwarten, dass wir nach der Corona-Krise aufgrund der hohen Belastung und daraus resultierenden Erschöpfung verstärkt Abgänge von Pflegepersonal erleben werden, was die Situation in den Heimen verschlechtert und zu erneuten Abgängen führen kann. Hier hilft nur ein kraftvolles Bekenntnis der Politik zu einer zügigen Aufstockung der Personalressourcen.
epd: Was muss besser werden als 2020?
Wolf-Ostermann: Wenn wir zurückblicken, war das letzte Jahr vor allem durch bestehende Mangelsituationen gekennzeichnet: Waren es zunächst fehlende Schutzmaterialien und dann FFP2-Masken, so folgten fehlende Schnelltests und unzureichende Impfstoffmengen. Dies prägte massiv die Wahrnehmung, dass alles, was getan wurde, stets zu spät und in nicht ausreichendem Umfang geschah. In der ersten Welle ist dies vielleicht entschuldbar – aber spätestens ab dem Herbst 2020 war das Handeln wenig vorausschauend und die Vorbereitung auf den Winter unzureichend. Dabei sollten wir allerdings nicht vergessen, dass gerade die Entwicklung und Zulassung verschiedener Impfstoffe eine großartige Leistung war und ist. Als problematisch hat sich aber erwiesen, dass bestehende Denkmuster und Prozeduren – etwa bei der zurückhaltenden Bestellung von Impfstoffen – beibehalten wurden und es nicht möglich war, angesichts der Einmaligkeit der Krise "größer" zu denken. Da diese Pandemie nicht die letzte sein wird, sollten wir versuchen, hieraus zu lernen – angefangen von der Ausbildung des Personals über die Vorratshaltung kritischer medizinischer Produkte hin zu Pandemieplanungen und der Bereitschaft, im Krisenmodus bekannte Routinen zu verlassen und auch größere finanzielle Risiken einzugehen – um noch größeren Schaden abzuwenden.
Hannover (epd). Mit einem kurzen Schwung zieht Franz Bauer die Schranktür auf und kramt aus dem oberen Fach mehrere Packungen heraus. "Das sind Kasslerbraten, Rinderrouladen und Wirsingroulade", erläutert der 58-Jährige. Drei Fertiggerichte zum Abendessen in seinem neuen Leben. Aufwärmen kann er sie in der weißen Mikrowelle, die er sich vor kurzem angeschafft hat - genauso wie den Wasserkocher für den Frühstückskaffee und ein Notebook. Für Bauer ist das alles Luxus, denn noch vor Monaten schlief er nachts auf einer Parkbank. Jetzt nimmt er an einem Projekt für rund 75 Wohnungslose in Hannover teil, die dank großzügiger Spenden von Bürgern und Stiftungen bis Ende März den Corona-Winter in Hotels und Gästehäusern verbringen können - so wie es inzwischen auch in manchen anderen deutschen Städten möglich ist.
"Mit nur einer Tasche bin ich hier angekommen", erzählt Bauer in Mannheimer Mundart. Im Dezember war das, kurz vor Weihnachten. Dunkel, kalt und regnerisch war es draußen. Doch inzwischen kann er sich in seinem Einzelzimmer abends in sein warmes Bett hüllen. Er hat eine eigene Heizung, einen Schreibtisch, funktionierendes WLAN und sogar einen riesigen Fernseher. Doch das Wichtigste für ihn: "Hier hab ich meine Privatsphäre. Ich kann mal abschalten und die Tür hinter mir zumachen. Und ich brauche mir keine Gedanken zu machen, wenn mal Mistwetter ist."
Mit dem Projekt setzen Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt und der Verein "Selbsthilfe für Wohnungslose" eine Forderung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) um, die für die Interessen von rund 678.000 Wohnungslosen in Deutschland eintritt. Corona habe für Menschen ohne Obdach eine neue Situation geschaffen, sagt Geschäftsführerin Werena Rosenke. "Die städtischen Notunterkünfte können nicht mehr so dicht belegt werden wie vorher." Doch gleichzeitig stünden in den Hotels die Betten leer. Rosenke verweist auf die großen Gefahren, denen Obdachlose ausgesetzt sind, wenn sie im Freien schlafen.
Eigentlich sei es Sache der Kommunen, wohnungslose Menschen in Hotelzimmern über den Winter zu bringen, sagt Rosenke. Einige große Städte wie Düsseldorf oder Frankfurt am Main haben dies bereits umgesetzt. Doch andere zögerten. So wurde in Hannover im Herbst die Unterbringung Obdachloser in einem Gästehaus erst einmal gestoppt, bis die Stadt nach heftigen Protesten im Januar ein ähnliches Projekt nachlegte. In der Zwischenzeit sprangen private Spender und Stiftungen ein, um gemeinsam mit Sozialverbänden die Anmietung von Hotels zu organisieren.
So kam Franz Bauer in Zimmer 206 des "B&D-Hotels" unter. Zwölf Quadratmeter direkt in der City, mit Dusche und Fahrstuhl. Tagsüber verkauft der gebürtige Mannheimer das Straßenmagazin "Asphalt", um sich Geld zu verdienen. Hotelbesitzer Jamil Badawi (60) ist zufrieden mit den neuen Gästen wie Bauer. Und froh, dass sein Hotel trotz der Corona-Beschränkungen nicht leersteht: "In solchen Zeiten muss man sich gegenseitig helfen."
Sozialarbeiter Alexander Eisele von der "Selbsthilfe für Wohnungslose" spricht von einer "Win-Win-Situation" für die Beteiligten: "Die Hotelbetreiber können zwar keinen großen Gewinn machen, aber es reicht, um die Kosten zu decken." 28 Euro pro Tag bekommen sie für ein Einzelzimmer. Eisele und rund 20 weitere Kolleginnen und Kollegen stehen den Obdachlosen mit Rat und Tat zur Seite. Die Zimmer vergeben sie nach Wartelisten. Und zwar ohne Vorbedingungen, wie Jessica Bosse von der Diakonie betont.
Werena Rosenke von der BAGW plädiert dafür, die Zeit der Unterbringung zu nutzen. "Man sollte nicht abwarten und die Menschen nach drei Monaten wieder auf die Straße setzen." Sozialhilferechtliche Probleme könnten in dieser Zeit ebenso geklärt werden wie gesundheitliche Fragen. "Das geht nur, wenn die Menschen zur Ruhe kommen und nicht dem Stress der Straße ausgesetzt sind." Auch die fälligen Impfungen zum Schutz gegen Corona ließen dann sich leichter umsetzen. "Viele Wohnungslose leiden an Vorerkrankungen." Deshalb gehörten sie zur Priorisierungsgruppe 2.
Vor allem aber müsse alles daran gesetzt werden, die Menschen in eine feste Wohnung zu vermitteln, betont Rosenke. Das hofft auch Franz Bauer, der sich inzwischen an zwei Stellen um eine dauerhafte Wohnung beworben hat: "Sonst würde ich ja immer wieder von vorn anfangen."
Hannover (epd). Eine bundesweite Initiative von 13 deutschen Straßenzeitungen fordert die Unterbringung von Obdachlosen in Hotels. Redaktionsleiter Volker Macke vom niedersächsischen Magazin "Asphalt" und Mitherausgeberin Margot Käßmann überreichten dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) am 23. Februar eine entsprechende Petition. Sie richtet sich an alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und wurde nach Angaben der Initiatoren von mehr als 118.000 Menschen unterzeichnet.
Um Obdachlose vor der Kälte und vor einer Corona-Ansteckung zu schützen, dürften sich die Politiker nicht auf ehrenamtliche Hilfe und private Spenden verlassen, sagte Macke. "Gefahrenabwehr ist staatliche Aufgabe." 22 Kältetote habe die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in diesem Winter schon gezählt, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Käßmann fügte hinzu: "Es ist eine Frage der Solidarität in unserem Land, ich würde sagen auch der Christenpflicht und Nächstenliebe, Menschen in Einzelunterkünften unterzubringen." Alle Beteiligten würden gewinnen, wenn die Länder und Kommunen die Unterbringung Obdachloser finanzierten, statt ihnen Überbrückungshilfen zu zahlen.
Weil nahm die Petition dankend entgegen. Die Lage der Obdachlosen sei ein chronisches Problem in der Gesellschaft, sagte der Ministerpräsident. Er wolle dazu mit den kommunalen Spitzenverbänden ins Gespräch kommen. Das Land könne den Kommunen aber nichts vorschreiben. Rechtlich stehe der Unterbringung Obdachloser in Hotels nichts im Wege.
Nach Angaben der Initiatoren ist die Petition die bisher größte zu einem Obdachlosenthema. Macke ist auch Sprecher der deutschen Straßenzeitungen im Internationalen Netzwerk der Straßenzeitungen (INSP). Aus seiner Sicht hat sich die Situation von Obdachlosen während der Corona-Pandemie massiv verschlechtert. Tagsüber könnten sie sich in den Wärmestuben und nachts in Sammelnotunterkünften vor der Infektionsgefahr kaum schützen. Auch hätten Essenausgabestellen, Tagesaufenthalte, Arztpraxen und viele Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ihr Angebot reduziert.
Wiesbaden, Mainz (epd). Die Corona-Pandemie erschwert die Begleitung von Sterbenskranken in Hospizen. Die Hospizkultur lebe davon, die Bewohner zu berühren und in den Arm zu nehmen, sagte die Vorstandsvorsitzende des Hospiz- und Palliativverbands Hessen, Astrid Piesker, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch die Schutzkleidung und Masken der Mitarbeiterinnen machten dies schwierig. Außerdem leide der Gemeinschaftscharakter stark, da die Bewohner sich nicht mehr treffen dürften und eine Verbindung nur akustisch durch geöffnete Türen bestehe. Über Tablet könnten Bewohner an Andachten teilnehmen oder mit Angehörigen sprechen. Hospize dürften Angehörigenbesuche aber individuell regeln.
In Hessen komme die Vorschrift hinzu, dass Neuzugänge zur Infektionsvorbeugung sieben Tage lang im geschlossenen Zimmer von anderen Bewohnern isoliert werden müssten, erklärte Piesker, die auch Abteilungsleiterin Alten- und Gesundheitshilfe des Caritasverbands Hochtaunus ist. Dabei betrage die durchschnittliche Verweildauer bis zum Tod nur sieben bis zehn Tage. In Hessen gibt es 23 stationäre Hospize mit 241 Plätzen, in Rheinland-Pfalz 14 stationäre Hospize mit 121 Plätzen und ein Kinderhospiz.
Der Aufwand für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei in der Corona-Pandemie stark gestiegen, erläuterte der Vorstandsvorsitzende des Hospiz- und Palliativverbands Rheinland-Pfalz, Uwe Vilz. Sie müssten vor jeder Aufnahme die Schutzmaßnahmen den Angehörigen erklären, die manchmal verständnislos reagierten: "Unser Angehöriger stirbt doch eh bald." Aber es gehe auch um den Schutz der anderen Bewohner und Mitarbeiter. Alle paar Tage müssten die Mitarbeiter und Besucher sich testen lassen.
Einen Personaleinbruch habe es bei der stärker gefragten ambulanten Hospizhilfe gegeben, sagte Piesker. Viele Ehrenamtliche hätten sich dort aus Vorbeugungsgründen fernhalten müssen. "Das war über Monate hinweg schwierig." In den stationären Hospizen sei die Mitarbeit der Ehrenamtlichen hingegen weiterhin gesichert. Auch finanziell wirke sich die Corona-Pandemie belastend auf die Hospize aus. Die Spenden seien seit Ausbruch der Pandemie zurückgegangen, denn viele Benefizveranstaltungen könnten nicht mehr stattfinden. Die Einrichtungen müssen fünf Prozent ihres Budgets durch Spenden decken.
In Hessen wie in Rheinland-Pfalz ist nach Angaben von Piesker und Vilz die Zahl der Anmeldungen in Hospizen beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 kurzzeitig zurückgegangen, dann bald aber wieder auf das gewohnte Maß gestiegen. Die Hospize seien wie üblich voll belegt, es gebe nicht mehr Anfragen als vor der Pandemie. Covid-19-Fälle habe es nur wenige gegeben. Die meisten Kranken seien in den Krankenhäusern oder zu Hause geblieben. Seit Beginn der Impfungen gehörten Hospize zur höchsten Prioritätsstufe. "Wir sind relativ weit mit dem Impfen - das ist ein Lichtblick", sagte Vilz, der auch Geschäftsführer der Mainzer Hospizgesellschaft ist.
Die Gesellschaft sollte an der Abschiedskultur der Hospize festhalten, appellierte Piesker. Für die Angehörigen sei die Trauerarbeit wichtig. "Menschen sollen in ihrem Schmerz nicht alleingelassen sein." Vilz warb darum, während der Pandemie keine Angst vor dem Hospiz zu haben. Angehörige von Sterbenskranken sollten den Kontakt suchen: "Wir können Ihnen weiterhelfen."
Karlsruhe (epd). Im November 2020 ist Augusta aus Nigeria nach Deutschland gekommen - "auf der Suche nach einem besseren Leben", wie sie sagt. Ihr Fluchtweg führte die 25-Jährige über Libyen und Italien nach Karlsruhe. Aufnahme fand die Schwangere im Christian-Griesbach-Haus, wo sie mittlerweile zusammen mit ihrem Baby lebt. In diesem Haus in Karlsruhe finden Flüchtlinge mit besonderem Schutzbedarf seit 2016 Unterkunft. Träger der Erstaufnahmestelle ist das Regierungspräsidium Karlsruhe. Das Deutsche Rote Kreuz und andere Organisationen leisten medizinische Hilfe und unterstützen im Alltag.
Das Christian-Griesbach-Haus bietet Hilfen für Asylsuchende mit besonderem Schutzbedarf. Schwangere, Wöchnerinnen, Pflegebedürftige oder auch Rollstuhlfahrer finden hier eine Unterkunft auf Zeit. Sie erhalten medizinische Versorgung, Struktur im Alltag und Kinderbetreuung. Wegen der Corona-Pandemie sind Besuche zur Zeit stark eingeschränkt.
"Normalerweise ist es sehr lebendig hier", sagt die Leiterin der Alltagsbetreuung im Christian-Griesbach-Haus, Katrin Huber. Hebammen kommen und betreuen die jungen Mütter, auf der Krankenstation stehen Ärzte und Pfleger 24 Stunden am Tag bereit, ein Caterer bringt drei Mal täglich Essen, es gibt Deutschunterricht, man spielt zusammen Bingo, und Mitarbeiter der Caritas machen Sozialberatung.
Seit dem Lockdown ist alles anders: Die Bewohner sind vermehrt auf ihre Zimmer zurückgeworfen. Essen und eine kleine Kommunikation gibt es an der Zimmertür, Deutsch lernen sie per App. Die anfängliche Befürchtung, "dass Bewohner die Situation nicht verstehen könnten", habe sich nicht bewahrheitet, sagt Katrin Huber.
Das Christian-Griesbach-Haus ist einer von drei Standorten der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende (LEA) in Karlsruhe. Seit 2016 bringt das Regierungspräsidium Flüchtlinge mit besonderem Schutzbedarf in dem ehemaligen Pflegeheim unter. Es bietet Platz für rund 200 Flüchtlinge.
Außer in Karlsruhe gibt es nach Angaben des Regierungspräsidiums Schutzeinrichtungen für Asylsuchende in Tübingen für alleinreisende Frauen sowie als temporäre Einrichtungen in Bad Liebenzell und Freiburg für Covid-19-Risikogruppen. Wegen der Corona-Pandemie habe vergangenes Jahr die Belegung lediglich bei durchschnittlich 67 Personen gelegen, sagt Katharina Bäuerle vom Regierungspräsidium. Sie ist zuständig für die Unterbringung im Christian-Griesbach-Haus.
Wer in die geschützte Einrichtung darf, entscheide eine Art "Screening", sagt Bäuerle. Familienangehörige einer schutzbedürftigen Person fänden ebenfalls Unterkunft. Wie lange eine Einzelperson oder Familie maximal bleiben darf, ist gesetzlich geregelt: Im Schnitt verbrachten die Asylsuchenden 2020 laut Statistik sechs Monate in der Einrichtung. Wie in den anderen Erstaufnahmeeinrichtungen kontrolliert auch im Christian-Griesbach-Haus ein Sicherheitsdienst den Zugang.
"Wir haben auch eine Art Lotsenfunktion", erklärt Katrin Huber die Arbeit der 30 bis 40 Mitarbeiter des Hauses. So erhalte etwa ein Kind mit Autismus Kontakt zu den entsprechenden Fachberatungsstellen. Wer Ruhe brauche, erhalte einen entsprechenden Raum, anderen vermittelt Hubers Team Gesprächspartner.
Gerade im zweiten Lockdown trage das gute Betreuungsnetz für Flüchtlinge in Karlsruhe zu einem entspannteren Alltag bei, sagt die Leiterin der Alltagsbetreuung. Ehrenamtliche böten Einzeltreffen mit Geflüchteten an. Eine Herausforderung bleibe die Pandemie vor allem bei der Kinderbetreuung. Hier gelte wie in anderen Kitas auch im Christian-Griesbach-Haus: Es gibt nur eine Not- und Einzelbetreuung, und Maske ist Pflicht.
Nicht jeder Geflüchtete möchte über seine Fluchtgründe sprechen, auch Augusta nicht. Die Vergangenheit belastet. "Wir fragen nicht nach", erklärt Katrin Huber. Manchmal allerdings öffnen sich Bewohner und erzählen ihre Geschichte. Die gelernte Betriebswirtin berührt das: "Ich merke, dass ich viel dankbarer geworden bin beim Vergleich, wie andere Menschen leben".
Lieber als über die Vergangenheit spricht Augusta darüber, dass sie schon ein paar Wörter Deutsch kann, Pläne für die Zukunft hat, gerne im Catering oder als Krankenschwester arbeiten würde. Dankbar ist Augusta für die Freundlichkeit, die ihr und ihrem Baby jeden Tag im Christian-Griesbach-Haus begegnet.
Fürth/Nürnberg (epd). Frauenhaus - bei dem Begriff denken die meisten wahrscheinlich an einen geheimen Zufluchtsort für Frauen, die von ihrem Partner Gewalt erfahren haben und sich nun verstecken müssen. Ein Haus ohne Klingelschild. Selbst gesehen haben Nicht-Betroffene ein Frauenhaus im Stadtbild deshalb wahrscheinlich noch nie. Doch seit einiger Zeit erweckt ein sogenanntes offenes Konzept aus den Niederlanden auch in Deutschland immer mehr Interesse.
Bei diesem Konzept ist die Adresse des Frauenhauses bekannt, Beratungsstellen und Wohnräume sind unter einem Dach vereint und die Partner, Kinder sowie das gesamte soziale Umfeld der Frauen wird verstärkt in die Beratung mit einbezogen. "Ich bin sehr überzeugt vom holländischen Modell und möchte das gerne an unserem neuen Standort einführen", sagt Eva Göttlein, Vorstand des Trägervereins des Frauenhauses Fürth. Voraussichtlich wird das dortige Frauenhaus bald in ein ehemaliges Altenheim umziehen - mitten in die Stadt und damit auch mitten in die Gesellschaft.
"Häusliche Gewalt wird immer noch tabuisiert", sagt Göttlein. "Wenn man sich mit dem Haus versteckt, versteckt man sich auch mit dem Thema." Mehr Öffentlichkeit bedeute nicht zuletzt auch mehr finanzielle Unterstützung zum Beispiel durch Spenden sowie mehr politische Aufmerksamkeit.
Mehr Sichtbarkeit für das Thema häusliche Gewalt erhofft sich auch Sabine Böhl von einem Frauenhaus, das von außen klar erkennbar ist. Häusliche Gewalt sei keine Privatsache, sagt die Referentin für Hilfen für Frauen mit Gewalterfahrung bei der Diakonie Bayern in Nürnberg. Einige diakonische Träger in Bayern seien an offenen Konzepten interessiert und wollten sie bald umsetzen.
Eva Göttlein hat in den offenen Häusern in den Niederlanden besonders beeindruckt, wie selbstbewusst die Frauen gewesen seien, die sich nicht verstecken mussten. Auch die Kinder litten sehr darunter, wenn sie keine Freunde in das Haus mitnehmen dürften, in dem sie oft monatelang bleiben müssten.
"Der Vorteil ist sicher die größere Selbstbestimmung und Selbstsicherheit, die die Frauen in einem offenen Konzept spüren", sagt auch Antje Krüger, Leiterin der landesweiten Koordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt in Bayern. "Sie können darüber sprechen, was ihnen widerfahren ist." Krüger betont aber, dass das Konzept nicht für Frauen geeignet sei, für die eine sehr hohe Gefährdung bestehe, etwa, weil sie von Zwangsheirat bedroht seien.
Doch auch für Frauen mit etwas niedrigerer Gefährdungsstufe sei es nötig, in einem offenen Haus die Sicherheitsstandards zu erhöhen, erklärt Krüger. Auch die Frauenhäuser mit geheimen Adressen hätten natürlich zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wie Videoüberwachung; eine Sicherheitsschleuse gehöre aber bisher meist nicht dazu. Deshalb kommt das Konzept für sie vor allem für Träger infrage, die sowieso ein neues Haus bauen oder umbauen können.
Eine Sicherheitsschleuse soll es am neuen Standort in Fürth ebenso geben wie einen abgeriegelten Wohnbereich und Notfallknöpfe direkt zur Polizei, erklärt Eva Göttlein. Außerdem sorgt die Sichtbarkeit des Hauses ihrer Meinung nach auch für mehr Sicherheit: "Die soziale Kontrolle ist größer, wenn die Nachbarn Bescheid wissen."
Antje Krüger berichtet, dass die Diskussion um offene Frauenhauskonzepte besonders bei Trägern, die sich im Paritätischen Wohlfahrtsverband zusammengeschlossen haben, vorangetrieben werde. Bisher sei aber noch kein Standort weiter als im Status eines Modellprojektes. Unter klaren Voraussetzungen - verstärkte bauliche Sicherheitsmaßnahmen, parallel weiter existierende geheime Häuser für besonders gefährdete Frauen oder der Intensivierung der Arbeit mit den Frauen und Kindern - sehe sie persönlich das offene Konzept als "Konzept der Zukunft". Mit dem Wunsch, dass alle Frauen so leben können, wie es die offenen Häuser anstreben: "Sichtbar, sicher, selbstbestimmt."
Stuttgart (epd). Das System "Kinderkur" hat in den 1950er bis 1980er Jahren viele Kinder traumatisiert. Das geht aus Interviews der Historikerin und Autorin Hilke Lorenz mit ehemaligen "Verschickungskindern" hervor. Ihre Recherchen ergaben ein vielschichtiges Bild. "Viele NS-Ärzte fassten in dem geschlossenen System der Kur außerhalb elterlicher Kontrolle nach 1945 wieder Fuß", sagte Hilke Lorenz dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Damit nicht genug: Nach Lorenz' Einschätzung bot gerade dieses geschlossene System Ärzten ein "Setting, um sich im Auftrag von Pharmafirmen an Kindern auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung profilieren zu können". Wie in einem Labor habe die Kur mit ihrer in der Regel sechswöchigen Dauer ideale Rahmenbedingungen für die Tests geboten. Kinder, die dieselben klinischen Symptome mitbrachten, wurden der gleichen Gruppe zugeteilt.
Beispiele für diese Thesen finden sich in dem neuerschienenen Buch "Die Akte Verschickungskinder". Die Autorin Hilke Lorenz legt darin Missstände offen, die in deutschen Kurheimen zwischen Nordfriesland und Allgäu an der Tagesordnung waren. "Die Berichte, die es noch aus den 1980er Jahren speziell aus dem Haus Concordia auf Borkum gibt, erinnern an schlimmste Erziehungsheime", fasst Lorenz ihre Eindrücke zusammen.
Rund acht Millionen Kinder seien auf Anweisung von Ärzten in eine Kinderkur geschickt worden, schreibt sie. Es habe "eine Kurversorgungsindustrie gegeben", ist Lorenz überzeugt. Ärzte seien dafür bezahlt worden, dass sie Kinder auf Weisung der Kreisjugendämter in die von Schließung bedrohten Erholungsheime schickten.
Hintergrund der Kuren war ursprünglich die von Nahrungsmangel und Armut gezeichnete Nachkriegszeit, in der man gerade sensiblen Kindern oder Kindern aus ärmeren Familien für einige Zeit eine Luftveränderung verschrieb. Aus den Dokumenten der Ämter gehe jedoch hervor, dass ab den 1960er Jahren die medizinischen Indikationen für eine Kinderkur abnahmen; stattdessen zog man soziale Gründe wie die Überforderung der Eltern für eine Kur heran.
Zurück gekommen seien die Kinder "oft traumatisiert und verstört". Statt Erholung hätten sie Einsamkeit, Hilflosigkeit und ein Gefühl des Ausgeliefertseins empfunden, resümiert Lorenz. Denn der Ton und die Methoden in den Heimen seien eine Fortsetzung der Haltungen, pädagogischen Konzepte und Ideen aus der NS-Zeit gewesen. Die Konzepte hätten auf der Pädagogik von Johanna Haarer basiert, die diese im Erziehungsratgeber "Die Deutsche Mutter und ihr erstes Kind" verbreitet hatte.
Statt Erholung erlebten die Verschickungskinder in manchen Heimen Drill und unmenschliche Methoden, wie etwa Erbrochenes essen zu müssen, oder das Verbot, nach 20 Uhr die Toilette zu benutzen. Die Trennung von den Eltern habe bei vielen zu Trennungsängsten geführt, sind sich Psychologen einig. "Verschickt" wurden schon Kleinstkinder. Heimweh sei oftmals schlichtweg ignoriert und "verharmlost" worden, sagt Lorenz.
Lange Zeit blieb die Verschickung in Kinderkurheime unbeachtet. Noch immer sind viele Hintergründe nicht erforscht. Mit einem Kongress 2019 auf Sylt gingen 80 ehemalige Verschickungskinder an die Öffentlichkeit. Seither wächst die Zahl derer, die offen über die Zustände in privaten, staatlichen oder kirchlichen Kinderkurheimen berichten.
Der Gang in die Archive bestätigte eigene Ahnungen, verdrängte Ängste und Trauer. "Aktenbefunde und die Gespräche in den Selbsthilfegruppen erbringen jetzt den Beweis, dass die schlimmen Ereignisse während der Kuraufenthalte wirklich geschehen sind", erklärt Lorenz. Sie machen bewusst, dass der Aufenthalt keine Einbildung, sondern Wirklichkeit war.
Für Lorenz steht fest: Die Zustände in den Kurheimen bis in die 1980er Jahre sind ein "unerzähltes Kapitel Nachkriegsgeschichte". "Viele Kleinigkeiten summieren sich hier zu einem großen Skandal", sagt sie. Dass man in sechs Wochen so viel zerstören könne, habe bei ihr ein Gefühl von Wut ausgelöst.
Die Verantwortlichen hätten weggeschaut und nicht wahrhaben wollen, obwohl es in den 70er-Jahren auch eine andere Pädagogik gab. Von den heutigen Trägern der betroffenen Kurheime wünscht sich Lorenz eine umfassende Aufarbeitung der "Verschickungszeit".
Berlin (epd). Caritas und Diakonie unterstützen einen gemeinsamen Appell von 27 Organisationen aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand für mehr Partizipation, Engagement und Kompetenzen in der digitalen Welt. In dem Appell definiert die Initiative "Digital für alle" Leitlinien zur Förderung digitaler Teilhabe für alle Menschen in Deutschland. Die gemeinsame Erklärung ist inhaltliche Grundlage des Digitaltags, dem bundesweiten Aktionstag für digitale Teilhabe am 18. Juni 2021, wie die christlichen Wohlfahrtsverbände am 19. Februar in Berlin mitteilten.
Die Initiative setzt sich dafür ein, die digitale Spaltung zu überwinden. Obwohl ein Großteil der Menschen in Deutschland zu den Onlinern gehört, stünden Millionen im digitalen Abseits. Ziel sollte es sein, allen Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung, Herkunft, Wohnort oder etwaiger Behinderung Zugang zu digitalen Technologien zu ermöglichen. Bei der Auslegung der Grundrechte sollte digitale Teilhabe Berücksichtigung finden, erklärt das Bündnis.
Die Initiative fordert digitale Kompetenzen zu stärken. Das heißt: Alle Menschen müssten in die Lage versetzt werden, "sich souverän und sicher, selbstbewusst und selbstbestimmt in der digitalen Welt zu bewegen". Notwendig sei dafür die Vermittlung von Kompetenzen, damit Falschmeldungen oder manipulierte Informationen bei Internetnutzern keine Chance haben. Außerdem müssten die Menschen für die digitale Arbeitswelt gerüstet sein, heißt es in dem Appell weiter.
Um digitales Engagement zu fördern, solle auf ehrenamtliche Initiativen zurückgegriffen werden. Digitales Engagement reiche von digital organisierter Nachbarschaftshilfe für ältere Menschen bis hin zu digital durchgeführten Vereinsangeboten für Kinder. Digitale Technologien könnten Formen des freiwilligen Engagements wie die klassische Vereinsarbeit erleichtern. Daher sollte digitales Engagement ideell, finanziell und strukturell gefördert werden, fordern die 27 Organisationen.
Der Digitaltag fand erstmals 2020 statt, hat nach den Angaben mit mehr als 1.400 Aktionen Menschen in ganz Deutschland erreicht und wurde unter andern von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterstützt. Ziel ist die Förderung digitaler Teilhabe. Anlässlich des bundesweiten Aktionstags wird der "Preis für digitales Miteinander" vergeben.
Berlin (epd). Die Bundespflegekammer fordert von Bund und Ländern mehr Initiativen, um dem Personalmangel in Pflege wirksam zu begegnen. "Pflege verdient mehr Geld, mehr Anerkennung und sowie ein Mehr an Kompetenzen", sagte Patricia Drube, Präsidiumsmitglied der Bundespflegekammer und Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, am 22. Februar in Berlin. Zwar habe es in der ersten Pandemiewelle Applaus und mehr Aufmerksamkeit gegeben. Die Situation der Pflegenden sei aber während der Pandemie nicht besser geworden.
Drube kritisierte viele kleine Maßnahmen der Politik für Pflegende, um diese bei der Stange zu halten. Es fehle aber der "große Wurf" in der Pflegepolitik, sagte sie. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass nach der Pandemie nicht eine deutlich schlimmere Situation in der pflegerischen Versorgung eintrete als vorher. Um die Probleme wirksam anzugehen, brauche es eine starke Vertretung der Pflegefachpersonen, und zwar auf Landes- als auch auf Bundesebene: "Wir brauchen eine Pflegewende", vor allem, um Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.
Das Hauptproblem bestehe darin, dass Menschen fehlten, die in die Pflege gehen, sagte Drube. Zwar gebe es derzeit mehr Auszubildende, aber viele Fachkräfte kehrten dem kräftezehrenden Job den Rücken. "Wir brauchen eine deutliche Anhebung der Gehälter und der Vergütung in der Pflege", sagte sie. Sie forderte 4.000 Euro als Einstiegsgehalt für eine Pflegefachkraft.
Der Präsident des Deutschen Pflegerates, Franz Wagner, sagte, etwa 40 Prozent der Berufsangehörigen würden in den kommenden zehn bis zwölf Jahren das Renteneintrittsalter erreichen: "Wir reden hier grob geschätzt von 500.000 Pflegefachpersonen." Zu dieser Zahl kämen noch diejenigen hinzu, die wegen der Alterung der Gesellschaft zusätzlich gebraucht würden. Das sei eine gewaltige Herausforderung, der sich die Politik stellen müsse. "Es wird bisher zu wenig getan, um das zu kompensieren", sagte Wagner. Am Anfang der Pandemie sei viel von der Systemrelevanz der Pflege gesprochen worden: "Bislang warten wir noch immer auf eine angemessene politische Antwort auf diese Feststellung."
Essen (epd). Conterganopfer müssen sich ihre Contergan-Rentenicht auf Hartz-IV-Leistungen als Einkommen mindernd anrechnen lassen. Aus Härtefallgründen kann zudem der Verkauf einer 119 Quadratmeter großen Wohnung unzumutbar sein, wenn diese vorwiegend aus den Zahlungen der Contergan-Rentefinanziert wurde, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am 22. Februar bekanntgegebenen Urteil.
Bei Contergan handelte es sich um ein von 1957 bis 1961 zunächst rezeptfrei verkauftes Beruhigungs- und Schlafmittel der Firma Grünenthal. Bei Schwangeren führte das Arzneimittel in Tausenden Fällen weltweit zu Fehlbildungen an den Gliedmaßen und auch an inneren Organen. Die Opfer werden in Deutschland durch die "Conterganstiftung für behinderte Menschen" entschädigt.
Im Streitfall hatte die 1962 geborene Klägerin wegen ihrer Conterganschädigung, unter anderem eine Fehlbildung an beiden Armen, eine Contergan-Renteerhalten. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt. Sie ist regelmäßig auf Assistenzkräfte angewiesen, die teilweise bei ihr übernachten müssen.
Ihre Berufstätigkeit beim Deutschen Entwicklungsdienst gab sie 2005 wegen Unstimmigkeiten mit ihrem Arbeitgeber auf. Seitdem ist die schwerbehinderte Frau auf Arbeitslosengeld II angewiesen.
Doch 2012 stellte das Jobcenter mit Verweis auf ihre Contergan-Renteund ihrer Eigentumswohnung fest, dass die Frau über ausreichende Einkünfte und Vermögen verfügt. So habe sie zuletzt monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 5.760 Euro sowie eine einmalige Nachzahlung von 37.000 Euro erhalten.
Die Eigentumswohnung sei zudem mit 119 Quadratmeter Wohnfläche unangemessen. Angemessen seien vielmehr 80 Quadratmeter sowie ein behinderungsbedingter Zuschlag von zehn Prozent. Ihr sei der Verkauf daher zur Sicherung ihres Existenzminimums zuzumuten.
Die Frau zog vor Gericht und wollte feststellen lassen, dass sie Anspruch auf Hartz IV habe. Bei der Contergan-Rentehandele es sich um eine Entschädigungszahlung, die nicht als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden dürfe. Ihre Eigentumswohnung habe sie weitgehend mithilfe der Contergan-Rentefinanziert, so dass diese vor einer Veräußerung geschützt sein müsse.
Dem folgte das LSG. Die Contergan-Rentesei eine gesetzliche Entschädigungsleistung, die nicht als Einkommen auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden darf. Die Rentenzahlung solle nach dem Willen des Gesetzgebers "vorrangig entgangene Lebensmöglichkeiten" für Contergangeschädigte ausgleichen. Werde das Geld als Einkommen auf Hartz-IV-Leistungen angerechnet, würde der Gesetzeszweck vereitelt.
Die Eigentumswohnung sei zwar sehr groß. Hier sei der Verkauf aber aus Härtegründen unzumutbar. Wegen ihrer Körpergröße von 1,50 Metern und ihren Fehlbildungen könne die Klägerin keine hohen Schränke nutzen und benötige mehr Stauraum in der Fläche. Die Wohnung enthalte zudem ein Zimmer für die Assistenzkräfte. Schließlich sei die Wohnung weitgehend aus der Contergan-Renteund behinderungsgerechte Umbauten öffentlich finanziert worden, so das LSG. Die Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg in Stuttgart entschied in einem am 4. Januar 2017 veröffentlichten Urteil, dass die Contergan-Renteauch nicht zur Streichung des Kindergeldes führen darf. Kindergeld wird auch nach dem 25. Lebensjahr bezahlt, wenn die erwachsenen Kinder behinderungsbedingt sich nicht selbst unterhalten können. Es dürfen aber keine weiteren Einkünfte zum Lebensunterhalt oder Vermögen vorliegen.
Hier hatte die Familienkasse die Contergan-Renteals Einkommen berücksichtigt und die Kindergeldzahlung für eine contergangeschädigte erwachsene Frau gestoppt. Sie könne ihren Lebensunterhalt aus der Rente bestreiten.
Doch das Finanzgericht urteilte, dass die Rente vorwiegend aus "Entschädigungsgründen" und nicht zur Deckung des Lebensunterhalts gezahlt werde. Die Anrechnung als Einkommen sei daher nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig urteilte am 19. Juni 2014, dass Conterganopfer nach einer gesetzlichen Erhöhung der Contergan-Rentediese aber nicht rückwirkend für vor 2013 gelegene Zeiträume höhere Leistungen beanspruchen können. Die Leistungen der Conterganstiftung wurden 2013 auf monatlich 612 bis 6.912 Euro verfünffacht.
Eine offenkundig "sozialstaatswidrige Unterversorgung" habe auch vor 2013 nicht bestanden, so das Bundesverwaltungsgericht. Ein rechtlicher Anspruch auf höhere Leistungen bestehe daher nicht.
Az.: L 6 AS 1651/17 (LSG Essen)
Az.: 12 K 2756/16 (Finanzgericht Stuttgart)
Az.: 10 C 1.14 (Bundesverwaltungsgericht)
Kassel (epd). Arbeitgeber können keine Sozialversicherungsbeiträge sparen, wenn sie Tankgutscheine als Gegenleistung für einen Lohnverzicht ausgeben. Selbst wenn die Gutscheine unter der Bagatellgrenze von 44 Euro monatlich liegen, stellen sie als geldwerter Vorteil ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar, urteilte am 23. Februar das Bundessozialgericht (BSG). Gleiches gelte auch, wenn Beschäftigte als "neuen Gehaltsanteil" von ihrem Arbeitgeber Mietzahlungen für die Bereitstellung von Werbeflächen auf ihrem Auto erhalten, entschieden die Kasseler Richter.
Konkret ging es um ein Möbelhaus im bayerischen Neu-Ulm, das sich mit seinen Beschäftigten auf eine "Nettolohnoptimierung" verständigt hatte. Die Mitarbeitenden verzichten auf einen Teil ihres Lohnes und erhielten dafür einen Tankgutschein in Höhe von 40 Euro monatlich. Auch gab es monatlich 21 Euro als weiteren "neuen Gehaltsanteil", wenn sie ihr Auto als Werbefläche für das Möbelhaus zur Verfügung stellen.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verzichteten damit 2010 auf 249 Euro bis 640 Euro Lohn monatlich. Auf die Gutscheine und Mietzahlungen zahlte das Unternehmen keine Sozialversicherungsabgaben.
Bei einer Betriebsprüfung forderte die Rentenversicherung Baden-Württemberg diese Abgaben jedoch nach, knapp 40 Prozent auf die gewährten Gutscheine und Mietzahlungen. Zu Recht, befand das BSG. Als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt würden grundsätzlich alle laufenden und einmaligen Einnahmen zählen, die in Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen.
Hier seien die Tankgutscheine im Gegenzug zu einem Lohnverzicht gewährt worden. Um Sachbezüge habe es sich auch nicht gehandelt, weil diese einen konkreten Geldwert beinhalteten. Die Mieteinkünfte standen ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Beschäftigung. Sie seien ebenfalls als "neuer Gehaltsanteil" ausgewiesen worden, so dass auch hierauf Sozialversicherungsbeiträge fällig werden.
Az.: B 12 R 21/18 R
Essen (epd). Ein Asylbewerber aus Afghanistan hat weiterhin Anspruch auf die Grundleistungen nach Paragraf 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), auch wenn er die Behörden nicht fortlaufend über seinen Aufenthaltsort informiert hat. Forderungen des Mannes auf die höheren und über Sachleistungen hinausgehenden "Leistungen in besonderen Fällen" nach Paragraf 2 des AsylbLG hingegen lehnte das nordrhein-westfälische Landessozialgericht in Essen in einem Beschluss ab.
Wie das Gericht am 23. Februar mitteilte, besteht für den Mann kein offensichtlicher Anspruch auf die sogenannten Leistungen in besonderen Fällen. Denn die dafür erforderliche Aufenthaltsmindestdauer von 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet habe der Mann "rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst". Der Mann hatte sich wegen einer bevorstehenden Abschiebung im Kirchenasyl aufgehalten.
Nach ersten Erkenntnissen sei es wahrscheinlich, dass der Mann seinen Aufenthalt im Bundesgebiet dadurch rechtsmissbräuchlich verlängert habe, weil sein Aufenthaltsort während eines Kirchenasyls nicht fortlaufend bekannt gewesen sei. Die Nichtbekanntgabe der aktuellen Anschrift über einen längeren Zeitraum, unabhängig vom gewählten Aufenthaltsort des Kirchenasyls, sei vergleichbar einem Untertauchen, erklärte das Gericht.
Der Afghane, der abgeschoben werden sollte, hatte sich in ein Kirchenasyl einer evangelischen Gemeinde begeben. Nachdem ein Verwaltungsgericht die Anordnung zur Abschiebung aufgehoben hatte, wurde er wieder in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Er erhielt dann, wie auch vor seiner Aufnahme ins Kirchenasyl, die Grundleistungen nach Paragraf 3 des AsylbLG. Seinen Antrag auf die höheren Leistungen in besonderen Fällen lehnte die zuständige Behörde ab.
Vor dem Sozialgericht Detmold erhob der Mann dagegen Klage und verlangte einstweiligen Rechtsschutz. Seine in Detmold abgelehnte Beschwerde wies nun auch das Landessozialgericht in Essen zurück.
Az.: L 20 AY 1/21 B ER
Stuttgart (epd). Jobcenter dürfen wegen einer an einen Heiratsschwindler gezahlten Erbschaft nicht von einem sozialwidrigen Verhalten des Betrugsopfers ausgehen. Wurde die Betroffene wegen der Abgabe ihres Vermögens mittellos, hat sie Anspruch auf Arbeitslosengeld II, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 15. Februar bekanntgegebenen Urteil.
Mit der Entscheidung hat eine heute 62-Jährige aus dem Raum Heilbronn Glück im Unglück gehabt. Die arbeitslose Frau lebte nach eigenen Angaben von der Erbschaft ihrer verstorbenen Mutter.
Als sie im Frühjahr 2017 Hartz IV beantragte, fielen dem Jobcenter auf den eingereichten Kontoauszügen von November 2016 bis Januar 2017 drei Überweisungen nach Großbritannien über insgesamt 24.000 Euro auf. Auf Nachfrage erklärte sie, sie habe das Geld nur verliehen. Sie habe einem Mann in einer Notlage helfen und sich mit ihm eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollen.
Auf das Geld konnte sie aber nicht mehr zugreifen, so dass das Jobcenter zunächst Hartz IV in Höhe von 769 Euro monatlich bewilligte. Doch dann forderte die Behörde die Zahlungen zurück. Die Freigiebigkeit der Frau habe dazu geführt, dass sie ihre Hilfebedürftigkeit in sozialwidriger Weise verursacht habe. Von dem an den Heiratsschwindler gezahlte Geld hätte sie immerhin 31 Monate leben können.
Das Landessozialgericht hatte mit der Frau jedoch ein Einsehen und urteilte, dass ihr das Arbeitslosengeld II zur Sicherung ihres Existenzminimums zustehe. Sozialwidriges Verhalten setze laut Gesetz eine Absicht voraus. Vorhandenes Vermögen müsse gezielt verschwendet worden sein, um die Hilfebedürftigkeit herbeizuführen. Das sei hier aber nicht der Fall.
Dass die ohne jede Sicherheit getätigten Überweisungen von außen und im Nachhinein betrachtet kaum nachvollziehbar seien, spiele keine Rolle. "Es mag naiv und unbedacht gewesen sein, aber ein sozialwidriges Verhalten vermag der Senat im Handeln der Klägerin nicht zu erkennen", urteilte das LSG.
Az.: L 9 AS 98/18
Essen (epd). Ein italienischer Staatsangehöriger, der in Italien lebt und eine Rente aus Deutschland bezieht, muss keine Krankenkassenbeiträge zahlen. Da der Mann Anspruch auf Leistungen des staatlichen Gesundheitssystems in Italien habe, sei er nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland, entschied das Landessozialgericht NRW in einem am 24. Februar in Essen veröffentlichten Urteil.
Der Kläger hatte nach Angaben des Gerichts einige Jahre in Deutschland gearbeitet und wohnt inzwischen wieder in Italien. Dort habe er bereits seit 2008 Anspruch auf Leistungen des staatlichen, steuerfinanzierten Gesundheitssystems "Servizio Sanitario Nazionale" (SSN), das allen Bürgern unabhängig vom Einkommen und sozialen Stand eine einheitliche, kostenlose medizinische Grundversorgung bietet, auch Rentnern.
Der Mann habe im Juli 2011 die Gewährung einer deutschen Altersrente beantragt, die ihm vom deutschen Rentenversicherungsträger ab November 2011 in Höhe von monatlich 154,80 Euro auch bewilligt worden sei, hieß es weiter. Daraufhin habe die beklagte Krankenkasse eine Pflichtversicherung des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) festgestellt und Krankenversicherungsbeiträge von seiner Rente gefordert.
Dagegen wehrte sich der Kläger erfolgreich vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Das Landessozialgericht bestätigte nun diese Entscheidung und wies die Berufung der Krankenkasse zurück. Es bestehe weder nach deutschem noch nach europäischen Recht eine Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers.
Az.: L 16 KR 573/15
München (epd). Allein eine Beschäftigung in einem Pflegeheim oder einer Klinik reicht für den Erhalt des freiwillig gezahlten staatlichen Corona-Pflegebonus nicht aus. Bundesländer dürfen bestimmte Beschäftigtengruppen oder Einrichtungen von dem Bonus ausschließen, auch wenn bei diesen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht und es damit gute Gründe für eine Förderung der geleisteten Arbeit gibt, entschied das Verwaltungsgericht München in mehreren am 18. Februar bekanntgegebenen Urteilen zu den bayerischen Regelungen.
Das bayerische Gesundheitsministerium hatte im April 2020 beschlossen, die Pflege und Betreuung kranker und behinderter Menschen sowie die Arbeit von Rettungskräften mit einem einmaligen Corona-Bonus besonders zu honorieren. Für den Erhalt der Zahlung in Höhe von 500 Euro müssen Beschäftigte einen Antrag stellen. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 25 Stunden sind nur 300 Euro vorgesehen.
Doch die Corona-Pflegerichtlinie sieht nicht für jede Pflegekraft oder Beschäftigten in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen einen Bonus vor. So hatte das für die Bewilligung des Pflegebonus zuständige Landesamt für Pflege Bonuszahlungen für zwei Klägerinnen, die in einem ambulanten Dialysezentrum arbeiten, abgelehnt. Auch eine Hauswirtschafterin in einem Altenheim und eine in einem Krankenhaus tätige Servcieassistentin in der Pflege gingen leer aus. Letztere betreut zwar Patienten, führt aber keine pflegerischen Leistungen durch. Ohne Erfolg verwiesen die Klägerinnen darauf, dass auch sie einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt seien.
Das spielt jedoch keine Rolle, so das Verwaltungsgericht. Denn der freiwillig gezahlte Corona-Bonus sei in der Verordnung gar nicht als Risiko- oder Gefahrenzulage ausgestaltet. Auf ein erhöhtes Ansteckungsrisiko komme es daher nicht an.
Der Verordnungsgeber habe hier einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, wer den freiwilligen staatlichen Bonus erhalten könne. Dies sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Das Gesundheitsministerium habe die Grenzen des Willkürverbotes nicht überschritten.
Az.: M 31 K 20.4504 und weitere
Schleswig (epd). Nierentransplantierte Menschen haben auch mit der chronischen Gefahr der Abstoßung des Spenderorgans keinen Anspruch auf höchsten Vorrang für eine Corona-Impfung. Eine Ausnahme von der Impfreihenfolge könne auch dann nicht gemacht werden, wenn die Partnerin des Organtransplantierten in der Altenpflege arbeitet, entschied das Verwaltungsgericht Schleswig mit Beschluss vom 17. Februar.
Schleswig-Holstein hat ebenso wie die anderen Bundesländer eine Impfreihenfolge festgelegt. Danach werden Menschen mit höchster Priorität zuerst geimpft. Dazu zählen über 80-jährige Menschen und Personen, die in Pflegeeinrichtungen arbeiten.
Per Eilantrag wollte ein unter 80-jähriger Mann "unverzüglich" geimpft werden, da er eine Spenderniere erhalten hatte. Er sei auf Arzneimittel angewiesen, die die körpereigene Immunabwehr unterdrücken, damit das Spenderorgan nicht abgestoßen werden, argumentierte er. Dies führe jedoch dazu, dass er im Fall einer Infektion mit dem Coronavirus oder seiner Mutationen besonders gefährdet sei. Seine Ehefrau sei außerdem in der Altenpflege tätig und einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Der Antragsteller habe nicht ausreichend dargelegt, warum er in der höchsten Priorisierungsgruppe für eine Corona-Impfung eingestuft werden solle. Er zähle als Organtransplantierter zur Gruppe mit zweithöchster Impfpriorität. Warum er ein höheres Risiko habe, sei nicht ersichtlich. Dass er wegen seiner in der Altenpflege tätigen Ehefrau keine höhere Priorisierung erhalte, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Offen ließ das Verwaltungsgericht im Eilverfahren, ob das Bundesgesundheitsministerium die Impfreihenfolge überhaupt per Verordnung hätte regeln dürfen. Diese Frage könne nur im Hauptverfahren geklärt werden.
Az.: 1 B 12/21
Bremen (epd). Manfred Meyer (60) ist vom Kuratorium der Stiftung "Friedehorst" in Bremen zum theologischen Vorsteher des diakonischen Unternehmens berufen worden. Bremens Landesdiakoniepastor wird damit Nachfolger von Michael Schmidt (56), der im Frühjahr die Stelle des Diakoniepfarrers in Düsseldorf antritt. Meyer bleibt weiter Landesdiakoniepastor und leitet als Vorstand auch weiterhin das Diakonische Werk in Bremen.
Mit der Berufung des Vorstehers hat das Kuratorium zwei weitere Personalentscheidungen getroffen: Der Diplom-Ökonom und evangelische Pfarrer Matthias Dargel kommt als dritter Vorstand der Stiftung mit dem Schwerpunkt der strategischen Entwicklung an Bord. Er nimmt seine Tätigkeit ebenfalls zum 1. März auf. In Ergänzung wurde der Sozialwirt Matthias Stöckle zum Geschäftsführer der Friedehorst gGmbH benannt. Er nimmt seine Tätigkeit im April auf. Beide üben ihre Aufgaben jeweils gemeinsam mit dem bisherigen Vorstand und Geschäftsführer Onno Hagenah aus.
Meyer trat im November 2013 seinen Dienst als Landesdiakoniepastor an und war schon in dieser Funktion Nachfolger von Michael Schmidt. Der gebürtige Ostfriese studierte in Bethel, Tübingen und Münster Theologie. 1992 trat er im emsländischen Uelsen sein erstes Gemeindepfarramt an, berufsbegleitend studierte er Diakoniemanagement. Im Februar 2003 wurde Meyer zum Präses des reformierten Synodalverbandes in der Grafschaft Bentheim gewählt. Für kurze Zeit führte er dort auch das Diakonische Werk.
Mit rund 1.200 Beschäftigten, die etwa 2.000 Menschen betreuen, ist "Friedehorst" das größte diakonische Einzelunternehmen im Land Bremen. Die Stiftung ist Mitglied des Diakonischen Werks in der Hansestadt. Der kirchliche Wohlfahrtsverband vertritt Einrichtungen mit insgesamt 4.000 Haupt- und 1.500 Ehrenamtlichen in Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheit und Pflege sowie Wohnungslosenhilfe.
Georg Falterbaum, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes der Erzdiözese München und Freising, legt sein Amt nieder. Falterbaum, der seit Februar 2018 den katholischen Verband leitet, sagte, er gehe auch mit einem weinenden Auge. Die Aufsichtsratsvorsitzende des Caritasverbandes, Andrea Thiele, sagte, sie bedauere die überraschende Entscheidung außerordentlich. Der gebürtige Kölner Falterbaum war seit Mai 2016 Mitglied im dreiköpfigen Vorstand des Diözesan-Caritasverbands. Zuvor leitete der Diplom-Kaufmann mehrere Jahre den Caritasverband Rhein-Erft-Kreis im Erzbistum Köln.
Dagmar Pruin wird am 1. März Präsidentin der evangelischen Hilfswerke "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe. Die 50-jährige Theologin tritt die Nachfolge von Cornelia Füllkrug-Weitzel (65) an, die sich nach mehr als 20 Jahren an der Spitze der Organisationen in den Ruhestand verabschiedet. "Brot für die Welt" und Diakonie Katastrophenhilfe gehören zum Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) in Berlin. Zu den Trägern gehören die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die evangelischen Landeskirchen, Freikirchen und Diakonieverbände. Die Entscheidung für Pruin war im EWDE-Aufsichtsrat einstimmig gefallen. Die Theologin leitete mehr als sieben Jahre als Co-Geschäftsführerin die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. "Brot für die Welt" widmet sich der Entwicklungsarbeit in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa.
Beate Gilles, Bundesvorsitzende des Katholischen Verbandes für Mädchen- und Frauensozialarbeit - Deutschland (IN VIA), ist zur Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz gewählt worden. Sie ist die erste Frau in diesem Amt. Gilles ist promovierte Theologin und hauptamtlich als Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie im Bischöflichen Ordinariat des Bistums Limburg tätig. Seit 2011 engagiert sie sich zudem ehrenamtlich im Vorstand von IN VIA, zunächst als stellvertretende Vorsitzende und seit 2019 als Vorsitzende.
Barbara Stolterfoht ist tot. Die ehemalige hessische Sozialministerin und Vorsitzende des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands starb im Alter von 80 Jahren in Berlin. Die 1940 im tschechischen Dux geborene Stolterfoht war von 1995 bis 1999 in der Regierung von Ministerpräsident Hans Eichel (beide SPD) hessische Ministerin für Frauen, Arbeit und Sozialordnung. Zuvor war sie unter anderem Direktorin des Landeswohlfahrtsverbands Hessen und danach von 2000 bis 2007 Vorsitzende des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands.
Heiko Kunert, Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg, ist neuer Vorstandsvorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen Hamburg (LAG). In den Vorstand gewählt wurden außerdem Kerrin Stumpf von "Leben mit Behinderung", Petra Voetmann vom Verein "Autonom Leben" sowie Jurand Daszkowski vom Landesverband Psychiatrie-Erfahrener. Die Amtszeit beträgt drei Jahre. Thomas Worseck vom Gehörlosenverband Hamburg erhielt erstmals ein Vorstandsmandat. Torsten Wolfsdorff, der für den Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf im LAG-Vorstand war, hatte sich nicht mehr zur Wahl aufstellen lassen.
Wolfgang Gern, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen wurde am 22. Februar 70. Gern habe das sozialpolitische Profil des Verbands geschärft und für das Soziale in Kirche und Politik gekämpft, würdigte der Vorstand der Diakonie Hessen die Leistungen des in Berlin geborenen Theologen. Als Vorsitzender der Evangelischen Obdachlosenhilfe und als Sprecher der Nationalen Armutskonferenz habe sich Gern auf Bundesebene einen Namen gemacht. Gern ist er Gastprofessor an protestantischen Universitäten in Ruanda, auf den Philippinen und in Indonesien sowie Lehrbeauftragter an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz.
Wir haben Tagungen, Seminare, Workshops und Webinare aufgelistet, die aktuell geplant sind. Wegen der Corona-Epidemie sagen Veranstalter allerdings Termine auch kurzfristig ab. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, dies zu beachten.
4.-10.3.:
Online-Kurs: "Meetings per Video oder Telefon moderieren: online miteinander im Kontakt sein und effektiv arbeiten"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
9.3.:
Online-Seminar: "Der digitale Jugendclub Chancen und Potenziale für die Jugendarbeit"
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/275828227
9.3.:
Online-Seminar "Wichtige Kennzahlen für ambulante Pflegedienste in der Krise - und danach"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
9.-10.3.:
Online-Seminar: "Die Schnittstelle Eingliederungshilfe - Pflege gestalten"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/301 28 19
11.3.:
Online-Kurs: "Führen auf Distanz - Wie Teamarbeit online gelingen kann"
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/275828227
16.-18.3.:
Online-Fortbildung "Streetwork: Aufsuchen statt Abwarten"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-488
18.3.:
Online-Seminar: "IT-Strategie für Verbände (4.0)"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
18.3. Köln:
Seminar "Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit in Zeiten des BTHG - (k)ein Widerspruch?!"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
22.3.:
Online-Kurs: "Praktischer Datenschutz und IT-Sicherheit für kleinere Organisationen"
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-159
22.3.:
Online-Fortbildung: "Flucht und Behinderung - Rechtliche Möglichkeiten in der Flüchtlings- und Behindertenhilfe"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-488
22.-23.3.:
Online-Seminar: "Datenschutz in sozialen Einrichtungen"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/2001700
22.-24.3.:
Online-Kurs: "Erfolgreiche Lobbyarbeit im politischen Raum"
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
23.-24.3.:
Online-Schulung "Das deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht"
Tel.: 030/26309-139
23.-25.3.:
Online-Fortbildung: "Psychisch kranke Wohnungslose zwischen den Hilfesystemen - Aspekte bedarfsgerechter Hilfen"
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/301 28 19
24.-25.3.:
Online-Seminar: "Team auf Distanz - Team in Balance"
Tel.: 030/26309-139