Berlin (epd). Wenn Firmen ältere Beschäftigte möglichst lange im Job halten wollen, sollten sie einer Studie zufolge auf deren Gesundheit und deren individuelle Bedürfnisse achten. Laut dem am 2. Juli in Berlin veröffentlichten Gesundheitsreport 2024 der Techniker Krankenkasse (TK) geschieht beides aber noch nicht ausreichend.
Demnach gaben in der Untersuchung 73,7 Prozent der befragten Über-50-Jährigen an, sie wünschten sich eine „Anpassung der Arbeitszeit an individuelle Bedürfnisse“, etwa wenn pflegebedürftige Angehörige zu versorgen seien. Fast ebenso viele (70,3 Prozent) wünschten sich Unterstützung dabei, ihren Renteneintritt flexibel zu gestalten, teilte die TK bei der Vorstellung des Reports mit.
Allerdings bot laut dem Report mit dem Titel „Fachkräftemangel: Was hält die Generation 50+ im Job?“ nur gut die Hälfte der befragten Arbeitgeber (57 Prozent) flexiblere Arbeitszeiten an. Weniger als die Hälfte (48,8 Prozent) waren es bei der Möglichkeit, einen individuellen Übergang in die Rente zu gestalten. 66,5 Prozent der älteren Beschäftigten wünschten sich ein höheres Gehalt, nur 38 Prozent der Arbeitgeber boten dies an.
Wunsch und Angebot stimmten hingegen oft beim Wechsel von Voll- auf Teilzeit überein. 64 Prozent der älteren Beschäftigten wünschten sich das, 68,8 Prozent der Arbeitgeber entsprachen dem. Auch bei gesundheitsfördernden Maßnahmen erfüllten Arbeitgeber häufig die Erwartungen ihrer Beschäftigten. Hier äußerten 60 Prozent der Beschäftigten oberhalb der 50 Jahre diesen Wunsch, während 65,9 Prozent der Arbeitgeber ihm entgegenkamen.
Für den Report hatte das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) im Auftrag der TK im Januar gut 1.000 Beschäftigte im Alter von mehr als 50 Jahren und mehr als 300 Führungskräfte aus Betrieben befragt. Die Stichproben sind allerdings nicht repräsentativ. Fast ein Drittel der Befragten (31,3 Prozent) plant demzufolge, vorzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. 17,1 Prozent wollen oder müssen über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, 11,6 Prozent tun das bereits.
Fast sechs von zehn der Befragten (57,9 Prozent) gaben an, sie könnten es sich nicht leisten, früher in Ruhestand zu gehen. Hier zeigten sich im Report Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Fast die Hälfte der Männer (47,8 Prozent) sah sich schon vor Erreichen der Regelaltersgrenze als materiell abgesichert, aber nur gut ein Drittel der Frauen (36,3 Prozent)
Mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Arbeitgebervertreter gaben an, dass ihnen die Bindung ihrer älteren Beschäftigten wichtig sei. Besonders Großunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten tun sich allerdings der TK zufolge schwer, diese Bindung zu erreichen. In kleineren Betrieben arbeiteten die Beschäftigten tendenziell länger bis zum Renteneintritt.
Nach den Worten des IFBG-Geschäftsführers Fabian Krapf zeigt die Studie zudem einen deutlichen Zusammenhang zwischen positiver Unternehmenskultur und dem Wunsch, später in den Ruhestand zu gehen: „Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebt, der arbeitet auch länger.“
Der Vorstandsvorsitzende der TK, Jens Baas, empfahl Arbeitgebern, möglichst gesunde Arbeitsbedingungen für alle Altersgruppen zu schaffen. Laut dem Report sind von Arbeitnehmern, die im Jahr 2012 keinen einzigen Tag krankgeschrieben waren, nach ihrem regulären Renteneintritt immer noch 14,1 Prozent berufstätig. Von Beschäftigten, die 43 Tage oder mehr krank waren, arbeiteten jenseits der 67 Jahre nur noch 7,1 Prozent. Für diesen zweiten Teil des Gesundheitsreports hatte die TK die Daten von mehr als 420.000 bei ihr versicherter Erwerbspersonen ausgewertet.
Baas' Worten zufolge muss das Thema Gesundheit umfassender gedacht werden als bislang. „Da geht es nicht nur um den Salat in der Betriebskantine“, sagte er. Die psychische Gesundheit spiele eine große Rolle, und dafür seien Betriebsklima und Führungskultur wichtige Einflussgrößen.