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Für einen Euro ins Theater




Mit einem Euro ins Theater: In Konstanz ist das möglich.
epd-bild/Uli Fricker
Mit dem Peter-Pan-Ticket können Bedürftige ins Stadttheater Konstanz. Sie müssen ihre Not nicht einmal nachweisen. Das Experiment hat sich bewährt.

Konstanz (epd). Ein alter Vorwurf gegen das Theater lautet: Das ist doch Hochkultur, die nur für vermögende Menschen zugänglich ist. Falls der Vorwurf zutreffen sollte, wird er vom Stadttheater Konstanz erfolgreich widerlegt. Die kommunale Bühne führte Ende 2022 ein Sozialticket ein - das Peter-Pan-Ticket. Es funktioniert ganz einfach: Wer nicht genug Geld hat, kommt für einen Euro in eine der drei Spielstätten, die zum Theater gehören.

Vor anderthalb Jahren wurde diese Vergünstigung eingeführt - erst einmal auf Probe. Mit einer Anschubfinanzierung lief das preiswerte Angebot an. Inzwischen beteiligen sich immer mehr vermögende Bürger an diesem Modell. Sie bezahlen dafür, dass andere, weniger Betuchte, ins Theater gehen können.

Spenden machen das billige Ticket möglich

Allein am Rande des Freilufttheaters am Münsterplatz im Juli wurden mehr als 18.000 Euro gesammelt, um das Pan-Ticket weiterhin zu sichern. „Unsere Besucher machen das Peter-Pan-Ticket mit ihren Spenden erst möglich. Das Ticket lebt von dieser Solidarität - es ist ein echtes Stück gelebter kultureller Teilhabe in unserer Stadt“, berichtet Intendantin Karin Becker über diesen Erfolg.

Der Zugang für einen Euro beruht auf Vertrauensbasis. „Es genügt die Nennung des Stichworts 'Peter Pan' beim Ticketkauf, um für nur einen Euro eine Eintrittskarte zu erhalten“, sagt die Pressesprecherin des Theaters auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Ein schriftlicher Nachweis der eigenen prekären Vermögenslage sei nicht erforderlich. Wer vergünstigt ins Theater will, muss das also nicht begründen oder Belege vorlegen - und sich damit möglicherweise vor anderen bloßstellen.

Name stammt vom Stuttgarter Vorbild

Namen und Konzept des vergünstigten Tickets hat das Konstanzer Theater vom Jungen Ensemble Stuttgart übernommen. Das berichtet Dani Behnke, Sprecherin des Theaters. Demnach verweist der Name „Peter Pan“ auf einen historischen Moment, der im Film „Finding Neverland“ über die Entstehungsgeschichte des Kinderbuchklassikers „Peter Pan“ von James Matthew Barrie erzählt wird: Aus Sorge, dass sein Stück von den Erwachsenen nicht verstanden und abgelehnt werden würde, lud Autor Barrie 25 Waisenkinder zur Uraufführung ein. Mit ihrem offenen, kindlich-naiven Blick öffneten sie dem übrigen Publikum die Augen für den Zauber des Stoffs. Sie klatschten als erste. Die Premiere wurde damals ein voller Erfolg. Aus Dankbarkeit vermachte der Autor alle Rechte am Theaterstück, den Büchern und den Filmen einem Londoner Kinderkrankenhaus.

In Stuttgart gibt es zudem das „Robin-Hood-Ticket“. Es bietet die Möglichkeit, zusätzlich zum normalen Ticketpreis Geld zu spenden, damit ärmere Bürgerinnen und Bürger vergünstigt zum Kulturgenuss kommen: „Einfach bei der Reservierung oder an der Tageskasse ein Robin-Hood-Ticket für 25 Euro bestellen. Die Mehreinnahmen sichern unsere moderaten Preise für Schulklassen und Familien und unterstützen zudem das Peter-Pan-Ticket“, heißt es auf der Homepage.

Uli Fricker