sozial-Recht

Sozialgericht

Rollstuhlfahrerin erhält Kosten für Plattformlift erstattet



Freiburg (epd). Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer können sich die vollen Kosten für einen Plattformlift im Wohnhaus erstatten lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Aufzug „ohne maßgeblichen Substanzverlust“ aus dem Wohngebäude wieder entfernt werden kann und er „die selbstständige Lebensführung eines Pflegebedürftigen“ ermöglicht, entschied das Sozialgericht Freiburg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 8. März. In einem solchen Fall handele es sich um ein technisches Pflegehilfsmittel und nicht um eine „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“, für die es nur einen begrenzten Zuschuss gebe, so das Gericht.

Geklagt hatte eine an Multipler Sklerose erkrankte Rollstuhlfahrerin. Ihr Hausarzt hatte ihr einen Plattformlift als Hilfsmittel verordnet. Der Lift sollte an der Außentreppe des Wohnhauses angebracht werden und der Frau die bessere Fortbewegung im Nahbereich ihrer Wohnung ermöglichen. Die Krankenkasse sollte die Kosten von über 10.200 Euro tragen. Diese leitete den Antrag an die Pflegekasse weiter. Die bewilligte der Klägerin als „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“ für den Einbau eines Plattformlifts, den Umbau des Badezimmers und eines Stellplatzes einen Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro.

Frau nahm die Krankenkasse in die Pflicht

Die Frau streckte die vollen Kosten für den Plattformlift vor und verlangte von ihrer Krankenkasse, dass diese die Kosten für das Hilfsmittel erstattet. Der Plattformlift sei zum Behinderungsausgleich erforderlich, so ihre Begründung. Die Krankenkasse lehnte den Antrag „in eigener Zuständigkeit“ ab und verwies darauf, dass es für die „wohnumfeldverbessernde Maßnahme“ einen Zuschuss von maximal 4.000 Euro geben könne. Diesen habe die Klägerin erhalten.

Das Sozialgericht sprach der Klägerin die Kostenerstattung in Höhe von 10.200 Euro zu. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehörten zu den wohnumfeldverbessernden Maßnahmen nur noch solche Hilfen, die so fest in die konkrete Wohnumgebung eingebaut werden, dass ein Ausbau mit erheblichen Substanzeinbußen verbunden wäre.

Einordnung als Pflegehilfsmittel entscheidend

Das sei bei dem Plattformlift jedoch nicht der Fall. Dieser könne - wenn auch mit gewissem Aufwand - am Wohngebäude entfernt und an einem neuen Gebäude wieder befestigt werden. Es handele sich daher nicht um eine wohnumfeldverbessernde Maßnahme, sondern vielmehr um ein Pflegehilfsmittel. Dieses diene der selbstständigeren Lebensführung der Rollstuhlfahrerin und erleichtere ihr allgemeines Grundbedürfnis auf Mobilität in ihrem Nahbereich. Erforderliche technische Pflegehilfsmittel müssten aber von der Pflegekasse bereitgestellt oder in voller Höhe bezahlt werden.

Weil hier die Krankenkasse für den Antrag zuständig geworden war, müsse sie die Kosten für den Plattformlift erstatten. Sie könne den Betrag auch nicht um den von der Pflegekasse gewährten Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro reduzieren. Dieser Zuschuss sei nur für „wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ gewährt worden, darunter der Badumbau. Der Plattformlift gehöre aber nicht dazu, so das Gericht.

Az.: S 15 KR 1736/22