sozial-Recht

Landessozialgericht

Honorar in Mindestlohnhöhe spricht für abhängige Beschäftigung



Potsdam (epd). Das an eine „selbstständige“ Reinigungskraft gezahlte Honorar in Mindestlohnhöhe spricht nach einem Gerichtsurteil gegen die Annahme einer selbstständigen Beschäftigung. Ist die Reinigungskraft zudem in erheblichem Arbeitsumfang in zwei Apotheken beschäftigt, ist von einer Eingliederung in den Betrieb und von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am 21. März veröffentlichten Urteil.

Der Kläger, ein Apotheker, hatte laut Dienstvereinbarung eine vermeintlich selbstständige Reinigungskraft mit der Reinigung von zwei Apotheken beauftragt. Die Frau sollte 18 Stunden pro Woche während der Öffnungszeiten der Betriebe putzen. Hierfür erhielt sie im Streitzeitraum 2012 bis Dezember 2015 zehn Euro pro Stunde, nur 0,45 Euro mehr als der damals geltende Mindestlohn im Gebäudereiniger-Handwerk. Die Reinigungskraft verfügte über eine Gewerbeanmeldung zum Tätigkeitsbereich „Reinigungsservice, Reinigung nach Hausfrauenart“. Als Betriebsstätte gab sie die Adresse eines Büroservice an.

Betriebsprüfer erkannten sozialversicherungspflichtige Arbeit

Als die Rentenversicherung bei dem Apotheker eine Betriebsprüfung vornahm, ging sie bei der Reinigungskraft von einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Der Apotheker sollte 16.481 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen nachzahlen. Der lehnte das ab und argumentierte, dass die Frau selbstständig sei. Er verwies auf die Dienstvereinbarung und die Gewerbeanmeldung der Frau.

Das LSG urteilte, dass die Reinigungskraft abhängig beschäftigt war und der Apotheker zu Recht die geforderten Beiträge nachzahlen müsse. Ob eine selbstständige Tätigkeit vorliege, hänge insbesondere vom eigenen Unternehmerrisiko, dem Vorhandensein einer Betriebsstätte und der Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft ab.

Ein Unternehmerrisiko sei bei der Reinigungskraft jedoch nicht „im Ansatz erkennbar“, so das Gericht. Die Frau habe ihre Arbeitskraft mit der sicheren Aussicht auf die wöchentliche Barentlohnung angeboten. Auch das geringe Stundenhonorar von etwas mehr als dem Mindestlohn spreche für eine abhängige Beschäftigung hin. Der erhebliche Umfang der Reinigungstätigkeit von 18 Wochenstunden weise ebenfalls auf eine Eingliederung in den Betrieb des Apothekers hin, urteilte das LSG. Auf die Gewerbeanmeldung und die Dienstvereinbarung komme es hier nicht an, entschied das Gericht.

Az.: L 9 BA 42/20