

seit Jahren wird in Wellen immer wieder diskutiert, wie die Bezahlung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen verbessert werden kann. Wiederholt zu hören ist auch die Forderung, statt Entgelt dort Mindestlohn zu bezahlen. Doch dazu wird es nicht kommen, auch aus sozialpolitischen Gründen. Doch es liegen andere Konzepte auf dem Tisch. „Werkstatträte Deutschland“ wirbt für ein Teilhabegeld. Das Bundesarbeitsministerium arbeitet an einem Gesetzentwurf, nach dem ein Werkstattgeld eingeführt werden soll, das von der Grundsicherung unabhängig machen würde. Doch das braucht Zeit. Der Behindertenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Wilfried Oellers, wirbt im Interview für ein anderes Reformmodell.
Nach wie vor leisten Frauen deutlich mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Sie sind im Haushalt sowie bei der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen deutlich stärker eingespannt. Und zwar auch dann, wenn beide Geschlechter in Teilzeit arbeiten, also in etwa gleich viel Zeit für diese Arbeiten zu Hause haben. Seit Jahren schon hat sich an diesem sogenannten Gender Care Gap kaum etwas verändert, wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung zeigt.
Das diakonische Sozialunternehmen Diakoneo im fränkischen Neuendettelsau hat in den vergangenen zwei Jahren elf Fachkräfte aus Spanien gewonnen. Möglich machte das ein Anwerbeprogramm des Unternehmens. Für die Heilerziehungspfleger oder Erzieherinnen gibt es bei Diakoneo viel Unterstützung, um ihnen den Start zu erleichtern. Die Erfahrungen damit sind gut - für beide Seiten.
Normalerweise gilt für eine Kündigungsschutzklage, dass sie spätestens drei Wochen nach der Kündigung erhoben werden muss. Aber bei einer Schwangerschaft kann das anders sein, hat das Sächsische Landesarbeitsgericht geurteilt. Nämlich dann, wenn eine gekündigte Frau in der Zwischenzeit ihren Arbeitgeber zwar über ihren positiven Schwangerschaftstest informiert hat, aber die ärztliche Bescheinigung über die Schwangerschaft erst nach der gesetzlichen Dreiwochenfrist eintrudelt. Denn für den Kündigungsschutz für Schwangere, sagten die sächsischen Richter, sei die Schwangerschaft ausschlaggebend, nicht der Zeitpunkt, an dem ein Arzt die Schwangerschaft feststellt.
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Ihr Nils Sandrisser
Frankfurt a. M. (epd). Auf der Homepage und in Infoschriften der „Werkstatträte Deutschland“ ist die Hoffnung vieler behinderter Menschen in Werkstätten in leichte Sprache gefasst: „Menschen sollen von ihrem Geld leben können. Auch Menschen mit Behinderung und Erkrankungen. Jeder Mensch soll selbstbestimmt leben können. Oft müssen Menschen mit Behinderung ihr Konto offen zeigen. Das soll nicht mehr so sein.“ All diese Ziele, so der Dachverband der Interessenvertreter, ließen sich mit dem „Basisgeld“ verwirklichen. Doch ob und wann das so kommt, ist offen.
Denn das derzeitige Entgeltsystem der Bezahlung von Werkstattbeschäftigten muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Die Reform dazu hat die Ampel auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Sie will ein „nachhaltiges, transparentes und zukunftsfähiges Entgeltsystem in Werkstätten schaffen“. Doch der Weg dahin ist lang.
Nach neuen Daten lag das durchschnittliche Entgelt der im Arbeitsbereich der Werkstätten Beschäftigten 2022 bei monatlich 224 Euro (inklusive 52 Euro Arbeitsförderungsgeld). Im Vergleich zum Jahr davor ist das Entgelt leicht gestiegen (2021: 212 Euro), so die Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM).
Das Entgelt setzt sich aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag zusammen. Der Grundbetrag beträgt seit dem 1. August 2024 monatlich 133 Euro. Weitere Komponenten des Werkstattentgeltes sind das Arbeitsförderungsgeld und ein Zuschuss zur Altersrente.
Das Problem: Grundbetrag und Steigerungsbetrag werden aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt bezahlt, hängen also vom wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung ab. Die Werkstättenverordnung legt fest, dass Werkstätten mindestens 70 Prozent ihres Arbeitsergebnisses in Form von Entgelten an die Beschäftigten auszahlen müssen.
Mit der Reform der Bezahlung gehe es politisch voran, sagte eine Sprecherin von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Aktuell erarbeitet das Ministerium den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd): Ziel sei es, den Entwurf noch in dieser Legislaturperiode vorzulegen. Der solle auch Regelungen enthalten, „um das Entgeltsystem transparenter zu machen und die Arbeitsleistung der Werkstattbeschäftigten besser anzuerkennen.“
Geplant sei die Einführung eines „steuerfinanzierten Werkstattgeldes, auf das jede und jeder Werkstattbeschäftigte unabhängig von der individuellen Arbeitsleistung einen Anspruch haben soll.“ Zudem solle das Entgelt nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet werden.
Auf diesen Gesetzentwurf warten auch die „Werkstatträte Deutschland“ mit Spannung. Denn es stockt im vom Bundesarbeitsministerium im vergangenen Oktober begonnenen Dialogprozess zum Umbau der Bezahlung in Werkstätten. Ausgangspunkt war die vom Ministerium in Auftrag gegebene „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“. In den Gesprächen knirschte es hörbar. Die dortigen Überlegungen für eine Entgeltreform entsprachen nicht den Vorstellungen der Werkstatträte. „Der Vorschlag zur Reform des Entgelts wurde Ende des Jahres 2023 vom Ministerium wieder zurückgezogen“, heißt es auf Anfrage. Seitdem gebe es keinen offiziellen neuen Anlauf, voranzukommen.
Und was erhoffen sich die Beschäftigten selbst? Auch das geht aus der Untersuchung hervor, die im September vergangenen Jahres vorgestellt wurde. „Sehr deutlich kritisieren viele Befragte das viel zu niedrige Entgeltniveau für ihre geleistete Arbeit, mit dem sie nicht einverstanden sind“, so die Autorinnen und Autoren. Gewünscht und gefordert werde eine klare, deutliche Erhöhung des derzeit geltenden Entgelts, teilweise auf Mindestlohnniveau, teilweise auch darunter - sofern die Anhebung jedenfalls so hoch ausfällt, dass Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit daraus erkennbar werden.
Darüber hinaus müsste die Entgeltreform den Befragten zufolge so gestaltet werden, dass möglichst keine anderen Sozialleistungen mehr erforderlich sind. Und: „Schließlich sollte das künftige Entgeltsystem auch nachvollziehbar und verlässlich sein. So betonen vor allem Werkstatträte und Frauenbeauftragte, dass das monatliche Entgelt konstant und ohne Schwankungen bleiben sollte.“
Mindestlohn - auch diese Variante wurde in der Studie untersucht - wird in den Werkstätten nicht bezahlt. Denn bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um ein sogenanntes arbeitnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis. Die Beschäftigten sind keine Arbeitnehmer im klassischen Sinn. Eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung sei kein herkömmlicher Betrieb, erläutert die Lebenshilfe. „Hier werden Menschen beschäftigt, für die der allgemeine Arbeitsmarkt nicht zugänglich ist. Menschen sollen auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet werden“, heißt es auf der Homepage.
Auch die BAG WfbM betont, dass die Tätigkeit mit einem Vollzeit-Arbeitsplatz in einem Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht direkt vergleichbar ist. „Werkstätten sind keine Erwerbsbetriebe. Nicht das wirtschaftliche Ergebnis steht bei der Werkstattleistung im Vordergrund, sondern die berufliche Entwicklung durch individuell angepasste Arbeit und Beschäftigung sowie arbeitsbegleitende Maßnahmen“, sagt Geschäftsführerin Kathrin Völker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Und sie ergänzt: „Sie haben alle Schutzrechte von Arbeitnehmern, aber nicht deren Pflichten. So haben sie zum Beispiel Anspruch auf Urlaub, Mutterschutz oder das Recht auf Teilzeit. Sie können jedoch nicht gekündigt oder abgemahnt werden, und sie haben keine Leistungsverpflichtung, wie es sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt.“
Weiter sagte die Geschäftsführerin: „Der alleinige Ruf nach Einführung des Mindestlohns in Werkstätten greift zu kurz, um eine umfassende Verbesserung der Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten zu bewirken.“ Vielmehr müsse eine detaillierte Betrachtung der geltenden Regelungen in den Sozialgesetzbüchern erfolgen, um ein zukunftsfähiges Entgeltsystem für alle Werkstattbeschäftigen zu schaffen.
Auch Wilfried Oellers, Behindertenbeauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, betont, dass das Arbeitsumfeld in den Werkstätten „ein ganz anderes als in der freien Wirtschaft ist, auch die Anforderungen sind völlig anders“. Das spreche dagegen, den Betroffenen einen Mindestlohn zu zahlen. Und: Ein Mindestlohn in Werkstätten mindere die Anreize der Betroffenen, auf den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln.
Er schlägt vor, das staatlich finanzierte Arbeitsförderungsgeld, das Werkstattbeschäftigte schon jetzt neben dem Grund- und Steigerungsbetrag ohne Anrechnung auf Sozialleistungen erhalten, als stabile Größe des Werkstattlohns zu stärken. Er könne sich vorstellen, „das Arbeitsförderungsgeld noch um einen pauschalen Betrag einmalig zu erhöhen“, sagte er dem epd. Weiterhin sollte es keine Deckelung mehr geben, wenn Grund- und Steigerungsbetrag sowie Arbeitsförderungsgeld zusammen den Betrag von 351 Euro überschreiten.
Dazu sagt die BAG WfbM: „Der Ansatz stellt einen Schritt zur Verbesserung der Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten dar. Allerdings wird auch hiermit die Forderung nach einem existenzsichernden Einkommen für Werkstattbeschäftigte nicht erfüllt.“
Das aber müsse das Kernziel aller Reformen sein, so Werkstatträte Deutschland. Dazu habe man schon 2019 das „Basisgeld zur Gleichstellung dauerhaft voll erwerbsgeminderter Menschen“ entwickelt. Es soll 70 Prozent des Durchschnittslohns betragen. Vorteil dieses Konzepts: Werkstattbeschäftigte müssen dann nicht mehr vor Ämtern ihre Konten offenlegen. Sie erhalten genug Geld, um davon leben zu können - und werden frei von der Grundsicherung. „Das Basisgeld soll ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das Basisgeld zur Gleichstellung dauerhaft voll erwerbsgeminderter Menschen bringt vielen Menschen nicht nur etwas mehr Geld ins Portmonee, sondern gibt ihnen auch das gute Gefühl, respektierter Teil der Gesellschaft zu sein“, heißt es in einem Positionspapier dazu.
„Nach wie vor sehen wir das Basisgeld als eine gerechte und angemessene Bezahlung von Werkstattbeschäftigten an“, sagte Koordinatorin Katrin Rosenbaum dem epd. Diese Form der Bezahlung sei in der Entgeltstudie „in mehreren Teilen als gut befunden worden“. Aber: Es käme teurer „als die anderen untersuchten Vorschlägen wie etwa der Mindestlohn“.
Berlin (epd). Für Wilfried Oellers ist klar: Die Beschäftigten in den Werkstätten brauchen ein höheres Einkommen. Und: Das wird mehr Geld des Steuerzahlers kosten. Aber, so der Fachmann im Interview: Der von ihm vorgeschlagene finanzielle Aufschlag auf das Arbeitsförderungsgeld lasse sich „durch Umschichtungen im Sozialetat des Bundes finanzieren“. Die Fragen stellte Dirk Baas.
epd sozial: Herr Oellers, mal wieder steht die Forderung im Raum, Beschäftigten in Werkstätten statt einem Entgelt den Mindestlohn zu bezahlen. Sie haben da Bedenken. Warum?
Wilfried Oellers: Der Mindestlohn steht Beschäftigten auf dem regulären Arbeitsmarkt zu. Da gehört er hin. Doch bei den Werkstattbeschäftigten handelt es sich um größtenteils voll erwerbsgeminderte Menschen, die nicht zu üblichen Bedingungen arbeiten können. Ihr Arbeitsumfeld ist ein ganz anderes als in der freien Wirtschaft, auch die Anforderungen sind völlig anders. Das spricht dagegen, den Betroffenen einen Mindestlohn zu zahlen. Zudem sehe ich sozialen Sprengstoff, der sich mit dem Recht auf Mindestlohn im Vergleich zu Nichtwerkstattbeschäftigten mit Mindestlohn ergeben würde. Denn die Schutzrechte und der Nachteilsausgleiche sollen ja erhalten bleiben, zum Beispiel der besondere Kündigungsschutz und die Aufstockung der Rentenpunkte entsprechend 80 Prozent eines Durchschnittslohns. Und: Ein Mindestlohn in Werkstätten mindert die Anreize der Betroffenen, auf den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln.
epd: Genau diese Wechsel gelingen aber seit Jahren kaum.
Oellers: Richtig. Aber es gibt ja politische und praktische Bemühungen, mehr Menschen aus den Werkstätten zu holen. Aber das bleibt auch in Zukunft eine große Herausforderung. Wir dürfen hier nicht nachlassen.
epd: Sie wollen erreichen, dass die Bezahlung in den Werkstätten dennoch besser wird. Wie könnte das gelingen, jenseits des Mindestlohns?
Oellers: Das Thema Werkstattentgelt beschäftigt mich als Behinderten- beziehungsweise Teilhabebeauftragter unserer Fraktion nun schon seit 2019. Damals hatten wir mit einer Gesetzesnovelle entsprechend der damaligen BAföG-Erhöhung die Bundesausbildungsbeihilfe und das Ausbildungsgeld erhöht. Aufgrund einer Kopplungsnorm im Sozialgesetzbuch IX steigt damit das von den Werkstätten aus ihrem Arbeitsergebnis zu finanzierende Werkstattentgelt dann aber auch automatisch mit. Jetzt gab es im Sommer wieder eine BAföG-Erhöhung. Wie schon 2019 trat auch diesmal das Problem zutage, dass viele Werkstätten wirtschaftlich damit überfordert sind, den erhöhten Grundbetrag des Werkstattentgelts, insbesondere aber den Steigerungsbetrag für besonders leistungsfähige Werkstattbeschäftigte auch zu finanzieren. Das führte dann aus wirtschaftlichen Gründen faktisch zu Entgeltkürzungen bei den Beschäftigten. Und aufgrund von Corona-Pandemie, Ukrainekrieg und in dessen Folge hohen Energiekosten hat sich die wirtschaftliche Lage für viele Werkstätten zwischenzeitlich noch verschärft. Ich schlage deshalb einen anderen Weg vor.
epd: Wie könnte der aussehen?
Oellers: Mein Modell sieht vor, das staatlich finanzierte Arbeitsförderungsgeld, das Werkstattbeschäftigte schon jetzt neben dem Grund- und Steigerungsbetrag erhalten, übrigens ohne Anrechnung auf Sozialleistungen, als stabile Größe des Werkstattlohns zu stärken und damit auch einen Systemfehler zu beheben. Steigen das staatlich finanzierte BAföG und Ausbildungsgeld, soll diese Erhöhung auf das staatlich finanzierte Arbeitsförderungsgeld erfolgen und nicht mehr von den Werkstätten erwirtschaftet und finanziert werden müssen. Zusätzlich könnte ich mir vorstellen, das Arbeitsförderungsgeld noch um einen pauschalen Betrag einmalig zu erhöhen. Weiterhin sollte es keine Deckelung mehr geben, wenn Grund- und Steigerungsbetrag und Arbeitsförderungsgeld zusammen den Betrag von 351 Euro überschreiten.
epd: Was wäre dann gewonnen?
Oellers: Mit diesem Modell kämen die Erhöhungen des Werkstattentgelts auch vollständig bei den Beschäftigten an. Zusätzlich wünsche ich mir, das Entgeltsystem insgesamt zu vereinfachen und mit einheitlichen „Lohnabrechnungen“ für mehr Transparenz als heute zu sorgen, in denen künftig alle Lohnbestandteile ausgewiesen werden. Denn der Werkstattlohn setzt sich ja aus sehr vielen Komponenten zusammen, zu denen insbesondere auch Grundsicherung und Erwerbsminderungsrente zählen.
epd: Da kämen dann aber vermutlich höhere Kosten auf den Steuerzahler zu. Und das in Zeiten knapper Kassen.
Oellers: Es ist richtig, ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand wird man keine Lösung für ein besseres Entgeltsystem umsetzen können. Allerdings wäre mein Modell vergleichsweise günstig. Die „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ aus dem Jahr 2023 geht von 166 Millionen Euro jährlichen Mehrkosten aus. Ich habe mal durchgerechnet, dass selbst mit einem zusätzlichen pauschalen Aufschlag von zum Beispiel 50 Prozent des jetzigen Arbeitsförderungsgelds man sich zwischen 200 und 300 Millionen Euro Zusatzkosten bewegen würde. Die in der Werkstattstudie ebenfalls durchgerechneten Mindestlohnmodelle sind zum Teil deutlich teurer, bis hin in den Milliardenbereich.
epd: Wie ließe sich diese Finanzierung dennoch stemmen?
Oellers: Ich meine, man sollte zu einer fairen Kostenaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern kommen, die momentan den Hauptteil des Arbeitsförderungsgelds tragen. Ich glaube auch, dass sich im Sozialetat des Bundes mit seinen knapp 180 Milliarden Euro Spielräume finden lassen, durch Umschichtungen die zusätzliche steuerfinanzierte Komponente zu finanzieren.
Frankfurt a.M. (epd). Mit rund 48 Prozent lag die Erwerbstätigenquote im Jahr 2021 bei Menschen mit Schwerbehinderung geringer als in der Gesamtbevölkerung, wo sie rund 76 Prozent beträgt, wie aus dem jüngsten „Reha-Info“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) zu entnehmen ist. Blickt man auf die jeweiligen Quoten der Beschäftigung Behinderter in den verschiedenen Alterskohorten, so zeigen sich markante Unterschiede.
In der Gruppe der 25- bis 49-Jährigen liegen die Werte am dichtesten bei einander: 60,3 Prozent der Behinderten waren 2021 erwerbstätig. Bei den Nichtbehinderten lag der Wert bei 83,8 Prozent. Bei den 60- bis 64-Jährigen sinken beide Quoten: auf 31,8 zu 61,4 Prozent.
Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent davon mit Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung zu besetzen. Wird das nicht erfüllt, wird eine Ausgleichsabgabe fällig. Die Quote der Beschäftigung Behinderter lag 2022 bei bundesweit 178.690 beschäftigungspflichtigen Arbeitgebern bei 38,5 Prozent. Die öffentlichen Unternehmen beschäftigen über alle Altersgruppen hinweg klar mehr Behinderte (58,6 Prozent) als die Firmen. Die höchste Quote haben öffentliche Arbeitgeber mit 20 bis 40 Arbeitsplätzen. Sie liegt bei 64 Prozent. Am schlechtesten schneiden hier im Vergleich Privatfirmen mit 60 und mehr Jobs ab. Sie kommen nur einen Wert von 24,4 Prozent.
Eine besondere Rolle im inklusivem Arbeitsmarkt spielen die Inklusionsbetriebe, Unternehmen auf dem regulären Arbeitsmarkt, die sich neben ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit einen sozialen Auftrag gegeben haben. In Inklusionsbetrieben haben 30 bis 50 Prozent der Mitarbeitenden eine amtlich anerkannte Schwerbehinderung.
2022 gab es bundesweit 1.030 Inklusionsbetriebe, in denen 29.448 Menschen tätig waren - von ihnen hatten rund 12.700 eine Schwerbehinderung. Die Zahl der Inklusionsbetriebe wuchs zuletzt kontinuierlich. Waren das 2011 noch 684 Firmen, so zählte die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2022 bereits 1.030 Unternehmen.
Deutschlandweit gab es im Jahr 2022 insgesamt 700 Hauptwerkstätten für behinderte Menschen. Die Zahl der Betriebsstätten lag bei knapp 3.000, in denen rund 310.000 leistungsberechtigte Menschen mit Behinderungen beschäftigt waren. 260.000 Personen waren im Arbeitsbereich tätig, 28.000 im Berufsbildungsbereich. 20.000 Beschäftigte zählte die BAG WfbM 2023 im nicht sozialversicherungspflichtigen Förderbereich.
Düsseldorf (epd). Teilzeitbeschäftigte Frauen arbeiten zehn Stunden pro Woche länger als teilzeitbeschäftigte Männer. Damit, erklärt Yvonne Lott, ist der sogenannnte Gender Care Gap unter Menschen, die in Teilzeit arbeiten, besonders groß.
Lott ist Autorin der Studie „Alles beim Alten: Der Gender Pay Gap in der Erwerbsbevölkerung“ des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Untersuchung ist im jüngsten Policy Brief des WSI erschienen und ist Sonderauswertung auf der Basis der Zeitverwendungserhebung 2022 für die Erwerbstätigen in Deutschland. „Beim Gender Care Gap in der aktiven Erwerbsbevölkerung ist auch nach der Pandemie alles beim Alten“, fasst Lott zusammen.
Die Ergebnisse sehen in Kürze so aus: Insgesamt arbeiten alle erwerbstätigen Frauen fast eine Stunde mehr pro Woche als erwerbstätige Männer (54 Stunden gegenüber 53 Stunden pro Woche). Dabei investieren Frauen im Durchschnitt über 25 Stunden pro Woche in unbezahlte Arbeit und damit etwa acht Stunden mehr als Männer.
Für ihre Erwerbstätigkeit wenden Frauen im Durchschnitt etwas mehr als 28 Stunden pro Woche auf. Das sind etwa sieben Stunden weniger als Männer. Diese Unterschiede zwischen allen erwerbstätigen Frauen und Männern lassen sich hauptsächlich durch die deutlichen Geschlechterunterschiede bei Beschäftigten mit Kindern beziehungsweise Teilzeitbeschäftigten erklären.
Der Gender Care Gap ist unter anderem auf Geschlechterunterschiede bei der Instandhaltung von Haus und Wohnung sowie der Pflege und Änderung von Textilien zurückzuführen. Frauen arbeiten hier durchschnittlich zwei Stunden und 54 Minuten mehr als Männer. Bei der Zubereitung von Mahlzeiten und der Hausarbeit in der Küche leisten Frauen durchschnittlich zwei Stunden und 22 Minuten mehr als Männer, bei der Kinderbetreuung beziehungsweise Unterstützung von Haushaltsmitgliedern durchschnittlich eine Stunde und 42 Minuten mehr und dem Einkaufen beziehungsweise der Haushaltsorganisation durchschnittlich eine Stunde mehr.
Die großen Unterschiede bei Teilzeitbeschäftigten liegen daran, dass hier Männer, obwohl sie rund eine halbe Stunde in ihrem Job mehr arbeiten als Frauen, erheblich weniger unbezahlte Arbeit leisten als das andere Geschlecht - nämlich zehn Stunden weniger (Frauen in Teilzeit: 31 Stunden und 44 Minuten gegenüber Männern in Teilzeit: 21 Stunden und 20 Minuten).
Aber auch bei einer Vollzeitbeschäftigung arbeiten Frauen insgesamt im Durchschnitt etwas länger als Männer - etwa 40 Minuten mehr. Auch hier besteht ein Gender Care Gap von drei Stunden (Frauen: 20 Stunden und 17 Minuten gegenüber 17 Stunden und elf Minuten). Der Unterschied bei der bezahlten Arbeit beträgt weniger als drei Stunden (Frauen in Vollzeit: 34 Stunden und 44 Minuten gegenüber Männern in Vollzeit: 37 Stunden und zehn Minuten).
Wie zu erwarten, ist der Gender Care Gap besonders groß, wenn Kinder und insbesondere kleine Kinder im Haushalt sind. Mit Kindern unter sechs Jahren beträgt der Gender Care Gap etwas mehr als 15 Stunden (Frauen: 44 Stunden und 33 Minuten gegenüber Männern: 29 Stunden und 21 Minuten). Mit Kindern zwischen sechs und 18 Jahren liegt der Gender Care Gap bei etwas mehr als 11 Stunden (Frauen: 31 Stunden und 25 Minuten gegenüber Männern: 20 Stunden und drei Minuten).
Interessanterweise gibt es auch bei erwerbstätigen Frauen und Männern ohne Kinder im Haushalt einen Gender Care Gap. Dieser beträgt fünf Stunden. Er entsteht vor allem durch den höheren Zeitaufwand, den Frauen in Haushalten ohne Kinder im Vergleich zu Männern für die Instandhaltung von Haus und Wohnung sowie die Pflege und Änderung von Textilien (durchschnittlich zwei Stunden mehr), die Zubereitung von Mahlzeiten und die Hausarbeit in der Küche (eineinhalb Stunden mehr) und für Einkäufe sowie die Haushaltsorganisation (fast eine Stunde mehr) aufwenden. Im Gegensatz dazu arbeiten Frauen im Durchschnitt etwas mehr als drei Stunden weniger in ihrem Job als Männer (31 Stunden und 18 Minuten gegenüber 34 Stunden und 56 Minuten). Insgesamt investieren erwerbstätige Frauen in Haushalten ohne Kinder durchschnittlich fast eineinhalb Stunden mehr in Arbeit als erwerbstätige Männer.
Beschäftigte, die Angehörige pflegen, haben generell einen relativ hohen Zeitaufwand für Pflege. Mehr als ein Drittel der erwerbstätigen Frauen und knapp 28 Prozent der erwerbstätigen Männer pflegen über zehn Stunden pro Woche. Erwerbstätige Frauen investieren im Durchschnitt häufiger mehr Zeit in Pflege als Männer. 23 Prozent der pflegenden erwerbstätigen Frauen pflegen 10 bis 20 Stunden pro Woche. Dies sind sechs Prozentpunkte mehr als bei erwerbstätigen Männern. Letztere pflegen häufiger unter zehn Stunden pro Woche (72 Prozent gegenüber 65 Prozent). Die Anteile der erwerbstätigen Frauen und Männer, die mehr als 20 Stunden pro Woche pflegen, sind ähnlich und relativ gering (12 beziehungsweise 11 Prozent).
Berlin (epd). Jürgen Dusel dringt auf Tempo bei der Reform des Behindertengleichstellungsgesetz, um das Recht auf Teilhabe für taube Menschen zu verbessern. Die Bundesregierung habe Barrierefreiheit des öffentlichen und privaten Lebens versprochen. Das müsse sie jetzt halten. Mit Dusel sprach Corinna Buschow.
epd sozial: In der kommenden Woche ist der internationale Tag der Gebärdensprachen verbunden mit einer Woche der Gehörlosen. In Deutschland gibt es rund 80.000 gehörlose Menschen. Wie ist deren Situation?
Jürgen Dusel: Sehr unterschiedlich, weil die Gruppe sehr heterogen ist. Es gibt gehörlose Menschen - taube Menschen sage ich lieber -, die von Geburt an taub sind. Andere Menschen sind später durch eine Erkrankung ertaubt, haben also vorher Lautsprache gelernt. Innerhalb der Community läuft die Kommunikation für die Menschen gut, wenn sie Gebärdensprachkompetenz haben. Aber bei der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben der Mehrheitsgesellschaft gibt es viele Baustellen. Taube Menschen sind eine marginalisierte Gruppe.
epd: Wo macht sich das bemerkbar?
Dusel: Quasi überall, bei der Kommunikation mit Behörden, aber auch im privaten Bereich. Taube Menschen stoßen in vielen Bereichen auf Probleme, bei der Arbeitssuche oder wenn sie eine Wohnung suchen, insbesondere bei der angespannten Lage etwa hier in Berlin. Oft ist es nicht möglich, sich bei einer Wohnungsbesichtigung zu artikulieren oder überhaupt mit dem Makler zu kommunizieren. Dafür brauchen sie eine Gebärdensprachverdolmetschung und da haben wir in Deutschland echt ein Defizit.
epd: Wie ist das zu beseitigen?
Dusel: Rein rechtlich ist es zurzeit noch so, dass Private nur in ganz kleinen Ausnahmebereichen in der Pflicht sind, für barrierefreie Angebote zu sorgen. Ich möchte, dass private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Das gilt beispielsweise, wenn jemand zur Bank geht, eine Wohnung sucht oder beispielsweise privat touristisch unterwegs ist. Der Gesetzesentwurf zur Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes aus dem Arbeits- und Sozialministerium liegt nun endlich vor. Ich hoffe, dass er nach der Ressortabstimmung zügig in die Länder- und Verbändebeteiligung geht.
epd: Das klingt nach einer umfangreichen und teuren Reform.
Dusel: Ich will, dass Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Zum ersten Mal hat eine Regierungskoalition darin gesagt: Wir wollen, dass Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens barrierefrei wird. Das war ein großes Versprechen. Jetzt muss es gehalten werden. Sicher kann man dann auch über finanzielle Unterstützung reden.
epd: Sie sagen, auch bei Behörden gibt es Probleme. Welche sind das?
Dusel: Es ist zum Beispiel so, dass taube Menschen in aller Regel erst einmal eine Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache beantragen müssen. Diese Menschen haben im Ausweis das Merkzeichen „Gl“ für „gehörlos“. Damit ist eigentlich klar, dass sie eine Gebärdensprachverdolmetschung brauchen. Offensichtlich reicht es im Rathaus oder Bürgeramt aber nicht, diesen Ausweis hochzuhalten. Sie müssen ein Formular ausfüllen, um eine Verdolmetschung zu bekommen. Das ist Bürokratie, belastet die Leute - in der Verwaltung genauso wie die Betroffenen selbst - und am Ende stellt sich sowieso heraus, dass sie Gebärdensprachverdolmetschung brauchen.
epd: Das Formular sollte man also abschaffen?
Dusel: Ich kann das nicht anweisen, aber ja, das wäre für mich eine Frage des gesunden Menschenverstandes. Diese Formulare müssen ja auch bearbeitet werden. Mein Credo ist: Macht die Dinge einfacher! Die Verwaltung will doch bürgernah sein.
epd: Dafür muss es aber auch genügend Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher geben. Gibt es die?
Dusel: Nein, da haben wir ein sehr großes Problem. Teilweise müssen Leute über Wochen im Voraus Gebärdensprachleistungen bestellen. Es gibt keine validen Zahlen, aber schätzungsweise gibt es in Deutschland so 800, vielleicht 900 Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher - und 80.000 taube Menschen, die das brauchen. Das ist ein Problem, wenn etwa taube Eltern am Elternabend in der Schule teilnehmen wollen. Oder ein extremes Beispiel: Wie erklärt jemand in der Notaufnahme, dass er starke Schmerzen hat, wenn er nicht sprechen kann? Die Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache erst seit 2002 in Deutschland anerkannt. Andere Länder waren da schneller. Entsprechend hat sich auch der Markt der Gebärdensprache langsamer entwickelt. Wir haben nur ein paar Orte, wo man das lernen kann.
epd: Haben Sie eine Idee, wie man mehr Leute dafür gewinnen kann?
Dusel: Wir müssen dafür sorgen, dass der Beruf attraktiver wird und dass wir bessere Ausbildungsbedingungen haben. Ich glaube aber auch, dass das Bewusstsein für die Bedeutung von Gebärdensprache noch fehlt. Stellen Sie sich vor, man könnte Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtsprache in der Schule lernen, als zweite oder dritte Sprache statt Spanisch oder Russisch zum Beispiel. Das wäre cool.
epd: Wäre das nicht übertrieben, wenn es gar nicht so viele Menschen absehbar anwenden können?
Dusel: Einige Kolleginnen und Kollegen hier im Team haben so einen Kurs gemacht, weil wir einfach der Meinung sind, das ist auch eine Frage des Respekts. Wir wollen mit Menschen, die taub sind, zumindest in den Grundlagen kommunizieren können. Übrigens eröffnet sich da auch eine ganz andere Welt. Man versteht, dass die Grammatik komplett anders ist, und versteht auch, dass Menschen, die von Geburt an taub sind und die Deutsche Gebärdensprache gelernt haben, die deutsche Schriftsprache nicht automatisch verstehen können. Viele denken ja, wenn man nicht hören kann, dann kann man doch zumindest irgendwie einen Text lesen. Das ist nicht so. Die deutsche Sprache ist für die meisten Menschen, die von Geburt an taub sind, eine Fremdsprache wie für andere vielleicht Portugiesisch.
epd: Sie sagen immer „taub“ statt „gehörlos“. Ich dachte, der Begriff ist veraltet.
Dusel: Ich habe einen Mitarbeiter im Team, der taub ist und den Begriff bewusst nutzt. Ich weiß, dass die Community „taub“ nutzt und gleichzeitig gibt es immer noch den Deutschen Gehörlosenbund. Es ist letztlich der Streit um des Kaisers Bart. Ich bin noch nicht dafür kritisiert worden, dass ich „taub“ benutze. Schlimm finde ich aber „taubstumm“, weil das suggeriert, dass diese Menschen keine Sprache haben. Aber die haben sie - die Gebärdensprache.
Bonn (epd). Als Ann-Cathrin Wehmeiers Tochter vor elf Jahren zur Welt kam, war das Neugeborenen-Hörscreening zwar auffällig, aber die Ärzte schoben das auf Fruchtwasser im Gehörgang. Erst als der Verdacht auf eine seltene Erkrankung, das sogenannte CHARGE-Syndrom fiel, seien weitere Tests gemacht worden, berichtet die 39-Jährige aus Witten. Denn eine Hörbehinderung ist bei dem Syndrom häufig. Eine Untersuchung brachte die Gewissheit: Ihre Tochter Annabell ist gehörlos.
„Eine Aufklärung fand nur einseitig statt, bei der ein Cochlea-Implantat als einzige Lösung vorgeschlagen wurde“, erinnert sich Wehmeier an die Zeit danach. Das Implantat ersetzt die Funktion des Innenohrs, indem es elektrische Impulse an den Hörnerv weiterleitet. Das Gehirn muss lernen, die Impulse als bestimmte Geräusche und schließlich als Sprache wahrzunehmen. Fünf Jahre lang trug Annabell das Implantat, aber ein Hörerfolg blieb aus. Eine MRT-Untersuchung ergab schließlich, dass Annabell keine Hörnerven besitzt, das Implantat daher nutzlos war.
In all den Jahren kämpfte die Familie parallel um die Finanzierung eines Haus-Gebärdenkurses, sogar vor Gericht. „Der Weg dahin war schrecklich“, sagt Wehmeier. Zwei Jahre lang hätten die Anträge bei den Ämtern gelegen. Hilfe und Austausch fand die Familie beim Bundeselternverband gehörloser Kinder.
Ein Gebärdenkurs steht den Betroffenen eigentlich zu. Doch die Bearbeitung dauere nicht selten mehrere Jahre, sagt Romy Ballhausen aus dem Vorstand des Verbandes. „Wie oft wir hören: Den Antrag haben wir hier das erste Mal“, sagt sie. Kostbare Zeit, die den Familien in der gemeinsamen Kommunikation fehlt. So wie der Familie von Ann-Cathrin Wehmeier. Vor Gericht erwirkte sie schließlich einen Haus-Gebärdensprachkurs für zwei, später viereinhalb Stunden pro Woche.
Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums verfügen in Deutschland rund 80.000 Kinder über ein stark eingeschränktes Hörvermögen. Ein zentrales Register gibt es nicht. Von 1.000 Neugeborenen liegt bei rund ein bis drei Kindern eine Hörschädigung vor. Ziel der Screening-Untersuchungen seit 2009 ist es, diese möglichst früh zu erkennen.
„Bei einer Form des Neugeborenen-Hörscreening wird der Reaktionsschall des Hörvorganges aus dem Innenohr (Innenohrecho) gemessen, so kann beispielsweise festgestellt werden, ob die Hörschnecke funktioniert“, erklärt Thomas Deitmer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Das sogenannte BERA-Hörscreening messe zusätzlich die Aktivität des Hörnervs.
Bei 0,1 bis 0,3 Prozent der Kinder entwickelt sich die Hörstörung im Laufe des Lebens, zum Beispiel durch eine Viruserkrankung oder bakterielle Infektion. Bei einigen Kindern fällt erst in der Kindertageseinrichtung oder Schule auf, dass sie nicht richtig hören können.
Silvia Langhammer ist Erzieherin in einer Troisdorfer Kita und selbst schwerhörig. Bei ihr wurde die Schwerhörigkeit erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Sätze ihrer Lehrerin wie „Kannst du nicht hören oder willst du nicht?“ kämen ihr heute wie Hohn vor, sagt die 59-Jährige. Erst mit Mitte 30 bekam sie ihre ersten Hörgeräte.
Sie hat ein Gespür dafür, wenn Kinder schlecht hören. Kämen sie aus mehrsprachigen Familien, sei es gar nicht so einfach herauszufinden, warum das Kind sprachlich hinterherhinke. Hinzu kommen die vielen Infekte der Kinder in der Kita-Zeit. Auf Nachfrage bei den Eltern zitierten diese oft die Ärzte: „Das wächst sich raus.“ Leidet ein Kind jedoch ständig unter Paukenergüssen und klagt über Ohrenschmerzen, sollte man genau hinschauen. Denn auch eine temporäre Hörschädigung kann die sprachliche Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen.
Wenn der Frust über das eingeschränkte Hören zunimmt, reagieren manche Kinder verhaltensauffällig, unruhig oder aggressiv und werden dann eher als „schwer erziehbar“ abgestempelt. Das erlebt auch Thekla Werk bei ihrer Arbeit als Gebärdensprachdozentin in Familienkursen.
In ihren Kursen gehe es oft um mehr als um die Kommunikation, erklärt sie. „Einmal war ich in einer Familie, in der das gehörlose Kind am Tisch immer unruhig war. Ich bemerkte, dass es mit dem Rücken zur Tür saß und sich immer umdrehte, um mitzubekommen, wer rein- und rausging. Als wir es umsetzten, wurde es ruhiger“, gebärdet die 40-Jährige. Solche Situationen zeigten, dass hörende Eltern oft noch lernen müssten, wie ihr Kind die Welt wahrnehme.
So war es auch in der Familie von Annabell. „Wir kommunizieren ausschließlich über Gebärdensprache, auch ihre Geschwister haben die Sprache gelernt“, erzählt Ann-Cathrin Wehmeier. Die 39-Jährige engagiert sich inzwischen auch im Elternverband gehörloser Kinder. Eine frühe Diagnose sei wichtig, aber Technik und medizinische Lösungen nicht das Allheilmittel für eine gelungene Integration schwerhöriger und gehörloser Kinder, findet sie. Ihr Wunsch: Eine größere Akzeptanz und Verbreitung der Deutschen Gebärdensprache.
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode längst überfällige Reformen angekündigt, damit Deutschland in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, vor allem aber bei der Mobilität (unter anderem bei der Deutschen Bahn), beim Wohnen, in der Gesundheit und im digitalen Bereich, barrierefrei wird. In Ihrem Koalitionsvertrag heißt es: „Wir verpflichten in dieser Wahlperiode private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist zum Abbau von Barrieren oder, sofern dies nicht möglich oder zumutbar ist, zum Ergreifen angemessener Vorkehrungen.“ Der Deutsche Behindertenrat hat den Koalitionsvertrag und die darin enthaltenen behindertenpolitischen Vorhaben begrüßt und unterstützt.
Ein wesentlicher Baustein für mehr Barrierefreiheit ist die im Koalitionsvertrag vorgesehene Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG). Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sollten weiterentwickelt werden.
Barrierefreiheit ist mehr als eine Rampe am Eingang. Barrierefreiheit ist eine wesentliche Grundlage dafür, dass in Deutschland über 13 Mio. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am Leben teilhaben können. Von Barrierefreiheit profitiert darüber hinaus die ganze Gesellschaft. Die Abschaffung baulicher, kommunikativer und digitaler Barrieren hilft älteren Menschen, Kindern, Eltern und allen, die zeitweise in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
In unserem Grundgesetz steht: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Das Beseitigen von Barrieren ist ein wesentlicher Beitrag, um Benachteiligungen zu verhindern. Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat Deutschland zum wiederholten Mal aufgefordert, auch private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit und zu angemessenen Vorkehrungen im Einzelfall zu verpflichten.
Schon 2023 hat das für das BGG zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Vorfeld eines Gesetzesvorschlags einen ausführlichen Diskussionsprozess mit dem Deutschen Behindertenrat, aber auch mit Wohlfahrtsverbänden und Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden über eine Reform des BGG geführt. Es hat seine Pläne vorgestellt und diskutiert, Bedenken und Vorschläge berücksichtigt. In der nun eingeleiteten Ressortabstimmung wird dieser Entwurf unverständlicherweise blockiert und nicht für die Verbände- und Länderanhörung freigegeben.
Sie selbst haben sich in Ihrem Koalitionsvertrag ein Ziel gesetzt, das jetzt nicht aus dem Blick geraten darf. Parteipolitische Auseinandersetzungen zahlen sich am Ende nicht aus, sondern gefährden noch mehr das Vertrauen der Menschen in politische Handlungsfähigkeit.
Wir erinnern an den politischen Auftrag, den Ihnen auch die Wählerinnen und Wähler mit Behinderungen und deren Verbände und Organisationen gegeben haben und den Sie selbst in Ihrem Koalitionsvertrag niedergelegt haben.
Mit diesem offenen Brief fordern wir Sie im Namen des Deutschen Behindertenrats dringend dazu auf, das Gesetzgebungsverfahren nicht weiter zu verzögern.
Nehmen Sie im Sinn der Menschen mit Behinderungen Ihre Verantwortung wahr. Setzen Sie die behindertenpolitischen Versprechen in dieser Legislatur um. Dazu gehört, das Gesetzgebungsverfahren jetzt auf den Weg zu bringen und eine BGG-Änderung zu beschließen, so dass diese noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten kann.
Menschen mit Behinderungen müssen endlich eine echte Chance auf gleichberechtigte Teilhabe bekommen.
Konstanz (epd). Ein alter Vorwurf gegen das Theater lautet: Das ist doch Hochkultur, die nur für vermögende Menschen zugänglich ist. Falls der Vorwurf zutreffen sollte, wird er vom Stadttheater Konstanz erfolgreich widerlegt. Die kommunale Bühne führte Ende 2022 ein Sozialticket ein - das Peter-Pan-Ticket. Es funktioniert ganz einfach: Wer nicht genug Geld hat, kommt für einen Euro in eine der drei Spielstätten, die zum Theater gehören.
Vor anderthalb Jahren wurde diese Vergünstigung eingeführt - erst einmal auf Probe. Mit einer Anschubfinanzierung lief das preiswerte Angebot an. Inzwischen beteiligen sich immer mehr vermögende Bürger an diesem Modell. Sie bezahlen dafür, dass andere, weniger Betuchte, ins Theater gehen können.
Allein am Rande des Freilufttheaters am Münsterplatz im Juli wurden mehr als 18.000 Euro gesammelt, um das Pan-Ticket weiterhin zu sichern. „Unsere Besucher machen das Peter-Pan-Ticket mit ihren Spenden erst möglich. Das Ticket lebt von dieser Solidarität - es ist ein echtes Stück gelebter kultureller Teilhabe in unserer Stadt“, berichtet Intendantin Karin Becker über diesen Erfolg.
Der Zugang für einen Euro beruht auf Vertrauensbasis. „Es genügt die Nennung des Stichworts 'Peter Pan' beim Ticketkauf, um für nur einen Euro eine Eintrittskarte zu erhalten“, sagt die Pressesprecherin des Theaters auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Ein schriftlicher Nachweis der eigenen prekären Vermögenslage sei nicht erforderlich. Wer vergünstigt ins Theater will, muss das also nicht begründen oder Belege vorlegen - und sich damit möglicherweise vor anderen bloßstellen.
Namen und Konzept des vergünstigten Tickets hat das Konstanzer Theater vom Jungen Ensemble Stuttgart übernommen. Das berichtet Dani Behnke, Sprecherin des Theaters. Demnach verweist der Name „Peter Pan“ auf einen historischen Moment, der im Film „Finding Neverland“ über die Entstehungsgeschichte des Kinderbuchklassikers „Peter Pan“ von James Matthew Barrie erzählt wird: Aus Sorge, dass sein Stück von den Erwachsenen nicht verstanden und abgelehnt werden würde, lud Autor Barrie 25 Waisenkinder zur Uraufführung ein. Mit ihrem offenen, kindlich-naiven Blick öffneten sie dem übrigen Publikum die Augen für den Zauber des Stoffs. Sie klatschten als erste. Die Premiere wurde damals ein voller Erfolg. Aus Dankbarkeit vermachte der Autor alle Rechte am Theaterstück, den Büchern und den Filmen einem Londoner Kinderkrankenhaus.
In Stuttgart gibt es zudem das „Robin-Hood-Ticket“. Es bietet die Möglichkeit, zusätzlich zum normalen Ticketpreis Geld zu spenden, damit ärmere Bürgerinnen und Bürger vergünstigt zum Kulturgenuss kommen: „Einfach bei der Reservierung oder an der Tageskasse ein Robin-Hood-Ticket für 25 Euro bestellen. Die Mehreinnahmen sichern unsere moderaten Preise für Schulklassen und Familien und unterstützen zudem das Peter-Pan-Ticket“, heißt es auf der Homepage.
Berlin (epd). In der Qualität der Ausbildung von Pflegefachpersonal gibt es einer Umfrage zufolge noch Defizite. Laut dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) antworteten lediglich 27 Prozent der Befragten, dass sie immer im vorgeschriebenen Umfang ihre Praxisanleitung erhalten. Mehr als 20 Prozent gaben sogar an, die Praxisanleitung „selten“ oder „nie“ erhalten zu haben.
Der DBfK hatte im März dieses Jahres mehr als 500 Auszubildende und Studierende befragt. Laut Pflegeberufe-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung müssen mindestens zehn Prozent der während eines Einsatzes zu leistenden praktischen Ausbildungszeit geplante und strukturierte Praxisanleitung sein.
Den Ergebnissen der Umfrage zufolge lag der Mangel in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle an den Ausbildungseinrichtungen. In mehr als drei Vierteln der Antworten wurde ein mangelndes Angebot an Praxisanleitungen als Grund genannt. In mehr als 40 Prozent der Fälle sei eine angesetzte Praxisanleitungszeit von der Einrichtung abgesagt worden. Nur in etwa zehn Prozent der Fälle habe der oder die Auszubildende abgesagt. Mehrfachnennungen waren hier möglich.
Laut dem Co-Sprecher der Lenkungsgruppe Junge Pflege des DBfK, Björn Klink, nannte die Praxisanleitung „entscheidend, um das Gelernte zu reflektieren und zu festigen“. Außerdem bringe ein Defizit hier die Auszubildenden in eine Zwangslage, weil nur derjenige zur Prüfung zugelassen werde, der die vorgeschriebenen Praxisanleitung-Stunden nachweisen könne. Co-Sprecherin Lina Gürtler sagte, die Qualität der praktischen Ausbildung sei ein relevanter Faktor für die Attraktivität von Einrichtungen: „Die Einrichtungen müssen hier aufholen, um attraktive Arbeitsorte zu sein.“
Die Lenkungsgruppe Junge Pflege forderte eine tiefergehende Analyse der Ursachen, warum die vorgeschriebene Praxisanleitung so oft nicht umgesetzt werde. Dies sei ein zentrales Kriterium für die Evaluation der generalistischen Pflegeausbildung. „Aus unserer Sicht wäre es ideal, wenn ausreichend freigestellte Praxisanleiterinnen und -anleiter in den Einrichtungen eingesetzt werden könnten“, sagte Gürtler.
Berlin (epd). Sozialverbände haben Pläne der Bundesregierung begrüßt, die Beitragsbemessungsgrenzen für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung deutlich anzuheben. Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (17. September), höhere Beitragsbemessungsgrenzen bedeuteten, „dass höhere Einkommen stärker an der Finanzierung beteiligt werden, um die Lasten gerechter zu verteilen und untere und mittlere Einkommen zu entlasten“. Engelmeier ergänzte, dass vor allem die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung eine „Stärkung der solidarischen Umlagefinanzierung“ bedeute.
Auch der Sozialverband VdK begrüßte das Vorhaben der Bundesregierung im Grundsatz. VdK-Präsidentin Verena Bentele nannte die Pläne der Ampel-Koalition „eine faire Anpassung“, allerdings gingen sie „noch nicht weit genug“. Bentele sprach sich für eine einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für alle Sozialversicherungen von 8.050 Euro aus. „Noch gerechter wäre es, würden alle Einkommensarten zur Finanzierung herangezogen“, hob sie hervor. Die VdK-Präsidentin kritisierte es als „unverständlich, dass Einkommen aus Vermietungen und Vermögen bisher nicht berücksichtigt werden“. Dies benachteilige den arbeitenden Teil der Bevölkerung „und bevorteilt Reiche und Superreiche. Diese Gruppe leistet noch nicht ihren gerechten Anteil an der Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung“, bemängelte Bentele.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Bundesregierung die Beitragsbemessungsgrenzen für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung zum 1. Januar deutlich anheben will. So sollen laut einem Verordnungsentwurf des Bundesarbeitsministeriums im kommenden Jahr Krankenkassenbeiträge bis zu einer Gehaltsgrenze von 5.512,50 Euro bezahlt werden. Aktuell liegt die Deckelung bei einem Monatsgehalt von 5.175 Euro. In der Rentenversicherung soll die Bemessungsgrenze laut Ministerium bundesweit von bislang 7.550 Euro in Westdeutschland und 7.450 Euro in Ostdeutschland auf 8.050 Euro angehoben werden.
Grund für die Erhöhungen sei die sehr gute Lohnentwicklung von deutschlandweit 6,44 Prozent im vergangenen Jahr, hieß es. So werde gewährleistet, dass sich auch Besserverdienende entsprechend der durchschnittlichen Lohnentwicklung relativ gleichbleibend an der Finanzierung der Sozialversicherung beteiligten.
Berlin (epd). Der größte Teil der Eltern hält die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung von Kindergeld und Kinderzuschlag für nicht ausreichend im Kampf gegen Kinderarmut. Das geht aus einer Umfrage hervor, die die Kinderrechteorganisation Save the Children im August vorgenommen hat. „Die Ergebnisse untermauern die Forderung nach einem umfassenden Konzept zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit mit Blick auf Kinder und Familien in Deutschland“, heißt es in der Mitteilung vom 10. September.
„Fünf Euro mehr pro Monat und immer noch keine Kindergrundsicherung. Die Bundesregierung enttäuscht im Kampf gegen Kinderarmut“, sagt Eric Großhaus, Experte für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children. „Unsere Umfrage zeigt: Eltern befürworten mehrheitlich eine breite Palette von Maßnahmen.“ Es brauche keine Kosmetik, sondern ein umfassendes Konzept. In einem Jahr werde ein neuer Bundestag gewählt: „Noch kann die Regierung das Ruder herumreißen und sich als starke Kraft gegen Kinderarmut profilieren.“ Der Bundestag müsse sich auf eine echte Kindergrundsicherung einigen, die wirklich etwas verändert", forderte Großhaus.
An der im August vom Meinungsforschungsinstitut forsa verantworteten repräsentativen Befragung nahmen Eltern von Schulkindern zwischen 6 und 17 Jahren teil. 84 Prozent halten die ab 2025 geplante Erhöhung des Kindergeldes und des Kindersofortzuschlags um jeweils nur fünf Euro nicht für ausreichend, um Kinderarmut zu bekämpfen. Als geeignete Maßnahme zur Unterstützung armutsgefährdeter Kinder werden von 93 Prozent mehr Investitionen in Bildung bewertet. Hohe Zustimmung erhalten auch mehr kostenlose Freizeitangebote und mehr finanzielle Unterstützung. Bessere Informationen und einfachere Möglichkeiten, Sozialleistungen zu beantragen, finden 58 Prozent sinnvoll.
Fast drei Viertel der Eltern in Deutschland (73 Prozent) gehen den Angaben nach davon aus, dass sich die finanzielle Situation für Familien in den nächsten Jahren verschlechtern wird. Im unteren Einkommenssektor wird die Lage besonders pessimistisch gesehen: Diejenigen mit einem Nettohaushaltseinkommen von weniger als 3.000 Euro im Monat gehen zu 79 Prozent von einer Verschlechterung für Familien aus.
„Das Recht auf Freizeit und Teilhabe steht allen Kindern in Deutschland zu“, sagt Nicole Trieloff, Expertin für Kinderarmut und soziale Ungleichheit bei Save the Children. „Die Umfrage zeigt aber, dass 13 Prozent der Eltern nicht genug Geld haben, um ihren Kindern abwechslungsreiche Freizeitangebote zu ermöglichen.“ Das sei alarmierend, denn Hobbys und Freizeitspaß seien ein Schlüssel für Teilhabe, Integration und die kindliche Entwicklung. „In einem reichen Land wie Deutschland darf die Herkunft nicht darüber entscheiden, ob Kinder ihre Potenziale ausschöpfen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“
Während die Umfrage keine nennenswerten Unterschiede bei der Situation von Familien in Stadt und Land oder West- und Ostdeutschland zeigt, wird eine Benachteiligung von Frauen und alleinstehenden Elternteilen deutlich. So sagen mehr Frauen (17 Prozent) als Männer (10 Prozent), dass sie nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, um ihren Kindern abwechslungsreiche Hobbys zu ermöglichen. Mit der Zahl der Kinder steigt dieser Prozentsatz.
Save the Children sprach sich für mehrere Maßnahmen aus, die die Kinderarmut senken könnten. Eine davon sei eine einfach zugängliche Kindergrundsicherung für alle Kinder, flankiert von einer eine Neuberechnung des Existenzminimums von Kindern, das soziale Teilhabe ermöglicht. Zudem müsse mehr Geld in die soziale Infrastruktur und Bildung investiert werden. Nötig sei eine „Gesamtanstrengung aller beteiligten Akteurinnen und Akteure.“
Für die Umfrage wurden 1.000 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Eltern von Schulkindern zwischen sechs und 17 Jahren befragt. Die Erhebung fand im August 2024 telefonisch statt.
Neuendettelsau (epd). Gema Sanchez ist auf der Suche nach Anerkennung. Die 22-Jährige aus Granada in Andalusien ist seit Mitte Mai in Deutschland und arbeitet seit Juli beim diakonischen Sozialunternehmen Diakoneo im fränkischen Neuendettelsau in einer Wohngruppe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. In Spanien hat sie bereits eine dreijährige Ausbildung im Inklusions- und Integrationsbereich absolviert. Für die Anerkennung dieser Ausbildung muss sie nicht nur die nötigen Unterlagen übersetzen lassen und einreichen, sondern auch genügend Sprachkenntnisse nachweisen. Bis dahin arbeitet sie als Gruppenhilfe.
Abraham Herrero möchte eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger beginnen. Für den 28-Jährigen geht es in erster Linie darum, überhaupt einen Job zu haben. „Ich bin ausgebildeter Labortechniker, aber in Spanien habe ich keine Arbeit gefunden“, erzählt er. Seit Anfang 2023 ist er bei Diakoneo ebenfalls als Gruppenhilfe tätig. Anders als Sanchez hat er vor seiner Ankunft in Neuendettelsau noch kein Deutsch gelernt. „Es ist schwer, Deutsch von null auf zu lernen. Aber ich übe jeden Tag.“ Herrero liebt die Arbeit mit den Kindern in der Wohngruppe. „Manchmal verstehe ich sie nicht so gut, aber sie sind so sympathisch und erklären mir alles.“
Elf angehende Fachkräfte aus Spanien sind innerhalb von zwei Jahren zu Diakoneo gekommen. „Für die ersten war es ein bisschen schwieriger, aber mittlerweile haben wir Piktogramme mit deutschen und spanischen Wörtern“, erzählt Patricia Lamas. Auch sie kommt aus Granada und hat alle Schritte, die die neuen Mitarbeitenden gehen müssen, selbst erlebt. Seit sieben Jahren arbeitet sie bei Diakoneo Wohnen, ist inzwischen Wohnbereichsleitung. Für die ankommenden Spanier ist Lamas Kollegin, Vorgesetzte, Erstkontakt, Mentorin, Übersetzerin und Vertraute. Bei allen bürokratischen Herausforderungen steht sie ihren Kolleginnen und Kollegen zur Seite.
Das Anwerbeprogramm in Spanien gehörte zu den ersten Ideen von Torsten Voigt, dem Leiter von Diakoneo Wohnen, als er im Herbst 2022 zu dem Sozialunternehmen mit mehr als 11.000 Mitarbeitenden kam. „Der Fachkräftemarkt in Deutschland ist mehr als übersichtlich. Nach Spanien gab es über den Freiwilligendienst und über Frau Lamas schon Kontakte.“ Also begannen Voigt und Lamas damit, vor Ort auf die Suche zu gehen und über Universitäten und einen in Granada ansässigen Partnerverein Menschen anzusprechen. „In Spanien ist der Fachkräftemarkt recht gut ausgestattet, weil das Sozialsystem ein anderes ist als bei uns“, erklärt Voigt. Die Menschen arbeiteten oft in Teilzeit oder in befristeten Stellen. Diakoneo hat allen Mitarbeitenden, die es seitdem angeworben hat, unbefristete Stellen angeboten.
Migration gilt als eine wichtige Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. EU-Bürgerinnen und -Bürger können dabei uneingeschränkt in Deutschland arbeiten. Wie viele von ihnen jährlich hierherkommen, um eine Beschäftigung aufzunehmen, oder in welchen Branchen sie in den Arbeitsmarkt einsteigen, wird daher nicht dokumentiert. Erfasst wird allerdings die Gesamtzahl der Beschäftigten nach Staatsangehörigkeit. 2023 haben nach Informationen des Statistischen Bundesamts insgesamt 2,9 Millionen EU-Ausländer in Deutschland gearbeitet. Laut Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit von Dezember 2023 kamen rund 88.000 von ihnen aus Spanien.
Für Torsten Voigt ist die Einstellung der Menschen, die Diakoneo nach Deutschland holt, wichtig: „Sie wollen was am Menschen machen, auch mit Menschen mit Behinderungen arbeiten“, sagt er. Ein Vorteil bei der Integration sei, dass das Unternehmen durch Freiwilligendienste schon immer mit Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zu tun hatte. „Und unsere Bewohner stellen das überhaupt nicht infrage. Die gehen auf alle offen zu.“
Damit die neuen Fachkräfte dauerhaft bleiben und sich von Anfang an in Deutschland wohlfühlen, investiert das Unternehmen viel. So gibt es eine spanische Wohngemeinschaft, in der für alle Neuankömmlinge ein Zimmer bereitsteht, bis sie sich eine eigene Wohnung suchen. Patricia Lamas organisiert nicht nur das Deutschlandticket für die nötige Mobilität, sondern auch Ausflüge und einen regelmäßigen Stammtisch, bei dem die Spanierinnen und Spanier auch in Kontakt mit ihren deutschen Kollegen und den Einheimischen kommen.
Frankfurt a. M. (epd). Nur eine Bewegung - und zack ist der Turm aus Bauklötzchen umgeschmissen. Der kleine Jakob (Name geändert) schaut verdutzt. Dann rennt der Dreijährige weg. Er wollte den Turm nicht umwerfen. „Er wollte eigentlich mit den anderen Kindern in Kontakt kommen“, sagt Ann-Kathrin Noori. Nur weiß Jakob nicht, wie das geht. Unter anderem deshalb ist er bei der Heilpädagogin in Behandlung: Noori bietet in Ochtrup im Münsterland Frühförderung an.
Frühförderung hilft Kindern, die in ihrer Entwicklung auffällig sind, die behindert oder von Behinderung bedroht sind. In interdisziplinären Frühförderstellen erhalten Kinder heilpädagogische Angebote, Ergotherapie, Logopädie oder Physiotherapie.
Jakob ist eines von 65 Kindern, die von Noori und ihren Kolleginnen in der heilpädagogischen Frühfördereinrichtung „Glühwürmchen“ behandelt werden. Einige Kinder sind erst seit wenigen Wochen auf der Welt. Andere stehen schon kurz vor dem Schuleintritt. Viele haben ähnliche Probleme wie Jakob: Sie scheinen sich nicht im Griff zu haben. Viele können sich nicht konzentrieren. Sie rennen zum Beispiel den ganzen Tag durch die Kita, weil sie von jedem noch so kleinen Reiz angestachelt werden.
Nach Angaben von Jens Vandré, dem Vorsitzenden der Bundesvereinigung für Interdisziplinäre Frühförderung, steigt die Nachfrage nach Frühförderung hierzulande deutlich. In verschiedenen Regionen Deutschlands gebe es Wartezeiten auf Hilfen durch Frühförderung von bis zu einem Jahr. Dadurch drohe die Gefahr, dass sich Probleme und ihre Folgen bei den Kindern festsetzten. Zum Teil könnten sie dann nur durch aufwendige, langfristige Therapien gelöst werden.
Ein Grund für den steigenden Bedarf an Frühförderung sei die Personalnot in den Kitas. Sie mache es nahezu unmöglich, verhaltensauffällige Kinder gut aufzufangen. Laut den Frühförderstellen treten derzeit Autismus-Spektrum-Störungen sowie Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) vermehrt als Verdachtsfälle auf.
„Beides sind auch bei uns Top-Verdachtsdiagnosen“, sagt Noori. Ihr Team könne sich vor Anfragen kaum retten: „Wir sind an unserer Grenze angekommen.“ 15 Kinder stehen auf der Warteliste. In anderen Frühfördereinrichtungen in ihrer Nähe, sagt sie, sei die Lage ähnlich.
Für Oliver Tibussek ist die Situation „nicht mehr vertretbar“. Der Pädagoge leitet das Kölner Zentrum für Frühbehandlung und Frühförderung, die größte Frühfördereinrichtung in Nordrhein-Westfalen. An acht Kölner Standorten werden jedes Jahr rund 1.200 Kinder behandelt. Manche Kinder müssten ein Jahr auf den Beginn ihrer Behandlung warten.
Vor rund 25 Jahren, sagt Tibussek, sei die Nachfrage „exorbitant“ in die Höhe geschnellt. In jüngster Zeit sei sie erneut steil angestiegen. Denn außer Autismus oder ADHS gibt es noch weitere Ursachen für Auffälligkeiten bei der Entwicklung von Kindern. Die wachsende Zahl von Kindern mit sozialen oder emotionalen Problemen macht in Tibusseks Augen sichtbar, dass gesellschaftlich etwas nicht mehr stimmt. Viele Kinder, sagt er, erhielten nicht die Zuwendung, die für ein gesundes Großwerden nötig sei.
An der Hochschule im thüringischen Nordhausen befasst sich Armin Sohns wissenschaftlich mit der Thematik. Nach seinen Erkenntnissen sind vor allem Kinder aus armen Familien von Entwicklungsstörungen betroffen. Ihnen fehle oft in den ersten drei Lebensjahren, die für die hirnorganische Entwicklung entscheidend seien, das notwendige stimulierende Umfeld.
Dem Wissenschaftler gelang es, den Zugang zu Frühfördermaßnahmen mit dem vor einem Jahr mit dem „Deutschen Frühförderpreis“ ausgezeichneten Modellprojekt „Inklusive Frühförderung“ zu erleichtern. Dazu wurde im Landkreis Göttingen eine neue Struktur aufgebaut, um Kinder mit Entwicklungsschwierigkeiten frühzeitig zu erkennen. Das gelingt mit kostenfreien Angeboten wie etwa Babymassagen in Familienzentren.
Nach einem Gespräch mit den Eltern erstellen dann Experten in sogenannten „I-Teams“ einen Förder- und Behandlungsplan für die Kinder mit Entwicklungsverzögerungen. An diesen Teams nehmen, je nach Fallkonstellation, Erzieherinnen, Familienhelfer und Kinderärzte teil.
Der Vorteil ist: In dem Projekt muss die Familie kein kompliziertes Antragsverfahren durchlaufen. Die Frühförderung wird von einer Einrichtung der Lebenshilfe in Herzberg geleistet. Die Kosten variieren sehr stark, je nachdem, welche Art von Frühförderung ein Kind hält, wie intensiv die Frühförderung ist und über welchen Zeitraum sie sich erstreckt. Die Kosten werden vom Landkreis und den Krankenkassen übernommen.
Beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Niedersachsen, bei dem ein Arbeitskreis Frühförderung mit über 50 Einrichtungen angesiedelt ist, kommt das Göttinger Modell gut an. „Das ist eine tolle Sache, um die Frühförderung weiterzuentwickeln“, sagte Inklusionsreferentin Victoria Schwertmann dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Rostock (epd). Auch zwei Jahre nach der Covid-Pandemie ist die psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen nach Expertenansicht hoch. „Heute sind es Kriege, Klimakrise und Inflation, über die sich Heranwachsende Sorgen machen“, sagte Michael Kölch, Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität Rostock, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anlässlich des am 18. September begonnenen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) bezeichnete er die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen als „besorgniserregend“. Auf dem Kongress, den Kölch leitet, tauschen sich Expertinnen und Experten unter dem Titel „Krise? Wandel!“ bis zum 21. September über neue Forschungsergebnisse aus.
Obwohl die Pandemie vorbei sei, habe sich die psychische Gesundheit nicht verbessert - im Gegenteil: Die Belastung von Familien, jungen Erwachsenen und Minderjährigen sei hoch geblieben, sagte der Wissenschaftler. Dies bestätigt auch eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB): Demnach sei die Verschlechterungen in der mentalen Gesundheit, der körperlichen Aktivität und dem allgemeinen Wohlbefinden auch weiterhin spürbar. Während der Pandemie habe vor allem unter 11- bis 15-Jährigen die Häufigkeit von Angst- und Depressionssymptomen deutlich zugenommen. Gleichzeitig habe die körperliche Aktivität der jungen Menschen erheblich abgenommen. Eine Normalisierung lasse sich bis heute nicht feststellen, teilte das BiB am 18. September in Wiesbaden mit.
Eine Ursache sei das Gefühl, dass die Welt von multiplen Krisen beherrscht werde - sei es durch Krieg und Migration, Klimawandel und Naturkatastrophen. Vielen machten die äußere Unsicherheit und Belastung zu schaffen. „Verstärkt wird die Dauerbelastung oft durch hohen Social-Media-Gebrauch und falsche Informationen“, erklärte der 54 Jahre alte Mediziner. So könnten Influencerinnen über Instagram oder TikTok Essstörungen wie Magersucht fördern oder Falschinformationen über Migration Ängste schüren.
Zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter zählten ADHS, depressive Störungen, Ess-, Angst- und Zwangsstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Suchterkrankungen, sagte Kölch. Zwar könne theoretisch jeder erkranken, praktisch treffe es jedoch vor allem Heranwachsende aus ärmeren Familien: „Ihr Risiko zu erkranken ist dreimal höher als in besser gestellten Bevölkerungsschichten“, erklärte der Direktor. Es sei ein Skandal, dass sich daran in den vergangenen 20 Jahren nichts geändert habe. „Wir brauchen gezielte und niedrigschwellige Präventionsprogramme“, forderte Kölch. Denn je früher Belastungen erkannt und behandelt würden, desto besser. Nicht zuletzt sei auch die psychische Gesundheit entscheidend für gesundes Aufwachsen und eine gute Entwicklung des Heranwachsenden.
Schnelle Hilfe bekämen junge Menschen nicht immer: Gesundheits-, Schul- und Jugendhilfesysteme seien überlastet, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz oft lang. Kölch: „'Aktuell werden die Schwächen unseres Hilfssystems sichtbar, jeder kocht nur seine eigene Suppe, wir müssen es dringend umbauen.“ Es brauche eine systemübergreifende Weiterentwicklung der Versorgung, eine bessere Vernetzung zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Kliniken, Schulen und Therapeuten. „Nur so wird die Krise beherrschbar“, ist er überzeugt. Auch niedrigschwellige, digitale Präventionsprogramme könnten dabei eine größere Rolle spielen. Kölch: „Nicht jeder belastete junge Mensch braucht jahrelange Therapie.“
Frankfurt a.M. (epd). An der Südseite der Untermainbrücke in Frankfurt stehen etwa 20 Frauen in einem großen Kreis, immer wieder stoßen einzelne hinzu. „Seid ihr auch zum ersten Mal dabei?“, „In welchem Stadtteil wohnst du?“, ist aus mehreren Richtungen zu hören. Kurz nach 20 Uhr melden sich zwei junge Frauen zu Wort, begrüßen die Anwesenden. Dann startet die Gruppe ihren Spaziergang am Main entlang.
Vorne gehen Vivien Eller und Gabriella Kinefss. Seit April organisieren sie regelmäßig Girls' Walks in Frankfurt. Auch zum Yoga oder Boxen haben sie schon eingeladen via Instagram. Unter dem Motto „Girls Talking & Walking“ gehen in zahlreichen deutschen Städten Frauen gemeinsam spazieren. 51 Gruppen listet die Kölner Initiative auf ihrer Webseite auf. Auch in Frankfurt ist das Interesse groß. Auf Instagram hat Frankfurt Girls Walk & Talk mehr als 4.000 Follower. An diesem Abend sind etwa 25 Frauen dabei. Alle sind gekommen, um neue Kontakte zu knüpfen.
„Manche Teilnehmerinnen erzählen, dass es schwierig ist, neue Leute kennenzulernen, selbst wenn man aus Frankfurt kommt“, berichtet Kinefss. Ob das zu Einsamkeit führt? Einsamkeit sei eine subjektive Größe, erklärt Eva Leiss, Koordinatorin des Vereins Freunde alter Menschen in Frankfurt am Main. Einsamkeit bedeute: „Ich habe weniger Kontakte als ich glaube, dass mir guttut.“
Dass Einsamkeit oft mit älteren Menschen assoziiert wird, ist kein Zufall: Im Alter verlieren viele ihren Partner, sind weniger mobil. Freundschaften gingen auseinander, weil gemeinsame Aktivitäten nicht mehr möglich seien, erklärt Leiss. Laut dem Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung berichteten von 1992 bis 2017 immer diejenigen von der höchsten Einsamkeitsbelastung, die 75 Jahre oder älter waren.
Im Jahr 2020 änderte sich das: In Pandemie-Zeiten waren es die 18- bis 29-Jährigen, von denen die meisten (31,8 Prozent) angaben, häufiger als manchmal einsam zu sein. In den Folgejahren haben mehrere Studien versucht, die Einsamkeit jüngerer Menschen in Deutschland zu beziffern. Nach den Maßstäben des Einsamkeitsbarometers seien im vergangenen Schuljahr acht Prozent der Jugendlichen in den Klassenstufen 5 bis 10 einsam gewesen, heißt es im Präventionsradar der DAK-Gesundheit.
Eine repräsentative Online-Befragung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung kam Anfang 2024 zu dem Ergebnis, dass zehn Prozent der 16- bis 30-Jährigen stark und weitere 35 Prozent moderat einsam seien.
Dass Einsamkeit Menschen jeden Alters betreffen kann, unterstreicht auch Horst Wenzel. Der Sozialpädagoge arbeitet bei der psychologischen Beratungsstelle im Diakonischen Werk der Region Kassel. Er erzählt von einem Siebenjährigen, der vereinsamt, weil er sich aus Angst zurückzieht, sobald eine neue Person zu einer Gruppe hinzukommt. Und von einer 23-Jährigen, die nach der Trennung der Eltern nur schwer mit anderen Menschen in Kontakt bleiben kann. Und von einem 70-jährigen Paar, das während der Pandemie seine Kontakte zu Freunden verloren hat. „Einsamkeit verbirgt sich ganz oft hinter anderen Themen, mit denen Menschen zur Beratung kommen“, berichtet Wenzel. Vielen falle es schwer, über ihre Einsamkeit zu sprechen, weil sie sich dafür schämen.
Die Bundesregierung hat im Dezember 2023 eine Strategie gegen Einsamkeit beschlossen. Das Kabinett betont darin die Gefahr psychischer und physischer Erkrankungen, die von andauernder Einsamkeit ausgehe. Die Regierung wolle dafür sensibilisieren und Projekte fördern, die Einsamkeit vorbeugen und lindern.
Einsamkeit entgegenzuwirken - dieses Ziel verfolgt auch der Verein Freunde alter Menschen. Er vermittelt in fünf deutschen Großstädten Besuchspatenschaften zwischen Freiwilligen und „alten Freunden“, seit 2020 auch in Frankfurt am Main. Auf den ersten Blick scheinen die Patenschaften auf die Einsamkeit der älteren Partner abzuzielen. Koordinatorin Leiss betont jedoch, dass die „wunderbaren Freundschaften“ auch den 20- bis 70-jährigen Paten viel bedeuteten.
Sozialpädagoge Wenzel hält die Frauenspaziergänge von Girls Talking & Walking und die Besuchspatenschaften von Freunde alter Menschen für sinnvoll. Sie könnten Einsamkeit vorbeugen und auch helfen, wenn schon Probleme bestehen: „Alles, was Beziehung fördert, ist wunderbar.“
Nürnberg (epd). Nach einer Brustkrebsbehandlung hört für Betroffene der Kampf nicht auf. Denn für die Frauen gebe es nur fragmentierte Angebote, die sie mit und nach einer Krebsdiagnose lebenspraktisch unterstützen, beklagt die Nürnberger Ärztin Anke Pregler. Insbesondere nach Abschluss der Therapie fehle oft eine ganzheitliche Betreuung der Patientinnen. Die Überlebenden - fachlich als Cancer Survivors bezeichnet - bekämen zwar oftmals eine fachlich optimale Versorgung, blieben mit anderen persönlichen Problemen allerdings allein, stellt Pregler fest. „Das deutsche Gesundheitssystem hat mit seinen medizinischen Fortschritten bei Früherkennung und Therapie von Brustkrebs nicht mitgehalten.“
Jahrelang in der onkologischen Sparte bei einem Pharmaunternehmen beschäftigt, weiß Pregler, wovon sie spricht. Sie selbst erkrankte 2013 an Brustkrebs und dachte sich damals: „Ich weiß alles über Brustkrebs und seine Behandlung.“ Mittlerweile hat sie ihre damalige Meinung revidiert: „Die Krankheit hat mich Demut gelehrt.“
Denn manche menschliche Dimension des Alltags mit und nach Krebs sei in ihrer Arbeit nicht vorgekommen. Die könne allerdings im Alltag der Frauen einen hohen Stellenwert einnehmen. Die 54-Jährige denkt hier beispielsweise an die Übelkeit während einer Chemotherapie. „Eigentlich reden wir angesichts des Krankheitsbildes über banale Nebenwirkungen“, sagt die Ärztin. „Doch die sind für betroffene Frauen besonders schlimm.“
In ihrer Forschungsarbeit in der Industrie ging es um Dinge wie Auswirkungen im Blutbild. Heute weiß sie: „Krebs ist eine Familiendiagnose“, die immer auch das persönliche Umfeld betreffe. „Bei mir war plötzlich die Rezidivangst da“, berichtet sie. Dabei geht es um die vom Umfeld oft nicht nachvollziehbare Angst von Krebs-Überlebenden vor einem Rückfall. Diese Angst vor einer erneuten Krebsdiagnose überkomme in unterschiedlichen Ausprägungen fast alle Überlebenden. Daher ist für Pregler klar: „Die Ängste stehen uns zu, ohne dass wir einen Defekt haben oder Hypochonder sind.“
Man sei nach einer Krebstherapie oftmals weder körperlich noch psychisch wieder die Alte, sagt die Ärztin. Ihr fehlten kompakte Informationen und Aufklärung, wie sich das Leben nach der Erkrankung verändern kann. Anders etwa als in den USA oder Kanada mit ihren Survivorship-Programmen gebe es in Deutschland keine umfassende Betreuung von Menschen nach dem Krebs. Die landesweiten Krebsgesellschaften bieten Gesprächshilfe und sozialrechtliche Beratung an. Darüber hinaus gibt es Hilfe oder Beratung etwa von Psychoonkologen, Selbsthilfegruppen oder dem Heidelberger Krebsinformationsdienst. „Aber es fehlt die Navigationshilfe im Alltag, um die speziellen Unterstützungsangebote zu finden“, sagt Pregler.
Die Medizinerin zieht aus diesen Erfahrungen ihre persönliche Konsequenz. Sie beginnt, mit ihrem medizinischen und persönlichen Wissen andere Survivors als Beraterin und Coach von Nürnberg aus zu unterstützen und verlässt ihren Arbeitgeber. In ihren Vorträgen bei Selbsthilfegruppen erfährt sie ein zustimmendes Raunen im Saal, wenn sie eine Grundaufklärung für Krebsüberlebende einfordert. „Ich wünschte, das hätte mir mal jemand gesagt“ ist eine Reaktion, die ihr oft begegnet.
Die Nürnberger Ärztin will einerseits Betroffene begleiten, andererseits mehr Bewusstsein für das Thema Cancer Survivorship schaffen: „Wir müssen in Medizin und Gesellschaft einfach mehr über das Leben mit und nach einer Krebserkrankung sprechen.“ So könnten über eine gute medizinisch-fachliche Vernetzung hinaus die Informationen und Hilfen für Betroffene transparenter gemacht werden. Sonst blieben Überlebende mit ihren Sorgen allein und probierten es auf eigene Faust mit einer Internetrecherche. „Dr. Google ist wenig hilfreich“, warnt Pregler, wenn man eben nicht wisse, wo man suchen soll. Dann bekomme man oftmals veraltete Seiten oder unseriöse Anbieter angezeigt.
„Langzeitüberlebende von Krebs haben viele Herausforderungen, die sowohl körperliche als auch psychische und soziale Aspekte betreffen“, bestätigt Gabriele Brückner, Geschäftsführerin der Bayerischen Krebsgesellschaft. Aus ihrer Erfahrung heraus könne sie den Ansatz Preglers nachvollziehen. „Neben der allgegenwärtigen Angst vor einem Rückfall plagen Cancer Survivors Zukunftsängste, Probleme mit einem veränderten Selbst- und Körperbild sowie Sorgen um mögliche Langzeitfolgen der Therapie.“
Die Deutsche Krebsgesellschaft mit ihren landesweiten Angeboten sei immer eine verlässliche Anlaufstelle. So führt beispielsweise die Bayerische Krebsgesellschaft 13 psychosoziale Krebsberatungsstellen sowie 26 Außensprechstunden. Dort bieten erfahrene Psychoonkologen krebskranken Menschen und deren Angehörigen Unterstützung bei der Bewältigung von Ängsten an. Aber auch eine Beratung zu Langzeitfolgen oder zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung stehen auf der Agenda.
Hamburg (epd). Die allgemeine Arbeitszufriedenheit in der ambulanten Pflege ist einer Untersuchung zufolge gesunken. Am Geld liegt das laut dem „Trendbericht: Ambulante Pflege zwischen Burn-out, Optimierung und Systemwechsel“ aber nicht. Denn die Zufriedenheit mit dem Einkommen sei nach den zurückliegenden Lohnrunden entgegen dem Trend sogar gestiegen, teilte die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) in Hamburg mit.
Die BGW hatte den Trendbericht am 18. September veröffentlicht. Demnach ist die allgemeine Arbeitszufriedenheit zwischen 2019 und 2023 von 5,8 auf 5,4 gefallen. Die Skala reichte dabei von 0 bis 10. Für den Trendbericht hatte die BGW zwischen 2019 und 2023 insgesamt 7.333 Mitglieder der Pflegekammern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz befragt. Weitere Datenquellen waren unter anderem Arbeitsunfähigkeitszahlen der in der Pflegebranche beschäftigten AOK-Mitglieder sowie Verdachtsanzeigen auf Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle bei der BGW.
Besonders Zeitdruck und Bürokratie seien für den Rückgang der allgemeinen Zufriedenheit verantwortlich, hieß es vonseiten der BGW weiter. Der Beschäftigungsanstieg habe mit der Nachfrageentwicklung nicht Schritt gehalten. Hätten im Jahr 2011 noch durchschnittlich 50,4 Pflegefachkräfte für 100 Pflegebedürftige gekümmert, seien es zehn Jahre später nur noch 42,3 Pflegekräfte pro 100 Pflegebedürftigen gewesen. Im Jahr 2023 habe ein Drittel der ambulanten Pflegekräfte „sehr oft“ ungeplant einspringen müssen, wenn es Lücken im Dienstplan gab. Im Jahr 2019 sei es nur ein Viertel gewesen. Deutlich gewachsen ist demnach auch die Unzufriedenheit mit Chefinnen und Chefs. Im Jahr 2023 bemängelten 45 Prozent der Befragten eine „mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte“. 2019 waren es noch 36,4 Prozent gewesen.
Neben der Zufriedenheit mit der Entlohnung wies auch der Indikator der Aus- und Fortbildungen nach oben. Nach dem Ende der Corona-Pandemie würden entsprechende Angebote wieder mehr in Anspruch genommen.
Die BGW empfahl, die Digitalisierung in der ambulanten Pflege konsequent voranzutreiben. Das könne beispielsweise Zeitreserven für die eigentliche Pflege freisetzen. Dienstpläne ließen sich durch Springer-Pools und „die Pflege einer guten Teamkultur“ stabilisieren. Für eine nachhaltige Verbesserung der Berufsgesundheit komme es vor allem darauf an, mehr Fachpersonal zu gewinnen. Das allerdings sei im Wesentlichen eine politische beziehungsweise gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Chemnitz (epd). Eine gekündigte schwangere Arbeitnehmerin kann erst mit einem entsprechenden ärztlichen Attest sicher von ihrer Schwangerschaft wissen. Hat sie ihren Arbeitgeber zuvor über ihren positiven Schwangerschaftstest informiert und die gesetzliche Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verpasst, kann sie dennoch die nachträgliche Zulassung der Klage beantragen, so das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz in einem am 27. August veröffentlichten Urteil. Denn erlange sie erst nach der verpassten Klagefrist mit einem ärztlichen Attest verbindlich Kenntnis über ihre Schwangerschaft, könne sie innerhalb einer Frist von zwei Wochen den Antrag auf Zulassung der Klage stellen, urteilten die Chemnitzer Richter.
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen Kündigungsschutz. Nur ausnahmsweise kann die Kündigung einer Schwangeren von den zuständigen Behörden genehmigt werden, etwa aus verhaltensbedingten Gründen. Wird der Frau gekündigt, hat sie nach dem Kündigungsschutzgesetz regelmäßig drei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit, Kündigungsschutzklage zu erheben.
In dem vom LAG entschiedenen Fall arbeitete die Klägerin als Behandlungsassistentin in einer Arztpraxis. Am 14. Mai 2022 erhielt sie die ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2022. Als sie am 29. Mai 2022 einen Schwangerschaftstest machte und dieser positiv ausfiel, teilte sie dies ihrem Arbeitgeber sofort mit. Sie wolle schnellstmöglich einen Termin bei ihrer Frauenärztin vereinbaren, um die Schwangerschaft feststellen zu lassen. Die übliche dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage hatte sie versäumt. Daraufhin beantragte sie am 13. Juni 2022 beim Arbeitsgericht noch innerhalb der hierfür vorgesehenen Zweiwochenfrist die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage. Am 21. Juni 2022 legte sie das ärztliche Attest vom Vortag über das Vorliegen der Schwangerschaft beim Arbeitsgericht vor.
Der Arbeitgeber hielt die Kündigungsschutzklage für verspätet und unzulässig. Die Klägerin habe bereits mit dem positiven Schwangerschaftstest von ihrer Schwangerschaft gewusst, die dann laufende gesetzliche Dreiwochenfrist für die Kündigungsschutzklage aber verpasst.
Das LAG urteilte, dass die Klägerin die Dreiwochenfrist unverschuldet nicht eingehalten habe. Die Kündigungsschutzklage sei daher nachträglich zuzulassen. Die Klägerin sei angesichts des positiven Schwangerschaftstests vom 29. Mai 2022 zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwanger gewesen. Sie habe dann zwar die Dreiwochenfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage verpasst. Der Arbeitgeber habe nach der Mitteilung des positiven Schwangerschaftstests und nach Ablauf der regulären Klagefrist aber nicht darauf vertrauen können, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei.
Die nachträgliche Zulassung der Klage sei dann ab Kenntnis der Schwangerschaft möglich. Eine zweifelsfreie Kenntnis setze voraus, dass ein ärztliches Attest die Schwangerschaft noch einmal bescheinigt. Dies habe die Klägerin mit dem Attest vom 20. Juni 2021 belegt und rechtzeitig die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage beantragt. Da der Arbeitgeber wegen der Schwangerschaft der Klägerin nicht die erforderliche behördliche Genehmigung für die Kündigung eingeholt habe, sei diese auch unwirksam. Der Arbeitgeber hat gegen das Urteil Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen 2 AZR 156/24 anhängig.
Zwischenzeitlich hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg auf Vorlage des Arbeitsgerichts Mainz am 27. Juni 2024 angezweifelt, ob die deutsche Zweiwochenfrist für die nachträgliche Zulassung einer verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage für den Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen ausreiche. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihnen zunächst eine dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zustehe, für die nachträgliche Zulassung der Klage ihnen aber nur zwei Wochen zur Verfügung stünden, wenn die Klageerhebungsfrist wegen Unkenntnis der Schwangerschaft versäumt worden sei. Das Arbeitsgericht hatte daraufhin am 10. September 2024 geurteilt, dass die klagende Pflegehelferin im Streitfall keine Klagefrist einhalten musste, weshalb der Klage trotz verspäteter Erhebung stattzugeben war.
Az.: 2 Sa 88/23 (Sächsisches Landesarbeitsgericht)
Az.: C-284/23 (Europäischer Gerichtshof)
Az.: 4 Ca 1424/22 (Arbeitsgericht Mainz)
Kassel (epd). Jobcenter dürfen EU-Bürger nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland nicht vom Bürgergeld ausschließen. Für den Anspruch auf diese Sozialleistung ist es nicht zwingend erforderlich, dass der rechtmäßige Aufenthalt bei den Behörden lückenlos gemeldet war, bekräftigte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel seine bisherige Rechtsprechung in einem am 12. September bekanntgegebenen Urteil.
Geklagt hatte eine Polin und ihr 2018 in Deutschland geborener Sohn. Die Frau war vom 20. April 2015 bis 7. September 2016 und dann wieder ab 7. Juli 2017 behördlich gemeldet. Bis Mitte 2017 arbeitete sie als Prostituierte. Auf ihren am 21. Februar 2020 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld II gewährte das Jobcenter Köln vorläufige Leistungen, lehnte dann aber ab dem 1. Dezember 2020 die Fortzahlung ab. EU-Bürger, die ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland allein wegen der Arbeitsuche haben, stehe kein Arbeitslosengeld II zu, lautete die Begründung.
Den Einwand der Frau, dass sie seit mindestens fünf Jahren in Deutschland lebe und allein deswegen einen Hilfeanspruch habe, wies das Jobcenter zurück. Es bestünden Meldelücken, sodass ein fünfjähriger Aufenthalt in Deutschland ohne Unterbrechung nicht nachgewiesen sei. Sie habe ihre Tätigkeit als Prostituierte nicht ordnungsgemäß angegeben, sodass von einer Niederlassung in Deutschland und einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht auszugehen sei, so das Jobcenter.
Das BSG urteilte nun jedoch, dass die Frau dem Grunde nach Anspruch auf Hilfeleistungen vom Jobcenter habe. Dem zweijährigen Sohn stehe Sozialgeld zu. Die Kasseler Richter verwiesen auf ein BSG-Urteil vom 20. September 2023, wonach EU-Bürger nach einem fünfjährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland das frühere Arbeitslosengeld II beziehungsweise das heutige Bürgergeld erhalten können, auch wenn die Aufenthaltsmeldung bei den Behörden Lücken aufweise. Hier habe die Klägerin nach Befragung ihrer Stammkunden belegen können, dass sie sich mindestens fünf Jahre in Deutschland aufgehalten habe.
Az: B 4 AS 12/23 R
Essen (epd). Arbeitgeber sind für den pünktlichen Eingang einer Anzeige von Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit verantwortlich. Kommt die als Einwurf-Einschreiben versandte Kurzarbeit-Anzeige erst im Folgemonat bei der Behörde an, besteht frühestens erst dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am 12. September bekanntgegebenen Urteil.
Die Klägerin, ein Unternehmen, welches Geldspielgeräte verkauft, musste im Zuge der Corona-Pandemie Kurzarbeit anmelden. Damit die 41 betroffenen Beschäftigten Kurzarbeitgeld erhalten konnten, hatte der Arbeitgeber die Anzeige der Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit am 23. April 2020 als Einwurf-Einschreiben bei der Post aufgegeben. Die Agentur für Arbeit in Herford gab dem Antrag statt, allerdings erst ab Mai 2020. Denn das Einschreiben sei erst am 2. Mai 2020 bei der Behörde eingegangen, so die Begründung.
Das LSG gab der Agentur für Arbeit recht. Kurzarbeitgeld gebe es nach dem Gesetz frühestens von dem Kalendermonat an, in dem die Anzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Dies sei hier der Mai 2020 gewesen. Es gehöre zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers, dass dieser den rechtzeitigen Zugang seiner Kurzarbeit-Anzeige sicherstellt. Wegen der Corona-Pandemie habe er auch mit einer verzögerten Zustellung der Post rechnen müssen.
Schließlich hätte der Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt, die Anzeige der Kurzarbeit auch elektronisch oder persönlich in der Behörde abzugeben. Der Arbeitgeber hat gegen das Urteil mittlerweile Revision beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt. Dort ist es unter dem Aktenzeichen B 11 AL 7/24 R anhängig.
Az.: L 20 AL 201/22
Essen (epd). Auszubildende können beim Zusammenleben mit den Eltern keine Berufsausbildungsbeihilfe beanspruchen. Auch wenn der Azubi einen Untermietvertrag mit seiner Mutter abgeschlossen hat und mit ihr in einer Wohngemeinschaft lebt, fehlt es für den Beihilfeanspruch an einem von den Eltern räumlich getrennten Wohnen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am 13. September bekanntgegebenen Urteil.
Im konkreten Fall bewohnte der Kläger gemeinsam mit seiner damals im Hartz-IV-Bezug stehenden Mutter eine Dreizimmerwohnung in Frankfurt-Bornheim. Als er am 1. November 2017 eine Beschäftigung als Rettungssanitäter aufnahm, schloss er mit seiner Mutter einen Untermietvertrag ab. Danach zahlte er für ein möbliertes Schlafzimmer monatlich 384,50 Euro Miete. Für Küche, Bad, WC, Keller, Stellplatz sowie für diverse Haushaltsgegenstände wurde eine Mitbenutzung vereinbart.
Als der Kläger seine Tätigkeit zum Rettungssanitäter aufgab und zum 1. August 2021 eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement begann, beantragte er bei der zuständigen Agentur für Arbeit eine Berufsausbildungsbeihilfe. Die Behörde lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass die Berufsausbildungsbeihilfe nur beansprucht werden könne, wenn der Azubi außerhalb des elterlichen Haushalts wohne.
Ohne Erfolg verwies der Kläger auf den Untermietvertrag und seinen eigenen Haushalt. Es liege lediglich eine Wohngemeinschaft mit seiner Mutter vor. Das Badezimmer sei zweigeteilt. Selbst für die Reinigung des Treppenhauses würden eigene Putzmittel verwendet. Die Klage hatte vor dem LSG jedoch keinen Erfolg. Berufsausbildungsbeihilfe könne nur beansprucht werden, wenn der Auszubildende „in einer eigenen, von der elterlichen Wohnung abgegrenzten Wohnung“ lebe.
Az.: L 20 AL 196/22
München (epd). Das Sozialgericht München hat die Verwendung der umstrittenen Bezahlkarte für Flüchtlinge vorerst gebilligt. Diese sei jedenfalls „nicht offensichtlich rechtswidrig“, entschieden die Münchener Richter in zwei am 10. September veröffentlichten Beschlüssen.
Mit der Einführung der von den einzelnen Bundesländern eingeführten Bezahlkarte wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Asylbewerber erhaltene Barleistungen an Familienangehörige im Herkunftsland überweisen oder damit Schlepper bezahlen. Der auf der Bezahlkarte befindliche Betrag von maximal 50 Euro kann nur im Inland ausgegeben werden. Die zuständigen Behörden können selbst entscheiden, wann der Einsatz der Bezahlkarte zweckmäßig erscheint.
Im ersten Verfahren hatte sich vor dem Sozialgericht die aus Sierra Leone stammende Asylbewerberin dagegen gewandt, dass ihre Asylbewerberleistungen nur in Form der Bezahlkarte gewährt werden. Sie habe eine Augenerkrankung und könne ihre Einkäufe viel besser bar und nicht mit der Bezahlkarte abwickeln. Im zweiten Verfahren ging es um einen abgelehnten, aber aus gesundheitlichen Gründen in Deutschland geduldeten Asylbewerber aus Nigeria. Er meinte, dass die Bezahlkarte nur für neue Asylbewerber gelten könne.
Das Sozialgericht wies die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz in seinen noch nicht rechtskräftigen Beschlüssen ab. Die Gewährung der Asylbewerberleistungen mittels der Bezahlkarte sei „nicht offensichtlich rechtswidrig“. Die Antragsteller könnten trotz Sehbehinderung und Krankheit damit ihren Lebensunterhalt bestreiten und einkaufen. Zumindest bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren sei ihnen die Nutzung der Bezahlkarte zuzumuten.
Das Sozialgericht Nürnberg gab dagegen dem Antrag einer Asylbewerberin auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 30. Juli 2024 statt. Danach hat die Antragstellerin vorläufig Anspruch auf eine monatliche Überweisung auf ihr Konto in Höhe von 460 Euro.
Die Nürnberger Richter rügten, dass mit der Bezahlkarte Asylbewerber nur schwer Ansparungen aus ihren Sozialleistungen vornehmen können. Der kostengünstige Onlinehandel bleibe ihnen mit der Bezahlkarte verwehrt. Einkäufe an stationären Verkaufsständen wie Wurstbuden sei wegen der dort verlangten Barzahlung nur begrenzt nutzbar.
Az.: S 42 AY 63/24 ER und S 52 AY 65/24 ER (Sozialgericht München)
Az.: S 11 AY 15/24 ER (Sozialgericht Nürnberg)
Radebeul (epd). Kathleen Westpahl ist neue Vorständin der Diakonie Sachsen. Sie folgt auf Viola Vogel, die als Konsistorialpräsidentin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz nach Berlin wechselte, teilte die Diakonie in Radebeul mit. Die Entscheidung zur Nachfolge lag beim Aufsichtsgremium des evangelischen Wohlfahrtsverbandes, beim Diakonischen Rat.
Westphal wurde 1976 in Radebeul geborenen. Sie studierte Rechtswissenschaften in Dresden und absolvierte ein Wirtschaftsstudium in Kiel und im schwedischen Västeras. Danach arbeitete sie zunächst als Rechtsanwältin mit den Schwerpunkten Sozial- und Steuerrecht. Seit 2018 ist Westphal im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens als juristische Referentin tätig.
Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Sachsen, Dietrich Bauer, betonte, dass Westphal „eine engagierte Juristin mit einer ausgewiesenen Expertise für Wirtschafts- und Finanzthemen“ sei. Davon werde die Geschäftsstelle der Diakonie Sachsen ebenso profitieren wie die rund 25.000 Mitarbeitenden in den rund 1.950 Einrichtungen und Diensten der Diakonie.
Vogel, Jahrgang 1978, ist im Berliner Südwesten aufgewachsen, hat in Potsdam und Paris Jura studiert, war unter anderem Rechtsanwältin für Arbeitsrecht und wurde in Göttingen mit einer Arbeit über Religionsrecht in der DDR und der Volksrepublik Polen promoviert. 2008 trat sie erstmals in den Dienst der sächsischen evangelischen Landeskirche. Seit 2021war sie Vorständin für Wirtschaft und Recht im Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Von dort wurde sie als Vertreterin des Diakonischen Werks in zahlreiche Gremien entsandt, unter anderem als Mitglied im Ethikkomitee der Stiftung Herrnhuter Diakonie, Hospiz Bischofswerda.
Die Geschäftsstelle mit Sitz in Radebeul vertritt die Interessen von 259 Mitgliedern in Sachsen. Darunter sind Stadtmissionen, Diakonische Werke in Kirchenbezirken und regionale Diakoniewerke.
Claudia Blattmann, Ärztliche Direktorin der Kinderonkologie des Olgahospitals im Klinikum Stuttgart, hat das Bundesverdienstkreuz bekommen. Die Privatdozentin hat die Leitung seit Juli 2021 inne. Blattmann ist Kinder-Hämatologin, -Onkologin und Palliativmedizinerin. 2016 wurde sie mit dem Deutschen krebspreis ausgezeichnet. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) übergab den Orden und sagte: „Claudia Blattmann hat sehr große Verdienste als Ärztin, aber sie hat viel mehr getan, als es ihres Amtes wäre, als es ihre Pflicht als Ärztin wäre. Sie treibt das große Ziel an, irgendwann alle Kinder und Jugendlichen mit Krebs heilen zu können. Ihr Wirken ist außergewöhnlich und herausragend.“ Die Kinderonkologie des Olgahospitals im Klinikum Stuttgart ist eines der größten Zentren für Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit bösartigen Erkrankungen im deutschsprachigen Raum. Fast 3000 junge Menschen mit Krebserkrankungen werden hier jedes Jahr stationär oder in der spezialisierten Tagesklinik von interdisziplinären Teams behandelt. Das Olgahospital als Teil des Klinikums Stuttgart ist Deutschlands größte Kinderklinik, die bereits 1842 gegründet wurde.
Christian Schulte-Loh, Komiker, Moderator und Autor, ist neuer Botschafter der Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes mit Sitz in Osnabrück. Man habe eine Persönlichkeit gewonnen, „der die Kinderrechte ein Herzensanliegen sind“, teilte die Organisation mit. Schulte-Loh betonte, er wolle mit seiner Botschaftertätigkeit vor allem helfen, Kindern in aller Welt einen gerechten Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Das neue Motto von Terre des Hommes „starke Kinder - gerechte Welt“ signalisiere, dass der Organisation strukturelle Arbeit wichtig sei, die über reine Nothilfe hinausgehe.
Gudrun Karp vom SoVD ist mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Damit werde ihr unermüdlicher ehrenamtlichen Einsatz, den sie seit über 21 Jahren für Gleichstellung, Solidarität und Demokratie in unserer Gesellschaft und im SoVD leiste, so der Verband. Karp ist unter anderem Ortsvorsitzende des SoVD-Ascheberg, Kreisvorsitzende des SoVD-Plön sowie Landesfrauensprecherin des SoVD in Schleswig-Holstein und engagierte sich als Delegierte im Deutschen Frauenrat.
Rupert Püllen, Privatdozent und Chefarzt der Medizinisch-Geriatrischen Klinik am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt am Main, hat den mit 6.000 Euro dotierten Ehrenpreis der Rolf-und-Hubertine-Schiffbauer-Stiftung erhalten. Nach 20 Jahren in leitender Funktion geht er im Oktober in den Ruhestand. Er sei ein Brückenbauer in der internationalen Geriatrie gewesen, sagte Markus Gosch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), bei seiner Laudatio im in Kassel im Rahmen des Gerontologie- und Geriatrie-Kongresses. Püllens Verdienste für die Geriatrie in Deutschland und auch in Europa seien vielfältig. So hat er sich von 2012 bis 2018 im Vorstand der DGG stark gemacht, von 2014 bis 2016 als Präsident der Gesellschaft. Im Anschluss daran nominierte ihn die DGG als Delegierten für das sogenannte Full Board der European Geriatric Medicine Society (EuGMS), wo er bis 2023 die Interessen der deutschen Fachgesellschaft vertrat.
Philipp Lahm, Ex-Fußballnationalspieler und Stiftungsgründer, ist am 13. September in Bensheim mit dem Karl-Kübel-Preis 2024 geehrt worden. „Mit den vielfältigen Angeboten seiner Stiftung eröffnet Philipp Lahm Kindern neue Perspektiven, fördert ihre Potenziale und vermittelt ihnen Werte wie Fairness, Verantwortung und Toleranz“, begründete der Vorstand der Karl-Kübel-Stiftung für Kind und Familie die Wahl. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert. Das Preisgeld fließt in die Projekte der Philipp-Lahm-Stiftung. Lahm hat bereits mit 24 Jahren seine gleichnamige Stiftung gegründet, um benachteiligte Kinder und Jugendliche in Deutschland und Südafrika in Bildung, Sport und Gesundheit zu fördern. Anstoß für sein soziales Engagement war eine Reise nach Südafrika im Jahr 2007. Die von seiner Stiftung initiierten Sommercamps wurden 2010 von der Unesco als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.
September
26.9. Berlin:
Seminar „Steuer-Update für Non-Profit-Organisationen“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 030/72382-448
26.-27.9.:
Online-Seminar „Praxis stärken und bereichsübergreifend agieren - Handlungsoptionen, um Einsamkeit zu begegnen“
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980-314
30.9. Berlin:
Seminar „Ein Team leiten - Basiswissen für eine erfolgreiche Teamleitung“
der Paritätischen Akademie Berlin
Tel.: 030/275828227
30.9.-2.10. Hannover:
Seminar „Werkstatt: Coaching - Die eigenen Coachingkompetenzen weiterentwickeln“
der Akademie für Kirche und Diakonie
Tel.: 03361/710943
Oktober
7.10.:
Online-Seminar „Rechtliche Grundlagen für Ehrenamtliche in den Offenen Hilfen“
der Paritätischen Akademie Süd
Tel.: 01577/7692794
7.10-10.10.:
Online-Seminar „Aktuelles zum Datenschutz in Einrichtungen des Gesundheitswesens“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 0251/48261-194
10.-11.10.:
Forum „Fachliche und sozialpolitische Entwicklungen in der Schuldnerberatung“
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980-301
14.10. München:
Seminar „Die Beendigung und Änderung von Arbeitsverhältnissen“
der Unternehmensberatung Solidaris
Tel.: 02203/8997-411
14.10.:
Online-Fachveranstaltung „Diagnose Demenz und nun? Möglichkeiten und Grenzen ehrenamtlicher Erstbegleitung in Kommunen“
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
Tel.: 030/62980-419
16.10. Berlin:
Fachtag „“Alles geben für Kinder und Jugendliche - aber wer?"
der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe
Tel.: 030/40040-200