sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

das politische Gezerre um die Kindergrundsicherung ist um ein Kapitel reicher. Dass Familienministerin Paus 5.000 neue Stellen bei der Familienkasse fordert, um die neuen Hilfen möglichst unbürokratisch zugänglich zu machen, sorgt für neuen Ampelstreit. Doch längst geht es nicht mehr um Details im Gesetzentwurf, sondern es erscheint zunehmend fraglich, ob das grüne Vorzeigeprojekt überhaupt noch kommt. Die Sozialverbände sind alarmiert und fordern von der Politik, das Kernprojekt zum Kampf gegen Kinderarmut endlich voranzubringen. „Es geht darum, wie die Bundesregierung die skandalös hohe Kinderarmutsquote in Deutschland spürbar senken kann“, sagte Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Aus der Sicht der Caritas besteht in der Refinanzierung der professionellen Pflege akuter Handlungsdruck: „Viele Träger in der Sozialwirtschaft stehen finanziell und personell unter hohem Druck. Grundsätzlich haben sich die Insolvenzen in NRW im Jahre 2023 verfünffacht im Vergleich zum Jahr zuvor“, sagte Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz aus Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bürokratie müsse abgebaut und die Entgeltverhandlungen beschleunigt werden. Für die Zwischenzeit kann laut Hopfenzitz eine Lösung der Finanzprobleme in der Gewährung höherer Pauschalen liegen.

Will man es salopp formulieren, dann ist bei der staatlichen Finanzierung der Freiwilligendienste die Kuh erst mal vom Eis. Wäre es zu den zunächst für 2024 geplanten massiven Kürzungen bei den Freiwilligendiensten gekommen, hätte bis zu einem Drittel der rund 650 Stellen bei der Diakonie Hessen auf der Kippe gestanden, sagt Ingrid Pontzen, die Pädagogische Leiterin der Freiwilligendienste, im Interview mit epd sozial. Doch so kam es nicht. Dennoch fehle weiter Geld im System: „Die finanzielle Absicherung der Dienste für 2025 ist weiter offen.“

Alleinerziehende sind bei ausbleibenden Kindesunterhaltszahlungen oft auf einen staatlichen Unterhaltsvorschuss angewiesen. Teilen sich getrennt lebende Eltern die Kindesbetreuung aber auf, besteht ein Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss nur dann, wenn der beantragende Elternteil sich zu mehr als 60 Prozent der tatsächlichen Betreuungszeit selbst um das Kind kümmert. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am 21. März veröffentlichten Urteil entschieden.

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Ihr Dirk Baas




sozial-Politik

Armut

Kindergrundsicherung: Ampel streitet nicht nur über 5.000 neue Behördenstellen




Der Streit über die geplante Kindergrundsicherung geht in die nächste Runde.
epd-bild/Detlef Heese
Die Ampel will Kinderarmut effektiver bekämpfen. Doch wie das geschehen soll, ist offen. Zur Auszahlung der geplanten Kindergrundsicherung will Familienministerin Paus 5.000 neue Behördenstellen schaffen. Die FDP hält das für völlig unrealistisch. Sozialverbände dagegen nicht.

Berlin (epd). Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Ulrich Schneider, hält es für den richtigen Ansatz, 5.000 neue Stellen bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu schaffen, um die geplante Kindergrundsicherung zügig auszahlen zu können. Die Behörde solle dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürgern Arbeit abgenommen werde. Das sei für ihn das Gegenteil von Bürokratie, sagte Schneider am 3. April im „Deutschlandfunk“.

Das Problem mit der Behörde sei für ihn aber zweitrangig, betonte Schneider. Die Kindergrundsicherung komme bislang nicht, „weil sie Geld kostet“, sagte er und forderte, bis zur Einführung samt Verwaltungsreform die Regelsätze für Kinder im Bürgergeld zu erhöhen, um Kinderarmut zu bekämpfen.

Regelsätze im Bürgergeld seien „lausig“

Die Sätze seien derzeit „lausig“: „Mit 350 Euro bekommt man kein Kind über den Monat und mit vier Euro bekommt man kein Schulkind am Tag ernährt.“ Nach Berechnungen seines Verbands müsste man vier bis fünf Milliarden Euro auf den Weg bringen, um Kinderarmut zu bekämpfen, sagte Schneider.

Aus der FDP kam erneut Widerstand gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarte Sozialreform, die Leistungen für Kinder bündeln und deren Beantragung deutlich vereinfachen und eigentlich auch automatisieren soll. Längst geht es dabei um Grundsätzliches.

Auf Kritik stößt bei den Liberalen vor allem, dass Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) dafür eine neue Behörde, den Familienservice, schaffen will. Die Liberalen befürchten neue Bürokratie. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte dazu gesagt: „Die Vorstellung, dass der Staat eine 'Bringschuld' bei Sozialleistungen habe, finde ich verstörend - erst recht, wenn dafür 5.000 neue Staatsbedienstete eingestellt werden müssen.“

Die FDP warf der Familienministerin vor, noch keinen verhandlungsfähigen Vorschlag vorgelegt zu haben. „Warum die Familienministerin an illusorischen Forderungen festhält, die nicht umsetzbar sind, weiß nur sie“, sagte FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer.

Bundesagentur für Arbeit nannte in Anhörung über 5.300 nötige Stellen

Die Zahl von 5.000 neuen Stellen stammt indes nicht aus dem Familienministerium, sondern von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die hatte bei einer Anhörung im Familienausschuss des Bundestages im November vergangenen Jahres die Zahl von 5.355 neuen Vollzeitstellen errechnet, die gebraucht würden, um die Kindergrundsicherung umzusetzen - was jedoch bis 2025 unmöglich sei.

Der SPD-Sozialpolitiker Rosemann räumte am 4. April im Deutschlandfunk ein, dass es bei der Kindergrundsicherung „in der Tat“ um Bürokratieabbau gehe. Gleichwohl seien „neue Strukturen erforderlich“, zum Beispiel für Beratung. „Dafür gibt es natürlich einen gewissen personellen Aufwand“, sagte der Sprecher für Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion. Die Zahl von 5.000 Stellen sei Gegenstand von Verhandlungen, erklärte Rosemann weiter. Ob die Kindergrundsicherung wie geplant im nächsten Jahr eingeführt werde, bezweifelte der SPD-Politiker: „Ich würde mich darauf nicht festlegen.“

2028 könnten knapp sechs Milliarden Euro nötig sein

Die Kindergrundsicherung soll 2025 eingeführt werden, gilt als die größte Sozialreform der Ampel-Koalition und soll das Kindergeld, den Kinderzuschlag für einkommensarme Familie sowie die Sozialleistungen für Kinder bündeln. Das Gesetz von Familienministerin Paus wird derzeit im Bundestag beraten, war aber schon vor der Beratung im Bundeskabinett im vergangenen September innerhalb der Koalition umstritten, vor allem hinsichtlich der Finanzierung. Für 2025 sollen 2,4 Milliarden Euro mehr im Haushalt des Bundesfamilienministeriums eingestellt werden. Paus geht davon aus, dass bei einer Inanspruchnahme von 80 Prozent im Jahr 2028 die Kindergrundsicherung insgesamt knapp sechs Milliarden Euro kostet.

Die Ministerin hatte kürzlich die geplanten 5.000 neuen Behördenstellen für die Auszahlung der Leistung mit einer „Bürokratieentlastung für die Bürger“ und einer „Bringschuld des Staates“ begründet. Im Moment trügen die Bürgerinnen und Bürger bei Anträgen die Bürokratielast und müssten von einer Stelle zur nächsten rennen.

Kinderhilfswerk: Zentrales Anliegen gerät aus dem Blick

„In der Diskussion um die Kindergrundsicherung gerät das zentrale Anliegen zusehends aus dem Blick. Es geht nämlich darum, wie die Bundesregierung die skandalös hohe Kinderarmutsquote in Deutschland spürbar senken kann und was bei den Kindern und ihren Familien von den ihnen zustehenden Sozialleistungen tatsächlich ankommt“, sagte Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Es könne nicht sein, dass die von Armut betroffenen Familien und ihre Kinder im Behördendickicht auf der Strecke blieben, wie das bisher beispielsweise beim Kinderzuschlag oder beim Bildungs- und Teilhabepaket viel zu oft der Fall sei. „Deshalb braucht es mehr Beratung und Hilfestellungen, die nicht allein von den Sozialverbänden gestemmt werden können. Und bei mehr Anspruchsberechtigten, die die ihnen zustehenden Leistungen dann auch tatsächlich beantragen, braucht es natürlich auch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Behörde, die diese Anträge bearbeiten und bewilligen. Wie viele das dann sein müssen, ist keine Frage, die wir als Kinderrechtsorganisation beantworten können, sondern eine Frage an Legislative und Exekutive“, stellte Hofmann klar.

AWO vermisst „praxistaugliches Konzept“ zur Umsetzung

Ganz allgemein, ohne die Zahl der neuen Stellen zu kommentieren, heißt es bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO): „Langfristiges Ziel muss eine möglichst automatische Auszahlung sein. Dafür muss jetzt endlich ein praxistaugliches Konzept vorgelegt werden“, sagte eine Sprecherin dem epd. Bis dahin führe aber kein Weg daran vorbei, eine einheitliche Anlaufstelle für Familien zu schaffen, die vernetzt mit den anderen zuständigen Stellen weitere Leistungsansprüche für die Kinder kläre.

Das sieht auch VdK-Präsidentin Verena Bentele so: „Die Diskussion um die Personalstellen geht völlig am Thema vorbei. Wichtig ist vor allem der Inhalt der Kindergrundsicherung. So wie sie im Moment ausgestaltet ist, können wir Kinderarmut noch nicht ausreichend bekämpfen.“ Sie sehe aber durchaus die Notwendigkeit, dass die Familienkasse bei der Agentur für Arbeit personell ausgebaut werden müsse, wenn sie in Zukunft die Kindergrundsicherung bearbeite, sagte sie dem epd: „Ob 5.000 Stellen angemessen sind oder nicht, können und müssen wir als VdK nicht beurteilen.“

Dirk Baas


Patientenrechte

Zwang in der Psychiatrie: Häufig umstritten, oft gerechtfertigt




Fixierung einer Patientin (Archivbild)
epd-bild/Gudrun Petersen
Zwangsbehandlungen sind in der Psychiatrie regelmäßig umstritten. Ärzte halten diese Maßnahmen grundsätzlich für erforderlich, Patienten empfinden sie dagegen manchmal als Gewalt. Betroffene können sich im Zweifel an Beschwerdestellen wenden.

Wuppertal (epd). Es ist zwar schon ein Vierteljahrhundert her, aber Martin Lindheimer erinnert sich noch sehr gut daran: Er sei in einer Psychiatrie-Klinik überwältigt und vom Personal an ein Bett gebunden worden. Sein Widerstand sei zwecklos gewesen. Für ihn sei das eine traumatische Erfahrung gewesen, sagt der Psychiatrie-Erfahrene aus Wuppertal, der als Referent beim Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe arbeitet. „Unabhängige psychiatrische Beschwerdestellen gab es damals nicht.“ Mittlerweile gibt es sie jedoch in mehreren Bundesländern.

Zwang in der Psychiatrie wird von Betroffenen als Angriff auf ihre Menschenwürde empfunden. Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem Urteil im Juli 2018 fest, dass die Fixierung von Patienten einen Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person nach Artikel 2 des Grundgesetzes darstelle (AZ: 2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/16). Ein solcher Eingriff sei daher nur als „letztes Mittel“ gerechtfertigt. Dauere die Fixierung länger als eine halbe Stunde, müsse ein Richter sie genehmigen.

Opfer hat noch immer Albträume

Lindheimer sagt, er habe zwei Jahrzehnte nach seiner Fixierung „immer noch Albträume“. Er bekam im Jahr 2001 ernste psychische Probleme, als er sich auf die Abitur-Prüfungen vorbereitete: „Ich hatte mich daheim eingeschlossen und nur noch gelernt.“ Er sei in einen „aufgedrehten Zustand“ geraten, habe mehrere Nächte nicht geschlafen. Besorgte Freunde hätten schließlich den Rettungsdienst gerufen.

Er sei in der Psychiatrie gelandet. Wegen seiner Weigerung zu bleiben, sei er fixiert worden. Ihm sei ein Katheter gelegt worden, um ihn mit einer Nährstofflösung zu versorgen. Erst nach mehreren Tagen sei er von seinem Bett losgebunden worden.

Auch wenn sich in der Psychiatrie seit 2001 viel geändert hat, bleibt das Thema Fixierung ein heißes Eisen. „Es ist Teil des Behandlungsauftrags psychiatrischer Kliniken, Patientinnen und Patienten sowie Dritte vor krankheitsbedingten Gefährdungen zu schützen“, erklärte dazu die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) auf Anfrage. Dabei könne es auch zu unfreiwilligen Unterbringungen und Zwangsmaßnahmen kommen. Dies sei für „alle Beteiligten eine große emotionale und körperliche Belastung“.

„Wichtige Ombudsfunktion“

Patrick Nieswand, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP), begrüßt die Einrichtung von Beschwerdestellen. „Sie haben eine wichtige Ombudsfunktion“, betont er. Beschwerdestellen gehören in der Regel Psychiater oder Psychotherapeuten an, aber auch Psychiatrie-Erfahrene und Angehörige.

Die meisten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland haben spezielle Gesetze für psychisch Kranke (PsychKG) beschlossen, in denen es neben Hilfen für psychisch Kranke überwiegend um die Regelung von Unterbringung und Zwangsmaßnahmen, also den Eingriff in die oben genannten Grundrechte, geht. In vier Bundesländern - Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Saarland - gelten für psychisch kranke Menschen spezielle Gesetze, die ausschließlich die Unterbringung regeln.

Die DGSP hält laut einer Information auf ihrer Homepage die Form der unabhängigen Beschwerdestelle für die Beschwerdeinstanz, die am besten geeignet ist, die Beschwerdekultur in der Psychiatrie zu verbessern. „Psychiatrie-Erfahrene und Angehörige erleben bisher eher Ablehnung und Negierung, wenn sie sich gegen Missstände wehren wollen. Deshalb trauen sie sich oft nicht, Beschwerden direkt vor Ort vorzubringen. Wenn sie aber erfahren, dass sie hier ernst genommen und unterstützt werden, gelingt es, sie dazu zu bringen, sich für ihre Rechte selbst einzusetzen.“ Nur durch positiven Umgang mit Beschwerden und Beschwerdeführern könne es gelingen, Psychiatrie-Erfahrene aus der Ecke der passiven Hilfeempfänger zu holen.

Würzburg: 41 Fälle in zwei Jahren

In Würzburg existiert seit zwei Jahren die Unabhängige psychiatrische Beschwerdestelle „Einspruch“. „Bisher hatten wir 41 Fälle“, berichtet Berater Dirk Pychynski. Kürzlich sei das Team von einer Frau kontaktiert worden, die wieder bei ihrer Mutter eingezogen war. Immer wieder habe es zwischen den beiden Frauen heftige Konflikte gegeben. Mehrmals sei die Polizei gekommen und habe die Frau schließlich gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik gebracht. Als sie sich an „Einspruch“ gewandt habe, habe sich die Beschwerdestelle für sie nach Unterkünften des betreuten Wohnens umgesehen. Laut Pychynski stehen die Chancen gut, dass sie dort bald einziehen kann.

Unter den Psychiatrie-Patienten, die sich an „Einspruch“ wandten, sei auch eine Klientin gewesen, „die 1987 zwangseingewiesen wurde und das bis heute nicht verkraftet hat“, berichtet Pychynski. Dass sie sich darüber bei „Einspruch“ offen aussprechen konnte, habe sie enorm entlastet: „Wir waren die ersten, denen sie davon erzählte.“ Nicht einmal ihr Mann habe offenbar davon gewusst.

Bei der Informations-, Beratungs- und Beschwerdestelle (IBB) im Landkreis Karlsruhe engagiert sich Rainer Bansbach. Der 74-Jährige war selbst einmal Psychiatrie-Patient: „Ich wurde einmal in einer Klinik zwangsbehandelt.“ Das sei nicht schön gewesen, aber auch nicht grundfalsch, denn zuvor sei er aggressiv geworden. Bansbach lehnt Zwang in der Psychiatrie nicht kategorisch ab.

Pat Christ


Behinderung

Keine Arznei, kein Ausflug, mehr Pfunde



Lieferengpässe bei Medikamenten schränken Epileptiker oder Diabetiker, die geistig behindert sind, erheblich ein. Davon können Ärzte, Apotheker und Betreuer berichten. Die Situation sei "dramatisch", ist zu hören.

Würzburg, Nürnberg (epd). Weil aktuell bestimmte Medikamente zur Anfallsunterbrechung nicht zur Verfügung stehen, kommen Patienten, die in Einrichtungen wohnen, teilweise kaum noch aus der Wohngruppe raus, berichtet die Würzburger Ärztin Anja Klafke. Die Situation sei mittlerweile so prekär, dass sie Menschen mit Epilepsie an den Rand des Grabes bringen könnte. „Aus einem Anfall kann sich, wird er nicht unterbrochen, ein Anfallsstatus entwickeln, und der kann letal, also tödlich, verlaufen“, erläutert die Leiterin des Würzburger Medizinischen Zentrums zur Behandlung Erwachsener mit Behinderung (MZBE).

Ihr aktueller Stand sei, dass das Standardmedikament zur Anfallsunterbrechung derzeit nicht mehr in Deutschland erhältlich ist. Auch laut der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern sind die sogenannten Expidet Schmelztäfelchen mit schnellerem Wirkeintritt bis zum zweiten Quartal 2024 nicht lieferbar.

Auch gewohnte Basismedikamente fehlen

Erschwerend komme hinzu, dass auch die Versorgung mit den gewohnten Basismedikamenten immer schwieriger werde. Bei einer Umstellung drohten jedoch mehr und schwerere Anfälle. Klinikaufenthalte könnten zunehmen. Für Anja Klafke sind die Lieferengpässe inzwischen „hochdramatisch“.

Die Situation frustriert die Medizinerin sehr, wobei es aus ihrer Sicht eine Chance gebe, das Problem zu entschärfen: Es müsste lediglich erlaubt werden, das Notfallmedikament zur Anfallsunterbrechung auch nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums zu verwenden. Doch trotz der dramatischen Situation gerade für Anfallspatienten mit mehrfacher Behinderung zeichnet sich nicht ab, dass das geschehen wird. Dabei würde nach den Erkenntnissen der Ärztin mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts Negatives passieren, würde das Medikament noch einige Monate nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums eingenommen. So gebe es keine Hinweise, dass das Mittel dadurch unverträglicher würde.

Haltbarkeitsdatum kann nicht ignoriert werden

Eltern behinderter Menschen könnten sich noch über das Haltbarkeitsdatum hinwegsetzen, allerdings nicht die Fachkräfte in Heimen. Weil es an Notfallmitteln zur Unterbrechung von Anfällen mangelt, trauten die sich nicht mehr, mit den Betroffenen Ausflüge zu unternehmen. Dass Lieferengpässe bei Arzneimitteln für Menschen mit Epilepsie ein „Riesenproblem“ sind, bestätigt Simone Fuchs von der Epilepsieberatungsstelle der Würzburger Stiftung Juliusspital. Sie erfährt von ihren Klienten seit mehr als einem Jahr, dass es Probleme gibt, Antiepileptika zu bekommen.

Die prekäre Versorgungssituation löst laut Simone Fuchs Angst und Anspannung aus: „Es belastet psychisch, was natürlich nicht günstig ist, wenn man zu Anfällen neigt.“ Oft müssten mehrere Apotheken abgeklappert werden, bis man das verordnete Antiepileptikum erhält. Aus Angst, irgendwann ganz ohne Medikamente zu sein, hätten sich viele ihrer Klienten inzwischen einen Notfallvorrat zugelegt.

Depotspritzen gegen Diabetes werden knapp

Aber nicht nur Menschen mit Epilepsie sind von den Lieferengpässen betroffen. Der Run auf die neue „Fettweg-Spritze“ sorgt in manchen Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung dafür, dass Depotspritzen für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 knapp werden. Denn in beiden Produkten befindet sich der Stoff Semaglutid.

„Für unsere Diabetespatienten mit Intelligenzdefiziten ist das ein Problem, weil sie keine Krankheitseinsicht haben“, sagt eine Betreuerin in einer Einrichtung für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung der Caritas in Augsburg dem Evangelischer Pressedienst (epd). „Sie halten sich nicht an Ernährungsprogramme und sind auch nicht dazu zu bringen, Sport zu machen“. Einer ihrer übergewichtigen Schützlinge habe ohne die Spritze im vergangenen Quartal fünf Kilogramm zugenommen.

Hat ein Bewohner ein Rezept für eine Diabetes-Depotspritze, klappern die Mitarbeiterinnen der Einrichtung oft ergebnislos alle Apotheken vor Ort ab, erzählt die Caritas-Mitarbeiterin. „Warum das Medikament nicht verfügbar ist, ist mir ein Rätsel“, sagt sie: „Denn Menschen, die damit nur abnehmen wollen, brauchen dafür doch ein Rezept vom Arzt“.

Bei stark Übergewichtigen, die sich vielleicht sonst einer Operation unterziehen müssten, stehen die seit 2022 in der EU zugelassenen Spritzen im Augenblick hoch im Kurs. Dass es zu einer Verknappung auf dem Markt kommt, bestätigt Frank Kerling, Oberarzt des MZEB des Krankenhauses in Rummelsberg in Schwarzenbruck im Landkreis Nürnberger Land. Selbst sei er noch nicht mit konkreten Versorgungsengpässen konfrontiert gewesen, „inwieweit das noch kommen wird, kann ich schlecht einschätzen“, sagt Kerling.

„Heftiger Schwarzmarkt“ bei Spritzen gegen Übergewicht

Der Boom, Übergewicht wegzuspritzen, statt auf Junk-Food zu verzichten und sich gesund zu ernähren, sei so stark, dass es laut Wolfgang Trosbach, Fachpsychologe Diabetes aus Würzburg, neben Rezept- und Spritzenfälschungen einen „heftigen Schwarzmarkt“ gebe.

Mit einer Spritze den Pfunden zu Leibe zu rücken, scheint aber keine besonders gute Idee zu sein. Darauf deuten laut Wolfgang Trosbach Studien hin. Demnach komme es häufig zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen oder Verstopfung. Oft träten auch Kopfschmerzen, Schwindel, Fatigue und Haarausfall auf. Er selbst würde gründlich überlegen, ob er lebenslang ein Medikament einnehmen wolle, dessen Langzeitwirkungen noch nicht bekannt sein können.

Pat Christ


Depressionen

Ärztekammer-Vorstand sieht Enttabuisierung psychischer Erkrankungen



Hannover (epd). Der Psychiater Hans Martin Wollenberg beobachtet eine zunehmende gesellschaftliche Enttabuisierung von psychischen Erkrankungen. „Ich nehme wahr, dass immer mehr Menschen den Mut haben, offen mit eigenen seelischen Problemen umzugehen“, sagte das Vorstandsmitglied der Ärztekammer Niedersachsen dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Viele Statistiken erweckten den Eindruck, als hätten Störungen wie Depressionen drastisch zugenommen. Derartige Zahlen seien zumindest teilweise mit Vorsicht zu betrachten, betonte Wollenberg. „Gestiegene Sensibilität im Umgang mit psychischen Beeinträchtigungen und ein zunehmend angstfreier Blick auf das System Psychiatrie haben sicher dazu beigetragen, dass heute viele Menschen zu Psychiatern und Psychotherapeuten gehen, die sich früher womöglich nicht getraut hätten.“ Zudem würden psychische Beeinträchtigen heute häufiger diagnostiziert als in der Vergangenheit. Faktoren wie diese könnten zu dem womöglich trügerischen Eindruck beitragen, die Gesellschaft werde „psychisch immer kränker“.

Es fehlt oft an schneller und kompetenter Hilfe

Wollenberg bemängelte, dass vielen Menschen mit psychischen Problemen nicht immer schnell und kompetent genug geholfen werde. Selbst unter Ärzten fehle es mitunter an psychiatrischen Grundwissen, um zu erkennen, dass körperliche Beschwerden durchaus auch ein Fall für Psychiater und Psychotherapeuten sein könnten. „Manche Depression äußert sich fast ausschließlich somatisch, etwa in unspezifischen Schmerzen, und wird deshalb nicht oder erst spät erkannt“, erläuterte der Facharzt, der auch Vorsitzender des niedersächsischen Landesverbandes der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist.

Angesichts der Häufigkeit psychischer Erkrankungen sei es deshalb wichtig, auch Ärzten anderer Fachrichtungen, etwa durch Fortbildungen, hinreichend Know-how zu vermitteln, um Patientinnen und Patienten im Bedarfsfall schnellstmöglich an einen Psychiater überweisen zu können. „Gerade bei Depressionen, die in manchen Fällen chronisch werden können, ist eine frühzeitige Behandlung entscheidend“, unterstrich Wollenberg.

„Heutige Antidepressiva sind weitaus effektiver und nebenwirkungsärmer als frühere Präparate“, betonte der Mediziner. Auch im psychotherapeutischen Bereich habe sich viel getan. „Viele Menschen mit psychischen Erkrankungen leben auch dank dieser ausgeklügelten Behandlungsverfahren weitaus beschwerde- und leidensärmer als noch vor einigen Jahren.“

Daniel Behrendt


Familie

Hintergrund

Änderungen beim Elterngeld seit dem 1. April



Berlin (epd). Seit Monatsbeginn haben sich zwei Regelungen beim Elterngeld geändert. Der gleichzeitige Bezug für beide Eltern wird eingeschränkt, und das Elterngeld wird nur noch bis zu einem Jahreseinkommen von 200.000 Euro gezahlt.

Eltern, deren Kinder nach dem 1. April 2024 geboren werden, erhalten nur noch einen Monat lang gleichzeitig Elterngeld - und zwar bis zum zwölften Lebensmonat des Kindes. Bisher können beide Eltern sechs Monate lang gleichzeitig Elterngeld beziehen, wenn sie gar nicht oder in Teilzeit arbeiten. Sofern sie zwei bis vier weitere Monate gleichzeitig Teilzeit (24 bis 32 Wochenstunden) arbeiten, erhalten sie diese als Partnerschaftsbonus hinzu.

In Ausnahmefällen bleibt bisherige Regelung gültig

Nach der Geburt von Mehrlingen oder Frühchen und für Eltern von Kindern mit einer Behinderung bleibt es bei den bisherigen Regelungen, wonach die Paare weiterhin mehrere Monate gleichzeitig Elterngeld beziehen können.

Paare mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 200.000 Euro haben ab April keinen Anspruch mehr auf Elterngeld. Bisher lag die Obergrenze bei 300.000 Euro. Ein Jahr später, am 1. April 2025, wird die Obergrenze weiter auf 175.000 Euro abgesenkt. Für Alleinerziehende sinkt die bisherige Einkommensgrenze von 250.000 Euro ebenso wie für Paare am 1. April auf 200.000 Euro und im kommenden Jahr auf 175.000. Das zu versteuernde Jahreseinkommen ist das Einkommen, das nach Abzug von Werbungskosten, Freibeträgen und sonstigen Aufwendungen zu versteuern ist.

Sparvorgaben des Bundes für 2024 umgesetzt

Der Grund für die Senkung der Einkommensgrenzen waren Sparvorgaben für den Bundeshaushalt 2024. Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums sind von der ersten Absenkung etwa 0,5 Prozent der Eltern betroffen. Das Elterngeld ist im Bundes-Familienetat in Höhe von 14 Milliarden Euro mit knapp acht Milliarden Euro der größte Ausgabenposten. Von 2026 an werden dem Ministerium zufolge durch die Absenkung der Einkommensgrenzen pro Jahr 250 Millionen Euro eingespart.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts nehmen Väter seit Jahren konstant durchschnittlich 3,7 Monate Elterngeld in Anspruch. Die durchschnittliche Dauer des Elterngeldbezugs bei Müttern steigt hingegen kontinuierlich, in den vergangenen Jahren von 14,3 Monaten 2019 auf 14,8 Monate 2023. Im vergangenen Jahr haben 1,8 Millionen Frauen und Männer Elterngeld bezogen, der Väteranteil liegt unverändert bei rund 26 Prozent.

Das Elterngeld beträgt in der Regel 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens aus dem Vorjahr, mindestens aber 300 Euro und höchstens 1.800 Euro im Monat. Beim Elterngeld Plus halbieren sich die Beträge, dafür kann es doppelt so lange bezogen werden.

Bettina Markmeyer


Drogen

Hintergrund

Cannabis-Gesetz: Was erlaubt und verboten ist



Berlin (epd). Trotz erheblicher Vorbehalte aus den Ländern hat der Bundesrat am 22. März das Cannabis-Gesetz passieren lassen. Mit der teilweisen Freigabe will die Bundesregierung eine Wende in der Drogenpolitik einleiten. Erwachsene dürfen Cannabis in begrenzter Menge besitzen, mit sich führen, Pflanzen ziehen oder einem Anbauverein beitreten. Begleitet wird die Liberalisierung von Detail- und Kontrollregelungen, die die Bundesländer umsetzen müssen. Das Gesetz ist am 1. April in Kraft getreten.

BESITZ: Zum eigenen Verbrauch dürfen Erwachsene über 18 Jahren in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben und zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren. Überschreitungen von fünf Gramm (unterwegs) bzw. zehn Gramm (zu Hause) werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Privat dürfen bis zu drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden.

KONSUM: Verboten ist Cannabis-Rauchen weiterhin in Sichtweite von Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Sportplätzen (Umkreis von 100 Metern). In Fußgängerzonen ist das Kiffen von 20 bis 7 Uhr erlaubt - also von 7 bis 20 Uhr verboten. Cannabis-Konsum in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen ist überall verboten, auch im privaten Umfeld.

CANNABIS-CLUBS: Mit behördlicher Erlaubnis dürfen als Vereine organisierte Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis-Pflanzen anbauen. Die Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquelle. Auch wer nur gelegentlich kifft und nicht mehr bei Dealern kaufen will, muss einem Cannabis-Club beitreten. Er oder sie kann die Droge auch nicht von einem Clubmitglied beziehen, weil Weitergabe und Verkauf an Jugendliche und an Erwachsene verboten sind. Vereinsmitglieder können bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erhalten, Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm, mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent. Mitglieder und Nicht-Mitglieder können bei den Vereinen Stecklinge oder Samen für den privaten Anbau kaufen. Kiffen im Vereinstreff ist verboten. Die Clubs müssen Auflagen erfüllen, Jugendschutzkonzepte und sollen ihre Anbauflächen nicht zusammenlegen dürfen. Die Regeln für Cannabis-Clubs treten am 1. Juli in Kraft, um den Bundesländern Zeit zur Vorbereitung zu geben.

MINDERJÄHRIGE: Besitz und Konsum von Cannabis bleiben verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten. Nach gut einem Jahr sollen die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Jugendschutz erstmals überprüft werden.

SCHWARZMARKT: Dealen bleibt strafbar. Einige Strafen werden verschärft, mit dem Ziel, den Jugendschutz zu verstärken. So wird etwa der Verkauf von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr geahndet.

JUSTIZ: Laufende Verfahren wegen Vergehen, die nach dem Cannabis-Gesetz nicht mehr strafbar sind, müssen eingestellt werden. Strafen, die noch nicht vollstreckt sind und nach neuem Recht keinen Bestand haben, werden erlassen. Frühere Straftaten müssen auf Antrag der Betroffenen aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden, wenn sie nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind. Ein Vorschlag für THC-Grenzwerte im Straßenverkehr wird für Ende März erwartet.

NÄCHSTER SCHRITT: Anders als geplant, wird es vorläufig keine Geschäfte geben, die Cannabis verkaufen. Dazu will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen weiteren Gesetzentwurf vorlegen. Geplant ist, den Verkauf in Apotheken oder staatlich lizenzierten Geschäften in Modellregionen zu erproben. Ursprünglich wollte die Ampel-Koalition den kontrollierten Verkauf von Cannabis bundesweit ermöglichen.

Bettina Markmeyer



sozial-Branche

Kirchen

Caritas: Bürokratie und Bearbeitungsstau bremsen Pflege aus




Pflegeheim in Bremen
epd-bild/Werner Krüper
Die Caritas in NRW schlägt Alarm: Bürokratie und lange Entgeltverhandlungen setzten die Altenhilfe unter Druck. Diese dauerten oft Monate und die Heime müssten das Geld vorlegen. Die Caritas ruft die Politik zum Handeln auf.

Münster (epd). Aus der Sicht der Caritas besteht akuter Handlungsdruck: „Viele Träger in der Sozialwirtschaft stehen finanziell und personell unter hohem Druck. Grundsätzlich haben sich die Insolvenzen in NRW im Jahre 2023 verfünffacht im Vergleich zum Jahr zuvor“, sagte Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz aus Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar sei es bei den Mitgliedern im Bistum Münster mit über 210 vollstationären und 115 teilstationären Einrichtungen und über 105 ambulanten Pflegediensten noch nicht zu Insolvenzen gekommen. Das liege aber nur daran, „dass die Träger überwiegend groß sind und im eigenen 'Konzern' Verluste noch durch Rücklagen kompensieren können“.

Personal fehlt, Kosten steigen und Kredite werden verweigert

Die wirtschaftlichen Nöte der Träger hätten mehrere Gründe: „Zu wenig Personal, um Einnahmen zu generieren, hohe Kostensteigerungen ohne angepasste Refinanzierung, fehlende Kreditwürdigkeit bei Darlehnsverlängerungen oder bei der Aufnahme neuer Gelder für Baumaßnahmen. Und: Es komme zu einem Bearbeitungsstau in den Behörden, der die “Pflege ausbremst", beklagte Hopfenzitz.

Die Folgen der Misere seien der schleichende Abbau von Plätzen in der Altenhilfe, in den Krankenhäusern und den Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Abteilungen würden geschlossen oder die Einrichtungen gingen in Insolvenz. „Die Altenhilfe steht vor dem Kollaps“, so der Caritasdirektor. Er warnte, die Versorgungssicherheit in der Altenhilfe sei nicht mehr gewährleistet.

„Stehen mit dem Rücken zur Wand“

Die stationäre Altenhilfe im Landesteil Westfalen-Lippe stehe wirtschaftlich „immer mehr mit dem Rücken zur Wand.“ Das betreffe nicht nur die Caritas, sondern die gesamte Freie Wohlfahrtpflege und auch die privaten Anbieter. In einem schriftlichen Appell, der jüngst bei einer Protestaktion an den Landschaftsverband LWL übergeben wurde, heißt es: „Wenn Sie die Versorgungssicherheit für die pflegebedürftigen Menschen im Landesteil Westfalen-Lippe gewährleisten wollen, müssen Sie jetzt handeln.“

Wegen des Bearbeitungsstaus von 343 Fällen im Landesteil Westfalen-Lippe (Stand: 15. Januar) trügen die Pflegesätze die gestiegenen Personalkosten, höhere Energiekosten und die hohe Inflation nicht mehr. „In den Einrichtungen wächst die Liquiditätslücke aufgrund der noch geltenden veralteten Entgelte teilweise dramatisch. Die Personal- und Sachkosten steigen derweil weiter an“, heißt es in der Resolution.

Höhere Pauschalen könnten die Lösung sein

„Wir fordern nun eine schnelle Lösung durch das Angebot von wirtschaftlich auskömmlichen Pauschalerhöhungen“, sagte Hopfenzitz. Man bekomme in NRW zwar Pauschalen angeboten, diese lägen jedoch über 1,5 Prozent unter den Ist-Kosten einer Einrichtung. „Das kann bei einem Haus mit 80 Pflegeplätzen pro Monat über 30.000 Euro an Defizit ausmachen.“

Die Diözesancaritasdirektorinnen und der -direktore Hopfenzitz, Stefanie Siebelhoff (Essen), Pia Stapel (Münster) und Esther van Bebber (Paderborn) forderten vom Landschaftsausschuss, „dass die Bürokratie der Entgeltverhandlungen unverzüglich und grundlegend verschlankt wird, damit zukünftig eingereichte Kalkulationen fristgerecht abgearbeitet werden können und kein neuer Bearbeitungsstau entsteht“.

„Bürokratie unverzüglich verschlanken“

Das Land habe darüber hinaus durch seine Gesetzgebung seit Jahren erheblich zu weiteren bürokratischen Hürden und Unklarheiten beigetragen. „Daher fordern wir den LWL, den LVR und die Verbände der Pflegekassen auf, gemeinsam mit den Leistungserbringern an die Gesetzgebung heranzutreten, um diese Bürokratie unverzüglich zu verschlanken, sodass hilfebedürftige Menschen auch in Zukunft Pflege und andere Hilfen zeitnah und mit Planungssicherheit erhalten können“. Am 16. Mai, wenn in Münster die Sitzung der Landschaftsversammlung als dem höchsten Gremium des Landschaftsverbandes ist, wolle man den Termin nutzen, „um weitere Zeichen zu setzen und dann auch hoffentlich mit allen anderen Altenhilfeträgern“, sagte Hopfenzitz.

Die Caritas im Bistum Münster zählt nach eigenen Angaben 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche. Sie betreibt unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.

Dirk Baas


Freiwiligendienst

Interview

Diakonie Hessen: Angst vor weiteren Kürzungen beim FSJ bleibt




Ingrid Pontzen
epd-bild/Diakonie Hessen
Der drohende finanzielle Kahlschlag bei den Freiwilligendiensten im Bundesetat 2024 wurde soeben noch abgewendet. Doch Kürzungen gibt es trotzdem. Viele andere Probleme bei FSJ und BFD bleiben bestehen, sagt Ingrid Pontzen von der Diakonie Hessen im Interview mit epd sozial. Und die Angst vor weiteren finanziellen Einschnitten bleibt.

Frankfurt a.M. (epd). Wäre es tatsächlich zu den massiven Kürzungen bei den Freiwilligendiensten gekommen, wäre bis zu einem Drittel der rund 650 Stellen bei der Diakonie Hessen weggefallen. Doch so kam es nicht. Der öffentliche Protest habe sich gelohnt, sagt Ingrid Pontzen, die Pädagogische Leiterin der Freiwilligendienste. Aber, so stellt sie fest, es fehle weiter Geld im System: „Bereits jetzt können wir das aktuelle Angebot an Plätzen nur mit einem gewissen Eigenmittelbeitrag finanzieren.“ Und die finanzielle Absicherung der Dienste für 2025 sei weiter offen. Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Am 18. Januar hat der Haushaltsausschuss die befürchteten Kürzungen für die Freiwilligendienste zurückgenommen. Wie dramatisch haben Sie die Wochen und Monate davor noch in Erinnerung?

Ingrid Pontzen: Sehr dramatisch. Wir mussten mit einer gravierenden Kürzung der Bundesmittel rechnen, damit hätten wir das jetzige Angebot der Freiwilligendienste nicht aufrechterhalten können.

epd: Die Wohlfahrtsverbände haben mit ihrem Widerstand gegen die zunächst angekündigten Einschnitte nie nachgelassen. Hat die deutlich hörbare Kritik letztlich zum Umdenken geführt?

Pontzen: Auf jeden Fall, es wurde ja an vielen Stellen in den Medien über die Folgen der möglichen Kürzungen informiert. Und wir konnten überzeugen mit der Qualität und dem auch gesamtgesellschaftlichen Wert der Freiwilligendienste. Mut hat uns auch gemacht, dass wir in unseren Gesprächen mit Abgeordneten in Bund und Ländern immer wieder gehört haben, dass sie auf unserer Seite stehen.

epd: Gehen wir noch mal zur besseren Einordnung der Zahlen ins Detail. 100.000 Menschen sind jährlich im Freiwilligendienst oder im BFD. Wie viele Stellen hat die Diakonie Hessen und wie viele wären bei Ihnen wohl weggefallen, wenn der Etat wie ursprünglich geplant zusammengestrichen worden wäre?

Pontzen: Jährlich besetzten wir rund 650 Stellen, davon wäre bis zu einem Drittel weggefallen, denn die fehlenden Zuschüsse hätten nicht an anderer Stelle kompensiert werden können, etwa durch eine Erhöhung der Einsatzstellen-Beiträge.

epd: Welche Bereiche wären in Hessen besonders betroffen gewesen? Wo Sie die FSJ-ler dann hätten abziehen müssen, ist ja Ihre Entscheidung?

Pontzen: Das hätte grundsätzlich alle Bereiche betroffen. Die Plätze werden bei uns nach Eingang der Bewerbungen und nach Interesse der Freiwilligen besetzt. Wir hätten also nicht per se einzelne Bereiche ausgeschlossen. Aber erfahrungsgemäß hätten wahrscheinlich jene Einsatzstellen, die die Kosten am schwierigsten refinanzieren können, ihre Plätze nicht mehr belegen können.

epd: Jetzt ist die Lage zunächst mal entschärft, aber noch ist kein Grund, sich zurückzulehnen. Wie sieht die weitere Finanzierung der Freiwilligendienst aus?

Pontzen: Der Jahrgang 2024/25 ist für das FSJ jetzt mit einer moderaten Kürzung von rund 7,5 Prozent der Zuschüsse davongekommen. Das ist ein besseres Ergebnis, als wir befürchtet hatten. Im BFD sieht es ungünstiger aus. Da werden wir in 2025, wenn nicht im Laufe des Jahres noch nachjustiert wird, deutlich weniger Kontingente als zuvor zur Verfügung haben. Aber auch jetzt schon müssen wir die fehlenden Zuschüsse an anderer Stelle kompensieren und können gegebenenfalls einzelne Stellen nicht wieder besetzen.

epd: Aus dem Bundesfamilienministerium heißt es, der Jahrgang 2024/2025 sei nicht durchfinanziert. Kann es hier doch noch zu Kürzungen kommen und welche Folgen hätten die dann?

Pontzen: Darüber haben wir noch keine Informationen. Wenn es jedoch zu weiteren Kürzungen kommt, werden sich die beschriebenen Probleme auf jeden Fall verschärfen.

epd: Bis wann müssen Sie für Ihre Planungen verlässlich wissen, ob weiter genügend Geld fließt?

Pontzen: Zur Planung brauchen wir etwa ein Jahr vor Beginn des kommenden Jahrgangs verlässliche Finanzzusagen, weil die Bewerbungen auch dann schon eintreffen. Je später wir informiert werden, desto mehr wirkt sich das auf die gesamte Planung aus. Das Problem ist dann der Zeitdruck. Potenzielle Freiwillige entscheiden sich dann vielleicht doch anders und treten den Dienst nicht an. Ersatz für die Einsatzstellen kann dann vielleicht nicht mehr gefunden werden. Und auch Personalstellen können nicht eingeplant werden, was fatal ist angesichts des stark gestiegenen individuellen Betreuungs- und Unterstützungsbedarfs der Freiwilligen.

epd: Immer wieder war in der Vergangenheit zur hören, dass die Zahl der öffentlich finanzierten FSJ- und FÖJ-Plätze längst nicht ausreicht. Der Bedarf sei deutlich höher. Wie ist die Lage bei Ihnen? Wie viele zusätzlich Plätze könnten Sie besetzen?

Pontzen: Das deckt sich mit unseren Erfahrungen. Bereits jetzt können wir das aktuelle Angebot an Plätzen nur mit einem gewissen Eigenmittelbeitrag finanzieren. Die Sach- und Personalkosten sind in den vergangenen Jahren stets gestiegen, während die staatlichen Zuschüsse auf demselben Niveau blieben und nicht erhöht wurden. Das werden wir auf Dauer nicht aushalten können, wenn hier die Schere bei der Refinanzierung weiter auseinandergeht. In Zahlen ausgedrückt: Wenn wir das Angebot halten oder in der Attraktivität steigern könnten, etwa durch ein höheres Taschengeld und Mobilitätszuschläge für den ÖPNV, würden wir sicher rund zehn Prozent mehr Plätze besetzen können.

epd: Also letztlich braucht es mehr Geld ...

Pontzen: Ja, es geht darum, die Freiwilligenangebote verlässlich sicherzustellen. Das bezieht sich vor allem auf die angemessene Bezuschussung durch Bundesmittel, aber auch auf andere Anerkennungsleistungen, wie etwa Zuschüsse für die ÖPNV-Nutzung, um zum Dienst zu kommen. Es geht aber auch um die Anerkennung des geleisteten Dienstes etwa bei der Bewerbung um Ausbildungsplätze oder auf einen Studienplatz.

epd: Kürzlich sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), die Dienste müssten künftig besser finanziert werden. Dann würde vielleicht auch ein höheres Taschengeld drin sein. Wie wichtig nehmen die Freiwilligen die Bezahlung?

Pontzen: Mit einem höheren Taschengeld würden wir mehr Freiwillige gewinnen können. Die Bezahlung ist für Freiwillige angesichts der auch für sie steigenden Lebenshaltungskosten ein wesentlicher Faktor. Sie vergleichen unser Angebot mit dem anderer Träger oder auch mit dem Einkommen eines Minijobs. Auch aus diesem Grund haben wir die Taschengelder erhöht, um hier ein Signal an alle Freiwilligen zu senden. Grundsätzlich reicht das aber immer noch nicht aus, um auch Freiwilligen aus einkommensschwachen Verhältnissen einen Freiwilligendienst zu ermöglichen. Klar ist leider: Wenn keine finanzielle Sicherheit etwa durch die Familie im Hintergrund ist, kann ein Freiwilligendienst nicht geleistet werden, weil allein die Mieten schon das Taschengeld übersteigen würden.

epd: Jetzt wird auch der Teilzeitdienst erleichtert. Wie bewerten Sie das? Kann das womöglich auch die Organisation der Angebote erschweren?

Pontzen: Es gibt schon jetzt schon die Möglichkeit, den Dienst in Teilzeit ab 50 Prozent zu leisten, doch das ist an Kriterien wie etwa eine eigene Beeinträchtigung oder Pflege- und Betreuungsaufgaben gebunden. Bei uns ist Teilzeit in Einzelfällen nachgefragt worden und wir haben sie immer umsetzen können. Daher begrüßen wir das neue Teilzeitgesetz für den Freiwilligendienst, weil es für viele Freiwillige, die nicht täglich in Vollzeit arbeiten können, eine sehr gute Chance bedeutet. Die organisatorische Umsetzung werden wir gemeinsam mit den Einrichtungen klären, wir erwarten hier zunächst keine größeren Verwerfungen.

epd: Letzte Frage: Im Zuge der Diskussion um die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht wird erneut über eine generelle Dienstpflicht diskutiert. Gemeinhin lehnen meisten Sozialverbände das ab. Wie ist Ihre Meinung?

Pontzen: Wir lehnen einen allgemeinen Pflichtdienst eindeutig ab. Das geschieht vor allem aus der Überzeugung heraus, dass wir die Freiwilligkeit im Engagement und die eigene Motivation zur Mitarbeit insbesondere in sozialen Tätigkeitsfeldern, im Umgang mit Menschen, für ganz wesentlich halten. Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Demokratielernen, Berufsbildung und -orientierung können bei einem freiwilligen Setting besser erreicht oder gestärkt werden als durch eine Dienstpflicht. Und: Freiwillige brauchen intensive Begleitung und Anleitung. Das wäre auch bei einem sozialen Pflichtdienst so. Der Betreuungsbedarf würde noch weiter steigen. Es ist fraglich, wie die Einrichtungen das angesichts des zunehmenden Personalmangels überhaupt gewährleisten könnten.



Verbände

Paritätischer: Armut bleibt auf hohem Niveau




Essenausgabe bei der Berliner "Arche"
epd-bild/Christian Ditsch
Die Armutsquote ist im Inflationsjahr 2022 zwar nicht gestiegen, die Kinderarmut ist jedoch weiter hoch. Eine Trendwende ist laut dem Armutsbericht des Paritätischen nicht auszumachen. Der VdK sprach von einer Schande für ein so reiches Land.

Berlin (epd). Dem Paritätischen Gesamtverband zufolge müssen 14,2 Millionen Menschen in Deutschland zu den Armen gezählt werden. Die Armutsquote lag im Inflationsjahr 2022 bei 16,8 Prozent und damit 0,1 Prozentpunkte unter der Quote vom Vorjahr, wie aus dem Armutsbericht des Wohlfahrtsverbandes hervorgeht, der am 26. März in Berlin vorgestellt wurde. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, nannte die statistischen Befunde „durchwachsen“. Der seit 16 Jahren fast ungebrochene Trend einer stetig wachsenden Armut sei gestoppt, doch längst nicht gedreht, erklärte er.

Auf „einen neuen traurigen Rekordwert“ kletterte Schneider zufolge die Kinderarmut. 21,8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leben danach an oder unter der Armutsschwelle von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Menschen ohne Bildungsabschlüsse und ohne die deutsche Staatsbürgerschaft sind mit einer Armutsquote von jeweils über 30 Prozent am stärksten betroffen.

Ein Drittel der Armen ist erwerbstätig

Schneider machte zugleich deutlich, dass das Bild vielschichtiger ist, als es auf den ersten Blick wirkt: 70 Prozent der Armen besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, 60 Prozent haben gute Bildungsabschlüsse, und nur 6 Prozent haben keine Arbeit. Gut ein Drittel der Armen ist erwerbstätig, ein weiteres Drittel sind Rentnerinnen und Rentner.

Wie schon in den vergangenen Jahren sind die regionalen Unterschiede enorm. Am schlechtesten steht das Ruhrgebiet da mit einer Armutsquote von 22 Prozent, die einer Million Menschen entspricht. Zwar liegt Bremen mit einer Quote von 29 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz aller Bundesländer. Dort leben aber nur 680.000 Menschen, im Ruhrgebiet hingegen mehr als fünf Millionen. Berlin ist vom zweitletzten auf den sechsten Platz des Bundesländer-Rankings aufgerückt.

Geringste Quoten in Bayern

Deutschland zeigt sich dreigeteilt: Am geringsten ist die Armut in Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg mit dem Berliner Speckgürtel, im Mittelfeld liegen die sechs Länder Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen, während die restlichen sieben Länder vom Saarland bis Hamburg Armutsquoten um 19 Prozent aufweisen.

Der Bericht des Paritätischen „Armut in der Inflation“ basiert auf Daten des Statistischen Bundesamts für 2022. Methodisch wird der relative Armutsbegriff verwendet. Danach gilt ein Haushalt als arm, der über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt. Bei der Ableitung vom Medianeinkommen bleibt die Armutsschwelle so lange relativ gleich, wie das mittlere Einkommen nicht steigt. Dass die ohnehin einkommensarmen Haushalte 2022 infolge der Energiekrise nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine viel mehr Geld für Lebensmittel, Gas oder Heizöl ausgeben mussten, wird nicht gemessen.

Bund zahlte zwei Milliarden Euro an Bedürftige

Der Bundesregierung ist es dem Paritätischen zufolge im Inflationsjahr 2022 zudem nicht gelungen, gezielt die Ärmsten zu unterstützen. Nur 2 Milliarden Euro von insgesamt knapp 29 Milliarden Euro an Entlastungsleistungen seien an die Haushalte mit den geringsten Mitteln gegangen. Deutschland hatte 2022 die höchste Inflation seit der Wiedervereinigung. Besonders die Preise für Nahrungsmittel und Energie stiegen rasant um bis zu 20 Prozent (Nahrungsmittel) und bis zu 30 Prozent (Energie).

Die Armutsschwelle lag 2022 für einen Single bei 1.186 Euro im Monat. Für ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren betrugt sie 2.490 Euro im Monat, für eine Alleinerziehende mit zwei Kindern lag die Schwelle bei 1.897 Euro. Wer weniger zur Verfügung hat, gilt als arm.

VdK: Schande für ein reiches Land

VdK-Präsidentin Verena Bentele kommentiert den Bericht wie folgt: „Mehr als jedes fünfte Kind ist mittlerweile von Armut betroffen. Das ist eine Schande für so ein reiches Land wie Deutschland.“ Der neue Höchststand zeige, dass Hilfen offenbar nicht dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Umso wichtiger sei es, dass das System reformiert wird: „Wir brauchen eine gute Kindergrundsicherung, die Kinder wirklich vor Armut bewahrt.“

Weiter sagte die Präsidentin, mit der Kindergrundsicherung, wie sie im Moment geplant sei, könne man die Kinderarmut nicht bekämpfen. Das Ziel, Leistungen zu bündeln und so den Zugang für betroffene Familien zu erleichtern, sei weit verfehlt worden. Verschiedene Leistungen müssten weiterhin bei mehreren Behörden beantragt werden. Und eine vollautomatisierte Auszahlung wird es gar nicht geben. „Wenn wenigstens mehr Geld bei den Familien ankommen würde, wäre das unzureichende Verfahren leichter hinzunehmen. Doch wie es jetzt aussieht, werden Familien - wenn überhaupt - nur sehr wenige Euros mehr im Portemonnaie haben.“ Die Regierung muss laut Bentele dringend nachbessern.

Das dürfte auch Eric Großhaus, Advocacy Manager Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children Deutschland, begrüßen. Dem Chancenkiller Kinderarmut müsse endlich Einhalt geboten werden.„ Er forderte eine echte Kindergrundsicherung für alle Kinder mit deutlichen Leistungsverbesserungen einerseits. Zudem brauche es eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur zur Armutsprävention andererseits. “Halbgare Lösungen sind schon lange nicht mehr ausreichend." Zudem dürfe es nicht länger Benachteiligungen von geflüchteten Kindern im Asylbewerberleistungsgesetz geben.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Pflege

Dokumentation

Für fair geteilte Sorgearbeit in der informellen Pflege




Häusliche Pflege ist überwiegend Aufgabe der Frauen
epd-bild/Jörn Neumann
Das "Bündnis Sorgearbeit fair teilen", dem 31 Organisationen angehören, fordert die Einführung von Lohnersatzleistungen für pflegende Angehörige und eine Reform der Pflegezeiten. Dazu hat es eine Stellungnahme vorgelegt, die epd sozial im Wortlaut dokumentiert.

Ausgangslage: Aktuell leben in Deutschland gut fünf Millionen Pflegebedürftige jeden Alters mit einem Pflegegrad. Bis 2055 wird ihre Zahl voraussichtlich um knapp zwei Millionen steigen. 84 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, davon mehr als die Hälfte allein von Angehörigen ohne professionelle Unterstützung z.B. durch ambulante Pflegedienste.

Zwei Drittel der Pflegenden sind Frauen. Sie pflegen sehr viel häufiger Personen mit erheblichem Pflegebedarf. Sie reduzieren ihre Erwerbstätigkeit stärker als Männer und steigen häufiger ganz aus dem Beruf aus, um Pflegeaufgaben zu übernehmen. Mehr als drei Viertel der pflegenden Angehörigen sind selbst noch im erwerbsfähigen Alter. Zum Teil haben sie neben Beruf und Pflege parallel auch noch Kinder zu betreuen.

Die aktuellen Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf (Pflegezeit und Familienpflegezeit) sind unzureichend. Insbesondere eine finanzielle Absicherung, die über die zehn Tage bezahlte Freistellung („Pflegeunterstützungsgeld“) hinausgeht, muss geschaffen werden. Das zinslose Darlehen, das aktuell für Pflegezeiten beantragt werden kann, weist äußerst geringe Nutzungsraten auf. Zudem schließen die gesetzlich definierten betrieblichen Schwellenwerte die Inanspruchnahme der Regelungen für viele Frauen aus, da sie vielfach in klein- und mittelständischen Unternehmen tätig sind.

Im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ findet sich dazu folgende Vereinbarung: „Wir entwickeln die Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze weiter und ermöglichen pflegenden Angehörigen und Nahestehenden mehr Zeitsouveränität, auch durch eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten.“ (S. 81) Auch der Unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf spricht sich in seinen Empfehlungen zur Familienpflegezeit und zum Familienpflegegeld klar für eine Lohnersatzleistung („Familienpflegegeld“) und die Zusammenführung der Pflegezeiten („Familienpflegezeit“) aus.

Ziel: Pflege ist ein Thema über den gesamten Lebensverlauf hinweg. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch eine entsprechende Finanzierungsgrundlage erfordert. Sorgearbeit in Gestalt informeller Pflege muss umverteilt werden: Hin zu professionellen Unterstützungsangeboten wie auch zwischen den Geschlechtern. Pflege darf nicht zu erheblichen Einkommenseinbußen während der Erwerbsphase führen und auch keine großen Lücken in der Rente zur Folge haben.

Eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung soll die Einkommensverluste bei pflegebedingter Erwerbsunterbrechung bzw. Reduktion der Arbeitszeit kompensieren und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessern. Diese Leistung soll zugleich auch ein Anreiz für Männer sein, sich stärker an Pflege zu beteiligen. Klare und unbürokratische Anspruchsregelungen müssen (Teil-)Freistellungen zur Unterstützung von Pflegebedürftigen ermöglichen. Diese sollen verhindern, dass pflegende Angehörige vollständig aus dem Beruf aussteigen (müssen), um Pflege zu leisten.

Die Einführung der Lohnersatzleistung für Pflegezeiten und die Zusammenführung und Vereinfachung der Pflegezeit-Ansprüche müssen dringend von einem bedarfsgerechten Ausbau der professionellen Pflegeinfrastruktur begleitet werden.

Vom Primat der familienbasierten Pflege muss abgerückt werden: Die anstehenden großen Herausforderungen im Bereich Pflege können und dürfen nicht allein durch die Förderung privat geleisteter Sorgearbeit bewältigt werden, da dies insbesondere zulasten der eigenständigen Existenzsicherung und der Gesundheit von Frauen geht. Häusliche Pflege kann nur mit einem bedarfsorientierten Mix aus Angehörigenpflege und professionellen Pflege- und Assistenzangeboten sowie Alltagshilfen sichergestellt werden.

Benötigt werden unbürokratische und bedarfsorientierte Unterstützungsangebote, die von niedrigschwelligen Beratungsstrukturen flankiert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Regelungen für alle Menschen nutzbar sind.

Notwendige Maßnahmen: Eine Lohnersatzleistung für pflegebedingte Auszeiten bzw. Arbeitszeitreduzierungen ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt, da sie erwerbstätige Frauen mit Pflegeverantwortung besser absichert und sie im Erwerbsleben hält. Gleichzeitig setzt sie Anreize für erwerbstätige Männer, sich stärker in die Pflege nahestehender Menschen einzubringen. Die faire Verteilung von Pflegeverantwortung zwischen den Geschlechtern wird auch angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger immer wichtiger.

Der Unabhängige Beirat schlägt vor, eine Lohnersatzleistung für maximal 36 Monate insgesamt je pflegebedürftiger Person einzuführen. Dies unterstützen wir als ersten Schritt. Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist es wichtig, dass es nicht nur eine Hauptpflegeperson gibt, sondern sich mehrere Personen die Pflege teilen können. Geprüft werden muss, mit welchen Maßnahmen und Anreizen mehr Männer dazu gebracht werden, Pflegeverantwortung zu übernehmen. Dies kann einen Beitrag dazu leisten, Geschlechterrollenstereotype zu überwinden.

Der Unabhängige Beirat schlägt vor, die Lohnersatzleistung für pflegebedingte Auszeiten analog zum Elterngeld auszugestalten. Wichtig ist uns dabei die existenzsichernde und sozial gerechte Ausgestaltung. Es sollte aus unserer Sicht einen nicht an eine Erwerbstätigkeit geknüpften Mindestbetrag geben. Für niedrige Einkommen muss es analog eine Aufstockung der Entgeltersatzrate auf bis zu 100 Prozent geben. Eine erhöhte Entgeltersatzrate sollte bis in mittlere Einkommensbereiche reichen. Zudem darf keine Anrechnung des Mindestbetrags der neuen Leistung auf SGB II bzw. Bürgergeld erfolgen. Des Weiteren ist eine Dynamisierung der Leistung vorzusehen, um der allgemeinen Kostenentwicklung zu folgen, dies gilt ausdrücklich auch für eine Obergrenze.

Hinsichtlich der aktuell gegebenen Möglichkeiten zur (Teil-)Freistellung vom Beruf halten wir die bisherige Dauer von maximal24 Monaten für nicht ausreichend und sprechen uns für die bedarfsgerechte Ausweitung von Pflegezeiten aus, die flexibel in Anspruch genommen werden können. Auch den besonderen zeitlichen Bedarfen im Falle pflegebedürftiger Kinder und Jugendlicher muss Rechnung getragen werden.

Als ersten Schritt begrüßen wir den Vorschlag des Unabhängigen Beirats, für pflegende Angehörige je pflegebedürftiger Person einen Anspruch auf maximal 36 Monate Familienpflegezeit einzuführen.Wir unterstützen zudem den Vorschlag des Unabhängigen Beirats:„pflegende Angehörige“ im Sinne pflegender Familienangehöriger und vergleichbar nahestehender Personen, die die Pflege übernehmen, zu definieren.

Aus unserer Sicht muss neben dem Anspruch auf vollständige Freistellung allerdings auch der Anspruch auf Teil-Freistellung im Rahmen einer Pflegezeit unabhängig von der Größe des Betriebes gelten, weil ansonsten ein Großteil der weiblichen Pflegenden die Regelung nicht in Anspruch nehmen kann.

Pflege muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Um diese Aufgabe gut zu bewältigen, muss an mehreren Stellen angesetzt werden. Auch die gesellschaftliche Verantwortung von Wirtschaft ist an dieser Stelle gefordert. Dringend erforderlich ist zudem vor allem der Ausbau der professionellen Pflegeinfrastruktur.



Familie

"Gedankenbuch" will Eltern krebskranker Kinder Mut machen




Nicola Neitzel
epd-bild/Susanne Schröder
Mit acht Monaten wurde bei Benjamin ein Gehirntumor festgestellt. Seither bangen seine Eltern, ob Benny den Krebs besiegt. Neben Ärzten, Psychosozialem Team und Seelsorge hilft ihnen ein kleines Tagebuch dabei, die Hoffnung nicht zu verlieren.

München (epd). „Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise an den Herzen“: Mirjam Arzt erlebt jeden Tag, was William Shakespeare mit diesem Vers gemeint haben könnte. Seit einem Jahr sind die 33-Jährige und ihr Mann Stammgäste auf der Kinderkrebsstation im Krankenhaus Schwabing. Im Februar 2023 wurde bei ihrem damals acht Monate alten Sohn Benjamin ein bösartiger Gehirntumor festgestellt - fünf Operationen und sieben Runden Chemotherapie hat Benny bislang hinter sich. „Wir fragen uns jeden Tag: Warum wir?“, sagt Mirjam.

Der Kummer, der nicht spricht - das Zitat steht ganz am Anfang des „Gedanken- und Mutbuchs“, mit dem die evangelische Klinikseelsorgerin Nicola Neitzel Eltern schwer erkrankter Kinder unterstützen will. Laut Deutschem Kinderkrebsregister erkranken in Bayern jährlich rund 350 bis 400 Kinder bis 18 Jahre neu an Krebs, etwa 50 Kinder im Jahr sterben an der Krankheit. Pfarrerin Neitzel hat erlebt, dass Eltern bei stationären Aufenthalten ihrer Kinder oft wenig Kontakte haben. Privatsphäre gibt es keine in dem durchgetakteten Klinikalltag. Lust auf Begegnungen in der Cafeteria haben viele nicht - die eigenen Sorgen sind groß, da sind schon die Gespräche vom Nebentisch manchmal zu viel. Das zartgelbe Buch mit dem Titel „Ein neuer Tag“ soll, sagt Neitzel, eine Möglichkeit sein, „Gedanken abzulegen, wenn keiner da ist zum Reden“.

Struktur im Alltag mit praktischen Tipps und Impulstexten

Neitzels Projekt hatte viele Unterstützer. Drei Stiftungen, das Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin und eine Buchdruckerei finanzierten das Büchlein in einer ersten Auflage von 200 Stück. Die Schwabinger Ärzte und das psychosoziale Team begrüßen es als Mosaik im ausgeklügelten System der Kinderonkologie. „Alles hier funktioniert nur, wenn die Kinder sich einigermaßen wohlfühlen und wenn die Eltern in ihrer Rolle stabil bleiben“, erklärt Oberärztin Katja Gall. Das Tagebuch könne mit den praktischen Tipps und Impulstexten Struktur in den Alltag bringen. „Und es bringt die guten Momente in die Wahrnehmung - das ist wichtig, denn die gute Nachricht geht bei uns oft unter“, sagt Gall.

Den Fokus trotz der lebensbedrohlichen Diagnose auf das Gute zu legen, ist auch Julia Bilys Ziel. Die Psychologin der Kinderkrebsstation ist immer wieder erstaunt, wie stark viele Kinder sind. Die Eltern seien emotional oftmals bedürftiger: „Es ist für sie schwer auszuhalten, dass sie nichts machen können.“ Die Aufgabe des psychosozialen Teams seien Präsenz und Stabilität: „Wir sind Buddys für die Kinder und auch mal Freundin auf Zeit für die Eltern.“ Ein Tagebuch, das das Gedankenchaos sortieren hilft, könne die Lücke in Momenten des Alleinseins schließen.

Sport und Entspannung, Fingerspiele, Bilder und Lieder

Auch für Eltern, denen das Schreiben nicht liegt, hält das Tagebuch einiges bereit: Es gibt Tipps für Sport- oder Entspannungsübungen, die sich im Klinikalltag einbauen lassen, für Fingerspiele, Ausmalbilder und Quatschlieder für die kleinen Patienten oder für Ausflugstipps mit Geschwisterkindern rund um das Krankenhaus.

Für Klinikseelsorgerin Neitzel hat das Büchlein auch noch eine andere Funktion: als Nachschlagwerk für spätere Jahre, wenn der Krebs besiegt ist - oder als Erinnerung, wenn ein Kind gestorben ist. „Bei unseren Gedenkgottesdiensten erfahre ich oft, dass viele Eltern Dinge aus der Zeit der Krankheit als Andenken aufbewahren“, sagt die Pfarrerin.

Auch Mirjam Arzt schätzt das Tagebuch: „Da sind viele praktische Tipps drin, was man mit dem Kind machen kann, wenn einem die Ideen ausgehen“, sagt Benjamins Mutter. Die Denkanstöße aus Literatur und Weltreligionen wiederum helfen ihr, mit der Situation konstruktiv umzugehen. „Die Krebsdiagnose ist die ganz große Katastrophe, die einem als Familie passieren kann“, sagt sie. Dennoch hätten sie und ihr Mann „klar entschieden“, sich das Leben durch Grübelei nicht schwerer zu machen, als es nun mal sei.

Die Nerven zu verlieren, ist keine Option

Vor Benjamin und seinen Eltern liegt noch ein langer Weg. Bis Mai dauert die Behandlung, danach beginnt das Warten und Bangen erneut: Sind die Krebszellen endgültig besiegt oder kehren sie wieder? Die Nerven zu verlieren, ist für Mirjam Arzt keine Option. „Dieses Leben ist das einzige, das Benjamin hat - wir Eltern sind in der Verantwortung, es für ihn positiv und schön zu füllen.“

Also geht es zwischen Klinik und Chemo mit Fahrrad und Kinderanhänger raus in den Wald, wann immer es möglich ist: Der Kleine hat begonnen zu laufen und erkundet die Welt, wie andere Kinder auch. Und Mirjam Arzt hofft, dass sie in vielen Jahren zu dritt in dem zartgelben Kliniktagebuch blättern und vielleicht noch einmal über das Zitat von Pippi Langstrumpf stolpern: „Der Sturm wird stärker. Ich auch.“

Susanne Schröder


Gesundheit

"Die Essstörung war wie eine beste Freundin"



Die Auslöser, die zu einer Essstörung führen, sind vielfältig. Die Augsburger Einrichtung "Schneewittchen" unterstützt Betroffene dabei, wieder einen gesunden Umgang mit Essen zu finden - und appelliert, sich frühzeitig Hilfe zu suchen.

Augsburg (epd). Katys Familie wusste lange nichts von ihrer Krankheit. Die Verwunderung sei groß gewesen, als sie erzählt habe, wie lange sie schon betroffen ist. „Angesehen hat man mir die Bulimie nicht“, sagt die heute 28-Jährige. Sie vergleicht ihre Krankheit mit einer „besten Freundin, die mit weitem Abstand hinter einem geht“. Hilfe bekam sie nach jahrelangem Kampf in der Augsburger Facheinrichtung „Schneewittchen“ des SOS-Kinderdorfes. Die Beratungsstelle hat ihr bei der Suche nach einer Therapeutin geholfen.

Essen als lebensbestimmendes Thema

Essstörungen können - auch lange unbemerkt vom eigenen sozialen Umfeld - das Leben der Betroffenen komplett bestimmen. Katharina Stang ist Sozialpädagogin bei „Schneewittchen“. Essstörungen laufen so verschieden ab, wie sie entstehen, sagt sie. Und zwar ganz gleich, ob Anorexie, also Magersucht, Bulimie (Ess-Brechsucht) oder eine Binge-Eating-Störung, die auch Esssucht genannt wird. Dabei sei ein auffälliges oder ungesundes Essverhalten nicht immer auch automatisch eine Essstörung, betont die Expertin.

Bei „Schneewittchen“ machen sie diese Unterscheidung aber erst einmal nicht. Gemein haben alle Typen von auffälligem Essverhalten oder Essstörungen, dass Essen zum lebensbestimmenden Thema der Betroffenen wird und sich negativ auf das Wohlbefinden auswirkt. Expertin Stang erklärt, dass das Essen nur ein Symptom sei und dahinter komplexere Faktoren stehen. Gleichzeitig kritisiert sie, „dass das Bewusstsein, dass eine Essstörung nie vordergründig mit dem Thema Essen zu tun hat, bei den wenigsten vorhanden ist“.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schätzt, dass von 1.000 Menschen 30 bis 50 an einer diagnostizierbaren Essstörung leiden. Mädchen und Frauen sind dabei zwar deutlich häufiger betroffen. Trotzdem berät die Augsburger Beratungsstelle zunehmend Männer. „Wir hatten einen massiven Anstieg der Fallzahlen während der Corona-Pandemie, als die Menschen sozial isoliert, viel auf Social Media unterwegs waren und sich vermehrt mit ihrem Körper beschäftigt haben“, erläutert die Sozialpädagogin.

Erkrankung wird verdrängt

Bis eine Essstörung überhaupt entsteht, würden viele Faktoren zusammenkommen. „Sie werden es niemals erleben, dass es einen einzigen, ausschlaggebenden Grund gibt“, sagt Stang. Gesellschaftlicher Druck, eine persönliche Vorbelastung in Form eines geringen Selbstwertgefühls, familiäre Probleme sowie genetische Faktoren und hormonelle Veränderungen können zur Entwicklung einer Essstörung beitragen. Die meisten Betroffenen wollen ihre Erkrankung laut Stang mehr oder weniger lange nicht wahrhaben.

Ähnliches hat auch Mona erlebt. Über den Grund ihrer Essstörung sagt die 31-Jährige: „Jeder wollte nur etwas von mir und ich musste für jeden funktionieren.“ Ein Schönheitsideal sei für sie hingegen nie ausschlaggebend gewesen. Dass sich eine Essstörung bei ihr entwickelt hatte, wollte auch sie anfangs nicht wahrhaben. „Irgendwann kam dann der Moment, als jemand aus meinem näheren Umfeld auf mich zukam und meinte, er werde nicht zuschauen, wie ich sterbe.“

Familiäre Vorbelastung

Mona war damals extrem dünn. „Schneewittchen“ empfahl als ersten Schritt eine Ernährungsberatung, danach besuchte sie regelmäßig eine Selbsthilfegruppe von „Schneewittchen“. Die Beratungsstelle finanziert sich in erster Linie von Spenden und Zuschüssen. Katy wiederum nennt eine familiäre Vorbelastung als Ursache für ihre Essstörung, hinzu kam ein Sportzwang: „Ich hatte keine Energie mehr und mein Sozialleben hat gelitten.“ Beide haben einen jahrelangen Kampf von den ersten Anzeichen bis zur Therapie hinter sich.

Was sie Menschen, die am Beginn einer Essstörung stehen, raten würden? Für Mona waren der Kontakt und Austausch mit anderen Betroffenen eine große Unterstützung. Beraterin Stang rät dazu, möglichst früh Hilfe zu holen. Mona ist sich trotz langer Therapie sicher, dass sie die Essstörung ein Leben lang mit sich tragen wird. Aber: „Betroffene können irgendwann ein Leben führen, das nicht mehr von der Essstörung bestimmt ist“, erläutert Stang.

Florian Hechler


Forschung

Studie zu Vorbehaltsaufgaben in der Pflege vorgestellt



Berlin (epd). Der Katholische Krankenhausverband Deutschland (KKVD) und das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) haben die Ergebnisse ihrer Studie zu Vorbehaltsaufgaben der Pflege im Krankenhaus (VAPiK) vorgestellt. Dafür wurde innerhalb eines Jahres untersucht, wie das pflegerische Vorbehaltsrecht in der Praxis besser umgesetzt werden kann, das seit dem Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes im Jahr 2020 gilt. Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des KKVD, sagte am 26. März in Berlin: „Wir wollen den Prozess der pflegerischen Professionalisierung vorantreiben, um so einerseits die Attraktivität des Pflegeberufs und andererseits die Qualität der Pflege zu steigern.“

Dass hier noch viel zu tun ist, betonte Professor Frank Weidner, der Direktor des DIP. „Das Pflegeberufegesetz steckt erstmals das Aufgabenfeld der Pflege ab. Mit den Vorbehaltsaufgaben der Pflege zieht der Gesetzgeber eine rote Linie, denn seit 2020 dürfen diese Aufgaben nicht von Personen ausgeführt werden, die Pflege nicht gelernt haben. Auch nicht von Ärztinnen und Ärzten. Es gilt: Pflege darf nur, wer Pflege kann.“ Oder, um es zu präzisieren: Immer, wenn es um die beruflich veranlasste Organisation, Gestaltung und Steuerung von Pflegeprozessen geht, muss das eine mindestens dreijährig qualifizierte Pflegefachperson übernehmen.

„Bislang kaum beachtet und umgesetzt“

Aber, so der Professor: In allen Sektoren werde das bislang kaum beachtet und umgesetzt. Die Gründe dafür sind dem Experten zufolge vielfältig. Es fehle an Informationen, notwendiger Haltung von Akteurinnen und Akteuren sowie an angemessener Regulierung auf allen Ebenen.

Die Vorbehaltsaufgaben schafften Klarheit und Rechtssicherheit, „wenngleich ihre Ausgestaltung ein Aushandlungsprozess ist, der in allen Krankenhäusern und Einrichtungen, in denen Pflege stattfindet, zu führen ist“, so Weidner.

Studie liefert „handfeste Empfehlungen“

Weil das jedoch noch nicht umfassend geschieht, liefere die vorgelegte Studie handfeste Empfehlungen auf individueller, organisationaler und politischer Ebene, womit es zur Stärkung der Pflegeprofession beiträgt und eine Versorgung der Patientinnen und Patienten von höchster Qualität fördert. „Das schafft für die Krankenhäuser die Möglichkeit, die Vorbehaltsaufgaben mit Leben zu füllen. Wo die Studie endet, fängt die Arbeit an“, sagte Rümmelin.

Die Studie enthält Empfehlungen, die auf verschiedenen Ebenen in der Praxis zu berücksichtigen sind. Ganz allgemein müsse das Vorbehaltsrecht im Klinikalltag gestärkt werden. Auch seien Fortbildungen für Pflegefachkräfte zwingend nötig. In der Leitung einer Einrichtung müsse die Verantwortung für die Neuerungen geklärt sowie klinikinterne Vorgaben überprüft werden.




sozial-Recht

Bundesverwaltungsgericht

Unterhaltsvorschuss nur bei überwiegender Kindesbetreuung




Alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern
epd-bild/Detlef Heese
Bei ausbleibenden Kindesunterhaltszahlungen weiß der betreuende Elternteil oft nicht mehr weiter. Ein staatlicher Unterhaltsvorschuss kann helfen. Aber den kann ein Elternteil nur verlangen, wenn er sich mehr als 60 Prozent der Betreuungszeit um das Kind kümmert, urteilte das Bundesverwaltungsgericht.

Leipzig (epd). Alleinerziehende sind bei ausbleibenden Kindesunterhaltszahlungen oft wegen der besonderen Belastungen auf einen staatlichen Unterhaltsvorschuss angewiesen. Teilen sich getrennt lebende Eltern die Kindesbetreuung aber auf, besteht ein Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss nur, wenn der beantragende Elternteil sich zu mehr als 60 Prozent der tatsächlichen Betreuungszeit selbst um das Kind kümmert, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am 21. März veröffentlichten Urteil.

Zahlt ein getrennt lebender Elternteil nicht den vorgeschriebenen Kindesunterhalt, springt der Staat mit einem Unterhaltsvorschuss ein. Allein 2022 zahlte er nach Angaben des Bundesfamilienministeriums dafür rund 2,5 Milliarden Euro. Das Geld kann sich der Staat zwar von den säumigen Unterhaltszahlern wieder zurückholen. 2022 brachte das den Daten zufolge jedoch nur 493 Millionen Euro für den Fiskus ein.

Probleme bei geteilter Betreuungszeit

Um den Unterhaltsvorschuss von - je nach Alter des Kindes - bis zu 395 Euro monatlich erhalten zu können, muss das Kind mit dem betreuenden Elternteil auf Dauer in häuslicher Gemeinschaft leben. Das ist bei Alleinerziehenden der Fall. Schwierig wird es mitunter aber, wenn die getrennt lebenden Eltern sich die Betreuung und Erziehung aufteilen.

Genau das war im aktuellen Rechtsstreit der Fall. Die aus dem Raum Minden stammende klagende Mutter von siebenjährigen Zwillingen hatte ab Februar 2020 einen Unterhaltsvorschuss beantragt. Der Kindesvater zahle derzeit keinen Unterhalt.

Die zuständige Unterhaltsvorschussstelle lehnte den Antrag ab. Denn die Mutter gelte nicht als alleinerziehend. Die Kinder lebten auch im väterlichen Haushalt. Aufgrund einer familienrechtlichen Vereinbarung würden sie vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen vom Vater betreut. Darüber hinaus habe der Vater die Kinder auch während eines längeren Krankenhausaufenthalts der Mutter bei sich versorgt. Beide Elternteile übten das gemeinsame Sorgerecht aus und praktizierten es auch. Während der Schulzeiten betreue der Vater die Zwillinge zu 36 Prozent. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen wies die Klage der Mutter ebenfalls ab.

Verfahren geht zurück an das OVG

Das Bundesverwaltungsgericht gab ihr jedoch dem Grunde nach recht und verwies das Verfahren an das OVG zurück. Elternteile könnten einen Unterhaltsvorschuss beantragen, wenn der Ex-Partner keinen oder keinen ausreichenden Kindesunterhalt zahlt und das Kind „ganz überwiegend“ und dauerhaft in häuslicher Gemeinschaft mit dem antragstellenden Elternteil lebt, so das Gericht.

Davon sei auszugehen, wenn der beantragende Elternteil das Kind zu mehr als 60 Prozent betreut. Wie die einzelnen Betreuungsleistungen erbracht werden, sei unerheblich. Nicht auf die Gewichtung der Betreuungsleistungen, sondern allein auf den Zeitanteil der Betreuung komme es an, befand das Gericht. Die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts sage dagegen noch nichts darüber aus, in welchem Umfang die Kindesbetreuung tatsächlich stattfindet.

Betreuungsdauer über längeren Zeitraum betrachten

Ob ein Elternteil „ganz überwiegend“ das Kind betreut, könne regelmäßig nur über einen längeren Zeitraum - etwa zwölf Monate - und nicht monatsweise bestimmt werden. So seien in dem Betreuungszeitraum der vereinbarte reguläre Kindesumgang ebenso einzubeziehen wie die Betreuung etwa in den Schulferien. Nicht zu berücksichtigen seien Zeiten außer der Reihe, etwa wenn ein Elternteil ins Krankenhaus muss. Zeiten, in denen das Kind von Dritten betreut wird, etwa von den Großeltern, seien dem Elternteil zuzuordnen, dem die Betreuung des Kindes obliegt. Nach diesen Maßstäben soll das OVG den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nun noch einmal prüfen.

In einem weiteren Urteil vom 27. Februar 2020 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Unterhaltsvorschussleistungen für einen Schüler meist nicht auf das BAfög angerechnet werden müssen. Denn die Unterhaltsvorschussleistungen würden als „sonstige Einnahmen“ gelten, für die Auszubildende den allgemeinen Einkommensfreibetrag von monatlich 290 Euro (jetzt 330 Euro) beanspruchen können.

Kein Unterhaltsvorschuss in Fällen von Samenspende

Alleinerziehende können jedoch keinen Unterhaltsvorschuss erhalten, wenn ihr Kind nach einer anonymen Samenspende geboren wurde. Wie das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 16. Mai 2013 klarstellte, sei der Unterhaltsvorschuss eben als Vorschuss gedacht. Nach dem Gesetz bestehe kein Anspruch auf die Leistung, wenn die Mutter sich weigert, den biologischen Vater zu benennen.

Das sei mit der Rechtslage bei einer anonymen Samenspende vergleichbar. Die Mutter wisse von vornherein, dass sie die Ermittlung des Vaters „bewusst und gewollt“ ausschließt. Unterhaltsvorschuss könne sie daher nicht verlangen, so die Leipziger Richter im Fall einer Frau, die sich mithilfe einer anonymen Samenspende aus einer dänischen Samenbank künstlich hat befruchten lassen.

Az.: 5 C 9.22 (Bundesverwaltungsgericht, Betreuungszeit)

Az.: 5 C 5.19 (Bundesverwaltungsgericht, Bafög)

Az.: 5 C 28.12 (Bundesverwaltungsgericht, anonyme Samenspende)

Frank Leth


Bundessozialgericht

Unfallschutz im Homeoffice gestärkt



Kassel (epd). Beschäftigte im Homeoffice stehen auch bei Unfällen im Heizungskeller unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Kommt es beim Versuch, eine ausgefallene Heizung für einen wärmeren Arbeitsraum hochzudrehen, zu einer Verpuffung, liegt für den Unfallschutz ein ausreichender „unternehmensdienlicher“ Zusammenhang vor, urteilte am 21. März das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Das gelte auch dann, wenn mit dem Hochdrehen der Heizungsanlage auch die privaten, nicht versicherten Räume erwärmt werden sollen.

Der Kläger war selbstständiger Busunternehmer und bei der Berufsgenossenschaft Verkehr pflichtversichert. In seinem Haus nutzte er das Wohnzimmer als häuslichen Arbeitsplatz, um Büroarbeiten erledigen zu können.

Entscheidend ist der Zusammenhang mit dem Homeoffice

Im April 2015 holte er seine zwei Söhne von der Grundschule ab und wollte daraufhin im Homeoffice arbeiten. Dabei stellte er fest, dass die Heizkörper kalt waren. Um nicht im Kalten arbeiten zu müssen, drehte er im Keller die Temperatur der Heizungsanlage hoch. Dabei kam es zu einer Verpuffung im Kessel. Der Kläger erlitt unter anderem eine schwere Augenverletzung.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe seine Kinder mit Wärme versorgen wollen. Dies sei eine unversicherte Tätigkeit, so die Argumentation. Das Landessozialgericht München wies die dagegen gerichtete Klage des Mannes ab.

Das BSG stellte nun aber fest, dass der Unternehmer einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat. Das Drehen am Temperaturregler habe in sachlichem Zusammenhang mit der Homeoffice-Tätigkeit gestanden. Der Kläger habe es für seine Büroarbeit warm haben wollen. Allein die Privaträume der Kinder habe er nicht heizen wollen, befand das Gericht.

Das Hochdrehen der Heizung sei „unternehmensdienlich“ gewesen. „Bei unternehmensdienlichen Verrichtungen sind indes auch im Homeoffice die von privaten Gegenständen ausgehenden Gefahren versichert“, erklärte das BSG.

Az.: B 2 U 14/21 R



Landesarbeitsgericht

Unbeliebte Mitarbeiterin kann nicht einfach gekündigt werden



Nürnberg (epd). Arbeitgeber dürfen auf Druck der eigenen Belegschaft keinen unbeliebten Mitarbeiter kündigen. Auch wenn die Mehrheit der Beschäftigten droht, sonst selbst zu kündigen, muss sich der Arbeitgeber zunächst vor die betroffene Mitarbeiterin stellen, um den von den Kollegen aufgebauten Druck abzuwenden, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 2023.

Konkret ging es um eine heute 52-jährige, mit einem schwerbehinderten Kollegen gleichgestellte Chemielaborantin. Die Frau lag über Jahre mit ihren Kolleginnen und Kollegen über Kreuz. Die ließen sich deshalb versetzen oder kündigten gar. Im November 2019 erlitt die Chemielaborantin wegen eines Burn-outs einen Zusammenbruch. Sie war bis Oktober 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Als bekannt wurde, dass sie wieder an ihrem alten Arbeitsplatz zurückkehren wird, klagten mehrere Mitarbeiter über den von der Frau ausgehenden psychischen Druck und ihr manipulatives Agieren.

Massenkündigung angedroht

Eine Befragung des Arbeitgebers ergab, dass sechs von zehn Labormitarbeitern eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Kollegin ausschlossen. Falls die Frau zurückkehren werde, drohten sie mit einer eigenen Kündigung.

Daraufhin sprach der Arbeitgeber gegenüber der Chemielaborantin eine Änderungskündigung aus. Sie sollte nun in einem 90 Kilometer entfernten Betrieb arbeiten. Andernfalls drohe eine Kündigungswelle, sodass der Laborbetrieb gefährdet sei, hieß es zur Begründung.

Doch diese sogenannte Druckkündigung ist unwirksam, urteilte das LAG. Nur ausnahmsweise könne ein Arbeitgeber aufgrund des Drucks der Belegschaft einem Mitarbeiter kündigen. Zuvor müsse der Arbeitgeber aktiv alles Zumutbare tun, „um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen“. So müsse er vermitteln und darauf hinweisen, dass aus seiner Sicht eine Kündigung objektiv nicht gerechtfertigt sei. Hier habe der Arbeitgeber sich jedoch nicht schützend vor die Chemielaborantin gestellt und die Belegschaft nicht dazu aufgefordert, eine Zusammenarbeit mit der unliebsamen Kollegin noch einmal auszuprobieren, befand das LAG.

Az.: 7 Sa 61/23



Landesarbeitsgericht

Behinderter Bewerber muss selbst auf Führerschein hinweisen



Chemnitz (epd). Der Besitz eines in der Stellenausschreibung einer Gemeinde verlangten Führerscheins der Klasse B ist nicht selbstverständlich. Bewirbt sich ein behinderter Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle, ohne jedoch auf seine Fahrerlaubnis hinzuweisen, kann er ohne Einladung zum Vorstellungsgespräch wegen fehlender fachlicher Eignung eine Absage erhalten, entschied das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz in einem am 19. März veröffentlichten Beschluss.

Im konkreten Fall hatte eine Gemeinde im August 2021 befristet einen „Mitarbeiter (m/w/d)“ für eine Tätigkeit in einer Gemeinschaftsunterkunft gesucht. „Zwingende Voraussetzung“ für die Tätigkeit war ein Führerschein der Klasse B (früher Führerscheinklasse 3).

Absage ohne Vorstellungsgespräch erhalten

Der schwerbehinderte Bewerber erhielt eine Absage, da er in seiner Bewerbung nicht auf seinen Führerschein hingewiesen hatte. Zum Vorstellungsgespräch wurde er nicht eingeladen.

Nach dem Gesetz sind öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, fachlich geeignete schwerbehinderte Stellenbewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Wird das unterlassen, stellt das ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der Behinderung dar.

Das machte nun auch der behinderte Bewerber geltend und forderte eine Entschädigung in Höhe von 7.339 Euro. Für das Gerichtsverfahren beantragte er Prozesskostenhilfe. Er habe zwar in seiner Bewerbung nicht auf seinen Führerschein hingewiesen. Das sei auch nicht erforderlich gewesen, weil der Besitz der Fahrerlaubnis als selbstverständlich gelte, so der Kläger.

Auch keine Prozesskostenhilfe

Doch das LAG lehnte das LAG den Prozesskostenhilfeantrag ab. Der schwerbehinderte Kläger hätte in seiner Bewerbung auf die unverzichtbaren Anforderungen des Stellenprofils eingehen müssen. „Zwingende Voraussetzung“ sei danach der Besitz der Fahrerlaubnis Klasse B gewesen.

Ohne Kenntnis von der Fahrerlaubnis habe die Gemeinde davon ausgehen können, dass der Kläger nicht über die erforderliche fachliche Eignung verfüge. In einem solchen Fall habe er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen.

Az.: 1 Ta 60/22



Landessozialgericht

Honorar in Mindestlohnhöhe spricht für abhängige Beschäftigung



Potsdam (epd). Das an eine „selbstständige“ Reinigungskraft gezahlte Honorar in Mindestlohnhöhe spricht nach einem Gerichtsurteil gegen die Annahme einer selbstständigen Beschäftigung. Ist die Reinigungskraft zudem in erheblichem Arbeitsumfang in zwei Apotheken beschäftigt, ist von einer Eingliederung in den Betrieb und von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am 21. März veröffentlichten Urteil.

Der Kläger, ein Apotheker, hatte laut Dienstvereinbarung eine vermeintlich selbstständige Reinigungskraft mit der Reinigung von zwei Apotheken beauftragt. Die Frau sollte 18 Stunden pro Woche während der Öffnungszeiten der Betriebe putzen. Hierfür erhielt sie im Streitzeitraum 2012 bis Dezember 2015 zehn Euro pro Stunde, nur 0,45 Euro mehr als der damals geltende Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk. Die Reinigungskraft verfügte über eine Gewerbeanmeldung zum Tätigkeitsbereich „Reinigungsservice, Reinigung nach Hausfrauenart“. Als Betriebsstätte gab sie die Adresse eines Büroservice an.

Betriebsprüfer erkannten sozialversicherungspflichtige Arbeit

Als die Rentenversicherung bei dem Apotheker eine Betriebsprüfung vornahm, ging sie bei der Reinigungskraft von einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Der Apotheker sollte 16.481 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen. Der lehnte das ab und argumentierte, dass die Frau selbstständig sei. Er verwies auf die Dienstvereinbarung und die Gewerbeanmeldung der Frau.

Das LSG urteilte, dass die Reinigungskraft abhängig beschäftigt war und der Apotheker zu Recht die geforderten Beiträge nachzahlen müsse. Ob eine selbstständige Tätigkeit vorliege, hänge insbesondere vom eigenen Unternehmerrisiko, dem Vorhandensein einer Betriebsstätte und der Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft ab.

Ein Unternehmerrisiko sei bei der Reinigungskraft jedoch nicht „im Ansatz erkennbar“, so das Gericht. Die Frau habe ihre Arbeitskraft mit der sicheren Aussicht auf die wöchentliche Barentlohnung angeboten. Auch das geringe Stundenhonorar von etwas mehr als dem Mindestlohn spreche für eine abhängige Beschäftigung hin. Der erhebliche Umfang der Reinigungstätigkeit von 18 Wochenstunden weise ebenfalls auf eine Eingliederung in den Betrieb des Apothekers hin, urteilte das LSG. Auf die Gewerbeanmeldung und die Dienstvereinbarung komme es hier nicht an, entschied das Gericht.

Az.: L 9 BA 42/20



Landessozialgericht

Grundsicherungsempfängerin muss für Sozialbetrug des Partners haften



Celle/Hannover (epd). Eine ehemalige Grundsicherungsempfängerin muss einem Gerichtsurteil zufolge für einen Sozialleistungsbetrug durch ihren früheren Lebensgefährten haften, obwohl sie nichts von dessen Handeln wusste. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen wies die Klage einer Frau aus Hannover und deren 2006 geborener Tochter zurück, wie das Gericht am Dienstag in Celle mitteilte (AZ: L 11 AS 330/22).

Die beiden hatten gemeinsam mit dem Lebenspartner und Vater des Kindes seit 2005 Grundsicherungsleistungen bezogen. Um die Anträge der Bedarfsgemeinschaft kümmerte sich der Lebensgefährte. Als die Frau nach der Elternzeit wieder arbeitete, beauftragte sie 2008 den Partner, die Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter abzumelden, da sie ihren Lebensunterhalt nun selbst sicherstellen konnten. Er aber leitete stattdessen die Leistungen auf ein anderes Konto um und fing sämtlichen Schriftverkehr ab.

Betrug flog ein Jahr später auf

Erst Jahre später erfuhr das Jobcenter durch eine Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung von der Beschäftigung. In der Folge machte das Center eine Erstattungsforderung von rund 11.000 Euro gegenüber der Frau geltend, die sie zunächst in Raten bezahlte. Doch dann wurde der Mann wegen Sozialleistungsbetrug verurteilt, und die Beziehung ging in die Brüche.

Daraufhin klagte die Frau beim Sozialgericht, da sie von dem Betrug nichts gewusst habe. Von dem Handeln ihres früheren Lebensgefährten habe sie erst erfahren, als eine Gehaltsanfrage des Jobcenters bei ihrem Arbeitgeber eingegangen war.

Das Landessozialgericht gab jedoch der Auffassung des Jobcenters recht und bestätigte damit eine Entscheidung des Sozialgerichts Hannover. Die Frau müsse sich das Verhalten ihres Ex-Lebensgefährten zurechnen lassen, denn sie habe dessen Vollmacht nie widerrufen.




sozial-Köpfe

Kirchen

Markus Peters wird Vorstandssprecher des Kölner Caritasverbandes




Markus Peters
epd-bild/SKM
Wechsel im Vorstand des Caritasverbandes für die Stadt Köln: Markus Peters löst Peter Krücker ab. Der neue Chef verfügt über viel Erfahrung in der Sozialbranche - und kennt Köln gut.

Köln (epd). Markus Peters wird am 1. Oktober als Nachfolger von Peter Krücker Vorstandssprecher des Caritasverbands für die Stadt Köln. Peters, Jahrgang 1976, ist gebürtiger Kölner. Der Politikwissenschaftler und Verwaltungsrechtler ist bereits seit 2014 Mitglied des Vorstands und seit 2015 Vorstandsvorsitzender des SKM Köln - Sozialdienst Katholischer Männer.

Zuvor war er seit 2004 in unterschiedlichen Positionen für den Malteser Hilfsdienst tätig - zuletzt als Leiter Verbandsentwicklung in der Bundeszentrale in Köln-Kalk. Zwischen 2007 und 2014 war Peters zudem geschäftsführender Teilhaber einer Agentur für Social Marketing und Fundraising.

Krücker, Jahrgang 1959 und Diplom-Sozialarbeiter, wurde 2001 stellvertretender Caritasdirektor. Seit 2006 gehört er dem hauptamtlichen Vorstand des Caritasverbandes Köln an, dessen Vorstandssprecher er seit 2011 ist. Zudem war er Vorsitzender der ausländerrechtlichen Härtefallkommission und im Beirat der ARGE Köln. Auf Bundes- und Landesebene war er Sprecher der Caritas-Ortsverbände in Nordrhein-Westfalen.

Stadtdechant Monsignore Robert Kleine, der dem Caritasrat als Aufsichtsgremium des Caritasverbandes Köln vorsitzt, bezeichnete Peters als „bestens vertraut mit allen sozialen und sozialpolitischen Themen, die uns in Köln bewegen“. Der Stadtdechant dankte Krücke, der immer vorangehe, wenn Menschen in Not zu unterstützen und Ungerechtigkeiten anzuprangern seien.

Der Caritasverband für die Stadt Köln ist Träger von 80 Diensten und Einrichtungen der Sozialen Arbeit und Pflege im Kölner Stadtgebiet mit mehr als 2.000 hauptamtlichen und 1.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.



Weitere Personalien



Ute Schneider-Smietana (58), Theologin, wird neue Vorstandssprecherin der Inneren Mission Bremen. Sie tritt das Amt am 15. April an. Sie wird gemeinsam mit dem kaufmännischen Vorstand Thomas Krebs die Geschicke des diakonischen Unternehmens lenken. Schneider-Smietana tritt die Nachfolge von Thomas Röhr an, der nach nur zehn Monaten im Amt den Bremer Verein im Februar auf eigenen Wunsch verlassen hatte. Sie war zuletzt seit 2021 Theologische Vorständin und Vorstandssprecherin bei der Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf. Nach ihrem Studium der Evangelischen Theologie war Schneider-Smietana anfangs als Pfarrerin in verschiedenen Gemeinden aktiv, bevor sie 2015 als Referentin des Vorstandes in die Rotenburger Werke der Inneren Mission e.V. in Rotenburg/Wümme wechselte.

Herbert Rebscher, langjähriger Vorstandsvorsitzender der bundesweit drittgrößten Krankenkasse DAK-Gesundheit, ist am 23. März im Alter von 69 Jahren überraschend nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Rebscher war von 2005 bis Ende 2016 Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Gesundheit und leitete seit 2017 den wissenschaftlichen Beirat der Kasse. Zuvor war der Gesundheitsökonom und Professor unter anderem von 1996 bis 2004 Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK). Vorstand und Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit würdigten die großen Verdienste Rebschers für die Krankenkasse sowie für das deutsche Gesundheitswesen. „Wir danken Herbert Rebscher für sein großes Engagement und die umfassenden Verdienste“, sagten der Vorstandsvorsitzende Andreas Storm und der Verwaltungsratsvorsitzende Roman G. Weber in einer gemeinsamen Erklärung.

Franziska Landgraf ist seit 1. April vorübergehend Pflegedirektorin der Berliner Charité-Universitätsmedizin. Die bisherige stellvertretende Direktorin folgt Anke Jentzsch nach, die das Amt erst im Juli vorigen Jahres angetreten hatte. Zur Begründung heißt es, Jentzsch habe kürzlich ihre Promotion in Medizinwissenschaften an der Technischen Universität Dresden abgeschlossen und wolle sich hauptsächlich der akademischen Tätigkeit widmen. Sie kam als Pflegedirektorin von den Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz nach Berlin. Übergangsweise übernimmt nun Landgraf in Abstimmung mit Carla Eysel, der Charité-Vorständin Personal und Pflege, die Geschäfte. Eine langfristige Nachbesetzung solle zeitnah erfolgen, hieß es.

Christoph Heller (45) ist neuer Geschäftsführer der St. Marien-Hospital Hamm gGmbH und der Valeo-Kliniken GmbH. Er nimmt am 8. April seine operative Tätigkeit auf und arbeitet in den ersten Wochen an der Seite von Interims-Geschäftsführer Hauke Schild, der im Anschluss andere Aufgaben in der Johanniter GmbH übernehmen wird. Bis Ende März gehörte Heller der Geschäftsführung der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) an - mit Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen und dem nördlichen Rheinland-Pfalz. Sein Tätigkeitsschwerpunkt lag in der strategischen und wirtschaftlichen Ausrichtung der GFO-Krankenhäuser und MVZ-Standorte.

Jan-Dirk Döhling (51) hat am 1. April die Leitung des Instituts Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen übernommen. Der Landeskirchenrat trat die Nachfolge von Klaus Breyer an, der nach 15 Jahren an der Institutsspitze mit 66 Jahren in den Ruhestand tritt. Die landeskirchliche Einrichtung befasst sich mit ethischen, gesellschaftlichen und politischen Fragen wie Klima- und Energiepolitik, Flucht und Migration. Weitere Themen sind die Arbeitswelt und soziale Gerechtigkeit. Das Institut ist auch Träger der Evangelischen Akademie Villigst.

Thomas de Vachroi (63) ist der erste Armutsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er leitet seit 2011 eine barrierefreie Wohnanlage des Diakoniewerkes Simeon, das Haus Britz. In dieser Funktion unterstütze er auch die Tee- und Wärmestube Neukölln und engagiere sich besonders für Obdach- und Wohnungslose. Seit 2017 ist er Armutsbeauftragter des Diakoniewerkes Simons, seit 2021 auch des Kirchenkreises Neukölln.

Hans-Ulrich Ihlenfeld (61) ist neuer Vorstandsvorsitzender der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz (KGRP). Er wurde einstimmig ins Amt gewählt. Ihlenfeld ist Jurist und seit 2013 Landrat des Landkreises Bad Dürkheim. Ihlenfeld folgt auf Hartmut Münzel, der dieses Amt von 2022 bis 2023 wahrgenommen hat und nun zum Stellvertreter von Ihlenfeld gewählt wurde.

Gerhard Brose (69) hat für die Diakonie das Amt des Leiters der Bonner Bahnhofsmission von Wolfgang Harnisch übernommen. Die Bahnhofsmission Bonn an Gleis 1 des Hauptbahnhofs wird gemeinsam von Diakonie und Caritas getragen, hat rund 30 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und ist Anlaufstelle für Menschen ohne Obdach, mit psychischen Beeinträchtigungen, Flüchtlinge und für Reisende. Ansprechpartner der Caritas ist Albert Schmitz. Brose war 35 Jahre lang evangelischer Gemeindepfarrer in Bornheim.

Ricarda Niedergerke hat die Ehrenplakette und damit die höchste Auszeichnung der Ärztekammer Niedersachsen erhalten. Die Medizinerin wurde für ihr außerordentliches Engagement für wohnungslose und hilfsbedürftige Menschen ausgezeichnet. Niedergehrke erhielt den Orden aus der Hand von Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN). Sie würdigte den Einsatz der Kollegin, die seit Jahrzehnten um die Menschen am Rande der Gesellschaft bemüht ist. Niedergerke war von 1978 bis 2006 als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in eigener Praxis in Hannover-Misburg niedergelassen. Schon in ihrer aktiven Zeit als Ärztin hat sie Menschen geholfen, die damals in ihre Praxis kamen und in Not waren. Deshalb entschied sich die jetzt Geehrte nach dem Eintritt in den Ruhestand, 2008 gemeinsam mit ihrem Mann die „Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung“ als Treuhandstiftung unter dem Dach der Bürgerstiftung Hannover zu gründen. Seither setzt sich die Ärztin vor allem für Menschen ein, „die keine Lobby haben und mit denen niemand etwas zu tun haben will“, wie sie sagt.

Florian Rupp ist seit Anfang April neuer Geschäftsführer der Vitos Orthopädischen Klinik Kassel und Nachfolger von Bernd Tilenius, der sein Amt aus persönlichen Gründen abgegeben hatte. Der 1982 in Lindenberg im Allgäu geborene Rupp ist Diplom-Betriebswirt. Er war zuletzt Geschäftsführer des Krankenhauses Bad Arolsen. Zuvor führte ihn sein beruflicher Weg über die Asklepios Psychiatrie Niedersachen, das Asklepios Fachklinikum Wiesen, die Malteser Sachsen-Brandenburg und die Asklepios Klinik Radeberg.

Yvonne Dintelmann (52) hat am 1. April ihr Amt der Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) angetreten. Die Diplom-Pflegewirtin ist Nachfolge von Edgar Reisch antreten, der nach 21 Jahren am UKHD in den Ruhestand geht. Bereits im September vergangenen Jahres hatte der Aufsichtsrat Dintelmann einstimmig zur neuen Pflegedirektorin bestellt. Sie arbeitete in den vergangenen vier Jahren als Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Mannheim. Davor war sie seit 2010 als Pflegedirektorin oder Geschäftsführerin in verschiedenen Kliniken tätig, darunter die Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und die Hochtaunuskliniken.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Mai



April

11.4. Berlin:

Seminar „Controlling in der stationären Altenhilfe - Planung, Reporting und Analyse“ der

Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

11.4. Berlin:

Seminar „Kollegiale Fallberatung - gemeinsam neue Lösungen generieren“

der Paritätischen Akademie Berlin

Tel.: 030/275828221

12.4. Berlin:

Seminar „Vergütungssatzverhandlungen in der Eingliederungshilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

16.4.:

Digitale Fachveranstaltung „Soziale Arbeit über Grenzen hinweg - Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Einzelfällen und bei Jugendhilfe im Ausland nach der Brüssel IIb Verordnung“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-605

17.4. Mannheim:

Grundlagenseminar „Arbeitsrecht für Führungskräfte“

der F[ortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

22.-24.4. Mülheim an der Ruhr:

Fortbildung „Häusliche Gewalt erkennen - Professionell handeln“

der AWO Akademie Berlin

Tel.: 030/26309-139

23.4.:

Online-Fortbildung „Hinweisgeberschutzgesetz - Die Pflicht zur Umsetzung aus datenschutzrechtlicher Sicht“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

25.4.:

Online-Seminar „Das operative Geschäft: Steuerung und Controlling in der Eingliederungshilfe“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0174/3154935

26.4. Berlin:

Fachkongress „Frühkindliche Medienbildung“

der Stiftung digitale chancen und der Stiftung Ravensburger Verlag

Tel.: 030/437277-41

29.4. Nürnberg:

Seminar „Schlanke Prozesse in Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0172/2883106

Mai

2.5.-5.12.:

Webinar-Reihe „Nachhaltigkeit in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft“

der SozialFactoring GmbH

Tel.: 0221/98817-0

6.-8.5. Freiburg:

Fortbildung „Fach- und Führungskräfte als Vermittelnde bei Konflikt und Mobbing“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

8.5.:

Online-Seminar „Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe“

der Paritätischen Akademie Berlin

Tel.: 030/2758282-27

13.5. Berlin:

Basiskurs (mehrteilig) „Organisationen systemisch gestalten und entwickeln“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0172/3012819

14.-15.5. Fulda:

Seminar „Arbeitszeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

22.-24.5. Frankfurt a.M.:

Fortbildung „Aufsuchen anstatt Abwarten - Grundlagen Steetwork“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0174/3154935

24.5. Köln:

Seminar „Pflegesatzverhandlungen in der stationären Altenhilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Solidaris Unternehmensberatung

Tel.: 02203/8997-519