Berlin (epd). Trotz erheblicher Vorbehalte aus den Ländern hat der Bundesrat am 22. März das Cannabis-Gesetz passieren lassen. Mit der teilweisen Freigabe will die Bundesregierung eine Wende in der Drogenpolitik einleiten. Erwachsene dürfen Cannabis in begrenzter Menge besitzen, mit sich führen, Pflanzen ziehen oder einem Anbauverein beitreten. Begleitet wird die Liberalisierung von Detail- und Kontrollregelungen, die die Bundesländer umsetzen müssen. Das Gesetz ist am 1. April in Kraft getreten.
BESITZ: Zum eigenen Verbrauch dürfen Erwachsene über 18 Jahren in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben und zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren. Überschreitungen von fünf Gramm (unterwegs) bzw. zehn Gramm (zu Hause) werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Privat dürfen bis zu drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden.
KONSUM: Verboten ist Cannabis-Rauchen weiterhin in Sichtweite von Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Sportplätzen (Umkreis von 100 Metern). In Fußgängerzonen ist das Kiffen von 20 bis 7 Uhr erlaubt - also von 7 bis 20 Uhr verboten. Cannabis-Konsum in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen ist überall verboten, auch im privaten Umfeld.
CANNABIS-CLUBS: Mit behördlicher Erlaubnis dürfen als Vereine organisierte Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis-Pflanzen anbauen. Die Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquelle. Auch wer nur gelegentlich kifft und nicht mehr bei Dealern kaufen will, muss einem Cannabis-Club beitreten. Er oder sie kann die Droge auch nicht von einem Clubmitglied beziehen, weil Weitergabe und Verkauf an Jugendliche und an Erwachsene verboten sind. Vereinsmitglieder können bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erhalten, Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm, mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent. Mitglieder und Nicht-Mitglieder können bei den Vereinen Stecklinge oder Samen für den privaten Anbau kaufen. Kiffen im Vereinstreff ist verboten. Die Clubs müssen Auflagen erfüllen, Jugendschutzkonzepte und sollen ihre Anbauflächen nicht zusammenlegen dürfen. Die Regeln für Cannabis-Clubs treten am 1. Juli in Kraft, um den Bundesländern Zeit zur Vorbereitung zu geben.
MINDERJÄHRIGE: Besitz und Konsum von Cannabis bleiben verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten. Nach gut einem Jahr sollen die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Jugendschutz erstmals überprüft werden.
SCHWARZMARKT: Dealen bleibt strafbar. Einige Strafen werden verschärft, mit dem Ziel, den Jugendschutz zu verstärken. So wird etwa der Verkauf von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr geahndet.
JUSTIZ: Laufende Verfahren wegen Vergehen, die nach dem Cannabis-Gesetz nicht mehr strafbar sind, müssen eingestellt werden. Strafen, die noch nicht vollstreckt sind und nach neuem Recht keinen Bestand haben, werden erlassen. Frühere Straftaten müssen auf Antrag der Betroffenen aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden, wenn sie nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind. Ein Vorschlag für THC-Grenzwerte im Straßenverkehr wird für Ende März erwartet.
NÄCHSTER SCHRITT: Anders als geplant, wird es vorläufig keine Geschäfte geben, die Cannabis verkaufen. Dazu will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen weiteren Gesetzentwurf vorlegen. Geplant ist, den Verkauf in Apotheken oder staatlich lizenzierten Geschäften in Modellregionen zu erproben. Ursprünglich wollte die Ampel-Koalition den kontrollierten Verkauf von Cannabis bundesweit ermöglichen.