sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

der deutsche Wirtschaftsmotor ist ins Stottern geraten, auch, weil allerorten Fachkräfte fehlen. Viele Unternehmen würden auch gerne Geflüchtete beschäftigen, doch das ist nicht so einfach. Oft stünden lange bürokratische Verfahren im Weg, etwa bei der Anerkennung von Berufs- oder Studienabschlüssen im Ausland. Auch die Diakonie fordert, die Zugänge zum Jobmarkt flexibler zu machen. „Wir haben überall Fachkräftemangel und viele qualifizierte Flüchtlinge. Dennoch kriegen wir es nicht hin, die Zugänge zum Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und zu vereinfachen“, kritisiert der Vorstandsvorsitzende des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD), Ingo Habenicht. Unterdessen bescheinigt die OECD Deutschland gute Resultate bei der Integration von Migrantinnen und Migranten - auch bei der Erwerbstätigenquote.

Die Bundesregierung hat einen Bericht zur künftigen Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung vorgelegt. Doch diese Analyse sei lediglich eine weitere Bestandsaufnahme, kritisieren Verbände. Von Reformschritten sei keine Rede. AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Uns droht, dass die längst überfällige Finanzreform der Pflegeversicherung erneut in die nächste Legislaturperiode verschoben wird, während die Lage sich rapide zuspitzt.“ Sie fragt: „Was muss denn noch passieren, damit eine Bundesregierung endlich handelt?“ Mit ihrer Kritik steht sie nicht alleine.

Es gibt Dinge, die vergisst und verlernt man nicht: sägen, bohren oder schleifen. Und so werkeln seit 2015 im „Männerschuppen“ in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart alle zwei Wochen Männer ab 60 Jahren aufwärts mit oder ohne Demenz gemeinsam. Projekte für Demenzkranke gebe es zwar viele, sagt Leiter Ralf Daubner. Sie richteten sich aber überwiegend an Frauen: „Die meisten Männer mögen Kaffeekränzchen, Stuhlkreise und bunte Tücher weniger.“ Autor Matthias Pankau war vor Ort.

Der Bund hat einen ersten Entwurf für ein Gewalthilfegesetz für mehr Schutz von Frauen vorgestellt. Endlich, sagt Sylvia Haller von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser in Mannheim im Interview mit epd sozial. Die Mitgeschäftsführerin sieht in dem Vorhaben viele gute Ansätze, doch gebe es durchaus noch kritische Anmerkungen. Dennoch hofft die Expertin auf in allen Bundesländern geltende Regelungen, nicht nur bei der Finanzierung der Frauenhäuser. Doch das werde noch Jahre dauern.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Pflegebedürftige in einer ambulanten Pflege-WG auch für die gemeinsame Beauftragung eines Angehörigen als Alltagsbegleiter einen Wohngruppenzuschlag erhalten. Doch es kommt auf das Kleingedruckte an. Denn laut Gericht muss dessen Tätigkeit für die ganze Wohngruppe von familiären Aufgaben klar abgegrenzt und präzise geregelt sein.

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Ihr Dirk Baas




sozial-Thema

Migration

Diakonie: Schleppende Bürokratie behindert Jobintegration




Tetiana aus Odessa (Ukraine) bereitet das Frühstück für die Hotelgäste des Cocoon Hotels in München vor (Archivbild)
epd-bild/Matthias Balk
Langwierige Anerkennungsverfahren, befristete Arbeitserlaubnisse, fehlende Sprachkurse: Die Mängelliste bei der Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt ist lang. Diakonische Unternehmen fordern, die Zugänge zum Jobmarkt flexibler zu gestalten.

Berlin, Leipzig (epd). Die Erfahrungsberichte diakonischer Unternehmen sind eindeutig: Bei der Integration von Geflüchteten in den hiesigen Arbeitsmarkt liegt manches im Argen. Viele der auftauchenden Schwierigkeiten sehen die Personalchefs in der Bürokratie und dem langsamen Arbeiten der Behörden begründet. „Wir haben überall Fachkräftemangel und viele qualifizierte Flüchtlinge. Dennoch kriegen wir es nicht hin, die Zugänge zum Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und zu vereinfachen“, kritisiert der Vorstandsvorsitzende des Verbandes diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD), Ingo Habenicht.

Bei einem Treffen wurden jüngst acht „Hemmnisse“ identifiziert, die der zügigen Arbeitsaufnahme von oft gut qualifizierten Geflüchteten im Wege stehen. Es gebe hierzulande viel Verbesserungsbedarf, so Habenicht unter Verweis auf die Nachbarländer Polen und Tschechien. Dort seien bereits zwei Drittel der Ukrainer in Arbeit. In Deutschland liege der Wert bei nur 26 Prozent. Habenicht, dessen Verband die Interessen von 195 Mitgliedsunternehmen und Regionalverbänden mit rund 562.000 Beschäftigten vertritt, betont, diakonische Unternehmen wollten mehr geflüchtete Menschen als Arbeits- und Fachkräfte gewinnen, sähen aber auch in der zunehmender Fremdenfeindlichkeit einen Grund für das häufige Scheitern.

Überall Probleme mit der Bürokratie

Wer die Berichte der Unternehmen hört, stößt immer wieder auf identische Erfahrungen: Anerkennungsverfahren für den Nachweis der beruflichen Qualifikation dauern zu lange, Stellenvergaben werden durch befristete Aufenthaltserlaubnisse erschwert, Bildungsgutscheine werden oft nur verspätet und dann sehr kurzfristig vergeben und es fehlt an einer ausreichenden Zahl an Plätzen in den Sprachkursen.

Auch die „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“ (ZWST) beklagt den großen Aufwand der Berufsanerkennung von Geflüchteten. „Viele Ukrainer, die zu uns gekommen sind, sind Akademiker und könnten hier auch in ihren Berufen arbeiten, vorausgesetzt ihre Abschlüsse würden anerkannt“, sagte der Leiter des Berliner Büros der ZWST, Günter Jek, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Anerkennung eines Abschlusses dauere in Deutschland jedoch zwei bis fünf Jahre. „Die meisten Flüchtlinge kommen nicht mit einer dreifach beglaubigten Kopie ihrer Abschlüsse, sondern mit einem USB-Stick“, sagte er. Ukrainische Geflüchtete könnten seiner Meinung nach helfen, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. „Anstatt dass wir diesen Fachkräften eine Autobahn bauen, stellt unsere Bürokratie ein Tempo-30-Schild auf“, betonte Jek.

Johanniter legen Projekt zur Jobintegration auf Eis

Bei der Johanniter-Unfallhilfe führte der Bürokratiefrust schon so weit, dass ein erfolgreiches Programm zur Arbeitsmarktintegration zunächst auf Eis gelegt wurde. Seit 2019 hatten sich an der Johanniter-Akademie in Leipzig in sogenannten Zielkursen 73 Personen zur Pflegehilfskraft oder für den Rettungssanitätsdienst qualifizieren lassen, zwei Arbeitsfelder, in denen die Johanniter dringend Personal brauchen. Der letzte Kurs endete im Mai.

„Das Ziel war beim Start, Geflüchteten, die schon hier leben, den Einstieg in die Berufsfelder Pflege und Rettungsdienst zu ermöglichen“, berichtet Antje Zajonz, die an der Johanniter-Akademie in Leipzig die Arbeitsintegration für Migranten leitet, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das Ganze wurde niedrigschwellig und ohne große Hürden angeboten“, so Zajonz. Später wurde das Kursangebot, zu dem auch berufsbezogener Deutschunterricht gehört, auf alle Migranten ausgeweitet. Die Absolventen seien dann in der Lage, eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben oder, was an der Akademie ebenfalls möglich sei, eine qualifizierte Ausbildung zu machen.

Warum aber wurde das Projekt nun gestoppt? Da kommt das zuständige Jobcenter ins Spiel. Es muss für alle auf ihren Willen und ihre Fähigkeit von Antje Zajonz geprüften Teilnehmer Bildungsgutscheine bewilligen, denn nur so ist die Kostenübernahme gesichert - und die Kurse rechnen sich auch für die Akademie. „Dann gehen die Unterlagen ans Jobcenter und wir warten auf deren Zustimmung und die Bewilligung der Bildungsgutscheine.“ Das sei aber immer sehr schwierig gewesen, so die Expertin. „Das sind immer Einzelfallentscheidungen, die man nicht versteht und die auch nicht transparent gemacht werden“, weder für uns als Bildungsträger noch für die Teilnehmer. Manche Sachbearbeiter bestünden auf einem vorgeschalteten psychologischen Test, andere wollen zuvor das Sprachniveau B2 nachgewiesen sehen. „Es gab immer wieder Gründe, die Finanzierung abzulehnen.“

Langes Warten auf Bildungsgutscheine

Das Hauptproblem war, dass die Wartezeiten für die Bildungsgutscheine immer länger wurden, und diese dann oft auch sehr kurzfristig bewilligt wurden: „Das war für uns dann nicht mehr zu handhaben“, so die Koordinatorin. Denn die Akademie brauche Vorlauf, um die Kurse zu organisieren und vor allem das Lehrpersonal rechtzeitig vertraglich zu binden. Zajonz bedauert das Aus für die Kurse: „Es ist wirklich schade, denn wir konnten den Geflüchteten wirklich helfen, beruflich neu Fuß zu fassen. Das Interesse war da, und das ist es immer noch.“

Hinzu kämen Nachteile des Föderalismus: „Ein ausländischer Realschulabschluss, der in Sachsen-Anhalt anerkannt wurde, gilt trotzdem nicht in Sachsen. Das bedeutet, die betreffende Person muss das Verfahren andernorts noch mal machen und bis zu einem Jahr warten.“

Regine Kracht, Integrationskoordinatorin im Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg, berichtet, dass sich die Berufsanerkennung bis zu einem Jahr hinziehen könne. Zudem bestehe die Gefahr, dass dringend benötigte qualifizierte Fachkräfte angesichts von Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus erst gar nicht nach Deutschland kämen.

Anerkennung von Zeugnissen dauert ein halbes Jahr

Auch bei der Diakonie Michaelshoven hat man oft bürokratische Hürden zu überwinden, vor allem dann, wenn Zeugnisse fehlen. „Wer flüchten muss, denkt natürlich nicht dran, dass er noch sein Schulzeugnis mitnehmen muss. Und wenn man es doch hat, dauert die Zeugnisanerkennung rund ein halbes Jahr“, berichtet Petra Breitenbach, Leiterin für Förderprojekte. Gemeinsam mit anderen Trägern hat sie im Projekt „MyTurn“ seit 2019 mehr als 400 Frauen fit für den Arbeitsmarkt gemacht. Etwa jede vierte hat danach einen Ausbildungsplatz, einen Job oder eine Qualifizierung erhalten.

Aus ihrer Sicht besonders problematisch sei jedoch, dass die Ausländerbehörden meist nur befristete Arbeitserlaubnisse erteilten. Die Folge: Wenn eine Erlaubnis ausläuft, kriegt man keine Stelle. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass sie verlängert wird. „Hier wäre eine ergänzende Formulierung auf der Arbeitserlaubnis hilfreich, die den Unternehmen mehr Rechtssicherheit geben könnte“, sagt Breitenbach.

Eine der wesentlichen Voraussetzungen, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten, sind ausreichende Sprachkenntnisse: „Hier wären mehr Alphabetisierungskurse und Plätze in Integrationskursen sinnvoll, um die grundständigen Deutschkenntnisse zu erreichen“, sagt Ulrike Haas, Leitung Geschäftsfeld Jugendhilfe bei der BruderhausDiakonie in Reutlingen. Zudem bräuchte es ausreichend Angebote für Geflüchtete mit Trauma-Erfahrungen. „Wir haben festgestellt, dass Menschen mit psychischer Belastung den Kurskonzepten nicht immer standhalten können“, berichtet ihre Kollegin Ingrid Gunzenhausen. Daher plane man nun die Einrichtung eines „traumasensiblen Sprachcafés“ als Modellprojekt.

Frauen aus muslimischen Ländern oft im Nachteil

Erfahrungen von Ausgrenzung machen potenziellen ausländischen Fachkräften oft schwer zu schaffen. Bei der Jobsuche sind vor allem Frauen aus muslimischen Herkunftsländern benachteiligt: „Wer ein Kopftuch trägt, findet schwerer einen Job - ob bei kirchlichen Trägern oder auch bei nicht-kirchlichen“, stellt Zajonz fest. Wilhelm Dräxler, Referent für Migration beim Caritasverband München, kennt diese Schwierigkeiten: „Das individuelle Schicksal wird in der Bürokratie leider nicht gesehen. Das zermürbt die Menschen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind ein No-Go. Da müssen wir klare Kante zeigen.“

Doch bei aller Kritik an den bestehenden Zuständen gebe es immer wieder auch Lichtblicke, wenn geflüchtete Menschen Arbeit in der Diakonie fänden, betont der Verband. Michael Kashour zum Beispiel, der 2015 aus Syrien nach Deutschland floh. Der gelernte Bankkaufmann und Schauspieler absolvierte zwischen 2017 und 2020 die Ausbildung zum Erzieher an der Hephata-Akademie im hessischen Schwalmstadt. Heute leitet er eine Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bei dem diakonischen Träger, der aktuell 43 Personen mit Fluchthintergrund Arbeit gibt.

Dirk Baas


Migration

Fachmann: Ukrainer nicht zu Niedriglöhnen beschäftigen



Berlin, Bochum (epd). Die „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“ (ZWST) warnt davor, ukrainische Kriegsflüchtlinge in geringfügige Beschäftigungen zu vermitteln. „Viele Ukrainer, die zu uns gekommen sind, sind Akademiker und könnten hier auch in ihren Berufen arbeiten, vorausgesetzt ihre Abschlüsse würden anerkannt“, sagte der Leiter des Berliner Büros der ZWST, Günter Jek, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Anerkennung eines Abschlusses dauere in Deutschland jedoch zwei bis fünf Jahre.

Denjenigen, die heute in unqualifizierte Jobs gedrängt würden, nur damit sie arbeiteten, drohe später Altersarmut, warnte Jek. Eine vergleichbare Entwicklung gebe es bei den Geflüchteten aus der ehemaligen Sowjetunion, die in den 1980er und 1990er Jahren nach Deutschland gekommen seien. Damals wurden 78 Prozent der Abschlüsse der UdSSR-Flüchtlinge nicht anerkannt. Nur 14 Prozent von ihnen ist laut Jek die Erwerbstätigkeit im ursprünglich ergriffenen Beruf gelungen. 45 Prozent der jüdisch-deutschen Community hat laut der ZWST Wurzeln in der Ukraine.

„Bürokratie stellt Tempo-30-Schild auf“

Jek beklagte den großen bürokratischen Aufwand, den Geflüchtete für die Anerkennung ihrer beruflichen Abschlüsse betreiben müssen. „Die meisten Flüchtlinge kommen nicht mit einer dreifach beglaubigten Kopie ihrer Abschlüsse, sondern mit einem USB-Stick“, sagte er. Ukrainische Geflüchtete könnten seiner Meinung nach helfen, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. „Anstatt dass wir diesen Fachkräften eine Autobahn bauen, stellt unsere Bürokratie ein Tempo-30-Schild auf“, betonte Jek.

Zudem fehle es an Plätzen für die Kinderbetreuung. Von den 1,1 Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine seien 80 Prozent Frauen, die ebenfalls mehrheitlich einen Hochschulabschluss hätten. 77 Prozent seien derzeit alleinerziehend und betreuten minderjährige Kinder. „Aktuell haben wir 400.000 alleinerziehende geflüchtete Frauen aus der Ukraine. Es fehlen Kinderbetreuungsplätze, damit die Frauen zum Sprachunterricht und Arbeiten gehen können“, erklärte Jek. Wenn Frauen Jobangebote der Arbeitsagenturen unterhalb ihres Qualifikationsniveaus ablehnen, kann ihnen eine Leistungskürzung drohen.

Jek sagte, abgesehen von Hass und Hetze werde ein großer Teil der ukrainischen Kriegsflüchtlinge wegen dieser Hindernisse bei der Integration nicht dauerhaft in Deutschland bleiben.

Marie Kröger


Migration

OECD-Bericht gibt Deutschland gute Noten für Integration




Die Florida-Eis Manufaktur in Berlin beschäftigt viele Geflüchtete.
epd-bild/Christian Ditsch
In der aufgeheizten Debatte um Migration und Zuwanderung meldet sich die OECD mit einer Studie zu Wort, wonach Deutschland im internationalen Vergleich Erfolge vorweisen kann. Die größten Defizite liegen im Bildungswesen.

Berlin (epd). Im internationalen Vergleich steht Deutschland bei der Integration von Eingewanderten gut da. So lag die Erwerbstätigenquote 2022 insgesamt bei 70 Prozent und war damit höher als in den meisten anderen EU-Vergleichsländern, wie aus einem OECD-Bericht über den Stand der Integration von Eingewanderten hervorgeht, der am 4. Juli in Berlin vorgestellt wurde.

Schlechtere Ergebnisse als andere Länder erzielt Deutschland hingegen im Bildungswesen. Die schulischen Leistungen eingewanderter Kinder und Jugendlicher können nicht mit denen der Kinder deutscher Eltern und von in Deutschland geborenen Kindern eingewanderter Eltern mithalten.

Beauftragte: Besser werden bei der Erwerbsintegration

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, erklärte, die Integration funktioniere viel besser als ihr Ruf. Der Bericht könne mehr Sachlichkeit in die aufgeheizte Debatte um Migration bringen. Sie kritisierte aber, dass das Bildungssystem noch immer nicht auf die Einwanderungsgesellschaft ausgelegt sei, die Deutschland längst sei. Nachlegen müsse man auch bei der Erwerbsintegration von Frauen und Geringqualifizierten.

Gute Noten stellt der Bericht Deutschland für die Sprachförderung im Rahmen der Integrationskurse aus. Mehr als jeder zweite Eingewanderte im Erwerbsalter nimmt an einem Kurs teil - damit liegt Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt. Unter Asylsuchenden, denen die Kurse prinzipiell offenstehen, sind es allerdings deutlich weniger, weil es an Plätzen fehlt. Von den Menschen, die bereits bei ihrer Ankunft über Sprachkenntnisse verfügten, sprechen nach fünf Jahren mehr als 80 Prozent fließend Deutsch.

Jobsuche: Frauen mit Kindern im Nachteil

Frauen, insbesondere Müttern mit kleinen Kindern, haben es indes schwer, in Deutschland wirklich anzukommen. Nur rund 40 Prozent der 2021 erfassten Einwanderinnen - also im letzten Jahr vor der kriegsbedingten Ankunft vieler Ukrainerinnen - waren erwerbstätig. Zum Vergleich: Unter den im Inland geborenen Müttern waren es mehr als 70 Prozent. Diese Lücke ist in Deutschland deutlich größer als in den meisten Vergleichsländern.

Ein erhebliches Problem stellt der Studie zufolge auch der Anteil besonders niedrig qualifizierter Zugewanderter dar: Jeder Sechste hat keinen Schulabschluss. Von diesen Geringqualifizierten ist nur jeder Zweite erwerbstätig. Zugewanderte machen 70 Prozent der Menschen ohne Schulabschluss in Deutschland aus. Auf der anderen Seite lebten zum Untersuchungszeitpunkt 600.000 hoch qualifizierte Akademiker im Land, die nicht entsprechend ihrer Kenntnisse beschäftigt waren.

Liebig: Trotz Schatten gibt es auch viel Licht

Hier liege angesichts des Fachkräftemangels ein riesiges Potenzial, sagte der Migrations-Experte der OECD und Mitautor der Studie, Thomas Liebig. Bei der Bewertung der Integrationserfolge müsse viel genauer hingesehen werden, als es in der öffentlichen Debatte der Fall sei. Dort stünden vor allem Problemgruppen im Mittelpunkt. „Trotz allem Schatten sehen wir aber viel Licht“, sagte Liebig. Die erheblichen Investitionen in die Integration hätten sich ausgezahlt.

Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten das OECD-Land mit der in absoluten Zahlen zweitgrößten Einwanderungsbevölkerung. 2022 lebten mehr als 14 Millionen Eingewanderte im Land, seitdem kamen über eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer hinzu sowie rund 600.000 Asylsuchende.

Der OECD-Bericht wurde von der Integrationsbeauftragten Alabali-Radovan gefördert. Es wurden zwei Bevölkerungsgruppen untersucht: außerhalb Deutschlands Geborene und im Inland Geborene mit zwei im Ausland geborenen Elternteilen. Der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) gehören 38 Länder an. Für die Studie wurden 15 Vergleichsländer herangezogen.

Bettina Markmeyer



sozial-Politik

Bundesregierung

Bericht: In der Pflege fehlen Milliarden




Station im Helios Klinikum Erfurt
epd-bild/Paul-Philipp Braun
Von allen Seiten wird der Regierung vorgeworfen, die Lösung der Probleme in der Pflege weiter zu verschleppen. Der Regierungsbericht zur Finanzierung der Pflegeversicherung sei lediglich eine weitere Bestandsaufnahme, kritisieren Verbände. Tiefgreifende Reformen müssten endlich begonnen werden - nicht nur bei der Finanzierung.

Berlin (epd). Ohne Reformen steht die Pflegeversicherung vor großen Finanzproblemen. Das geht aus dem Regierungsbericht über eine zukunftssichere Finanzierung der Pflegeversicherung hervor, mit dem sich das Bundeskabinett am 3. Juli in Berlin befasst hat. In dem Bericht werden auch Reformvorschläge durchgerechnet, ohne dass sich die Ampel-Koalition auf Maßnahmen und Zeitpläne festlegt.

Das sorgt für breite Kritik bei Sozial- und Fachverbänden. Deren Unmut mündet in deutlichen Worten. AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Uns droht offenbar, dass die längst überfällige Finanzreform der Pflegeversicherung erneut in die nächste Legislaturperiode verschoben wird, während die Lage sich rapide zuspitzt.“ Die Pflegekassen stünden kurz vor dem finanziellen Kollaps, pflegebedürftige Menschen wüssten angesichts der rasant steigenden Eigenanteile nicht mehr, wie sie sich ihre Pflege leisten sollen. Was muss denn noch passieren, damit eine Bundesregierung endlich handelt?"

Noch deutlicher wird der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa): „Die Bundesregierung diskutiert einen Bericht und tut anschließend nichts. Sie schaut zu, wie die Zahl der Pflegebedürftigen nach oben schnellt, während wir zum ersten Mal ein Wegbrechen der pflegerischen Versorgung erleben“, rügte Präsident Bernd Meurer.

Bericht überblickt Zeit bis 2060

Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegte Bericht wurde von Experten, mehreren Bundesministerien und Vertretern der Bundesländer erstellt und befasst sich mit der Zeitspanne bis 2060. Die Finanzierungslücke bis 2060 beziffert der Bericht mit 0,5 bis 2,6 Beitragssatzpunkten, je nach Szenario. Sofern der heutige Umfang der Leistungen beibehalten und an die künftigen Preise angepasst würde, läge die Beitragssteigerung im Mittel bei 1,4 Beitragssatzpunkten. Das entspricht nach heutigen Werten einer Finanzlücke von 24 Milliarden Euro im Jahr, die durch die höheren Beiträge geschlossen werden müsste. Der Beitrag läge dann bei 4,6 Prozent des Bruttoeinkommens.

Von den Arbeitgebern bis hin zu den Sozialverbänden zeigten sich alle Beteiligten unzufrieden und drängten auf Sofortmaßnahmen. Die Versorgung von Millionen pflegebedürftiger Menschen sei bereits jetzt massiv gefährdet, erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), die Dachorganisation der sechs größten Wohlfahrtsverbände. „Die defizitäre Lage der sozialen Pflegeversicherung erfordert stabilisierende Sofortmaßnahmen, damit die am Rande der Zahlungsunfähigkeit befindliche Pflegeversicherung überhaupt noch handlungsfähig bleibt.“

Pochen auf Sofortmaßnahmen

Ebenso seien dringend Maßnahmen erforderlich, "die die wirtschaftliche Lage der Pflegeeinrichtungen und -dienste verbessern, damit es nicht zusätzlich zu Angebotseinschränkungen in der Pflege kommt. Die BAGFW forderte die Bundesregierung auf, kurzfristig dazu in einem ersten Schritt die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bundeszuschüsse für die Pflegeversicherung zur Verfügung zu stellen, um die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung zu gewährleisten.

Die Diakonie Deutschland kritisierte, Problemanalysen gebe es genug. Vorstandsmitglied Maria Loheide erklärte, kurzfristig ließen sich Finanzlücken schließen, wenn die Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen und die 4,5 Milliarden Euro Vorleistung der Pflegeversicherung aus der Corona-Zeit aus Steuermitteln finanziert würden. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, rief die Bundesregierung in den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe vom 3. Juli dazu auf, Wohlhabende stärker zu belasten.

Defizit steigt 2025 auf 3,4 Milliarden Euro

Die Pflegeversicherung rechnet für dieses Jahr mit einem Minus von 1,5 Milliarden Euro, im kommenden Jahr mit einem Defizit von 3,4 Milliarden Euro. Die Vorstände der Techniker Krankenkasse und die AOK kritisierten, der Regierungsbericht enthalte keinen konkreten Reformvorschlag. AWO-Chefin Sonnenholzner: „Das Mindeste wäre es gewesen, die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der Finanzsituation der Pflegeversicherung durch Steuerzuschüsse für versicherungsfremde Leistungen umzusetzen. Aber nicht einmal das gelingt.“

Arbeitgeberverbände aus der Gesamtwirtschaft und der Pflegebranche warfen der Bundesregierung vor, die Entscheidung über eine Finanzreform der Pflegeversicherung auf die nächste Legislaturperiode zu vertagen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten sich deshalb auf weiter steigende Beiträge gefasst machen, erklärten die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, der Verband der Privaten Krankenversicherung und Pflege-Arbeitgeberverbände. Die Arbeitgeberseite setzt sich für eine ergänzende, private Vorsorge ein, über die die Menschen ihr Pflegerisiko besser absichern sollen.

VdK spricht sich für Bürgerversicherung für alle aus

Im Gegensatz dazu forderte der Sozialverband VdK eine Pflege-Bürgerversicherung, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen, um die Pflegeversicherung finanziell breiter aufzustellen. VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärte, drei Viertel der Bevölkerung unterstützten diese Forderung und verwies dazu auf eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Verbandes: „77 Prozent stimmen für die Zusammenlegung von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung. In allen Altersgruppen liegt die Zustimmung bei mindestens 75 Prozent.“

Dagegen hieß es beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), die im Regierungsbericht enthaltenen Vorschläge für eine ergänzende kapitalgedeckte Vorsorge gingen in die richtige Richtung. „Wie man es auch dreht und wendet: Es führt kein Weg daran vorbei, kapitalgedeckte Reserven zu bilden, um das umlagefinanzierte System zu stützen. Alles andere wäre nicht generationengerecht“, so PKV-Chef Thomas Brahm.

Ver.di: Solidarsystem muss Pflege sicherstellen

Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler erklärte: „Die Pflegeversicherung steht vor dem Kollaps, die Zuzahlungen und Eigenbeiträge überfordern viele Tausend pflegebedürftige Menschen. Weiter abzuwarten, verbietet sich.“ Die Mehrheit der Bevölkerung wolle, dass die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung ausgebaut wird, die alle pflegebedingten Kosten abdecke. „Alle pflegebedürftigen Menschen müssen die notwendige Versorgung bekommen, auch wenn sie wenig Einkommen und kein Vermögen haben. Ein würdiges Leben im Alter ist ein Grundrecht, das im Solidarsystem garantiert werden muss“, forderte Bühler.

Pflegeleistungen werden aus Beitragseinnahmen, Eigenanteilen der Pflegebedürftigen und Zuschüssen der Bundesländer finanziert. Dem Regierungsbericht zufolge lagen die Beiträge voriges Jahr bei mehr als 58 Milliarden Euro, Länder und Kommunen zahlten weitere 6,6 Milliarden Euro. Die Eigenanteile aller Heimbewohner, die nur rund 20 Prozent der Pflegebedürftigen ausmachen, betrugen knapp 22 Milliarden Euro. Insgesamt lebten Ende 2023 rund 5,2 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland. Ihre Zahl steigt rasch, im vorigen Jahr um 360.000 Personen.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Bundesregierung

Gleichwertigkeitsbericht: Regionale Unterschiede werden kleiner



Das Einkommen ist hier besser, der Weg zur Schule aber dort kürzer: In Deutschland lebt es sich je nach Region ziemlich unterschiedlich. Das belegt auch der neue Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung. Die Unterschiede werden aber kleiner.

Berlin (epd). 226 Seiten stark ist der Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung, mit vielen Karten, Grafiken und Tabellen versehen. Die Fachleute von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) haben erhoben, wie unterschiedlich die Lebensbedingungen in Deutschlands Regionen sind. Am 3. Juli legten sie den Bericht vor. Das Fazit: Es gibt nach wie vor Unterschiede, mitunter auch starke, insgesamt nähern sich die Bedingungen in Städten und Landeskreise im Osten, Norden, Westen und Süden der Bundesrepublik aber an.

Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse habe sich insgesamt verbessert, sagte Habeck (Grüne). Für den Bericht wurden Strukturdaten der 400 deutschen Landkreise und Städte anhand von 38 Indikatoren in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge sowie Klima und Umwelt ausgewertet. Bei 27 dieser Gradmesser gab es den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren eine Annäherung. Das gilt etwa für das kommunale Steueraufkommen, die Lebenserwartung, die Feinstaubbelastung oder die Arbeitslosenquote.

Habeck: Strukturschwächere Regionen haben aufgeholt

Der Bericht zeige dabei eine Angleichung nach oben, strukturschwächere Regionen hätten also aufgeholt, erläuterte Habeck. In sieben anderen Bereichen, etwa bei der Wohngebäudedichte, den vorhandenen Kita-Plätzen oder dem Altenquotienten sind die regionalen Unterschiede dagegen größer geworden. Bei vier Indikatoren gab es keine messbaren Veränderungen.

Einige der Grafiken im Bericht zeigen dabei immer noch eine deutliche Ost-West-Grenze - im Positiven wie im Negativen. Die durchschnittlichen Einkommen sind im Osten niedriger, die Kita-Angebote deutlich besser als im Westen. Andere zeigen andere Grenzen: So ist die Zahl der Straftaten pro 1.000 Einwohner beispielsweise im Süden geringer. Bei manchen Indikatoren ist Deutschland ein bunter Flickenteppich, etwa bei der Erreichbarkeit medizinischer Einrichtungen oder der Zahl der Hausärzte.

31.000 Interviews ausgewertet

Eine gute Gesundheits- und Pflegeversorgung, bezahlbarer Wohnraum, Sicherheit und ein guter Zustand von Umwelt und Natur sind den Deutschen am wichtigsten, wenn sie ihre Lebensqualität beurteilen. Das ergab eine zusätzliche Bevölkerungsumfrage für den Bericht. Neben den objektiven Daten wollte die Bundesregierung damit das subjektive Zufriedenheitsgefühl der Bevölkerung erforschen. Rund 31.000 Interviews wurden dafür den Angaben zufolge ausgewertet.

Den Ergebnissen zufolge sind im Durchschnitt 28 Prozent der Deutschen „überdurchschnittlich“, 43 Prozent „durchschnittlich zufrieden“, 28 Prozent „unterdurchschnittlich zufrieden“ mit ihrer Lebenssituation. Die meisten unzufriedenen Menschen leben demnach in dünn besiedelten Regionen. In Großstädten sind wiederum die wenigsten Menschen „überdurchschnittlich“, sehr viele aber „durchschnittlich zufrieden“.

Konflikt zwischen objektiven Daten und subjektiven Gefühlen

Und nicht immer passen objektive Daten und subjektives Gefühl zusammen: Längst nicht alle Menschen im Osten Deutschlands sind zufrieden mit dem Angebot der Kinderbetreuung, obwohl es dort flächendeckend objektiv besser ist als im Westen. In Bayern sind viele Menschen mir Kita-Situation zufrieden, obwohl sie objektiv im Vergleich nicht gut ist.

Analysiert wurde für den Bericht auch die Förderpolitik des Bundes zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. 2022 wurden den Angaben zufolge 4,2 Milliarden Euro über das „Gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwache Regionen“ ausgegeben. Etwas mehr als die Hälfte der öffentlichen Mittel ging in ostdeutsche Kreise, der andere Teil in strukturschwache Regionen im Westen, vorrangig in Norddeutschland, ins Ruhrgebiet, nach Rheinland-Pfalz, ins Saarland und Regionen entlang der bayerischen Grenze nach Tschechien.

Faeser sagte, der Bericht zeige, dass die Förderpolitik zielgenau sei. Förderprogramme könnten aber flexibler und unbürokratischer gestaltet werden. Unter anderem darüber soll auf Grundlage des Berichts nun weiter beraten werden.

Corinna Buschow


Geburten

1.200 Kinder kamen "vertraulich" zur Welt




Baby auf dem Wickeltisch
epd-bild/Jens Schulze
Ungewollte Schwangerschaften bringen Frauen oft in große Nöte. Wenn das Kind aus einer Vergewaltigung entstanden oder das Lebensumfeld von Gewalt geprägt ist, potenzieren sich die Probleme. Eine Lösung kann die "Vertrauliche Geburt" sein. Dieses Angebot gibt es seit zehn Jahren.

Aschaffenburg, Fürth (epd). Käme ans Licht, dass das Baby von einem anderen Mann ist - ihr Partner würde ausrasten. Er würde wieder zuschlagen. Auch das ungeborene Kind wäre nicht sicher. Verzweifelt überlegt die Frau, was sie tun kann. Sie kommt zum Schluss: Sie will heimlich entbinden. Allerdings nicht völlig anonym. Letztlich entscheidet sie sich für die vor zehn Jahren geschaffene Möglichkeit einer „Vertraulichen Geburt“. Laut Bundesfamilienministerium kommen derzeit deutschlandweit zehn Kinder pro Monat „vertraulich“ zur Welt.

Frauen, die ihr Kind dermaßen geschützt zur Welt bringen wollen, wenden sich an eine Schwangerenberatungsstelle. In etwa jedem fünften Beratungsfall kommt es laut Ministerium dann auch tatsächlich zu einer „Vertraulichen Geburt“. Für die Kinder bedeutet das meist: Adoption. Im Jugendalter dürfen sie dann erfahren, wer ihre Mutter ist. Seit das entsprechende Gesetz im Mai 2014 in Kraft trat, wurden bundesweit etwas mehr als 1.200 „Vertrauliche Geburten“ registriert. Auswertungen für die einzelnen Bundesländer gibt es dazu nicht.

Angebot wird eher in Städten als auf dem Land genutzt

„Vertrauliche Geburten“ seien vor allem in größeren Städten ein Thema, sagt Ursula Omer vom Sozialdienst katholischer Frauen in Aschaffenburg. „Bei uns kam das bisher selten vor, wir hatten unseren letzten Fall 2019.“ Die Klientin, eine Migrantin, war damals außerhalb der Ehe schwanger geworden: „Sie hatte sehr große Angst, dass sie dadurch familiäre Gewalt erfahren würde, vor allem fürchtete sie den Verlust der Zugehörigkeit zu ihrer Familie“, erinnert sich Omer. Nach der eingehenden Beratung kam es tatsächlich zu einer „Vertraulichen Geburt“.

Heidi Winter-Schwarz von der Katholischen Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen des Caritasverbands Nürnberg ist Expertin bei diesem Thema. Inzwischen wurden in Nürnberg um die 100 Frauen beraten. Rund 25 brachten ihr Kind geheim zur Welt. Häufige Gründe für den Wunsch nach einer „Vertraulichen Geburt“ sind neben einer von Gewalt geprägten Umgebung auch Schwangerschaften, die aus einer Vergewaltigung herrühren. Eine Frau habe ihr berichtet, sie könne das Kind wegen der Vergewaltigung „einfach nicht lieben“, sagt Winter-Schwarz.

Alternative zu Abtreibungen und Babyklappen

Durch die „Vertrauliche Geburt“ wollte der Gesetzgeber vor zehn Jahren explizit eine Möglichkeit jenseits der Abtreibung eröffnen. Außerdem soll so verhindert werden, dass ungewollte Kinder nach der Geburt ausgesetzt oder gar getötet werden. Sie sind auch eine Alternative zu den seit fast 25 Jahren existierenden sogenannten Babyklappen. Bei diesen anonymen Geburten findet vorher keine Beratung statt. Das ist bei der „Vertraulichen Geburt“ anders. Die Identität der Mütter bleibt dennoch auch in der Klinik geschützt, nur die Beraterin kennt sie.

Um die Anonymität der Schwangeren wirklich zu garantieren, hat der Beratungsverein donum vitae eine spezielle Karte im Kreditkartenformat entwickelt. Die kann bei der Anmeldung in der Klinik oder bei Frauenärzten anstelle einer Krankenkassenkarte überreicht werden. „Auf der Karte können das Pseudonym der schwangeren Frau sowie der Kontakt der begleitenden Beraterin vermerkt werden“, heißt es auf der Homepage.

Anders als bei einer anonymen Geburt hinterlegt eine vertraulich entbindende Frau einen Herkunftsnachweis. Aus dem gehen ihr Name, ihr Geburtsdatum und ihre aktuelle Adresse hervor. „Manche Frauen erläutern auch in einem Brief ans Kind, warum sie diesen Schritt gehen mussten“, berichtet Winter-Schwarz. Die Identität des Vaters muss nicht preisgegeben werden. Das sieht der in Frankfurt am Main ansässige Verein „Väteraufbruch für Kinder“ kritisch. Es sollte „ernsthafter“ versucht werden, Kindern auch den Vater zu erhalten, heißt es dort.

Herkunftsnachweise werden zentral verwaltet

Die versiegelten Herkunftsnachweise werden beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufbewahrt. Mit 16 Jahren darf das Kind Einsicht nehmen, wenn es wissen will, wer seine leibliche Mutter ist.

Die Beraterinnen vermuten, dass davon ab 2030 rege Gebrauch gemacht wird. Die eigenen Wurzeln zu kennen, sagt Inge Schmidt vom Diakonischen Werk Fürth, sei für die meisten Menschen wichtig. „Eine professionelle Begleitung von Minderjährigen, die einen Herkunftsnachweis einsehen möchten, könnte sinnvoll sein.“

Pat Christ


Arbeit

Ältere Beschäftigte würden bei flexibler Arbeitszeit länger arbeiten




Privates Hinweisschild auf den erfolgten Rentenbeginn
epd-bild/Heike Lyding
Unternehmen legen dem Gesundheitsreport 2024 der Techniker Krankenkasse zufolge hohen Wert auf die Bindung zu ihren Beschäftigten jenseits der 50 Jahre. Die Untersuchung zeigt auch Wege auf, wie sie diese Bindung erreichen können.

Berlin (epd). Wenn Firmen ältere Beschäftigte möglichst lange im Job halten wollen, sollten sie einer Studie zufolge auf deren Gesundheit und deren individuelle Bedürfnisse achten. Laut dem am 2. Juli in Berlin veröffentlichten Gesundheitsreport 2024 der Techniker Krankenkasse (TK) geschieht beides aber noch nicht ausreichend.

Demnach gaben in der Untersuchung 73,7 Prozent der befragten Über-50-Jährigen an, sie wünschten sich eine „Anpassung der Arbeitszeit an individuelle Bedürfnisse“, etwa wenn pflegebedürftige Angehörige zu versorgen seien. Fast ebenso viele (70,3 Prozent) wünschten sich Unterstützung dabei, ihren Renteneintritt flexibel zu gestalten, teilte die TK bei der Vorstellung des Reports mit.

Wunsch und Wirklichkeit fallen auseinander

Allerdings bot laut dem Report mit dem Titel „Fachkräftemangel: Was hält die Generation 50+ im Job?“ nur gut die Hälfte der befragten Arbeitgeber (57 Prozent) flexiblere Arbeitszeiten an. Weniger als die Hälfte (48,8 Prozent) waren es bei der Möglichkeit, einen individuellen Übergang in die Rente zu gestalten. 66,5 Prozent der älteren Beschäftigten wünschten sich ein höheres Gehalt, nur 38 Prozent der Arbeitgeber boten dies an.

Wunsch und Angebot stimmten hingegen oft beim Wechsel von Voll- auf Teilzeit überein. 64 Prozent der älteren Beschäftigten wünschten sich das, 68,8 Prozent der Arbeitgeber entsprachen dem. Auch bei gesundheitsfördernden Maßnahmen erfüllten Arbeitgeber häufig die Erwartungen ihrer Beschäftigten. Hier äußerten 60 Prozent der Beschäftigten oberhalb der 50 Jahre diesen Wunsch, während 65,9 Prozent der Arbeitgeber ihm entgegenkamen.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen

Für den Report hatte das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) im Auftrag der TK im Januar gut 1.000 Beschäftigte im Alter von mehr als 50 Jahren und mehr als 300 Führungskräfte aus Betrieben befragt. Die Stichproben sind allerdings nicht repräsentativ. Fast ein Drittel der Befragten (31,3 Prozent) plant demzufolge, vorzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. 17,1 Prozent wollen oder müssen über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, 11,6 Prozent tun das bereits.

Fast sechs von zehn der Befragten (57,9 Prozent) gaben an, sie könnten es sich nicht leisten, früher in Ruhestand zu gehen. Hier zeigten sich im Report Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Fast die Hälfte der Männer (47,8 Prozent) sah sich schon vor Erreichen der Regelaltersgrenze als materiell abgesichert, aber nur gut ein Drittel der Frauen (36,3 Prozent)

Mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Arbeitgebervertreter gaben an, dass ihnen die Bindung ihrer älteren Beschäftigten wichtig sei. Besonders Großunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten tun sich allerdings der TK zufolge schwer, diese Bindung zu erreichen. In kleineren Betrieben arbeiteten die Beschäftigten tendenziell länger bis zum Renteneintritt.

Bedeutende Rolle der Führungskultur

Nach den Worten des IFBG-Geschäftsführers Fabian Krapf zeigt die Studie zudem einen deutlichen Zusammenhang zwischen positiver Unternehmenskultur und dem Wunsch, später in den Ruhestand zu gehen: „Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebt, der arbeitet auch länger.“

Der Vorstandsvorsitzende der TK, Jens Baas, empfahl Arbeitgebern, möglichst gesunde Arbeitsbedingungen für alle Altersgruppen zu schaffen. Laut dem Report sind von Arbeitnehmern, die im Jahr 2012 keinen einzigen Tag krankgeschrieben waren, nach ihrem regulären Renteneintritt immer noch 14,1 Prozent berufstätig. Von Beschäftigten, die 43 Tage oder mehr krank waren, arbeiteten jenseits der 67 Jahre nur noch 7,1 Prozent. Für diesen zweiten Teil des Gesundheitsreports hatte die TK die Daten von mehr als 420.000 bei ihr versicherter Erwerbspersonen ausgewertet.

Baas' Worten zufolge muss das Thema Gesundheit umfassender gedacht werden als bislang. „Da geht es nicht nur um den Salat in der Betriebskantine“, sagte er. Die psychische Gesundheit spiele eine große Rolle, und dafür seien Betriebsklima und Führungskultur wichtige Einflussgrößen.

Nils Sandrisser


Umfrage

Jugendliche empfinden zunehmende Ungerechtigkeit




Bernd Siggelkow (li.), Gründer und Leiter des Kinderhilfswerks "Die Arche", und Studienleiter Holger Ziegler
epd-bild/Christian Ditsch
Die junge Generation sorgt sich um die Gerechtigkeit im Land. Dabei fühlen sich viele von der Politik übersehen, heißt es in einer neuen Studie der Universität Bielefeld. Viel hängt dabei vom sozialen Status der Familien ab.

Berlin (epd). Junge Menschen sehen einer Umfrage zufolge gerechte Lebensverhältnisse in Deutschland bedroht. So finden jeweils mehr als 60 Prozent, dass zu wenig für Rentner, gleiche Lebensbedingungen und die Bildung von Kindern und Jugendlichen getan wird, heißt es in einer am 2. Juli in Berlin vorgestellten „Gerechtigkeitsstudie“ der Universität Bielefeld.

Studienleiter Holger Ziegler betonte, „die Vorurteile gegenüber der jungen Generation, diese würde sich nur für sich selbst interessieren, können in unserer Studie keinesfalls bestätigt werden“. Dabei gebe es je nach sozialem Umfeld große Unterschiede, wie Kinder und Jugendliche Fairness in Deutschland wahrnehmen, betonte der Professor für Soziale Arbeit am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld.

Umfrage aus den Monaten November und Dezember

Für die repräsentative Studie „Wie gerecht ist Deutschland“ wurden den Angaben zufolge 660 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren und 570 Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren online befragt. Die Umfrage lief im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung der Bayer Vital GmbH im November und Dezember vergangenen Jahres.

Mehr als drei Viertel der befragten Jugendlichen in Deutschland fühlen sich demnach von der Politik übergangen. Trotz des Aufkommens von Bewegungen wie „Fridays for Future“ hätten 78 Prozent den Eindruck, machtlos zu sein und öffentlich nicht beachtet zu werden. 72 Prozent der Jugendlichen seien davon überzeugt, dass sich Politikerinnen und Politiker in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) spreche der Politik sogar das Bemühen ab, die wichtigsten Probleme der Gesellschaft lösen zu wollen.

Einfluss der Eltern wird genauer untersucht

Ziegler sprach von einem beunruhigenden Befund. In wesentlichen Fragen herrsche bei den jungen Menschen Konsens, unabhängig vom sozioökonomischen Status und der eigenen Lebenssituation.

Bernd Siggelkow, Gründer und Leiter des Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“, bestätigte aus der Praxis, dass Kinder sich zunehmend ungerecht behandelt fühlten. Sie erlebten viel Pessimismus, weil sie ungerecht aufwachsen würden. Dieses Ungerechtigkeitsempfinden mache die Kinder auch gewaltbereiter, sagte der Pastor und Sozialarbeiter: „Wir sind immer wieder ganz konkret gefragt, gegen das Gefühl der Unsichtbarkeit bei Kindern und Jugendlichen anzuarbeiten.“

Ziegler zufolge haben die Eltern auch einen Einfluss darauf, wie Kinder Deutschland wahrnehmen. Eine Studie mit Ergebnissen aus einer Umfrage unter Eltern soll deshalb im kommenden Jahr folgen. So würden Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status weitaus mehr Handlungsbedarf für Politik und Gesellschaft sehen. Der soziale Status definiert sich demnach unter anderem über die Selbsteinschätzung der persönlichen Situation und der eigenen finanziellen Lage im gesellschaftlichen Vergleich sowie über den Bildungsabschluss der Eltern.

Lukas Philippi


Studie

Umgang mit Staatenlosen: Studie beklagt "Blackbox Verwaltung"



Im Umgang mit Staatenlosen gibt es bundesweit kein einheitliches Verfahren. Das beklagt der Sachverständigenrat für Integration und Migration. Deshalb entscheiden die Behörden sehr unterschiedlich. Und viele Personen bleiben auf Dauer staatenlos.

Berlin (epd). Eine neue Studie des wissenschaftlichen Stabs des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) beschreibt den praktischen Umgang mit Staatenlosigkeit und ungeklärter Staatsangehörigkeit als „Blackbox Verwaltung“. Ein einheitliches Feststellungsverfahren gebe es in Deutschland noch nicht. Die praktizierten Verfahren seien komplex, die Handhabung sei uneinheitlich, heißt es in einer Mitteilung. Ziel der Erhebung sei es zu zeigen, „wie der Status quo verbessert und Herausforderungen überwunden werden können“.

Mehr als 125.000 Menschen leben den Angaben nach hierzulande als Staatenlose oder mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Deutschland ist als Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechtsstellung von Staatenlosen verpflichtet, Menschen ohne Staatsangehörigkeit zu identifizieren und ihnen Zugang zu nationalen und internationalen Rechten zu gewähren.

„Zeitaufwendige und komplexe Prüfung“

Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit bilden laut SVR eine heterogene Gruppe: Unter ihnen sind Zugewanderte ebenso wie Menschen, die bereits in Deutschland geboren wurden; ein großer Teil hat einen Fluchthintergrund, nicht alle verfügen über Aufenthaltspapiere. „Die Wege der betroffenen Personen durch die deutschen Behörden unterscheiden sich je nach Ausgangslage“, erläutert Maximilian Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim SVR. „Eins ist aber immer gleich: Bei der Feststellung von Staatenlosigkeit handelt es sich um eine zeitaufwendige und komplexe Prüfung“, so der Studienautor.

Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern wie Frankreich oder Spanien gibt es in Deutschland kein einheitliches und etabliertes Feststellungsverfahren, wie die Untersuchung zeigt, die vor allem die Ausländerbehörden in den Blick nimmt. „Behörden stellen unterschiedliche Ansprüche an die Mitwirkung der Betroffenen; die Grenzen der Zumutbarkeit werden uneinheitlich definiert und von der einen Behörde getroffene Entscheidungen sind für andere nicht unbedingt bindend“, erläuterte Müller. „Das führt häufig zu Verunsicherung bei den Betroffenen wie Mitarbeitenden der Behörden selbst.“

Häufig kann Staatenlosigkeit nicht geklärt werden

Hinzu kämen weitere Hürden - etwa fehlende Kooperation potenzieller Herkunftsstaaten oder Kapazitätsengpässe bei deutschen Behörden. Häufig kann die Staatenlosigkeit deshalb nicht abschließend festgestellt werden; der prekäre Status „ungeklärt“ bleibt Dauerzustand. Um das zu verhindern, sollten die gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Regelungen angepasst werden.

„Die Zahl der Betroffenen ist in den vergangenen Jahren gestiegen, der Handlungsbedarf damit auch“, so der SVR-Mitarbeiter weiter. Waren 2014 rund 15.000 staatenlose Menschen in Deutschland registriert, sind es zehn Jahre später bereits 29.500. Die Zahl der Menschen, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, stieg im gleichen Zeitraum von 43.000 Personen auf inzwischen über 96.000.

Damit Feststellungsverfahren transparent gestaltet werden können, sind einheitliche Regelungen nötig. „Es braucht Leitplanken: Zuständigkeiten, Mitwirkungspflichten und Grenzen der Zumutbarkeit müssen klar definiert werden“, so Müller. „So könnte zum Beispiel festgelegt werden, wie häufig die Betroffenen eine Vertretung des mutmaßlichen Herkunftslands zur Klärung einer etwaigen Staatsangehörigkeit kontaktieren müssen und welche Wartefristen angemessen sind. Zudem sollte geregelt werden, wie lange ein Feststellungsverfahren insgesamt dauern darf.“

Zentralisierung nach Vorbild des Asylverfahrens denkbar

Ein weiterer wichtiger Schritt ist eine Zentralisierung des Prozesses, um Wissen und Handeln zu bündeln und Ressourcen zu schonen. In Deutschland könnte das dem Fachmann zufolge auf Bundes- oder auf Landesebene erfolgen. „Das setzt natürlich einen entsprechenden politischen Willen voraus“, erläutert Jan Schneider, Leiter des Bereichs Forschung beim SVR. „Asylverfahren könnten als Vorbild dienen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge würde als zentrale Behörde die Staatenlosigkeit der Antragstellenden prüfen; die Entscheidung wäre dann für andere Behörden bindend.“

Alternativ empfiehlt der wissenschaftliche Stab des SVR, Feststellungsverfahren auf Landesebene zu bündeln - etwa bei den in einigen Ländern eingerichteten zentralen Ausländerbehörden. Zumindest sollten Austauschforen eingerichtet bzw. gefördert werden, in denen am Prozess beteiligte Verwaltungsstellen Unterstützung suchen können.

Sonderregel für Kinder von Staatenlosen vorgeschlagen

Ein Feststellungsverfahren zur Anerkennung von Staatenlosigkeit sei indes nicht für alle Gruppen sinnvoll. „Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, sollten stattdessen einen vereinfachten Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit erhalten. Hier ist eine Einbürgerung nach fünfjährigem rechtmäßigen Inlandsaufenthalt möglich.“ Im Rahmen der jüngst erfolgten Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes sei dieses Thema allerdings nicht zufriedenstellend behandelt worden, so Schneider. „Deshalb muss auf unterhalb der gesetzlichen Ebene nachgebessert werden, idealerweise bei der Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht.“

Wenn es dazu nicht komme, sollte das zuständige Bundesministerium des Innern und für Heimat seine Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsrecht entsprechend klar formulieren. Der SVR vertritt die Auffassung, dass Kinder von anerkannten Staatenlosen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, bei der Geburt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten sollten.

Dirk Baas


Kirchen

Sechs Wochen Hiebe, Schläge, Erniedrigung



Essenszwang, Briefzensur und teilweise auch Schläge prägten bis in die 1970er Jahre hinein den Alltag in den katholischen Kinderkurheimen der Mainzer Caritas. Der Wohlfahrtsverband hat nun eine Studie zu den Zuständen in den Einrichtungen vorgelegt.

Mainz (epd). „Liebe Mutti, hier ist es schön, nur das Wetter nicht“, schrieb der kleine Udo irgendwann nach 1970 in krakeliger Kinderschrift auf eine Postkarte aus dem Schwarzwald an die Familie in Nordrhein-Westfalen. Vom quälenden Heimweh, den rigiden Hausregeln oder erniedrigenden Strafen im katholischen Kinderkurheim Allerheiligen sollte niemand etwas erfahren, daher wurden die Ansichtskarten vor dem Absenden streng zensiert. Und wenn die Kinder irgendetwas Negatives erwähnten, wurden die Schreiben kurzerhand zerrissen. Nichts sollte das Bild von der heilen Welt im Schwarzwald trüben.

Jahrzehnte später hat der Caritas-Verband des Bistums Mainz sich intensiv mit den Zuständen in den beiden einst von ihm betriebenen Häusern St. Josef bei Bad Nauheim und in Allerheiligen befasst und nun einen umfassenden Bericht vorgelegt.

Akten ausgewertet und Zeitzeugen befragt

„Die meisten Kinder haben in den beiden Einrichtungen keine erholsame Zeit verbracht, im Gegenteil“, sagte Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts. Im Auftrag der Caritas hatte der Historiker Holger Köhn in den Akten des kirchlichen Wohlfahrtsverbandes recherchiert und Gespräche mit ehemaligen Kurkindern geführt. Viele Gesprächspartner zeichneten ein düsteres Bild ihres Aufenthalts. „Sechs Wochen Hiebe, Schläge, Erniedrigung, unterlassene Hilfe“, zitiert Köhn eine Zeitzeugin, die 1963 nach Allerheiligen kam. „Ich war so verzweifelt, dass ich mich umbringen wollte.“

In den beiden katholischen Heimen wurden die Kinder gezwungen, alle Mahlzeiten aufzuessen. Stundenlang mussten sie vor ihren Tellern sitzenbleiben, bis die leer waren. Nachts wurden die Mädchen und Jungen eingeschlossen und durften auch nicht mehr auf die Toilette gehen. Bei Regelverstößen riskierten sie Ohrfeigen, oder sie mussten zur Strafe stundenlang auf einem Stuhl sitzen. „Die Kinder selbst haben lange darüber geschwiegen“, sagt Köhn. In den Akten der Caritas gebe es zwar einige Kritik seitens der „Entsendestellen“ an der medizinischen Betreuung in den Einrichtungen und im Fall von Bad Nauheim auch an den Räumlichkeiten, aber praktisch gar keine Hinweise auf Eltern-Beschwerden über eine demütigende Behandlung der Kinder. „Das wurde in der Tat nicht infrage gestellt“, urteilt der Historiker.

Zehntausende Kinder betroffen

Erst seit vergleichsweise kurzer Zeit ist das Schicksal der sogenannten Verschickungskinder ein Thema der zeitgeschichtlichen Forschung. Dabei waren in den Nachkriegsjahren jährlich Abertausende Kinder aus der ganzen Bundesrepublik zu mehrwöchigen Aufenthalten in Kinder-Kureinrichtungen geschickt worden, von denen viele in kirchlicher Trägerschaft waren. Manche sollten dort ihre Krankheiten auskurieren, andere einfach nur zunehmen, weil sie vermeintlich zu dünn waren.

Auch Irmtraud Maurer, die heute in der Nähe von Bad Kreuznach lebt, war im Alter von neun Jahren wegen angeblichen Untergewichts von ihrem Kinderarzt zur Kur nach Allerheiligen geschickt worden. Tatsächlich sei sie aber noch dünner wieder nach Hause zurückgekehrt. Viele Erinnerungen seien inzwischen verloren gegangen, aber einem Mädchen, das damals für sie ungenießbare Mahlzeiten aufgegessen habe, sei sie immer noch dankbar. „Sülze kann ich nicht ausstehen“, berichtet sie. „Und das gab es da.“

Übergriffe an der Tagesordnung

Übergriffe und brachiale Erziehungsmethoden seien in den meisten Einrichtungen die Regel gewesen, sagt Historiker Köhn. Die Zustände in den Häusern der Caritas Mainz hätten denen geglichen, die auch anderenorts vorzufinden waren. Seine Recherchen förderten auch Belege für sexuelle Grenzverletzungen zutage. So berichteten mehrere Kurkinder über befremdliche Sportübungen, bei denen die Mädchen ganz knappe Turnanzüge tragen mussten. Im Rahmen der Aufarbeitungsstudie über sexuelle Gewalt im Bistum Mainz war zuvor bereits der Fall eines Betroffenen bekannt geworden, der angegeben hatte, als Junge in Allerheiligen durch einen Hausgeistlichen vergewaltigt worden zu sein.

Weitere Belege für Sexualstraftaten fanden sich im Rahmen der aktuellen Spurensuche nicht. Aufgrund schwindender Nachfrage wurde das Heim in Bad Nauheim bereits 1963 und die Einrichtung in Allerheiligen 1978 geschlossen.

Karsten Packeiser


Armut

Deutscher Verein: Sozialhilfe einfacher und gerechter gestalten



Berlin (epd). Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat den Gesetzgeber aufgerufen, noch in dieser Legislaturperiode rechtliche Nachbesserungen in der Sozialhilfe zu beschließen. „Die Sozialhilfe ist das untere Netz der sozialen Sicherung, auf das es in Notlagen besonders ankommt. Deswegen sind gut anwendbare und auch nachvollziehbare Regelungen im Gesetzbuch für die Bürgerinnen und Bürger, für die Sozialverwaltung und für die Beratungsstellen, die in Notlagen beraten, wichtig“, sagte Präsidentin Irme Stetter-Karp zur Begründung in Berlin.

In seiner aktuellen Stellungnahme zum Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Einführung eines neuen Lebensunterhaltskapitels im SGB XII habe der Deutsche Verein aufgezeigt, wo in der Sozialhilfegesetzgebung Klarstellungen nötig seien, um das Recht fortzuentwickeln. „Wir möchten damit einen Beitrag zur Erhöhung der Rechtssicherheit und zur Verwaltungsvereinfachung in den Sozialämtern leisten“, so Stetter-Karp.

28 Vorschläge zur Vereinfachung

Dabei hat er auf 28 Vorschläge aus seinen Stellungnahmen verwiesen, das Recht der Sozialhilfe einfacher und auch gerechter zu gestalten. Unterschiedliche Regelungen in den Systemen der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung führten insbesondere bei einem Rechtskreiswechsel und auch bei Mischbedarfs- oder Mischhaushaltsgemeinschaften zu uneinheitlichen Anspruchsvoraussetzungen.

Viele Leistungssachverhalte an den Schnittstellen verschiedener Rechtsgrundlagen „sind komplex, verwaltungs- und kostenaufwändig und führen teilweise zu schwer nachvollziehbaren Entscheidungen“. Vor allem die Regelungen zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen sind demnach klarstellungs- und überarbeitungsbedürftig. Darüber hinaus besteht laut Deutschem Verein ein Harmonisierungsbedarf mit den Regelungen im SGB II.



Senioren

Expertin: Vorbeugung gegen Einsamkeit ist möglich



Berlin (epd). Auf ihrem Pflegeportal bietet die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) jetzt auch Hintergrundwissen sowie Tipps für pflegende Angehörige an, wie sich der Einsamkeit bei älteren pflegebedürftigen Menschen vorbeugen lässt. „Einsamkeit ist ein sehr belastendes Gefühl. Sie kann sich negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirken, insbesondere wenn sie über einen längeren Zeitraum anhält. Folgen sind zum Beispiel Ängste, Depression, Schlafprobleme, Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und geistiger Abbau“, teilte das ZQP in Berlin mit.

Ob und wie es zu Einsamkeit komme, hänge vom Zusammenspiel verschiedener individueller, sozialer, räumlicher und gesellschaftlicher Einflüsse ab. Einige Risikofaktoren für Einsamkeit träfen vorwiegend auf die Situation älterer pflegebedürftiger Menschen zu. So werde es mit zunehmendem Alter wahrscheinlicher, nahestehende Menschen zu verlieren und allein zu leben.

Soziale Einbindung fördern

Ein zentraler Aspekt zur Prävention von Einsamkeit bei älteren pflegebedürftigen Menschen ist laut Daniela Sulmann, Geschäftsleiterin und Pflegeexpertin im ZQP, die soziale Einbindung. Das bedeute zum Beispiel, regelmäßige Kontakte zu anderen Menschen zu fördern und bei Aktivitäten zu unterstützen. „Positiv wahrgenommene Kontakte mit anderen Menschen können Gefühle der Zugehörigkeit stärken und dazu beitragen, Krankheit und Pflegebedürftigkeit besser zu bewältigen“, erklärte Sulmann.

Auf der Homepage des ZQP gebe es dazu jetzt eine Reihe von Tipps und praktischen Hinweisen. Dazu zählten etwa die Bemühungen, Kontakte der Betroffenen zu anderen Personen zu fördern, ihre Aktivitäten zu unterstützen, Sicherheit zu vermitteln und vor allem auf Anzeichen für Einsamkeit zu achten. „Es gilt, die individuellen Bedürfnisse zu kennen und deren Umsetzung zu unterstützen. Dazu kann gehören, die pflegebedürftige Person zu ermutigen, Bekannte anzurufen, Besuche wahrzunehmen oder zu empfangen“, erläuterte Sulmann.

Ein solches Engagement lohne sich: „Positiv wahrgenommene Kontakte mit anderen Menschen können Gefühle der Zugehörigkeit stärken und dazu beitragen, Krankheit und Pflegebedürftigkeit besser zu bewältigen“, sagte die Expertin. Das gelte besonders mit Blick auf Demenzpatienten.




sozial-Branche

Männer

Werkeln gegen die Demenz




Volker Roth, Manfred Hertner und Walter Vollmer (v.l.) basteln im Männerschuppen in Leinfelden-Echterdingen
epd-bild/Thomas Niedermüller
Sägen, bohren, schleifen - es gibt Dinge, die vergisst und verlernt man nicht. Der "Männerschuppen" in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart richtet sich an Männer mit Demenz.

Stuttgart (epd). Feiner Staub liegt in der Luft. Konzentriert und mit großer Akribie schleift Ralf Focke die vor ihm liegenden Holzwürfel glatt. Einen nach dem anderen. „Ich schleife fast immer, wenn ich hier bin“, sagt der 87-Jährige aus Leinfelden bei Stuttgart. Sägen oder Bohren wäre nichts für ihn. Denn er ist stark sehbehindert, verfügt nur noch über zehn Prozent Sehkraft. Aber das hält ihn nicht auf. „Ich fühle ja mit den Fingern, ob das Produkt schon fertig ist oder noch bearbeitet werden muss“, sagt er.

Ihm gegenüber sitzt Walter Vollmer. Auch er ist heute fürs Schmirgeln eingeteilt. Vollmer war bis 2016 Leiter der Staatsanwaltschaft in Tübingen. Er wirkt fit und lacht viel. Doch es fällt auf, dass ihm manche Sachen nicht einzufallen scheinen, sein Alter etwa. Wann er erste Anzeichen der Demenz bemerkt habe? „Hm.“ Er überlegt. „Eigentlich gar nicht“, sagt er ein wenig nachdenklich - um dann lachend zu erzählen, dass seine Ehefrau ihn heute Morgen gebracht habe und gegen Mittag auch wieder abholen werde: „Manchmal braucht sie etwas Zeit für sich.“

Angebot startete 2015

Seit 2015 treffen sich im „Männerschuppen“ alle zwei Wochen Männer ab 60 Jahren aufwärts mit oder ohne Demenz, um gemeinsam zu werkeln. Projekte für Demenzkranke gebe es zwar viele, sagt Ralf Daubner. Sie richteten sich aber überwiegend an Frauen. „Die meisten Männer mögen Kaffeekränzchen, Stuhlkreise und bunte Tücher weniger“, glaubt er. Daubner ist Mitarbeiter beim Sozialpsychiatrischen Dienst für alte Menschen des Landkreises Esslingen, der das Projekt „Männerschuppen“ gemeinsam mit dem Pflegestützpunkt und dem Stadtseniorenrat betreibt.

Für einstige „Macher“ wie Walter Vollmer und Ralf Focke seien konkrete Ergebnisse ihrer Arbeit wichtig, sagt Daubner: „Hier haben sie das Gefühl, wieder etwas hinzubekommen. Das stärkt das Selbstbewusstsein.“ Zudem gehe es bei der gemeinsamen Arbeit darum, Wissen und Fähigkeiten zu reaktivieren: „Auch bei Menschen mit Demenz ist ja nicht alles verschüttgegangen.“

Demenz ist eine tückische Krankheit. Am Anfang sind häufig Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit gestört, später verschwinden auch Inhalte des Langzeitgedächtnisses. Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft geht davon aus, dass in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt sind. Hochrechnungen zufolge könnte die Zahl der Betroffenen bis 2050 auf 2,8 Millionen steigen.

Ziel ist es, Symptome zu verzögern

Bislang ist Demenz nicht heilbar. Aber das Fortschreiten der Symptome lässt sich laut Experten hinauszögern. Zum einen durch Medikamente, zum anderen durch nichtmedikamentöse Ansätze wie Musik- und Kunsttherapie oder Verhaltens- und Erinnerungstherapie. Positiv sind auch soziale Aktivitäten, gepaart mit einer gezielten Beschäftigung, die vorhandene Fähigkeiten erhält oder neu aktiviert.

Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft hat auf ihrer Internetseite einige Tipps zum Umgang mit Demenzkranken zusammengestellt, die sich in der Praxis bewährt hätten, wie es heißt. Vor allem gelte es sowohl für Betroffene als auch für Angehörige, die Erkrankung anzunehmen, anstatt sie zu verleugnen. Familienmitglieder oder nahestehende Personen sollten die Kranken in Alltagstätigkeiten einbeziehen, die ihnen Spaß machten. Dabei könnten sie an gewohnte Handlungsmuster anknüpfen: „Welche Vorlieben und Abneigungen hatte der Kranke?“

Viele Ehrenamtler im Einsatz

Im „Männerschuppen“ übernehmen diese Aufgaben Ehrenamtliche. Einer von ihnen ist Manfred Hertner. Der ehemalige Einzelhandelskaufmann ist ein leidenschaftlicher Hobby-Handwerker. „Manchmal komme ich auch her, wenn meine Frau und ich ein wenig Abstand voneinander brauchen“, sagt der 73-Jährige. „Das tut mir gut - und ihr auch.“ Dann zimmert Hertner beispielsweise einen Wohnzimmertisch aus ausgemusterten Holzstufen. Oder er baut einen Kaufmannsladen für seinen Enkel. Stolz zeigt er einige seiner Werke.

Hertners Hauptaufgabe besteht aber darin, die Teilnehmer je nach Begabungen für die verschiedenen Tätigkeiten einzuteilen und anzuleiten: Du zerteilst die Paletten, du lackierst die Vogelhäuschen, und du versiehst die fertigen Pflanzenschemel mit dem Männerschuppen-Logo. Dabei legt Hertner Wert auf Qualität. Schließlich werden die Produkte auf Märkten verkauft. „Da musst du noch mal ran“, sagt er zu Walter Vollmer. „Das muss glatt sein wie ein Kinder-Popo.“ Um übertriebene Perfektion geht es Hertner aber nicht: „Es geht um Bestätigung, Selbstvertrauen und die Erkenntnis, dass man mit dieser Krankheit nicht allein ist.“

Matthias Pankau


Gewaltschutz

Interview

Gewalthilfegesetz: Einheitliche Finanzierung muss vor 2030 kommen




Sylvia Haller
epd-bild/Kaufmann H.W./ZIF
Dass der Bund ein Gewalthilfegesetz für mehr Schutz von Frauen plant, wird von Sylvia Haller begrüßt. Der erste Entwurf habe viele gute Ansätze, sagt die Mitgeschäftsführerin der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser im Interview mit epd sozial. Sie hofft auf in allen Bundesländern geltende Regelungen, nicht nur bei der Finanzierung.

Mannheim (epd). „Nur einheitliche Regelungen in Kombination mit der einzelfallunabhängigen Finanzierung der Hilfestrukturen bringen echte Fortschritte“, sagt Sylvia Haller. Und sie merkt kritisch an: „Unklar ist auch noch, wie viel Geld der Bund tatsächlich für den besseren Gewaltschutz geben will. Das steht im ersten Entwurf noch nicht drin.“ Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Frau Haller, bevor wir zu den Plänen für besseren Gewaltschutz der Bundesregierung kommen, interessiert mich die aktuelle Lage der von Gewalt Betroffenen in Deutschland. Was sind die drängendsten Probleme, die schnell gelöst werden müssen?

Sylvia Haller: Da muss ich leider etwas ausholen. Wir haben ganz neue Daten vorliegen, ich meine das Lagebild zur häuslichen Gewalt, das die beiden Ministerinnen Lias Paus (Grüne) und Nancy Faeser (SPD) gerade vorgestellt haben. Demnach sind die angezeigten Fälle partnerschaftlicher Gewalt im vergangenen Jahr wieder angestiegen. Auch die Zahl der Femizide hat zugenommen. 155 Frauen wurden von ihren Partnern oder Expartnern ermordet. Dann ist auch die Kienbaum-Kostenstudie zur Finanzierung des Gewaltschutzes, sowohl der Beratungsstellen als auch der Frauenhäuser, zu nennen. Da sind Kosten für die Frauenschutzeinrichtungen von knapp 150 Millionen Euro genannt, der allergrößte Teil, nämlich 109 Millionen Euro kommt von den Ländern. Der Bund ist nur mit 13,2 Millionen Euro beteiligt. All das muss man wissen, wenn man die künftigen Reformen betrachtet und bewertet.

epd: Gut. Aber noch mal zu den akuten Problemen ...

Haller: Die unzureichende öffentliche Finanzierung des Gewaltschutzes, aber auch die Art der Finanzierung in Form von individuellen Abrechnungen für in Frauenhäuser geflüchtete Frauen ist schon lange ein Problem. Dazu kommt, auch das hat die Kienbaum-Studie noch einmal aufgezeigt, fehlen derzeit rund 13.000 Frauenhausplätze.

epd: Familienministerin Paus hat erste Eckpunkte für ein Gewalthilfegesetz vorgelegt. Was ist zu dem Entwurf zu sagen?

Haller: Wir begrüßen das Vorhaben, das ja im Koalitionsvertrag steht. Wir haben sehr positiv aufgenommen, dass der Bund in die regelhafte Finanzierung der Hilfen einsteigen will. Dazu soll nun ein bundeseinheitliches Gesetz kommen, doch das wird noch dauern. Es gibt nur einen ersten Entwurf, das ist noch kein Referentenentwurf. Aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

epd: Was betrachten Sie als positiv?

Haller: Wir sehen mehrere gute Ansätze. Frauen mit prekärem Aufenthaltsstatus, also Migrantinnen, die Gewalt erleiden, werden speziell in den Blick genommen. Da ist etwa im Gespräch, die Wohnsitzauflage im Gewaltfall aufzuheben, sodass die Betroffenen dann den Landkreis verlassen dürfen. Das zweite große Thema ist die einzelfallunabhängige Finanzierung, also die Objektfinanzierung der Einrichtungen, ganz egal, welche Personen im Frauenhaus aufgenommen werden und wie lange. Jede Frau soll demnach einen Zugang zum Gewaltschutz haben, ganz unabhängig von ihrer jeweiligen individuellen Situation. Dazu will der Bund eine Empfehlung abgeben, denn er kann das im föderalen System den Ländern nicht vorschreiben. Dann soll die generelle Kostenfreiheit für die Gewaltbetroffenen, die ins Frauenhaus kommen, festgelegt werden. Kinder, so ist angedacht, sollen als eigenständige, von Gewalt betroffene Personen betrachtet werden. Das eigene Gewalterleben wird dann explizit anerkannt. Und schließlich ist zu begrüßen, dass die Angebotsstrukturen deutlich ausgebaut werden, und zwar barrierefrei.

epd: Das sind viele positive Überlegungen, aber die Pläne haben doch sicher auch noch Mängel ...

Haller: Stimmt. Auch da gibt es mehrere Aspekte. Wir sehen das Vorhaben kritisch, dass bei jedem Einzug einer Frau mit Kind oder mehreren Kindern eine Anzeige beim Jugendamt gemacht werden soll. Das lehnen wir ab. Denn die Frauen dürfen nicht als Personen mit einem Defizit betrachtet werden. Sie haben in aller Regel keinen Bedarf an Jugendhilfeleistungen. Außerdem gefährdet ein solches Vorgehen die Anonymität der Frauen, die ganz wichtig ist. Dann geht es um Fragen der angedachten Personalschlüssel, Standards bei der räumlichen Ausstattung der Einrichtungen und die Bezahlung der Fachkräfte nach Tarif. Uns stellt sich auch die entscheidende Frage: Wie bundeseinheitlich kann die neue Regelung sein? Denn auch weiterhin bleibt die größte Verantwortung, nicht nur die Finanzierung, bei den Ländern. Also haben wir weiter 16 unterschiedliche Regelungen. Deshalb sind wir da auch mit Bund und Ländern im Gespräch. Wir sagen: Nur einheitliche Regelungen in Kombination mit der einzelfallunabhängigen Finanzierung der Hilfestrukturen bringen echte Fortschritte. Und unklar ist übrigens auch noch, wie viel Geld der Bund tatsächlich geben will. Das steht im ersten Entwurf noch nicht drin.

epd: Wie schnell kann die Umsetzung des geplanten Gesetzes gehen?

Haller: Da muss man sich in Geduld üben. Selbst wenn die Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislatur erfolgt, was Ministerin Paus unbedingt erreichen will, wird es erst ab 2030 wirken, ab dann hat also jede von Gewalt betroffene Frau etwas davon. Das ist der normale Gang der Gesetzgebung, auch der Bundesrat muss zustimmen. Das alles braucht seine Zeit. Die braucht es ja auch, wenn man bedenkt, dass ja viele Frauenhäuser erweitert, umgebaut oder gar neu errichtet werden müssen. Das geht nicht von heute auf morgen, denn das muss alles im laufenden Betrieb passieren. Aber die einheitliche Finanzierung sollte schon deutlich schneller kommen als 2030.

epd: Jedes Bundesland verfährt nach eigenen Vorgaben. Der Bund kann die Länder ja nicht verpflichten. Wie also soll das künftig funktionieren mit der einheitlichen Finanzierung?

Haller: Der Hebel ist der geplante allgemeine Rechtsanspruch auf Gewaltschutz. Das ist kein Hebel für die Ansprüche einer einzelnen Frau, wird kein durchsetzbarer individueller Rechtsanspruch sein. Aber der gesetzliche Anspruch auf Schutz und Beratung kann sehr wohl greifen, wenn es um den Ausbau der Hilfen und um einheitliche Standards und Finanzierungen geht. Dann müssen die Länder handeln und die Unterstützungsstrukturen ausbauen. Nur so kann jede Frau zu ihrem Recht kommen.

epd: Reden wir noch über einheitliche Standards in den Einrichtungen. Wie sollten die aussehen?

Haller: Wir sagen, dass es pro vier Personen im Frauenhaus, egal ob das auch Kinder sind, eine Vollzeitstelle für eine Fachkraft zur Unterstützung geben sollte, also einen Personalschlüssel von 1:4. Auch die räumlichen Bedingungen in den Einrichtungen sollten vereinheitlicht werden. So sollte es pro Person im Frauenhaus 33 Quadratmeter Fläche geben, das ist natürlich ein Durchschnittswert, in den auch Gemeinschaftsflächen eingerechnet werden. Da gibt es in den Einrichtungen vor Ort und von uns Dachverbänden sehr konkrete Vorstellungen, an denen sollte sich die Politik orientieren.

epd: Eine Ihrer Kernforderung ist die einzelfallunabhängige Finanzierung der Hilfen. Derzeit müssen Frauenhäuser und Beratungsstellen einzeln abrechnen, wem sie Schutz gewähren. Warum ist eine Änderung so wichtig?

Haller: Hier ist das Stichwort Objektfinanzierung. Wir brauchen Geld, um die Frauenhäuser offenhalten und ausstatten zu können, für die dortigen fachlichen Hilfen und die Beratung. All das muss finanziert werden, und zwar ganz unabhängig davon, ob Frauen mit oder ohne Leistungsansprüche dort tatsächlich Schutz finden. Und auch unabhängig davon, wer die einzelne Frau ist, die dort vor der Tür steht.

epd: Der Deutsche Städtetag hat sich skeptisch zum geplanten Gesetz geäußert. Ein individueller Anspruch sei nicht umsetzbar. Können Sie das nachvollziehen?

Haller: Ja, auf jeden Fall. Denn es gibt durchaus Überschneidungen bei den Positionen. Wir sagen ja auch, dass der individuelle Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz nicht umsetzbar ist. Da sind wir an der Seite des Städtetages. Gleichzeitig darf man diese Einwände aber nicht missbrauchen, um aus der politischen Verantwortung rauszukommen. Aus der Sicht der Kommunen ist die Angst natürlich groß, am Ende auf den Kosten des Gewaltschutzes sitzenzubleiben. Was passieren würde, wenn das Geld von Bund und Ländern eben nicht vor Ort ankommt. Deshalb ist es wichtig, dass die Kommunen mit am Tisch sitzen, wenn über Fragen von Reformen verhandelt wird.

epd: Der Städtetag sagt weiter: „Eine Ausweitung auf alle gewaltbetroffenen Personen ist mit den vorhandenen Angeboten nicht umsetzbar.“ Das würde heißen, für trans-, inter- und nicht-binäre Personen gäbe es keine Fortschritte beim Gewaltschutz.

Haller: Das würde ich nicht sagen. Wenn wir von einem künftigen Rechtsanspruch auf Gewaltschutz ausgehen, dann gilt der für alle Personen, denn er ist geschlechtsneutral zu formulieren. Er gilt damit auch für Männer. Auch wenn es hier deutlich weniger Bedarf gibt als für Frauen. Wir haben auch die geltende Istanbul-Konvention und die EU-Gewaltschutzrichtlinie, die darauf abzielen, dass es für bestimmte Personen eine deutlich höhere Gewaltbetroffenheit gibt. Daraus folgt, dass der geplante Ausbau der Hilfestrukturen sich am tatsächlichen Bedarf orientiert und damit natürlich auch die Belange von trans-, inter- und nicht-binäre Personen im Blick hat. Gerade diese Personengruppe hat eine besonders hohe Vulnerabilität Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Das heißt, spezielle Schutzräume müssen ausgebaut oder neu gebaut werden.



Pflege

Gastbeitrag

Anwerbung aus Drittstaaten - viel Aufwand, wenig Ertrag




Eugen Brysch
epd-bild/Deutsche Stiftung Patientenschutz
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hält wenig von den politischen Versuchen, Pflegekräfte aus Drittstaaten nach Deutschland zu locken. Hier werde viel Steuergeld ausgegeben, aber nur wenige Menschen kämen, schreibt er im Gastbeitrag für epd sozial. Brysch stellt klar: "Es braucht vor allem binnenpolitische Lösungen für die Gewinnung von Pflegepersonal."

In allen wirtschaftlich starken Ländern herrscht Pflegenotstand. Fachkräfte sind Mangelware und am Nachwuchs hapert es. Jede Gesellschaft versucht, das Problem in Eigenregie zu lösen, und setzt dabei auf Pflegepersonal aus Drittstaaten. Deutschland bildet hier keine Ausnahme.

Da wollen und wollten auch Bundesregierungen Handlungsfähigkeit demonstrieren. Ganz nach dem Motto: Was in den 1950er, 60er und 70er Jahren durch staatliche Anwerbeprogramme geglückt ist, muss doch auch heute gelingen. So reisen Bundesminister um die Welt, geben dabei unzählige Millionen Euro Steuergelder aus und wecken nur realitätsferne Erwartungen.

Gerade erst wurde das hochgelobte Anwerbeprojekt von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) in Brasilien gestoppt. Die dort neu gebildete Regierung hatte Zweifel angemeldet, ob das wenig ambitionierte Ziel von gerade mal 700 Vermittlungen pro Jahr überhaupt erreicht werden kann. Diese Bedenken sind berechtigt angesichts von 34 professionell Pflegenden, die 2022 aus dem südamerikanischen Staat bilateral organisiert nach Deutschland kamen.

Der Bundesrechnungshof ist gefordert

Politisch geschürte Hoffnungen, verausgabte Steuermittel und Erfolg stehen hier in krassem Missverhältnis. Deshalb ist der Bundesrechnungshof gefordert, die Anwerbepraxis der Bundesregierung zu prüfen. Es darf keine weitere Zeit mit Projekten verschwendet werden, die nichts als Spesen verursachen. Viel wichtiger ist es, die Menschen zu unterstützen, die eigeninitiativ aus EU- oder angrenzenden Ländern hierzulande arbeiten wollen.

Deutschland ist sehenden Auges in die Krise geschlittert. Seit Jahren sind die Auswirkungen des demografischen Wandels für den Pflegemarkt absehbar. Aktuelle Prognosen zeichnen hier sogar noch ein düsteres Zukunftsbild. Denn es ist davon auszugehen, dass 500.000 der 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Krankenhäusern, stationären und ambulanten Diensten in den nächsten zehn bis zwölf Jahren in Rente gehen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts werden bis zum Jahr 2049 voraussichtlich mehr als zwei Millionen professionelle Pflegepersonen benötigt.

Und es gibt immer mehr Pflegebedürftige. Allein durch die Umstellung auf die seit 2017 gültigen Pflegegrade nahm die Zahl der Betroffenen in Pflegegrad 1 um Hunderttausende zu. Somit war der Anstieg im Jahr 2023 um insgesamt 361.000 Pflegebedürftige vorhersehbar. Leistungsanbieter und die von der Politik zu schaffenden Rahmenbedingungen sind verantwortlich dafür, eine zukunftsfähige Pflege für eine alternde Gesellschaft zu schaffen. Dabei ist der Pragmatismus zu stärken und eine überbordende Bürokratie abzubauen. Auch gilt es, sich bewusst zu machen, dass immer mehr Menschen die Attraktivität eines Berufes an der Work-Life-Balance messen. Bei einem Job mit unvermeidlichen Schichtdiensten auch an Sonn- und Feiertagen stößt dieser Fokus schnell an Grenzen.

Arbeitsmarkt für Pflegekräfte scheinbar leergefegt

Personal aus dem Ausland zu gewinnen, kann nur ein Baustein im Kampf gegen den Pflegekraftmangel sein. Obwohl der Arbeitsmarkt für Pflegekräfte hierzulande scheinbar leergefegt ist, zählte die Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2022 rund 44.000 Pflegekräfte, die Arbeit suchten. Im gleichen Zeitraum konnten lediglich 656 Pflegekräfte außerhalb der EU staatlich gewonnen werden. Bei rund 1,7 Millionen Pflegebeschäftigten in 16.000 Pflegeheimen, 15.400 ambulanten Pflegediensten und rund 1.700 Krankenhäusern ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Fakt ist auch, dass 80 bis 90 Prozent der Vermittlungen durch private Anbieter zustande kommen.

Kleingeredet wird die Herausforderung bei der Integration ausländischer Pflegekräfte in die Berufswelt. Zum einen ist in Deutschland ein B2-Sprachniveau Voraussetzung, um in der Pflege und Medizin zu arbeiten. Genau daran mangelt es bei vielen Neuankömmlingen. Es ist praktisch unmöglich, ein solches Sprachvermögen innerhalb eines Jahres zu erwerben. Doch die Patientenversorgung braucht den sicheren Umgang mit der deutschen Sprache. Nicht nur ältere Menschen haben schon jetzt Probleme, sich mit Ärzten und Pflegekräften sowohl in Kliniken als auch in der Altenpflege zu verständigen.

Auf der anderen Seite leiden insbesondere staatlich organisiert angeworbene Mitarbeiter oft an drastisch eingeschränkten Kompetenzen des Berufsstandes im Vergleich zu ihrem Heimatland. Sie wollen andere Aufgaben übernehmen als nur die Grundpflege am Menschen. Doch das bleibt ihnen hierzulande verwehrt.

Bilanz der Ausbildungsreform durchwachsen

Es braucht vor allem binnenpolitische Lösungen für die Gewinnung von Pflegepersonal. Doch auch hier haben sich die Anstrengungen der Politik bislang kaum ausgezahlt. So fällt die Bilanz der vor vier Jahren vereinheitlichten Ausbildung zur Pflegefachkraft durchwachsen aus. Verlierer dieser von Verbänden geforderten und von der Politik unterstützen Generalisierung ist die Altenpflege. Denn es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich viele Ausgelernte gegen die Langzeitpflege entscheiden. Schließlich ist auch der Verdienst in Krankenhäusern deutlich höher.

Zudem bleibt es ein Kraftakt, den Nachwuchs langfristig im Job zu halten. Kompetenzen und Eigenverantwortung des pflegerischen Personals zu stärken, sind hier förderlich. Beispielsweise gehört die Verordnung von Pflegehilfsmitteln in die Hände dieser Berufsgruppe und nicht in die der Ärzteschaft.

An den Arbeitsbedingungen muss sich viel ändern

Grundsätzlich bleiben die Arbeitsbedingungen gerade in der Langzeitpflege wenig attraktiv. Würde sich daran etwas ändern, könnten sich die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und 60 Prozent der Ausgestiegenen eine Rückkehr in den Beruf oder ein Aufstocken der Stunden vorstellen. Damit stünden wenigstens 300.000 Pflegekräfte zusätzlich zur Verfügung.

Das größte Problem sind nicht die Löhne. Vielmehr geht es um verlässliche Dienstpläne. Spontan angeordnete Überstunden, Sonder- und Zusatzschichten zerhacken die arbeitsfreie Zeit. Zusätzlich ist weit mehr in berufsbegleitende Gesundheitsprävention zu investieren. Zu viele Pflegende scheiden vorzeitig aus, weil der Rücken geschädigt ist oder die permanent veränderten Arbeitszeiten die Erholungsphasen zerstören.

Eugen Brysch ist Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.


Behinderung

Werkstätten: Einkommenssituation der Beschäftigten verbessern



Berlin (epd). Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) nimmt die Verabschiedung des Benachteiligungsverbots vor 30 Jahren zum Anlass, um auf weiterhin bestehenden Reformbedarf zur Teilhabe behinderter Menschen hinzuweisen. „Insbesondere die Einkommenssituation von Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten arbeiten, muss schnell verbessert werden“, heißt es in einer Mitteilung vom 2. Juli.

Laut dem Vorsitzenden Martin Berg stoßen die reformbereiten Werkstätten auf gesetzliche Rahmenbedingungen, die eine Weiterentwicklung der Werkstattleistung ausbremsen. „Ohne Gesetzesänderungen und weitere staatliche Unterstützungen können sie die Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten nicht verbessern“, betonte der Verbandschef.

Warten auf konkrete Reformvorschläge

Der Verfassungszusatz, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, sei ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung und Inklusion in Deutschland gewesen. „Nun ist es an der Zeit für eine weitere grundlegende Reform: Es braucht konkrete Vorschläge seitens der Politik, wie ein mindestens existenzsicherndes Einkommen für alle Werkstattbeschäftigten schnell erreicht werden kann.“

Selbst wenn die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode dazu einen Gesetzentwurf vorlegen würde, sei fraglich, „wann die Reform in Kraft tritt und umgesetzt wird“, so Berg. Die BAG WfbM fordere seit mehreren Jahren eine Verbesserung der Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten - auch jener mit hohem Unterstützungsbedarf - bei der die bestehenden Nachteilsausgleiche der Menschen mit Behinderungen erhalten bleiben. Die BAG WfbM werde sich aktiv in die Debatte um eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der Werkstattleistung einbringen, hieß es.



Kirchen

Diakonische Werke Bonn und Euskirchen bündeln ihre Kräfte



Bonn (epd). Das Diakonische Werk Euskirchen und die Diakonie-Station Euskirchen werden zum 1. Januar 2025 in die Strukturen des Diakonischen Werkes Bonn und Region eingegliedert. Der Aufsichtsrat des Diakonischen Werkes Bonn hatte den Schritt Ende Juni auf Initiative der Euskirchener Diakonie beschlossen, wie die Diakonie in Bonn mitteilte. In Euskirchen stimmte die Verbandsversammlung ebenfalls der Eingliederung zu. Ziel sei es, in der Arbeit vor Ort die Kräfte zu bündeln.

Die Handlungsfelder und Kompetenzen der beiden Diakonischen Werke lägen „nah beieinander“, hieß es. Das Diakonische Werk Bonn und Region biete von den frühen Hilfen, Integrationsassistenz, über Beratung in unterschiedlichen Lebenslagen bis zu rechtlicher Betreuung, ambulanter Pflege eine breite Palette an Dienstleistungen. Das Diakonische Werk Euskirchen und die Diakonie-Station Euskirchen seien mit den Schwerpunkten ambulante Pflege, Integrationsassistenz und Hochwasserhilfe im Kreis Euskirchen etabliert.

„So manche Entwicklung, die wir als größeres Haus in Bonn und Region schon durchlaufen haben und von der wir heute profitieren, macht uns zum starken Partner für die Kolleginnen und Kollegen in Euskirchen“, erklärten Andrea Elsmann und Tobias Köhler, die gemeinsam die Geschäftsleitung der Bonner Diakonie bilden.



Pflege

Kinderbuch: Wenn die Enkel Opa Theo im Heim besuchen



Frankfurt a.M. (epd). Für Enkelkinder ist es oft ein tiefer Einschnitt, wenn die Oma oder der Opa ins Pflegeheim kommt. Um Kindern das Leben und die Bedingungen in einem Seniorenheim nahezubringen, haben die Autoren Wolfpeter Hocke und Andreas Thewalt ein Kinderbuch geschrieben, das auch für Erwachsene aufschlussreiche Informationen bietet.

Der fünfjährige Paul und die siebenjährige Nelly besuchen ihren Opa Theo das erste Mal in seinem neuen Zuhause. Der Opa hat jetzt einen Rollator, ist aber sonst noch ziemlich fit. Paul und Nelly lassen sich von ihrem Großvater erzählen, wie sich sein neues Leben im Heim von seinem alten auf dem Bauernhof unterscheidet. Wenn er jetzt mal Hilfe braucht, drückt er auf einen Knopf an einem Armband. Er kann in seiner eigenen Wohnung im Heim essen oder in den Speisesaal gehen, wenn er Gesellschaft haben will.

Roboter-Robbe mit weichem Fell

Es gibt auch einen Roboter im Heim. Er sieht aus wie eine Robbe und hat ein weiches Fell. Demente Menschen seien oft traurig und könnten mit dem Roboter spielen, das mache sie meistens fröhlich, erklärt eine Altenpflegerin den Kindern. Sie erfahren auch, dass einige der Pflegerinnen im Heim aus Mexiko, Polen oder von Philippinen kommen, denn in Deutschland gebe es zu wenig Menschen, die im Seniorenheim arbeiten wollten.

Und dann haben die Autoren sich noch etwas Besonderes ausgedacht, einen Blick in die Zukunft: Ein Zauberaufzug bringt Opa Theo, Nelly und Paul in das Jahr 2050 und sie können sehen, wie ein Seniorenheim in 30 Jahren aussehen wird. In der Zukunftsstation surren Roboter durch die Gänge, transportieren Senioren, medizinische Geräte oder Bettwäsche und Handtücher. Die Rollstühle für die Heimbewohner haben keine Räder mehr, sondern schweben auf Luftkissen.

Maschinen sollen Menschen entlasten

Die Pflegekräfte werden aber auch in Zukunft nicht durch Roboter ersetzt. Professor Zweistein erklärt den Kindern, dass die Roboter und Maschinen entwickelt wurden, um den Angestellten schwere Arbeit abzunehmen. „Wenn wir noch so arbeiten würden wie früher, bräuchten wir viel mehr Pflegefachkräfte, als wir finden können“, sagt der Professor. Und die Pflegerinnen und Pfleger in der Zukunft hätten so mehr Zeit, sich besser um die Bewohner zu kümmern.

Für Erwachsene, die Kindern aus dem Buch vorlesen, gibt es eine Reihe von Infotafeln, auf denen man Wissenswertes erfährt: „In Zukunft, schätzen Experten, wird es bis 2035 ungefähr 5,75 Millionen pflegebedürftige Senioren geben und 7,25 Millionen bis 2050. Damit werden auch mehr Pflegekräfte gebraucht, im Jahr 2050 vermutlich mehrere hunderttausend Kräfte zusätzlich.“

Auftraggeber und Herausgeber des von Wolfgang Schomberg illustrierten Buches „Opa Theos neues Zuhause“ ist die Unternehmensgruppe Stelle Vitalis & Casa Mia.

Jürgen Prause



sozial-Recht

Bundessozialgericht

Kein automatischer Wohngruppenzuschlag für familiäre Pflege-WG




Bundessozialgericht in Kassel
epd-bild/Heike Lyding
Pflegebedürftige in einer ambulanten Pflege-WG können auch für die gemeinsame Beauftragung eines Angehörigen als Alltagsbegleiter einen Wohngruppenzuschlag erhalten. Dessen Tätigkeit muss aber von familiären Aufgaben klar abgegrenzt sein, urteilte das Bundessozialgericht.

Kassel (epd). Pflegebedürftige in einer ambulanten Pflege-WG können auch einen pflegenden Angehörigen zur Organisation des Zusammenlebens beauftragen und dafür eine finanzielle Förderung von der Pflegekasse erhalten. Damit die Pflegekasse den sogenannten Wohngruppenzuschlag dem pflegebedürftigen WG-Bewohner zahlen kann, müssen zuvor die konkreten Tätigkeiten des für die Pflegeorganisation gemeinschaftlich beauftragten Familienangehörigen genau festgelegt werden, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in drei am 27. Juni verkündeten Urteilen. Dessen Tätigkeiten müssten von „der Erfüllung rein familiärer Aufgaben und solchen der individuellen pflegerischen Versorgung“ abgegrenzt werden.

Mit dem Wohngruppenzuschlag von derzeit 214 Euro monatlich pro Pflegebedürftigem sollen Bewohner einer ambulanten Pflege-WG gemeinsam „eine Person“ mit der Organisation des gemeinsamen Zusammenlebens beauftragen können - faktisch eine Alltagsbegleiterin oder einen Alltagsbegleiter, auch Präsenzkraft genannt. Voraussetzung für die Pflegekassenleistung ist, dass die Wohngruppe aus drei bis zwölf Personen besteht, von denen mindestens drei pflegebedürftig sind. Mit der Förderung soll eine vorschnelle stationäre Aufnahme der Betroffenen in ein Pflegeheim vermieden werden.

Fall aus Ostfriesland entschieden

In dem vom BSG aktuell entschiedenen Verfahren ging es um eine Mutter, ihren Sohn und ihr Pflegekind aus Ostfriesland. Alle drei sind pflegebedürftig und wurden von dem Ehemann beziehungsweise Vater gepflegt. Als sie 2016 eine weitere pflegebedürftige Person in ihrem Haushalt aufnahmen, beantragten sie bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als zuständiger Pflegekasse den Wohngruppenzuschlag.

Die lehnte den Antrag jedoch ab. Das gemeinsame Zusammenleben in einem solchen Familienverbund diene nicht dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung. Vielmehr erfülle die angegebene beauftragte Präsenzkraft ohnehin nur familiäre Aufgaben, für die der Wohngruppenzuschlag nicht gewährt werde. Alle drei Bescheide wurden bestandskräftig.

Als in der Pflege-WG eine weitere, bei einer anderen Pflegekasse versicherte pflegebedürftige Person aufgenommen wurde und diese den Wohngruppenzuschlag erhielt, beantragten die drei Kläger die Überprüfung ihrer ablehnenden Bescheide.

Alle drei Klagen scheiterten vor Gericht

Die Klagen hatten allerdings vor dem BSG keinen Erfolg. Allerdings dürfe die Pflegekasse bei einer gegründeten Pflege-WG keine zu hohen Anforderungen an den Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag stellen, erklärte der 3. BSG-Senat unter Verweis auf drei frühere Entscheidungen vom 10. September 2020. So reiche es für eine „gemeinschaftliche Beauftragung“ aus, wenn sich in einer Wohngruppe mit zwölf Personen mindestens drei Pflegebedürftige an der Beauftragung einer Hilfskraft beteiligen. Die Bewohner einer solchen Pflege-WG dürften auch über ein eigenes Bad und eine eigene Kochmöglichkeit verfügen. Wichtig sei, dass sie in erheblichem Umfang auch Gemeinschaftsräume nutzen können. Zudem sei ein formloser Antrag für den Zuschlag möglich.

Dass Pflege-WGs für den Erhalt des Wohngruppenzuschlags auch aus pflegebedürftigen Familienmitgliedern bestehen können, hatten die obersten Sozialrichter bereits am 18. Februar 2016 entschieden. Bereits in diesem Verfahren hatte der 3. Senat klargestellt, dass der Zuschlag nicht der Aufstockung der normalen Pflege oder der Vergütung rein familiärer Leistungen dient, sondern nur für zusätzliche Aufwendungen gedacht sei, die durch das gemeinsame Wohnen entstehen.

Familienmitglied kann bezahlte Präsenzkraft sein

Daran hielt nun das BSG auch in den drei aktuellen Fällen fest. Erstmals entschied das Gericht, dass der Wohngruppenzuschlag auch dann jedem Pflegebedürftigen gezahlt werden kann, wenn die für die Alltagsbegleitung beauftragte Person selbst ein Familienangehöriger ist und die Pflege übernimmt.

Allerdings müssten die Tätigkeiten des gemeinsam beauftragten Angehörigen „in besonderer Weise klar bestimmt sein und sich als zusätzliche Tätigkeiten zweifelsfrei von der Erfüllung rein familiärer Aufgaben und solchen der individuellen pflegerischen Versorgung abgrenzen, weil der zweckgebundene Wohngruppenzuschlag als zusätzliche Leistung der Pflegeversicherung nicht eine schlichte Aufstockung von individuellen Pflegeleistungen bewirken soll“. Daran habe es bei den Klägern im maßgeblichen Streitjahr 2016 gefehlt, so dass der Wohngruppenzuschlag seinerzeit zu Recht versagt worden sei.

Az.: B 3 P 1/23 R, B 3 P 3/23 R und B 3 P 2/23 R (BSG, Wohngruppenzuschlag Pflegeperson)

Az.: B 3 P 2/19 R, B 3 P 3/19 R und B 3 P 1/20 R (BSG, geringe Anforderungen Wohngruppenzuschlag)

Az.: B 3 P 5/14 R (BSG, Familie)

Frank Leth


Bundesarbeitsgericht

Vorrang für Jüngere bei Stellenbesetzung kann zulässig sein



Erfurt (epd). Ältere Arbeitnehmer müssen nach Erreichen ihrer Altersgrenze in einem Stellenbesetzungsverfahren jüngeren Bewerberinnen und Bewerbern den Vortritt lassen. Es dient dem Ziel der Generationengerechtigkeit, wenn Arbeitgeber bereits ausgeschiedenen älteren Mitarbeitern keine Weiterbeschäftigung mehr anbieten und stattdessen einem jüngeren Bewerber den Vorzug geben, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am 25. Juni veröffentlichten Urteil. Auch wenn der ältere Bewerber dadurch wegen seines Alters benachteiligt werde, sei das „objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt“, urteilten die obersten Arbeitsrichter in Erfurt.

Im konkreten Fall ging es um einen Gymnasiallehrer mit den Fächern Deutsch, Musik und Philosophie. Nach langjähriger Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen ging er Anfang 2018 wegen Erreichens der Regelaltersgrenze in den Altersruhestand. Danach war er noch wiederholt befristet als Lehrer tätig. Als er sich am 20. Dezember 2021 erneut auf eine Vertretungsstelle an einem Gymnasium bewarb, wollte die Schule ihn und nicht einen anderen jüngeren Bewerber einstellen.

Erlass des Kultusministeriums

Die Bezirksregierung verwies jedoch auf einen Erlass des Kultusministeriums. Danach haben formal gleich qualifizierte jüngere Mitbewerber Vorrang vor Bewerbern, die bereits die Altersgrenze erreicht haben. Der jüngere Mitbewerber erhielt daraufhin die Stelle.

Der Kläger fühlte sich dadurch wegen seines Alters diskriminiert. Er verlangte eine Entschädigung in Höhe von 30.000 Euro. Er meinte, dass er wegen seiner Erfahrung auch besser für die Stelle geeignet gewesen wäre.

Das BAG wies ihn jedoch ab. Der Kläger sei zwar wegen seines Alters benachteiligt worden. Das sei aber durch ein „legitimes Ziel“ gerechtfertigt gewesen. Das liege in einer besseren Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen. Es diene der Generationengerechtigkeit und letztlich der gesamten Gesellschaft, wenn Jüngere beim Zugang zu Beschäftigung gefördert werden und bei der Stellenbesetzung Vorrang vor Älteren haben, die sich bereits im Ruhestand befänden. Jüngere hätten so leichter die Möglichkeit, Berufserfahrung zu sammeln, befand das Gericht.

Auch die tariflichen Regelungen stünden dem nicht entgegen. Sie sähen keine dauerhafte Weiterbeschäftigung bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer vor.

Az.: 8 AZR 140/23



Sozialgericht

Rollstuhlfahrerin erhält Kosten für Plattformlift erstattet



Freiburg (epd). Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer können sich die vollen Kosten für einen Plattformlift im Wohnhaus erstatten lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Aufzug „ohne maßgeblichen Substanzverlust“ aus dem Wohngebäude wieder entfernt werden kann und er „die selbstständige Lebensführung eines Pflegebedürftigen“ ermöglicht, entschied das Sozialgericht Freiburg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 8. März. In einem solchen Fall handele es sich um ein technisches Pflegehilfsmittel und nicht um eine „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“, für die es nur einen begrenzten Zuschuss gebe, so das Gericht.

Geklagt hatte eine an Multipler Sklerose erkrankte Rollstuhlfahrerin. Ihr Hausarzt hatte ihr einen Plattformlift als Hilfsmittel verordnet. Der Lift sollte an der Außentreppe des Wohnhauses angebracht werden und der Frau die bessere Fortbewegung im Nahbereich ihrer Wohnung ermöglichen. Die Krankenkasse sollte die Kosten von über 10.200 Euro tragen. Diese leitete den Antrag an die Pflegekasse weiter. Die bewilligte der Klägerin als „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“ für den Einbau eines Plattformlifts, den Umbau des Badezimmers und eines Stellplatzes einen Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro.

Frau nahm die Krankenkasse in die Pflicht

Die Frau streckte die vollen Kosten für den Plattformlift vor und verlangte von ihrer Krankenkasse, dass diese die Kosten für das Hilfsmittel erstattet. Der Plattformlift sei zum Behinderungsausgleich erforderlich, so ihre Begründung. Die Krankenkasse lehnte den Antrag „in eigener Zuständigkeit“ ab und verwies darauf, dass es für die „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“ einen Zuschuss von maximal 4.000 Euro geben könne. Diesen habe die Klägerin erhalten.

Das Sozialgericht sprach der Klägerin die Kostenerstattung in Höhe von 10.200 Euro zu. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehörten zu den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen nur noch solche Hilfen, die so fest in die konkrete Wohnumgebung eingebaut werden, dass ein Ausbau mit erheblichen Substanzeinbußen verbunden wäre.

Einordnung als Pflegehilfsmittel entscheidend

Das sei bei dem Plattformlift jedoch nicht der Fall. Dieser könne - wenn auch mit gewissem Aufwand - am Wohngebäude entfernt und an einem neuen Gebäude wieder befestigt werden. Es handele sich daher nicht um eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme, sondern vielmehr um ein Pflegehilfsmittel. Dieses diene der selbstständigeren Lebensführung der Rollstuhlfahrerin und erleichtere ihr allgemeines Grundbedürfnis auf Mobilität in ihrem Nahbereich. Erforderliche technische Pflegehilfsmittel müssten aber von der Pflegekasse bereitgestellt oder in voller Höhe bezahlt werden.

Weil hier die Krankenkasse für den Antrag zuständig geworden war, müsse sie die Kosten für den Plattformlift erstatten. Sie könne den Betrag auch nicht um den von der Pflegekasse gewährten Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro reduzieren. Dieser Zuschuss sei nur für „wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ gewährt worden, darunter der Badumbau. Der Plattformlift gehöre aber nicht dazu, so das Gericht.

Az.: S 15 KR 1736/22



Sozialgericht

Arbeitsagentur muss rechtzeitige Arbeitslosmeldung ermöglichen



Nordhausen (epd). Die Arbeitsagentur muss Arbeitslosen ihre Dienstbereitschaft ausdrücken und einen rechtzeitigen Termin zur Arbeitslosmeldung vergeben. Kommt sie dem nicht nach, darf sich dies nicht nachteilig auf den Beginn der Arbeitslosengeldzahlung auswirken, entschied das Sozialgericht Nordhausen in einem am 17. Juni veröffentlichten Urteil.

Im konkreten Fall wurde dem Kläger wegen der Insolvenz seines Arbeitgebers zum 31. Mai 2022 ordentlich gekündigt. Bereits zum 1. Mai wurde ohne Lohnzahlung von der Arbeit freigestellt.

Telefonische Information

Einen Tag später, am 2. Mai 2022, informierte er die Arbeitsagentur telefonisch über seine Kündigung und meldete sich arbeitsuchend. Die Arbeitsagentur vereinbarte mit ihm einen Termin zur persönlichen Vorsprache am 25. Mai 2022. Wegen der Corona-Pandemie ging der Mann davon aus, dass eine frühzeitigere Vorsprache bei der Behörde nicht möglich ist.

Die Behörde vermerkte in ihrem IT-System: „Über die Möglichkeiten der Arbeitslosmeldung (online/persönlich) informiert. Arbeitslosmeldung erfolgt persönlich. Kunde besteht auf eine Terminvergabe zur Arbeitslosmeldung. Für die persönliche Arbeitslosmeldung Termin EZ am 25.05.2022 in ATV gebucht.“

Doch als der Kläger an diesem Termin zur Arbeitslosmeldung persönlich vorsprach, wertete die Arbeitsagentur dies als verspätet. Er hätte innerhalb von drei Tagen ab Beginn seiner Freistellung vorsprechen müssen. Wegen der Verspätung stehe ihm erst ab dem 1. Juni 2022 Arbeitslosengeld I zu.

Persönliche Meldung wäre möglich gewesen

Das Sozialgericht urteilte, dass der Kläger bereits ab dem 1. Mai Arbeitslosengeld I beanspruchen könne. Zwar könne normalerweise ein Arbeitsloser erst ab der elektronischen oder persönlichen Arbeitslosmeldung Arbeitslosengeld I erhalten. Die telefonische Meldung genüge dem nicht. Die persönlich Vorsprache ab dem 2. Mai 2022 sei auch möglich gewesen, da die Behörde nicht mehr Corona-bedingt geschlossen war.

Der Kläger sei jedoch irrtümlich davon ausgegangen, dass die Behörde nicht dienstbereit und eine persönliche Arbeitslosmeldung erst ab dem 25. Mai möglich war. Diesen Eindruck habe die Arbeitsagentur dem Kläger ausweislich ihres eigenen Vermerks auch vermittelt, indem sie mit ihm einen verspäteten Termin vereinbart hatte. In einem solchen Fall habe die Arbeitsagentur die zu späte Arbeitslosmeldung zu verantworten.

Az.: S 8 AL 1110/22




sozial-Köpfe

Verbände

Lale Akgün wechselt an die Spitze des Kuratoriums Deutsche Altershilfe




Lale Akgün
epd-bild/vvg-köln
Das Kuratorium Deutsche Altershilfe Wilhelmine-Lübke-Stiftung (KDA) stellt sich an der Spitze neu auf. Den Vorsitz des Aufsichtsrates wird ab 5. September 2024 die einstige SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün übernehmen. Neu in den Vorstand kommt Alexia Zurkuhlen.

Berlin (epd). Lale Akgün, die künftige Aufsichtsratsvorsitzende, gehört dem Leitungsgremium des KDA seit 2020 an und ist derzeit Vize-Vorsitzende. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete der SPD, die sich vielfältig sozial- und kulturpolitisch engagiert, wurde 2004 vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler zur Kuratorin des KDA ernannt. Nach der Hälfte seiner zweiten Amtszeit als Vorsitzender des KDA-Aufsichtsrats tauscht Marcus Waselewski vereinbarungsgemäß sein Amt am 5. September mit Lale Akgün.

Lale Akgün kündigte an: „Wir werden nicht nachlassen, das Altern als Chance für die gesamte Gesellschaft zu sehen und zu gestalten.“

Neue Vorständin wird ab 1. September Alexia Zurkuhlen. KDA-Vorstand Helmut Kneppe, der seit 2016 die Geschicke des KDA lenkt und 2012 ins Kuratorium berufen wurde, wird sein Amt noch bis Ende Dezember 2024 ausüben. Kneppe wird dem KDA auch nach seinem Wechsel in den Ruhestand als Kurator verbunden bleiben.

Alexia Zurkuhlen ist seit 2021 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Vereins Gesundheitsregion KölnBonn, seit 2020 Geschäftsführerin der HRCB Projekt GmbH und Institutsleiterin des gewi-Instituts für Gesundheitswirtschaft. Sie engagiert sich als stellvertretende Vorstandsvorsitzende im Netzwerk Deutsche Gesundheitsregionen für eine aktive Rolle der Regionen in der Gestaltung besserer medizinischer und pflegerischer Versorgungsstrukturen.

Ihr erstes Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften absolvierte Frau Zurkuhlen in Frankreich, am Institut d’Etudes Politiques Strasbourg, und in Irland, am Trinity College Dublin. In Deutschland fuhr sie mit dem M.A. Europäische Integration an der Leibniz Universität Hannover fort und promovierte an der WWU Münster zur Rolle der Zivilgesellschaft in der Entstehung des Politikfeldes „Global Health“ auf EU-Ebene.



Weitere Personalien



Dörte Schall (46), Stadtdirektorin von Mönchengladbach, soll Nachfolgerin des designierten Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (beide SPD) an der Spitze des rheinland-pfälzischen Arbeits- und Sozialministeriums werden. Die Juristin kenne alle Felder der Sozialpolitik aus jahrelanger beruflicher Erfahrung wie „aus dem Effeff“, sagte Schweitzer in Mainz. Die gebürtige Ludwigshafenerin war nach dem Studium zunächst als Gewerkschaftssekretärin in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz tätig und wechselte 2015 als Sozialdezernentin in die Verwaltung der Stadt Mönchengladbach. Als Stadtdirektorin und Stellvertreterin des Oberbürgermeisters amtiert sie seit 2023. Schweitzer soll am 10. Juli zum Ministerpräsidenten als Nachfolger von der zurückgetretenen Amtsinhaberin Malu Dreyer (SPD) gewählt werden.

Rüdiger Schuch (55), Präsident der Diakonie, hat zum 1. Juli den Vorstandsvorsitz im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung. Das Amt wechsele turnusgemäß nach drei Jahren, wie das Werk in Berlin mitteilte. Zu dem Dachverband gehören neben der Diakonie das Hilfswerk „Brot für die Welt“ und die Diakonie Katastrophenhilfe, die von der Theologin Dagmar Pruin geleitet werden. Sie hatte in den vergangenen drei Jahren den Vorstandsvorsitz inne. Schuch ist seit Jahresbeginn Präsident der Diakonie.

Markus Horneber bleibt nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung Vorstandsvorsitzender des Gesundheitskonzerns Agaplesion mit Sitz in Frankfurt am Main. Der Aufsichtsrat hat ihn für weitere fünf Jahre zum Chef bestellt. Der gebürtige Nürnberger und ausgebildete Diplom-Kaufmann ist bereits seit 2012 Vorstandsvorsitzender der Agaplesion gAG. Zuvor war er Kaufmännischer Geschäftsführer des städtischen Klinikum Chemnitz und viele Jahre Leitender Verwaltungsdirektor des Evang.-Luth. Diakoniewerks Neuendettelsau. Nach seiner Promotion auf dem Gebiet des Nachhaltigkeitsmanagements startete er 1995 bei der Siemens AG in München seine außeruniversitäre Praxis. Seit 2021 ist Horneber Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande.

Markos Uyanik ist zum Richter am Bundessozialgericht ernannt worden. Er wurde 1977 in Köln geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Köln und nach Abschluss des zweiten Staatsexamens war er von 2005 bis 2009 für Anwaltskanzleien in Aachen, Köln und Krefeld mit dem Schwerpunkt Zivilrecht tätig, zuletzt als Fachanwalt für Versicherungsrecht. Im Juni 2018 erfolgte die Ernennung zum Richter am Landessozialgericht. Berufsbegleitend schloss er im Jahr 2017 seine Promotion an der Universität zu Köln am Lehrstuhl im Bereich des Sozialrechts ab. Das Präsidium des Bundessozialgerichts hat Uyanik dem für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zuständigen 5. Senat zugewiesen.

Andreas Liebisch, Unternehmensberater, ist neuer Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Kreuznacher Diakonie. Zuvor war er erster stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsgremiums. Er folgt auf den Oberkirchenrat und Leiter der Abteilung Finanzen und Diakonie im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland, Henning Boecker. Der Vorstand der Stiftung Kreuznacher Diakonie, Andreas Heinrich, bezeichnete den Unternehmensberater als „erfahrenen und kompetenten Nachfolger“. Die Stiftung Kreuznacher Diakonie hat ihren Hauptsitz in Bad Kreuznach und ist in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen aktiv. Sie beschäftigt nach eigenen Angaben rund 6.800 Menschen.

Kathrin Weidenfelder ist neue Präsidentin der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB). Ihre Vertretung übernehmen als 1. Vizepräsident Professor Matthias Drossel und als 2. Vizepräsident Michael Wetterich. Alle drei gehörten bereits dem letzten Vorstand der VdPB. Neu in den Vorstand wurden außerdem Carolin Hack, Anna Kaiser und Steve Brachwitz gewählt. Georg Sigl-Lehner, der vorherige Präsident, und seine Vertreterinnen Agnes Kolbeck und Sonja Voss, verlassen das Gremium.

Christiane Lehmacher-Dubberke übernimmt als neu bestellte Geschäftsführerin am 1. August die Verantwortung für den DBfK-Regionalverband Bayern mit Sitz in München. Außerdem wird sie die Geschäfte der Bayerischen Pflegeakademie leiten. Sie tritt die Nachfolge von Marliese Biederbeck an, die nach fast 20 Jahren Verbandsarbeit feierlich in den Ruhestand verabschiedet wurde. Christiane Lehmacher-Dubberke ist Krankenschwester und Dipl.-Pflegewirtin (FH). Sie verfügt über viele Jahre Erfahrung in Pflege und Pflegepolitik. Lehmacher-Dubberke kommt vom Medizinischen Dienst Bayern, wo sie die Leitung der Abteilung „Grundsatzfragen Pflege“ innehatte.

Ilse Weiß, die langjährige Chefredakteurin der Nürnberger Sozialzeitung „Straßenkreuzer“, hat sich mit der Juli-Ausgabe von den Leserinnen und Lesern der Zeitung verabschiedet. Weiß war 22 Jahre verantwortlich für das Blatt und hat Weiß hat Projekte wie die „Straßenkreuzer-Uni“, die Stadtführungen „SchichtWechsel“ oder die Initiative Housing First für „bedingungsloses Wohnen“ umgesetzt. Sie ist Trägerin der Bürgermedaille der Stadt Nürnberg. Die Leitung des „Straßenkreuzers“ übernimmt die bisherige Redakteurin Alisa Müller.

Bernhard Lauxmann (35), Theologe, wird neuer Leiter der Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Lauxmann ist derzeit wissenschaftlicher Referent an der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin und Privatdozent an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Die Ehrenamtsakademie bietet Fortbildungen für die rund 10.000 ehrenamtlichen Mitarbeitenden der EKHN an. Lauxmann löst ab 1. September Steffen Bauer ab, der im Juli in den Ruhestand geht.

Philipp Kirchner (34), promovierter Wirtschaftswissenschaftler, hat am 1. Juli die Stelle des zweiten Geschäftsführers der Vitos Haina gGmbH mit Sitz in Kassel an. Er wird Co-Geschäftsführer von Matthias Müller, der Vitos Haina seit 2019 geführt und entwickelt hat. Müller wird mit Blick auf sein altersbedingtes Ausscheiden Ende 2025 auf eigenen Wunsch schrittweise Aufgaben in Haina abgeben. Kirchner hat an der Universität in Kassel von 2009 bis 2013 Wirtschaftswissenschaften studiert und den Bachelorabschluss erworben. Im Anschluss absolvierte er in Volkswirtschaftslehre bis 2015 den Masterabschluss. Danach war er bis 2020 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel am Lehrstuhl für Geld, Kredit und Währung tätig und hat dort promoviert. Von Januar 2024 bis Juni 2024 war er Klinikmanager der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis September



Juli

Tel.: 0761/200-1700

11.7.:

Webinar „Finanzierung für eine Grüne Zukunft: Fördermittel für Klimaschutz in der Sozialwirtschaft erfolgreich akquirieren“

der SozialGestaltung GmbH

Tel.: 0221/98816-888

15.7. Würzburg:

Seminar „ABC des Umsatzsteuer- und Gemeinnützigkeitsrechts“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

15.-17.7. Berlin:

Seminar „Kinderschutz neu denken! Inklusiver Kinderschutz für alle Kinder“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-605

16.7. Würzburg:

Seminar „Energieerzeugung und Steuern (Blockheizkraftwerke, Photovoltaikanlagen) - Ein steuerrechtlicher Überblick“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

August

22.-29.8.:

Online-Kurs: „Methodenkoffer für gute Teamzusammenarbeit“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-23

27.8. Berlin:

Seminar-Auftakt „Agile Führung - Teams und Organisationen in die Selbstorganisation führen“

der Paritätischen Akademie Berlin

Tel.: 030/275828211

28.8. Münster:

Grundlagenseminar: „Pflegesatzverhandlungen in der stationären Altenhilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

30.8.:

Online-Seminar „Psychische Erkrankungen: Das Drama mit dem Trauma - Einführung in die Grundlagen von Traumatisierung und Traumafolgestörungen“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 01577/7692794

September

2.9.:

Online-Seminar „Kooperations- und Netzwerkarbeit in der Adoptionsvermittlung“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980424

4.9. Stuttgart:

Seminar „Vergütungssatzverhandlungen in der Eingliederungshilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

5.-6.9. Berlin:

Fachtagung: „Gemeinsam wachsen: Auf dem Weg zu einer inklusiven und demokratischen Kindertagesbetreuung“

der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe

Tel.: 030/40040-200

11.9.:

Online-Workshop „Mit Wertschätzung und Klarheit - Kommunikation für Führungskräfte“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-23

16.-18.9.:

Online-Seminar „Digitalisierung in Organisationen aus Kirche, Diakonie und Sozialwirtschaft - Den digitalen Wandel durch eigene Kompetenz als Chance begreifen und aktiv gestalten“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0172/3012819

17.-19.9. Eisenach:

39. Bundesweite Streetworktagung: „Zeig Dich und sag was!“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0174/315 49 35

24.-25.9.:

Online-Seminar: „Sicher im Umgang mit dem Zuwendungs- und Vergaberecht Öffentliche Fördermittel korrekt verwalten und verausgaben“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/2001700