Kirchen

Kirchliche Hilfswerke appellieren an weltweite Solidarität




Gottesdienst zum Auftakt der Spendenaktion von "Brot für die Welt"
epd-bild/Hermann Bredehorst
Sie bitten um Spenden für Klimagerechtigkeit und für Menschen in armen Ländern: Das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt" und das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat eröffneten traditionell ihre Aktionen zur Weihnachtszeit.

Münster, Detmold (epd). Mit Festgottesdiensten in Münster und in Detmold haben die beiden großen christlichen Hilfswerke am ersten Adventssonntag ihre diesjährigen bundesweiten Spendenaktionen zur Weihnachtszeit eröffnet. Das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ rückte in Detmold zum Auftakt der 63. bundesweiten Spendenaktion unter dem Motto „Eine Welt. Ein Klima. Eine Zukunft“ die Klimagerechtigkeit besonders für ärmere Länder in den Mittelpunkt. Der Lippische Landessuperintendent Dietmar Arends und die Präsidentin von „Brot für die Welt“, Dagmar Pruin, riefen in dem Gottesdienst in der Christuskirche, der in der ARD übertragen wurde, zum Engagement gegen Klimawandel auf.

Zeitgleich rief der Münsteraner Bischof Felix Genn im Dom zu Münster zur Eröffnung der diesjährigen Weihnachts-Spenden-Aktion von Adveniat in seiner Predigt dazu auf, „in der Liebe zueinander und zu allen Völkern“ zu wachsen. Unter dem Motto „ÜberLeben in der Stadt“ rückt Adveniat dieses Jahr die Sorgen und Nöte der armen Stadtbevölkerung in den Blickpunkt. Acht von zehn Menschen in Lateinamerika und der Karibik leben heute in Städten. Mit seinen Projektpartnern engagiert sich das in Essen ansässige Lateinamerika-Hilfswerk mit Bildungsprojekten, Menschenrechtsarbeit und dem Einsatz für faire Arbeitsbedingungen gegen Armut.

In Klimakrise nicht resignieren

Die Folgen des Klimawandels seien an anderen Orten dieser Erde noch weit dramatischer als hierzulande, sagte der Lippische Landessuperintendent Arends in seiner Predigt, die er im Wechsel mit Pruin hielt. Flutkatastrophen und Dürren träfen ausgerechnet die Menschen, die sich am wenigsten davor schützen könnten und die am wenigsten zum Klimawandel beitragen würden. Menschen erlebten jedoch auch, dass die Hoffnung verbinde.

Die „Brot für die Welt“-Präsidentin Dagmar Pruin rief dazu auf, nicht vor der Klimakrise zu resignieren. Das Werk habe in Deutschland zusammen mit vielen Menschen in den Kirchen für ein Lieferkettengesetz gekämpft. Das inzwischen vom Bundestag verabschiedete Gesetz werde das Leben von Millionen Menschen im Globalen Süden und auch ihre Umwelt positiv verändern.

„Brot für die Welt“ habe den Kampf für Klimagerechtigkeit zu einem Schwerpunkt der weltweiten Arbeit gemacht, hieß es. Partnerorganisationen in Simbabwe, Kambodscha, Sambia, Bolivien und zahlreichen anderen Ländern unterstützten die Menschen dabei, innovative Ideen zu entwickeln, um gegenüber Wetterextremen widerstandsfähiger zu werden. Die Weihnachtskollekte in evangelischen Gemeinden ist traditionell für „Brot für die Welt“ bestimmt.

Bischof berichtete aus dem Amazonas-Gebiet

Der Münsteraner Bischof Genn nannte bei der Eröffnung der Adveniat-Spendenaktion die Corona-Pandemie eine große Herausforderung an die gesellschaftliche Solidarität, die sich auch in der Bereitschaft zeige, sich impfen zu lassen.

Im Münsteraner Dom berichtete Erzbischof Leonardo Steiner aus Manaus, Brasilien, von der verzweifelten Lage in seiner Heimat. Bis zu 200 Menschen täglich seien allein in der Stadt Manaus an Corona gestorben. Steiner dankte den Spendern aus Deutschland. Ohne die Adveniat-Hilfe wäre auch die Seelsorge gerade in den Gemeinschaften der Indigenen und Flussrandbewohner, der Ribeirinhos, kaum möglich.



In der Mehrzahl der Bundesländer kein 3G für Gottesdienste




Gottesdienst mit Abstand und Maske
epd-bild/Rolf Zöllner
Die meisten Bundesländer verzichten in ihren neuen Corona-Verordnungen auf verbindliche 2G- oder 3G-Regeln für Religionsgemeinschaften. Doch viele Gemeinden entscheiden sich dennoch für strengere Regeln.

Frankfurt a.M. (epd). Die Mehrheit der Bundesländer verzichtet bislang auf 2G- oder 3G-Vorschriften für Religionsgemeinschaften. Das ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) unter den 16 Bundesländern. Ausnahmen sind Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Die üblichen Hygieneregeln mit Abstand, Händewaschen, Maske und Lüften bleiben bestehen, Gemeinden können optional selbst strengere Regeln einführen.

In Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen sind Religionsgemeinschaften verpflichtet, den Impfstatus ihrer Gottesdienstbesucher zu überprüfen. Die 3G-Regel gilt grundsätzlich für alle Versammlungen und Veranstaltungen in Innenräumen. In Berlin ist die 3G-Regel keine Vorschrift, wird aber von der zuständigen Senatsverwaltung für Kultur empfohlen.

Maskenpflicht bis zum Sitzplan in Berlin

In Berlin gilt laut aktuellem Hygienerahmenkonzept weiter eine Maskenpflicht bis zum Sitzplatz bei Gottesdiensten. Es wird aber dringend empfohlen, dass alle Teilnehmenden ein negatives Testergebnis vorweisen, genesen oder geimpft sind, heißt es in dem aktualisierten Konzept.

In Bayern und Baden-Württemberg sind Gottesdienste von den verschärften Maßnahmen ausgenommen. Es bleibe bei den bisherigen bekannten Regelungen, teilte ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums dem epd mit.

Für öffentlich zugängliche Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen gelte: Wenn sich die Gemeinde für eine 3G-Regel entscheidet - dass also nur Geimpfte, Genesene und Getestete Zutritt haben -, braucht es keine Personenobergrenze.

In Nordrhein-Westfalen heißt es in der Verordnung: „Die Kirchen und Religionsgemeinschaften stellen für Versammlungen zur Religionsausübung eigene Regelungen auf, die ein dieser Verordnung vergleichbares Schutzniveau sicherstellen.“ Auch in Hessen macht man keine bindenden Vorgaben für Gottesdienste. „Das entspricht unserem Verständnis vom Verhältnis zwischen Staat und Kirche“, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zur Begründung.

Landeskirche empfiehlt - Gemeinden entscheiden

Welche Regeln in den einzelnen Gemeinden gelten, kann aber auch regional abweichen. Die 20 evangelischen Landeskirchen etwa geben Empfehlungen für ihre Gemeinden aus. Wie sich die Gemeinde im geltenden rechtlichen Rahmen verhält, entscheiden aber meist die Gemeindeleitungen vor Ort.

So empfiehlt beispielsweise die westfälische Landeskirche, „Gottesdienste mit nachweislich geimpften, genesenen oder getesteten Personen zu feiern und auf dieser Grundlage dazu einzuladen“, wie aus den aktualisierten „Empfehlungen zur Gestaltung kirchlichen Lebens“ hervorgeht. Gottesdienste sollten weiter für alle Menschen zugänglich bleiben. Zusätzlich zu der 3G-Regel sollten „hinreichende Abstände“ zwischen den Besuchern vorgesehen und das Tragen von Masken beim Singen und Bewegen vorgeschrieben werden.

Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ruft in ihren Empfehlungen die Gemeinden in Hessen dazu auf, auch Gottesdienste nach 2G- oder 3G-Regeln einzuhalten. Ähnliches raten weitere Landeskirchen und Diözesen. So dürfen im katholischen Erzbistum Berlin Gottesdienste in der Advents- und Weihnachtszeit grundsätzlich nur unter 2G-Bedingungen stattfinden. Das Erzbistum Hamburg wendet die 3G-Regel an, auch wenn dies laut dem Hamburger Senat keine Vorschrift ist.

Die Inzidenz in Deutschland stieg am Montag auf einen Rekordwert. Sie beträgt jetzt im bundesweiten Durchschnitt 452,4. 100.956 Menschen sind mittlerweile an oder mit Covid-19 gestorben.



Dresden: Frauenkirche wird zum temporären Impfzentrum




Anstehen für die Registrierung zum Impfen in der Unterkirche der Frauenkirche
epd-bild/Matthias Rietschel
"Herausfordernde Umstände erfordern unkonventionelles Handeln", erklärte Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt.

Dresden (epd). In mehreren sächsischen Kirchen ist am 28. November gegen das Coronavirus geimpft worden. An der Aktion beteiligte sich auch die Dresdner Frauenkirche. Impfwillige warteten nach der verabreichten Dosis in der Unterkirche des berühmten Barockbaus die ärztlich empfohlene 15-minütige Ruhezeit ab. Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke und Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt waren vor Ort und kamen mit den Menschen ins Gespräch.

Der Dresdner evangelische Superintendent, Christian Behr, ließ sich eine Auffrischungsimpfung geben. Der katholische Bischof Heinrich Timmerevers bekam seine Drittimpfung im Dresdner Haus der Kathedrale, das ebenfalls an der Impfaktion beteiligt war.

„Herausfordernde Umstände erfordern unkonventionelles Handeln“, erklärte Frauenkirchenpfarrer Engelhardt. Kirche als Teil der Gesellschaft müsse jetzt ein Zeichen setzen - für das Impfen, für das Leben, für den gemeinsamen Weg aus der Pandemie.

Inzidenz über 1.000

Die Aktion in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz geht auf eine gemeinsame Initiative der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und des Bistums Dresden-Meißen zurück. Das Datum erster Advent, der Beginn des Kirchenjahres, war dazu bewusst gewählt worden.

Geimpft wurde auch in Leipzig in der Nikolaikirche und der Propsteikirche sowie im erzgebirgischen Schneeberg in der Evangelischen Grundschule. Pro Impf-Station wurden 200 bis 250 Dosen verabreicht. Die Sieben-Tage-Inzidenz hatte laut Robert Koch-Institut am 26. November in Sachsen bei 1.192,8 gelegen, bundesweit bei 438,2.



EKD-Ratsvorsitzende plädiert für Impfpflicht: "Jetzt drängt die Zeit"




Annette Kurschus
epd-bild/Friedrich Stark

Köln (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, verliert angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen die Geduld und fordert eine Impfpflicht. „Jetzt drängt die Zeit“, sagte die Theologin am 22. November in der ARD-Sendung „Hart aber fair“. „Wir sind in einer Situation, wo jeden Tag dieses ganze Hin und Her Menschenleben kostet“, ergänzte sie. Es sei der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr abwarten könne. „Hier muss jetzt tatsächlich gesagt werden: Impft euch“, sagte die westfälische Präses.

Ihr christliches Ethos sage ihr eigentlich, dass sie Meinungen der Menschen erst einmal hören und dann auf Verständigung zielen wolle, sagte Kurschus, fügte aber hinzu: „Es funktioniert ja nicht.“ Sie verwies auf eine kürzlich diskutierte Studie, nach der sich die meisten bislang Ungeimpften auch weiter nicht gegen Covid-19 immunisieren lassen wollen. Da sei ihr klar geworden, dass das ganze Werben und Aufklären keinen Sinn haben werde, sagte sie. „Da ist mir der Schutz der besonders Vulnerablen wichtiger als das Zusammenführen aller Meinungen“, sagte die höchste Repräsentantin der evangelischen Kirche.

Kurschus warb eindringlich für die Corona-Impfung und sieht darin auch ein christliches Motiv. „Freiheit hat christlich gesehen immer mit Gemeinschaft zu tun“, sagte sie und verwies auf den Schutz für andere. „Es ist Deine Pflicht, wenn Du in einer Gemeinschaft lebst als Mensch, Dich impfen zu lassen, wenn Du kannst“, sagte Kurschus.



Huber: So schnell wie möglich gesetzliche Impfpflicht für alle




Wolfgang Huber
epd-bild/Jürgen Blume

Berlin (epd). Der evangelische Theologe und Ethiker Wolfgang Huber (79) spricht sich für eine gesetzliche Impfpflicht für alle aus. „So wie die Lage ist, brauchen wir eine gesetzliche Impfpflicht für alle - so schnell wie möglich“, sagte Huber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vor einer möglichen rechtlichen Pflicht komme jedoch eine moralische Pflicht, betonte der Berliner Altbischof und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Ob man selbst eine moralische Impfpflicht habe, hänge nicht davon ab, ob der Staat sie verordne, betonte Huber. Die moralische Impfpflicht gelte unter drei Gesichtspunkten: „Der Verantwortung für sich selbst, der Verantwortung für die Mitmenschen und im Hinblick auf die Gesellschaft, die auf eine höhere Impfquote angewiesen ist, um eine Chance auf ein Ende der Pandemie zu haben“, sagte er.

Wenn sich rechtlich eine allgemeine Impfpflicht nicht so schnell umsetzen lässt, müsste laut Huber die Impfpflicht für besondere Berufsgruppen vorgezogen werden. „Ich sehe in ihr aber nicht eine Alternative zur allgemeinen Impfpflicht, sondern einen ersten Schritt zu einer Impfpflicht für alle“, betonte der Theologe.

Debatte nicht aus falscher Rücksichtnahme vermeiden

Wer in einer Impfung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sehe, müsse sich fragen, in welchem Verhältnis diese Unversehrtheit zu den bisher 100.000 Corona-Toten in Deutschland stehe, sagte Huber. Wer prinzipiell mit der Selbstbestimmung argumentiere und sage, das Impfen stelle einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar, müsse sich fragen, ob er nicht dazu beitrage, dass erneut ein sehr weitgehender Lockdown nötig werde.

Huber sagte, man solle eine Debatte über die Impfpflicht nicht aus falscher Rücksichtnahme vermeiden. „Wir sind auf einem falschen Weg, wenn wir aus Angst vor einer gesellschaftlichen Polarisierung darauf verzichten, Prozesse der Verständigung anzustoßen. Es geht nicht darum, vor Impfgegnern zu kapitulieren, sondern sie zu gewinnen.“ Dies sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.

epd-Gespräch: Franziska Hein


Käßmann sieht Impfpflicht als einzigen Ausweg aus "Corona-Elend"




Margot Käßmann
epd-bild/Jens Schulze

Berlin (epd). Die evangelische Theologin Margot Käßmann sieht eine allgemeine Impfpflicht als „einzigen Ausweg aus dem Corona-Elend“. Zwar argumentierten manche, dass eine Impfpflicht ein Vertrauensbruch des Staates sei, da dieser jene bislang ausgeschlossen habe, schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der „Bild am Sonntag“. „Aber es ist auch ein Bruch von Vertrauen, wenn Menschen das Gemeinwohl ignorieren.“ Es gebe Pflichten in einem Land, die Zusammenleben erst ermöglichten, schrieb sie weiter. „Die Verbreitung von Corona zu unterbinden, gehört dazu.“

Geimpfte litten darunter, dass Ungeimpfte die Pandemie nicht zum Stillstand brächten und die Neuinfektionen immer weiter hochtrieben. Bei Forderungen nach einer Impfpflicht schrieen viele, dass diese die Freiheit bedrohe. „Aber was ist mit der Freiheit der Kinder, der Geimpften?“ Die werde gerade „massiv von der Uneinsichtigkeit einer Minderheit von Impfgegnern eingeschränkt“, schrieb Käßmann.



Bedford-Strohm: Statt Impfzwang Einschränkung von Freiheitsrechten




Heinrich Bedford-Strohm
epd-bild/Christian Ditsch

Geiselwind (epd). In einer allgemeinen Impflicht sieht der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm als kein probates Mittel gegen die Corona-Pandemie. Dadurch könne die „viel zu große Gruppe“ derer, die eine „ihren Körper betreffende Zwangsmaßnahme“ ablehnen, dauerhaft von Staat und der Gesellschaft entfremdet werden, sagte der Bedford-Strohm am 22. November in Geiselwind in seinem traditionellen Bericht vor der hybrid tagenden evangelischen Landessynode.

Die durch eine allgemeine Impflicht intendierte Gefahrenabwehr müsse auf anderem Weg gelingen, so der frisch aus dem Amt geschiedene, ehemalige EKD-Ratsvorsitzende. Deshalb seien Freiheitsbeschränkungen legitim, die sich strikt am Risikopotential der einzelnen Menschen orientieren. „Denn wenn Ungeimpfte durch ihre Entscheidung ein vielfach größeres Risiko für andere bedeuten, müssen sie auch die dadurch notwendigen Freiheitbeschränkungen akzeptieren“, sagte er.

„Türen dürfen für Seelsorgende nicht verschlossen bleiben“

Sterbenden Menschen müsse die Kirche auch in der Corona-Krise und trotz der Einschränkungen beistehen, betonte Bedford-Strohm. Denn im Gegensatz zu der „schrecklichen Dilemma-Situation“ zu Beginn der Pandemie gebe es jetzt genug Schutzkleidung, weshalb Seelsorger nicht zur weiteren Ausbreitung des Virus beitrügen: „Nie mehr dürfen die Türen von Pflegeheimen oder Intensivstationen für Seelsorgende, die beim Sterben begleiten, verschlossen bleiben.“



100.000 Corona-Tote: Bischof Bedford-Strohm erinnert an Angehörige



München (epd). Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat angesichts der 100.000 Covid-Toten in Deutschland an das Leid der Angehörigen erinnert. „Hinter der großen Zahl verbergen sich Familienangehörige, Freunde und Nachbarn, die trauern und mit ihrer Trauer weiterleben müssen“, sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 25. November. Auch aufgrund eigener Begegnungen gehe ihm die Situation trauernder Angehöriger besonders nahe. Die Zahl der registrierten Corona-Toten in Deutschland hat am 25. November die Schwelle von 100.000 überschritten.

Die Aufgabe von Kirche und Diakonie sei es, Menschen in der Zeit der Trauer zu begleiten, darum würden seelsorgerliche Unterstützung und Trauergruppen angeboten, sagte Bedford-Strohm weiter. In allen 1.536 evangelischen Kirchengemeinden in Bayern gebe es solche Angebote. Darüber hinaus biete die Diakonie in ihren Beratungsstellen professionelle Hilfe. Im Sommer sei außerdem ein Netzwerk von Selbsthilfegruppen für Corona-Trauernde gegründet worden, an dem sich die Landeskirche beteilige.



Evangelische Kirche offen für Ablösung der Staatsleistungen



Berlin (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt das Vorhaben der Ampel-Parteien, die Staatsleistungen abzulösen. „Positiv ist, dass die Koalition die Ablösung der Staatsleistungen angehen will und dazu Gespräche mit Gebern und Empfängern der Staatsleistungen sucht, also den Ländern, Landeskirchen und Diözesen“, sagte der Bevollmächtigte der EKD bei Bundesregierung und Bundestag, Martin Dutzmann, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 26. November.

Die voraussichtliche Ampel-Koalition will in dieser Wahlperiode eine Regelung zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen durchsetzen. „Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Solch ein Bundesgesetz ist Grundlage für die Ablösung der Zahlungen in den Ländern.

Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie sind von der Kirchensteuer zu unterscheiden und betragen aktuell rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr an evangelische und katholische Kirche.

Auftrag aus Weimarer Zeiten

Der Auftrag, diese regelmäßigen Zahlungen abzulösen, wurde von der Weimarer Reichsverfassung ins Grundgesetz übernommen, bislang aber nicht umgesetzt. In der vergangenen Wahlperiode legten die damaligen Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke einen Vorschlag vor. Der wurde im Bundestag von Union und SPD zwar abgelehnt, fand in Teilen aber zustimmende Worte auch vonseiten der Sozialdemokraten.

Zu dem „fairen Rahmen für die Ablösung“, wie es im Koalitionsvertrag heißt, gehöre das sogenannte Äquivalenzprinzip, das der Gesetzentwurf von FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Linken aus der vergangenen Legislaturperiode ausdrücklich genannt habe, betonte Dutzmann. Es bedeutet, dass die Ablösung gleichwertig sein muss.

Der Koalitionsvertrag enthält zudem einen Passus über das kirchliche Arbeitsrecht. Es soll geprüft werden, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann. „Wir sind offen für solche Gespräche, in denen wir sehr deutlich machen werden, dass unser Mitarbeitervertretungsrecht gegenüber der Mitarbeitervertretung in nicht-kirchlichen Einrichtungen gleichwertig ist“, sagte Dutzmann und verwies auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2013.

Er wolle betonen, dass rund 90 Prozent der diakonischen und caritativen Unternehmen eine Mitarbeitervertretung hätten, aber nur etwa jeder zehnte betriebsratsfähige Betrieb im nicht-kirchlichen Bereich.



Läuten und läuten lassen




Glocken der Düsseldorfer Auferstehungskirche
© epd-bild / Stefan Arend
Für manche Menschen hat das Läuten von Kirchenglocken etwas Heimeliges, zumal in der Weihnachtszeit. Andere sind davon genervt. Immer wieder landen die Fälle vor Gericht.

Frankfurt a. M. (epd). Endlich Wochenende, ausschlafen. Nicht für Felix, der in Wirklichkeit anders heißt. Wie jeden Samstag wurde der 31-jährige Bad Homburger auch diesmal um sieben Uhr unsanft aus dem Schlaf geholt - von den Kirchenglocken der benachbarten evangelischen Erlöserkirche und der katholischen Marienkirche, die zum Morgengebet läuteten.

„Ich habe nichts gegen die Glocken, ich bin selbst Kirchenmitglied. Aber um die Uhrzeit - muss das sein?“, ärgert sich der IT-Spezialist. Die katholische Kirche gebe sogar nachts mit Geläut die Uhrzeit an, alle 15 Minuten. Auf eine E-Mail an die Gemeinde vor mehreren Wochen habe er die Antwort erhalten: „Wir besprechen das im Vorstand.“

Auch andernorts sorgt Glockengeläut für Ärger. Das hat kürzlich Stephan Da Re erlebt. Er ist Pfarrer in der Johanniskirche in Wiesbaden. Es war nicht das erste Mal, dass sich Leute über das Läuten beschwert haben. Aber diesmal hat sich der Theologe ganz schön geärgert, denn das Schreiben kam von einem anonymen Absender. Und auch der Ton gefiel dem Gemeindepfarrer nicht. So schreibt der anonyme Verfasser vom „unnötigen Gebimmel“.

„Lärmbelästigung“ oder „geschätzter Wecker“

Den Brief hat Da Re auf Twitter veröffentlicht. Ganz bewusst, wie er erzählt: „Ich bin der Meinung, dass bei so etwas ein klares Bekenntnis gefordert ist.“ Für den Beitrag erhielt der Wiesbadener innerhalb kürzester Zeit Hunderte Kommentare. Die einen gaben dem Briefschreiber recht mit Sätzen wie: „Lärmbelästigung - keine Sonderrechte für Kirche.“ Viele andere äußerten sich pro Glockenläuten. So schreibt eine Userin, dass die Glocken für sie „ein geschätzter Wecker“ seien. Andere meinen: „Selbst schuld, wenn man in die Nähe einer Kirche zieht“, „Jeder Autolärm oder Laubbläser ist unangenehmer“ und „Man gewöhnt sich dran“.

Schnell führte die Diskussion auch in Richtung Muezzinruf. Der öffentliche Ruf zum muslimischen Freitagsgebet wurde vor wenigen Wochen in Köln und kürzlich auch in Raunheim (Kreis Groß-Gerau) genehmigt. Schwer zu vergleichen, findet der Glockensachverständige der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Thomas Wilhelm. Er betont: „Der Glockenruf ist im Gegensatz zum Muezzinruf nonverbal.“ Außerdem sei die Glocke auch außerhalb des Christentums ein Symbol für Frieden.

Immer wieder ziehen Glockengegner vor Gericht, mit unterschiedlichen Ergebnissen: Kürzlich hat zum Beispiel das Verwaltungsgericht Frankfurt entschieden, dass die Kirchenglocken der evangelischen Kirche in Usingen-Merzhausen im Hochtaunuskreis weiter sonntags läuten dürfen und damit die Klage einer Anwohnerin abgewiesen. Das Glockenläuten sonntags habe sakralen Charakter, urteilten die Richter.

Gute Chancen für Kläger bei nächtlichem Läuten

Ein Rentner im fränkischen Haundorf dagegen hatte im vergangenen Jahr vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erreicht, dass weniger geläutet wird. Gerade wenn es um das nächtliche Läuten geht, stehen die Chancen für Kläger gut. Denn laut Gesetz gilt zwischen 22 und 6 Uhr Nachtruhe - auch für die Glocken.

Oft einigen sich Nachbarn und Gemeinde aber auch außergerichtlich. So wie in der katholischen Kirchengemeinde im rheinland-pfälzischem Erpel. Dort hatte sich kürzlich ein neu Zugezogener über das Läuten beschwert. Eine Messung ergab: Die Glocken sind zu laut. Deshalb schritt zwar das zuständige Ordnungsamt ein, eine Anzeige aber blieb aus. Seither schweigen die Glocken der St. Severinus-Kirche in der Nacht.

Die Lage ist nicht eindeutig, wie auch der hessen-nassauische Glocken-Experte Wilhelm erklärt. Denn man muss unterscheiden zwischen religiösem und weltlichem Läuten. Sakrales Glockengeläut sei im Rahmen des Grundrechts auf freie Religionsausübung geschützt. Wird also zum Gebet oder Gottesdienst geläutet, ist das grundsätzlich erlaubt, auch mehrmals täglich. Zum weltlichen Glockenläuten zählt der Stundenschlag oder das Läuten an Neujahr.

Außerdem gibt es eine Lärm-Obergrenze. Für das Glockenläuten gilt in Wohngebieten nachts ein Wert von 40 dB(A), tagsüber 55 dB(A). In der Nähe von Krankenhäusern oder in Kurgebieten sind die Grenzwerte andere. Thomas Wilhelm versichert: „Wir versuchen ständig, die Akustik von Glocken zu verbessern.“ Das funktioniere über die Dämpfung des Geläuts mit Holz oder Gummi.

„Emotionales Instrument“

Pfarrer Da Re berichtet über große Zustimmung, die ihm nach dem Vorfall in seiner Gemeinde entgegenkam: „Mich haben viele Leute auf der Straße angesprochen und gesagt: ‚Also wir finden das schön mit den Glocken‘.“ Als Reaktion auf den anonymen Brief hat er ein Info-Blatt in den Schaukasten der Gemeinde gehängt und dieses auch auf Twitter veröffentlicht. Er wolle unbedingt mit den Menschen im Gespräch bleiben.

Das ist auch Kirchenmusiker Wilhelm wichtig. Er wirbt für die Glocke als „emotionales Instrument“: „Beim Frankfurter Stadtgeläut ist die Stadt voll!“ Das zeige, welche Anziehungskraft Glocken auf Menschen hätten. Und dann vergleicht er sie noch mit einer Klangschalentherapie: „Glocken sind nichts anderes. Sie haben eine heilsame Wirkung.“

Daran glaubt Felix nicht. Im Gegenteil. Er schläft seit dem Umzug in die Bad Homburger Innenstadt kaum eine Nacht durch und möchte sich in den nächsten Wochen erneut mit der Gemeinde in Verbindung setzen, um eine friedliche Lösung zu finden.

Von Carina Dobra (epd)


Meister: Koalitionsvertrag zeigt schwindende Wahrnehmung von Kirche



Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sieht die evangelische Kirche vor grundlegenden Veränderungen. Ein aktuelles Beispiel für die schwindende Wahrnehmung ihrer Bedeutung sei der Koalitionsvertrag der künftigen Ampel-Regierung, sagte Meister am 25. November in Hannover vor der digital tagenden Landessynode. „Kirche kommt auf etwas mehr als acht Zeilen vor in diesem Vertrag.“

In dem Passus zu Arbeitsvertragsregelungen sei zudem falsch von „verkündungsnahen Tätigkeiten“ die Rede, dabei gehe es um Verkündigung, sagte Meister. Diese schließe eine geistliche Sinnvermittlung ein. „Dass aber dieser für uns so selbstverständliche Sachverhalt nicht mehr gegenwärtig ist, sollte uns als Kirche nachdenklich machen.“

Auch wenn sie nach wie vor an staatliche Vorgaben gebunden sei, sehe sich die Kirche verstärkt als zivilgesellschaftliche Akteurin. „Die klassischen gesellschaftlichen Ordnungen haben sich verändert zu einer hochengagierten öffentlichen Beteiligungskultur“, sagte Meister. „Diese Kultur nimmt ihre Anliegen in die eigenen Hände. Sie bringt es auf die Straße, in die öffentlichen Räume, in Vereinsheime, Bürgerstiftungen und Quartiersentwicklungen, in die sozialen Netzwerke und auch in die Kirchen.“



Akademie: Hanna-Lena Neuser wird kommissarische Direktorin




Hanna-Lena Neuser
epd-bild/Evangelische Akademie Frankfurt

Frankfurt a.M. (epd). Die stellvertretende Direktorin der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main, Hanna-Lena Neuser, ist bis auf Weiteres mit der kommissarischen Leitung der Bildungseinrichtung beauftragt worden. Für ihre Arbeit als Studienleiterin im Themenfeld Europa & Jugend werde eine neue verantwortliche Person gesucht, teilte die Akademie am 25. November mit. Die Ernennung einer kommissarischen Leitungsperson war notwendig geworden, weil der ursprünglich zum Direktor bestimmte Koblenzer Theologe, Soziologe und Psychologe Roger Mielke kurzfristig abgesagt hatte.

Die 41 Jahre alte Politik- und Erziehungswissenschaftlerin Neuser tritt die Nachfolge von Thorsten Latzel an, der seit März dieses Jahres Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland ist. Die gebürtige Frankfurterin arbeitet seit 2015 an der Akademie, wo sie unter anderem das Nachwuchsprogramm „Junge Akademie“ aufbaute. Zuvor war sie Studienleiterin des Jungen Forums der Evangelischen Akademie Tutzing und Studienmanagerin an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing.




Gesellschaft

Corona: Leopoldina fordert Impfpflicht und Kontaktbeschränkungen




Corona-Impfung
epd-bild/Matthias Rietschel
"Nur so können die Bürgerinnen und Bürger unserer Gesellschaft vor weiteren desaströsen Folgen bewahrt werden", appellieren die Wissenschaftler.

Halle (epd). Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert vor dem Hintergrund des drastischen Anstiegs an Corona-Infektionen eine Impfpflicht und Kontaktbeschränkungen. Ungeimpfte müssten motiviert oder in die Pflicht genommen werden, heißt es in einem am 27. November in Halle veröffentlichten Appell von Wissenschaftlern: „Nur so können die Bürgerinnen und Bürger unserer Gesellschaft vor weiteren desaströsen Folgen bewahrt werden.“

Die Unterzeichner plädierten für Freiheitseinschränkungen wie Impfpflichten und drastischere Kontaktbeschränkungen, da diese offenkundig in Einklang mit Grundwerten stünden, die von der Mehrheit der Bevölkerung aus guten Gründen geteilt würden, hieß es.

Mehr Tempo bei Booster-Impfungen gefordert

Die Unterzeichner, darunter der Leiter der Virologie an der Charité Berlin, Christian Drosten, rufen dazu auf, bis Weihnachten neben Erst- und Zweit-Immunisierungen rund 30 Millionen Drittimpfungen zu ermöglichen. Um mehr Menschen die nötigen Dosen verabreichen zu können, müssten demnach andere medizinische Berufsgruppen wie Apotheker, Amtsärzte, Zahnärzte, Pflegekräfte und Hebammen mit einbezogen werden. Dazu sei gegebenenfalls fachliche und logistische Unterstützung der Bundeswehr, des Technischen Hilfswerks und anderer anerkannter privater Hilfsorganisationen in der Katastrophenvorsorge nötig.

Die 1652 gegründete Leopoldina wurde 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Sie hat nach eigenen Angaben 1.600 Mitglieder aus über 30 Ländern und vereinigt so Expertisen aus nahezu allen Forschungsbereichen.



Intensivmediziner: Bei Triage darf Impfstatus keine Rolle spielen



Medizinische Teams auf den Intensivstationen müssen sich darauf vorbereiten, Patienten auszuwählen, die nicht behandelt werden können, weil Betten und Personal fehlen. Ungeimpfte Covid-19-Patienten dürfen dabei nicht benachteiligt werden.

Berlin (epd). Angesichts der drohenden und bereits eingetretenen Überlastung von Krankenhäusern durch Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen haben die Intensiv- und Notfallmediziner ihre Leitlinien für die sogenannte Triage aktualisiert. Danach darf der Impfstatus eines Covid-19-Patienten keine Rolle spielen, wenn es zu wenige Intensivbetten gibt und die Ärzte auswählen müssen, welche Patienten behandelt werden. Das geht aus den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) hervor, die am 26. November vorgestellt wurden.

Sie stellen außerdem klar, dass Covid-19- Erkrankte und alle anderen Patientinnen und Patienten bei Auswahlentscheidungen gleichbehandelt werden müssen, auch die, die auf eine Operation warten und deren Zustand sich durch eine weitere Verschiebung lebensbedrohlich verschlechtern würde. Der Vorstand des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, Georg Marckmann, erklärte, Ärzte seien zur Hilfe verpflichtet unabhängig davon, wie sich ein Patient verhalten habe. „Wir sind Retter, keine Richter.“ Das gelte auch für Covid-19-Patienten, die sich nicht haben impfen lassen.

Die DIVI-Empfehlungen richten sich an alle medizinischen Teams, die Auswahlentscheidungen treffen müssen. Das entscheidende Kriterium ist die Erfolgsaussicht für die Behandlung eines Patienten. Das Alter oder eine Vorerkrankung spielen nur dann eine Rolle, wenn sie die Prognose verschlechtern. Die Empfehlungen waren im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie erstmals veröffentlicht worden, als es noch keine Impfungen gab. Deshalb und wegen der sich dramatisch zuspitzenden Lage in der vierten Welle wurden sie jetzt aktualisiert.

„Tragische Entscheidungen“

Der Internist und frühere DIVI-Präsident Uwe Janssens sagte, „das sind ganz tragische Entscheidungen, aber sie sind unvermeidbar“. Man habe sich bereits zu Beginn der Pandemie damit auseinandergesetzt. Er appellierte zugleich eindringlich an die Politik, jetzt „schnellste Entscheidungen für ganz Deutschland“ zu treffen, damit die Teams in den Kliniken nicht in solche Situationen kämen. Die Infektionsketten müssten unterbrochen werden. Angesichts der Zahlen sei in den nächsten Tagen täglich mit Hunderten neuer Intensivpatienten zu rechnen. In Kürze werde der Höchststand von 5.723 Covid-19-Patienten vom Januar dieses Jahres auf den Intensivstationen erreicht sein und dann mit Sicherheit deutlich überschritten werden - bei knapper gewordenen Ressourcen, sagte Janssens.

Nach Angaben der DIVI waren am Donnerstag dieser Woche 4.202 Covid-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, 132 mehr als am Vortag. 2.163 müssen beatmet werden. Insgesamt sind bundesweit 19.829 Intensivbetten für erwachsene Patienten belegt und 2.334 noch frei. In den hochbelasteten Kliniken im Osten und Südosten Deutschland sind mehr als die Hälfte der Intensivpatienten Covid-19-Patienten.

Die Intensivmediziner hatten gefordert, dass planbare Operationen in allen Krankenhäusern in Deutschland verschoben werden, soweit dies die entsprechenden Patienten nicht gefährde, um Kliniken mit extrem hohen Patientenzahlen zu entlasten. Die Gesundheitsminister der Länder hatten am 25. November einen entsprechenden Beschluss gefasst. Die Bundeswehr wollte am Nachmittag mit ersten Verlegungsflügen beginnen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte.



WHO: Covid-19 die häufigste Todesursache in Europa




Sarg für Corona-Toten
epd-bild/Nancy Heusel

Kopenhagen, Genf (epd). In der Region Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Covid-19 derzeit die häufigste Todesursache. In der vergangenen Woche sei die Zahl der Covid-19-Toten auf nahezu 4.200 täglich gestiegen, teilte das WHO-Regionalbüro Europa am 23. November in Kopenhagen mit.

Damit habe sich seit Ende September die Zahl der Sterbefälle pro Tag verdoppelt, damals seien es 2.100 gewesen. Insgesamt seien seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Millionen Menschen in den 53 Ländern der WHO-Region Europa im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion gestorben.

Bis März des kommenden Jahres könnte die Zahl der Corona-Todesfälle auf mehr als 2,2 Millionen steigen, hieß es. Die WHO nannte drei Hauptursachen für die fortschreitende Pandemie in Europa. So sei die vorherrschende Delta-Variante des Erregers besonders ansteckend. Zudem hätten Regierungen mit Erklärungen, wonach Covid-19 keine Notfall-Bedrohung mehr darstelle, das falsche Signal gegeben.

Mangelnde Impfbereitschaft

Im Zuge dieser Ankündigung hätten Regierungen Maßnahmen wie das Maskentragen und Abstandhalten gelockert. Letztlich nannte die WHO die mangelnde Bereitschaft vieler Europäer, sich impfen zu lassen, als wichtige Ursache für die weitere rasche Ausbreitung von Covid-19. Nicht geimpfte Menschen hätten einen schwächeren Schutz gegen Covid-19 als Geimpfte.

Der WHO-Region Europa gehören auch die Länder der ehemaligen Sowjetunion an. Sitz des WHO-Regionalbüros Europa ist die dänische Hauptstadt Kopenhagen.



"Whatever it takes"



Seit in Europa ausreichend Corona-Impfstoff verfügbar ist, spiegelt die jeweilige Quote in den Mitgliedsstaaten die Impfbereitschaft der Bürger wider. In Italien lassen sich besonders viele impfen. Was läuft dort anders als in Deutschland?

Rom (epd). Jeder Prozentpunkt zählt beim Eindämmen der Pandemie: Knapp 80 Prozent der Italiener sind doppelt geimpft, die Booster-Kampagne schlägt an - und das in einem Land, welches oft als chaotisch verschrien ist. Die Sieben-Tage-Inzidenz steht jetzt auf 90, so niedrig wie sonst nur noch in Malta, Spanien und Schweden. In Deutschland wird unterdessen über eine Impfpflicht diskutiert, in Österreich gilt eine solche ab dem 1. Februar.

Ein Grund für diesen Erfolg ist an der Regierungsspitze zu finden. Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ist bekannt für sein beherztes Handeln. Berühmt ist sein Ausspruch: „Whatever it takes“, unter diesem Motto wurde er zum Retter der Euro. Alle Mittel hat Draghi auch in der Pandemiebekämpfung zum Einsatz gebracht: Der „Green Pass“, das Zertifikat über Impf-, Test- oder Corona-Genesungsstatus, wurde in Italien mit als erstes eingeführt.

Ziel war es zunächst, das sommerliche Reisen im „Bel Paese“ zu garantieren. Das hat geklappt. Ende August wurden 20 Prozent mehr Urlauber als im ersten Pandemiesommer 2020 erfasst. In der Folge wurde die „Green Pass“-Pflicht in Italien auf immer größere Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ausgeweitet. Seit Mitte Oktober kann nur zur Arbeit erscheinen, wer den 3G-Nachweis mittels „Green Pass“ vorweist.

Pragmatismus siegt über Gleichmut

Den Italienern ist ihr „posto fisso“, ihr sicherer Arbeitsplatz, heilig. Giancarlo Mancini, einer von rund 8.000 Taxifahrern in Rom, sagt: „Wenn ich die Impfung nicht für die Arbeit gebraucht hätte, hätte ich mich nicht geimpft.“ Hier siegt der Pragmatismus von oben über den „menefreghismo“ - den Gleichmut - der Römer. Der mit Worten sparsam und gezielt umgehende Premierminister Draghi äußerte sich deutlich: „Wer dazu aufruft, sich nicht zu impfen, der ruft dazu auf, zu sterben - oder andere sterben zu lassen.“ Bislang sind in Italien in der Pandemie rund 133.000 Menschen an und mit Covid-19 verstorben. Vor allem zu Beginn der Pandemie traf es Norditalien besonders schwer.

Die Organisation der Corona-Eindämmung und damit auch der Impfung legte Draghi in die Hände eines eigens ernannten Sonderkommissars: Armee-General Francesco Paolo Figliuolo. Dieser zieht das Impfprogramm mit militärischer Disziplin und Logistik durch. Die militärischen Einrichtungen in Italien funktionieren reibungslos. Seit den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im „autunno caldo“, dem „heißen Herbst“, 1969/70 wird konsequent auf militärische Strukturen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit gesetzt.

Den „besten Mann für Krisenfälle“ hat Mario Draghi im März als Covid-19-Sonderkommissar gesucht. Figliuolo hat sich als solcher erwiesen. Die Impfkampagne steuert er aus Rom, trotz der Zuständigkeit der Regionen für das Gesundheitssystem. Ein Beweis für eine weitere Wesenseigenschaft der Italiener: höchste Flexibilität in problematischen Situationen.

Nur sieben Prozent lehnen Impfung kategorisch ab

Mit größtem Einsatz wurde ein Netz an Impfzentren und das System der logistischen Verteilung aufgebaut, das Personal stammt aus Freiwilligenorganisationen, der Armee, dem Zivilschutz und dem Gesundheitspersonal. Bis Ende des Jahres will der Afghanistan- und Kosovo-Veteran Figliuolo 90 Prozent aller Italienerinnen und Italiener über zwölf Jahren mindestens einmal geimpft sehen. Seit Mai gilt schon eine Impfpflicht in medizinischen Berufen, seit Oktober auch für Beschäftigte in Altenheimen.

„Whatever it takes“ - was es braucht, sind Rationalismus, Pragmatismus und straffe Organisation, um die Impfquote nach oben schnellen zu lassen und die Pandemie in den Griff zu bekommen. Das überzeugt die Italiener, von denen nur etwa sieben Prozent angeben, sich überhaupt nicht impfen lassen zu wollen.

Von Christina Höfferer (epd)


Der Koalitionsvertrag - die wichtigsten Beschlüsse



Berlin (epd). SPD, Grüne und FDP haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Nachfolgend einige der wichtigsten Beschlüsse sowie Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie, die die Ampel-Koalition ergreifen will.

KLIMA/ENERGIE:

Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für die Koalitionäre „oberste Priorität“, also die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der Ausstieg aus der Kohle soll „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorgezogen werden. Der CO2-Preis soll nicht unter 60 Euro pro Tonne fallen. Erneuerbare Energien sollen bis 2030 auf 80 Prozent der Gesamtenergieerzeugung ausgebaut werden. Zwei Prozent der Landesfläche sollen für Windenergie-Anlagen ausgewiesen werden. Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis wird 2023 beendet. Bis Ende 2022 soll ein Klimaschutzsofortprogramm verabschiedet werden.

CORONA-PANDEMIE:

Im Kanzleramt sollen ein ständiger Bund-Länder-Krisenstab eingerichtet werden sowie eine Expertengruppe mit Virologen, Epidemiologen und Psychologen, die täglich die Lage und die Wirksamkeit beschlossener Schutzmaßnahmen beurteilen soll. Die Impfkampagne soll intensiviert werden. Die 2G-plus-Regel (geimpft, genesen und negativ getestet) soll möglichst überall für Veranstaltungen und Restaurants gelten und auch privat eingehalten werden.

SOZIALES:

Zur Bekämpfung der Kinderarmut sollen die Leistungen für Kinder in der Kindergrundsicherung zusammengefasst werden. Anstelle der Hartz IV-Leistungen für Langzeitarbeitslose und deren Familien soll ein „Bürgergeld“ eingeführt werden. In den ersten beiden Jahren soll die neue Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und Prüfung der Wohnung gewährt werden. Das entspricht den derzeitigen Corona-Ausnahmeregeln.

ARBEIT/RENTE:

Der gesetzliche Mindestlohn wird in einem Schritt auf zwölf Euro pro Stunde erhöht. Davon profitieren laut dem voraussichtlichen Kanzler Olaf Scholz (SPD) zehn Millionen Menschen. Es soll keine Rentenkürzungen und auch keine Erhöhung des Renteneintrittsalters geben.

PFLEGE:

Es soll Verbesserungen für die häusliche Pflege geben. Das Pflegegeld soll regelmäßig erhöht werden. Die Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger (Kurzzeit- und Verhinderungspflege) werden zusammengefasst. Berufstätige pflegende Angehörige sollen leichter eine Auszeit im Job nehmen können und eine Lohnersatzleistung erhalten. Wegen der hohen Belastungen in der Pandemie sollen die Pflegekräfte einen Bonus ausgezahlt bekommen. Dafür will die neue Koalition eine Milliarde Euro bereitstellen.

GESUNDHEIT:

In der ambulanten Versorgung wird die Budgetierung der Honorare für Hausärzte aufgehoben, um die Versorgung der Patienten zu verbessern. Die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel soll auf sieben Prozent sinken. Auf dem Land, wo Ärzte fehlen, sollen mehr Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen zum Einsatz kommen.

ENTWICKLUNGSHILFE:

Es soll mehr Geld in die internationale Klimafinanzierung fließen. Das internationale Ziel einer ODA-Quote von 0,7 Prozent für staatliche Entwicklungshilfe soll wie seit 2020 auch weiterhin eingehalten werden. Davon sollen 0,2 Prozent an „die ärmsten Länder des Globalen Südens“ gehen. Das von der großen Koalition beschlossene Lieferkettengesetz, das Unternehmen Sorgfaltspflichten zur Einhaltung der Menschenrechte auferlegt, soll „unverändert umgesetzt und gegebenenfalls verbessert“ werden.

ASYL:

Der Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge soll wieder erleichtert werden. Für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge war er 2016 ausgesetzt, 2018 war dann ein Kontingent mit 12.000 Plätzen pro Jahr geschaffen worden. Vereinbart ist außerdem eine Reform des Bleiberechts, um für langjährig Geduldete ohne sicheren Rechtsstatus eine Perspektive zu schaffen.

FAMILIE:

Das Familien- und Abstammungsrecht wird modernisiert. Bei lesbischen Paaren soll die Co-Mutter automatisch zweites rechtliches Elternteil sein. Es soll möglich werden, dass bis zu vier Erwachsene rechtlich als Eltern anerkannt werden.

FRAUEN:

Das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche (§ 219a Strafgesetzbuch) wird abgeschafft.



Tausende grüne Lichter für humanitären Korridor nach Belarus




Aktion vor dem Berliner Reichstag
epd-bild/Christian Ditsch
Die Aktion "Grünes Licht für die Aufnahme” appelliert an die kommende Bundesregierung.

Berlin (epd). Mit Tausenden grünen Lichtern haben Flüchtlingsorganisationen am ersten Adventssonntag zwischen Berliner Reichstagsgebäude und Kanzleramt für die Einrichtung eines humanitären Korridors für die geflüchteten Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze demonstriert. Die Menschen, die aktuell im Grenzgebiet ausharren, sollten zügig in Deutschland aufgenommen werden und einen Antrag auf Asyl stellen können, erklärten die Initiativen in Berlin.

Die Aktion „Grünes Licht für die Aufnahme” wird unter anderem von den Organisationen Seebrücke, Campact, “Mauerfall.jetzt„ und “Wir packen’s an" getragen. Sie fordern den künftigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ampel-Parteien Grüne und FDP dazu auf, ihrer Verpflichtung zu humanitärer Verantwortung aus dem Koalitionsvertrag sofort nachzukommen.

Mit grün beleuchteten Fenstern in ihren Häusern zeigten Polinnen und Polen in der Grenzregion derzeit, dass sie praktische Hilfe und Unterstützung für geflüchtete Menschen anbieten, hieß es weiter. Das Berliner Bündnis greife deshalb dieses Symbol der grünen Lichter auf.



UN: Bootsunglück im Ärmelkanal ist schlimmstes seit Erfassungsbeginn



Genf (epd). Das Bootsunglück im Ärmelkanal mit 27 Toten vom Mittwoch ist laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) die schlimmste Tragödie seit Beginn der Aufzeichnungen. Seit dem Start der Zählung vermisster Migranten im Jahr 2014 habe es im Ärmelkanal bei einem Bootsunglück noch nie so viele Tote gegeben, sagte IOM-Sprecherin Safa Msehli dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 25. November in Genf.

Am Mittwochabend kenterte im Ärmelkanal ein Boot mit Flüchtlingen und Migranten. Laut dem französischen Innenminister Gérald Darmanin starb bei dem Unglück auch ein Mädchen. Insgesamt sind nach Angaben der IOM im Jahr 2021 bisher 42 Menschen auf der gefährlichen Seepassage zwischen Frankreich sowie Belgien einerseits und Großbritannien andererseits gestorben. Die Organisation fordere angesichts der „entsetzlichen Tragödie“ vom 24. November eine robustere und schnellere Seenotrettung als bisher, sagte Msehli.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR verlangte, die Menschen besser über die Risiken der verschiedenen Transitrouten aufzuklären. Vor allem aber müssten die Staaten die kriminellen Schleuserbanden entschiedener bekämpfen. Die Länder müssten sichere und legale Wege anbieten, auf denen Flüchtlinge und Migranten andere Länder erreichen könnten. Viele Menschen, die im Norden Frankreichs auf eine Überfahrt nach England warteten, seien Opfer von Kriegen und Verfolgung. Die IOM gehört zu den Vereinten Nationen und sitzt in Genf.



UN: 20 Prozent der weiblichen Flüchtlinge Opfer sexueller Gewalt



Genf (epd). Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, hat zu einem besseren Schutz von Mädchen und Frauen vor sexueller Gewalt aufgerufen. Rund 20 Prozent der weiblichen Flüchtlinge seien Opfer von sexuellem Zwang, Übergriffen und Vergewaltigungen, warnte Grandi am 26. November in Genf.

Weltweit müssten die Opfer entsetzliche Qualen leiden, von Afghanistan über die Demokratische Republik Kongo bis hin zu Kolumbien. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie habe sich die Lage für viele Mädchen und Frauen noch verschlimmert. Aufgrund der Schließung von Schulen hätten etwa Mädchen ihre Schutzräume verloren und seien stärker den Übergriffen ausgeliefert.

Grandi berichtete von einem Anstieg der häuslichen Gewalt, des Menschenhandels und der sexuellen Ausbeutung. Neben den Regierungen seien auch die Hilfsorganisationen, die Zivilgesellschaft und Geberländer gefordert, um die sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen zu beenden, verlangte Grandi.

Die Zahl der Menschen auf der Flucht ist laut einem jüngst veröffentlichten Bericht des Hilfswerk UNHCR abermals gestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien mehr als 84 Millionen Menschen auf der Flucht gewesen. Bisher war die UN-Organisation von etwa 82 Millionen Flüchtlingen und Binnenvertrieben ausgegangen. Hochkommissar Grandi ist Chef des UNHCR.



Erstes Licht am Chanukka-Leuchter am Brandenburger Tor entzündet




Chanukka-Leuchter am Brandenburger Tor
epd-bild/Rolf Zöllner

Berlin (epd). Der Berliner Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal hat am 28. November das erste Licht des achtarmigen Chanukka-Leuchters am Brandenburger Tor entzündet. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), sagte anlässlich der Zeremonie: „Das jüdische Lichterfest drückt Zuversicht und Freude für alle Menschen aus.“

Jüdisches Leben sei fester Bestandteil der Bundeshauptstadt. „Wir alle sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass es ohne Angst gelebt werden kann“, sagte Müller. Gerade am Brandenburger Tor, das symbolhaft für die deutsche Hauptstadt stehe, sei dieses Licht ein Zeichen der Stärkung jüdischen Lebens.

Zeichen gegen die Tyrannei

Der zehn Meter hohe Chanukka-Leuchter am Brandenburger Tor ist laut Rabbiner Teichtal ein Zeichen für Licht in der Dunkelheit und für Demokratie gegen die Tyrannei.

Anlässlich des achttägigen jüdischen Lichterfests werden in Berlin mehr als 25 Chanukka-Leuchter an öffentlichen Orten aufgestellt. Diese sollen das deutsch-jüdische Miteinander symbolisieren.

Der größte Leuchter wird seit 2008 als Symbol des Wunders von Chanukka und als Zeichen eines lebendigen Judentums in Deutschland vor dem Brandenburger Tor aufgestellt und während der Dauer der Feiertage täglich entzündet.




Soziales

"Man hat mich einfach vergessen"




Mütter legen rosa Rosen dort ab, wo sie Gewalt erlebt haben oder respektlos behandelt wurden.
epd-bild/Mother Hood e.V.
Geburten können traumatisch sein. Am 25. November legen viele Frauen deshalb eine Rose vor die Tür des Kreißsaals, in dem sie Gewalt erlebt haben oder sich respektlos behandelt fühlten.

Berlin (epd). Gewalt unter der Geburt. Das scheint wie ein Widerspruch in sich, ist doch die Geburt eine absolut intime und herausfordernde Situation im Leben einer Frau. Da sollte sie die beste Unterstützung und den Zuspruch bekommen, den sie braucht. Dennoch: Viele Frauen berichten davon, dass sie unter der Geburt gewaltsame Erfahrungen gemacht haben.

Anke ist eine von ihnen. Bei der Geburt ihres ersten Kindes in einer Klinik in Brandenburg vor acht Monaten war sie 31 Jahre alt. Die Geburt wurde eingeleitet, sie dauerte 30 Stunden. Ihren Partner ließ die Klinik wegen der coronabedingten Einschränkungen erst zum Ende der Geburt zu ihr.

Sie konnte aufgrund einer Periduralanästhesie (PDA) zur Schmerzlinderung nicht mehr aufstehen, was ihr vorher aber nicht erklärt worden sei. „Ich lag die ganze Nacht allein mit Wehen im Kreißsaal mit einem dünnen Laken übergeworfen“, beschreibt sie den Alptraum, der die Geburt ihres ersten Kindes für sie war. Als ihr Freund zu ihr durfte, sei sie psychisch am Ende gewesen. „Ich konnte nicht mal mehr reden.“

Druck auf den Bauch

Am Ende wendeten Hebamme und Krankenschwester den umstrittenen Kristeller-Handgriff an, bei dem Druck von außen auf den Bauch der Gebärenden ausgeübt wird. „Hebamme und Krankenschwester haben zusammen fast auf meinem Bauch gesessen.“ Es kam die Saugglocke zum Einsatz. Ihr sei das Kind „aus dem Körper gerissen“ worden, so hat Anke es empfunden. Für sie war die Geburt schwer traumatisierend: „Über mich wurde einfach verfügt. Es gab keine Aufklärung.“

Einen Moment wird sie nie vergessen, wie sie sagt: Während ihrer 30-stündigen Geburt hätten sie fünf verschiedene Hebammen betreut. Die fünfte habe zu ihr gesagt: „Wenn du dich dabei sicherer fühlst, kann ich meine Unterlagen holen und hier bei dir bleiben. Dann stehen wir das zusammen durch.“ Das sei das erste Mal gewesen, sagte Anke, dass sie sich geborgen gefühlt habe. Diese Hebamme sei dann aber nicht wiedergekommen, es kam eine andere Kollegin zur Geburt.

Tanja Sahib ist Psychologin und Traumatherapeutin. Seit 20 Jahren begleitet sie Frauen wie Anke nach einer traumatischen Geburt. In ihrem Buch „Es ist vorbei - ich weiß es nur noch nicht“, beschreibt Sahib, wie Frauen traumatische Geburtserfahrungen bewältigen können. „Was die Frauen verbindet, ist ein grenzenloses Entsetzen über das, was ihnen passiert ist“, sagt sie. Die Folgen für viele Frauen seien klassische posttraumatische Symptome, wie Taubheit, nichts mehr richtig fühlen zu können, Alpträume, Panikattacken und Flashbacks.

„Wie vom Lkw überrollt“

Auch Frida, die eigentlich anders heißt, kennt das. Die heute 48-Jährige hat vor fast 25 Jahren ihren ersten Sohn zur Welt gebracht. Über die Geburt sagt sie heute noch: „Wenn ich über die Zangengeburt rede, fühlt es sich an, als würde ich vom Lkw überrollt.“ 20 Jahre lang hätten Alpträume sie begleitet. Bei ihrer ersten Geburt war sie 23 Jahre alt. Das Baby wurde mit einer Geburtszange geholt, hatte die Nabelschnur um Hals und Körper gewickelt. Für sie ist klar: „Es ging nicht anders.“ Der Arzt habe ihr und ihrem Kind das Leben gerettet. Trotzdem sei die Geburt traumatisch gewesen.

„Was alle Frauen zuerst brauchen, ist, dass man ihnen zu hört und glaubt“, sagt Psychologin Sahib: „Sie müssen die ganze Geschichte erzählen können.“ Für viele Frauen sei es sehr hilfreich, den Geburtsbericht zu lesen und ein Gespräch in der Klinik zu führen.

Auch der Deutsche Hebammenverband (DHV) kennt das Thema. „Keine Frau darf während der Geburt Gewalt erfahren. Das dürfen wir nicht akzeptieren“, sagt Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer. Die ethischen Richtlinien des Verbands verpflichteten alle im DHV organisierten Hebammen, jegliche Form von Gewalt zu vermeiden. In einem Positionspapier kritisiert der Verband „berufsübergreifenden Personalmangel“, der zu einer „permanenten Überforderung und Stresssituation der in der Geburtshilfe tätigen Personen“ führe.

Lea Beck-Hiestermann forscht zur Gewalt unter der Geburt. Die Doktorandin an der Psychologischen Hochschule Berlin hat für eine Teilstudie, die noch nicht publiziert ist, über 1.000 Mütter im ersten Jahr nach der Geburt online befragt. Das Ergebnis: 53,2 Prozent der Frauen gab an, mindesten eine Form von Gewalt erlebt zu haben. Dazu zählten beispielsweise Dammschnitte und der Kristeller-Handgriff, die als physische Gewalt empfunden werden, aber auch psychische Gewalt, etwa, wenn die Frau nicht ernst genommen werde, sowie Vernachlässigung und eine Störung der Mutter-Kind-Beziehung. „Diese Zahlen sind alarmierend. Das Thema sollte nicht klein geredet werden“, sagt Beck-Hiestermann.

Erst nach Stunden den Sohn gesehen

Auch Johanna, die Ärztin ist und eigentlich einen anderen Namen trägt, gibt an, dass die Geburt ihres ersten Kindes sehr belastend war. Ihr Sohn musste nach einer ungeplanten Kaiserschnittgeburt in eine Kinderklinik verlegt werden. Die junge Frau lag allein in einem Raum, konnte sich durch die Narkose des Kaiserschnitts nicht bewegen, das Baby war weg, wie sie erzählt. Eine Klingel habe es nicht gegeben. Ihr Eindruck: „Man hat mich einfach vergessen.“

Sechs Stunden später sei sie in die Klinik verlegt worden, in der auch ihr Sohn behandelt wurde. „In meiner Wahrnehmung waren das acht Jahre.“ Für sie ist das Erlebte keine Gewalt. Aber sie sagt: „Das System ist krank. Es gibt einfach keine Zeit.“ Für Traumatherapeutin Sahib ist klar: „Eine Frau hat das Recht, darauf zu vertrauen, dass sie gut begleitet wird.“

Von Lena Högemann (epd)


2020 wurden 139 Frauen von Partner oder Ex-Partner getötet



Gewalt in der Partnerschaft nimmt zu - vor allem Frauen werden Opfer. Ein massives Dunkelfeld macht die Analyse jedoch oft schwer. So stiegen während der Corona-Lockdowns die Fallzahlen zwar nicht stark, Hilfetelefone bemerkten aber Veränderungen.

Berlin (epd). Alle zweieinhalb Tage stirbt in Deutschland eine Frau durch Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners. Wie aus der am 23. November in Berlin veröffentlichte Kriminalistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt 2020 hervorgeht, wurden 2020 insgesamt 139 Frauen Opfer von tödlicher Partnerschaftsgewalt und 30 Männer. Ein Jahr zuvor waren es 117 Frauen und 32 Männer. Die Zahl der Fälle von Gewalt in bestehenden und ehemaligen Partnerschaften stieg im Vergleich zu 2019 um 4,9 Prozent auf 146.655 an. Während der Corona-Lockdowns gab es den Angaben nach indes keine auffällige Zunahme der polizeilich erfassten Taten. Es wird aber von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.

Die Partnerschaftsgewalt umfasst laut Bundeskriminalamtspräsident Holger Münch verschiedene Straftaten vom Stalking über Freiheitsberaubung, Vergewaltigung, Körperverletzung bis hin zum Mord. Er betonte, die präsentierten Zahlen seien nur das Hellfeld. Es gebe auch ein sehr erhebliches Dunkelfeld. Die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) rief dazu auf, Gewalt in der Familie nicht hinzunehmen. Hier müsse man „raus aus der Tabuzone“.

Kritik an Begriff „Familientragödie“

Zugleich kritisierte die Ministerin, wenn in Fällen von tödlicher Gewalt von einer „Familientragödie“ gesprochen werde. Es handele sich um nichts anderes als um ein Gewaltdelikt, betonte sie. Von einer Familientragödie spreche sie dann, wenn zum Beispiel eine Mutter von drei Kindern an Krebs versterbe.

Nach Worten von Lambrecht erfuhren im vergangenen Jahr in nur einer Stunde durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in Partnerschaften. Von insgesamt mehr als 122.000 Tatverdächtigen waren den Angaben nach rund 80 Prozent männlich und etwa 20 Prozent weiblich. Mehr als die Hälfte der Opfer (51,2 Prozent) habe in einem gemeinsamen Haushalt mit der tatverdächtigen Person gelebt. Die Mehrheit der Tatverdächtigen habe mit knapp 66 Prozent die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt.

Neu in die Auswertung aufgenommen wurde das „Tatmittel Internet“ in Fällen von Bedrohung (Anteil: 4,8 Prozent), Stalking (9,9 Prozent) und Nötigung (4 Prozent). Hier seien in den vergangenen Jahren Anstiege zu verzeichnen.

Während der Lockdowns in der Corona-Pandemie fiel Gewalt in Partnerschaften zumindest in der Polizeistatistik nicht als überdurchschnittlich stark auf. So gab es im April 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat zwar einen Anstieg von 2,9 Prozent und im Mai von 3,7 Prozent. Während des zweiten Lockdowns im Spätherbst und Winter sank wiederum die Zahl der registrierten Fälle um 1,5 Prozent im November und um 3,2 Prozent im Dezember. Dies könnte den Angaben nach aber auch daran gelegen haben, dass der Lockdown es Betroffenen schwerer gemacht hat, beispielsweise zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten.

Hilfetelefon klingelt öfter

Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ bemerkte indes eine stark angestiegene Nachfrage: Demnach wurden 2020 mehr als 51.000 Beratungen dokumentiert, rund 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Leiterin des Hilfetelefons, Petra Söchting, sagte, in ohnehin schwierigen Paarbeziehungen führten räumliche Enge, Home-Office, Home-Schooling oder die Angst vor Arbeitsplatzverlust natürlich dazu, dass Situation weiter eskalieren könnten. Auch gebe es keine Möglichkeiten, sich zum Beispiel aus dem Weg zu gehen.

Dass sich die Lage zugespitzt habe, sei auch daran zu sehen gewesen, dass die Hilfetelefone vermehrt Anrufe aus konkreten Notsituationen heraus bekommen hätten: Situationen mit sehr massiver Gewalt, wo die Beraterinnen etwa die Polizei per Konferenzschaltung mit einbinden oder den Rettungsdienst anrufen mussten.



Mehr Nähe: Interesse an gemeinschaftlichen Wohnformen nimmt zu




Wohnprojekt NiKA.Haus in Frankfurt am Main
epd-bild/Heike Lyding
Stärkeren Zusammenhalt erleben: Manche Menschen wollen sich diesen Wunsch durch gemeinschaftliche Wohnformen erfüllen. Michael Selig hat den Umzug in ein Wohnprojekt nicht bereut. Er erlebe dadurch mehr als "Arbeit und Familie", sagt er.

Frankfurt a.M. (epd). In der Gemeinschaft Schloss Tempelhof im baden-württembergischen Kreßberg wohnt ein bunt gemischter Haufen zusammen. „Wir haben Familien, Singles, alte und junge Leute“, sagt Michael Selig. Der ehemalige Personalleiter lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern seit 2016 in der Gemeinschaft. Drei Jahre vor dem Umzug kam er mit dem Tempelhof erstmals in Kontakt: „Mich hat es fasziniert zu sehen, wie die Menschen hier zusammen leben und arbeiten.“

Seit 2010 beherbergt der Tempelhof eine sozial-ökologische Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. Knapp 100 Erwachsene und 40 Kinder wohnen hier zusammen. „Manche in Jurten, manche in Bauwagen oder in anderen experimentellen Wohnformen“, erzählte Meike Selig. Die Seligs haben eine Wohnung. Die ist viel kleiner als das Haus, das sie zuvor besaßen. „Wir leben jetzt zu fünft auf 100 Quadratmetern, vorher hatten wir fast das Doppelte“, erzählt Meike Selig.

„Schwerpunkte meines Lebens falsch gesetzt“

Den Umzug hat Michael Selig keine Minute bereut. „Früher war mein Leben sehr durch Arbeit dominiert gewesen“, erzählt er. Außer Arbeit und Familie habe es fast nichts gegeben. „Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass die Schwerpunkte meines Lebens falsch gesetzt waren“, sagt der studierte Betriebswirt, der inzwischen als Gemeinwohl-Berater tätig ist. Er wollte mehr Zeit für Freundschaften haben.

Insgesamt wächst nach einer aktuellen Studie das Interesse an gemeinschaftlichem Wohnen. Rund 3.000 Wohnprojekte gibt es in Deutschland, wie es in der Studie „Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen“ der Hochschule Karlsruhe und des Deutschen Jugendinstituts mit Sitz in München heißt. Mehr als 60 Prozent der für die Studie befragten Familien sind danach der Ansicht, dass sie Familie und Beruf durch ihr Wohnprojekt viel besser vereinbaren können.

Auch Ute Sonntag lebt eng mit anderen Menschen zusammen. Die 36-Jährige vom „Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen“ zog mit ihrer Familie vor über zwei Jahren ins Frankfurter Nika-Haus. „Ich wohne hier mit Menschen zusammen, auf die ich unter Umständen in meinem Alltag nie getroffen wäre, und das nehme ich als große Bereicherung wahr“, sagt sie. Sich mit ihren Mitbewohnern auseinanderzusetzen, stelle zwar eine Herausforderung dar. „Doch für mich ist dies die beste Art, mental und emotional nicht einzurosten und Menschlichkeit auf einem oft sehr harten städtischen Pflaster zu spüren“, sagt die Frankfurterin.

Öko-Anspruch

Wohnprojekte zeichnen sich nicht nur durch einen starken Willen zur Gemeinschaft aus. Viele haben auch einen hohen Öko-Anspruch. Neue Häuser würden zum Beispiel oft aus Holz gebaut, sagt Susanne Dürr, Professorin für Städtebau an der Hochschule Karlsruhe, die an der Studie „Familien in gemeinschaftlichen Wohnformen“ beteiligt war. Auch werde versucht, den Flächenverbrauch pro Kopf zu reduzieren. Zudem seien häufig innovative Mobilitätskonzepte in die Projekte integriert wie etwa Car-Sharing.

Probleme bereitet manchmal die Übergangsphase vom „Einzelwohnen“ zum Wohnen in Gemeinschaft. „Meist kommt ein emotionales Hoch nach dem Einzug, wo alles rosarot ist, und dann ein Tief, wo alles und alle nerven“, schildert Sonntag aus ihren persönlichen Erfahrungen. Danach pendle sich die Sache in aller Regel ein.

Menschen, die sich fragen, ob sie für ein Wohnprojekt geeignet sind, verweist sie auf den Fragebogen „Sind Sie ein gemeinschaftlicher Wohntyp?“ des Netzwerks Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen. „Will ich wirklich mehr Nähe?“, lautet eine der Fragen, die bei der Entscheidungsfindung helfen sollen.

„Unbeleckte“ haben mitunter völlig falsche Vorstellungen vom gemeinschaftlichen Wohnen. Gemeinschaft - das klingt so schön kuschelig. Doch allein der Planungsprozess könne schwierig sein, sagt Stadtsoziologin Annette Spellerberg von der TU Kaiserslautern: „Er dauert fünf bis sieben Jahre und erfordert Durchhaltevermögen.“

Von Pat Christ (epd)



Medien & Kultur

Der Himmel über der Wartburg




Iris Wolff und Uwe Kolbe in der Lutherstube
epd-bild/Rainer Salzmann
Drei Autoren haben sich in diesem Herbst auf der Wartburg freiwillig in Klausur begeben. Sie folgten den Spuren Martin Luthers, der hier vor 500 Jahren in der Einsamkeit seiner Stube das Neue Testament übersetzte. Das Experiment scheint geglückt.

Frankfurt a. M./Eisenach (epd). Den Himmel über der Wartburg wird Iris Wolff vermissen. „Jeden Morgen, jeden Abend so viel Himmel, manchmal steigt Nebel auf und man sitzt hier wie über den Wolken“, sagt sie. Dies sei ein Ort, „an dem man abrückt von der Welt“. Die aus Siebenbürgen stammende Schriftstellerin hat vier Wochen fern ihres Freiburger Alltags in dem alten thüringischen Gemäuer verbracht - in einer Art innerem Dialog mit Martin Luther, der hier vor 500 Jahren das Neue Testament ins Deutsche übersetzte, und fasziniert von dessen Sprache und Poesie.

Das „Wartburg-Experiment“, das die Autorin nach Eisenach führte, ist ein Projekt der Internationalen Martin Luther Stiftung und der Deutschen Bibelgesellschaft. Es soll an Luthers sogenanntes Septembertestament von 1521/22 erinnern und zugleich zeitgemäße poetische „Übersetzungen“ biblischer Stoffe anregen. Nacheinander residierten in diesem Herbst drei Schriftsteller auf der Burg: Uwe Kolbe, Senthuran Varatharajah und Iris Wolff, die als letzte ihren Aufenthalt auf der Burg am Donnerstag beendet hat.

Tägliche Bibellektüre

Für Wolff, deren Roman „Die Unschärfe der Welt“ für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert war, ging damit eine Zeit zu Ende, die sie als Luxus empfand. Die Struktur des Tages - ohne Termine und Verpflichtungen - habe ihr sehr gutgetan, sagt sie. Dies habe eine große Konzentration ermöglicht. Zudem habe sie eine „Liebe zu dem Ort“ entwickelt, der Teil ihrer Biografie geworden sei, und aus Freundlichkeit und Entgegenkommen der Menschen dort „geschöpft“.

Eine halbe Stunde täglich las Wolff in der Bibliothek neben Luthers Schreibstube in der Bibel. Sie las laut. „Das hab ich noch nie gemacht“, sagt die 44-Jährige: „Da wird plötzlich eine ganz andere Bildhaftigkeit offenbar, mir fallen andere Dinge auf.“ Auch Luther sei es ja auf das gesprochene Wort angekommen. „Das merkt man beim lauten Lesen. Die Klanglichkeit der Bibel ist bestechend, und auch ihre Poesie.“

Auch Uwe Kolbe schwärmt von seinem Aufenthalt. „Es hatte einen unglaublichen Reiz für mich auf der Wartburg zu sein“, sagt er. „Hier herrschte einst die Macht der Poesie, hier war Gott gegenwärtig.“ Den Verfasser der Gedichtbände „Psalmen“ (2017) und „Die sichtbaren Dinge“ (2019) faszinierten die Natur, der Thüringer Wald, die „schöne Burg“ mit ihrer komplexen Geschichte und die Begegnungen dort gleichermaßen. Immer im Hintergrund dabei: der sprachmächtige Luther, der hier die „Klinge mit dem Teufel“ kreuzte.

Ein Text pro Tag auf der Wartburg

Derzeit feilen die Autoren noch an ihren Texten. Während Iris Wolff nichts verraten möchte, kann Uwe Kolbe schon sagen, dass der Titel seines neuen Buches „Das Wartburg-Konglomerat“ sein soll - eine Reminiszenz an die geologische Beschaffenheit des Burgfelsens. Geplant sind 28 mit einem Bibelwort überschriebene Texte, Prosa und Gedichte, für jeden Tag seines Aufenthalts einer.

Der Vorstandsvorsitzende der Luther-Stiftung, Thomas A. Seidel, bezeichnet das Experiment als geglückt. Die drei Autoren hätten sich von der bildhaften Sprache Luthers, der „spirituellen Kraft der Texte“ inspirieren lassen. Beeindruckt zeigt sich Seidel von der „großen Konzentration, Ernsthaftigkeit und Intensität“ der Schriftsteller in der Auseinandersetzung mit ihrer Aufgabe und davon, wie sie ihre Bibel-Eindrücke in „ihr eigenes Glauben und Zweifeln, Denken und Schreiben übersetzt“ hätten. „Das war eine Sternstunde des Miteinanders von Musik und Poesie, Dialog und Liturgie“, sagt Seidel und erinnert besonders an den Literaturgottesdienst Mitte November.

Im Palas der Burg hatte Senthuran Varatharajah, der 1984 in Sri Lanka geboren wurde und mit der Bibel Deutsch gelernt hat, eine für viele Zuhörer ergreifende Predigt gehalten. Der Theologe und Träger des Adelbert-von- Chamisso-Preises („Vor der Zunahme der Zeichen“, 2016) bezog die Verse des Korintherbriefs über die Liebe auf den Suizid seines muslimischen Freundes Tarif und entfaltete dabei eine literarische Tiefe, die etwa die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, die sich selbst religiös unmusikalisch nennt, zu Tränen rührte. Auch hier war vom Himmel die Rede, „glattgestrichen wie Zement“.

Die literarischen Früchte des Wartburg-Experiments sollen im kommenden Sommer veröffentlicht werden. Dann tritt das Projekt in eine zweite Phase: Im Juni ist eine Schreibwerkstatt für junge Nachwuchsautoren geplant, an der die Wartburg-Schriftsteller als Mentoren mitwirken. Ihre eigenen Texte werden die drei dann zudem bei einer Lesung präsentieren.

Von Renate Kortheuer-Schüring (epd)


"Ich sympathisiere mit dem lieben Gott"




Heinz Rudolf Kunze
epd-bild/Jens Schulze
"Dein ist mein ganzes Herz" war 1985 der Durchbruch für den Musiker und Literaten Heinz Rudolf Kunze. Am 30. November wird der Mann mit der charakteristischen schwarzen Hornbrille 65 und sagt: "Ich habe oft mit mir gehadert."

Hannover (epd). Zweimal wurde seine geplante Tournee wegen Corona verschoben, im Frühjahr 2022 soll es hoffentlich losgehen. Heinz Rudolf Kunze „muss raus auf die Straße“, wie es in einem seiner neueren Songs heißt. Seit 40 Jahren steht er auf der Bühne und ist aus der deutschsprachigen Rockszene nicht wegzudenken. Am 30. November feiert der Dichter, Sänger, Musiker, Übersetzer und Schriftsteller, der in der Nähe von Hannover lebt, seinen 65. Geburtstag.

Kunze gehört zu den produktivsten Vertretern seiner Zunft. Seit seinem Debüt „Reine Nervensache“ 1981 hat er insgesamt 46 Studioalben veröffentlicht. Mit „Dein ist mein ganzes Herz“ gelang ihm 1985 der Durchbruch, der ihn allerdings nicht dauerhaft in die musikalische „Champions League“ brachte, wie er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt. Dafür habe er aber auch nichts mit „Abstiegskampf“ zu tun.

Oft sperrige Texte

Was ihn an der musikalischen „Champions League“ gereizt hätte? „Na, alles! Jeder Mensch, der Musik zum Beruf macht und sich in die Öffentlichkeit begibt, möchte ein Maximum an Resonanz und Erfolg.“ Das sei in seinem Fall allerdings nur schwer möglich, „wenn man vom Hörer relativ viel verlangt“.

Kunze, dessen Markenzeichen seine schwarze Brille ist, gilt als Intellektueller unter den Liederdichtern. Viele seiner Texte sind sperrig, provokant oder in ihrer Metaphorik schwer zu entschlüsseln. Er verehrt Bob Dylan, nicht erst, seit der den Nobelpreis für Literatur erhalten hat.

In diesen Tagen erscheint das neue Album „Werdegang“ des Rockpoeten Kunze, ein Best-of-Album, für das er junge Produzententeams gebeten hat, seine größten Hits neu zu interpretieren. Unter dem gleichen Titel hat er seine Autobiographie herausgebracht. Ist er mit seinem Werdegang im Reinen? „Was bleibt mir anderes übrig? Ich hatte nur diesen. Ich habe oft mit mir gehadert und ich glaube, ich bin immer mein eigener schärfster Kritiker gewesen.“

Gegen geschlechtergerechte Sprache

Durch seine scharfzüngigen Kommentare zu gesellschaftlichen und politischen Themen zieht der Musiker jedoch auch Kritik auf sich. Etwa, als er im Namen mehrerer Kollegen 1997 eine Quotenregelung für deutschsprachige Popmusik forderte - und dann allein die Prügel dafür einstecken musste. Aktuell macht er mit seiner Ablehnung einer geschlechtergerechten Sprache von sich reden, spricht von „Gender-Irrsinn“: „Auch ich halte viel von Toleranz und Respekt und Achtung vor anderen Lebensformen, aber ich kann das auch praktizieren, ohne zu gendern und damit die Sprache zu verunstalten“, sagt er.

Heinz Rudolf Kunze wird 1956 im ehemaligen Flüchtlingslager Espelkamp in Ost-Westfalen geboren und wächst in Osnabrück auf, seine Eltern kommen aus dem ostdeutschen Guben. Im Lied „Vertriebener“ greift er seine Herkunft auf („Ich hab nie kapiert, woher ich stamm“). Auch viele andere seiner Lieder tragen autobiografische Züge - für ihn seien die Alben immer Tagebuch-Ersatz gewesen.

Er studiert Germanistik und Philosophie, geht den Weg zum Gymnasiallehrer, wechselt aber noch im Referendariat den Beruf: 1980 nimmt er erfolgreich am Deutschen Pop-Nachwuchs-Festival in Würzburg teil. Das ebnet ihm den Weg zu einem Plattenvertrag. Seine Alben „Dein ist mein ganzes Herz“ (1985) und „Wunderkinder“ (1986) machen ihn bekannt. Zuvor waren bereits vier Studioalben und ein Live-Doppelalbum erschienen.

Libretto für „Les Misérables“

Auch als Musical-Übersetzer macht Kunze sich einen Namen. Er schreibt die deutschen Libretti unter anderem für „Les Misérables“ und „Miss Saigon“. In den Herrenhäuser Gärten in Hannover bringt er gemeinsam mit seinem langjährigen Gitarristen Heiner Lürig vier Shakespeare-Musicals auf die Bühne. Daneben schreibt er Prosa und ist seit einigen Jahren auch ab und an als Schauspieler in Fernseh-Nebenrollen zu sehen - etwa als kauziger Mordverdächtiger im „Tatort“. Der Vater von zwei Kindern ist seit 2009 in zweiter Ehe verheiratet.

Der Deutsche Evangelische Kirchentag beauftragt ihn mit einer Hymne für das Christentreffen 2005 in Hannover unter dem Motto „Wenn dein Kind dich morgen fragt“. Und im Jahr 2020, in der Hochphase der Pandemie, nimmt er gemeinsam mit dem Produzenten Dieter Falk und einem virtuellen Chor den Mut machenden Gospelsong „Zusammen“ auf.

Auf sein Verhältnis zur Kirche angesprochen, bezeichnet er sich selbst als „wohlwollende Karteileiche“. Zwei seiner besten Freunde seien Pastoren, deshalb könne er gar nicht aus der Kirche austreten. „Ich sympathisiere mit dem lieben Gott.“ In einem Lied von 2015 fordert er jedoch: „Jeder bete für sich allein“. „Für mich ist Religion eine ganz individuelle Angelegenheit. Ich glaube, wenn das jeder mit sich selber abmachen würde, gäbe es keine Kriege mehr auf der Welt.“

Von Lothar Veit (epd)


Studie: Medien stellen Gewalt gegen Frauen verzerrt dar



München (epd). Einer Studie zufolge stellen Medien gewalttätige Übergriffe gegen Frauen verzerrt dar. Bei der Darstellung geschlechtsspezifischer Gewalt im deutschen TV fehlten eine stärkere Einbeziehung der Betroffenen-Perspektive, häufig Vorabwarnungen über den Inhalt sowie Hinweise auf Hilfsangebote für Betroffene, teilte die MaLisa Stiftung am 22. November in München mit. Zudem würden die fiktiven Geschichten oft ohne eine Beschreibung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auskommen. Anlass für die Untersuchung ist der „Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen“ am 25. November.

Geschlechtsspezifische Gewalt kommt demzufolge in rund einem Drittel (34 Prozent) der Sendungen vor. Häufig handele es sich dabei um explizite und schwere Gewalt gegen Frauen und Kinder. Sie werde in unterschiedlichen Programmsparten und Genres dargestellt, am häufigsten jedoch in fiktionalen Programmen (66 Prozent); innerhalb dieser meist in Krimi-Serien (26 Prozent) und Spielfilmen (13 Prozent). Die Betroffenen von geschlechtsspezifischer Gewalt kämen nur in acht Prozent der Darstellungen ausführlich selbst zu Wort.

„Stereotypisierte Erzählmuster“

Für die Studie „Geschlechtsspezifische Gewalt im deutschen Fernsehen. Eine Medieninhaltsanalyse“ wurde den Angaben zufolge eine repräsentative Stichprobe der Programme von acht TV-Sendern (Das Erste, ZDF, RTL, RTLzwei, Vox, ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins) analysiert, die 2020 zwischen 18 und 22 Uhr ausgestrahlt wurden.

Schauspielerin Maria Furtwängler, Co-Gründerin der MaLisa Stiftung, sagte, Medien prägten unsere Wahrnehmung der Realität, dadurch hätten sie eine besondere Verantwortung, gerade bei einem gesellschaftlich so dringlichen Thema wie Gewalt gegen Frauen. „Wenn wir diese verzerrt darstellen, werden wir eher ein Teil des Problems, dabei können und sollten wir Teil der Lösung sein.“

Der Geschäftsführer der Ufa GmbH, Joachim Kosack, fügte hinzu, die Ergebnisse der Untersuchung rüttelten auf. „Bei der Entwicklung unserer Stoffe reflektieren wir viel zu wenig, dass immer wieder stereotypisierte Erzählmuster wiederholt werden.“ Er kündigte an, sich die Produktionsfirma in Workshops intern mit dem Ausgang der Studie auseinandersetzen wolle.

Die Studie ist ein Kooperationsprojekt der Hochschule Wismar und der Universität Rostock. Die MaLisa Stiftung und die Ufa GmbH förderten und initiierten die Untersuchung. Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen.



Döpfner bleibt Präsident des BDZV




Mathias Döpfner
epd-bild/Rolf Zöllner

Berlin (epd). Springer-Chef Mathias Döpfner bleibt Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Es sei unstreitig, dass „die Diskussion über angebliche Haltungen und Standpunkte des Präsidenten dem Verband nicht gut getan“ hätten, erklärte der BDZV nach einer Präsidiumssitzung am 24. November in Berlin. Nach einer konstruktiven Diskussion stelle dies aber keinen Grund dar, die sehr erfolgreiche Arbeit des Präsidiums in den vergangenen Jahren in Frage zu stellen. Döpfner war wegen eines DDR-Vergleichs in die Kritik geraten.

Der Springer-Vorstandschef, der seit 2016 an der Verbandsspitze steht, hatte in einer privaten und später geleakten SMS im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung einen Vergleich mit dem „DDR-Obrigkeitsstaat“ gezogen und Journalistinnen und Journalisten als „Propaganda-Assistenten“ bezeichnet. Laut Recherchen des Investigativ-Teams der Ippen-Gruppe, von denen der „Spiegel“ Teile veröffentlicht hatte, stammten Döpfners Äußerungen aus einer Nachricht an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre. Darin habe er erklärt, der damalige „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt sei „halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeits-Staat aufbegehrt“.

„Ausdrückliche Entschuldigung“ akzeptiert

Der BDZV teilte weiter mit, Döpfner habe zu Beginn der Präsidiumssitzung das Zustandekommen und den Kontext seiner privaten Äußerung noch einmal dargestellt und „seine inhaltliche Distanzierung und ausdrückliche Entschuldigung“ bekräftigt. Nach einer eingehenden Diskussion hätten die Präsidiumsmitglieder Döpfners Erläuterungen und Argumente mit großer Mehrheit für stimmig befunden und seine Bitte um Entschuldigung akzeptiert.

Die Formulierungen in der privaten Textnachricht seien „selbstverständlich inakzeptabel“ und das Präsidium habe sich einmütig zu unabhängigem Journalismus, Presse- und Meinungsfreiheit bekannt, hieß es weiter.

Döpfner hatte vor zwei Wochen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ betont, dass er sich für die kritisierte Formulierung „mehrmals und von Herzen entschuldigt“ habe: „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich absolut nicht so denke.“

Aus den Reihen des BDZV war teils deutliche Kritik an Döpfner geäußert worden, etwa von Vizepräsident Thomas Düffert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Madsack Mediengruppe, dem Geschäftsführer der Funke Mediengruppe, Christoph Rüth, und dem früheren BDZV-Vizepräsidenten Richard Rebmann.



"Spiegel" darf Beitrag über Julian Reichelt nicht online lassen



"Vögel, fördern, feuern": Unter diesem Titel veröffentlichte der "Spiegel" seine Recherchen zum Verhalten des Ex-"Bild"-Chefs Julian Reichelt. Nach einem ersten Gerichtsbeschluss ergänzte das Magazin den Artikel, nun muss es ihn offline nehmen.

Hamburg (epd). Der „Spiegel“ muss einen Artikel über den ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt mit dem Titel „Vögeln, fördern, feuern“ aus dem Netz nehmen. Dies bestätigte ein Gerichtsprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 26. November. In dem im März veröffentlichten Beitrag hatte der „Spiegel“ über mutmaßlichen Machtmissbrauch in der „Bild“-Redaktion und insbesondere über das Verhalten Reichelts berichtet.

Die jetzige Gerichtsentscheidung ist nicht die erste im Fall Reichelt gegen den „Spiegel“. Im Mai hatte der 41-Jährige bereits vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenmagazin erreicht. Infolgedessen ergänzte die Redaktion den nun nicht mehr aufrufbaren Online-Artikel um eine Stellungnahme Reichelts aus dem Gerichtsverfahren.

Genau diese Ergänzung hält das Landgericht dem neuen Ordnungsmittelbeschluss nach aber nicht für ausreichend, sagte der Gerichtssprecher. Die Pressekammer habe entschieden, dass die so im Internet belassene Berichterstattung noch immer gegen die ursprüngliche Verbotsverfügung verstoße und daher ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.000 Euro verhängt. Dafür sei entscheidend, dass die Berichterstattung ungeachtet der ergänzten Textpassagen immer noch genau den Sachverhalt betrifft, auf den sich das Verbot beziehe, nämlich auf den Verdacht des Fehlverhaltens gegenüber Frauen, des Machtmissbrauchs und der Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen.

„Spiegel“ legt Beschwerde ein

Das Magazin hält diese Einschätzung für falsch und hat vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Beschwerde eingereicht, wie eine „Spiegel“-Sprecherin dem epd sagte. Zudem sei die Berichterstattung „von der Realität überholt worden“, da sich die Vorwürfe tendenziell bestätigt hätten.

Nach der ersten Veröffentlichung der Anschuldigungen war Reichelt auf eigenen Wunsch freigestellt worden, der Axel Springer-Konzern leitete eine Compliance-Untersuchung zur Prüfung der Vorwürfe ein. Ende März kehrte Reichelt an seinen Arbeitsplatz zurück. Zur Begründung hieß es, der Vorstand des Medienkonzerns sehe es trotz bei der Untersuchung festgestellter Fehler in der Amts- und Personalführung als nicht gerechtfertigt an, Reichelt von seinem Posten abzuberufen.

Im Oktober wurde Reichelt dann mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden. Als Grund gab der Konzern an, er habe als Folge von Medienrecherchen neue Erkenntnisse über das aktuelle Verhalten Reichelts gewonnen.

Vor Bekanntgabe der Entscheidung des Axel-Springer-Vorstands zur Entlassung Reichelts war öffentlich geworden, dass die Spitze der Verlagsgruppe Ippen eine für den 17. Oktober geplante Berichterstattung zu mutmaßlichem Machtmissbrauch im Konzern Axel Springer gestoppt hatte. Daraufhin veröffentlichte der „Spiegel“ am Abend des 18. Oktober online Teile der Recherche. Der Fokus des Artikels liegt auf dem Umgang Reichelts mit ihm unterstellten Mitarbeiterinnen. Später bestätigte auch der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns, Mathias Döpfner, dass Reichelt nach Abschluss der Compliance-Untersuchung eine Beziehung mit einer ihm unterstellten Frau hatte.



Evangelischer Adventskalender adaptiert Filmklassiker




Michael Sommer
epd-bild/Klaus Wankmiller

Frankfurt a.M. (epd). Der Literaturwissenschaftler Michael Sommer adaptiert für den „Evangelischen Adventskalender“ 24 Filmklassiker mit Playmobilfiguren. „Wir haben 24 Weihnachtsfilmklassiker ausgewählt und kreativ neu erzählt“, sagte der Portalleiter von „evangelisch.de“, Markus Bechthold, laut Mitteilung des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP) vom 25. November.

Auf „evangelisch.de“ sind die Videos ab dem 1. Dezember täglich zu sehen. Die Pilotfolge wird bereits am Sonntag, dem 1. Advent, veröffentlicht. Zu den adaptieren Filmen zählen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Stirb langsam“ oder „Weihnachten bei den Hoppenstedts“.

Sommer ist für seinen Youtube-Kanal „Sommers Weltliteratur to go“ bekannt, auf dem er Klassiker der Literatur mit Playmobilfiguren als Kurzversion nachspielt. Beliebt sind die Videos vor allem bei Schülern. Der Dramaturg erhielt 2018 für seinen Kanal den Grimme Online Award. Das evangelische Contentnetzwerk „yeet“ hat Sommer als sogenannten Sinnfluencer gewonnen.

Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) ist die zentrale Medieneinrichtung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), ihrer Landeskirchen und Werke sowie der evangelischen Freikirchen. Zum GEP gehören unter anderem die Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (epd) und das Portal „evangelisch.de“.



Hamburg feiert 2024 den Evangelischen Posaunentag




Evangelischer Posaunentag in Dresden (2016)
epd-bild/Matthias Schumann

Hamburg (epd). Im Mai 2024 soll in Hamburg das weltweit größte Bläserfest gefeiert werden. Mehr als 20.000 Bläserinnen und Bläser werden vom 3. bis 5. Mai zum Deutschen Evangelischen Posaunentag 2024 erwartet, wie Gerhard Ulrich, ehemaliger Landesbischof der Nordkirche und Vorsitzender des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland, am 22. November ankündigte. Unter dem Motto „mittenmang“ sind mehrere Großveranstaltungen und zahlreiche kleinere Konzerte im gesamten Stadtgebiet geplant.

Der Posaunentag beginnt am 3. Mai 2024 mit einem Eröffnungsgottesdienst und Konzerten in den Hauptkirchen. Für den Tag darauf sind den Angaben zufolge zahlreiche Konzerte in Kirchen, Hallen und Plätzen im Zentrum von Hamburg und den Außenbezirken geplant. Die Posaunenchöre würden dabei auch an ungewöhnlichen Orten spielen, kündigte Daniel Rau, Landesposaunenwart der Nordkirche, an. Nach dem Morgenchoral am 5. Mai ist für den Mittag ein Abschlussgottesdienst mit den mehr als 20.000 Bläserinnen und Bläsern geplant.

Der Evangelische Posaunentag sei ein „Hoffnungs- und ein Lichtzeichen“ in dieser Zeit, sagte Altbischof Ulrich. Er sei zuversichtlich, dass sich die Veranstaltung zu einem „herausragenden Gemeinschaftserlebnis“ entwickeln werde.

117.000 Bläserinnen und Bläser

Die Hansestadt ist nach Leipzig (2008) und Dresden (2016) die dritte Gastgeberin des Evangelischen Posaunentags. Die Kosten werden mit 1,4 Millionen Euro veranschlagt. Den größten Teil der Einnahmen bilden die Teilnehmergebühren, dazu kommen kirchliche Zuschüsse und Sponsorengelder.

Im Evangelischen Posaunendienst sind bundesweit 117.000 Bläserinnen und Bläser aktiv. Die evangelischen Posaunenchöre sind als immaterielles Kulturerbe in das Unesco-Verzeichnis aufgenommen worden und bilden nach eigenen Angaben die größte musikalische Laienbewegung in Deutschland.



Auslandsbischöfin: Russland ohne "Memorial" nicht mehr dasselbe Land



Hannover (epd). Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, hat die Bundesregierung aufgefordert, sich für den Schutz der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“ einzusetzen. „Wir fordern als Evangelische Kirche in Deutschland die Bundesregierung und die Europäische Union auf, alles in ihren Kräften stehende zum Schutz von 'Memorial', seiner Mitarbeitenden und der russischen Zivilgesellschaft zu unternehmen“, sagte Bosse-Huber dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 22. November.

Die Menschenrechtsorganisation wurde 1988 in Moskau von Menschenrechtlern um den Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet. Seither kümmert sich „Memorial“ um die Aufarbeitung der politischen Verfolgung in der Sowjetunion. Die Forschungs- und Aufklärungsarbeit der Organisation habe auch Maßstäbe für die europäische Erinnerungskultur gesetzt, hieß es. Gleichzeitig tritt „Memorial“ für die Wahrung der Bürger- und Menschenrechte ein. Die Organisation erhielt unter anderen 2004 den Alternativen Nobelpreis und 2009 den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments.

„Ausländischer Agent“

„Memorial“ ist seit 2016 in Russland als „Ausländischer Agent“ registriert, weil die Organisation teilweise aus dem Ausland finanziert wird. Ihr wird vorgeworfen, gegen ein entsprechendes Gesetz verstoßen zu haben. Das Oberste Gericht Russlands hat die Organisation zu einem Gerichtstermin am 25. November vorgeladen, da die Generalstaatsanwaltschaft die Auflösung von „Memorial-International“ beantragt hat.

„Bereits die Vorstellung, dass 'Memorial' geschlossen werden soll, ist unerträglich“, sagte Bosse-Huber. Niemand setze sich mutiger für die Menschenrechte im heutigen Russland ein, niemand verteidige in dem Land Wahrheit und Wahrhaftigkeit entschlossener, setze sich mehr für die Aufarbeitung der Geschichte ein und für die Rehabilitierung von Opfern politischer Gewalt. „Russland ohne 'Memorial' wäre nicht mehr dasselbe Land“, betonte die EKD-Auslandsbischöfin.



Markus Lanz für seinen Einsatz für christliche Werte ausgezeichnet



Der Fernsehmoderator Markus Lanz redet mit seinen Gästen über Gott und Glauben. Was ihm selbst christliche Werte bedeuten, verschweigt er nicht. Dafür erhielt er am Dienstag einen "Goldenen Kompass".

Berlin (epd). Die Christliche Medieninitiative Pro hat am 23. November in Berlin den „Goldenen Kompass“ vergeben. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr neben anderen an den ZDF-Moderator Markus Lanz für dessen Moderationen und Studiogäste-Gespräche. Dieser habe „seit vielen Jahren auch den christlichen Glauben und herausfordernde ethische Fragen vor dem Hintergrund christlicher Werte thematisiert“, urteilte Pro.

Lanz warnte bei der Entgegennahme des Preises davor, dass an die Stelle von Religion und Glauben heute zunehmend eine Art von Moral gesetzt werde, die manchmal fast schon zu Moralismus werde. Sie komme mit einem Furor und einer Gnadenlosigkeit daher, die Menschen vernichte. Der christliche Wert des Verzeihens indes könne einer Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken. „Christsein bedeutet ja auch: Es ist irgendwann mal wieder gut“, sagte der 52 Jahre alte Katholik.

Astrophysiker und Influencer ausgezeichnet

Neben Lanz, der digital zu der Preisgala zugeschaltet wurde, erhielten in diesem Jahr unter anderen der Astrophysiker Heino Falcke und der Influencer Johannes Mickenbecker, posthum zusammen mit seinem 2021 verstorbenen Bruder Philipp, den „Goldenen Kompass“. Mit seinem Bestseller „Licht im Dunkeln. Schwarze Löcher, das Universum und wir“ habe Falcke die Menschen zu den Anfängen des Universums mitgenommen und konkret die Frage „Ist da noch Platz für einen Gott?“ gestellt, hieß es zu Begründung.

Johannes Mickenbecker hatte zusammen mit seinem Bruder Philipp den Youtube-Kanal „The Real Life Guys“ betrieben. „Durch den offenen Umgang mit seiner Krebserkrankung und seinem Glauben hat Philipp Mickenbecker gemeinsam mit seinem Bruder Menschen Mut gemacht, trotz schwerer Krankheit nicht am Leben und Glauben zu verzweifeln“, hieß es.

Verleihung seit 1988

Weitere Preisträger sind in diesem Jahr die „Spiegel“-Redakteurin Anna Clauß für ihren Beitrag „Mein Sohn, Gott und ich. 'Bestimmt wird der Heilige Geist die unsichtbaren Coronas töten!'“, der „Zeit Online“-Redakteur Alexander Krex für seinen Artikel „Warum missioniert mich keiner“ und der Leiter der Kulturredaktion von NDR 90,3, Daniel Kaiser, für die von ihm initiierten Streaming-Gottesdienste im Corona-Lockdown. Der Nachwuchsjournalistenpreis ging an Dora Schöls, Redakteurin der „Badischen Zeitung“. Diese hatte sich in ihrem Beitrag „Herr, erbarme Dich - Wie Menschen im Glauben Halt suchen“ mit der Frage befasst, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf religiöse Menschen und deren Glauben hat.

Der „Goldene Kompass“ wird seit 1988 an Medienschaffende verliehen, die „Beispiele glaubhaft gelebten Christseins vorbildlich darstellen“. Gewürdigt werden Beiträge, die Zuschauer, Hörer und Leser dazu motivieren, sich neu mit der Bibel auseinanderzusetzen, und dazu beitragen, dass christlicher Glaube und Kirche im öffentlichen Gespräch bleiben. Der „Goldene Kompass“ ist dotiert mit 2.500 Euro, der Nachwuchsjournalistenpreis mit 1.500 Euro.



Von "Brot für die Welt" zum "Focus"



München (epd). Franziska Reich (47) startet am 1. Januar 2022 als neue Politik-Chefin beim Nachrichtenmagazin „Focus“. Sie werde zudem Mitglied der Chefredaktion, teilte der Burda Verlag am 24. November in München mit. Derzeit verantwortet Reich die Kommunikation bei „Brot für die Welt“ und Diakonie Katastrophenhilfe.

Zuvor war die Journalistin fast 20 Jahre beim Magazin „Stern“ tätig, zuletzt bis 2019 als Leitung des Politik- und Wirtschafts-Ressorts in Berlin und Hamburg. „Mit Franziska Reich gewinnen wir eine profilierte Politik-Kennerin, mit der wir das Profil des 'Focus' als führendem Nachrichtenmagazin weiter stärken“, sagte „Focus“-Chefredakteur Robert Schneider.



Filme der Woche



House of Gucci

Wie viele andere Film der letzten Zeit entstand auch „House of Gucci“ nach einer wahren Geschichte: Altmeister Ridley Scott rekonstruiert die Vorgeschichte des Mordes an Maurizio Gucci (Adam Driver). Seine Ehefrau Patricia (Lady Gaga) heuert, nachdem die Ehe in die Brüche gegangen ist, mit Hilfe einer Wahrsagerin einen Auftragskiller an, um ihren Mann zu erschießen. In seinem neuesten Film nimmt es Scott mit der historischen Realität nicht allzu genau und lässt sein Schauspieler-Ensemble hemmungslos chargieren. Da das aber noch neben Lady Gaga und Adam Driver aus Jared Leto, Salma Hayek, Jeremy Irons und Al Pacino besteht, macht es Spaß, dabei zuzusehen.

House of Gucci (GB/Italien/Kanada/USA 2021). Regie: Ridley Scott. Buch: Becky Johnston, Roberto Bentivegna. Mit: Lady Gaga, Adam Driver, Jared Leto, Jeremy Irons, Al Pacino, Salma Hayek. Länge: 157 Min. FSK: ab 12 Jahren, ffr. FBW: ohne Angabe

Benedetta

Nach Gerichtsakten aus dem 17. Jahrhundert (und dem darauf basierenden Sachbuch „Immodest Acts“) hat der mittlerweile 82-jährige Paul Verhoeven die Geschichte einer lesbischen Liebe unter Nonnen zur Zeit der Renaissance rekonstruiert. Die italienische Ordensschwester Benedetta (Virginie Efira) hat Visionen, nicht nur religiöser, auch erotischer Natur. Zu der sie unterstützenden Bartolomea entwickeln sich bald amouröse Verhältnisse - die, klar, im Kloster streng verboten sind. Natürlich ist auch der neueste Film des niederländischen Regisseurs wieder provokant, mit durchaus expliziten Sexszenen, doch in seinen besten Momenten auch eine Reflexion über Glaube, Sexualität und Macht.

Benedetta (Frankreich 2021). Regie: Paul Verhoeven. Buch: David Birke. Mit: Virginie Efira, Charlotte Rampling, daphe Patakia, Lambert Wilson. Länge: 131 Min. FSK: ab 16 Jahren, ffr. FBW: ohne Angabe

Vater - Otac

Der serbische Regisseur Srdan Golubovic schildert den Leidensweg eines Vaters, der einen 300 Kilometer langen Fußweg auf sich nimmt, um auf das Unrecht aufmerksam zu machen, das ihm widerfahren ist. Der Tagelöhner Nikola ist um seinen Lohn geprellt worden, und seine depressive Frau steckt sich daraufhin selbst in Brand. Als das Jugendamt ihm noch das Sorgerecht für seine Kinder entzieht, macht sich Nikola mit einem Beschwerdebrief, den ihm ein Kollege geschrieben hat, auf den Weg zum Ministerium für Soziales nach Belgrad. Golubovic zeigt in seinem Roadtrip auch immer wieder die Nächstenliebe, die Nikola widerfährt.

Der Start des Films wurde wegen der Pandemie mehrfach verschoben, er war Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit 12/20.

Vater - Otac (Serbien/Frankreich/Deutschland/Kroatien/Bosnien-Herzegowina 2019). Regie: Srdan Golubovic. Buch: Golubovic, Ognien Svilicic. Mit: Goran Bogdan. Boris Isakovic, Nada Sargin. Länge: 120 Min. FSK: ab 12 Jahren, ffr. FBW: besonders wertvoll.

Die Hand Gottes

Der Titel klingt nach dem berühmten Fußballer. Aber der neue Film von Paolo Sorrentino („La Grande Bellezza“, „Der junge Papst“) ist kein Maradona-Biopic - obwohl er auch schon von Fußball handelt -, sondern ein autobiografisch inspiriertes Werk, das in die achtziger Jahre zurückführt. Im Mittelpunkt von „Die Hand Gottes“ steht der 17-jährige Fabietto, Fan des SSC Neapel, durch dessen Perspektive Sorrentino die Katastrophen des süditalienischen (Klein-) Bürgertums erzählt. Sorrentino zeigt sich in seinem neuen Werk sichtlich von Fellini inspiriert, sein Film bleibt aber trotz durchaus groteskem Humor warmherzig.

Die Hand Gottes (Italien 2020). Regie und Buch: Paolo Sorrentino. Mit: Filippo Scott, Toni Servillo, Renato Carpentieri, Teresa Saponangelo. Länge: 130 Min. FSK: ab 12 Jahren, ffr. FBW: ohne Angabe.

www.epd-film.de




Entwicklung

"Chief Silvia" greift durch




Silvia Naisunko ("Chief Silvia") mit der 14-jährigen Muntaia
epd-bild/Bettina Rühl
Kenias Verfassung garantiert Frauen Gleichberechtigung. Weibliche Beschneidung und Mädchenheirat sind verboten. Auf dem Land ist die Realität vielerorts anders. Silvia Naisunko sorgt in einer Massai-Gemeinde im Südwesten dafür, dass sich das ändert.

Morijo (epd). Muntaia bringt kein Wort heraus. Mit gesenktem Blick zeigt die 14-Jährige auf das Bett, vor dem sie steht. Erst dann, nach einigem Zögern, kommt sehr leise: „Hier schlafe ich jetzt.“ Muntaia steht im Kinderzimmer von „Chief Silvia“. Vor einer halben Woche suchte sie mitten in der Nacht hier Zuflucht.

Dass sie ausgerechnet zu Silvia Naisunko floh, liegt an deren Ruf und Job. Die 39-Jährige ist Verwaltungschefin von Morijo, einer Gemeinde im Südwesten von Kenia. Für eine Frau ist das hier ein ungewöhnlicher Posten.

In der Region leben fast ausschließlich Menschen aus dem Volk der Massai, konservativ und besonders stolz auf ihre Kultur. Dabei ist die kenianische Verfassung sehr fortschrittlich, Frauen gewährt sie weitreichende Rechte. Das gesetzliche Mindestalter für die Ehe beträgt 18 Jahre, und die weibliche Genitalverstümmelung ist verboten. Aber vor allem auf dem Land sind die Realitäten vielerorts andere.

Sprung vom fahrenden Motorrad

„Mein Vater ist eines Abends gekommen und hat mir gesagt, dass ich noch in derselben Nacht abgeholt werde, um zu heiraten“, erzählt Muntaia über die Gründe ihrer Flucht zu „Chief Silvia“. „Mir wurde schlecht, ich verlor das Bewusstsein.“ Ihr Bruder habe sie ins Gesundheitszentrum nach Morijo gebracht. „Als es mir wieder besser ging, sagte mein Vater der Familie des Mannes, den ich heiraten sollte, Bescheid, sie könne mich im Gesundheitszentrum abholen.“

Die „Unterhändler“ des vom Vater erwählten Ehemanns seien nachts mit dem Motorrad gekommen, um sie zu holen, sagt Muntaia. Sie musste aufsteigen, und es ging los. Aber noch vor dem Ende des Dorfes sprang sie ab und lief zu „Chief Silvia“.

Am Morgen nach Muntaias Flucht ging Naisunko mit dem Mädchen zur Polizeistation, die Aussage des Kindes wurde zu Protokoll gegeben. Auch ihre Eltern kamen, um auszusagen. Der Fall sei noch nicht abgeschlossen, sagt Naisunko, „aber es ist klar, dass Muntaia weiter in die Schule gehen wird“. Die „Chefin“ will jedenfalls alles dafür tun und auch versuchen, die erforderlichen Gebühren zusammenzubekommen.

Gefragt, warum sie sogar den Sprung von einem fahrenden Motorrad wagte, um der Heirat zu entgehen, antwortet Muntaia: „Ich möchte nicht wie meine Mutter leben. Sie muss meinen Vater bei allem um Erlaubnis fragen.“ Sie dagegen wolle später für sich selbst entscheiden.

Erfolg im Kampf gegen Genitalverstümmelung

Seit acht Jahren versucht „Chief Silva“, die Verhältnisse in Morijo zu verändern und dafür zu sorgen, dass die Gesetze eingehalten werden. Auch diejenigen, die Frauen schützen und ihnen Rechte garantieren. Den Job, sagt sie, habe sie gegen sieben männliche Bewerber schlicht deshalb bekommen, weil sie besser war. Studiert hat sie öffentliche Verwaltung und Kriminologie.

Einiges habe sie schon verändern können, meint Naisunko. So sei die - in Kenia seit 2011 illegale - weibliche Beschneidung in Morijo kaum noch ein Thema, während andernorts die Geschlechtsteile vieler Mädchen und Frauen weiterhin verstümmelt werden. Zahlen gibt es dazu nicht, noch nicht einmal Schätzungen. Eine offizielle Statistik erfasst nur die Zeit vor dem Verbot: Landesweit war jede fünfte Frau im Alter zwischen 15 und 49 Jahren beschnitten.

Naisunko sagt, es sei gar nicht so schwer gewesen, die Verhältnisse in Morijo zu verändern. Nötig seien dafür nur der entsprechende Wille und Konsequenz. Gleich nach Amtsantritt machte Naisunko klar, dass sie künftig das gesetzliche Verbot der Genitalverstümmelung durchsetzen würde. Kurz später verhaftete die Polizei eine Beschneiderin und die Eltern eines Mädchens, das der Prozedur unterworfen werden sollte. Alle drei wurden vor Gericht gebracht. Um sicher zu sein, dass der Prozess nicht unterging, informierte Naisunko die Medien darüber.

„Danach hatten alle große Angst“, erklärt Naisunko. „Ich erinnere mich nicht mehr genau an das Jahr, ich glaube, es war 2013.“ Seitdem sei allen klar, dass in Morijo die Gesetze ernst genommen werden müssten. Das Ende der Mädchenheirat, hofft Naisunko, werde deshalb auch bald kommen.

Von Bettina Rühl (epd)


Venro: Koalitionsvertrag in Sachen Impfgerechtigkeit "katastrophal"



In der Politik wird stets betont, dass die Corona-Pandemie weltweit bekämpft werden muss. Tatsächlich kommt in den ärmsten Ländern nach wie vor kaum Impfstoff an. Der neue Koalitionsvertrag schafft Entwicklungsorganisationen zufolge keine Abhilfe.

Berlin (epd). Entwicklungsorganisationen beklagen eine zunehmende globale Gerechtigkeitslücke beim Impfen in der Corona-Pandemie und fordern die künftige Bundesregierung zum Handeln auf. Während 80 Prozent der bisher weltweit genutzten Impfdosen von reichen Ländern aufgekauft worden seien, gelangten nur rund zwei Prozent in ärmere Länder, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro), Maike Röttger, am 26. November in Berlin. Der Verband fordert, dass Deutschland sich stark macht für einen gerechten Zugang zu Covid-19-Impfstoffen für alle Menschen. Diesem Ziel werde der Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen nicht gerecht.

Im Koalitionsvertrag der sogenannten Ampel wird die Unterstützung des globalen Covid-19-Impfprogramms Covax betont, über das ärmere Länder mit Vakzinen versorgt werden sollen. Die künftige Regierung will das Programm demnach finanziell sowie durch die schnelle Lieferung von Impfstoffen stärken. Weiter heißt es: „Wir unterstützen freiwillige Produktionspartnerschaften und den Transfer von Know-how, um die Produktionskapazitäten für Medikamente und Impfstoffe weltweit auszubauen.“

Kritik an Freiwilligkeit

Mareike Haase, Referentin für internationale Gesundheitspolitik beim evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“, bezeichnete diese von den Koalitionären vereinbarte Freiwilligkeit als „katastrophal“. Sie verwies darauf, dass zum Beispiel Pfizer und Biontech sowie Moderna ihre Verträge mit der Afrikanischen Union (AU) nicht erfüllten. Von den vereinbarten Dosen sei noch nichts angekommen. Auch von den von Deutschland für dieses Jahr zugesagten rund 100 Millionen Impfstoffdosen an Covax seien gerade einmal ungefähr 20 Millionen in den ärmeren Ländern angekommen.

Haase kritisierte, Deutschland habe weit über den eigenen Bedarf Impfstoff eingekauft, aber sich nicht rechtzeitig darum gekümmert, ihn weiterzugeben. Ein „Riesenproblem“ seien auch die Hürden für eine Weitergabe, die die Impfstoffhersteller in die Verträge eingebaut hätten. Moderna verlange beispielsweise eine Ausgleichszahlung von 19 Euro pro Dosis. Pfizer wiederum habe etwa Brasilien untersagt, Impfstoffspenden anzunehmen. Gleichzeitig würden in reichen Ländern Impfdosen vernichtet. Dies alles verdeutliche „das bisherige Versagen der globalen Kooperation“. Allein der gute Wille von Ländern und Unternehmen reiche nicht aus.

Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte gefordert

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte jüngst in Bezug auf die späte Abgabe von Moderna-Impfstoff an Covax erläutert, dass die Verträge mit der Europäischen Union gemacht worden seien und deshalb auch die EU mit den Herstellern die Abgabe an Dritte vertraglich regeln müsse. Dies sei mit den verschiedenen Unternehmen „unterschiedlich schnell möglich“ gewesen und mit Moderna habe es am längsten gedauert - und zwar bis Ende Oktober. Zuletzt hatte das Ministerium bekanntgegeben, dass 32 Millionen Dosen des Moderna-Impfstoff Covax vertraglich zugesichert worden seien.

Um mehr Impfgerechtigkeit zu erreichen fordert Venro erneut die vorübergehende Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte auf Impfstoffe und darüber hinaus auf alle medizinischen Technologien, die zur Eindämmung der Pandemie nötig sind. Zudem sei eine schnelle Weitergabe von Impfdosen an Länder mit niedrigem Einkommen dringend nötig.

Dem Bundesverband Venro gehören rund 140 private und kirchliche Organisationen in Deutschland an, die in der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe oder der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit tätig sind.



2.400 Ortskräfte deutscher Entwicklungsarbeit noch in Afghanistan



Vor fast drei Monaten ging die internationale Evakuierungsoperation aus Afghanistan zu Ende. Tausende afghanische Ortskräfte deutscher Institutionen harren aber bis heute in dem von den Taliban beherrschten Land aus - und haben Angst um ihr Leben.

Berlin (epd). Drei Monate nach dem endgültigen Abzug internationaler Truppen harren Tausende afghanische Ortskräfte deutscher Institutionen noch immer in Afghanistan aus. Wie aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervorgeht, sind darunter rund 2.400 aktive und ehemalige Ortskräfte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Zwischen Ende August und dem 7. November sind den Angaben zufolge indes 456 Ortskräfte in Deutschland eingereist.

Ende Juni dieses Jahres hatten nach einem Nato-Beschluss die letzten deutschen Soldatinnen und Soldaten vorerst Afghanistan verlassen. Die Entwicklungsarbeit sollte zunächst fortgesetzt werden. Doch die radikal-islamischen Taliban eroberten das Land binnen kürzester Zeit wieder zurück und die Ortskräfte bangen seither um ihr Leben.

Die Bundeswehr wurde zwar Mitte August wieder am Flughafen Kabul für eine militärische Evakuierungsoperation eingesetzt, um deutsche Staatsangehörige sowie schutzbedürftige Afghanen auszufliegen. Doch am 27. August endete nach gut zehn Tagen auch diese Mission und ein Großteil der Ortskräfte blieb zurück.

Versprechen im Koalitionsvertrag

In Afghanistan oder den Nachbarländern hielten sich vermutlich noch bis zu 745 ehemalige Ortskräfte des Auswärtigen Amtes auf sowie drei aktive Ortskräfte in der Hauptstadt Kabul, heißt es in der Antwort auf die schriftliche Frage, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, weiter. Aus dem Bereich des Bundesinnenministeriums seien es noch 23 Ortskräfte, beim Verteidigungsministerium bis zu 645 Ortskräfte. Dagdelen warf der geschäftsführenden Bundesregierung vor, diese Menschen „trotz zugesagter Evakuierung weiterhin skrupellos im Stich“ zu lassen.

SPD, FDP und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag das Thema aufgegriffen und versprechen: „Wir werden unsere Verbündeten nicht zurücklassen.“ So sollten diejenigen besonders geschützt werden, die „der Bundesrepublik Deutschland im Ausland als Partner zur Seite standen und sich für Demokratie und gesellschaftliche Weiterentwicklung eingesetzt haben“. Das Ortskräfteverfahren solle so reformiert werden, „dass gefährdete Ortskräfte und ihre engsten Familienangehörigen durch unbürokratische Verfahren in Sicherheit kommen“.

Derzeit beschäftigt die Bundeswehr in verschiedenen Einsatzländern 70 Ortskräfte. Davon arbeiten 57 im westafrikanischen Mali, wo deutsche Soldatinnen und Soldaten an der UN-Blauhelmmission Minusma und dem EU-Ausbildungseinsatz EUTM beteiligt sind, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos dem epd mitteilte. Demnach beschäftigt die Bundeswehr zudem im Kosovo neun Ortskräfte und im Irak vier lokale Mitarbeiter.

Humanitäres Aufnahmeprogramm

Auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die im Auftrag der Bundesregierung Entwicklungsprojekte umsetzt, hat in den drei Ländern lokale Beschäftigte. Die meisten GIZ-Ortskräfte arbeiten im Irak (313), gefolgt von Mali (300) und dem Kosovo (165). Deren Sicherheit habe oberste Priorität, sagte eine Sprecherin. Zu konkreten Plänen in Krisensituation gab sie aus Sicherheitsgründen keine Auskunft.

Im Koalitionsvertrag betonen derweil die Ampel-Parteien, die im Dezember eine neue Regierung bilden wollen, dass „ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes“ in Anlehnung an bisherige Programme im Zuge des Syrien-Krieges verstetigt und „jetzt für Afghanistan“ genutzt werden soll. Die Evakuierungsmission vom August soll ferner in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden.



Sudan: Zahlreiche Minister treten nach Regierungsabkommen zurück



Frankfurt a.M., Khartum (epd). Zahlreiche Minister der Übergangsregierung des Sudans haben aus Protest gegen eine Vereinbarung mit dem Militär ihr Amt niedergelegt. Zwölf Kabinettsmitglieder hätten dem wiedereingesetzten Ministerpräsidenten Abdullah Hamdok ihre Rücktrittserklärung zukommen lassen, erklärten die Beteiligten laut einem Bericht des Senders Al-Dschasira vom 23. November. Sie lehnten eine Abmachung zur Machtteilung zwischen Hamdok und der Militärjunta ab, die die gravierende politische Krise nach einem Militärputsch unter General Abdel Fattah al-Burhan von Oktober beenden sollte.

Das Militär hatte die zivil-militärische Übergangsregierung abgesetzt und zahlreiche Mitglieder, darunter auch Hamdok unter Hausarrest gestellt. Die zurückgetretenen Kabinettsmitglieder gehörten der gestürzten Regierung an. Nach wochenlangen Protesten, bei denen laut Al-Dschasira 41 Menschen durch die Sicherheitskräfte getötet wurden, unterzeichneten Hamdok und General Al-Burhan am Sonntag die Vereinbarung zur Wiedereinsetzung Hamdoks und seines Kabinetts.

Unter den zurückgetretenen Kabinettsmitgliedern sind die Außenministerin, Maryam El Sadig, und der Justizminister, Nasreldin Abdelbari. Weitere Regierungsmitglieder konnten laut der Rücktrittserklärung nicht an der entscheidenden Sitzung teilnehmen, einige von ihnen, weil sie noch von den Militärs festgehalten würden. Wie andere Minister gehören sie der zivilgesellschaftlichen „Kräfte für Freiheit und Wandel“ (FFC) an, die bereits bei der Protestbewegung 2019 eine wichtige Rolle gespielt hat.

Demokratiebewegung lehnt Vereinbarung ab

Die starke Demokratiebewegung des Landes lehnt die Vereinbarung zwischen Hamdok und General Al-Burhan ab als einen Versuch, den Putsch zu legitimieren. Sie fordern eine Regierung ohne Beteiligung des Militärs. Das Ausland, darunter auch Deutschland und die USA, hatte die Vereinbarung begrüßt und als einen ersten Schritt in die richtige Richtung bezeichnet.

Am 22. November hatte das Militär einzelne hochrangige Politiker freigelassen, darunter den Vorsitzenden der Sudanesischen Kongresspartei. Neben mehreren Ministern werden auch zahlreiche Politiker und Vertreter der Zivilregierung weiter festgehalten.

Aufgrund von monatelangen Protesten der Demokratiebewegung hatte das Militär 2019 den langjährigen Herrscher Omar al-Baschir abgesetzt. Auf nationalen und internationalen Druck wurde die von Hamdok geleitete Übergangsregierung aus Zivilisten und Armeeangehörigen benannt, die eine Demokratisierung des Landes bewirken sollte.




Termine

30.11. Frankfurt am Main Online Koloniale Bilderwelten? - Bildsprache und Erzählmuster in der Filmarbeit aus den Ländern des Südens. Noch vor 50 Jahren gingen die drastischen Bilder abgemagerter Kinder aus Biafra um den Globus und schockierten die Welt. Doch seit den 1990er-Jahren hat sich der Ethik-Kodex der entwicklungspolitischen Hilfswerke durchgesetzt. Danach gilt, dass Bilder hungernder, verelendeter Menschen nicht mehr in Fotos für Spendenwerbung verwendet werden. Doch in der Filmarbeit hat sich diese Einsicht erst später durchgesetzt. https://www.evangelische-akademie.de/kalender/koloniale-bilderwelten-2021-11-30/

1.12. Bonn Online In der Kirche geht es um Macht. Christliche Kirchen betonen bei internen Abstimmungen gerne die Einmütigkeit, mit der sie zu einer Entscheidung gekommen sind. Doch es geht immer auch um ein Ringen um Souveränität, um Gestaltungsmacht aber auch um die Macht der Deutung des eigenen Auftrags. Mit Prof. Dr. Rebekka A. Klein, Ruhr Universität Bochum. https://www.ev-akademie-rheinland.de/tagung/in-der-kirche-geht-es-um-macht-754

3.12. München Online Meine Zeit steht - in wessen Händen? Professionell assistierter Suizid wird in Zukunft in Deutschland wahrscheinlich möglich sein. Überschreiten Ärztinnen und Ärzte nicht ihren Zuständigkeitsbereich, wenn sie zukünftig nicht nur heilen, sondern auch unheilbar Kranken beim Sterben helfen? Können Kirche und Diakonie Wünsche nach einem assistierten Suizid zulassen, Menschen auf diesem Weg in den Tod begleiten und gar selbst einen sicheren, schmerzfreien assistierten Suizid ermöglichen? https://www.ev-akademie-tutzing.de/veranstaltung/meine-zeit-steht-in-wessen-haenden-herbst-2021/