sozial-Politik

Familie

Alles beim Alten beim Gender Care Gap




Eine Frau hilft ihrer betagten Mutter in Köln (Archivbild)
epd-bild/Jörn Neumann
Beim Gender Care Gap, also der Verteilung von unbezahlter Arbeit zwischen erwerbstätigen Frauen und Männern, ist alles beim Alten: Erwerbstätige Frauen stemmen nach wie vor den Löwenanteil an Kinderbetreuung oder Pflege. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung hat sich das Ungleichgewicht näher angeschaut.

Düsseldorf (epd). Teilzeitbeschäftigte Frauen arbeiten zehn Stunden pro Woche länger als teilzeitbeschäftigte Männer. Damit, erklärt Yvonne Lott, ist der sogenannnte Gender Care Gap unter Menschen, die in Teilzeit arbeiten, besonders groß.

Lott ist Autorin der Studie „Alles beim Alten: Der Gender Pay Gap in der Erwerbsbevölkerung“ des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Untersuchung ist im jüngsten Policy Brief des WSI erschienen und ist Sonderauswertung auf der Basis der Zeitverwendungserhebung 2022 für die Erwerbstätigen in Deutschland. „Beim Gender Care Gap in der aktiven Erwerbsbevölkerung ist auch nach der Pandemie alles beim Alten“, fasst Lott zusammen.

Unterschiedlicher Einsatz im Haushalt und der Familie

Die Ergebnisse sehen in Kürze so aus: Insgesamt arbeiten alle erwerbstätigen Frauen fast eine Stunde mehr pro Woche als erwerbstätige Männer (54 Stunden gegenüber 53 Stunden pro Woche). Dabei investieren Frauen im Durchschnitt über 25 Stunden pro Woche in unbezahlte Arbeit und damit etwa acht Stunden mehr als Männer.

Für ihre Erwerbstätigkeit wenden Frauen im Durchschnitt etwas mehr als 28 Stunden pro Woche auf. Das sind etwa sieben Stunden weniger als Männer. Diese Unterschiede zwischen allen erwerbstätigen Frauen und Männern lassen sich hauptsächlich durch die deutlichen Geschlechterunterschiede bei Beschäftigten mit Kindern beziehungsweise Teilzeitbeschäftigten erklären.

Der Gender Care Gap ist unter anderem auf Geschlechterunterschiede bei der Instandhaltung von Haus und Wohnung sowie der Pflege und Änderung von Textilien zurückzuführen. Frauen arbeiten hier durchschnittlich zwei Stunden und 54 Minuten mehr als Männer. Bei der Zubereitung von Mahlzeiten und der Hausarbeit in der Küche leisten Frauen durchschnittlich zwei Stunden und 22 Minuten mehr als Männer, bei der Kinderbetreuung beziehungsweise Unterstützung von Haushaltsmitgliedern durchschnittlich eine Stunde und 42 Minuten mehr und dem Einkaufen beziehungsweise der Haushaltsorganisation durchschnittlich eine Stunde mehr.

Männer leisten weniger Arbeit

Die großen Unterschiede bei Teilzeitbeschäftigten liegen daran, dass hier Männer, obwohl sie rund eine halbe Stunde in ihrem Job mehr arbeiten als Frauen, erheblich weniger unbezahlte Arbeit leisten als das andere Geschlecht - nämlich zehn Stunden weniger (Frauen in Teilzeit: 31 Stunden und 44 Minuten gegenüber Männern in Teilzeit: 21 Stunden und 20 Minuten).

Aber auch bei einer Vollzeitbeschäftigung arbeiten Frauen insgesamt im Durchschnitt etwas länger als Männer - etwa 40 Minuten mehr. Auch hier besteht ein Gender Care Gap von drei Stunden (Frauen: 20 Stunden und 17 Minuten gegenüber 17 Stunden und elf Minuten). Der Unterschied bei der bezahlten Arbeit beträgt weniger als drei Stunden (Frauen in Vollzeit: 34 Stunden und 44 Minuten gegenüber Männern in Vollzeit: 37 Stunden und zehn Minuten).

Kleine Kinder, großes Gap

Wie zu erwarten, ist der Gender Care Gap besonders groß, wenn Kinder und insbesondere kleine Kinder im Haushalt sind. Mit Kindern unter sechs Jahren beträgt der Gender Care Gap etwas mehr als 15 Stunden (Frauen: 44 Stunden und 33 Minuten gegenüber Männern: 29 Stunden und 21 Minuten). Mit Kindern zwischen sechs und 18 Jahren liegt der Gender Care Gap bei etwas mehr als 11 Stunden (Frauen: 31 Stunden und 25 Minuten gegenüber Männern: 20 Stunden und drei Minuten).

Interessanterweise gibt es auch bei erwerbstätigen Frauen und Männern ohne Kinder im Haushalt einen Gender Care Gap. Dieser beträgt fünf Stunden. Er entsteht vor allem durch den höheren Zeitaufwand, den Frauen in Haushalten ohne Kinder im Vergleich zu Männern für die Instandhaltung von Haus und Wohnung sowie die Pflege und Änderung von Textilien (durchschnittlich zwei Stunden mehr), die Zubereitung von Mahlzeiten und die Hausarbeit in der Küche (eineinhalb Stunden mehr) und für Einkäufe sowie die Haushaltsorganisation (fast eine Stunde mehr) aufwenden. Im Gegensatz dazu arbeiten Frauen im Durchschnitt etwas mehr als drei Stunden weniger in ihrem Job als Männer (31 Stunden und 18 Minuten gegenüber 34 Stunden und 56 Minuten). Insgesamt investieren erwerbstätige Frauen in Haushalten ohne Kinder durchschnittlich fast eineinhalb Stunden mehr in Arbeit als erwerbstätige Männer.

Beschäftigte, die Angehörige pflegen, haben generell einen relativ hohen Zeitaufwand für Pflege. Mehr als ein Drittel der erwerbstätigen Frauen und knapp 28 Prozent der erwerbstätigen Männer pflegen über zehn Stunden pro Woche. Erwerbstätige Frauen investieren im Durchschnitt häufiger mehr Zeit in Pflege als Männer. 23 Prozent der pflegenden erwerbstätigen Frauen pflegen 10 bis 20 Stunden pro Woche. Dies sind sechs Prozentpunkte mehr als bei erwerbstätigen Männern. Letztere pflegen häufiger unter zehn Stunden pro Woche (72 Prozent gegenüber 65 Prozent). Die Anteile der erwerbstätigen Frauen und Männer, die mehr als 20 Stunden pro Woche pflegen, sind ähnlich und relativ gering (12 beziehungsweise 11 Prozent).

Dirk Baas