sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Unbeliebte Mitarbeiterin kann nicht einfach gekündigt werden



Nürnberg (epd). Arbeitgeber dürfen auf Druck der eigenen Belegschaft keinen unbeliebten Mitarbeiter kündigen. Auch wenn die Mehrheit der Beschäftigten droht, sonst selbst zu kündigen, muss sich der Arbeitgeber zunächst vor die betroffene Mitarbeiterin stellen, um den von den Kollegen aufgebauten Druck abzuwenden, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 2023.

Konkret ging es um eine heute 52-jährige, mit einem schwerbehinderten Kollegen gleichgestellte Chemielaborantin. Die Frau lag über Jahre mit ihren Kolleginnen und Kollegen über Kreuz. Die ließen sich deshalb versetzen oder kündigten gar. Im November 2019 erlitt die Chemielaborantin wegen eines Burn-outs einen Zusammenbruch. Sie war bis Oktober 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Als bekannt wurde, dass sie wieder an ihrem alten Arbeitsplatz zurückkehren wird, klagten mehrere Mitarbeiter über den von der Frau ausgehenden psychischen Druck und ihr manipulatives Agieren.

Massenkündigung angedroht

Eine Befragung des Arbeitgebers ergab, dass sechs von zehn Labormitarbeitern eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Kollegin ausschlossen. Falls die Frau zurückkehren werde, drohten sie mit einer eigenen Kündigung.

Daraufhin sprach der Arbeitgeber gegenüber der Chemielaborantin eine Änderungskündigung aus. Sie sollte nun in einem 90 Kilometer entfernten Betrieb arbeiten. Andernfalls drohe eine Kündigungswelle, sodass der Laborbetrieb gefährdet sei, hieß es zur Begründung.

Doch diese sogenannte Druckkündigung ist unwirksam, urteilte das LAG. Nur ausnahmsweise könne ein Arbeitgeber aufgrund des Drucks der Belegschaft einem Mitarbeiter kündigen. Zuvor müsse der Arbeitgeber aktiv alles Zumutbare tun, „um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen“. So müsse er vermitteln und darauf hinweisen, dass aus seiner Sicht eine Kündigung objektiv nicht gerechtfertigt sei. Hier habe der Arbeitgeber sich jedoch nicht schützend vor die Chemielaborantin gestellt und die Belegschaft nicht dazu aufgefordert, eine Zusammenarbeit mit der unliebsamen Kollegin noch einmal auszuprobieren, befand das LAG.

Az.: 7 Sa 61/23