sie war von der Bundesregierung als Geste des Respekts gedacht. Vor allem aber sollte sie den Alltag der etwa sechs Millionen Geringverdiener in Deutschland erleichtern: die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns von 10,45 Euro auf 12 Euro. Doch was eine spürbare Verbesserung bringen sollte, hilft angesichts der extrem gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise nur noch gegen ein Abrutschen in noch tiefere Armut. Drei betroffene Frauen berichten.
Beschäftigte im Gesundheitswesen fordern eine Gemeinwohlorientierung der Krankenhäuser. Der Münchner Anästhesist Peter Hoffmann vom Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ spricht sich im epd-Interview für Selbstkostendeckung statt Profitorientierung aus. Diese Umsteuerung wäre ein Gewinn für die Gesellschaft, denn im derzeitigen System werde viel Geld verschwendet. Die Fallpauschalen gehören aus seiner Sicht komplett abgeschafft.
Menschen mit einer Depression haben nicht nur mit der psychischen Krankheit, sondern auch mit Vorurteilen zu kämpfen. „Viele Menschen zweifeln Krankheiten an, die sie nicht sehen können“, sagte ein 36-jähriger Betroffener dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Einen gelähmten Menschen fordert niemand auf zu gehen.“ Von einem depressiven Menschen werde aber erwartet, dass er funktioniere. Dies zeige, dass diese Menschen „keine Ahnung haben, wie viel Kraft eine Depression raubt“.
Gleiches Geld für gleiche Arbeit: Nebenamtliche Teilzeitkräfte dürfen keinen geringeren Stundenlohn als vergleichbare hauptamtliche Voll- und Teilzeitbeschäftigte erhalten. Dass der Arbeitgeber geringfügig Beschäftigten eine freie Dienstwahl ermögliche, den hauptamtlichen Voll- und Teilzeit-Mitarbeitenden dagegen nicht, stellt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts keinen sachlichen Grund für eine geringere Vergütung dar. Im entschiedenen Fall arbeitet der Kläger als Rettungsassistent pro Monat durchschnittlich 16 Stunden. Hierfür erhielt er einen Stundenlohn von 12 Euro. Voll- und Teilzeitkräfte bekamen dagegen einen Stundenlohn von 17 Euro.
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Ihr Markus Jantzer
Frankfurt a.M. (epd). Tanja Haberstroh (Name geändert) war wieder einmal Plasma spenden in Kiel. Die alleinerziehende Mutter einer elfjährigen Tochter ist auf das zusätzliche Geld angewiesen, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Pro Spende erhält sie eine Aufwandsentschädigung von rund 20 Euro.
Die Fahrradkurierin liefert auf Minijob-Basis Medikamente für eine Apotheke aus. Dafür bekommt sie 12 Euro die Stunde, den aktuellen gesetzlichen Mindestlohn. „Der Mindestlohn reicht absolut nicht zum Leben aus“, sagt die 40-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie möchte zum Schutz ihres Kindes anonym bleiben.
Zum 1. Oktober 2022 stieg der gesetzliche Mindestlohn von 10,45 auf 12 Euro. Eine Erhöhung von knapp 15 Prozent. Für einen Vollzeitbeschäftigten sind das 270 Euro brutto mehr im Monat. Der höhere Mindestlohn betrifft laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mehr als jeden fünften Arbeitnehmer. Das sind mehr als sechs Millionen Beschäftigte. Die meisten davon arbeiten in den Branchen Gastronomie, Handel sowie Verkehr und Lager.
Nina Mohr (Name geändert) ist in der Kommissionierung und Verpackung für einen Großhandel in der Nähe von Hannover tätig. Die 40-Jährige ist Mutter eines 19-jährigen Sohnes, der in Ausbildung ist und zu Hause wohnt. „Mein Partner kann aktuell nicht arbeiten, was uns zusätzlich finanziell und mental belastet“, sagt Mohr.
„Die Preise, von Lebensmitteln über Energie bis hin zu Benzin, sind so exorbitant gestiegen, dass man mit 12 Euro nicht weit kommt“, sagt sie. Auch von finanziell bessergestellten Kollegen höre sie oft, dass sie kaum noch wissen, wie sie ihre Fixkosten stemmen sollen. „Altersvorsorgen und Versicherungen werden aufgelöst. Man spart ein, wo es nur geht“, erklärt sie. „Alles wird teurer, nur die Löhne bleiben niedrig.“
Im Niedriglohnsektor werde oft körperlich harte Arbeit geleistet und nicht angemessen entlohnt. „Es ist traurig und beschämend, dass man in einem reichen Land wie Deutschland nicht von seiner Arbeit leben kann“, sagt sie und wünscht sich „von Seiten der Politik mehr Gehör für die unteren Reihen“.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert eine stärkere Tarifbindung. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte dem epd: „Der Mindestlohn kann immer nur die zweitbeste Lösung sein. Wirklich gute Löhne gibt es nur mit Tarifvertrag.“ Aktuell hätten nur 51 Prozent der Beschäftigten in Deutschland einen Tarifvertrag. Die neue EU-Mindestlohn-Richtlinie nennt als Ziel eine Quote von 80 Prozent.
Der Mindestlohn wurde in Deutschland im Jahr 2015 eingeführt. Damals betrug er 8,50 Euro. Seitdem wurde er stetig erhöht. Nach dem Mindestlohngesetz schlägt im Normalfall die unabhängige Mindestlohnkommission die Anpassung der Lohnuntergrenze vor. Diese wird dann per Rechtsverordnung verbindlich. Die Kommission besteht aus Gewerkschaften und Arbeitgebern. Mit der gesetzlichen Erhöhung vom vergangenen Oktober wich die Bundesregierung von diesem Vorgehen ab.
Die gelernte Bäckereifachverkäuferin Ursula Winkler (Name geändert) hat wegen des geringen Lohns den Beruf gewechselt. „In Anbetracht der Tatsache, dass ich drei Jahre gelernt habe und in den Filialen viel Verantwortung übernehmen muss, erschien mir der Mindestlohn nicht fair“, sagt sie. Nun arbeitet sie in einem Pflegeheim des Deutschen Roten Kreuzes in Lübeck. „Ich arbeite nun nach einem Tarif des öffentlichen Dienstes und verdiene in Teilzeit fast so viel wie in Vollzeit in der Bäckerei“, sagt sie.
Die 37-Jährige kann nur in Teilzeit arbeiten, da sie ihren kranken Ehemann pflegen muss. Sie geht zwei Mal im Monat zur Tafel. Auch sie möchte anonym bleiben.
Bis zum 30. Juni 2023 entscheidet die Mindestlohnkommission über eine weitere Anpassung des Mindestlohns. In Kraft treten würde diese dann zum 1. Januar 2024.
Düsseldorf (epd). Krankenhäuser und Krankenkassen plädieren für ein Ende der Maskenpflicht in medizinischen Einrichtungen. „Konsequent wäre es, am 1. März kostenlose Tests, Testpflicht und Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen gemeinsam zu beenden“, sagte der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, am 19. Januar der „Rheinischen Post“. Ähnlich äußerte sich die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV). Unterstützung kommt von der FDP. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verweist hingegen auf eine hohe Zahl von Corona-Toten.
Die Pandemie sei fast überstanden, sagte Gaß. Es sei absolut richtig, dass die Maskenpflicht in Zügen oder dem Öffentlichen Nahverkehr aufgehoben und hier auf Eigenverantwortung gesetzt werde. In Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen stehe der Schutz der Patienten und Patientinnen im Vordergrund. Allerdings wäre es nicht nachvollziehbar, wenn man ohne Maske in die Klinik dürfe, sich aber testen lassen müsse, jedoch ab dem 1. März keinen Anspruch mehr auf einen kostenlosen Test habe. Daher sollten die Auflagen gleichzeitig beendet werden.
Für ein Ende der Maskenpflicht ab Frühjahr sprach sich auch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) aus. „Ich finde eine Abschaffung der Maskenpflicht auch in medizinischen Einrichtungen grundsätzlich geboten - allerdings eher perspektivisch“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann. „Masken schützen nicht nur vor einer Coronainfektion, sondern auch vor anderen schweren Infekten.“ Daher sei er für eine Abschaffung im Laufe des Frühjahrs.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin und Gesundheitsexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, unterstützte diesen Vorstoß. „Diese klare Forderung seitens der Ärzteschaft und Kliniken sollten wir nicht ignorieren“, sagte sie in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bestärkt werde die Forderung durch die vorzeitige Aufhebung der Corona-Sonderregeln am Arbeitsplatz durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Es könne nicht sein, dass in Betrieben wieder ein Vor-Corona-Zustand herrsche, das Gesundheitswesen sich jedoch weiterhin an strenge gesetzliche Regelungen halten müsse. Aschenberg-Dugnus plädierte dafür, dass alle ärztlichen Gruppen eigenständig entscheiden sollten, ob sie für den Schutz der vulnerablen Gruppen eine Maskenpflicht individuell für ihren Bereich umsetzen.
In Bayern fällt die Maskenpflicht Ende Januar. Wegen der Entspannung bei der Corona-Infektionslage werde der Freistaat die landesrechtlichen Maskenpflichten aufheben, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am 19. Januar in Kloster Banz bei Bad Staffelstein. Ab dem 1. Februar gibt es somit auch für Beschäftigte in Arztpraxen, in ambulanten medizinischen Einrichtungen sowie für Personen in Gemeinschaftsunterkünften keine Maskenpflicht mehr, erläuterte er.
Holetschek forderte den Bund auf, die bundesrechtliche Maskenpflicht im Gesundheitswesen vor dem 7. April auszusetzen. Denn auch ab dem 1. Februar gilt zum Beispiel in Kliniken und Pflegeeinrichtungen sowie für Patienten und Besucher von Arztpraxen weiterhin eine FFP2-Maskenpflicht - aktuell noch bis zum 7. April
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich angesichts der Debatte besorgt. Wer jetzt die Hygieneschutzmaßnahmen in der Alten- und Krankenpflege abschaffen wolle, dürfe die Fakten zu Corona nicht ignorieren, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch in Dortmund dem epd. Er verwies darauf, dass seit dem 4. Oktober letzten Jahres 11.498 Menschen an Corona gestorben seien. Im gleichen Zeitraum habe das Robert Koch-Institut 558 Grippe-Tote vermeldet. „Diese traurigen Zahlen machen deutlich, dass Covid-19 weder eine Erkältung noch eine Grippe ist“, erklärte Brysch.
München (epd). Mehrere Initiativen von Beschäftigten aus der Medizin fordern deutlich weitergehende Reformen des Krankenhaussystems, als sie eine Regierungskommission Anfang Dezember vorgeschlagen hat. Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ hat klare Vorstellungen, wie der Mediziner Peter Hoffmann erläutert. Die Fragen stellte Nils Sandrisser.
epd sozial: Herr Hoffmann, man sagt dem System der Fallpauschalen-System DRG nach, dass es teure Fehlanreize produziert. Warum machen Ärztinnen und Ärzte das mit?
Peter Hoffmann: Im DRG-System werden eigentlich alle Entscheidungen primär unter finanziellen Aspekten getroffen. Das folgt der ökonomischen Logik des Systems. Es ist ja die Aufgabe eines Klinikleiters, die Kosten zu senken. Es ist die Aufgabe eines Chefarztes, die Fallzahlen zu steigern. Die große Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte lehnt dieses System inzwischen ab, aber kann sich ihm nicht entziehen. Insofern ist es gut, dass durch den Vorschlag der Regierungskommission jetzt Bewegung in die Sache kommt. Aber leider bliebe das DRG-System laut dem Vorschlag im Prinzip erhalten.
epd: Kennen Sie Beispiele aus Ihrer beruflichen Praxis, bei denen im jetzigen System die medizinischen Aspekte vor den finanziellen zurückstehen mussten?
Hoffmann: Ich sage nicht, in welchem Haus das war, aber dort gab der Chefarzt der Unfallchirurgie seinen Leuten vor, immer den größtmöglichen Eingriff zu machen, für den es gerade noch so keinen Ärger mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen gibt. Das ist natürlich nicht vom Patienten her gedacht. Alle wissen, dass es in Deutschland unnötige Knie-und Hüftgelenk-OPs gibt. Kann es mit rechten Dingen zugehen, dass wir doppelt so viele Kniegelenks-Ersatzoperationen machen wie andere OECD-Länder? Mir erzählen Kollegen, dass Freunde auf sie zukommen, denen eine Behandlung oder OP empfohlen wurde, und um eine zweite Meinung bitten. Und ganz oft sagen sie denen: „Mach das bloß nicht!“
epd: Auch die Abteilungen einer Klinik stehen unter Druck ..
Hoffmann: Ja, nicht nur Krankenhäuser konkurrieren um Ressourcen, sondern innerhalb der Häuser auch die Abteilungen. Die, die viel Geld einbringen, bekommen mehr Räume, mehr Personal. Faktisch konkurrieren Patientengruppen gegeneinander. Die lukrativste Gruppe erhält die meisten Ressourcen. Hier in München haben wir eine kleine Privatklinik, die vor einigen Jahren mit der Herzchirurgie angefangen hat. Dafür gibt es überhaupt keinen Bedarf, denn wir haben hier ein Herzzentrum und zwei Unikliniken. Aber die Entscheidung, welche Abteilung ein Haus eröffnet, ist eine betriebswirtschaftliche und kann wegen der Freiheit der Berufsausübung nicht einmal bei medizinischer Unsinnigkeit und Überversorgung verhindert werden.
epd: Haben Sie auf der anderen Seite auch Beispiele dafür, dass notwendige Strukturen zu kurz kommen?
Hoffmann: In München haben wir zum Beispiel derzeit massive Probleme, schwer kranke Intensivpatienten zu versorgen. Weil die Betten für diese pflegeaufwendigen, internistischen Patienten zu sehr gekürzt wurden. Ein anderes, gerade sehr prominentes Beispiel ist die Überlastung der Kinderkliniken.
epd: Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Schluss, dass das DRG-System auch durchaus Vorteile haben kann. Es stelle Transparenz her und setze einen Anreiz, besser mit Finanzressourcen umzugehen.
Hoffmann: Im DRG-System wird viel Geld verschwendet, für medizinisch unnötige Behandlungen, für eine monströse Abrechnungsbürokratie und für aus dem System entnommene Gewinne. Die Behauptung, das Gesundheitssystem würde zum Selbstbedienungsladen, wenn wir die DRG abschaffen, ist Polemik. Die Kliniken würden dann nicht weniger effizient. Eine buchhalterische Transparenz ist heute mit der modernen IT möglich, mit der man Zeiten, Personal- und Materialeinsatz erfassen kann. Die Krankenkassen könnten problemlos nachhaken, warum eine Klinik für ihre Behandlungen mehr Geld als eine andere ausgibt.
epd: Wenn wie von der Kommission vorgeschlagen Versorgungslevels eingeführt werden, wenn also einige Krankenhäuser medizinisch schwerere Fälle behandeln können als andere, dann ist doch aber absehbar, dass die Häuser mit höheren Levels mehr Geld pro Fall brauchen als jene mit niedrigeren.
Hoffmann: Das mit den Levels ist etwas, das ich an dem Vorschlag der Kommission sehr begrüße. Ja, daher sollte man natürlich jeweils die Häuser eines Levels vergleichen, hinsichtlich Kosten, vor allem aber hinsichtlich ihrer Qualität. Fällt da eines auf, kann man nach den Ursachen forschen. Ist ein erhöhter Verbrauch medizinisch begründet, wäre das okay.
epd: Absehbar ist, dass dann Kliniken schließen müssen, weil sie die geforderten Levels nicht halten können.
Hoffmann: Wir von „Krankenhaus statt Fabrik“ sagen: Die Versorgung muss gesichert werden, aber nicht der Bestand jedes einzelnen Standorts. Dazu brauchen wir ein abgestuftes, arbeitsteiliges Netzwerk von Krankenhäusern, das eine Versorgung in die Tiefe, also hinsichtlich der Komplexität von Interventionen, aber auch in der Fläche sicherstellt. Da muss man sich dann auch gewisse Entscheidungen trauen.
epd: Weshalb braucht man da Mut?
Hoffmann: Wenn man ein kleines Krankenhaus schließen will, gibt es in der Regel einen Volksaufstand vor Ort. Die Kritik an Schließungen betont durchaus zurecht, dass Kliniken allein deshalb geschlossen werden, weil sie Defizit machen, das niemand mehr tragen will. Dieser „kalte Strukturwandel“ fragt nicht danach, ob Häuser gebraucht werden. Sie werden nicht im Rahmen eines Planungsprozesses geschlossen, dass man also schaut, welches Haus man noch braucht und welches nicht. Und so eine Planung bräuchte es.
epd: Wie würde ein System der Selbstkostendeckung nach Ihren Vorstellungen aussehen?
Hoffmann: Wir bräuchten eine Krankenhausplanung mit Durchgriffsrechten in öffentlicher Verantwortung. Nicht als behördliche Anordnung, sondern mit Beteiligung von Wissenschaft, Betroffenen Gebietskörperschaften und Fachleuten aus der Praxis. Diese Planung müsste ein bedarfsgerechtes Netzwerk als Sollstruktur definieren: benötigte Betten, Apparate und Personal. Jedes Haus bekäme einen Versorgungsauftrag mit angemessenen Budget, und dann würde Transparenz hergestellt, was es im Jahr wirklich verbraucht. Wenn etwas überbleibt, geht das zurück an die Krankenkassen. Wenn es aber nicht ausreicht, zum Beispiel wegen Tarifsteigerungen für das Personal oder wenn es wieder eine Pandemie gibt, muss nachgeschossen werden. Es bräuchte eine verbindliche Personalbemessung für alle Berufsgruppen, damit die Kassen wissen, was an Kosten auf sie zukommt und damit man eine vergleichbare Versorgungsqualität hat.
epd: Das setzt voraus, dass Kliniken Überschüsse auch tatsächlich zurückzahlen. Kann man darauf wirklich vertrauen?
Hoffmann: Wir sind der Meinung, dass die Bereiche der Daseinsvorsorge - nicht nur Krankenhaus, sondern auch Bildung, Stadtwerke, Nahverkehr - komplett der Profitwirtschaft entzogen gehören. „Keine Profite mit der Gesundheit“ ist die Forderung, und eine maßvolle Kontrolle statt blinden Vertrauens. Dann fiele der Anreiz weg, Geld zu behalten.
epd: Wenn private Krankenhausbetreiber nichts mehr verdienen dürfen, würden sie ihre Häuser wahrscheinlich nicht weiterbetreiben wollen und Entschädigungen für ihre Investitionen verlangen. Wie würden Sie damit umgehen?
Hoffmann: Wenn wir die Finanzierung auf Selbstkostendeckung ändern, und wenn das private Kapital dann sein Interesse an seinen Kliniken verliert, dann ist das ebenso. Es gibt keinen Anspruch darauf, dass Krankenhausleistungen Profit abwerfen müssen. Eine Entschädigung kann man ja verhandeln, aber ich sehe keinen Grund, Kapitalinvestoren den Ausstieg zu vergolden.
Berlin (epd). Jeder dritten Frau mit einer Vollzeitarbeit in Deutschland droht auch nach 40 Arbeitsjahren eine Rente weniger als 1.000 Euro pro Monat. Laut Bundesarbeitsministerium verdienen rund 2,7 Millionen vollzeitbeschäftigte Frauen so wenig, dass ihre monatliche Rente auch bei regulärem Renteneintritt nach 40 Jahren unter 1.000 Euro liegen wird. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Linken-Anfrage hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.
Bei insgesamt 7,1 Millionen Vollzeit-Arbeitnehmerinnen ist das ein Anteil von rund 38 Prozent. 3,8 Millionen vollzeitbeschäftigte Frauen, also 53 Prozent erhalten demnach später weniger als 1.200 Euro Rente.
Um auf eine Monatsrente von 1.000 Euro netto zu kommen, müssen Frauen wie Männer in Deutschland derzeit 40 Jahre lang durchgehend 2.844 Euro brutto im Monat verdienen. Für einen Anspruch auf 1.200 Euro Rente brauchen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 40 Jahre lang einen Bruttomonatslohn von 3.413 Euro, heißt es in der Antwort.
Für Linksfraktionschef Dietmar Bartsch, der die Anfrage ans Arbeitsministerium gestellt hatte, sind das mit Blick auf die Inflation und schon jetzt hohe Altersarmut unter Frauen „katastrophale Zahlen“: „Mehr als die Hälfte aller Vollzeitarbeitnehmerinnen wird nach 40 Jahren Plackerei weniger als 1.200 Euro erhalten“, sagte Bartsch. Er sprach von einer Respektlosigkeit gegenüber Frauen. „Für Millionen Frauen droht eine Rutschbahn in die Altersarmut“, warnte der Linke.
Bartsch fordert „ein großes Update“ für das deutsche Rentensystem. Dafür sollte die Ampelkoalition sich Österreich zum Vorbild nehmen. „Dort zahlen alle mit ihrem Erwerbseinkommen ein - auch Politiker, Selbstständige, Manager und Beamte. Die Renten sind im Schnitt 800 Euro höher.“
Als ersten Schritt schlug der Fraktionschef deshalb vor, alle Bundestagsabgeordneten sollten in die gesetzliche Rente einzahlen. „Das wäre ein wichtiges Zeichen für den Zusammenhalt des Landes in der Krise.“
Eichstätt (epd). Das sogenannte „Budget für Arbeit“ (BfA), das seit 2018 Menschen mit Behinderungen Zugänge zum ersten Arbeitsmarkt eröffnen soll, wird nach Angaben der Katholischen Universität Eichstätt (KU) nur sehr zögerlich angenommen. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die ein Forschungsverbund vorgelegt hat, heißt es in einer Mitteilung der Uni vom 9. Januar. Dort wurde hinterfragt, warum das so ist und welche Faktoren zum Gelingen des Budgets für Arbeit beitragen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Wie es weiter heißt, koordiniert das Berufsförderungswerk Bad Wildbad das Gesamtvorhaben, an dem neben der KU auch die Justus-Liebig-Universität Gießen beteiligt ist. Praxispartner sind das Berufsbildungswerk der Rummelsberger Diakonie, das Heinrich-Haus Neuwied und das Josefsheim Bigge.
Zielsetzung des Projektes ist den Angaben nach zunächst die Analyse von Förder- und Hemmfaktoren. Aber auch, exemplarisch Verbesserungen der Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt zu erzielen und damit aufzuzeigen, wie die Bedingungen für eine stärkere Inanspruchnahme des Budgets und damit auch der beruflichen Inklusion zu erreichen sind.
Hintergrund: Noch immer ist es für Personen mit Behinderungen schwierig, aus dem geschützten Arbeitsmarkt der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) zu einer Beschäftigung in der freien Wirtschaft zu wechseln, selbst wenn die persönlichen Voraussetzungen, Fähigkeiten und die nötige Motivation für diese Veränderung gegeben sind.
Die Forschenden an der KU haben 70 Interviews mit Expertinnen und Experten geführt, darunter auch Teilnehmende des BfA-Programms. Die Auswertung der Gespräche hat vier Teilbereiche sichtbar gemacht, die zum Gelingen des BfA beitragen: die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Betroffenen, die Werkstätten sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
„Überraschend ist die bundesweit sehr uneinheitliche rechtlich-administrative Umsetzung des BfA. Regionale Zuständigkeiten, Trägerschaften, Antragsverfahren und nicht zuletzt Leistungen und Ansprüche variieren erheblich“, schildert Professor Joachim vom Lehrstuhl für Psychogische Diagnostik und Intervention der KU die Eindrücke.
Die Werkstätten wiederum folgten ihrem sogenannten Triple-Mandat - also dem Auftrag von Rehabilitation, Inklusion und Wirtschaftlichkeit. Dadurch hätten sie ein besonderes Interesse die Leistungsträger in ihren Einrichtungen zu halten. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber seien außerdem schlicht zu wenig kundig, welche Arbeitsprofile in ihrem Unternehmen für die Zielgruppe tatsächlich geeignet sein können. Sie hätten geringe zeitliche Ressourcen, Strategien und Handlungsempfehlungen sind nicht vorhande, so Thomas.
Das im Bundesteilhabegesetz verankerte BfA soll die Beschäftigung von Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch zwei Unterstützungsmaßnahmen fördern: Zum einen durch Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber als „Ausgleich von Leistungsminderung“ der Beschäftigten, zum anderen durch Unterstützung und Begleitung am Arbeitsplatz, die den betroffenen Personen zur individuellen Eingliederung in Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung gestellt wird. Im BfA bilden unter anderem die Werkstätten, Integrationsfachdienste, Betriebe und vor allem die betroffene Person selbst ein Team, um den gezielten Übergang in einen neuen Job möglich zu machen.
Frankfurt a.M. (epd). Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Stiftung Organtransplantation weniger Organspender als im Jahr davor registriert. Der Rückgang betrage 6,9 Prozent, teilte die Stiftung am 16. Januar in Frankfurt am Main mit. Im vergangenen Jahr haben den Angaben zufolge 869 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet, 64 weniger als im Vorjahr.
Die Zahl der Organe, die an die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant für eine Transplantation gemeldet wurden, ging demnach sogar um 8,4 Prozent zurück. 2022 seien 2.662 Organe für eine Transplantation gemeldet worden. Im Vorjahr seien es 2.905 gewesen.
Neben einem pandemiebedingten Rückgang zu Beginn des Jahres 2022 macht die DSO fehlende Einwilligungen für die negative Entwicklung verantwortlich. Bei der Hälfte der nicht realisierten Organspenden sei das der Grund gewesen, wobei nur in knapp einem Viertel dieser Fälle (23,6 Prozent) die Ablehnung auf dem erklärten Willen des jeweiligen Patienten oder der Patientin beruht habe. In den anderen Ablehnungsfällen sei der Wille der Verstorbenen nicht genau bekannt gewesen.
Umfragen in der Bevölkerung zeigten immer wieder, dass acht von zehn Menschen in Deutschland die Organspende befürworten, sagte Axel Rahmel, der Medizinische Vorstand der Stiftung Organtransplantation. „Angehörige entscheiden sich aus Unsicherheit aber häufig dagegen, da der Wille des Verstorbenen nicht bekannt ist“, beklagte er: „Hier kann nur Aufklärung etwas verändern und möglicherweise auch der Anstoß über eine Widerspruchsregelung.“
Kritik an einer möglichen Widerspruchsregelung kam von der Stiftung Patientenschutz. Nötig seien stattdessen Transplantationsregister sowie eine Informationspflicht bei Bürgerämtern, aber deren Umsetzung komme kaum voran, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.
Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als Reaktion auf die Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation angekündigt, einen neuen Anlauf für eine Widerspruchsregelung starten zu wollen.
Im Bundestag gab es im Januar 2020 keine Mehrheit für die gesetzliche Regelung der Widerspruchslösung. Stattdessen wurde das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ beschlossen. Gleichzeitig traten weitere Änderungen des Transplantationsgesetzes in Kraft. Ziel ist es, die persönliche Entscheidung zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.
Wiesbaden (epd). Nach dem Schüler- und dem Seniorenticket plant die hessische Landesregierung jetzt auch ein verbilligtes Angebot im öffentlichen Nahverkehr für Geringverdienende. Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Sozialminister Kai Klose (beide Grüne) kündigten am 16. Januar in Wiesbaden den „Hessenpass mobil“ an, der für 31 Euro im Monat landesweit in Bussen und Bahnen des Personennahverkehrs gelten soll.
Anspruch darauf haben demnach vor allem Bezieher von Bürgergeld, Sozialhilfe und Wohngeld plus. Eingeführt werden soll das neue Flatrate-Ticket zusammen mit dem sogenannten Deutschlandticket, also voraussichtlich im April oder Mai.
Über die Einzelheiten des Vorhabens seien bereits Gespräche mit den Verkehrsverbünden RMV, NVV und RNV aufgenommen worden, teilten die Minister mit. Das Land wolle jährlich 15 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um ihnen die damit verbundenen Einnahmeausfälle zu erstatten.
Das Deutschlandticket könne viele finanziell entlasten, gleichzeitig gebe es aber Menschen mit keinem oder sehr geringem Einkommen, für die auch 49 Euro sehr viel Geld seien. Ihnen solle der „Hessenpass mobil“ bezahlbare Mobilität ermöglichen, sagte Klose. Dafür kämen in Hessen laut Al-Wazir rund 520.000 Personen in Frage, darunter etwa 260.000 Bezieher von Bürgergeld, rund 170.000 von Wohngeld plus und etwa 90.000 Sozialhilfeempfänger. Die SPD sprach dagegen von einem „durchsichtigen Wahlkampfmanöver“.
Der Paritätische Hessen und der DGB Hessen-Thüringen begrüßten den Vorstoß. Er geht jedoch aus ihrer Sicht nicht weit genug. Denn der geplante Preis von 31 Euro monatlich sei noch zu hoch angesetzt. Insbesondere die vorgesehene Beschränkung der Gültigkeit auf Hessen kritisieren die beiden Verbände. Damit würden Menschen mit geringen Einkommen benachteiligt gegenüber Nutzern des beschlossenen 49-Euro-Ticket, das bundesweit gelten wird, hieß es.
„Ziel muss ein echtes Sozialticket sein, mit dem Empfängern von Bürgergeld oder Sozialhilfe bundesweit reisen können“, forderte Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Hessen. „Auch für junge Menschen, die in Ausbildung sind oder einen Freiwilligendienst leisten, sollte es ein bundesweit gültiges Ticket zu einem deutlich niedrigeren Preis geben.“
Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB Hessen-Thüringen, sagte, 31 Euro für den seien zu teuer. Eine Sozialpolitik, die einkommensschwache Haushalte mit einem kleineren Tarifgebiet abspeisen wolle, gehe an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Statt ein eigenes Ticket einzuführen, sollte die Landesregierung sich für ein bundesweit gültiges Sozialticket einsetzen.
Berlin, München (epd). Auf dem digitalen Nachrichtenkanal Twitter postet ein Nutzer ein Bild von sich, auf dem er breit lächelt. „Dieser Mensch hatte da gerade schwere Depressionen. Sieht man nicht? Genau das ist das Problem“, schreibt er unter das Foto. Er will zeigen: Eine Depression kann viele Gesichter haben. Versehen ist der Post mit dem Hashtag #notjustsad.
Betroffene wollen mit Vorurteilen aufräumen. Ihre Botschaft: Depressionen sind weitaus mehr, als nur traurig zu sein. #notjustsad ist nicht neu. Der Hashtag hat bereits im November 2014 für Aufmerksamkeit gesorgt - durch die Autorin und Twitter-Nutzerin Jana Seelig.
„Ich habe den Eindruck, dass sich viel getan hat, seit ich zum ersten Mal darüber getwittert habe, wie es sich für mich anfühlt, depressiv zu sein“, sagte die 34-jährige Berlinerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seit immer mehr Prominente mit ihrer Depression an die Öffentlichkeit gingen, sei die Akzeptanz dafür, dass es sich um eine ernst zu nehmende Erkrankung handelt, die jeden treffen könne, deutlich gestiegen.
„Mich persönlich freut am meisten, dass sich immer mehr Menschen, die glauben, depressiv zu sein, trauen, damit auch zum Arzt zu gehen oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt Seelig. Ihr selbst gehe es derzeit gut, doch „es ist und bleibt ein Auf und Ab“.
Ulrich Hegerl von der Deutschen Depressionshilfe bestätigte dem epd: „Die Diagnose Depression wird heute deutlich häufiger gestellt.“ Er stellt klar: „Es ist eine weit verbreitete Fehlannahme, dass Depressionen hauptsächlich durch äußere Umstände verursacht werden.“ Entscheidend sei die persönliche Veranlagung.
Die beiden wichtigsten Behandlungsmethoden seien Antidepressiva und Psychotherapie. Oft sei auch eine Kombination von beidem sinnvoll. „In einer Psychotherapie werden die Depression und ihre Begleiterscheinungen durch Gespräche und Übungen mit einem Psychotherapeuten behandelt.“
Bundesweit leiden in jedem Jahr mehr als fünf Millionen Menschen an einer Depression. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Laut der repräsentativen Umfrage „Deutschland-Barometer Depression“ wurde bereits bei jedem fünften Beschäftigen schon einmal eine Depression diagnostiziert. Als Hauptsymptome gelten Traurigkeit, Antriebslosigkeit und Desinteresse. Hinzu kommen Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und ein vermindertes Selbstwertgefühl.
Andreas Altig (Name geändert) wurde im Jahr 2004 nach einem Suizidversuch ins Bezirksklinikum in Wasserburg am Inn eingewiesen. Es folgte die Diagnose Depression. Seit 2013 ist der Chemikant berufsunfähig. Im Jahr 2015 folgte ein weiterer Suizidversuch.
Seine aktuelle Therapie sei rein medikamentös und diene der Stabilisierung. „Es ist befundet, dass eine Verbesserung nicht mehr zu erwarten ist“, sagte der Münchner dem epd. Er versuche die schönen Momente, die er im Leben noch habe, zu genießen.
„Viele Menschen zweifeln Krankheiten an, die sie nicht sehen können“, sagt der 36-Jährige. „Einen gelähmten Menschen fordert niemand auf zu gehen. Von einem depressiven Menschen erwartet man aber zu funktionieren.“ Selbst alltägliche Dinge wie aufstehen, einkaufen gehen, essen und duschen seien in einer depressiven Phase so anstrengend wie ein ganzer Arbeitstag. „Menschen haben keine Ahnung, wie viel Kraft eine Depression raubt.“
Wie er einem Kind seine Krankheit erklären würde? „Eine Depression ist wie eine Gewitterwolke, die kommt, während du mit Freunden auf einer Picknickdecke in der Sonne sitzt. Andere sehen die Wolke nicht, aber sie regnet auf dich. Sie folgt dir, wohin du gehst, du kannst ihr nicht entfliehen. Manchmal verschwindet sie, und du darfst den Tag genießen, manchmal begleitet sie dich über Wochen. Manchmal hörst du nur das Grollen des Donners, ohne die Wolke zu sehen, aber du weißt, dass sie jederzeit wieder kommen kann, egal wie hell die Sonne strahlt.“
Gräfenberg (epd). Seit Mitte März treffen sich donnerstags im Gräfenberger Gemeindehaus Geflüchtete aus der Ukraine mit ihren Betreuerinnen und Betreuern. Unter ihnen ist ein junger Mann, der mit seiner Familie vor dem Krieg aus Mariupol geflohen ist und seitdem seine Landsleute seelisch betreut: Valerii Pylypenko hat schon in der Ukraine psychosoziale Beratung angeboten und arbeitet seit Juli für das Dekanat in Oberfranken.
Ein tief fliegendes Flugzeug, ein unerwarteter Knall, schlaflose und von Albträumen geplagte Nächte oder schlicht die Verzweiflung, wie es weitergehen soll - Pylypenko kennt die Sorgen, mit denen die Menschen zu seinen regelmäßigen Sprechstunden kommen. Nicht erst seit der Flucht aus der Ukraine. In seiner Heimat hatte der 32-Jährige eine Praxis als Psychotherapeut und mit Menschen zu tun, die schon seit 2014 im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zur Waffe greifen mussten oder Angehörige verloren haben.
Ein Kreis aus rund 100 Personen besucht regelmäßig seine Angebote für Geflüchtete aus der Ukraine im Dekanat Gräfenberg. „Viele vermissen auch einfach ihre Freunde und Familien“, erzählt Pylypenko. Ihm gehe es genauso. Und immer wieder mischten sich in diese Gefühle auch die Zweifel, ob es richtig war zu fliehen. „Schießen kann ich nicht. Lieber setze ich mich für Menschen ein, die mit den Kriegsfolgen zu kämpfen haben“, sagt er. Daher biete er regelmäßig Einzel- oder Gruppengespräche für Kriegsflüchtlinge an.
Dass es hierfür eine finanzielle Förderung seitens der Landeskirche gibt, konnte Pylypenko damals nicht ahnen. Dekan Reiner Redlingshöfer hat sie aus den zehn Millionen Euro beantragt, die von der Landeskirche seit dem Frühjahr für die Beratung, Begleitung und Unterstützung Geflüchteter in Bayern zur Verfügung gestellt werden. Ab Juli war der Ukrainer zunächst halbtags, seit Oktober ist er in Vollzeit beschäftigt. Auf 520-Euro-Basis wurde zudem Anna Kastner angestellt. Die russischstämmige Deutsche übersetzt, wo es nötig ist.
Die Gehälter plus Neben- und Fahrtkosten werden dem Dekanat Gräfenberg über das Projekt „Herberge 2.0“ von der Landeskirche erstattet. Für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember wurden insgesamt 30.500 Euro bewilligt. „Eine weitere Verlängerung des Projekts bis Sommer ist geplant“, sagt Redlingshöfer. Pylypenko und Kastner sind auch mit dabei, wenn in Gräfenberg über „BildungEvangelisch Fränkische Schweiz“ Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden, die nicht nur für Ukrainer gedacht sind.
„Die staatlichen Stellen kriegen leider nur wenig auf die Reihe“, ärgert sich Redlingshöfer. Wieder einmal habe die Kirche in die Bresche springen müssen. Im Jugendheim des Dekanats in Kappel waren im März dieses Jahres bereits Notunterkünfte entstanden, später auch in Räumen des Gemeindehauses selbst. Mittlerweile klappe es mit der Unterbringung seitens der politischen Gemeinden besser. Im Haus der Kirche ist jede Woche ein gutes Dutzend Freiwillige zur Stelle für die Ukrainer.
Zum Beispiel Heidi Schweidler. Die Rentnerin konnte bis vor kurzem kein Wort Russisch oder Ukrainisch, hat sich aber an ein altes Wörterbuch „Russisch - Deutsch“ ihrer Mutter erinnert, das nun für eigens organisierte Deutschkurse ausgepackt wurde. Andere organisieren Fahrdienste zu Behörden und zum Arzt oder bringen Kuchen zum Donnerstags-Treff mit. „Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir ein bisschen Heimat auf Zeit schenken. Wie lange das dauern wird, das ist ungewiss“, sagt Schweidler.
Auch Pylypenko hat noch keine rechte Perspektive. Immer wieder stehe er in Kontakt mit Freunden in der Ukraine. Gegen die aber doch immer wieder aufkommende Trostlosigkeit hilft meistens seine therapeutische Ausbildung. „Glücklicherweise habe ich Techniken gelernt, wie man auch dunkle Gemütstäler durchschreiten und sich wieder aufbauen kann“, berichtet er. Kraft schöpfe er aus den guten Erfahrungen, die er in Gräfenberg bislang machen konnte. „Ich lasse mir die Hoffnung nicht nehmen.“
Obergrombach, Weingarten (epd). Die Coronakrise hat gezeigt, wie schnell Menschen auf Hilfe angewiesen sein können. Gerade auf dem Land fehlt oft die Infrastruktur, um auf professionelle Unterstützungsangebote im Alltag zurückzugreifen. Viele ältere Menschen leben allein im Haus, die erwachsenen Kinder sind weit weg. Manche Senioren haben keinen Führerschein, andere sind auf den Rollator angewiesen.
„Das ganz normale Leben einer Großfamilie findet in der Gesellschaft nicht mehr statt“, sagt Christine Speck. In ihrem Heimatort Obergrombach im Landkreis Karlsruhe hat sie 2021 eine Nachbarschaftshilfe ins Leben gerufen. Ein Arbeitskreis aus sechs Personen hat ein niederschwelliges Angebot ausgearbeitet.
„Wir wollen den Dorfeffekt nutzen“, erläutert Speck ihr Konzept. Im Dorf kennt jeder jeden. Sie sagt, dass die Annahme von Hilfe ein „schambesetztes Thema“ sei. Es sei schwierig, Hilfe einzufordern, wenn das Umfeld dazu nicht bereit sei.
Ehrenamtliche in Nachbarschaftshilfen bieten Begleitung zum Friedhof, Arzt oder Einkauf. Sie entlasten Angehörige und übernehmen kleine hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Hilfe beim Kochen. Pflege und Putzdienste zählen nicht zu ihren Aufgaben.
Für ihre Dienste erhalten Ehrenamtliche eine Aufwandsentschädigung. Als sogenannten „Entlastungsbetrag“ refinanzieren die Pflegekassen 125 Euro im Monat. Voraussetzung dafür ist in Baden-Württemberg, dass der Anbieter ein Anerkennungsverfahren bei Stadt- und Landkreisen nach der Unterstützungsangebote-Verordnung durchlaufen hat.
Die Anforderungen an die Qualitätssicherung wurden 2017 bundesweit angehoben. In Baden-Württemberg orientieren sie sich an den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Qualität von niedrigschwelligen Betreuungs- und Entlastungsangeboten vom 3. Juli 2015. Der Schulungsumfang umfasst mindestens 30 Stunden für ehrenamtlich Engagierte.
In den Kursen erlernen sie beispielsweise Basiswissen über Krankheits- und Behinderungsbilder sowie Kenntnisse im Umgang mit Krisen und Notfallsituationen. Wie das Sozialministerium Baden-Württemberg auf Anfrage mitteilte, gibt es landesweit „weit über 1.700 von den Stadt- und Landkreisen anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag“. Anbieter seien kirchlich getragene Sozialstationen, gemeinnützige Vereine sowie Angebote in kommunaler Trägerschaft.
Seit 40 Jahren versorgt etwa die Nachbarschaftshilfe Kürnbach Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, mit Essen. 30 bis 40 Haushalten hätten ihre Mitarbeiter während der Corona-Lockdowns das Essen „vor die Tür gestellt“, berichtet Ursula Essig vom Leitungsteam.
Das Essen koche das örtliche Altersheim. Passende Ehrenamtliche hingegen seien schwer zu finden, so Essig. „Habe ich jemanden, der in die Familie passt?“, fragt sich die gebürtige Kraichtalerin vor jedem neuen Einsatz. Die Ehrenamtlichen sollten nicht nur das Essen hinstellen, sondern auch Freude mitbringen.
Träger der Nachbarschaftshilfe Kürnbach ist die Evangelische Kirchengemeinde Kürnbach. Über die Diakoniestation arbeitet sie eng mit den Schwestern des Pflegedienstes zusammen. Die Sozialstation ist eine Art Garant für die Qualitätssicherung der ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe.
Das Sozialministerium schreibt: „Sollten bereits Ehrenamtliche in einer Nachbarschaftshilfe vor der Beantragung der Anerkennung eingesetzt gewesen sein, so wird das Vorwissen, Vorerfahrungen oder Vorkenntnisse mit Relevanz für das jeweilige Angebotsprofil berücksichtigt und es kann von diesem Schulungserfordernis abgesehen werden.“
Für Neuanbieter wie den neugegründeten Verein in Obergrombach gilt das nicht. Das umfangreiche Anerkennungsverfahren ist der Grund, warum der Verein bisher nicht aus den Startlöchern kommt. „Ich bin noch in dieser Verwaltungsmaschinerie und nicht in Tätigkeit“, berichtet Speck. Sie bedauert, dass ihr zwischenmenschliches Engagement zuerst von der Pandemie und nun von der Bürokratie ausgebremst wird. Von dem Aufwand abschrecken lassen will sich Speck jedoch keinesfalls.
Reutlingen (epd). Nach dem Brand in einem sozialpsychiatrischen Fachpflegeheim in Reutlingen am Abend des 17. Januar hat die zuständige Staatsanwaltschaft Tübingen Ermittlungen gegen eine selbst schwer verletzte Bewohnerin wegen Mordverdachts eingeleitet. Die Ermittlungen gegen die 57-Jährige würden wegen des Verdachts des dreifachen Mordes und elffachen Mordversuchs geführt, teilten die Staatsanwaltschaft und das Polizeipräsidium Reutlingen am 18. Januar mit. Es gebe den „dringenden Verdacht“, dass die Frau, die derzeit nicht ansprechbar sei und in einer Spezialklinik behandelt werde, das Feuer gelegt haben könnte. Auch zum möglichen Tatmotiv der an einer psychischen Erkrankung leidenden Frau werde ermittelt.
Bei dem Brand verloren eine 53-jährige Frau und zwei 73 und 88 Jahre alte Männer ihr Leben. Nach derzeitigem Stand starben sie an Rauchgasvergiftung, wie die Polizei weiter mitteilte. Elf weitere Bewohner hätten leichte Verletzungen davongetragen. Die anderen der insgesamt 37 Bewohner der Einrichtung und fünf anwesende Pflegekräfte seien unverletzt geblieben. In die vom Brand nicht betroffenen Wohnbereiche konnten die Bewohner mittlerweile teilweise wieder zurückkehren.
Der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hat am 18. Januar zusammen mit den Mitarbeitenden der Bruderhaus Diakonie eine Trauerandacht in Reutlingen gehalten. Das Gebäude, in dem das Unglück geschah, gehört der Bruderhaus Diakonie. Betrieben wird das Pflegeheim von der Gemeinnützigen Gesellschaft für Gemeindepsychiatrie Reutlingen. Gohl sagte, die Gedanken seien bei den Angehörigen, den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung, dem Pflegepersonal, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst. Geschehen sei ein „Leid, das Worte nicht fassen können“.
Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz fordert Konsequenzen aus dem Unglück. Laut dem Vorstand der in Dortmund ansässigen Stiftung ist es um den vorbeugenden Brandschutz in Deutschland schlecht bestellt. Im vergangenen Jahr habe es mehr als 140 Mal in Alten- und Pflegeeinrichtungen gebrannt, dabei seien 16 Bewohner gestorben, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seiner Überzeugung nach müssten selbstständige Löschanlagen gesetzlicher Standard in den 13.000 deutschen Pflegeheimen werden.
„Diese Technik reagiert auf Wärme oder Rauch und bekämpft Entstehungsbrände damit frühzeitig“, sagte Brysch. Beim Brand in Reutlingen stelle sich zudem die Frage, warum die Feuerwehrkräfte vor verschlossenen Türen gestanden hätten. Denn bei aufgeschalteten Brandmeldeanlagen sei es Standard, dass ein Generalschlüssel im automatisch geöffneten Schlüsselsafe hinterlegt sei, betonte der Patientenschützer.
Stuttgart (epd). Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine Erkrankung, die ganz besonders die Angehörigen der Patienten herausfordert. Deshalb will die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg mit Seminaren und einer neuen Selbsthilfegruppe Angehörigen beistehen und gleichzeitig das Wissen um diese Demenzform in der Öffentlichkeit verbessern.
Die Patienten sind im Durchschnitt Menschen zwischen 50 und 60 Jahren, manche Erkrankten sind aber auch deutlich jünger, haben noch junge Kinder und stehen anfangs noch mitten im Arbeitsleben. Diese Demenzform geht mit Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensstörungen einher. Bundesweit sind aktuell etwa 33.000 Menschen betroffen.
„Die Betroffenen selbst erkennen meist nicht, dass sie krank sind. Geeignete Tagespflegeeinrichtungen, Heime und ambulante Dienste gibt es nur vereinzelt. Oft dauert es Jahre, bis FTD-Erkrankte die richtige Diagnose erhalten“, wissen die Expertinnen.
Die Münchner Professorin Janine Diehl-Schmid erläutert, dass FTD eine Krankheit ist, bei der Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich, dem frontalen und temporalen Lappen des Gehirns, absterben. Von dort aus werden unter anderem Emotionen und Sozialverhalten kontrolliert.
Die Ehefrau eines mittlerweile verstorbenen Patienten schildert: „Peter benahm sich unpassend, distanzlos, unbeteiligt oder ordinär, hinkte in Gesprächen hinterher, wiederholte sich ständig.“ Er schimpfte laut, pöbelte oder schubste andere Menschen, hielt sich nicht mehr an Regeln. Ihre ersten Versuche, medizinische Hilfe zu bekommen, verpufften: „Ich fragte Freunde und Ärzte, aber meine Fragen kamen zu plötzlich, zu panisch und schließlich war ich es, die mit Depression ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Niemand untersuchte Peter.“ Als er dann endlich doch diagnostiziert wurde, war das „bei allem Schrecken fast auch Erleichterung. Nun kannte ich den 'Feind'“.
Professorin Diehl-Schmid bestätigt: „Die Diagnostik der Frontotemporalen Demenz kann schwierig sein. Es kommt nicht selten zu Verwechslungen mit psychischen Störungen wie Depression, Burn-out-Syndrom, Schizophrenie oder Manie.“ Dazu komme, dass die Betroffenen in der Regel kaum Krankheitseinsicht oder Therapiemotivation zeigten.
„Weil die Vorgänge, die zum Nervenzelluntergang führen, zum größten Teil nicht bekannt und nicht beeinflussbar sind, gibt es bisher allerdings auch keine gezielten Therapiemöglichkeiten. Die medikamentöse Behandlung zielt derzeit darauf ab, die Verhaltensauffälligkeiten der Patienten zu mildern.“ Meist seien Antidepressiva im Einsatz.
Bei der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg gibt es seit März eine digitale Angehörigengruppe, die sich alle vier Wochen trifft. Initiiert hat sie Melanie Liebsch. Die Remstälerin sagt von sich: „Die FTD meines Vaters prägt mich seit meiner Kindheit, und das aktive Netzwerken rund ums Thema wurde zur Herzensangelegenheit.“ Für sie sei ein offener und ehrlicher Umgang damit wertvoll geworden. „In den Austausch mit anderen Betroffenen zu kommen und meinen Weg zu teilen, erlebe ich als sehr bereichernd“, sagt sie.
Cathleen Todten ist beim Verein Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg die Ansprechpartnerin für die Erkrankung FTD. Sie organisiert Seminare für Angehörige von Menschen mit FTD und berät. Ein Tagesseminar wird im Juli in Stuttgart stattfinden für Mitarbeitende zur Begleitung von Menschen mit FTD in Unterstützungsangeboten. Zweitägige Angehörigenseminare gibt es 2023 im März im Bildungsforum Kloster Untermarchtal und im September im Bildungshaus Kloster Schöntal. Themen sind jeweils unter anderem medizinische Aspekte und Behandlungsmöglichkeiten, Strategien für den Umgang mit den Erkrankten und mit Stress- und Belastungssituationen. Außerdem wird darüber informiert, welche Unterstützungs- und Entlastungsangebote es gibt. Auch online gibt es zweimal im Jahr Angehörigenseminare.
Berlin (epd). Die Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf, Sabina Schutter, hat eine Kindergrundsicherung gefordert, die sich an den wirklichen Bedarfen von Kindern aus einkommensschwachen Familien orientiert und Aspekte wie Freizeitmöglichkeiten, Bildung und Teilhabe mit einberechnet. Auch dürften bei der Ausgestaltung der Kindergrundsicherung infrastrukturelle Leistungen der Armutsbekämpfung nicht aus dem Blick geraten, mahnte Schutter auf einer Veranstaltung zur Kindergrundsicherung von SOS-Kinderdorf am 16. Januar in Berlin. Zudem müssten die Schnittstellen der Kindergrundsicherung zu anderen Sozialleistungen untersucht und im Sinne der Kinder und Jugendlichen bestmöglich ausgestaltet werden, so die SOS-Vorsitzende.
Auch die Aufsichtsratsvorsitzende des SOS-Kinderdorfvereins, Gitta Trauernicht, forderte einen Paradigmenwechsel in der Familienentlastung: „Eine Kindergrundsicherung muss echte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, gerechte Start-Chancen und Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder in Deutschland gewährleisten - unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“ Wer aus juristischer Perspektive Anspruch auf die Gelder aus der Kindergrundsicherung haben werde, sei weiterhin umstritten.
Johannes Münder, Ehrenvorsitzender des Vereins, betonte, nur eine Kindergrundsicherung, die dafür sorge, dass die Kinder Inhaber des Rechtsanspruches seien, verdiene auch den Namen Kindergrundsicherung.
Bundesfamilienministerin Lias Paus (Grüne) bezeichnete auf der Veranstaltung die Einführung einer Kindergrundsicherung erneut als „ein zentrales sozialpolitisches Vorhaben der Bundesregierung“. Sie betonte, „Kinder sollen damit finanziell abgesichert werden, ganz gleich in welcher Familienkonstellation sie leben“.
„Wir haben ein gemeinsames Ziel: Alle Kinder in Deutschland sollen eine Chance auf ein gutes Leben haben. Immer noch wächst hier jedes fünfte Kind in Armut auf. Das müssen wir ändern“, sagte Paus.
Berlin (epd). Der akute Personalmangel im Sozial- und Gesundheitswesen gefährdet zunehmend die Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe. Darauf weist der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) hin. „Insbesondere die Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie benötigen dringend Arbeits- und Fachkräfte“, heißt es in einer Mitteilung vom 17. Januar.
Der Fachverband hat sich deshalb den Angaben nach mit „einer dringenden Problemanzeige“ an das Bundesarbeitsministerium gewandt. Bereits jetzt würden wichtige Angebote für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen aufgrund fehlenden Personals eingestellt.
Dabei sei die Entwicklung nicht neu, hieß es. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften nehme bereits seit Jahren stetig. Jetzt habe er ein Ausmaß erreicht, in dem die Versorgung von Kindern in Kitas , Menschen mit Behinderung in Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie auch pflegebedürftigen Menschen in der ambulanten und stationären Pflege erheblich gefährdet sei.
Der Verband mahnte an, die im Sommer 2022 von Arbeits- und Innenministerium beschlossenen Eckpunkte zur Gewinnung von Fachkräften „zügig und unbürokratisch umzusetzen“, denn die Personallage sei vielerorts bereits dramatisch. Es komme darauf an, dass die Politik „jetzt zügig Entscheidungen trifft und Maßnahmen ergreift, um das Personalproblem des Sozial- und Gesundheitswesens zu beheben“, so der CBP.
Der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie zählt nach eigenen Angaben mehr als 1.100 Mitgliedseinrichtungen und Dienste, die rund 94.000 Mitarbeitende beschäftigen.
Erfurt (epd). Ein als nebenamtlich geringfügig beschäftigter Rettungsassistent kann den gleichen Stundenlohn wie Vollzeitkräfte beanspruchen. Dass der Arbeitgeber geringfügig Beschäftigten die freie Dienstwahl ermöglicht, den Hauptamtlichen dagegen nicht, stellt keinen sachlichen Grund für eine schlechtere Bezahlung dar, urteilte am 18. Januar das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.
Geklagt hatte ein Rettungsassistent aus Bayern, der seit April 2015 als geringfügig Beschäftigter durchschnittlich 16 Stunden monatlich im Rettungsdienst arbeitete. Der Arbeitgeber, der für den Rettungszweckverband Notfallrettung im Raum München unter anderem Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen erbringt, zahlte dem Mann einen Stundenlohn von 12 Euro brutto.
Feste, vom Arbeitgeber vorgegebene Dienste gab es nicht. Der Arbeitgeber fragte vielmehr beim Kläger per WhatsApp an, ob er Dienste besetzen will, die dieser aber nicht annehmen musste. Auch Wunschtermine für Einsätze konnten benannt werden. Bei hauptamtlich angestellten Rettungsassistenten wurden dagegen die abzuleistenden Dienste fest vorgegeben. Dafür erhielten sie jedoch einen höheren Stundenlohn von 17 Euro brutto.
Der „nebenamtliche“ Rettungsassistent wertete die ungleiche Bezahlung als Benachteiligung wegen seiner Teilzeitbeschäftigung. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz schreibe vor, dass ein Teilzeitbeschäftigter ohne sachlichen Grund nicht schlechter behandelt werden dürfe als eine Vollzeitkraft. Er mache die gleiche Arbeit, sei gleich qualifiziert und müsse daher auch den gleichen Stundenlohn erhalten. Er verlangte für die Zeit von Januar 2020 bis April 2021 einen Lohnnachschlag von 3.285 Euro.
Der Arbeitgeber lehnte das ab. Die unterschiedliche Bezahlung gehe darauf zurück, dass geringfügig Beschäftigte ihre Einsätze und die Arbeitszeit frei wählen könnten. Bei den hauptamtlich Beschäftigten und ihren vorgegebenen Dienstplänen profitiere das Unternehmen von einer höheren Planungssicherheit und einem geringeren Planungsaufwand. Das begründe die höhere Entlohnung.
Das Landesarbeitsgericht München gab dem Kläger mit Urteil vom 19. Januar 2022 recht. Die Möglichkeit zur freien Dienstwahl eines als Minijobber tätigen Rettungsassistenten sei kein sachlicher Grund für eine geringere Entlohnung. Die Praxis, geringfügig Beschäftigten eine niedrigere Vergütung zu zahlen, verstoße gegen das Benachteiligungsverbot.
Das BAG bestätigte die Entscheidung und sprach dem Kläger den Lohnnachschlag ebenfalls zu. Die unterschiedliche Bezahlung von Voll- und Teilzeitkräften sei sachlich nicht begründet. Es sei auch unerheblich, dass die nebenamtlichen Rettungsassistenten frei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit seien. Der Arbeitgeber lasse „insoweit unberücksichtigt, dass diese Personengruppe weder nach Lage noch nach zeitlichem Umfang Anspruch auf Zuweisung der gewünschten Dienst hat“, betonten die obersten Arbeitsrichter.
Nur weil ein hauptamtlicher Arbeitnehmer sich „auf Weisung des Arbeitgebers zu bestimmten Dienstzeiten einfinden muss“, rechtfertige das „keine höhere Stundenvergütung gegenüber einem Arbeitnehmer, der frei ist, Dienste anzunehmen oder abzulehnen“, urteilte das BAG. Ein sachlicher Grund, wie vom Gesetz verlangt, liege nicht vor.
In einem weiteren Verfahren hatte das LAG München am 17. März 2022 geurteilt, dass Teilzeitbeschäftigte jedoch unter bestimmten Voraussetzungen bei der betrieblichen Altersversorgung anders behandelt werden dürfen als Vollzeitkräfte. So dürften Arbeitgeber bei der Höhe der Betriebsrente auf das Einkommen der letzten zehn Jahre abstellen. Es stelle keine unzulässige Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten dar, wenn diese noch vor dem Zehnjahreszeitraum in Vollzeit gearbeitet haben und dieses Einkommen nicht mehr berücksichtigt wird. Gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot von Teilzeitbeschäftigten werde nicht verstoßen, so das LAG.
Es sei nicht „sachwidrig“, wenn für die betriebliche Altersversorgung „auf die letzten zehn Jahre der Beschäftigungszeit abgestellt wird mit der Folge, dass vorherige Zeiten gegebenenfalls einer Vollzeitbeschäftigung unberücksichtigt bleiben“, befand das LAG. Der Zehnjahreszeitraum solle einen „repräsentativen Zeitraum“ festlegen, „in dem sich der durch den Arbeitsverdienst geprägte Lebensstandard verfestigt“ hat. Gegen das Urteil wurde Revision beim BAG eingelegt (Az.: 3 AZR 221/22), das am 20. Juni über das Verfahren entscheiden will.
Az.: 5 AZR 108/22 (BAG, Gleicher Lohn bei Teilzeitbeschäftigung)
Az.: 10 Sa 582/21 (LAG München, Gleicher Lohn bei Teilzeitbeschäftigung)
Az.: 7 Sa 588/21 (LAG München, Betriebsrente)
Karlsruhe (epd). Überschuldeten pflegenden Angehörigen darf das Pflegegeld nicht gepfändet werden. Denn anderenfalls werde das gesetzliche Ziel des Pflegegeldes, die Pflegebereitschaft von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn zu erhöhen, nicht erreicht, entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem am 16. Januar veröffentlichten Beschluss.
Im konkreten Fall ging es um eine überschuldete Mutter aus dem Raum Oldenburg. Die Frau hatte ihren bei ihr wohnenden autistischen Sohn gepflegt und dafür von ihm Pflegegeld erhalten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2 anstelle der häuslichen Pflegehilfe von der Pflegeversicherung ein Pflegegeld bekommen. Pflegebedürftige können dieses Geld an die Pflegeperson weitergeben, um so einen Anreiz für die häusliche Pflege zu schaffen.
Der Insolvenzverwalter der Mutter wollte auf das Pflegegeld zugreifen und beantragte, dass dieses als pfändbares Arbeitseinkommen angerechnet werden muss.
Dem widersprach jedoch der Bundesgerichtshof. Das vom Pflegebedürftigen an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld sei unpfändbar. Nach den gesetzlichen Bestimmungen stelle das Pflegegeld einen Anreiz dar, die häusliche Pflege zu übernehmen. Wäre das von der pflegebedürftigen Person weitergeleitete Pflegegeld pfändbar, würde der gesetzliche Zweck der Leistung nicht erreicht. Das Pflegegeld stelle auch kein Arbeitseinkommen dar, sondern sei eine freiwillige Leistung des Pflegebedürftigen an die Pflegeperson. Auch das stehe einer Pfändbarkeit entgegen.
Az.: IX ZB 12/22
Leipzig (epd). Der Personalrat hat bei allgemeinen Regelungen und Grundsätzen für die Aufstellung eines Urlaubsplans ein Mitbestimmungsrecht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am 11. Januar veröffentlichten Beschluss zum Landespersonalvertretungsgesetz in Nordrhein-Westfalen entschieden.
Im Streitfall ging es um Urlaubsregelungen in einer Klinik für Psychiatrie und Neurologie des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Der Dienststellenleiter hatte angeordnet, dass die Mitarbeiter des Sozialdienstes die gegenseitige Urlaubsvertretung innerhalb ihrer Abteilung selbst sicherstellen und die Planung mit den Chefärzten abstimmen sollen.
Die Personalvertretung fühlte sich dadurch übergangen. Es handele sich bei der Anordnung um eine „vorbereitende generelle Regelung zur Urlaubsplanung“, die Einfluss auf die individuellen Urlaubswünsche der Beschäftigten haben könne. Nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NRW seien solche vorbereitenden Vorschriften generell mitbestimmungspflichtig. Vergleichbare Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern.
Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass der Personalrat bei der Aufstellung des Urlaubsplans ein Mitbestimmungsrecht hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Das Mitbestimmungsrecht erstrecke sich nicht nur auf die konkrete Urlaubsplanung, sondern auch auf „abstrakt-generelle Regelungen“, die sich auf den Urlaubsplan „nur mittelbar auswirken, aber jedenfalls Vorfestlegungen für die Koordinierung zwischen dienstlichen Erfordernissen und individuellen Urlaubsansprüchen enthalten“.
Das sei hier der Fall, befand das Gericht. Die Anordnung der Klinik-Dienststellenleitung, dass die Mitarbeiter in jeder Abteilung selbst die Urlaubsvertretung sicherstellen sollen, sei als allgemeiner Urlaubsgrundsatz anzusehen. Das führe dazu, dass die individuellen Urlaubswünsche der Beschäftigten „nur eingeschränkt berücksichtigt werden, nämlich nur, soweit eine Urlaubsvertretung auf eine bestimmte Weise gewährleistet werden kann“. Das habe hinreichende Auswirkungen auf die zeitliche Festlegung des Urlaubs in künftigen Urlaubsplänen und löst auch die für die Mitbestimmung erforderliche kollektive Betroffenheit aus, entschied das Gericht.
Az.: 5 P 17.21
Frankfurt a.M. (epd). Eine in einer katholischen Pflegeeinrichtung lebende pflegebedürftige Frau darf einen vom Pflegeheim unabhängigen katholischen Verein als Erben einsetzen. Übt der Verein weder rechtlich noch Einfluss darauf aus, dass die Person in der katholischen Einrichtung betreut wird, liege mit der Erbeinsetzung kein Verstoß gegen das Hessische Heim- und Pflegegesetz vor, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am 6. Januar bekanntgegebenen Beschluss.
Das gelte selbst dann, entschied das Gericht, wenn die Pflegeeinrichtung korporatives Mitglied in dem Verein ist. Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe wurde zugelassen.
Nach den hessischen und auch in anderen Bundesländern vergleichbaren Regelungen ist es verboten, dass Heime und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben der Pflegevergütung weitere Zuwendungen von Heimbewohnern erhalten oder sich versprechen lassen. So soll eine unterschiedliche Behandlung von finanzstarken und ärmeren Bewohnern vermieden und der Heimfrieden gewahrt werden. Auch soll so verhindert werden, dass Heimbetreiber die Bewohner bei der Testamentserstellung beeinflussen. Die Pflegebedürftigen sollen vielmehr frei in der Bestimmung ihres Testamentes sein.
Im konkreten Fall hatte eine bis zu ihrem Tod in einer katholischen Altenpflegeeinrichtung in Wiesbaden lebende Frau einem katholischen Verein als Erben eingesetzt. Die Pflegeeinrichtung war selbst korporatives Mitglied in dem Verein. Die Bestellung des Heimgeschäftsführers war zudem von der Zustimmung des Bischofs von Limburg abhängig.
Der Sohn der Frau erhielt laut Testament lediglich ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils. Als seine Mutter starb, erkannte der Sohn das Testament zugunsten des Vereins nicht an. Weil das Heim Mitglied in dem erbenden katholischen Verein sei, dürfe auch der Verein keine zusätzlichen Geldleistungen von Pflegebedürftigen erhalten. Mit dem Testament werde gegen das Hessische Heim- und Pflegegesetz verstoßen, lautete seine Begründung.
Das OLG hielt das Testament jedoch für rechtmäßig. Der Verein sei wirksam als Alleinerbe eingesetzt worden. Die Verstorbene habe mit dem Verein eine von der Betreiberin des Pflegeheims verschiedene juristische Person als Erben eingesetzt. Die Erbeinsetzung zugunsten des Vereines sei „weder indirekt noch mittelbar“ eine Zuwendung an den Heimbetreiber.
Weiter hieß es, der Verein übe keinen tatsächlichen oder rechtlichen Einfluss auf die Pflegeeinrichtung aus. Er unterstehe auch nicht der Verwaltung kirchlicher Organe, so dass die Annahme der Erbschaft nicht von der Zustimmung des Bischofs abhängig sei. Die Pflegeeinrichtung partizipiere auch nicht am zugewendeten Vermögen.
Az.: 20 W 301/18
Chemnitz (epd). Hörbehinderte Menschen können für ein leicht besseres Sprachverstehen bei einem aufzahlungspflichtigen Hörgerät keine volle Kostenübernahme von der Krankenkasse oder dem Rentenversicherungsträger verlangen. Es müssen schon „wesentliche Gebrauchsvorteile“ für den Versicherten bestehen, damit die Krankenkasse mehr als den Festpreis für die Hörhilfen bezahlt, entschied das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in einem am 17. Januar veröffentlichten Urteil. Weder genügen ein nur um fünf Prozent besseres Sprachverstehen bei dem teureren Hörgerät, noch eine bessere Auswahl an Komfortfunktionen als bei der zum Festbetrag erhältlichen Hörhilfe.
Im Streitfall hatte ein hörbehinderter Mann mit einem Grad der Behinderung von 70 bei seinem Rentenversicherungsträger die Kostenübernahme für zwei Hörgeräte beantragt. Wegen seiner Schallempfindungsstörung könne er ohne optimale Hörgeräte seinen Beruf als Sanitärinstallateur nicht ausüben, so seine Begründung.
Die Rentenkasse leitete den Antrag an die Krankenversicherung weiter, weil sie nicht zuständig sei. Denn besondere berufliche Anforderungen seien nicht ersichtlich, so dass ein berufsbedingter Mehrbedarf nicht gegeben sei.
Zwischenzeitlich ließ sich der Mann zwei Hörgeräte von seinem Arzt verschreiben und kaufte zwei Hörhilfen samt Zubehör zum Preis von 6.246 Euro. Die Krankenkasse wollte nur den Festbetrag in Höhe von 1.534 Euro abzüglich des vom Versicherten zu übernehmenden Eigenanteils von 20 Euro übernehmen. Denn aufzahlungsfreie Hörhilfen seien genauso gut geeignet, so die Kasse.
Auch das LSG lehnte den Kostenerstattungsspruch für die beiden teureren Hörgeräte ab. Die Krankenkasse habe zu recht nur den Festbetrag gewährt. Denn der Kläger habe bei den dreimal so teuren Hörgeräten ein nur um fünf Prozent besseres Sprachverständnis als bei den aufzahlungsfreien Hörhilfen. Dem Gebrauchsnutzen stehe damit einem unverhältnismäßig hohen Mehraufwand gegenüber.
Auch dass die teureren Geräte für besondere berufliche Anforderungen erforderlich seien und damit eine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers auslösten, sei nicht ersichtlich, entschied das Gericht. Allein das Führen von Gesprächen mit mehreren Personen geleichzeitig und die Verständigung auf Baustellen könne die Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten nicht rechtfertigen.
Für Komfortfunktionen, wie etwa eine Bluetooth-Schnittstelle zum Telefonieren im Auto, müsse die Krankenkasse auch nicht aufkommen. Denn die Hilfsmittel dürften im Rahmen des Behinderungsausgleichs „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“, urteilte das LSG.
Az.: L 9 KR 311/19
Stuttgart (epd). Mit Matthias Rose (55) wird laut Annette Noller, der Vorstandsvorsitzenden des Diakonischen Werks Württemberg, ein „engagierter, vernetzter und versierter Mitarbeiter“ Leiter der Abteilung Migration und internationale Diakonie des Diakonischen Werkes. Rose ist Nachfolger von Birgit Susanne Dinzinger, die in den Ruhestand gegangen ist.
Der gelernte Diakon und Sozialarbeiter ist zuständig für die Verknüpfung von lokalen und globalen Initiativen und Impulsen für internationale Partnerschaften und Ausbildungsprojekte, für Bildungsangebote zu entwicklungspolitischen Themen und für Nachhaltigkeit. „Mir ist wichtig, das vielfältige Engagement der Abteilung fortzusetzen“, sagte Rose. „Mein Herzensanliegen ist, dass Diakonie und Kirche mit anderen Begegnungsorte gestalten. Das sehe ich als eine zentrale Aufgabe für das Miteinander und den sozialen Frieden in unserem Land und weltweit.“
Rose arbeitete seit 1984 in verschiedenen diakonischen Einrichtungen mit Menschen mit Behinderung, in der Pflege und mit Jugendlichen. Nach dem Studium der Sozialen Arbeit und Diakonie wurde er 1993 als Diakon auf der Karlshöhe eingesegnet und arbeitete in den darauffolgenden Jahren im Berufsbildungswerk Waiblingen in der Sozialpädagogischen Gruppenarbeit und in der Diakonischen Bezirksstelle Ludwigsburg in der Lebens- und Sozialberatung. Von 2002 bis 2017 leitete er die Diakonische Bezirksstelle Brackenheim, seit 2017 war er Referent für kirchlich-diakonische Flüchtlingsarbeit im Diakonischen Werk Württemberg.
Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein Dachverband für 1.400 Einrichtungen mit fast 50.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Hans-Ulrich Minke, früherer Oldenburger Diakoniedirektor, ist tot. Er starb am 11. Januar im Alter von 86 Jahren in Oldenburg. Minke leitete das Diakonische Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg 17 Jahre lang von 1982 bis 1999. Minke stammte aus dem schlesischen Liegnitz, studierte evangelische Theologie in Bielefeld-Bethel, Hamburg und Heidelberg und war von 1966 bis 1982 Pfarrer in Wilhelmshaven-Bant. Bischof Thomas Adomeit würdigte Minkes Wirken. Mit seinem Engagement habe er die oldenburgische Diakonie über Generationen geprägt.
Christian Gerloff (59) ist neuer Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Der Mediziner, der auf Bernhard Göke folgt, war zuvor Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Ärztlicher Leiter des Kopf- und Neurozentrums sowie stellvertretender Ärztlicher Direktor des UKE.
Rebecca Winkels ist neue Pressesprecherin des Generalsekretariats des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Die studierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin übernimmt neben der Rolle der Pressesprecherin auch die Leitung des Kommunikationsteams mit den Schwerpunkten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Online-Kommunikation. Vor ihrem Wechsel leitete Winkels den Bereich Kommunikation und Strategie bei der „Wissenschaft im Dialog gGmbH“. Zuvor war sie als Pressereferentin der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren und in verschiedenen Funktionen innerhalb der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig tätig.
Konstantin Riemann (49) aus Vechta ist neuer Referent für Stiftungsmanagement und Fundraising beim Landes-Caritasverband für Oldenburg. Er hat den Posten am 1. Januar übernommen. Riemann ist Bankkaufmanns und Betriebswirt.
Pia Lebiedz (46) leitet als Chefärztin die neu gegründete Klinik für Notfallmedizin am Clemenshospital der Alexianer in Münster. Sie arbeitete zunächst 16 Jahre am Universitätsklinikum Münster (UKM), wechselte danach in ein Krankenhaus im Oldenburgischen und war zuletzt in einer Steinfurter Praxis tätig. Die Professorin engagiert sich zudem in der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin.
Jörn Wessel leitet als Geschäftsführer übergangsweise das Agaplesion Diakonieklinikum Rotenburg, nachdem zum Jahreswechsel Detlef Brünger auf eigenen Wunsch seinen Vertrag als Geschäftsführer nicht verlängert hatte. Der Jurist Wessel ist seit etwa 20 Jahren Geschäftsführer des Agaplesion Diakonieklinikums Hamburg und wird das auch während seiner Rotenburger Zeit bleiben. Das Klinikum in Rotenburg ist akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg. In der Einrichtung arbeiten rund 2.500 Beschäftigte.
27.-28.1. Berlin:
Kongress „Pflege 2023“
des Springer Wissenschaftsverlags
Tel.: 030/82787-5510
30.1.:
Online-Seminar „Feedbackmethoden und Lernkultur - Kommunikationstraining für eine bessere Zusammenarbeit“
der Paritätischen Akademie Süd
Tel.: 0711/286976-10
31.1.:
Online-Seminar „Probleme in der Pflege lösen“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356159
Februar
1.2.:
Online-Seminar „Arbeitszeit aktuell“
der Paritätischen Akademie Süd
Tel.: 0711/286976-10
8.2. Köln:
Seminar „Personaleinsatzplanung unter dem Bundesteilhabegesetz: Chancen - Risiken - Lösungsansätze“
der BFS Service GmbH
Tel.: 0221/97356-0
9.-10.2. Frankfurt a.M.:
Forum „Bleiben oder gehen? Die Bindung von Mitarbeitenden - mehr als eine theologische Frage!“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-1700
13.-15.2. Berlin:
Seminar „Überzeugend auftreten in Präsentation, Verhandlung und Gespräch - Einsatz von Körper, Stimme, Sprache“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
16.-23.2.:
Online-Seminar „Ausländer- und Sozialrecht für EU-BürgerInnnen“
Tel.: 030/26309-139
20.-22.2. Freiburg:
Seminar „Beratungsresistent - Lösungsorientiert handeln unter schwierigen Bedingungen“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/2001700
21. 2. Hamburg:
Fachtagung „Qualifikationsmix neu denken: Aufgabenumverteilung im Gesundheitswesen“
des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege
Tel: 030/83001-277
27.-28.2.:
Online-Seminar „Den Menschen im Blick. Kompetenzen gegen Diskriminierung im Alltag und Beruf“
Tel.: 030/26309-139
März
1.3.:
Online-Fortbildung „Soziale Arbeit über Grenzen hinweg - Kinderschutzfälle mit Auslandsbezug und grenzüberschreitende Unterbringung“
Tel.: 030/62980605
2.-3.3.:
Online-Seminar „Das operative Geschäft: Steuerung und Controlling in der Eingliederungshilfe“
der Bundesakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-495
13.-15.3. Berlin:
Fortbildung „Erfolgreiche Lobbyarbeit im politischen Raum“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200 1700
17.3.-19.3.:
Online-Seminar „Konflikte souverän online beraten“
der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes
Tel.: 0761/200-170
23.-24.3.:
Digital-Seminar „Handlungsfelder für eine zukunftsorientierte kommunale Wohnungspolitik“
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980 419
30.-31.3. Berlin:
Seminar „Grundlagen der Sprachmittlung in der Sozialen Arbeit und im Gesundheitswesen - Verständigungshindernisse professionell überwinden“
der Fortbildungsakademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 030/48837-476