ein bundesweites Sozialticket für den ÖPNV, das deutlich günstiger ist als das angekündigte Deutschlandticket, kommt nicht. Das hat eine Umfrage des epd unter den Bundesländern ergeben. Viele Sozialverbände dürften enttäuscht sein, denn das 9-Euro-Ticket war für fast jedermann bezahlbar. Immerhin: Es gibt Pläne in den Ländern, etwas günstigere Alternativen anzubieten.
Wenn der Fortschritt wirklich eine Schnecke ist, dann wird das beim Equal Pay Day überaus sichtbar. Mit Blick auf die noch immer ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi: Wenn die Angleichung der Löhne und Gehälter im jetzigen Tempo weiterginge, wäre die Lohndiskrepanz erst in 61 Jahren überwunden. Angesichts einer Lücke von 18 Prozent beim Stundenlohn zwischen Männern und Frauen sei ein Abbau struktureller Barrieren notwendig, so die Gewerkschaftschefin.
An das kalte Wasser wird sie sich wohl nie gewöhnen. Was ungewöhnlich klingt, denn Tina Deeken ist mehrfache Weltmeisterin im Para-Eisschwimmen. Der Sport im extrem kalten Wasser sei gut gegen ihre Schmerzen, sagt die Athletin, die nur mit Stöcken und Orthesen laufen kann. „Ohne Sport säße ich schon längst im Rollstuhl“, sagt sie. Im Wasser dagegen schwimmt Deeken wie ein Fisch.
Krankenkassen müssen Organtransplantationen auch dann bezahlen, wenn zuvor Patientendaten manipuliert wurden. Entscheidend für den Honoraranspruch ist allein, ob der Eingriff erforderlich war und dann auch qualitativ einwandfrei erfolgte, urteilte das Bundessozialgericht zum Göttinger Transplantationsskandal. Für den Vergütungsanspruch sei nicht relevant, ob das Spenderorgan rechtmäßig verteilt wurde, betonten die Kasseler Richter.
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Ihr Dirk Baas
Berlin (epd). Ein bundesweites Sozialticket ist nicht in Sicht. Einige Bundesländer wollen das 49-Euro-Ticket aber für junge Menschen günstiger machen, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Verkehrsministerien aller Bundesländer ergab. In Bayern und im Saarland soll das Deutschlandticket für junge Leute 29 Euro beziehungsweise 30,40 Euro kosten. Thüringen will es für 28 Euro anbieten, hat aber noch keinen Beschluss gefasst. Die Kosten für Vergünstigungen beim 49-Euro-Ticket müssen die Länder allein tragen.
Auch in Rheinland-Pfalz prüft die Landesregierung derzeit, ob sie verbilligte Versionen des Deutschlandtickets anbieten kann. Sachsen lehnt solche Vorhaben ab. Eine Finanzierung allein aus dem Landeshaushalt sei nicht möglich. Mecklenburg-Vorpommern wünscht sich ein vergünstigtes Deutschlandticket für Senioren. Mehrere Bundesländer weisen darauf hin, dass nach der Einführung des 49-Euro-Tickets auch über bundesweit gültige Semestertickets gesprochen werden soll.
Bund und Ländern finanzieren das bundesweit im Nah- und Regionalverkehr gültige 49-Euro-Ticket zunächst bis 2025 gemeinsam. Der Bund stellt jährlich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung, um die Einnahmeausfälle bei den Verkehrsanbietern zur Hälfte auszugleichen. Bund und Länder hatten sich bei ihren Verhandlungen darauf verständigt, nicht zusätzlich auch ein verbilligtes Sozialticket einzuführen, wie es von Hessen, Bremen, Berlin, dem Saarland und Rheinland-Pfalz sowie Baden-Württemberg befürwortet worden war.
Sozialverbände fordern weiterhin ein Sozialticket. Sie argumentieren, die neue Bewegungsfreiheit müsse es auch für Menschen geben, die sich ein 49-Euro-Ticket nicht leisten können, zumal dies nur der Einführungspreis sei. Das neue Angebot soll am 1. Mai eingeführt werden, der Bundestag will die gesetzlichen Regelungen kommende Woche beschließen. Auch der Bundesrat muss zustimmen.
Unterdessen wollen mehrere Bundesländer landesweit gültige verbilligte Tickets vorwiegend für junge Menschen einführen, für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Freiwilligendienstleistende oder Studierende. Darunter sind Niedersachsen und Berlin im Verbund mit Brandenburg, wo das Ticket jeweils 29 Euro pro Monat kosten soll. In Hessen soll es ab 1. Mai ein landesweit gültiges Sozialticket für Empfänger von Bürgergeld, Wohngeld und Sozialhilfe für 31 Euro geben.
In Thüringen wird Azubis bereits heute ein fast landesweit gültiges Ticket angeboten, das Saarland hat ein landesweit gültiges FairTicket für 39 Euro, Sachsen bietet vergünstigte Tickets für Auszubildende, Freiwilligendienstleistende und Schüler an, Sachsen-Anhalt und mehrere andere Länder hingegen haben keine landesweit gültigen Regelungen.
Ermäßigte Tickets und Abonnements, die Kommunen und Verkehrsverbünde für ärmere Bevölkerungsschichten, junge Leute oder Senioren in allen Bundesländern anbieten, bleiben bestehen, so etwa in den 19 verschiedenen Verkehrsverbünden in Baden-Württemberg.
In Berlin haben 60 Prozent der Bevölkerung Anspruch auf vergünstigte bis kostenlose Fahrkarten. Hamburg rabattiert Monatskarten mit einem Sozialrabatt von gegenwärtig 24,80 Euro, die künftige Höhe ist noch nicht beschlossen. In Bremen gibt es ein Stadtticket für 25 Euro für Bürgergeld-Empfänger. In Bayern gibt es 365-Euro-Jahrestickets für Schüler und Auszubildende in den Verkehrsräumen um München, Nürnberg, Würzburg, Regensburg, Augsburg und Ingolstadt.
Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will den Stillstand bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) beenden. Er nannte am 9. März in Berlin kurzfristige Ziele: In zwei Jahren sollen 80 Prozent der Versicherten eine elektronische Akte haben. Bis zum Ende des Jahres 2025 sollen für die ePA-Nutzer, die Medikamente verschrieben bekommen, diese auch in der Akte eingetragen sein.
Lauterbach sagte, die Grundlagen für die Digitalisierung seien vor 20 Jahren gelegt, aber nicht umgesetzt worden. In der Ärzteschaft hätten viele das Projekt aufgegeben. „Dem wollen wir mit Druck begegnen“, betonte Lauterbach. In Hinblick auf die Patientinnen und Patienten sagte der Minister, er rechne nicht mit viel Widerstand. Die meisten Versicherten wollten eine elektronische Akte.
Die elektronische Patientenakte soll bis Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten startbereit sein. Sie wird automatisch angelegt, es sei denn, die Versicherten widersprechen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sollen Befunde, Berichte oder Verschreibungen in der ePA einsehen können. Das bedeute „einen Sprung in der Verbesserung der Versorgung“, sagte Lauterbach. Inwieweit Patienten steuern können, welche Informationen sie für wen freigeben, wird dem Ministerium zufolge noch geklärt.
Lauterbach plant zwei Gesetze zur Beschleunigung der Digitalisierung, ein Digitalgesetz für die elektronische Patientenakte, E-Rezepte und Telemedizin sowie ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz, das den Zugang von Forschung und Industrie zu den Patientendaten und die Zusammenführung von anonymisierten Daten zu Forschungszwecken regeln soll. Bis 2026 sollen 300 Forschungsvorhaben mit Gesundheitsdaten realisiert werden.
Der Vorsitzende des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege, der Kölner Krebsforscher Michael Hallek, sagte, Deutschland sei wegen des Mangels an Gesundheitsdaten in der Krebsforschung weit zurückgefallen. Neue Erkenntnisse würden heute vor allem aus der Auswertung von Daten gewonnen. Hallek erinnerte daran, dass Deutschland sich in der Pandemie an Daten und Studien aus dem Ausland habe orientieren müssen.
Gesetzlich Versicherte können schon seit dem 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte bei ihrer Krankenkasse beantragen und sie über eine App auch selbst verwalten. Laut Bundesgesundheitsministerium machen weniger als ein Prozent der Versicherten davon Gebrauch. Privatpatienten erhalten eine ePA seit Anfang 2022.
Während die Krankenkassen Lauterbachs Pläne begrüßten, äußerten sich die Kassenärzte kritisch. Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Doris Pfeiffer, erklärte, alle Akteure im Gesundheitswesen müssten die Chancen der Digitalisierung nutzen. Wichtig sei beispielsweise, die Ärzte zu verpflichten, die E-Akte auch zu befüllen. Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sprach hingegen von „einer Art Zwangsbeglückung“. Es müsse unbedingt vermieden werden, dass die ePA unausgereift durchgesetzt werde und bei Ärzten und Patienten an Akzeptanz verliere.
„Die Deutsche Krankenhausgesellschaft unterstützt die Kernpunkte der Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Gesundheit ausdrücklich“, sagte Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß. Die Einführung einer Opt-Out-Lösung bei der elektronischen Patientenakte könne dazu beitragen, die Vorteile digital verfügbarer Dienste für die Versorgung greifbar zu machen. Die Belange des Daten- und Patientenschutzes müssen dabei genauso Berücksichtigung finden, wie der Anspruch der Versicherten, die medizinische Versorgung unter Nutzung vorhandener Gesundheitsdaten laufend zu verbessern.
Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, betonte, die Digitalisierung sei der Generalschlüssel zu mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Gesundheitsversorgung. „Und der Zentralschalter zur Beschleunigung heißt Opt-Out. Darin sind wir uns mit dem Gesundheitsminister einig.“ Der digitale Wandel, der von den Menschen in vielen Lebensbereichen immer stärker eingefordert werde, müsse auch endlich im Gesundheitswesen ankommen: „Medizinischer Fortschritt und Datenschutz dürfen hier keinen Widerspruch darstellen“, so Reimann. Die Techniker Krankenkasse, drang hingegen darauf, dass die E-Akte schnell kommt und einfach zu bedienen ist.
Die deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die verpflichtende Einführung einer E-Akte im Grundsatz. Vorstand Eugen Brysch erklärte aber, die automatische Einführung der EPA für alle Patienten ohne deren Zustimmung sei ein „sehr schlechter Weg“, sagte Brysch im Interview mit dem Fernsehsender phoenix. „Der Umgang mit den Daten muss differenziert sein,“ forderte der Patientenschützer. Er sei für eine umfassende Aufklärung, damit alle Menschen mitgenommen würden, sowohl Patienten als auch Ärzte, die „die Bremser im Gesundheitssystem“ seien. Für ältere Menschen, die kein Smartphone oder Internet hätten, müsse es einmal im Jahr Papierausdrucke der Akte geben. „All dies muss nachgebessert werden“, verlangte der Vorstand.
Berlin, Wiesbaden (epd). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat zum „Equal Pay Day“ am 7. März Entgeltgleichheit für Frauen und Männer sowie höhere Löhne über alle Berufe hinweg gefordert. An einer Aktion vor dem Brandenburger Tor in Berlin nahmen neben der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, teil.
Fahimi mahnte, wenn die Angleichung der Löhne und Gehälter im jetzigen Tempo weitergehe, wäre die Lohndiskrepanz erst in 61 Jahren überwunden. Angesichts einer Lücke von 18 Prozent beim Stundenlohn zwischen Männern und Frauen sei ein Abbau struktureller Barrieren dringend notwendig, so die Gewerkschaftschefin.
Frauen bekommen für die gleiche Arbeit oftmals weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienten Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie im vergangenen Jahr pro Stunde sieben Prozent weniger als Männer.
Nach einer Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken haben Frauen in Deutschland im Schnitt pro Monat 400 Euro weniger zur freien Verfügung als Männer. Demnach können Frauen im Schnitt monatlich 1.000 Euro ausgeben, Männer hingegen 1.400 Euro, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe meldeten.
Die Lohndifferenz hat auch Folgen im Alter. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, bezogen Frauen ab einem Alter von 65 Jahren in Deutschland im Jahr 2021 durchschnittlich Einkünfte in Höhe von 17.814 Euro brutto pro Jahr. Bei Männern der gleichen Altersgruppe waren es demnach 25.407 Euro. Damit lag das geschlechtsspezifische Gefälle bei den Alterseinkünften bei knapp 30 Prozent.
Frauen seien im Alter häufiger arm, hieß es. So seien im Jahr 2021 20,9 Prozent der Frauen ab 65 Jahren in Deutschland armutsgefährdet gewesen - jede fünfte Frau in dieser Altersgruppe. Bei gleichaltrigen Männern habe die Armutsgefährdungsquote bei 17,5 Prozent gelegen. Der Schwellenwert für eine alleinlebende Person lag nach Angaben der Statistiker im Erhebungszeitraum bei 14.968 Euro netto pro Jahr.
Bundesarbeitsminister Heil äußerte sich beschämt über die Lohndiskriminierung von Frauen. Zudem kritisierte er, dass es in sogenannten typischen Frauenberufen oft keine Tarifbindung gebe. Heil kündigte die Verabschiedung eines Gesetzes zur stärkeren Tarifbindung noch in diesem Jahr an. Gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit zu zahlen, sei eine Frage der ökonomischen Vernunft.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman forderte für Frauen ein Verbandsklagerecht. Aktuell müssten sie bei ungleicher Bezahlung individuell eine Lohnerhöhung einklagen. Zudem kritisierte sie das Entgelttransparenzgesetz und verlangte Lohntransparenz auch für Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten.
Claudia Mandrysch, Mitglied des AWO Bundesvorstandes, erklärte, die Erzählung, dass Frauen durch individuelle Jobentscheidungen selbst schuld seien an schlechterer Bezahlung, sei ein Ammenmärchen: „Lohneinbußen von Frauen sind systemisch gemacht. Am Gender Pay Gap werden drei Probleme deutlich: Es gibt weiterhin falsche Anreize, gleiche Arbeit wird nicht gleich bezahlt und die Sorgearbeit ist unfair aufgeteilt.“
Auch bei der Entlohnung in sozialen Berufen müsse nachgelegt werden, warb Mandrysch: „Bei den Medizinischen Fachangestellten beträgt die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern 19,5 Prozent und 95 Prozent der Beschäftigten in diesem Bereich sind Frauen. Doch nicht nur Löhne und Gehälter bestimmten die ungleiche Verteilung von Einkommen zwischen den Geschlechtern: “Mit dem Ehegattensplitting wird die Lohnlücke durch steuerliche Fehlanreize weiter aufgerissen. Das ist eine Steuerpolitik von gestern."
Der Verband berufstätiger Mütter (VBM) forderte ebenfalls Reformen für mehr Lohngleichheit. „Es braucht weder 'Zaubertrank' noch 'Regenschirm', sondern einfach nur stringente, konsistente, gleichstellungsorientierte und zeitgemäße Familienpolitik, anstelle patriarchalischer Strukturen mit Diskriminierung eines Geschlechts“, so der Verband: „Wir brauchen einen 'Gleichstellungsschirm' und endlich gleiche Bezahlung für vergleichbare Arbeit.“
Der internationale Aktionstag „Equal Pay Day“ macht jährlich auf die schlechtere Bezahlung von Frauen aufmerksam. Die Festlegung des Tages markiert, wie viele Tage Frauen im Schnitt rechnerisch seit Jahresbeginn im Vergleich zu Männern unentgeltlich arbeiten. In diesem Jahr sind es 66 Tage.
Hannover (epd). Das Päckchen sieht unscheinbar aus, ein gewöhnliches Postpaket, aus hellem Karton, Versandmarke bereits aufgeklebt, nichts Auffälliges. Doch die Geschichten, die in dem Päckchen stecken, sind bedrückend. Das macht bereits der innen liegende Fragebogen deutlich: Wurde die Patientin gewürgt, geschlagen, geschubst? Hatte sie Luftnot? War sie benommen? Gibt es anale oder vaginale Verletzungen? Spermaspuren? Wie ist der Zustand der Kleidung? Wurde ein Kondom sichergestellt? Dazu liegen Tupfer in dem Päckchen, Spurensicherungstüten und eine Fotospeicherkarte zur Dokumentation der Wunden.
Mit den Untersuchungssets hat das 2012 an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gegründete „Netzwerk ProBeweis“ inzwischen 38 Partnerkliniken in Niedersachsen ausgestattet. Ziel ist es, Betroffenen von häuslicher und sexueller Gewalt rund um die Uhr, vertraulich und wohnortnah zu helfen und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, auch später noch Anzeige zu erstatten. „Frauen, die Gewalt in der Familie ausgesetzt sind, gehen selten direkt zur Polizei“, sagt Anette Debertin vom Institut für Rechtsmedizin, die das Netzwerk leitet.
Betroffene können in den zum Netzwerk gehörenden Kliniken ihre Verletzungen wie Bisswunden, Hämatome oder Würgemale sowie DNA-Spuren unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht kostenlos und gerichtsverwertbar dokumentieren lassen. Die Nachweise werden in der MHH manipulationssicher archiviert.
„Dass das zeitnah und fachgerecht geschieht, ist für ein mögliches späteres Gerichtsverfahren wichtig“, sagt Debertin, die seit 26 Jahren als Rechtsmedizinerin tätig ist. „Wir stellen eine Situation her, als wäre sofort Anzeige erstattet worden.“ Mitarbeiterin Sarah Stockhausen, ebenfalls Rechtsmedizinerin, nickt bekräftigend. Sperma etwa halte sich nur maximal drei Tage in der Scheide, sagt sie, und auch Hämatome verblassten schnell.
Wie wichtig das „Netzwerk ProBeweis“ ist, zeigt der Blick in die Statistik. Häusliche Gewalt nimmt seit Jahren zu und hat während der Coronapandemie einen Höhepunkt erreicht. Eine von drei Frauen weltweit und eine von vier Europäerinnen erlebe mindestens einmal im Leben körperliche sowie sexualisierte Gewalt, sagt Debertin. „Nach meiner Wahrnehmung nimmt die Brutalität zu.“ Für Frauen gehöre Gewalt nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO zu den „größten Gesundheitsrisiken“.
Bundesweit wurden 2021 laut „Welt am Sonntag“ 161.000 Menschen Opfer von Gewalt durch Partner oder Ex-Partner - 1,3 Prozent mehr als 2020. Die Dunkelziffer, da sind sich Experten einig, ist hoch. „Viele Frauen erstatten direkt nach der Tat keine Anzeige, weil sie Scham empfinden, Angst haben, weil sie bedroht werden oder befürchten, belastende Gerichtsverfahren nicht durchstehen zu können“, sagt Debertin.
Die Ärztin verweist darauf, dass nicht nur Frauen Opfer von häuslicher Gewalt sind. Zwar seien sie in der überwältigenden Überzahl, doch fünf Prozent der Gewaltopfer, die sich meldeten, seien Männer.
1.599 Untersuchungen wurden im Rahmen vom „Netzwerk ProBeweis“ bisher durchgeführt. Die Asservate werden drei Jahre, die schriftlichen und bildlichen Dokumentationen 30 Jahre aufgehoben. Debertin und Stockhausen legen Wert darauf, dass die Anliegen, mit denen sich Betroffene an das Netzwerk wenden, vertraulich behandelt werden. „Erst wenn eine Anzeige erstattet wird und wir von unserer Schweigepflicht entbunden werden, werden den Ermittlungsbehörden die gesicherten Beweismaterialien ausgehändigt und bei Beauftragung Gerichtsgutachten erstellt“, sagt Rechtsmedizinerin Stockhausen.
Es gebe bereits einige Frauen, die sich nachträglich für eine Anzeige entschieden hätten, sagt Debertin. Sie und ihre Kollegen sagten in solchen Fällen als Sachverständige vor Gericht aus. Die Konsequenzen für die Täter seien unterschiedlich. Sie reichten von Haft über Schmerzensgeldzahlungen bis hin zu Antiaggressionstrainings.
Debertin betont, das „Netzwerk ProBeweis“ schließe eine wichtige „Lücke in der Gewaltopferversorgung“. In puncto Gewalt sei das Gesundheitssystem in vielerlei Hinsicht nicht gut aufgestellt, ausgereifte, disziplinübergreifende Strukturen fehlten häufig. Zwar sei das gesellschaftliche Bewusstsein gewachsen. „Doch wir müssen noch mehr zu einer Kultur des Hinschauens kommen und das Thema häusliche und sexualisierte Gewalt aus der Tabuzone holen“, sagt die Rechtsmedizinerin.
Stockhausen ist überzeugt, dass bereits die Sicherung der Gewaltspuren für Betroffene wertvoll ist - unabhängig davon, ob eine Anzeige und ein Strafverfahren folgen. „Die Selbstwirksamkeit zu spüren, das Gefühl, etwas getan zu haben, ernst genommen zu werden, ist für viele Betroffene der erste Schritt in ein gewaltfreies Leben.“
Bonn (epd). Mehr als jede dritte Frau mit Behinderung in Deutschland ist um ihre finanzielle Situation besorgt. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage der Aktion Mensch anlässlich des Weltfrauentags, heißt es in einer Mitteilung vom 6. März. Für die Erhebung wurden Frauen mit und ohne Behinderung sowie die entsprechenden männlichen Bevölkerungsgruppen zu ihren derzeit größten Ängsten befragt.
Insgesamt 34 Prozent der Frauen mit Handicap nannten die Gefahr einer finanziellen Notlage als die dominierende Sorge - im Gruppenvergleich ist die Angst bei Frauen mit Behinderung damit am stärksten ausgeprägt.
„Das ist keine Überraschung. Auch ohne Energiepreiskrise und Inflation sehen sie Frauen mit Behinderung hinsichtlich ihrer Erwerbstätigkeit und Finanzen mit doppelter Diskriminierung konfrontiert und verdienen unabhängig von ihrer beruflichen Stellung durchschnittlich am wenigsten“, betonte Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.
Sie seien auf dem Arbeitsmarkt strukturell benachteiligt. Sie bildeten das Schlusslicht bei Gehalt, Vollzeit- und Führungspositionen. Zusätzlich würden Frauen mit Behinderung häufig durch Haushalts- und Familienaufgaben belastet. Das belegte bereits eine Studie der Aktion Mensch aus dem Jahr 2021 zur Situation von Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt.
„Es ist zwingend ein Bewusstseinswandel erforderlich. Wir brauchen einen Arbeitsmarkt, der sich Inklusion und Gendergerechtigkeit zur Maxime macht. Gleichzeitig braucht es unterstützende Angebote, um gerade Frauen mit Behinderung den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern“, so Marx.
Dafür unterstützt die Aktion Mensch Förderprojekte wie „Dein Job-FINDer“. Das Angebot des Vereins FortSchritt wendet sich gleichermaßen an Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sein Ziel ist es, Menschen mit Behinderung eine dauerhafte Anstellung zu ermöglichen und Inklusion auf dem Arbeitsmarkt zu fördern.
Frankfurt a.M. (epd). Zum Internationalen Frauentag am 8. März sind Frauen weltweit für ihre Rechte an die Öffentlichkeit gegangen. Erste Anregungen kamen von Frauendemonstrationen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA. Die Startinitiative folgte dann aus der sozialistischen und sozialdemokratischen Arbeiterbewegung vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918). 1910 beschloss die Sozialistische Internationale der Frauen in Kopenhagen, jedes Jahr mit einem Aktionstag den Kampf der Frauen für mehr Rechte und bessere Lebensbedingungen voranzutreiben.
Bereits im März 1911 gingen rund eine Million Frauen in Deutschland, Dänemark, Österreich-Ungarn und der Schweiz auf die Straßen. Erste Forderung war das Frauenwahlrecht, das in Deutschland 1918 durchgesetzt wurde. Am 19. Januar 1919 konnten Frauen erstmals an einer landesweiten Wahl teilnehmen, als eine verfassunggebende Nationalversammlung gewählt wurde. Die Frauen kämpften zudem für kürzere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn, niedrigere Lebensmittelpreise, eine regelmäßige Schulspeisung und legalen Schwangerschaftsabbruch.
Während des Ersten Weltkriegs und unter der NS-Diktatur war der „sozialistische“ Feiertag verboten. Die Nationalsozialisten propagierten stattdessen den Muttertag, der ihrem Frauenbild eher entsprach. Doch im Untergrund lebte der Frauentag weiter: Wer am 8. März seine rote Wäsche im Fenster auslüftete, gab damit ein politisches Statement ab.
Nach 1945 entzweite der Kalte Krieg auch den Frauentag. Im Westen verlor er an Bedeutung, wurde dann vor allem von der Frauen- und Friedensbewegung ab Ende der 60er Jahre begangen. In der DDR entwickelte sich der 8. März vielfach zum „sozialistischen Muttertag“, an dem Kinder der Mutter Blumen oder selbst gemalte Bilder schenkten. 1977 führten die Vereinten Nationen den Weltfrauentag als offiziellen UN-Tag ein. Das Land Berlin führte 2019 den Frauentag als gesetzlichen Feiertag ein, auch in Mecklenburg-Vorpommern ist der Frauentag mittlerweile ein Feiertag.
Bremen (epd). Vor einigen Jahren hatte Ortsbürgermeister Rafael Platek hier noch zu seinem 40. Geburtstag eingeladen. Überhaupt war der damals klassisch holzgetäfelte „Saal Wiesengrund“ in Drangstedt bei Bremerhaven über Jahrzehnte so etwas wie der emotionale Dorfmittelpunkt, der Ort, an dem viel gefeiert wurde: Hochzeiten, Jubiläen, Geburtstage, Vereinstreffen. „In den Tanzsaal passten 300 Leute“, erinnert sich Platek. Nun steht der CDU-Kommunalpolitiker wieder im „Wiesengrund“, der jetzt weiß getüncht ist. Überall Regale, hell erleuchtet: Aus dem Festsaal wurde ein dörflicher Tante-Emma-Laden, aber neu gedacht.
„Tante Enso“ steht draußen an der Fassade des Gebäudes. Der Laden bringt etwas in den 1.700-Seelen-Ort, was es hier so noch gar nicht gab: einen genossenschaftlich organisierten Mini-Supermarkt mit mehr als 4.000 Produkten und Selbstbedienungskasse. Es ist ein Nahversorger, der für viele Drangstedter bequem mit dem Rad und sogar zu Fuß erreichbar ist, ergänzt durch einen Bäcker. Dahinter steht das Bremer Unternehmen myEnso, das mit Drangstedt laut Mit-Geschäftsführer Thorsten Bausch bereits den 17. Laden dieser Art in Deutschland eröffnet hat - immer mit dem Ziel, die Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern.
Das ist bitter nötig. Nach einer Studie des Braunschweiger Thünen-Institutes für Ländliche Räume ist bundesweit für weniger als die Hälfte der Bevölkerung in Dörfern die Nahversorgung gesichert. Das Problem: Große Handelsketten interessieren sich meist nicht für kleine Gemeinden wie Drangstedt, sie konzentrieren sich auf Orte ab 5.000 Einwohnern. Dazu kommt die Konkurrenz von Discountern, die noch relativ gut mit dem Auto erreichbar sind und so den Dorfläden das Leben schwer machen.
„Tante Enso“ steht für automatisierte Märkte, die bei geringen Betriebskosten den Einkauf das ganze Jahr über an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr erlauben. Die Kunden registrieren sich zuvor für die „Tante Enso-Karte“ und erteilen eine Einzugsermächtigung. Die Karte fungiert dann als Türöffner für den Laden und mit ihr wird auch bezahlt. An der Kasse erfasst jeder Kunde und jede Kundin die Ware selbst. Das Sortiment kann auf Wunsch durch regionale Produkte ergänzt werden. „Die totale Freiheit“, nennt das Geschäftsführer Bausch. Zu bestimmten Tageszeiten ist der Laden auch mit Personal besetzt - „in der Regel vier bis sieben Stunden täglich“, sagt Bausch.
MyEnso kauft im größeren Stil ein und kann so gute Preise anbieten. Das Zentrallager ist digital organisiert, Roboter sparen Zeit, Personal und Kosten. Die Halle ist das Herzstück des Unternehmens, das Läden im Bremer Umland, aber auch in Zella (Thüringen), Wollbach (Bayern) oder Gülzow (Schleswig-Holstein) betreibt.
Bevor aber „Tante Enso“ in ein Dorf kommt, fordert das Bremer Unternehmen einen „Liebesbeweis“, wie Manager Bausch es nennt: Im Ort müssen mindestens 300 Genossenschaftsanteile in Höhe von je 100 Euro gezeichnet werden. In Drangstedt war das kein Problem. „Tante Enso ist ein Gemeinschaftsprojekt und gelingt nur, wenn der Ort mit all seinen Anwohnern dahintersteht“, betont Bausch.
Der 60-Jährige hofft auf einen Marktanteil von 15 Prozent. Er kalkuliert einen Mindestumsatz von 300.000 Euro pro Filiale, von denen es Ende des Jahres schon 40 sein sollen, in Zukunft bundesweit 800. Dass in der Provinz umsatzmäßig Musik stecken könnte, sehen auch andere Unternehmen wie „Emma's Tag & Nacht Markt“ und „Tante M“, seit etwa einem Jahr ebenfalls die Rewe-Gruppe mit ihren voll automatisierten „Nahkauf Boxen“.
Doch voll automatisiert, das reicht nicht, meint Bausch. Er und sein Partner Norbert Hegmann haben 1,5 Millionen Euro in eine Marktstudie investiert, um herauszufinden, was die Menschen auf dem Land beim Einkaufen wirklich wollen. Heraus kam zunächst ein Kioskwagen, mit dem sie einmal wöchentlich einen Ort ansteuerten. Das Angebot floppte. „Da haben uns die Leute gesagt, ihr habt uns missverstanden“, erinnert sich Bausch. „Sie wollten einen echten Supermarkt.“
Der Laden soll auch eine soziale Funktion haben, stationär, mit Personal. „Wir hoffen, dass das hier ein Mittelpunkt wird, wo die Leute sich austauschen, sich mal wieder sehen“, betont Drangstedts Bürgermeister Platek. Der CDU-Mann denkt an die Feiern vergangener Jahre im Wiesengrund zurück und schwärmt: „Dieser Laden ist nicht fremd, hier fühlt man sich zu Hause. Derjenige, der hier einkauft, erinnert sich: Ach ja, da saß ich, da habe ich getrunken, gegessen, mit meiner Nachbarin gesprochen. Und hier kaufen wir jetzt zusammen ein. Ich glaube, das wird ein grandioser Erfolg.“
In Breddorf, etwa 60 Kilometer von Drangstedt entfernt, ist man noch nicht so weit. Die Menschen in dem Dorf nordöstlich von Bremen trauern um ihren „nah & gut“, der zum Jahreswechsel geschlossen hat. Die Inhaber sind in Rente gegangen, Nachfolger gibt es nicht. Aber immerhin: Die Bürgerversammlung in der örtlichen Sporthalle, bei der Bausch sein Konzept vorstellt, ist proppenvoll, die Sitzplätze reichen nicht. Wenige Wochen später ist die notwendige Zahl von Genossenschaftsanteilen gezeichnet. Jetzt steht fest: Auch Breddorf bekommt einen „Tante Enso“. Vielleicht schon im Frühsommer.
In einer inklusiven Gesellschaft ist die Integration aller Menschen auch und gerade in Arbeit und Beruf ein erklärtes Ziel. Mehr Menschen müssten dafür den geschützten Bereich von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) verlassen können. Für Personen mit besonderen Bedürfnissen gestaltet es sich jedoch überaus schwierig, aus der WfbM in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu wechseln. Es bedarf geeigneter Programme zur Förderung von inklusiven, individuellen Beschäftigungsbiographien. Eine prominente Initiative auf Bundesebene, die das erreichen will, ist das „Budget für Arbeit“ (BfA).
Mit dem BfA werden für Menschen mit Behinderungen, die berechtigt sind in einer Werkstatt zu arbeiten, Zugänge zum ersten Arbeitsmarkt ermöglicht. Das Programm gibt es bundesweit seit 1. Januar 2018. Es ist im Bundesteilhabegesetz in Paragraf 61 SBG IX geregelt. Demnach erhält der Arbeitgeber einen Lohnkostenzuschuss vom maximal 75 Prozent zum Ausgleich einer Leistungsminderung von beschäftigten „Budgetnehmern“. Diese haben Anspruch auf finanzielle Förderung für notwendige Unterstützung zur individuellen Eingliederung und Begleitung am regulären Arbeitsplatz.
Durch die Positionierung als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin wird die betroffene Person zum selbstbestimmten Akteur im Prozess - so ist jedenfalls die Idee des BfA in aller Kürze zu beschreiben. Damit soll der Weg, in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu wechseln, systematisch ergänzt werden. Dazu kooperieren unter anderem die Werkstätten, Integrationsfachdienste, Betriebe und vor allem die betroffene Person selbst - im Idealfall - gleichberechtigt, um den Übergang in den neuen Job zu ermöglichen.
Tatsächlich wurde das Angebot des BfA bislang nur sehr zögerlich angenommen. 1.679 Leistungsberechtigte haben ein solches Budget erhalten (Stand 31.12.2020). Zum gleichen Zeitpunkt befanden sich 3.081 Leistungsberechtigte in anderen, länderspezifischen Förderprogrammen für den Übergang von der Werkstatt in den regulären Arbeitsmarkt.
Wie könnte das BfA eine bessere Wirkung entfalten? Auf diese Frage sucht das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „BfA-Gelingt. Gelingensbedingungen der Inanspruchnahme gestalten und teilen“ eine Antwort. Analysiert werden exemplarische Lösungen sowie Förder- und Hemmfaktoren für Übergänge aus der Werkstatt in den ersten Arbeitsmarkt.
Das Projekt wird aus dem Ausgleichsfonds des Bundesarbeitsministeriums gefördert. Projektbeteiligte sind als wissenschaftliche Teams die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (Leitung: Prof. Joachim Thomas) und die Justus-Liebig-Universität Gießen (Leitung: Prof. Reinhilde Stöppler). Kooperierende Praxiseinrichtungen sind das Berufsbildungswerk der Rummelsberger Diakonie, das Heinrich-Haus Neuwied und das Josefsheim Bigge. Die Koordination übernimmt das Berufsförderungswerk Bad Wildbad (Leitung: Wolfgang Dings). Insgesamt wirken 15 Fachkräfte verschiedener Disziplinen mit, darunter Expertinnen und Experten aus der Psychologie, der Pädagogik, der Sonder-Pädagogik, und der Sozialen Arbeit.
Als Praxisforschungsprojekt war das Vorhaben von Beginn auf Analyse und Veränderung angelegt. Einen methodischen Rahmen bietet dafür das sogenannte Reallabor. Hier werden unter definierten Bedingungen jene Veränderungen inszeniert, die den Zielen des BfA künftig dienlich sein können.
Üblicherweise beschränkt sich sozialwissenschaftliche Forschung auf eine neutrale, beobachtende beziehungsweise messende Position. Das ist jedoch mit Blick auf anzustoßende Veränderungen unbefriedigend. In jüngerer Zeit gewinnt deshalb das Reallabor als Rahmen für intervenierende Forschungsansätze immer mehr Beachtung. Man kann sagen, dass hier Forschung und Entwicklung zusammenkommen. Das Team von „BfA Gelingt“ wählte diesen Ansatz.
An der KU wurden 70 Interviews mit Teilnehmenden des BfA-Programms sowie weiteren Expertinnen und Experten geführt. In der Auswertung der Gespräche wurden vier Einflussgrößen sichtbar, die zum Gelingen des BfA beitragen: die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Betroffenen selbst, die Werkstätten sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
Zentrale Erkenntnis: Die bundesweit sehr uneinheitliche rechtlich-administrative Umsetzung des BfA überrascht. Regionale Zuständigkeiten, Trägerschaften, Antragsverfahren und nicht zuletzt Leistungen und Ansprüche variieren erheblich. Lohn- und Fahrtkostenzuschüsse werden sehr verschieden gehandhabt. Dies betrifft auch die eminent bedeutsame Praxis der Rentenberatung.
In der Folge ergeben sich Informationsdefizite, ein Entpflichtungsgefühl der Rehabilitationsträger, ungerecht erlebte Behandlung und eine erschwerte Prozessbearbeitung.
Die Werkstätten wiederum folgen ihrem sogenannten Triple-Mandat - also dem Auftrag von Rehabilitation, Inklusion und Wirtschaftlichkeit. Sie haben ein verständliches Interesse, die wechselwillige Leistungsträger in ihren Einrichtungen zu halten. Und: Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind nicht informiert, welche Arbeitsprofile in ihrem Unternehmen für die Zielgruppe tatsächlich geeignet sein können. Sie haben wenig Zeit, sich damit zu befassen. Erprobte Strategien und Handlungsempfehlungen fehlen bislang. Diese Lücke kann nun geschlossen werden.
Die Forschungsgruppe leitet aus diesen Erkenntnissen ab, dass die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen unbedingt transparent und vergleichbar sein müssen. Information ist also erste Pflicht! Die unterschiedlichen Interessen der Kooperationspartner gilt es offen zu verhandeln. Dabei kommt den Werkstätten für Menschen mit Behinderung eine zentrale Rolle zu. Die Beratung und Unterstützung der Zielgruppe muss unbedingten Vorragn haben. Denn für sie ist der Schritt in den allgemeinen Arbeitsmarkt sowohl mit Risiken als auch mit Chancen verbunden.
Berlin (epd). Berlin braucht bis Jahresende 10.000 neue Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen. Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) sagte am 7. März nach einer Senatssitzung, aktuell seien fast 99 Prozent der insgesamt 32.492 Plätze in Einrichtungen des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten belegt. Kipping sprach sich zur Unterbringung weiterer Flüchtlinge für den Bau neuer Fertighäuser aus, sogenannter MUF's (Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge).
Die Entscheidung über deren Standorte in den Bezirken müsse aber der neue Senat fällen. In der Vergangenheit gab es vor Ort Proteste. Derzeit kommen laut Kipping in Berlin pro Tag rund 300 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine am Hauptbahnhof und am Zentralen Omnibusbahnhof an.
Kassel (epd). Rund 2,19 Milliarden Euro umfasst der Haushalt 2023 des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), den die Abgeordneten der Verbandsversammlung am 8. März in Kassel beschlossen haben. Das seien rund 111 Millionen Euro mehr als 2022 (2,08 Milliarden Euro), teilte der LWV mit. Im Gesamtbudget seien die Eingliederungshilfe und die Sozialhilfe mit rund 1,79 Milliarden Euro der größte Posten bei den Ausgaben (rund 82 Prozent).
Das größte Aufgabenpaket innerhalb der Eingliederungshilfe sei die Unterstützung behinderter Menschen beim Wohnen, bei der Arbeit und der Tagesstruktur. Die stetig steigenden Kosten resultierten aus dem Zuwachs an Leistungsberechtigten und deren gestiegenem Unterstützungsbedarf. Laut Haushalt 2023 haben 64.000 Menschen in 77.959 Fällen (2022: 76.685) Anspruch auf eine Leistung.
Darüber hinaus sind im Haushalt 2023 Leistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht (u.a. für Kriegs- und Gewaltopfer) in Höhe von rund 23,31 Millionen Euro enthalten, außerdem für schwerbehinderte Menschen im Beruf in Höhe von 78,51 Millionen Euro sowie für Förderschulen und die Frühförderung sinnesbehinderter Kinder in Höhe von 54,72 Millionen Euro.
Finanziert wird der Haushalt in erster Linie durch die sogenannte Verbandsumlage hessischer Landkreise und Städte, die für 2023 rund 1,625 Milliarden Euro beträgt. Die Umlage fällt den Angaben zufolge damit niedriger aus, als noch bei der Haushaltseinbringung im Dezember veranschlagt. Der LWV war damals von 1,65 Milliarden Euro ausgegangen.
Zurückzuführen sei die Entlastung für die Kreise und Städte auf einen ebenfalls am Mittwoch verabschiedeten Ergänzungshaushalt. Wie der LWV mitteilte, schlagen sich darin Ergebnisverbesserungen aus dem Jahr 2022 nieder, etwa geringere Tarifsteigerungen oder weniger Personen, die Unterstützung beansprucht haben.
Frankfurt a.M. (epd). „Boah, da ist ja ein Bär!“, ruft Richmond mit weit aufgerissenen Augen und rennt zum Gehege. Der Neunjährige betrachtet die Bären gespannt und fragt Mathias Westermann, wie sie heißen. „Das müssten Braunbären sein“, erwidert Westermann. Richmond runzelt die Stirn, zeigt auf die Tiere und stellt fest: „Nein, die sind doch schwarz.“ Auf die Frage, warum er gerne mit dem Studenten zusammen ist, antwortet der Junge knapp: „Weil es mit ihm Spaß macht.“ Dann hastet er weiter und ruft, dass er heute im Zoo auch unbedingt eine große Schlange sehen möchte. Richmond lebt mit fünf Geschwistern in der Frankfurter Nordweststadt, einem Viertel mit schlechtem Ruf.
Der Business-Administration-Student und Richmond kennen sich durch das bundesweite Mentoringprogramm „Balu und Du“. Wie bei der Geschichte im Dschungelbuch bekommt das Kind, also der Mogli im Projekt, Orientierung und exklusive Zeit durch einen erwachsenen Ehrenamtlichen, also den Bären Balu. Die Grundschüler werden von ihrer Lehrkraft vorgeschlagen. Mitarbeitende des Programms wählen dann ein passendes Tandem aus. Die Ehrenamtlichen dürfen zwischen 17 und 30 Jahre alt sein.
Koordinator Mathias Elosge hat „Mogli“ Richmond und „Balu“ Westermann zusammengebracht. Er arbeitet für „Balu und Du“ in Frankfurt am Main. Das Projekt ist seit 2007 bei den Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität angesiedelt. Für die Wahl der beiden sei sein Bauchgefühl entscheidend gewesen, sagt Elosge, aber auch das gemeinsame Hobby: Beide spielen Fußball. Aktuell begleiten die Mitarbeitenden von „Balu und Du“ in Frankfurt 30 Tandems.
Bundesweit gibt es nach Angaben des Vereins „Balu und Du“ mit Sitz in Köln 1.249 Tandems an 164 Standorten. Die ersten drei Tandems wurden 2001 an der Universität Osnabrück gegründet. „Das Programm 'Balu und Du' ist nicht nur wirksam, sondern auch effizient“, zitiert der Verein den Bonner Verhaltensökonomen Armin Falk. „Mit Mentoring kann Chancenungleichheit kostengünstig reduziert und die sozio-emotionale Entwicklung gefördert werden.“
Im Exotarium des Zoos angekommen, ist Richmond über die Trägheit der großen Schlange enttäuscht, „die bewegt sich ja gar nicht“. Westermann zeigt ihm ein Krokodil und die giftigen Kröten. Der 21-Jährige ermahnt Richmond aber auch, als er Schildkröten durch die Scheibe erschrecken möchte.
Seit Mai 2022 treffen sich Richmond und Westermann, immer donnerstags. Das einjährige Ehrenamt umfasst für Westermann neben den wöchentlichen Treffen auch den Austausch mit Koordinator Elosge. Außerdem führt er ein Online-Tagebuch über die Treffen.
Richmond ist sehr aufgeregt. Er hüpft herum, rennt, zappelt. Während einer Pause beim Eis-Essen klopft Westermann immer mal wieder kurz auf Richmonds Oberschenkel. Dadurch beruhigt sich der Grundschüler. „Mogli“ Richmond und „Balu“ Westermann beschreiben ihre Beziehung wie die von Brüdern. Sie lachen viel, aber es wird auch deutlich, dass Westermann Führung übernimmt und Grenzen aufzeigt. Das Selbstwertgefühl und die positiven Eigenschaften des Kindes stärken, all das seien einige der Ziele des Projekts, betont Elosge.
Durch das Fußballspielen seien sie sich anfangs nähergekommen und hätten Vertrauen aufgebaut, erzählt Westermann. „Ich schieße die meisten Tore“, wirft Richmond ein. Der Student holt Richmond von der Schule, dem Hort oder von zu Hause ab. „Ich darf dann auch mal hupen und Knöpfe im Auto drücken“, erzählt Richmond stolz. Sie waren unter anderem schon gemeinsam in der Trampolin-Halle, im Schwimmbad und der Eissporthalle. Die Kosten für die Aktivitäten werden durch Stiftungen und andere Förderer unterstützt.
Für Westermann ist die Zeit mit Richmond auch wertvoll. Da der Student eine unbeschwerte Kindheit hatte, wolle er etwas zurückgeben. Sie tauschten sich über Gefühle aus, und er schätze die Gastfreundlichkeit der Familie. Denn im Anschluss an ihre wöchentlichen Treffen gehe er immer noch mit nach Hause, um gemeinsam zu Abend zu essen und mit Richmond Fußballkarten zu spielen. Richmond wirft ein: „Mathias isst so scharf, so scharf isst nicht mal meine Mutter.“ Westermann lächelt und nickt.
Hannover (epd). Tina Deeken atmet schwer aus. Die Wassertemperatur im Kleefelder Freibad in Hannover beträgt nur viereinhalb Grad Celsius. Es schneit, und es geht ein eisiger Wind. Ideale Bedingungen, um für den nächsten Wettkampf im Para-Eisschwimmen zu trainieren. Die 46-Jährige holt tief Luft und schaut auf ihre Schwimmeruhr: „Knapp über sieben Minuten.“ Diese Zeit hat die durchtrainierte Frau heute für 400 Meter gebraucht.
„Man muss beim Eisschwimmen seine Grenzen kennen und auf den Körper hören“, sagt Deeken, im Hauptberuf Förderschullehrerin an einer inklusiven Grundschule in Hannover. Denn Eisschwimmen ist ein ungewöhnlicher Sport. Erlaubt sind nur ein dünner Badeanzug, Schwimmbrille und Badekappe. Sicherheit wird großgeschrieben. Deshalb trägt sie immer eine aufblasbare Schwimmboje in einer Signalfarbe um den Bauch. So wird sie schneller gesehen und kann sich auch mal festhalten, falls sie einen Krampf bekommt.
An die Kälte des Wassers kann sich die ehrgeizige Sportlerin auch nach Jahren immer noch nicht gewöhnen. „Das ist jedes Mal eine Überwindung“, sagt sie. Doch das Eisschwimmen fordere volle Konzentration und sei gut gegen ihre Schmerzen. Deekens linkes Bein und zunehmend auch ihr linker Arm sind seit dem Jugendalter wegen eines angeborenen Hüftschadens gelähmt. Gehen kann sie nur mit zwei Stöcken und mithilfe von zwei Bein-Orthesen. „Ohne Sport säße ich schon längst im Rollstuhl“, sagt sie. Im Wasser dagegen schwimmt Deeken wie ein Fisch.
Im Jahr 2017 wurde im oberbayrischen Burghausen zum ersten Mal eine Eisschwimm-Weltmeisterschaft in Deutschland ausgetragen. Durch die Folgen der Corona-Pandemie ist der Sport populärer geworden: Weil die Schwimmbäder geschlossen waren, wichen viele Schwimmerinnen und Schwimmer aufs Freiwasser aus und blieben dabei auch im Winter. Von den etwa 5.000 Eisschwimmerinnen und Eisschwimmern aus mehr als 70 Nationen, die in der International Ice Swimming Assoziation (IISA) organisiert sind, kommen 220 aus Deutschland.
„Eine Erkältung ist für Eisschwimmer ein Fremdwort“, sagt der Mediziner Rainer Brase, der seit mehreren Jahren diesen Extremsport selbst ausübt. Am besten fange man im Herbst mit dem Eisschwimmen an, wenn das Wasser noch 18 Grad habe. Als Faustregel könne man dann bei jedem Grad Temperaturabfall eine Minute weniger schwimmen. Wenn man gesund und sich der Gefahren bewusst sei, außerdem ausreichend Sicherheitsvorkehrungen treffe, sei das eine gute Sache: „Eisschwimmen macht extrem gute Laune.“
Weil Eisschwimmen eine olympische Disziplin werden soll, waren 2022 bei den Weltmeisterschaften im polnischen Głogow von den 500 Teilnehmenden zum ersten Mal auch 30 Sportlerinnen und Sportler mit einer Behinderung zugelassen. Als einzige Para-Schwimmerin aus Deutschland qualifizierte sich Tina Deeken - und holte auf Anhieb sieben Weltmeistertitel. Diese hat die Ausnahmeathletin im Januar bei den diesjährigen Weltmeisterschaften im französischen Alpenort Samoëns verteidigt. Unter den zehn Spitzenplätzen im Para-Freiwasserschwimmen hat der Weltverband für Open Water Swimming sie als beste Frau auf Platz sieben gewählt.
„Heute gab es deshalb Post aus England“, erzählt sie ein bisschen stolz und zeigt auf die Urkunden, mit denen das Guinness Buch der Rekorde sie ausgezeichnet hat als schnellste behinderte Eisschwimmerin der Welt über 250, 100 und 50 Meter Freistil. Deeken freut sich, dass sie damit ein Zeichen für den Behindertensport gesetzt hat: „Damit wird anerkannt, dass auch Weltrekorde von Behinderten etwas wert sind.“ Denn als Para-Schwimmerin kämpft die Lehrerin auch um mehr Anerkennung für Behinderte. „Ich will Betroffene ermuntern, niemals aufzugeben.“ Und sie fügt hinzu: „Der Umgang mit Behinderung ist immer noch nicht selbstverständlich, deshalb gibt es noch genug zu tun.“
Im Sommer schwimmt sie Langstrecken, zum Beispiel 17,5 Kilometer längs durch den Wörthersee, 14 Kilometer in der Kieler Förde und auch zehn Kilometer im Oslo Fjord in Norwegen. Die 45 Kilometer durch den Ärmelkanal hat sie mit einer inklusiven Staffel von behinderten und nichtbehinderten Schwimmerinnen und Schwimmern absolviert. In der Oberweser ist sie mit einem Begleiter in Etappen mehr als 200 Kilometer zwischen Hannoversch Münden und Minden geschwommen - auch um ein Zeichen gegen die Versalzung des Flusses zu setzen.
Deeken ist zudem als Triathletin auf der Mitteldistanz aktiv: 1,9 Kilometer Schwimmen und 90 Kilometer Radfahren. Die 21 Kilometer Laufen absolviert sie mit einem Rennrolli.
Früher musste die Athletin im Winter immer ins Hallenbad ausweichen - bis sie 2018 jemand auf das Eisschwimmen aufmerksam machte. „Dann bin ich im Oktober einfach im offenen Wasser geblieben.“ Bereits zwei Monate später nahm sie zum ersten Mal an einem Eisschwimm-Wettkampf teil. Im Winter trainiert sie zweimal pro Woche bei Wind und Wetter.
Einer ihrer Begleitläufer und Begleitschwimmer ist Tobias Prüßner. Er hilft ihr ins Becken und zieht sie nach dem Training wieder heraus. Denn mit ihrem gelähmten Bein und dem geschwächten Arm schafft sie das nicht allein. Der 43-Jährige ist selbst Eisschwimmer, aber nicht behindert. Er hält die Leistung seiner Trainingspartnerin für außergewöhnlich: „Ich kenne keine Para-Sportlerin, zumindest nicht hier in Deutschland, die auf diesem hohen Niveau Marathon-Schwimmen und Triathlon im Sommer macht sowie Eisschwimmen im Winter.“
Karlsruhe (epd). Gedächtnislücken sind oft der Anfang: In Deutschland sind rund 1,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Heilen lässt sich die Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft, nicht. Je früher eine Demenz erkannt wird, desto besser.
Durch eine frühzeitige Behandlung könnte rund ein Drittel aller Demenzerkrankungen verhindert oder zumindest im Verlauf positiv beeinflusst werden, sagte Johannes Walter, Digital-Referent der Diakonie Baden, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bislang würden weltweit nur 20 bis 50 Prozent aller Demenzerkrankungen erkannt.
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz soll es künftig möglich sein, nicht nur Risikofaktoren für die Erkrankung rechtzeitig zu identifizieren, sondern auch die Demenz selbst schneller zu entdecken. Helfen soll dabei eine App namens „Alfredo“, die vom Karlsruher Forschungszentrum Informatik (FZI) gemeinsam mit der Diakonie Baden entwickelt wurde und jetzt getestet wird.
Sie soll dazu beitragen, die geistige Gesundheit und das Gedächtnis zu erhalten. Vor allem Patientinnen und Patienten mit leichten Demenz-Symptomen könnten von diesem Angebot profitieren, sagt Walter. Das Projekt wird mit 650.000 Euro vom Land Baden-Württemberg gefördert.
In dem Computerprogramm werden verschiedene Diagnose- und Monitoringmethoden kombiniert, um frühzeitig eine differenzierte Diagnose zu stellen, die Ursache zu erkennen sowie geeignete Gegenmaßnahmen zu identifizieren. Per Smartwatch sollen etwa Gesundheitswerte wie EKG, Blutdruck und Bewegung gemessen werden.
Der vielversprechendste Ansatz zur Behandlung von Demenzen sei derzeit die Risikofaktorenbehandlung, erläutert Entwickler Marius Gerdes vom FZI. Dies setze darauf, dass der Gesundheitszustand des Patienten ganzheitlich, aber auch präzise und zielorientiert verbessert wird. Dazu wurde eine App für Smartphone und Smartwatch entwickelt.
Damit sollen zunächst drei von mehreren Risikofaktoren für Demenz überwacht werden, nämlich Schlafqualität, Bewegungsmangel und Ernährung. Mit dem Monitoring bekommen die Teilnehmenden auf sie persönlich zugeschnittene Empfehlungen zur Änderung ihres Lebensstils.
So werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beispielsweise per App daran erinnert, sich ausreichend zu bewegen und sich gesund und abwechslungsreich zu ernähren. Wer die Aufgaben „30 Minuten spazieren gehen“, „Dehnübungen machen“ oder „einen Apfel essen“ geschafft hat, drückt auf der App die Taste „erledigt“.
Für die Interaktion sollen auch Angehörige und der ambulante Pflegedienst einbezogen werden. Die klinische Bewertung und Telekonsultation wird dann von Neurologen durchgeführt. Bisher ist das Angebot lediglich im Großraum Karlsruhe über die Teilnahme an der Studie nutzbar, die im März beginnt.
„Wir wollen keine Versprechen machen“, sagte Lena Messemer, Projektmanagerin der Diakonie Baden beim Projekt Alfredo. Auch wenn sich eine Demenz bislang nicht heilen lasse, trage die App auf jeden Fall zu mehr Lebensqualität bei.
Bruchsal (epd). Heute sagt Sabine Weise von sich: „Ich bin zufrieden“. Das war nicht immer so. Die 62-Jährige arbeitet bei der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten in der Montageabteilung, macht Vorarbeiten für Fotovoltaikanlagen. Seit 1994 hat sie einen Arbeitsplatz in den geschützten Werkstätten.
Die gebürtige Karlsruherin studierte noch, als eine psychische Krankheit ihr Leben von heute auf morgen veränderte. Eheprobleme und Trennung bedeuteten für die damals 28 Jahre alte Studentin Stress. „Ich lag auf dem Sofa, hatte nur noch Angst, keinen Appetit, nichts ging mehr“, erinnert sich Weise. Seither lebt sie mit der Diagnose „schizoaffektive Psychose“. Auf depressive Phasen folgten manisch überdrehte. Die bipolare Störung ließ sich medikamentös gut einstellen. Dennoch: Eine Fortsetzung des Studiums und eine Rückkehr auf den ersten Arbeitsmarkt waren für Weise zu viel.
Die Einsicht, dass es keinen Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt geben würde, brauchte Zeit. Die Mutter einer erwachsenen Tochter jobbte, unter anderem in einem Bioladen, beim Cap-Markt. Ihre Medikamente nahm sie unregelmäßig. Lange ging das nicht gut. „Man denkt dann, es geht wieder - aber es geht nicht“, berichtet Weise. Bei der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten verrichtet sie einfache Arbeiten. „Das ist für mich der passende Platz“, sagte sie gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Arbeit gebe ihr das Gefühl, „etwas zu leisten“.
An einem Nachmittag gibt sie ehrenamtlich einen Englischkurs. Diese Tätigkeit zumindest konnte die Frau, deren Pläne von einer Depression durchkreuzt wurden, von ihrem Lebenstraum retten. Außerdem ist sie nach sechs Aufenthalten in der Psychiatrie beim Gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV) im Landkreis Karlsruhe als „Psychiatrieerfahrene“ tätig. Dem GPV gehört unter anderem das Diakonische Werk im Landkreis Karlsruhe an. Das Netzwerk setzt sich für die Verbesserung und Planung der psychiatrischen Versorgung ein.
Die Tagesstruktur bei der Lebenshilfe und die Mitarbeiter vom Sozialdienst geben Sabine Weise Halt. „Es braucht oft eine lange Zeit, bis die Akzeptanz da ist, dass man nicht mehr voll arbeitsfähig ist“, weiß Wolfgang Stoss vom Sozialdienst. Seit über 30 Jahren betreut er bei der sozialen Einrichtung psychisch kranke Menschen.
„Es gibt viele Personen, die einen Schutzraum brauchen“, sagt Stoss. Eine psychische Erkrankung wie eine Depression könne jeden jederzeit treffen. Ebenso entscheidend wie eine therapeutische Begleitung sei die Unterstützung Betroffener bei der Wiedereingliederung ins Arbeitsleben, so die Stiftung Deutsche Depressionshilfe auf ihrer Website.
„Viele Lebensläufe weisen Brüche auf“, berichtet Stoss. Etwa ein Drittel der Beschäftigten der Lebenshilfe Bruchsal leidet an einer psychischen Erkrankung. Einige wenige schaffen es, auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. „Es braucht zu jeder Zeit eine Begleitung beim Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt“, sagt Stoss. Manch einer komme wieder zurück in den geschützten Raum der Lebenshilfe.
Die Leiterin für berufliche Bildung bei der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten, Katja Pahl, und Jobcoach Lilli Stab begleiten Menschen bei der Wiedereingliederung ins Berufsleben. Die Einstellung von psychisch Erkrankten in einem Betrieb stelle auch für den Arbeitgeber eine Herausforderung dar, betonen sie. „Ich bin froh, dass es solche Arbeitgeber gibt“, sagt Stab. Seelisch behinderte Menschen bräuchten eine stressfreie Umgebung.
Zur Forderung, wegen des aktuellen Fachkräftemangels mehr Menschen mit Behinderung einzustellen, sagt Pahl: „Die Gesellschaft muss die Beschäftigung dieser Menschen mittragen.“ Ihre Kollegin Stab beobachtet „einen vorsichtigen Wandel auf dem Arbeitsmarkt“. Eine Entwicklung, die Betroffenen Mut machen könnte, sich mit ihrer Krankheit nicht zu verstecken.
Berlin (epd). Gleich in der ersten Schicht weinte jemand am Telefon. Es war ein älterer Mann, ganz höflich und zurückhaltend, dem Akzent nach zu urteilen aus Bayern. Seine Frau war vor kurzer Zeit gestorben und er fühlte sich einsam. „Ich habe ihm dann erzählt, dass auch ich alleine bin. Gemeinsam haben wir dann überlegt, wie er in seiner Gemeinde an Kontakt im Seniorenbereich kommen kann.“ Was aus dem Mann geworden ist, ob er die Möglichkeiten genutzt hat, das weiß Evelyne Harder nicht: Das Telefonat war anonym, von ihrer Seite und von seiner - am Ende hatten beide nur einen kurzen Einblick von ihrer beider Leben.
„Silbernetz“ heißt die Einrichtung, für die die 81 Jahre alte Evelyne Harder arbeitet. Nicht nur ältere Menschen sitzen in der Einrichtung in Berlin-Pankow oder im Home Office am Telefon, sondern die verschiedensten Altersklassen: Mehr als 70 Menschen führen hier in Schichten Gespräche - die meisten ehrenamtlich, wie auch Harder. Ein paar Festangestellte gibt es auch. Was das Silbernetz von der Telefonseelsorge unterscheidet: Es richtet sich ausschließlich an ältere Menschen - bundesweit.
Der Ansatz ist pragmatisch. „Unser Angebot lautet: einfach mal reden“, sagt Elke Schilling. Bei schweren Themen würden Anrufer im Zweifel weiterverwiesen an Krisentelefone und andere Einrichtungen. Schilling ist Gründerin und Leiterin des Silbernetzes. 2016 hat sie den Verein gegründet. Den Willen, etwas gegen die verbreitete Einsamkeit ältere Menschen zu unternehmen, hatte sie schon wesentlich länger: Schilling, die heute 78 ist, arbeitete einige Jahre als ehrenamtliche Seniorenvertreterin in Berlin. „Mir wurde schnell klar, dass ich mit dieser Arbeit nur einen Bruchteil der Senioren erreiche“, sagt sie über diese Zeit. Viele Menschen seien schlicht unsichtbar geblieben.
Ein Besuch in Großbritannien brachte sie dann auf ihre Idee: Dort lernte sie die „Silver Line“ kennen, eine Seniorenhotline, die nicht nur so ähnlich heißt wie ihr eigenes Projekt, sondern auch ganz ähnlich funktioniert. „Man erreicht viele Menschen nicht, wenn sie zurückgezogen in ihren Wohnungen leben. Dafür braucht man ganz niedrigschwellige Angebote“, sagt Elke Schilling.
Dass diese Angebot dringend nötig sind, geht etwa aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Links-Fraktion vom Dezember 2022 hervor: Demnach ist die Einsamkeit unter älteren Menschen in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Habe die Einsamkeitsquote unter Menschen ab 85 Jahren vor der Corona-Pandemie 3,51 Prozent betragen, sei sie im Corona-Winter 2021/21 bei 12,45 Prozent gelegen. Das mag eine Ausnahmezahl sein, doch lässt sich in den Statistiken ein kontinuierlicher Anstieg über die Jahre ablesen.
Vor allem wird das Problem der Einsamkeit nicht nur im Individuum gesehen - sondern als gesamtgesellschaftliches betrachtet: „Einsamkeit hat einen negativen Einfluss auf die demokratische Teilhabe, wie die Beteiligung an Wahlen sowie das Vertrauen in politische Institutionen“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung.
Und oft ist ja gar nicht so viel nötig. Häufig sind es einfach die Kleinigkeiten, die einem Menschen das Gefühl von Einsamkeit nehmen, wie Silbernetz-Mitarbeiterin Evelyne Harder erzählt. „Mich rufen auch Menschen an, die einfach sagen wollen: 'Jetzt habe ich gerade die Wohnung geputzt, jetzt dusche ich, nachher gibt es Schnitzel und Kartoffelsalat.' Das Gespräch, wie man es mit Freunden oder den Nachbarn geführt hat, ist ganz wichtig.“ Nicht jeder habe noch Freunde oder Nachbarn - dafür gebe es dann das Silbernetz unter der Nummer 0800 470 80 90.
Berlin (epd). Einer Umfrage zufolge sind fast 70 Prozent der Pflegeeinrichtungen in Deutschland in ihrer Existenz bedroht. Das geht aus Daten hervor, die der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) bei knapp 2.500 Pflegeheimen, ambulanten Diensten und teilstationären Einrichtungen erhoben hat. Präsident Bernd Meurer: „Hier bahnt sich eine Katastrophe für die Gesellschaft an.“
Die Pflegeeinrichtungen seien derzeit erheblichen Kostensteigerungen durch anhaltende Pandemiefolgen, hohe Energiekosten und die Inflation sowie die seit letztem Jahr geltende Tarifpflicht ausgesetzt. Die Kostensteigerungen konnten trotz monatelanger Verhandlungen mit den Kranken- und Pflegekassen nicht überall angemessen refinanziert werden, so der Präsident.
„Diese Belastungen treffen die Einrichtungen in einer Situation, in der der Personalmangel lägst dazu führt, dass Zimmer in Pflegeeinrichtungen nicht belegt werden können oder Pflegedienste ihre Touren zusammenstreichen müssen“, erläuterte Meurer. Die Leidtragenden seien Pflegebedürftige und ihre Familien, die längst nicht mehr selbstverständlich die Versorgung fänden, die sie benötigten.
Meurer warnte auch vor einem Übergreifen der Krise auf andere Branchen: „Wer für die pflegebedürftige Mutter keinen Pflegedienst oder Heimplatz findet, kann selber morgen nicht zur Frühschicht erscheinen.“
Der Verband rief Bund und Länder auf, an zwei Stellen sofort aktiv zu werden: „Die Kostenträger müssen an ihre Pflicht erinnert werden, Kostensteigerungen zu refinanzieren. Hier brauchen wir Moderation von Krisengesprächen durch die Politik“, so Meurer. Vor allem aber setzt Meurer große Hoffnungen in die anstehende Neugestaltung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. „Deutschland braucht deutlich mehr und deutlich schnellere Zuwanderung in die Langzeitpflege. Sonst steuern wir auf eine massive Unterversorgung zu.“
Berlin (epd). Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) rügt die Bundesregierung, weil deren Pläne zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege erneut aufgeschoben würden.„Wir stellen mit großer Enttäuschung fest, dass die längst überfällige Gesamtreform der Pflegeversicherung abermals vertagt wurde“, heißt es in einer Mitteilung vom 7. März.
Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege gebe „keine ausreichenden Antworten auf die drängenden Fragen in der Pflege in einer alternden Gesellschaft“, sagte die Vorsitzende Regina Görner. Vor allem, weil er keine Lösung für eine stabile und sozialverträgliche Finanzierung der steigenden Kosten in der Pflege biete.
In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf mahnt die BAGSO, dass die Finanzsituation der Pflegeversicherung nicht allein durch Beitragserhöhungen verbessert werden könne. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, sehe der Referentenentwurf keine Entlastungen auf der Ausgabenseite vor. So sei ursprünglich geplant gewesen, die Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen herauszunehmen und Rentenbeiträge für pflegende Angehörige aus Steuermitteln statt aus der Pflegeversicherung zu bezahlen.
Auch wurden keine Regelungen getroffen, um der Kommerzialisierung der Pflege Grenzen zu setzen, so die Kritik. „Die Pflege hat sich zunehmend zu einem lukrativen Markt entwickelt, in dem Wirtschaftlichkeitsaspekte und Renditeerwartungen der Investoren immer stärker die entscheidende Rolle spielen“, sagte Görner. Sie sehe mit großer Sorge, dass auf diese Weise Pflegeversicherungsbeiträge und Fördermittel nicht den Pflegebedürftigen und ihrer Pflege zugutekommen, sondern in falsche Kanäle flössen.
Die BAGSO begrüßt die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen für mehr Transparenz in der Arbeit des Qualitätsausschusses Pflege, ebenso die geforderte Stärkung der Arbeit der auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen, die die Interessen pflegebedürftiger und behinderter Menschen im Ausschuss vertreten.
Bonn (epd) Aus der Sicht des BIVA-Pflegeschutzbundes geht der Entwurf des Hinweisgeber-Schutzgesetzes der Bundesregierung nicht weit genug. „Missstände im Pflegebereich können fast nur durch Whistleblower, also Hinweisgeber, ans Tageslicht gelangen“, heißt es in einer Mitteilung vom 3. März. Deshalb setze sich die Organisation für eine Stärkung ihrer Rechte in diesem Sektor ein.
Menschen in Alten- und Pflegeheimen seien meist zu hilflos, um Missstände selbst anzuprangern. Die offiziellen Kontrollen reichten nicht aus. Selbst Angehörigen fehle es an Möglichkeiten, Missstände tatsächlich nachzuweisen. Viele erschütternde Versäumnisse in der Pflege bleiben nach Ansicht des BIVA-Pflegeschutzbundes unentdeckt und ungestraft, weil sich das Pflegepersonal vor Sanktionen durch den Arbeitgeber fürchten muss, wenn es die erkannten Mängel meldet und öffentlich macht.
„Das Gesetz hätte die Möglichkeit, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, um den immer wieder beklagten Missständen in der Pflege entgegenzutreten“, sagte BIVA-Vorsitzende Manfred Stegger. Der Pflegeschutzbund kritisiert, dass der Gesetzentwurf lediglich vorsieht, Meldungen von eindeutigen Rechtsverstößen zu schützen. Meldungen von sonstigem Fehlverhalten, etwa ethisch fragwürdigen Handlungen oder erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle von Rechtsverstößen, wären auch weiterhin nicht schutzwürdig.
Pflegekräfte seien keine juristischen Fachleute und könnten nicht ohne weiteres unterscheiden, ob es sich „nur“ um einen Missstand handelt oder einen tatsächlichen Rechtsverstoß. „Sie werden daher weiterhin eher schweigen, als sich mit dem Arbeitgeber anzulegen und persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen“, so Stegger.
Kritik übt der BIVA-Pflegeschutzbund auch daran, dass das geplante Gesetz nur für Unternehmen gilt, die mehr als 50 Personen beschäftigen. Viele kleinere Heime werden daher aus der Regelung herausfallen. „Wir fordern die Verantwortlichen auf, diese offenkundigen Mängel im Gesetzentwurf rechtzeitig zu beheben“, betont Stegger.
Marl, Gelsenkirchen (epd). Zwei traditionsreiche katholische Klinik- und Pflegeträger wollen fusionieren. Aus der Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH (KKRN) und der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH wird nach einer Mitteilung vom 2. März die KERN Katholische Einrichtungen Ruhrgebiet Nord GmbH GmbH. Beide Verbünde werden sich in einer Holding-Struktur gemeinsam aufstellen - vorausgesetzt, die kartellrechtlichen Prüfungen lassen das wie geplant zu.
Ziel der Dachgesellschaft mit rund zwanzig lokalen und fachlich spezialisierten Betriebsgesellschaften in den Bereichen Krankenhäuser und Medizinische Versorgungszentren, Pflege, Kindergärten und stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe wird es sein, „vorhandene Stärken zu bündeln, diese zukunftsfähig auszubauen und im geschäftlich-operativen Bereich Synergien zu entwickeln“, heißt es in der Erklärung.
Propst Markus Pottbäcker, Vorsitzender des Verwaltungsrates der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH, sagte, mit dem eingeschlagenen Weg sollten „die vorhandenen Traditionen und die praktizierte Spitzenmedizin verbunden, weiterentwickeln und die lokale medizinische Versorgung gestärkt werden“.
Es werde ein Kompetenzverbund rund 7.500 Mitarbeitenden an über 30 Standorten entstehen. Das wäre im Bereich Medizin, Pflege und Pädagogik einer der größten Arbeitgeber in der Region Ruhrgebiet.
Matthias Feller, Vorsitzender des Aufsichtsrates der KKRN GmbH, sagte, Ziel sei es, weiterhin eine ortsnahe und qualitativ hochwertige Versorgung zu bieten. Wir möchten uns auch zukünftig an christlichen Werten orientieren und uns als leistungsstarker, konfessioneller Träger auch im Wettbewerb um die besten Fachkräfte positionieren." Die Fusion sei ein Beitrag zum Erhalt der katholischen Trägerlandschaft in den Bereichen Medizin, Pflege und Pädagogik.
Bischofswiesen (epd). Das Diakoniewerk Hohenbrunn in Bischofswiesen (Kreis Berchtesgadener Land) ist jetzt eine Tochtergesellschaft der Münchner Augustinum-Gruppe. Die rechtliche Übernahme des evangelischen Insula-Campus mit seinen rund 270 Beschäftigten sei damit abgeschlossen, teilte das Augustinum am 6. März mit.
Die Übernahme sei für die Mitarbeitenden ein Gewinn, erklärte die Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, Inge Aschauer. Augustinums-Vorsitzender Joachim Gengenbach betonte, man wolle die Angebote in Bischofswiesen „weiter professionalisieren und Impulse für die soziale Versorgung in der Region setzen“. Das ehemalische Diakoniewerk firmiert jetzt unter dem Namen Augustinum Berchtesgadener Land.
Bereits Ende 2021 hatten Diakoniewerk und Augustinum-Gruppe die Übernahme angekündigt. Zuvor schrieb die Einrichtung in Bischofswiesen den Angaben zufolge längere Zeit Verluste und suchte nach einer neuen Trägerschaft.
Die Augustinum-Gruppe betreibt bislang bundesweit unter anderem 23 Seniorenresidenzen, eine Fachklinik für Innere Medizin sowie zahlreiche heilpädagogische Einrichtungen. Der Insula-Campus in Bischofswiesen beherbergt Pflegeheim und Tagespflege, einen ambulanten Pflegedienst, Pflegeschule, betreutes Wohnen, Kinderkrippe und Kindergarten sowie Wohngruppen der Jugendhilfe und Kurbetrieb.
Kassel (epd). Krankenhäusern steht für eine erforderliche und fehlerfrei vorgenommene Organtrans-plantation auch eine Vergütung zu. Selbst wenn ein Transplantationschirurg zuvor die Patientendaten eines Versicherten rechtswidrig so manipuliert hat, dass er auf der Warteliste für ein Spenderorgan als besonders dringlich eingestuft und bevorzugt operiert wurde, darf die Krankenkasse die Vergütung nicht verweigern, urteilte am 7. März das Bundessozialgericht (BSG) zum sogenannten Göttinger Transplantationsskandal. Denn maßgeblich für den Vergütungsanspruch ist allein, dass die Transplantation medizinisch erforderlich war und die Behandlungsqualität eingehalten wurde; nicht aber, ob das Spenderorgan rechtmäßig verteilt wurde, betonten die Kasseler Richter.
Anlass des Rechtsstreits waren Auffälligkeiten am Göttinger Uniklinikum bei Lebertransplantationen. Nach einem anonymen Hinweis im Juli 2011 stellte das Uniklinikum fest, dass der von Oktober 2008 bis Ende 2011 beschäftigte Leiter der Transplantationschirurgie Blutwerte von Patienten so manipuliert hatte, dass die Versicherten auf der Warteliste der Organverteilungsstelle „Eurotransplant“ als besonders dringlich eingestuft wurden. 25 Patienten hatten so vorrangig vor anderen Kranken eine Spenderleber erhalten.
Die im niederländischen Leiden ansässige Eurotransplant-Stiftung hat die Aufgabe, die knappen Spenderorgane unter Patientinnen und Patienten möglichst gerecht zu verteilen. Für jeden Patienten, der ein Spenderorgan benötigt, wird auf Grundlage medizinischer Daten ein Score-Wert ermittelt, der die Dringlichkeit einer Organtransplantation anzeigen soll. Je dringlicher eine Transplantation ist, desto eher rutschen die betroffenen Patienten auf der Warteliste für ein Organ nach oben. Insgesamt acht Länder, darunter Deutschland, Belgien, die Niederlande und Ungarn, nehmen an diesem System teil.
Wegen manipulierter Patientendaten bei der Meldung eines Organspendebedarfs hatte die Staatsan-waltschaft Göttingen dem Chirurgen unter anderem in elf Fällen versuchten Totschlag vorgeworfen. Denn indem er „seine“ Patienten auf der Warteliste hochstufen ließ, mussten andere, die das Organ dringlicher brauchten, sterben.
Der Bundesgerichtshof sprach den Arzt allerdings frei, weil er Gesundheitsschäden oder den Tod von Patienten nicht in Kauf genommen habe. Die Manipulation von Patientendaten sei damals auch nicht strafbar gewesen.
Auch wenn strafrechtlich der Transplantationsarzt nicht belangt wurde, sollte im konkreten Streitfall zumindest das Uniklinikum büßen. Die Krankenversicherungen hatten die Lebertransplantationen zwar bezahlt. Allerdings forderte dann die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) für zwei Transplantationen rund 157.000 Euro von der Uniklinik zurück.
Die Lebertransplantationen seien aufgrund bewusster Falschangaben erfolgt. Es lägen damit Verstöße gegen das Transplantationsgesetz vor, das Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit unter allen Patienten verlange, die ein Spenderorgan brauchen. Auch wenn die zwei betroffenen Versicherten tatsächlich eine neue Leber benötigten, seien die Leistungen wegen der suggerierten höheren Dringlichkeit der Transplantationen rechtswidrig zustande gekommen. Damit entfalle der Vergütungsanspruch, so die Krankenkasse.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen urteilte am 18. Januar 2022, dass das Klinikum die Vergütung von der KKH verlangen kann. Die Transplantationen seien medizinisch erforderlich gewesen. Unzutreffende Angaben gegenüber „Eurotransplant“ ließen den Vergütungsanspruch nicht entfallen.
Dem folgte nun auch das BSG. Maßgeblich für den Vergütungsanspruch sei, dass die Lebertransplantationen medizinisch erforderlich waren und nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgten. Ein Verstoß gegen das Qualitätsgebot, das sich auf die Vergütung auswirken könne, habe mit den manipulierten Patientendaten hier nicht vorgelegen. So dienten die Eurotransplant-Regelungen der Verteilung von Spenderorganen und nicht der Qualitätssicherung. Zwar habe der behandelnde Transplantationschirurg mit der Manipulation der Patientendaten gegen das Transplantationsgesetz verstoßen. Dem komme jedoch „keine Vergütungsrelevanz zu“, weil die Qualität der Behandlung eingehalten wurde.
Der Gesetzgeber habe 2013 und damit nach den Vorfällen die Manipulation von Patientendaten für Organtransplantionen zwar unter Strafe gestellt, der Vergütungsanspruch für erfolgte Transplantationen sei dabei aber nicht ausgeschlossen worden, stellten die obersten Sozialrichter fest.
Az.: B 1 KR 3/22 R (Bundessozialgericht Transplantationsskandal)
Az.: 5 StR 20/16 (Bundesgerichtshof)
Az.: L 16/4 KR 506/19 (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen)
Karlsruhe (epd). Ein Jobcenter darf wegen eines krankheitsbedingt zu spät eingelegten Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid diesen nicht einfach wegen Fristversäumnis ablehnen. Auch wenn die Krankheit erst am letzten Tag der Einspruchsfrist vom Arzt attestiert wurde und der betroffene Bürger deshalb nicht rechtzeitig seinen Einspruch einreichen konnte, sei dies kein Grund für eine Ablehnung, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 6. März veröffentlichten Beschluss. Andernfalls werde der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, erklärten die Karlsruher Richter.
Im Streitfall hatte das Jobcenter im Landkreis Diepholz einem Hartz-IV-Bezieher ein Bußgeld von 500 Euro aufgebrummt, da dieser gegen seine Mitteilungspflichten verstoßen hatte. Doch am letzten Tag der Einspruchsfrist, am 12. Februar 2018, erkrankte der Mann an einem grippalen Infekt. Ein Arzt bescheinigte ihm, dass er bis 14. Februar 2018 „verhandlungs- und reiseunfhähig“ sei. Damit sein zu spät eingelegter Einspruch dennoch berücksichtigt wird, beantragte der Hartz-IV-Bezieher eine „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“.
Das Jobcenter lehnte ab. Der Mann habe noch nicht einmal begründet, warum er nicht vorher schon den Einspruch eingelegt hat. Dies rügte auch das Amtsgericht Diepholz.
Doch der Hartz-IV-Bezieher wurde laut Bundesverfassungsgericht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er seine volle Einspruchsfrist nicht ausschöpfen konnte. Bürger können sich demnach für einen Einspruch auch bis zum letzten Tag Zeit lassen. Werden sie dann krank, ist ihnen „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ zu gewähren.
Der entsprechende Antrag müsse dann innerhalb einer Woche nach Ende der Erkrankung gestellt werden, erklärten die Verfassungsrichter. Das Amtsgericht muss nun neu über den Antrag des Beschwerdeführers entscheiden.
Az.: 2 BvR 653/20
Kassel (epd). Ein Krankenhaus muss für die ungerechtfertigte Verlegung eines Patienten in eine andere Klinik für die angefallenen Kosten Schadensersatz an die Krankenkasse zahlen. Nur wenn die Verlegung sachlich begründet ist, etwa weil die Versorgung eines Patienten in einer Klinik der Maximalversorgung nicht mehr benötigt wird und die dortigen Versorgungskapazitäten für andere Patienten gebraucht werden, ist die Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus der niedrigeren Stufe gerechtfertigt, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 8. März bekanntgegebenen Urteil.
Im konkreten Fall ging es um eine Patientin, die vom 16. bis 18. Mai 2017 im Uniklinikum Jena wegen eines Herzinfarktes vollstationär behandelt wurde. Am 18. Mai wurde die Frau in ein wohnortnahes Krankenhaus verlegt und dort bis zum 26. Mai weiterbehandelt.
Das Uniklinikum berechnete der Krankenkasse der Versicherten, der IKK gesund plus, für die Behandlung 4.319 Euro. Dabei wurde auch ein Verlegungsabschlag in Höhe von 1.657 Euro berücksichtigt. Das wohnortnahe Krankenhaus berechnete schließlich 2.806 Euro.
Die Krankenkasse hielt die Rechnung des Uniklinikums für falsch. Die Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus sei gar nicht nötig gewesen, so die Begründung. Ohne die Verlegung hätte die Krankenkasse insgesamt für die stationäre Behandlung 1.147 Euro weniger bezahlen müssen.
Das klagende Uniklinikum hielt seine Abrechnung für korrekt und verlangte für die Prüfung der Rechnung zusätzlich zu den von der Krankenkasse einbehaltenen 1.147 Euro weitere 300 Euro als Aufwandspauschale.
Das BSG verwies das Verfahren an das Landessozialgericht (LSG) Erfurt zurück. Dem Uniklinikum habe die Vergütung zwar zugestanden. Allerdings komme ein Schadensersatzanspruch der Krankenkasse in Betracht. Das LSG müsse noch einmal prüfen, ob die Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus wirklich notwendig war. Solch eine Verlegung sei trotz der damit verbundenen Vergütungsabschläge beider Krankenhäuser regelmäßig mit höheren Behandlungskosten verbunden. Daher bedürfe es für die Verlegung eines „sachlichen Grundes“.
Das könnten zwingende medizinische und auch in der Person des Patienten liegende Gründe und zudem übergeordnete Motive „der Sicherstellung einer patienten- und bedarfsgerechten Versorgung mit Krankenhäusern“ sein. Werde etwa die Verlegung eines in einem Krankenhaus der Maximalversorgung behandelten Versicherten in ein Krankenhaus einer niedrigeren Stufe veranlasst, könne das gerechtfertigt sein, wenn der Platz in dem ersten Krankenhaus für andere Patienten benötigt wird. Für eine Verlegung brauche es dagegen keines sachlichen Grundes, wenn damit keine höheren Kosten verbunden sind, befand das BSG.
Az.: B 1 KR 4/22 R
Kassel (epd). Jobcenter müssen bedürftigen Schülerinnen und Schülern die Kosten für ein einwöchiges Zirkusprojekt auf dem Schulgelände bezahlen. Die Auslagen seien wegen des Anspruchs auf „gleichberechtigte Teilhabe an Bildung“ zu erstatten, urteilte am 8. März das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Weil das Zirkusprojekt auf dem Schulgelände als ein „Lernen an einem anderen Ort“ anzusehen sei, sei es mit einem Schulausflug vergleichbar, für dessen Kosten das Jobcenter grundsätzlich aufkommen müsse.
Im konkreten Fall ging es um eine zum Streitzeitpunkt siebenjährige Grundschülerin im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Sie erhielt 2018 mit ihrer alleinerziehenden Mutter Hartz-IV-Leistungen. Als die Schule ein einwöchiges Zirkusprojekt mitsamt Zirkuszelt auf dem Schulgelände veranstaltete, sollte die Schülerin zehn Euro für anfallende Kosten bezahlen.
Die Schülerin verlangte das Geld vom Jobcenter zurück. Bei dem Zirkusprojekt auf dem Schulgelände handele es sich quasi um einen Schulausflug. Zwar habe der Gesetzgeber nicht genau erläutert, was ein Schulausflug sei. Letztlich sei aber eine schulische Maßnahme außerhalb des regulären Schulbetriebs gemeint.
Das Jobcenter lehnte die Erstattung der zehn Euro ab. Zwar müssten die Kosten für einen Schulausflug übernommen werden. Das setze aber voraus, dass der Ausflug an einem anderen Ort und nicht auf dem Schulgelände stattfindet.
Das BSG sprach der Schülerin indes die Kostenerstattung zu. Der Gesetzgeber habe nicht definiert, was er unter einem Schulausflug verstehe. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung hätten Schüler Anspruch auf „gleichberechtigte Teilhabe an Bildung“. Jobcenter müssten die typischen schulischen Bedarfe decken. Bei einem „Lernen an einem anderen Ort“ komme die Kostenerstattung infrage, selbst wenn dies auf dem Schulgelände stattfindet. Voraussetzung sei, dass es sich um eine von der Schule organisierte Veranstaltung handelt, die auch als Schulausflug stattfinden könnte. Dies treffe auf das Zirkusprojekt zu. Identische Regelungen zur Kostenübernahme bei Schulausflügen gibt es auch beim Anfang 2023 eingeführten Bürgergeld.
A.: B 7 AS 9/22 R
Mannheim (epd). Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat mit einer Grundsatzentscheidung Deutschland zu einem Abschiebestopp nach Afghanistan unter bestimmten Bedingungen verpflichtet. Ein junger, alleinstehender und erwerbsfähiger Afghane dürfe nicht in dieses Herkunftsland abgeschoben werden, wenn er dort kein soziales Netzwerk vorfinde, teilte der VGH am 7. März in Mannheim mit. Wenn die elementarsten Bedürfnisse - „Bett, Brot, Seife“- nicht über einen absehbaren Zeitraum befriedigt werden könnten, greife ein nationales Abschiebeverbot, auch wenn die betreffende Person weder Flüchtlingseigenschaften noch Anspruch auf subsidiären Schutz habe, befand das Gericht.
Der VGH erkannte dem gegen seine Abschiebung klagenden Mann weder die eingeklagte Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz zu. Jedoch seien derzeit - nach der Machtübernahme der Taliban - angesichts der prekären Lebensverhältnisse in Afghanistan selbst im Fall eines leistungsfähigen, erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen die hohen Anforderungen eines nationalen Abschiebungsverbots regelmäßig erfüllt.
Eine Abschiebung wäre nur möglich, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan tatsächlich „ein tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk hat, er hinreichende finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfährt oder über ausreichendes Vermögen verfügt“.
Das sei im Fall des Klagenden nicht gegeben. Daher sei die Bundesrepublik Deutschland vom VGH mit dem Urteil verpflichtet worden, festzustellen, dass zugunsten des Klägers ein nationales Abschiebeverbot besteht, hieß es in der Mitteilung. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Die Nicht-Zulassung der Revision kann noch durch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden.
Az.: A 11 S 1329/20
Berlin (epd). Amal Abbass hat den Berliner Frauenpreis erhalten. Die gebürtige Dresdnerin mit sudanesischen Wurzeln wurde mit dem mit 5.000 Euro dotierten Preis für ihren jahrelangen Einsatz für die Gleichstellung von Frauen und den Kampf gegen Mehrfachdiskriminierungen geehrt, wie die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung mitteilte. Überreicht wurde Abbass die Auszeichnung bei einer Festveranstaltung im Roten Rathaus am Vorabend des Internationalen Frauentags am 8. März.
Die Psychologin setze sich seit Jahrzehnten für Frauen ein, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität besonderen benachteiligt werden, erklärte Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote (Grüne). Mit ihren Netzwerken trage sie aktiv zu mehr Gleichberechtigung in der Stadt bei. Schon in den 1990er-Jahren habe sie Debatten über Rassismus, Queerfeindlichkeit und Sexismus ausgelöst und sich zivilgesellschaftlich engagiert. „Diesen unermüdlichen Einsatz wollen wir mit dem Berliner Frauenpreis 2023 würdigen und wertschätzen“, erklärte Gote.
Aktuell unterstütze Abbass unter anderem Schwarze Frauen, die aus der Ukraine fliehen mussten. Dazu hat sie zusammen mit anderen das Unterstützungsnetzwerk „Tubman Network“ aufgebaut. Der Berliner Frauenpreis wird seit 1987 vergeben. Neben dem Preisgeld erhalten die Träger auch eine Skulptur der Bühnenplastikerin Esther Janshen.
Andreas Gassen bleibt Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Sein Stellvertreter heißt weiter Stephan Hofmeister. Neu ins Führungsteam wählte die Vertreterversammlung Sibylle Steiner. Gassen leitet die KBV seit 2014. Er ist niedergelassener Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Rheumatologie in einer Gemeinschaftspraxis in Düsseldorf. Hofmeister ist seit dem Jahr 2017 Vize-Vorstand. Der Allgemeinmediziner praktizierte von 1999 bis 2013 als niedergelassener Hausarzt in Hamburg. Von 2014 bis 2017 war er stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Sibylle Steiner ist seit 2008 bei der KBV. Bis 2013 leitete sie die Abteilung Arzneimittel. Von 2013 bis 2023 war sie Dezernentin im Dezernat Ärztliche und veranlasste Leistungen. Zwischenzeitlich leitete sie außerdem die bereichsübergreifende Corona-Pandemie-Task Force.
Frank Zils wird zum 1. September 2023 neues Mitglied der Geschäftsführung der bundesweiten BBT-Gruppe. Er übernimmt die Verantwortung für die Bereiche Personal, christliche Unternehmenskultur und Unternehmenskommunikation. Andreas Latz wird weiterhin die Position als Geschäftsführer Finanzen und Werner Hemmes als Geschäftsführer Recht ausüben. Seit 2005 übernahm Zils verschiedene Personalaufgaben für den weltweit tätigen US-amerikanischen Pharmazie-, Medizintechnik- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson, so auch als Gesamtverantwortlicher Personalleiter in Deutschland und Österreich und als Gesamtleiter Personalservice für Europa. Die BBT-Gruppe gehört mit über 100 Einrichtungen zu den großen christlichen Trägern von Krankenhäusern und Sozialeinrichtungen in Deutschland und hat fast 14.000 Mitarbeitende.
Barbara Baltus (59) wird neue Oberin der DRK Schwesternschaft Rheinpfalz-Saar. Die Pflegedirektorin des DRK Krankenhauses Saarlouis und bisherige Erste Stellvertretende Vorsitzende der Schwesternschaft übernimmt ab April die Amtsgeschäfte im Mutterhaus in Neustadt an der Weinstraße. Baltus tritt die Nachfolge von Heike Diana Wagner an, die Ende vergangenen Jahres ihr Amt niedergelegt hatte und zur Badischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz in Karlsruhe gewechselt war. Zur Gemeinschaft zählen über 500 Mitglieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Pflege- und Pflegeausbildungseinrichtungen.
Brigitte Tilmann, ehemaliges Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, ist tot. Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung, Kerstin Claus, würdigte ihren langjährigen Einsatz für Missbrauchsopfer. Seit mehr als zehn Jahren habe sich die Juristin und Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt a. D. unermüdlich für Betroffene eingesetzt. Tilmann wurde 2016 als eines von sieben Mitgliedern in die Unabhängige Kommission berufen. Zuvor war die Juristin an zwei wichtigen Projekten zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland beteiligt: die Aufklärung der Missbrauchsfälle in der Odenwaldschule und an der Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt. Dafür wurde ihr 2020 der Hessische Verdienstorden verliehen.
Charlotte Ramb ist neue Chefärztin des Bereichs Psychiatrie und Psychotherapie am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf. Sie übernimmt die Aufgabe von Farah Rostami, die den Bereich ein Jahr lang kommissarisch geleitet hat. Ramb hat zuvor mehr als 20 Jahre in der Asklepios Klinik Nord-Ochsenzoll gearbeitet. Ab 2013 war sie dort leitende Oberärztin in der Klinik für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen.
Marita Fabritius ist neue Oberärztin im Team der Fachabteilung Gastroenterologie der Augustinum Klinik München. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin sowie Fachärztin für Gastroenterologie und verfügt über die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. Nach Studium und Promotion an der LMU und TU München war sie zunächst im Klinikum Dritter Orden in München tätig. Zuletzt war Fabritius Oberärztin in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Onkologie im Klinikum Landsut-Achdorf.
Matthias Henrichsen-Schrembs (51) ist neuer Geschäftsführer des DRK-Kreisverband Herne und Wanne-Eickel. Er folgt auf Martin Krause, der den Verband im November 2022 verlassen hat. Henrichsen-Schrembs ist seit 20 Jahren in der Wohlfahrtsarbeit tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF). Davor hat er als Fachbereichsleiter Beratung und Jugendhilfe im Zusammenschluss von Caritas und SkF in Essen gearbeitet.
Aleit-Inken Fladausch-Rödel hat die Geschäftsleitung im Diakonischen Werk im Main-Tauber-Kreis übernommen. Sie war zuvor geschäftsführende Vorsitzende eines Bildungsträgers in der Stadt München. Davor leitete Fladausch-Rödel in Bayern ein Kinderdorf mit ambulanten Familienhilfen, stationären Angeboten sowie Frühen Hilfen. Die neue Geschäftsführerin hat Wirtschaftswissenschaften, Sozialpädagogik und Kriminologie studiert.
15.3. München:
Seminar „Neues vom Bundesarbeitsgericht“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 089/24220
17.-19.3.:
Online-Seminar „Konflikte souverän online beraten“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
23.3. Freiburg:
Seminar „Die Änderung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 0761/38510
23.3. Berlin:
Seminar „Asyl- und Aufenthaltsrecht für junge Geflüchtete“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/275828227
23.-24.3.:
Digital-Seminar „Handlungsfelder für eine zukunftsorientierte kommunale Wohnungspolitik“
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980-419
27.3.:
Online-Seminar „Flucht und Behinderung - Rechtliche Möglichkeiten in der Flüchtlings- und Behindertenhilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
28.3. Witten:
Seminar „Ein Team leiten - Basiswissen für eine erfolgreiche Teamleitung“
der Paritätischen Akademie NRW
Tel.: 0202/2822230
29.3. Köln:
Seminar „Strategieentwicklung für Träger von ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten - neue Rahmenbedingungen erfordern Anpassungen im Denken und Auftreten“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/98817-159
29.3.:
Online-Schulung „Sozialdatenschutz in der Online-Beratung - kompakt“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/2001700
April
19.4. Köln:
Seminar „Konfliktmanagement im Arbeitsverhältnis - vom Personalgespräch über die Abmahnung bis zur Kündigung“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221.98817.159
19.-20.4.:
Online-Seminar „Grundlagen 'Positive Führung' - wertschätzend und zukunftsorientiert führen“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/2758282-15
24.-25.4.:
Online-Seminar „Die Anwendung der ICF in der Hilfeplanung“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-476
24.-26.4.:
Online-Seminar „Die Schnittsstelle Eingliederungshilfe - Pflege gestalten“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 0172/3012819
24.-26.4. Freiburg:
Seminar „Die Kunst, erfolgreich Gespräche mit Mitarbeiter:innen zu führen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/2001700