sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Nils Sandrisser
epd-bild/Christiane Stock

seit Anfang Juli dürfen Vereinigungen Anträge stellen, um gemeinschaftlich Cannabis anbauen zu können. Auf dem Weg zum legalen Rausch empfiehlt es sich, nüchtern zu sein. Denn es gibt viel zu beachten: Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister für jedes Vorstandsmitglied, Angaben zur Lage und Größe der Anbaufläche und zur voraussichtlichen Anbaumenge, die Benennung eines Präventionsbeauftragten samt Kenntnisnachweisen sowie ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept und mindestens 200 Meter Abstand zu Schulen, Kindergärten und Spielplätzen. Haben die Freunde des Hanfs diese Nachweise alle zusammen, müssen sie noch herausfinden, bei welcher Behörde sie ihren Antrag einreichen müssen. Die ist nämlich in jedem Bundesland eine andere. Und in manchen Ländern sind jene Behörden, die Anträge bearbeiten, nicht die, die Kontrollen der Clubs durchführen.

Vergangene Woche hat das Bundeskabinett das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung beschlossen. Es soll der chronischen Überlastung von Notaufnahmen abhelfen und den Ärztlichen Bereitschaftsdienst - die Vertretung der Hausärzte nachts, an Wochenenden und an Feiertagen - neu organisieren. Die Krankenkassen und ein Klinikverband erkennen viel Gutes in dem Entwurf. Aber sie mahnen auch, dass er nur funktionieren kann, wenn weitere Reformen im Gesundheitssystem angegangen werden.

Roboter in Pflegeheimen sind längst keine Exoten mehr. Auch zwei Einrichtungen der Evangelischen Heimstiftung in Baden-Württemberg erproben den Einsatz der Blechkollegen - hier eine Kollegin. Emma kann zwar nicht bei der Pflege helfen, aber das soll sie auch gar nicht. Sie ist ein sozialer Roboter und soll Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen etwas Unterhaltung bieten. Aber ihr Einsatz wirft auch Fragen auf.

Für Paare, die keine Kinder bekommen können, ist mitunter die Adoption eines Kinds aus dem Ausland eine Option. Allerdings eine, für die sie komplett selbst aufkommen müssen, entschied das Finanzgericht Münster. Die Kosten für die Adoption könnten nicht steuermindernd geltend gemacht werden - anders als die Kosten für eine künstliche Befruchtung. Denn, so argumentiert das Gericht, würde man eine Adoption einer medizinischen Behandlung gleichstellen, verletze man die Menschenwürde der adoptierten Kinder, die zu bloßen Objekten reduziert würden.

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Ihr Nils Sandrisser




sozial-Politik

Drogen

Cannabis-Clubs: Noch wenige Lizenzanträge




Konsumfertiges Cannabis
epd-bild/Jürgen Blume
Seit dem 1. Juli können Vereinigungen einen Antrag darauf stellen, Cannabis gemeinschaftlich anzubauen. Aber das tun noch nicht viele. Je nach Bundesland sind für Genehmigungen und Kontrolle der Clubs unterschiedliche Stellen zuständig.

Frankfurt a.M. (epd). Knapp vier Monate nach Freigabe des Cannabis-Konsums ist das Interesse an Anbauvereinen noch verhalten. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) in den Bundesländern ergab, liegt die Zahl der Anträge für sogenannte Cannabis-Clubs meist im einstelligen Bereich. Fast alle Länder meldeten, sie hätten vorliegende Anträge bislang weder genehmigt noch abgelehnt - bis auf Niedersachsen, wo die Landwirtschaftskammer sieben Anträgen stattgab und fünf abschlägig beschied.

Genehmigungen sollen in der Regel innerhalb von drei Monaten erteilt werden, sofern alle erforderlichen Angaben vorliegen. Viele Anträge seien aber noch unvollständig, hieß es. In Nordrhein-Westfalen wurden bislang 37 Anträge gestellt, in Sachsen-Anhalt beantragten nach Behördenangaben drei Anbauvereine die gesetzlich geforderte Lizenz, in Schleswig-Holstein vier, ebenso in Brandenburg und Thüringen. In Hamburg und Hessen waren es sieben. Keinen einzigen Antrag verzeichnete das Saarland. Berlin konnte keine Auskunft über die Zahl der Anträge geben. Bayern, das angekündigt hatte, die Clubs besonders streng zu überprüfen, meldete 14. Die Stichtage der von den Bundesländern erhobenen Daten reichten vom 16. bis zum 24. Juli.

Unterschiedliche Zuständigkeiten

In den meisten Bundesländern liegen die Kompetenzen für Genehmigung und Kontrolle der Cannabis-Clubs bei Landesämtern, beispielsweise beim Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum in Thüringen, beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Rheinland-Pfalz oder beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bayern.

Während in den meisten Ländern dieselbe Behörde mit Genehmigungen und Kontrollen befasst ist, müssen in Hessen Anträge beim Regierungspräsidium Darmstadt gestellt werden, während die jeweiligen Kreisordnungsbehörden für die Kontrolle zuständig sind. In Nordrhein-Westfalen obliegt die behördliche Überwachung den Bezirksregierungen, die „stoffliche Überwachung“ hingegen dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, und für die Einhaltung der „Regeln der guten Landwirtschaft“ ist die Landwirtschaftskammer zuständig. Für Baden-Württemberg bearbeitet das Regierungspräsidium Freiburg die Anträge, doch das Regierungspräsidium Tübingen kontrolliert die Clubs.

Noch gar nicht geregelt ist die Zulassung von Cannabis-Clubs in Berlin. Die erforderliche Zuständigkeitsverordnung befinde sich noch in der senatsinternen Abstimmung, sagte ein Sprecher der Senatsgesundheitsverwaltung.

Umfangreiche Anforderungen

Seit dem 1. April ist der Konsum von Cannabis in Deutschland legal. Seit dem 1. Juli können Anbauvereinigungen einen Antrag stellen, Cannabis gemeinschaftlich anzubauen und an Mitglieder des Vereins weiterzugeben. Die sogenannten Cannabis-Clubs müssen unter anderem nachweisen, dass die geernteten Pflanzen einen bestimmten Grenzwert des Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) nicht überschreiten. Die Abgabe an Minderjährige bleibt verboten.

Für Anträge notwendige Nachweise umfassen unter anderem ein Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister für jedes Vorstandsmitglied, Angaben zur Lage und Größe der Anbaufläche und zur voraussichtlichen Anbaumenge. Verlangt werden auch Angaben zu Sicherungs- und Schutzmaßnahmen, die Benennung eines Präventionsbeauftragten samt Kenntnisnachweisen sowie ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept. Außerdem muss ein Abstand von mindestens 200 Metern um den Eingang von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Spielplätzen gewährleistet sein.

Nicht alle führen Statistik

Unterschiedliche Regelungen gibt es in den Ländern zu Statistiken über Cannabis-Clubs. Während die meisten Bundesländer angaben, Statistiken zur Zahl der Anbauvereine, der Mitglieder, der Kontrollen, möglicher Verstöße und Sanktionen zu führen, teilten die Länder Brandenburg und Sachsen mit, dies nicht zu tun. Das Brandenburger Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit sammle jedoch entsprechende Daten, ebenso die Landesdirektion Sachsen. Laut Konsumcannabisgesetz sind die Behörden verpflichtet, das Bundesgesundheitsministerium bei der Evaluation der Legalisierung zu unterstützen, indem sie entsprechende Daten zuliefern.



Gesellschaft

Interview

Soziologe: "Einsamkeit ist der ideale Nährboden für Ressentiments"




Berthold Vogel
epd-bild/privat
Für immer mehr Menschen ist Einsamkeit ein Problem. Der Geschäftsführende Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen, Berthold Vogel, gibt im Interview einen Überblick über die verschiedenen Ursachen von Einsamkeit - und wie autoritäre Parteien Einsamkeit für ihre Zwecke ausbeuten.

Göttingen (epd). Die Politik hat die Einsamkeit als Thema entdeckt. Ende 2023 verabschiedete die Bundesregierung eine Strategie gegen Einsamkeit, und im Juni fand bereits die zweite Aktionswoche gegen Einsamkeit statt. Der Göttinger Sozialwissenschaftler Berthold Vogel hat das Phänomen der Einsamkeit in einem neuen Buch gemeinsam mit zwei Kollegen genau unter die Lupe genommen und geht dabei besonders der Frage nach, ob sie einen Nährboden für die Entstehung von Ressentiments bildet. Die Fragen stellte Michael Grau.

epd sozial: Herr Professor Vogel, ist Einsamkeit eine neue Volkskrankheit?

Berthold Vogel: Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber wir wissen, dass Isolation, Mangel an Kontakten und sozialer Rückzug seelisch und physisch krank machen, und dass Einsamkeit für immer mehr Menschen in allen Altersgruppen und Schichten ein Problem ist. Mit deutlich wachsender Tendenz. Etwa ein Viertel der Bevölkerung klagt heute darüber. Die Pandemie hat diese Erfahrung verstärkt, aber sie war nicht der Auslöser, sondern eher ein Beschleuniger.

epd: Warum fühlen sich heute so viele Menschen einsam?

Vogel: Die Ursachen sind vielschichtig. Drei wesentliche Faktoren können wir aber benennen: Erstens der Verlust öffentlicher Räume und sozialer Kreuzungspunkte, also die abnehmende Bedeutung von Vereinen, Parteien, Kirchen. Zweitens der Strukturwandel der Arbeit. Damit ist nicht nur das Homeoffice angesprochen, sondern die Vereinzelung in der Erwerbsarbeit durch veränderte Organisationsformen der Berufstätigkeit. Arbeiten heißt heute vielerorts, dass sich alles ständig verändern und optimieren muss. Das schafft aber gerade keine sozialen Bindungen. Drittens haben sich Lebensformen und familiäre Beziehungen verändert. Denken Sie an den hohen Anteil an Ein-Personen-Haushalten. Das sind ältere Menschen, die ihren Partner verloren haben, aber eben auch Berufstätige, die darunter leiden, dass ihnen stabile soziale Beziehungen fehlen.

epd: Alleinsein empfinden viele Menschen allerdings oft als wohltuend. An welchem Punkt überschreitet das Alleinsein die Schwelle zur Einsamkeit?

Vogel: Wenn ich die Fähigkeit verliere, meine sozialen Kontakte zu gestalten. Einsamkeit hat immer etwas mit dem Verlust der Gestaltbarkeit des eigenen Lebens zu tun. Gelegentlich allein zu sein, ist hingegen ein Wunsch, den ich selbst gestalten kann. Den verspüren wir alle. Aber das hat nichts mit der pathologischen Erfahrung von Einsamkeit zu tun. Einsamkeit entsteht durch Bindungs- und Gestaltungsverluste. Die Welt, die mich umgibt, ist nicht mehr meine. Meine Mitmenschen haben mir nichts mehr zu sagen. Ich habe den Eindruck, nicht mehr mitzukommen. Der Lauf der Zeit findet ohne mich statt. Einsamkeit ist die Summe aus Bitterkeit und Weltverlust.

epd: In Ihrem Buch setzen Sie Einsamkeit in eine Verbindung zu Ressentiments. Entwickelt denn jeder Einsame automatisch Ressentiments?

Vogel: Sicher nicht. Aber uns geht es darum, auf die Verbindung aufmerksam zu machen. Einsamkeit ist eben ein soziales Gefühl. Und daraus entwickeln sich Haltungen gegenüber der Gesellschaft. Die Verdrossenheit und die Unzufriedenheit unserer Tage und der Aufschwung derjenigen, die diese schlechte Laune erfolgreich politisch bewirtschaften, haben ja etwas mit fehlenden sozialen Beziehungen und Korrektiven zu tun, also mit Einsamkeit.

epd: Was verstehen Sie unter Ressentiments?

Vogel: Im Ressentiment spiegelt sich Ohnmacht. Alle anderen profitieren, nur ich nicht. Die Welt, so wie sie ist, wird als feindlich und abgewandt erlebt. Ressentiments sind so etwas wie eine emotionale Selbstvergiftung. Man findet zu Gesellschaft und Öffentlichkeit kein positives Verhältnis und in dieser Folge auch nicht mehr zu sich selbst. Ressentiments provozieren daher Verschwörungsvorstellungen jeder Art. Daher leben alle autoritären politischen Parteien und Regime vom Management der Ressentiments. Sie wissen, wie man Minderwertigkeitskomplexe und Ohnmachtserfahrungen befeuert und am Leben erhält.

epd: Wie bauen sich bei einsamen Menschen Ressentiments auf?

Vogel: Das Grundproblem der Einsamkeit ist, dass ein Gegenüber fehlt. Einsame Menschen haben keine Resonanzräume, die sie in ihrem Wert und auch in ihrer Besonderheit akzeptieren, aber sie eben auch kritisieren, korrigieren und mal auf den Boden der Tatsachen holen. Vereinzelung und Verbitterung greifen ineinander. Einsamkeit ist daher die perfekte Grundlage, ein idealer Nährboden für Ressentiments.

epd: Wie kann ich aus Ressentiments herausfinden?

Vogel: Schwer, denn Ressentiments haben etwas Toxisches und sie haben die Eigenschaft, sich immer wieder selbst zu bestätigen. Eine fatale Rolle spielen hier übrigens die sogenannten sozialen Medien, die in ihrer ganzen brutalen Asozialität darauf abzielen, ihre Nutzer in einer Schleife der Selbstbestätigung zu halten. Da kommt ja kein frischer Wind ins Zimmer, sondern es bleibt alles verriegelt. Kein Wunder, dass sich Radikale und Extremisten dieser Medien so virtuos bedienen.

epd: Warum sind Ressentiments so gefährlich für eine Gesellschaft?

Vogel: Auf Ressentiments lässt sich kein Vertrauen aufbauen. Aber Vertrauen ist die Grundlage von Freiheit, von Sicherheit und wechselseitiger Verpflichtung, von Selbstbestimmung und Eigenständigkeit. Eine Gesellschaft der Ressentiments ist eine autoritäre, enge und missgelaunte Gesellschaft. In einer Atmosphäre der Missgunst kann sich keine offene und demokratische Gesellschaft entfalten.

epd: Radikalisieren sich einsame Menschen im Internet?

Vogel: Ja, das Netz ist auch eine Radikalisierungsmaschine, indem es radikale Haltungen bestätigt, ihnen Aufmerksamkeit verschafft. Im Netz gibt es niemanden, der oder die einen bremst, korrigiert oder auch mal Widerworte gibt. Das Internet entfaltet einen Sog der Selbstbestätigung, der Einsame noch einsamer macht.

epd: Was können Gesellschaft und Politik gegen die Einsamkeit tun?

Vogel: Man kann niemanden zur Geselligkeit zwingen. Aber es ist möglich, Orte und Gelegenheiten zu schaffen, die Gemeinschaft und Zusammenkommen ermöglichen. Eine Strategie gegen Einsamkeit muss soziale Orte, gemeinsame gesellschaftliche Kreuzungspunkte, öffentliche Räume schaffen, die es unterschiedlichen sozialen Gruppen möglich machen, einander zu begegnen. Der schön gestaltete Stadtpark, die Bibliothek, die zugleich auch Café und Begegnungsort ist, die Mehrgenerationenhäuser, die betreutes Wohnen und Kindergarten zusammenbringen, sind gute Beispiele hierfür.

epd: Welche Rolle kommt dabei den großen Institutionen zu, etwa den Kirchen?

Vogel: Eine sehr wichtige. Schon heute sind Kirchen wichtige Begegnungsorte gerade in Regionen, in denen sich öffentliche, staatliche, kommunale Infrastrukturen zurückgezogen haben. Kirchen haben vor Ort häufig noch die Infrastruktur, die es braucht. Den Gemeindesaal, das Pfarrhaus, den Jugendclub. Und Kirchen mobilisieren immer noch in erheblichem Maße Ehrenamtliche. Das darf man nicht übersehen. Kirchennahe Institutionen sind oft die letzten sozialen Kreuzungspunkte vor Ort, wenn die kommunale Verwaltungsstelle, das Wirtshaus, die Bankfiliale, der Gesangs- oder auch der Sportverein schon längst ihre Pforten geschlossen oder ihre Aktivitäten erheblich reduziert haben.



Gesundheit

Notdienstreform: Kassen und Verbände loben Entwurf




Notaufnahme
epd-bild/Paul-Philipp Braun
Vergangene Woche hat das Bundeskabinett die Reform der Notfallversorgung gebilligt. Kassen und Verbände finden den Entwurf prinzipiell richtig, vermissen aber weitere Reformschritte. Teilweise sind diese Schritte bereits angedacht.

Berlin (epd). Nachdem das Bundeskabinett der Reform der Notfallversorgung grünes Licht gegeben hat, loben Kassen und Verbände den vorliegenden Gesetzesentwurf. Allerdings mahnen sie weitere Reformschritte an, etwa bei Krankenhäusern und im Rettungsdienst. Von ihnen hänge ab, ob die Reformvorhaben insgesamt gelängen.

Das Bundeskabinett hatte am 17. Juli das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung beschlossen. Gegenwärtig klagen viele Notfall-Einrichtungen wie etwa Notaufnahmen in Krankenhäusern über starke Belastungen, weil Patienten sie in Anspruch nehmen, die in anderen Strukturen wie etwa bei Hausärzten effizienter versorgt werden könnten. Das Gesetz soll daher Hilfesuchende im Akut- und Notfall schneller in die passendere Behandlung vermitteln.

Nicht von anderen Reformen lösen

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, nannte es „sinnvoll und richtig“, dass die Ampel das Problem der chronisch überlasteten Notaufnahmen in Deutschland angehen wolle. Damit leiste sie einen Beitrag zur besseren Erreichbarkeit in der Akutversorgung und einen Schritt hin zur notwendigen stärkeren ambulanten Versorgung. Gleichzeitig begegne sie Ängsten in der Bevölkerung, dass medizinische Hilfe im Notfall nicht mehr so einfach erreichbar sei. Die Reform der Notfallstrukturen dürfe jedoch nicht losgelöst von weiteren Reformvorhaben sein. „Vor allem die Krankenhausreform ist hier entscheidend, damit die Ambulantisierung auch gelingt“, sagte Reimann. Zudem sei der Rettungsdienst im vorliegenden Entwurf noch nicht ausreichend mitbedacht.

Lob kam auch vom Verband der Ersatzkassen (vdek). Die Reform habe das Potenzial, die Notaufnahmen zu entlasten, teilte der vdek mit. Der Verband empfahl über den vorliegenden Entwurf hinaus die Leitstellen der Rettungsdienste zu sogenannten Gesundheitsleitstellen auszubauen. „Von hier aus können neben einem Rettungsdienst- oder Notarzteinsatz auch andere Versorgungsangebote wie die pflegerische Notfallversorgung oder der psychosoziale Notdienst angesteuert werden“, hieß es. Für mehr Qualität und Effizienz sollten bestehende Leitstellen zudem zusammengelegt werden.

Auch der Verband der Universitätsklinika in Deutschland (VUD) begrüßte das Reformvorhaben. Jens Scholz, Erster Vorsitzender des VUD, erklärte, die Unikliniken hätten „ein besonderes Interesse an der Reform, weil sie Notfallversorgung rund um die Uhr in allen Disziplinen sichern“. Beide Reformvorhaben würden - sofern konsequent umgesetzt - die Qualität der Patientenversorgung verbessern. Die Krankenhäuser würden von einer Reform der Notfallversorgung profitieren, wenn zukünftig Patientinnen und Patienten gezielter in die richtige Versorgungsebene geleitet werden. Die Umsetzung der Reform solle durch eine unabhängige Institution wissenschaftlich begleitet werden.

Akutleitstellen und Integrierte Notfallzentren

Kern der im Kabinett beschlossenen Reform sind sogenannte Akutleitstellen sowie Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern. In den Akutleitstellen sollen die Notrufnummer 112 für den Rettungsdienst und die 116 117 für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) digital zusammenlaufen. Der ÄBD ist die Vertretung der Hausärzte, wenn deren Praxen geschlossen sind. Die Leitstellen sollen die Dringlichkeit von Fällen einschätzen und Anrufer in die für ihr Problem passende Struktur leiten. Ärztinnen und Ärzte in den Akutleitstellen können Hilfesuchende telefonisch oder per Video beraten.

Die INZ in oder an einem Krankenhausstandort vereinigen die Notaufnahme des Krankenhauses, eine Praxis des ÄBD und eine zentrale Einschätzungsstelle. Diese Ersteinschätzungsstelle weist Patientinnen und Patienten entweder der Praxis oder der Notaufnahme zu. Zur Akutversorgung von Kindern und Jugendlichen können spezielle Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) eingerichtet werden.

Diese neuen Notdienst-Strukturen sollen paritätisch finanziert werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die den ÄBD tragen, und den gesetzlichen Krankenkassen. Die privaten Krankenkassen sollen dem Entwurf zufolge sieben Prozent des Beitrags der gesetzlichen Kassen bezahlen.

Rettungsdienst-Reform noch angedacht

In einem weiteren Schritt der Reform soll der Rettungsdienst reformiert und bundesweit standardisiert werden. Aktuell gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern, etwa bei der sogenannten Hilfsfrist, in der ein Rettungsmittel spätestens vor Ort sein muss, bei der Mindestqualifikation von Besatzungen von Rettungsfahrzeugen oder welche Typen von Fahrzeugen eingesetzt werden. Der Rettungsdienst soll auch als eigenständiger Leistungsbereich ins Fünfte Sozialgesetzbuch aufgenommen werden. Bislang gilt er gar nicht als medizinische, sondern nur als Transportleistung. Das hat zur Folge, dass Leistungserbringer des Rettungsdienstes nur dann Geld für einen Einsatz erhalten, wenn sie dabei den Patienten in ein Krankenhaus transportieren. Wenn eine Versorgung vor Ort ausreichend ist, fließt dafür an sie kein Geld.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte, Patientinnen und Patienten sollten sich darauf verlassen können, dass sie im Notfall schnell und gut versorgt werden: „Dafür entlasten wir die notorisch überfüllten Notaufnahmen und sorgen für eine funktionierende Patientensteuerung.“ Akutversorgung solle in Zukunft dort stattfinden, wo sie medizinisch sinnvoll sei. „Wer ambulant behandelt werden kann und wem vielleicht sogar telefonische oder videogestützte Beratung genügt, der muss nicht ins Krankenhaus“, sagte Lauterbach.

Nils Sandrisser


Behinderung

Mehr Schwerbehinderte in alternder Gesellschaft




Die meisten Menschen mit Behinderung sind im Seniorenalter.
epd-bild/Werner Krüper
Mehr Menschen erreichen ein höheres Lebensalter. Damit geht auch eine steigende Zahl von Schwerbehinderten einher. 7,9 Millionen Menschen, fast jeder zehnte Einwohner Deutschlands, hatte Ende vergangenen Jahres ein solches Handicap.

Wiesbaden (epd). Rund 7,9 Millionen Menschen mit schwerer Behinderung haben zum Jahresende 2023 in Deutschland gelebt. Wie das Statistische Bundesamt am 19. Juli in Wiesbaden mitteilte, waren das rund 67.000 Personen oder 0,9 Prozent mehr als zum Jahresende 2021. Von der Gesamtbevölkerung hatte damit knapp jeder zehnte Mensch in Deutschland (9,3 Prozent) zum Jahresende 2023 eine schwere Behinderung. Knapp die Hälfte von ihnen ist zwischen 55 und 74 Jahre alt.

„Aktion Mensch“ sprach auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) von einem längerfristigen Trend: Der Anteil der Menschen mit Schwerbehinderung steige in Deutschland seit Jahren. Diese Entwicklung hat laut „Aktion Mensch“ und dem Sozialverband VdK demografische Gründe, hängt also mit der Alterung der Bevölkerung hierzulande zusammen.

„Hinzu kommt, dass Menschen mit Behinderung eine höhere Lebenserwartung als in früheren Zeiten aufweisen, bedingt etwa durch eine verbesserte medizinische Versorgung“, hob „Aktion Mensch“-Vorstand Armin von Buttlar hervor. Dass etwa jede zehnte Person in Deutschland mit einer Schwerbehinderung lebe, bringe „große gesellschaftliche Herausforderungen mit sich“. Beispiele seien „etwa der eklatante Mangel an Barrierefreiheit im öffentlichen Raum oder an barrierefreien Wohnungen, fehlendes Fachpersonal oder das Risiko der Altersarmut“.

Mehr psychische Ursachen

VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärte ebenfalls auf epd-Anfrage, dass zunehmend mehr Menschen aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen als schwerbehindert anerkannt werden. Das könne unter anderem an mehr Stress zum Beispiel im Arbeitsleben liegen. Durch zu wenig Unterstützungsangebote könnten leichtere psychische Beeinträchtigungen zudem chronisch werden.

„Gleichzeitig werden psychische Krankheiten nicht mehr so tabuisiert“, sagte Bentele. „Sprich: Menschen trauen sich eher als früher, einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung zu stellen.“ Dies wertete die VdK-Chefin als „gute Entwicklung, damit die Menschen im Land die Unterstützung erhalten, die sie benötigen“.

Wichtig sei außerdem, „als Gesellschaft anzuerkennen, dass Menschen mit Behinderungen integraler Bestandteil dieser Gesellschaft sind. Zudem müssen diese Menschen stärker unterstützt und vom Rande der Gesellschaft weggeholt werden“: Die Politik müsse ihre Rechte stärken und die Inklusion in allen Lebensbereichen vorantreiben.

Nur 3 Prozent der Behinderungen im ersten Lebensjahr

Als schwerbehindert gelten Personen, denen die Versorgungsämter einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent zuerkannt sowie einen gültigen Ausweis ausgehändigt haben. Die statistische Erhebung zur Zahl schwerbehinderter Menschen erfolgt zweijährlich zum Stichtag 31. Dezember. Ende vergangenen Jahres waren 50,1 Prozent der Schwerbehinderten Männer, 49,9 Prozent Frauen. 58 Prozent dieser Menschen hatten dauerhafte körperliche Beeinträchtigungen, 15 Prozent geistige oder seelische Behinderungen.

Behinderungen bestehen den Angaben des Bundesamts zufolge vergleichsweise selten seit der Geburt oder im Kindesalter, sondern entstehen meist erst im fortgeschrittenen Alter. Knapp 91 Prozent der schweren Behinderungen wurden von einer Krankheit verursacht, lediglich rund drei Prozent der Behinderungen waren angeboren oder traten im ersten Lebensjahr auf.



Familie

Wenn ein Vater seine eigenen Kinder entführt



Eine Mutter lässt ihre beiden Kinder nur widerwillig mit ihrem Noch-Mann in die Türkei reisen - ein Gericht hat ihm genau das zugestanden. Nun sind die Kinder seit Wochen verschwunden, entführt vom Vater.

Würzburg (epd). Seit mehr als acht Wochen hat Daniela Farre ihre Kinder Ilyas (8) und Aleena (6) nicht mehr gesehen. Auch die jüngste Sprachnachricht ist schon etliche Wochen alt. „Aber Mama“, sagte Ilyas am letzten Pfingstferienwochenende, „am Sonntag bist du zurück, das muss halt echt sein, wir müssen zur Schule“. Nur: Farre war nie weg, sondern hat zu Hause in Höchberg bei Würzburg auf ihre Kinder gewartet. Die sind damals angeblich im Türkei-Urlaub mit ihrem Noch-Ehemann. Inzwischen steht fest: Er hat sie entführt.

Farre wirkt sehr gefasst, als sie ihre Geschichte erzählt. Als wäre es eine Art Schutzpanzer, wenn sie berichtet, was ihr und ihren Kindern in den vergangenen Wochen und Monaten widerfahren ist. Die Trennung von ihrem Noch-Mann Yousuf S. sei alles andere als einvernehmlich verlaufen; schon mehrmals habe er damit gedroht, die Kinder zu entführen. Doch als die 43-Jährige dem Familienrichter in Frankfurt-Höchst das erzählte, winkte er ab. Es spreche nichts gegen Auslandsurlaube des Vaters mit den Kindern. Zweimal geht es gut.

Familiengericht äußert sich nicht

Vor den Pfingstferien habe sie ein besonders schlechtes Gefühl gehabt, sagt sie. Das Familiengericht jedoch hatte ihr beim letzten Mal schon zu verstehen gegeben, dass ihr ein weiteres Insistieren als Querulantentum ausgelegt wird. Also schwieg Farre. Mit ungutem Gefühl im Bauch. „Ich hatte recht“, sagt sie verzweifelt und resigniert zugleich. Das zuständige Familiengericht lässt eine Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) unbeantwortet.

Das Polizeipräsidium Unterfranken und die Staatsanwaltschaft Würzburg bestätigen den von Farre geschilderten Sachverhalt - ohne auf weitere Details einzugehen oder Fragen zu beantworten. Man wolle aus „ermittlungstaktischen Gründen“ nicht über die aktuellen oder weiteren Maßnahmen informieren, teilt etwa der Sprecher der Würzburger Staatsanwaltschaft mit. Die Polizei schreibt auf eine epd-Anfrage, sie habe „alle Maßnahmen ergriffen“ und ergreife sämtliche Maßnahmen, „die rechtlich möglich und zielführend sind“.

Das allerdings bezweifelt Farre. Als die Kinder nach den Pfingstferien nicht wieder bei ihr auftauchten, ging sie zur Polizei. Sie schilderte ihren Fall, doch sonderlich ernst genommen fühlte sie sich nicht. Die Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden sei in solchen Fällen schwierig - zumal, wenn der Vater auch sorgeberechtigt sei, sagten die Polizisten nach Farres Darstellung. Die Polizei hingegen sagt, es habe frühzeitig eine Kontaktaufnahme zur türkischen Polizei gegeben. Details gibt es - aus ermittlungstaktischen Gründen - auch dazu nicht.

Fälle wie im Krimi

Der Fall von Daniela Farre und ihren beiden Kindern klingt wie aus einem TV-Krimi - und doch sind solche Fälle gar nicht so selten. Im Jahr 2023 gab es laut bayerischem Innenministerium alleine im Freistaat 87 Fälle von „Entziehung minderjähriger Kinder“ zwischen 0 bis unter 14 Jahren, wie der Tatbestand im Strafgesetzbuch heißt. In den vergangenen Jahren waren die Fallzahlen ähnlich hoch, mit einer mittelfristig leicht steigenden Tendenz. Die Polizei habe auch ohne Haftbefehl gegen die Entführer verschiedene Möglichkeiten.

Ob und wie diese im Fall von Ilyas und Aleena genutzt wurden, ist mangels Detailauskunft der Behörden nicht bekannt. Daniela Farre weiß auch nicht, ob sich ihr Noch-Mann mit den Kindern weiterhin in der Türkei aufhält. Er hat afghanische Wurzeln, kam vor rund 30 Jahren als Kind nach Deutschland, hat einen deutschen Pass. „Seine Familie mauert total, sie schützt ihn“, sagt Farre. Seit 2. Juli hat sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Seine digitalen Spuren enden im Nichts, er nutzt stets sichere VPN-Verbindungen zur Kommunikation.

Alleinige Sorgerecht per Eilverfahren

Noch hat Farre die Hoffnung nicht aufgegeben. Freunde und Familie geben ihr Kraft. Und die Anteilnahme im Netz. Dort hat Farre ihren Fall öffentlich gemacht und um Spenden gebeten. Sollten die Behörden nicht vorankommen, will sie Privatdetektive einschalten und ihre Kinder zurückentführen lassen. Dass das rechtlich heikel ist, weiß man spätestens seit dem Fall der „Block House“-Erbin Christina Block, der man genau dies vorgeworfen hat - nämlich ihre entzogenen Kinder zurückentführt haben zu lassen.

Zunächst einmal soll nun aber das Sorgerecht per Eilverfahren komplett auf Daniela Farre übergehen. Ihre Rechtsanwältin sei bereits damit beschäftigt. Einen solchen Gerichtsbeschluss könne man dann ins Türkische übersetzen und über die deutsche Botschaft in der Türkei an die dortigen Polizeibehörden übermitteln lassen. „Die Mitarbeiter der deutschen Botschaft haben mir bei einem Telefonat zu diesen Schritten geraten - von der Polizei in Würzburg habe ich solche Hinweise nicht bekommen.“

Von Daniel Staffen-Quandt


Armut

96-Jährige hilft Wohnungslosen: "Erst zum Mecki, dann zum Friseur"




Annemarie Streit mit einem Klienten des "Mecki"
epd-bild/Jens Schulze
Wenn Annemarie Streit in den Kontaktladen "Mecki" für Wohnungslose kommt, wissen die Mitarbeiterinnen: Drei Wochen sind um. Regelmäßig bringt die 96-Jährige Spenden vorbei. Eier für das Frühstück und Hygieneartikel - persönlich, das ist ihr wichtig.

Hannover (epd). Auf den Rollator gestützt betritt Annemarie Streit den Kontaktladen für Wohnungslose „Mecki“ am Hauptbahnhof in Hannover. Die Stufe im Eingangsbereich ist dabei immer eine Hürde. Doch ein Mann, der bei der Frühstücksausgabe in der Schlange steht, hilft ihr. „Einmal hochgezogen und der Arm ist ab“, scherzt er. Annemarie Streit ist 96 Jahre alt. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich in der diakonischen Wohnungslosenhilfe.

„Eine treue Seele“, sagt die Sozialassistentin Christine Pleus und blickt über das Laptop hinweg, in dem sie gerade die Besucherstatistik führt. Kurz nach acht Uhr füllt sich der Treffpunkt. Am Tresen geben die Mitarbeiterinnen belegte Brötchen und Kuchen aus - Spenden von der Bahnhofsmission und von Bäckern. Und es gibt die hartgekochten Eier, die Annemarie Streit und ihr Unterstützer Bernd Winkler immer mitbringen, 80 Stück jedes Mal.

Spenden hat die Seniorin immer dabei

Wenn die Winklers die 96-Jährige alle drei Wochen mit dem Auto abholen, steht das Programm fest. „Erst geht es zum 'Mecki', dann zum Friseur und dann zum Wocheneinkauf bei Aldi“, fasst sie es zusammen. Immer hat sie Spenden dabei, fürs Frühstück, Zipperbeutel mit Hygieneartikeln wie Papiertaschentüchern und Seife, im Winter Socken, Stulpen, Mützen. „Meine Frau und sie verstricken locker Wolle für ein- bis zweitausend Euro im Jahr“, sagt Bernd Winkler. Denn Annemarie Streit ist überzeugt: „Selbstgestricktes hält länger und ist wärmer.“

Es ist ihr wichtig, die Spenden persönlich vorbeizubringen, auch wenn sie immer weniger der Besucher im „Mecki“ kennt. „Vieles hat sich verändert“, sagt sie. „Es kommen immer mehr, die kein Deutsch sprechen.“ Doch dann tritt ein Mann in roter Jacke auf sie zu, lange drücken sie zur Begrüßung einander die Hand. Eine Vertrautheit, die für ihn nicht selbstverständlich sei, erläutert der ältere Herr. „Man muss eine gewisse Schwelle überwinden“, sagt er. Er habe viel Negatives erlebt. „Aber Annemarie Streit ist eine hervorragende Persönlichkeit und die Idee, so lange durchzuhalten, ist bemerkenswert.“

„Ich organisiere sehr gerne“

Anfangs ist Annemarie Streit gemeinsam mit ihrem mittlerweile verstorbenem Bruder Gerhard viele Jahre lang regelmäßig in den Straßen Hannovers unterwegs gewesen. „Ich habe mich immer zu den Leuten auf die Bank gesetzt und mit ihnen geredet“, sagt sie. „Das ist die Hauptsache.“ So erfuhren sie, was die Menschen wirklich benötigten - von der Hundeleine über die Unterhose bis zum Vogelkäfig. „Ich organisiere sehr gerne“, sagt Streit. „Das habe ich von meiner Mutter.“

Warum sie all das tut, kann Annemarie Streit selbst nicht erklären. Seit 90 Jahren lebt sie in dem Haus, in dem sie schon aufgewachsen ist. „Ich habe alles, was ich brauche“, sagt sie. Doch auch Entbehrungen habe sie kennengelernt - als sie und die Geschwister mit der Mutter vor den Weltkriegsbomben aus Hannover fliehen mussten. Weil der Vater nach dem Krieg noch viereinhalb Jahre in Gefangenschaft war, ging sie arbeiten, anstatt zu studieren, als Schwesternschülerin, als Zahnarzthelferin, schließlich die meiste Zeit bei einer Versicherung.

Kontern, wenn jemand blöde Sprüche macht

Sie kann viele Geschichten von ihren Begegnungen mit Wohnungslosen erzählen: vom jungen Mann mit bunten Haaren, den alle gernhatten und der an einer Überdosis starb, von den drei Hochzeiten, bei denen sich Verkäuferinnen und Verkäufer des Straßenmagazins „Asphalt“ das Ja-Wort gaben und sie Trauzeugin war. Bis heute widerspricht die 96-Jährige laut, wenn jemand sich abfällig über wohnungslose Menschen äußert. „Ich bin Meisterin im Kontern, wenn jemand blöde Sprüche macht.“

In Hannover engagieren sich rund 100 Menschen freiwillig in der Wohnungslosenhilfe der Diakonie. Noch mehr sind es, wenn man andere Träger hinzurechnet wie den hauptsächlich aus Ehrenamtlichen bestehenden Verein „Obdachlosenhilfe Hannover“ oder die Caritas. „Teile unseres Angebots können in dem Umfang ohne ehrenamtliches Engagement nicht geleistet werden“, sagt Anne Wolters vom Diakonischen Werk. Doch wichtiger noch sei eine andere Dimension. „Die Betroffenen erfahren durch das ehrenamtliche Engagement häufig mehr Akzeptanz und Wertschätzung.“

Haushaltshilfe im „Mecki“ kennengelernt

Annemarie Streit duzt die Menschen nicht, die sie in ihrem Engagement kennengelernt hat. Doch sie nennt manche beim Vornamen, immer wieder fallen welche, wenn sie erzählt. Auch Petra, die ihr seit einiger Zeit im Haushalt hilft und der sie eine Arbeitsstelle vermittelte, wie sie erzählt, hat sie im „Mecki“ kennengelernt.

Beim Besuch zum Frühstück in dem Treffpunkt ist sie sich mit ihrem alten Bekannten mit der roten Jacke in einer Sache einig. Er fasst es so in Worte: „Es ist ein ganz besonderes Gefühl, wenn man andere unterstützt.“ Und Annemarie Streit sagt: „Bis ich tot umfalle, wird es wohl so weitergehen.“

Karen Miether


Krankheiten

Hepatitis und Stigma: Immer noch ein Problem



Köln (epd). Zum Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli macht der Verein Deutsche Leberhilfe darauf aufmerksam, dass viele Menschen mit chronischer Virushepatitis nach wie vor Stigmatisierung empfänden. Trotz zahlreicher Fortschritte in der Therapie seien Hepatitisinfektionen noch immer mit irrationalen Ängsten verbunden, teilte die Deutsche Leberhilfe am 17. Juli in Köln mit. Diese Ängste seien oft durch Vorurteile und Fehlinformationen hervorgerufen.

So dächten viele Menschen, Hepatitis B und C könnten durch Händeschütteln, kontaminierte Nahrungsmittel oder über die Benutzung derselben Toilette übertragen werden, erklärte der Verein. Dies sei jedoch eine Verwechslung mit dem deutlich harmloseren Virustyp Hepatits A. Im Alltag kämen Infektionen aber sehr selten vor. Hepatitis B werde oft durch sexuelle Kontakte oder bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen. Hepatitis C verbreite sich über Blut. Blutprodukte würden heute aber gut überwacht. Nach wie vor zu vielen Hepatitis-C-Infektionen gebe es in der Drogenszene, wenn Spritzen gemeinsam benutzt würden.

Gute Chancen bei frühzeitiger Erkennung

Früh erkannt, seien Infektionen gut behandelbar, teilte die Deutsche Leberhilfe weiter mir. Während chronische Hepatitis B sich mit Medikamenten unterdrücken lässt, ist Hepatitis C heute sogar fast immer heilbar. Hepatits A werde fast nie chronisch und heile in der Regel folgenlos aus. Gegen die A- und B-Varianten der Krankheit gebe es Impfungen. In Deutschland könnten sich Krankenversicherte ab 35 Jahre kostenfrei auf Hepatitis B und C in der hausärztlichen Praxis untersuchen lassen.

Auch der Verband der Ersatzkassen Hessen (vdek) machte auf die Bedeutung von Vorsorge und gesundheitlicher Aufklärung aufmerksam. Weil die Leber keinen Schmerz empfinde, blieben viele Infektionen lange unbemerkt, erklärte die Leiterin der vdek-Landesvertretung, Claudia Ackermann, am 25. Juli in Frankfurt am Main. Es sei daher besonders wichtig, Erkrankungen frühzeitig zu bemerken.

Weltweit lebten den Angaben zufolge knapp 354 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B- und C-Erkrankung. „Unbehandelt können chronische Hepatitis-Infektionen zu schweren Leberschäden wie Zirrhose und Leberkrebs führen und erhöhen möglicherweise auch das Risiko anderer Organerkrankungen“, sagte Ackermann.



Arbeit

Längere Elternzeiten sind kein Nachteil für Betriebe



Nürnberg (epd). Wenn Eltern für die Betreuung ihrer Kinder länger aus dem Job aussteigen, hat das längerfristig keine Nachteile für Betriebe. Eine am 18. Juli veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) ergab keine dauerhaften negativen Effekte auf Beschäftigung, Löhne oder den Fortbestand der Betriebe.

Zwar sei kurzfristig die Beschäftigung in kleinen und mittleren Betrieben gesunken, als sich nach der Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 die Abwesenheiten von Müttern verlängerten, teilten IAB und BiB mit. Diese kurzfristigen Beschäftigungslücken negative langfristige Konsequenzen wie dauerhaft niedrigere Beschäftigung oder häufigere Betriebsschließungen. Michael Oberfichtner, Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“ am IAB und Mitautor der Studie, erklärte: „Überproportionale Belastungen für Betriebe durch längere Elternzeiten scheinen somit kein stichhaltiges Argument gegen diese wichtige familienpolitische Maßnahme zu sein.“

Etwa ein Drittel der Beschäftigten in Elternzeit sei durch Neueinstellungen in den Monaten vor der Geburt ersetzt worden, hieß es weiter. Der Anstieg an Neueinstellungen sei dabei größer gewesen, wenn nur wenige andere Beschäftigte im Betrieb den gleichen Beruf ausübten und somit die Arbeit teilweise übernehmen konnten. Jene Neueingestellten, die als Vertretung für die anstehenden Elternzeiten in den Betrieb eintraten, hatten im Schnitt die gleiche Wahrscheinlichkeit, länger als zwölf Monate im Betrieb zu bleiben wie andere Neueingestellte. Nach den Worten des Leiters der Forschungsgruppe „Bildung und Humanvermögen“ am BiB können Elternzeitvertretungen somit in vielen Fällen ein Weg in eine dauerhafte Beschäftigung sein.




sozial-Branche

Senioren

Pflegeheime in Baden-Württemberg erproben einen sozialen Roboter




Bewohnerin Emilie Zeller mit Roboter Emma
epd-bild/Rudolf Stumberger
Emma kann keine Betten machen, aber das ist auch gar nicht ihre Aufgabe. Sie ist ein Roboter und unterhält Menschen in zwei Heimen der Evangelischen Heimstiftung. Die Stiftung lässt nun Einsatzbedingungen des Roboters untersuchen.

Albershausen (epd). Auf dem Flur des Pflegeheimes sitzt Emilie Zeller auf einem der gepolsterten Stühle und unterhält sich. Mit Emma, 72 Zentimeter groß, blaue Augen und mit einer roten, gehäkelten Wollmütze auf dem Kopf. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt Emma die 97-jährige Seniorin. „Du kannst mir einen Witz erzählen“, antwortet diese. „Gerne“, sagt Emma: „Treffen sich zwei Roboter. Einer hat eine Schraube locker.“ Zeller findet das lustig. „Wenn man so alt ist und es geht noch im Kopf, ist es nett, sich unterhalten zu können“, sagt sie.

Doch diese Unterhaltung ist schon etwas Besonderes. Denn wenn man Emma fragt, wer sie sei, antwortet sie: „Ich bin ein Roboter und lebe hier im Haus am Wiesengrund.“

Pilotprojekt läuft

Das Haus steht im baden-württembergischen Albershausen, eine Gemeinde mit 4500 Einwohnern 40 Kilometer östlich von Stuttgart, und ist eines der Pflegeheime der Evangelischen Heimstiftung. In dem zweistöckigen Gebäude gibt es vier sogenannte Wohnzimmer, in denen sich die Senioren außerhalb ihrer Zimmer aufhalten, dazu einen großen Speisesaal.

Wenn die Sonne scheint, sitzen die Bewohner auch gerne auf dem Platz vor dem Eingang. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aber: Am Wiesengrund läuft seit ein paar Monaten ein Pilotprojekt zum Einsatz von sozialen Robotern bei der Betreuung von Senioren.

Emma ist eigentlich eine gebürtige Münchnerin, denn sie entstammt dem Start-up-Unternehmen „Navel Robotics“, das Maschinenbauer und Erfinder Claude Toussaint vor einigen Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt gegründet hat. Das Äußere von Emma erinnert an ein Kind: ein kleines Köpfchen, ein oranges Kleidchen, kleine Ärmchen, die aber keine Funktion haben. Wichtig ist ihr Innenleben. Denn über diverse Sensoren und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ist Emma in der Lage, Kontakt zum Gesprächspartner herzustellen. So kann der soziale Roboter über seine Kameras die Gesichtszüge seines Gegenübers analysieren und damit dessen Gemütszustand zwar nicht erraten, aber errechnen.

Unterwegs auf zwei Rädern

Wichtig sind auch die großen blauen Augen und der Mund mit den sich bewegenden Lippen. Unterwegs ist Emma auf zwei kleinen Rädern, mit denen sie durch das Seniorenheim rollt. „Emma kann nicht beim Bettenmachen helfen“, sagt Heimleiterin Vanessa Münzenmaier, „aber sie kann die Senioren unterhalten.“ Und diese Gespräche sind durchaus flüssig. Denn Emma kann Witze erzählen, Kuchenrezepte aufsagen und sich nach dem Befinden des Gesprächspartners erkundigen.

Im Haus leben rund 50 Seniorinnen und Senioren zwischen 64 und 99 Jahren, und manche Heimbewohner strahlten, sagt Münzenmaier, wenn sie Emma sähen. Der soziale Roboter wohnt im Büro der Hausdirektorin und erwacht, wenn man „Hallo Emma“ zu ihm sagt.

Die Evangelische Heimstiftung, der Träger des Hauses am Wiesengrund, will durch den Einsatz von Emma wissen, wie Künstliche Intelligenz bei der Betreuung der Senioren helfen kann: „Wie gefällt den Bewohnern ein Roboter, wie gehen sie mit ihm um, was sind die Chancen und worauf müssen wir achten?“, steht in einer Broschüre.

Fragen nach Datenschutz

Wenn Emma im Heim unterwegs ist, setzt das einiges an Gesprächen voraus. Zum Beispiel auch mit den Angehörigen der Heimbewohner, die informiert wurden. Oder mit den rund 60 Mitarbeitern im Heim, die schon mal nach dem Datenschutz beim Einsatz von Emma fragten. Der sei gewährleistet, sagt der Datenschutzbeauftragte der Heimstiftung. Bilddateien würden vom Rechner in Sekundenbruchteilen ausgewertet und anschließend sofort wieder gelöscht.

Begleitet wird der Einsatz des sozialen Roboters in Albershausen und eines zweiten Roboters in einem Heim in Mannheim vom internen Institut Pflege und Alter (IPA) der Evangelischen Heimstiftung. Dort forscht man zu Themen wie „Digitale Bildungsprozesse für ältere Menschen in seniorenspezifischen Wohnformen der institutionalisierten Altenhilfe“ oder wie man die Mobilität von Bewohnerinnen und Bewohnern in stationären Einrichtungen erhalten beziehungsweise fördern könne. In Sachen Einsatz von Robotern werden vom IPA sowohl die Heimbewohner als auch die Mitarbeiter befragt.

Referatsleiterin Judith Schoch erwartet sich davon Antworten auf eine Reihe von Fragen. Wie reagieren die Senioren auf den Einsatz? Was erwarten sich die Mitarbeiter? Was genau soll der Roboter tun? Für welche Personengruppe ist er nicht geeignet? Gibt es Risiken? Dabei spielen auch ethische Fragen eine Rolle. Die Ergebnisse der Studie sollen im Herbst veröffentlicht werden.

Rudolf Stumberger


Senioren

Wie sich Krankenhäuser auf demente Patienten einstellen




Ergotherapeutin mit Patientin auf der Station "Rückenwind"
epd-bild/Kay Michalak
Was ist, wenn der Patient mit dem Beinbruch gleichzeitig demenzkrank ist? Oft ist das Klinikpersonal darauf nicht eingestellt. In Bremen gibt es spezielle Hilfen für demente Patienten: "Rückenwind" heißt die Station, und der Name ist Programm.

Bremen (epd). Es ist ruhig auf Station 83. Klingt unspektakulär, ist es aber nicht. Denn was in diesem speziellen Bereich des Akutkrankenhauses Bremen-Ost meistens normal ist, kann in anderen Kliniken Deutschlands oft nur unter großen Mühen hergestellt werden. Hier, auf der Station, die im Klinikum unter dem Namen „Rückenwind“ bekannt ist, ist Ruhe eine wichtige Voraussetzung in der Arbeit. Das multiprofessionelle Team konzentriert sich voll und ganz auf Menschen, die beispielsweise mit einem Knochenbruch oder einem Schlaganfall gekommen sind - und dazu unter Demenz leiden.

In den Akutkrankenhäusern des Landes Bremen ist es die einzige „demenzsensible Station“, wie sie von Fachleuten genannt wird. Auch bundesweit ist „Rückenwind“ eine Ausnahme. „Die meisten Krankenhäuser sind bisher nicht auf Menschen mit Demenz eingestellt“, weiß Susanna Saxl-Reisen, stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft in Berlin. Und das, obwohl schon jetzt etwa zwölf Prozent der über 60-jährigen Patientinnen und Patienten in Allgemeinkrankenhäusern von einer Demenzerkrankung betroffen seien.

Stationsname ist Programm

Menschen mit Demenz leiden unter Gedächtnis- und Orientierungsstörungen. Sie sind oft ängstlich, unsicher, unruhig und gelegentlich aggressiv. Das kann, was die Abläufe in einem Krankenhaus angeht, zum Systemsprenger werden. Und wirft Fragen auf: Denn was sagt man einem 86-Jährigen, der sich immer wieder verabschiedet und erklärt, er müsse jetzt nach Hause, da seine Mutter auf ihn wartet? Wie kann man den fast 90-jährigen Landwirt beruhigen, der nicht davon abzuhalten ist, die Kühe von der Weide zu holen? Was sagt man der 80-jährigen Frau, die immer wieder nach ihrem verstorbenen Ehemann fragt und die Kinder zur Schule bringen will?

„Für Menschen mit einer Demenzerkrankung oder einer kognitiven Einschränkung kann ein Aufenthalt im Krankenhaus mit der neuen Umgebung, immer neuen, fremden Menschen und der Unruhe sehr belastend sein“, sagt „Rückenwind“-Chefarzt Thomas Hilmer. Er hat zusammen mit der Pflegeleitung ein Konzept entwickelt, das darauf reagiert. Das Team wurde speziell geschult, es werden Beschäftigungen wie Bingo und Waffelbacken angeboten, hinzu kommen Biografiearbeit und angepasste Therapien auf der Station.

Insofern ist der Stationsname Programm. „Rückenwind“, mit 17 Betten meist ausgebucht, kümmert sich nach der akuten medizinischen Behandlung um die Frührehabilitation und hält auch enge Kontakte zu den Angehörigen. „Unser Ziel ist es, dass die Patientinnen und Patienten wieder zu größtmöglicher Selbstständigkeit kommen“, verdeutlicht Chefarzt Hilmer. Dabei helfe auch eine etwas bessere Personalausstattung für die Station: „Wir haben mehr Zeit.“

Bekannte Symbole

Selbst die Gestaltung folgt der Idee der demenzsensiblen Station: Maritime Symbole wie Fisch, Anker, Möwe und Segelschiff geben Orientierung. „Die kennen unsere Patienten noch aus alten Zeiten, damit können sie etwas anfangen“, sagt Bereichspflegeleiter Uwe Kaemena. An der Wand hängen großformatige Fotos mit Motiven bekannter Bremer Gebäude, die Erinnerungen aktivieren: Rathaus, Roland, Dom. Das Oberlicht passt sich durch eine intelligente Schaltung in Farbtemperatur und Intensität der jeweiligen Tageszeit an, um den Tag-Nacht-Rhythmus der Patienten zu unterstützen.

„Das Wichtigste spielt sich aber in den Köpfen der Mitarbeitenden ab“, betont Thomas Hilmer. Und Uwe Kaemena bestätigt: „Die Leute, die hier arbeiten, haben sich alle bewusst dafür entschieden.“ Sie hätten es gelernt, mit herausfordernden Situationen umzugehen. „Da haben wir eine relativ lange Zündschnur, wir ziehen alle an einem Strang.“

Das wird auch in der Dienstbesprechung deutlich, an der Kolleginnen und Kollegen aus Medizin, Therapie, Pflege und Sozialdienst teilnehmen. Akribisch wird nicht nur über Genesung, Therapieerfolge und -rückschläge, fehlende Krankheitseinsicht und Medikamentengabe gesprochen, sondern auch über die Situation nach der Entlassung: Wie steht es um die Selbstständigkeit? Geht das, Wohnung im vierten Stock? Braucht es eine Kurzzeitpflege? Wer hat eine Vorsorge-Vollmacht? Essensversorgung? Pflegedienst? Kümmern sich die Nachbarn? Selten wird in Akutkrankenhäusern so sehr bis ins Detail die Situation der Patientinnen und Patienten bedacht.

Nur wenige demenzsensible Kliniken

Auch in anderen Städten wie etwa in Berlin, Neumarkt in der Oberpfalz, Gütersloh, Hannover und Leer gibt es Krankenhäuser, die sich auf Patienten mit Demenz einstellen. Doch es sind noch wenige. Niedersachsen hat als erstes Bundesland festgeschrieben, dass jedes seiner Krankenhäuser einen Demenzbeauftragten haben muss. „Ich halte das für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, meint Demenz-Expertin Susanna Saxl-Reisen.

Ein Lichtblick also, aber es müsste mehr passieren. So sehr Ruhe für die Arbeit auf Station 83 wichtig ist, beim Ausbau der demenzsensiblen Versorgung in Akutkrankenhäusern in Deutschland wäre mehr Geschwindigkeit gut, sagt Thomas Hilmer. Das gelte auch für Bremen: „Wir können hier noch so eine Station gebrauchen.“



Senioren

Wo es gut läuft - Kliniken mit Vorbildcharakter



Bremen (epd). Die meisten Akutkrankenhäuser in Deutschland sind bisher nicht auf Menschen mit Demenz eingestellt. Der Nachholbedarf ist groß. Die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft nennt einige Kliniken mit Vorbildcharakter. Fünf Beispiele:

  • NEUMARKT: Nach Narkose und Operation kann ein sogenanntes Delir auftreten: eine akut auftretende Verwirrtheit. Deshalb setzt das Klinikum Neumarkt in der Oberpfalz Begleitpersonen ein, die die Patienten vor und nach einer Operation betreuen.
  • BERLIN: Bereits seit 2014 bildet das Evangelische Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge „Pflegeexperten Demenz“ für die Stationen aus. Außerdem gibt es eine „Delir-Pocket-Card“ mit zentralen Informationen für alle Mitarbeitenden, die Kontakt zu Patienten haben.
  • GÜTERSLOH: Am Klinikum Gütersloh gibt es ein „Nachtcafé“ für Patienten mit Demenz. Zudem unterstützen ehrenamtliche Patientenbegleiter und ein „Demenz-Koordinator“ Patienten und Personal. Mit Ärzten und Pflegenden spricht der Koordinator über Maßnahmen wie Medikation oder Essensbegleitungen.
  • HANNOVER: Das Diakovere-„Friederikenstift“ hat eine „Gute Stube“ eingerichtet, ein Tages- und Aufenthaltsraum, der als ruhiger und geschützter Ort zur Begleitung von Menschen mit Demenz während des Krankenhausaufenthaltes dient. Der Raum ist im Stil der 1950er Jahre gehalten. Außerdem gibt es im Klinikverbund ehrenamtliche Demenzlotsen, Klinik-Clowns, Alltagsbegleiter und Sitzwachen in der Nacht.
  • LEER: Im Borromäus-Hospital nehmen Demenzbeauftragte konkreten Einfluss, um die Abläufe im Krankenhaus auf demenzkranke Patienten anzupassen. Motivtapeten, die neben den Zimmertüren angebracht werden, sind ein solches Beispiel. Es gibt Aktivierungsboxen mit Bildern, Alben, Karten und Fühlmaterial und sogenannte Nesteldecken, an denen die oft unruhigen Hände der Patienten Beschäftigung finden.


Senioren

Demenz



Bremen (epd). Bundesweit sind nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft etwa 1,8 Millionen Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen (Stand: 2022). Die meisten sind 85 Jahre und älter. Da der Anteil der alten Menschen in der Gesellschaft steigt, rechnen Experten damit, dass die Zahl der Demenzerkrankten in Deutschland auf 2,4 bis 2,8 Millionen wächst. Das gilt, sofern es keinen Durchbruch in der Therapie gibt.

Demenz ist ein Oberbegriff für viele unterschiedliche Krankheitsformen. Es verschlechtern sich die Gedächtnisleistung, das Denkvermögen und die Urteilsfähigkeit. Mit fortschreitender Krankheit erkennen die Betroffenen ihre Angehörigen nicht mehr und verlernen Alltagskompetenzen wie Laufen oder Essen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen leiden an Alzheimer, der häufigsten Form der Demenz.

Bisher ist Demenz unheilbar. Aktivierungen der Patienten sowie Medikamente und Therapien können das Fortschreiten begrenzt aufhalten und die Situation der Patienten verbessern. In diesem Zusammenhang ist ein neues Medikament aus den USA mit dem Wirkstoff Lecanemab im Gespräch. Grundsätzlich gilt: Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser lassen sich die Auswirkungen behandeln.



Pflege

Studie zu Hitzebelastung Beschäftigter in der ambulanten Pflege



Hitzeschutz ist auch in ambulanten Pflegediensten ein Thema, unter Hitze leiden Patienten und Beschäftigte. Eine Studie zeigt, dass der Stand der Umsetzung von Schutzmaßnahmen in den verschiedenen Betrieben sehr unterschiedlich ist.

Berlin (epd). Nur wenige ambulante Pflegedienste sind einer Studie zufolge in regionale Hitzeschutznetzwerke eingebunden. Nur fünf Prozent der befragten Pflegedienste in einer am 18. Juli in Berlin veröffentlichten Untersuchung des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) gaben an, Teil eines solchen Netzwerks zu sein. Hingegen hatten 47 Prozent der Pflegedienste interne Hitzereaktionspläne. Für die Studie hatte das ZQP bundesweit 1.000 Leitungskräfte und Qualitätsbeauftragte ambulanter Dienste zu ihren Erfahrungen und zum Umgang mit Hitzeereignissen in den Diensten im Sommer des zurückliegenden Jahres befragt.

Hitzebedingte Gesundheitsprobleme sehen der Studie zufolge viele Pflegedienste als ernstes Problem. Knapp ein Drittel (32 Prozent) gab danach an, dass ihre Kolleginnen und Kollegen bei Hitzewellen sehr oft oder oft körperlich erschöpft seien und dieses Phänomen zunehme. Ähnliches gelte für geistige Erschöpfung (26 Prozent). Dies könne nicht nur die Arbeitsbedingungen verschlechtern, sondern auch gravierende Auswirkungen auf die Sicherheit der pflegerisch versorgten Menschen haben, warnte das ZQP. Ein Fünftel (20 Prozent) der Leitungskräfte und Qualitätsbeauftragten bekundeten in der Studie, dass bei der Arbeit unter Hitze mehr Fehler in ihrem Dienst aufträten.

Schutz fällt unterschiedlich aus

44 Prozent der Befragten schätzen, dass es in den drei Monaten vor der Befragung in ihrer Region oft oder sehr oft so heiß war, dass damit ein gesundheitliches Risiko für die von ihnen versorgten pflegebedürftigen Menschen verbunden gewesen ist. Mehr als die Hälfte der Pflegedienste habe in dieser Zeit mindestens eine Hitzewelle bewältigen müssen.

Zwar haben der Studie zufolge mehr als 90 Prozent aller Pflegedienste bereits einzelne empfohlene Hitzeschutzmaßnahmen umgesetzt. Welche dieser Maßnahmen das waren, ist allerdings stark unterschiedlich. So gaben 55 Prozent der Befragten an, in ihrem Pflegedienst seien noch keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zum Thema Hitzeschutzmaßnahmen geschult worden. 28 Prozent sagten, bei ihnen im Betrieb werde nicht geprüft, ob Klientinnen und Klienten zu einer Risikogruppe für hitzebedingte Gesundheitsprobleme gehören.

Der ZQP-Vorstandsvorsitzende Ralf Suhr sagte, alle Dienste müssen sich kümmern und dabei unterstützt werden, zentrale Maßnahmen wie die Erarbeitung eines Hitzeschutzplans oder Mitarbeiterschulungen zum Thema Hitze umzusetzen. Während Hitzewellen könne die Arbeitsbelastung in der Pflege beträchtlich erhöht sein. „Dabei kommen zwei maßgebliche Faktoren zusammen“, erläuterte Suhr: „Zum einen wirkt sich Hitze naturgemäß auf die Leistungsfähigkeit der Pflegenden selbst aus und zum anderen steigt oftmals der Informations- und Versorgungsaufwand bei den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen. Das bedeutet für die Pflegenden, sie müssen unter den erschwerten Bedingungen zum Teil über Tage mehr Leistung unter Zeitdruck erbringen.“

Zentrale Aufgaben im Bereich des Wohnens

Es gebe noch weitere dringende Aufgaben dabei, um ältere hilfebedürftige Menschen besser vor den Einwirkungen von Sonne und Hitze zu schützen, erklärte Suhr. Eine zentrale Aufgabe sehe er im Bereich des Wohnraums und insbesondere im Wohnumfeld: „Ein wichtiger Aspekt für Prävention und Gesundheitsförderung ist, dass das eigene Zuhause und das umgebende Quartier die Möglichkeiten für eine weitestgehend selbstständige Lebensführung sowie für soziale Teilhabe von älteren pflegebedürftigen Menschen erhöht - und vor allem nicht senkt.“ So seien zum Beispiel wirksame Verschattungsmöglichkeiten von Wohnungen, schattige Vorplätze und beschattete Sitzgelegenheiten im Umfeld der Seniorinnen und Senioren relevante Beiträge zu entsprechend pflegefreundlichen Lebensorten.



Pflege

33.600 Personen schließen erstmals neue Pflegeausbildung ab




Ausbildung in der Pflege
epd-bild/Jürgen Blume
Die generalistische Pflegeausbildung zieht junge Menschen an. Aber nur eine Minderheit entscheidet sich in der Ausbildung für eine Spezialisierung, etwa auf die Altenpflege. Der Arbeitgeberverband Pflege warnt vor einem Notstand.

Wiesbaden, Berlin (epd). Verbände sehen in steigenden Zahlen für die generalistische Pflegeausbildung die Attraktivität des Berufsbilds bestätigt. Das Pflegefachpersonal sei mit dem generalisierten Abschluss für den Einsatz in allen Settings qualifiziert, sagte die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), Vera Lux, am 24. Juli dem Evangelischen Pressedienst (epd). Für qualifiziertes Personal in der Langzeitpflege sei kein separater Abschluss nötig. Entscheidend seien jetzt gute Praxisanleitungen in den Einrichtungen, um die Einsatzorte attraktiv zu machen und die jungen Pflegefachpersonen auf ihre Spezialisierung vorzubereiten.

„Demografie-Dilemma“

Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) hob hervor, dass der Pflegeberuf mittlerweile eine „Top-Ausbildungsvergütung, überdurchschnittliche Gehälter und eine Job-Garantie“ biete. Aber auch dies könne die Altenpflege nicht aus ihrem „Demografie-Dilemma“ befreien, erklärte AGVP-Präsident Thomas Greiner. Künftig müssten mehr Menschen gepflegt werden, Pflegefachpersonal scheide jedoch altersbedingt aus dem Beruf aus. Die nachkommenden Ausbildungs-Jahrgänge könnten diese Lücke nicht füllen.

Das Statistische Bundesamt hatte am 24. Juli mitgeteilt, dass im vergangenen Jahr rund 33.600 Menschen erstmals nach ihrer Reform die neue Pflegeausbildung abgeschlossen haben. Nahezu alle entschieden sich demnach für einen generalistischen Abschluss. Nur 300 Auszubildende spezialisierten sich im letzten Jahr ihrer Ausbildung auf die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, lediglich 100 auf die Altenpflege.

Der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, beklagte, die Altenpflege sei „der große Verlierer der Generalistik“. Die Zusammenlegung von Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflegeausbildugn sei ein „Irrweg“ und müsse überprüft werden.

Hingegen sagte der Pflegewissenschaftler Sascha Köpke, der das Institut für Pflegewissenschaft an der Universität zu Köln leitet, dem epd, die Zahl der Absolventen mit Spezialisierung zur Altenpflege sei zwar beeindruckend niedrig: „Da hätte man sich andere Zahlen gewünscht.“ Dennoch stelle dies die generalistische Ausbildung nicht infrage. „Denn auch generalisiert Ausgebildete können in der Altenpflege tätig sein“, sagte der Professor für Klinische Pflege.

Drei Viertel Frauen

Laut Statistischem Bundesamt absolvierten über alle Jahrgänge hinweg zum Jahresende 2023 rund 146.900 Personen eine Ausbildung zur Pflegekraft, 75 Prozent davon Frauen. Allein im Jahrgang 2023 begannen 54.400 Personen die Ausbildung. „Der bisherige Höchstwert von 56.300 Neuverträgen aus dem Jahr 2021 konnte allerdings nicht erreicht werden“, hieß es.

Kernpunkt der 2017 auf den Weg gebrachten Ausbildungsreform ist eine Zusammenführung aller Pflegeberufe sowie eine Ausbildungsvergütung. Der erste Jahrgang startete 2020. Die Ausbildung dauert drei Jahre, im letzten Ausbildungsjahr können sich die angehenden Pflegefachkräfte spezialisieren.



Behinderung

Broschüre "BestimmtSelbst" erleichtert rechtliche Betreuung



Berlin (epd). Mit einer neuen Broschüre will die Lebenshilfe Menschen mit Behinderung bei der Entscheidungsfindung in der rechtlichen Betreuung unterstützen. Wie es in einer Mitteilung heißt, hat der Lebenshilfe-Verlag in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Verein Leben mit Behinderung Hamburg die Broschüre „BestimmtSelbst - Eine Arbeitshilfe zur Unterstützten Entscheidungsfindung in der rechtlichen Betreuung“ publiziert. Die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung zu stärken und ihre Wünsche in den Vordergrund zu rücken, sei das Ziel der Schrift, hieß es.

Gesetz stärkt Wünsche der betreuten Personen

Mit der Reform des Betreuungsrechts 2023 hat der Gesetzgeber herausgestellt, dass der Wille der betreuten Person immer höchsten Stellenwert hat. Doch rechtliche Betreuerinnen und Betreuer stehen oft vor der Herausforderung, die Wünsche der von ihnen betreuten Menschen herauszufinden, denn bislang gab es dazu wenig Hilfsmittel. Die jetzt erschienene Schrift schließe diese Lücke: Sie biete einfache Texte und Fragen, die Betreute dabei unterstützen, ihre Wünsche klarer auszudrücken.

Es geht um Verträge, Geld, Gesundheit oder die eigene Wohnung. Durch einfache Sprache und Bilder aus dem Alltag erleichtert die Broschüre den Angaben nach das Gespräch zwischen Betreuer und betreuter Person und hilft, die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung besser zu verstehen und ihre Wünsche umzusetzen.

Die Arbeitshilfe sei auch für sozialpädagogische Fachdienste und Betreuungsbehörden geeignet. Bedarfe können einfacher und eindeutiger ermittelt werden, was der betreuten Person mehr Selbstbestimmung ermöglicht, so die Lebenshilfe. Gefördert durch die Heinrich-Leszczynski-Stiftung ist die 44-seitige DIN 4-Broschüre ab sofort für 9 Euro plus Versandkosten erhältlich. Weitere Informationen zur Bestellung gibt es im Shop des Lebenshilfe-Verlags oder unter Telefon 06421/491-123.




sozial-Recht

Finanzgericht

Unfruchtbare Paare durch Adoption nicht "geheilt"




Justitia
epd-bild/Heike Lyding
Paare mit unerfülltem Kinderwunsch können mit einer Adoption doch noch zum Kind kommen. Die Adoptionskosten stellen aber trotz bestehender Unfruchtbarkeit des Paares keine steuermindernden außergewöhnlichen Belastungen dar, entschied das Finanzgericht Münster.

Münster (epd). Für unfruchtbare Paare ist die Auslandsadoption eines Kinds nicht mit einer Heilbehandlung vergleichbar. Die Adoptionskosten könnten daher nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden, entschied das Finanzgericht Münster in einem am 16. Juli bekannt gegebenen Urteil. Denn die Annahme eines Kinds stelle keine Zwangslage dar, sondern beruhe auf einer freiwilligen Entscheidung, so die Münsteraner Richter, die allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) in München zuließen.

Im konkreten Fall ist die Klägerin an einer Endometriose, einer chronisch verlaufenden gutartigen Wucherung an der Gebärmutter, erkrankt. Bei dem klagenden Ehemann ist die Befruchtungsfähigkeit der Spermien eingeschränkt. Da sie ihren Kinderwunsch nicht auf natürliche Weise erfüllen konnten, versuchten sie es mit einer künstlichen Befruchtung - ohne Erfolg.

Steuerminderung abgelehnt

Daraufhin adoptierte das Paar im Jahr 2022 zwei im Ausland geborene Mädchen im Alter von vier und fünf Jahren. Für die Adoption fielen zahlreiche Kosten an, etwa für die Versorgung und Betreuung der Kinder im Kinderheim, die medizinische Versorgung sowie für Anwalts- und Behördenkosten. Die im Jahr 2021 angefallenen Kosten machte das Paar in seiner Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend.

Das Finanzamt lehnte die Steuerminderung ab. Außergewöhnliche Belastungen müssten „zwangsläufig“ entstehen, begründete es. Der BFH habe bereits am 10. März 2015 entschieden, dass eine Auslandsadoption freiwillig erfolge und der privaten Lebensführung zuzuordnen sei. Auch bei unfruchtbaren Paaren seien die Adoptionskosten keine absetzbaren „Krankheitskosten“, so damals die obersten Finanzrichter.

Das klagende Paar verwies auf eine inzwischen geänderte Rechtslage. So sei nicht nur das Adoptionshilfegesetz ab April 2021 in Kraft getreten, sondern auch der BFH habe am 5. Oktober 2017 anerkannt, dass der unerfüllte Kinderwunsch eine künstliche Befruchtung rechtfertige und zu einer außergewöhnlichen Belastung führe. Warum dann die künstliche Befruchtung als zwangsläufig anzusehen sei und deren Kosten abgesetzt werden könnten, eine Adoption nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung aber nicht, sei widersprüchlich.

Nicht mit Menschenwürde vereinbar

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwar könnten Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Auch könne die Empfängnisunfähigkeit einer Frau als Krankheit angesehen werden, so dass Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität anerkannt würden. Dies sei jedoch nicht mit den Kosten einer Auslandsadoption vergleichbar. Denn die Adoption sei nicht medizinisch notwendig. „Der Entschluss zur Adoption beruht nicht auf einer Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung, ein Kind anzunehmen“, so das Finanzgericht. Eine Gleichstellung der Adoption mit einer medizinisch indizierten Heilbehandlung würde das Kind zum bloßen Objekt herabwürdigen. Dies sei mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde nicht vereinbar.

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen vom 3. März 2020 kann auch der Abbruch eines laufenden Adoptionsverfahrens mit hohen Kosten verbunden sein. Dies gilt dann, wenn ein Paar ein Kind im Rahmen der sogenannten Adoptionspflegezeit aufgenommen hat. Diese folgt nach der Eignungsprüfung der Eltern. In der bis zu einem Jahr dauernden Adoptionspflegezeit soll das Eltern-Kind-Verhältnis wachsen. Verläuft diese Zeit gut, kann beim Familiengericht die Adoption beantragt werden.

Im Streitfall hatte ein Ehepaar ein fünfjähriges Mädchen aus einem thailändischen Kinderheim für sechs Monate zur Adoptionspflege aufgenommen. Bereits bei der Übergabe des Kinds in Thailand war es zu „widerspenstigem Verhalten“ gekommen. In Deutschland war das Paar dann gänzlich überfordert. Es war zur Adoption nicht mehr bereit. Aus Kindswohlgründen wurde das Mädchen daraufhin in einer deutschen Einrichtung untergebracht. Die Kosten für den Lebensunterhalt und die Unterbringung des Kinds in Höhe von über 38.000 Euro sollte nun das Paar tragen.

Erklärung verpflichtet zur Zahlung

Zu Recht, befand das OVG. Das Paar habe die vorgeschriebene, vom Jugendamt zu beurkundende Erklärung abgegeben, dass es bei einem Scheitern der Adoption während der Zeit der Adoptionspflege für sämtliche Lebensunterhaltskosten einschließlich der Unterkunft, der Ausbildung und der Versorgung im Krankheits- und Pflegefall für einen Zeitraum von sechs Jahren aufkommen müsse. Die insgesamt möglicherweise existenzgefährdende Höhe der Erstattungsbeiträge stehe der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung nicht entgegen.

Az.: 14 K 1085/23 E (Finanzgericht Münster)

Az.: VI R 60/11 (Bundesfinanzhof zu Auslandsadoption)

Az.: VI R 2/17 (Bundesfinanzhof zu künstlicher Befruchtung)

Az.: 12 A 1353/17 (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen)

Frank Leth


Bundesgerichtshof

Wohnungseigentümer muss Prozessgemeinschaftskosten mittragen



Karlsruhe (epd). Klagt ein Wohnungseigentümer gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft und bekommt recht, muss er sich dennoch an den gemeinschaftlichen Prozesskosten beteiligen. Denn nach der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer müssen die Verwaltungskosten inklusive der Kosten für einen Rechtsstreit anteilig auf alle umgelegt werden, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 19. Juli.

Im konkreten Fall ging es um acht Wohnungseigentümer in einem Haus in Rostock. Drei der acht Eigentümer waren mit einem Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einverstanden und fochten sie vor Gericht an. Die drei Kläger bekamen recht. Die Kosten des Rechtsstreits sollte die Wohnungseigentümergemeinschaft tragen.

Klage nicht gegen einzelne Eigentümer

Diese beschloss, dass sich alle an den Prozesskosten beteiligen müssen. Die Gemeinschaftsordnung sah eine Umlage der Verwaltungskosten auf alle Wohnungseigentümer vor. Jeder sollte daher 799 Euro in Form einer Sonderumlage zahlen - auch die drei klagenden Eigentümer, die den Rechtsstreit gewonnen hatten.

Dies sei rechtmäßig, entschied der BGH. Er verwies dabei auf die seit Dezember 2020 geltende gesetzliche Neuregelung, wonach Klagen gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gegen die übrigen Eigentümer, sondern nur gegen die Eigentümergemeinschaft als Ganzes gerichtet werden müssen.

Bei den Kosten des Rechtsstreits handele es sich um Verwaltungskosten der Eigentümergemeinschaft. Diese seien nach der Gemeinschaftsordnung auf alle Eigentümer nach dem geltenden Verteilungsschlüssel umzulegen. Dies entspreche dem Grundsatz der „ordnungsmäßigen Verwaltung“.

Az.: V ZR 139/23



Bundesverwaltungsgericht

Gleichstellungsbeauftragte muss sich bei eigener Bewerbung zurückhalten



Leipzig (epd). Eine Gleichstellungsbeauftragte darf bei einer eigenen Bewerbung auf eine Stelle nicht am gesetzlich vorgeschriebenen Auswahlverfahren der Bewerberinnen und Bewerber mitwirken. Denn hier gilt der Rechtsgrundsatz in der Verwaltung, dass „ein Amtswalter von Rechts wegen von einem amtlichen Tätigwerden ausgeschlossen (ist), wenn er in der Angelegenheit in einem formellen Sinne etwa als Antragsteller oder Bewerber selbst beteiligt ist“, urteilte am 18. Juli das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Die klagende Gleichstellungsbeauftragte eines Berliner Jobcenters hatte sich auf mehrere ausgeschriebene Stellen in der Behörde beworben. Dabei wollte sie an der Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber beteiligt werden. Dies sei ihr Recht als Gleichstellungsbeauftragte. Der Geschäftsführer des Jobcenters lehnte dies ab, da die Frau sich auf die ausgeschriebenen Stellen selbst beworben hatte und damit der Eindruck entstehe, dass sie bei der Ausübung ihres Amts parteiisch sei. Ihre Stellvertreterin sollte am Auswahlverfahren teilnehmen.

Keine ausdrückliche Regelung

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dieses Vorgehen. Zwar gebe es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die den Ausschluss einer Gleichstellungsbeauftragten regele, wenn ihre eigenen persönlichen Interessen durch ihre Bewerbung berührt werden. Es entspreche aber dem für die staatliche Verwaltung geltenden Rechtsgrundsatz, „dass Amtswalter oder sonst in die Wahrnehmung des staatlichen Amtsauftrags einbezogene Personen schlechthin nicht in Angelegenheiten mitwirken sollen, deren Gegenstand sie selbst betrifft“, erklärten die obersten Verwaltungsrichter. Dieser Rechtsgrundsatz sei auch verfassungsrechtlich verankert und gelte auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung.

Für den Ausschluss der Gleichstellungsbeauftragten vom Auswahlverfahren reiche es aus, wenn die „tatsächliche Möglichkeit“ bestehe, die Entscheidung der Verwaltung oder auch nur den Verfahrensablauf zu beeinflussen. Sie müsse als Amtswalterin objektiv und neutral Beschäftigte vor Benachteiligungen wegen ihres Geschlechts schützen. Es wäre damit aber unvereinbar, wenn der Eindruck entstünde, dass die Gleichstellungsbeauftragte aus persönlichen Interessen ihre Tätigkeit beeinflussen könnte.

Az.: 5 C 14.22



Landessozialgericht

Elterngeld für Ausländer aus Drittstaaten eingeschränkt



Stuttgart (epd). Ohne Erlaubnis zur Arbeit haben Ausländer aus Drittstaaten mit ihrem erstmaligen Antrag auf einen Aufenthaltstitel zunächst keinen Anspruch auf Elterngeld. Es sei zulässig, den Anspruch auf Elterngeld davon abhängig zu machen, dass der Ausländer erwerbstätig ist und er sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten wird, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 16. Juli veröffentlichten Urteil.

Geklagt hatte eine Mutter aus Albanien. Als sie erstmals einen Aufenthaltstitel beantragt hatte, erhielt sie zunächst eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Diese erlaubte ihr vorläufig den Aufenthalt in Deutschland. Einer Arbeit durfte sie aber nicht nachgehen. Als sie für ihre 2021 geborene Tochter Elterngeld beantragt hatte, lehnte die Elterngeldstelle dies ab.

Elterngeld nur bei Niederlassungserlaubnis

Zu Recht, befand das LSG. Nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerinnen und Ausländer könnten Elterngeld erhalten, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis, eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Monaten berechtigt. Auch bei Vorliegen einer Fiktionsbescheinigung könne ein Elterngeldanspruch bestehen. Voraussetzung sei aber, dass der Ausländer bereits zuvor einen Aufenthaltstitel besessen und rechtzeitig vor dessen Ablauf eine Verlängerung beantragt habe. In diesem Fall gelte der bisherige Aufenthaltstitel einschließlich der Arbeitserlaubnis als fortbestehend.

Hier habe die Klägerin aber erstmals einen Aufenthaltstitel beantragt. Die bis zur Entscheidung ausgestellte Fiktionsbescheinigung bescheinigte ihr nur vorläufig den rechtmäßigen Aufenthalt, nicht aber die Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Der Gesetzgeber habe in solch einem Fall das Elterngeld ausschließen dürfen. Denn das Elterngeld solle insbesondere Eltern fördern, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten des Kindes unterbrechen oder reduzieren.

Zudem habe der Gesetzgeber mit dem Elterngeld eine „nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fördern“ wollen. Es sei daher ein legitimer Zweck, die Leistung nur solchen, aus Drittstaaten stammenden Eltern zu gewähren, die sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten werden. Bei der Klägerin sei dies aber noch ungewiss.

Az.: L 11 EG 3069/23



Verwaltungsgericht

Gericht bezeichnet Unterkunft für Obdachlose als nicht menschenwürdig



Frankfurt a.M. (epd). Die Stadt Hattersheim ist dazu verpflichtet, einen Obdachlosen in einer Unterkunft mit einem Mindestmaß an Küchen- und Sanitärausstattung unterzubringen. Das hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main entschieden. Hintergrund ist der Eilantrag eines Obdachlosen auf Einweisung in eine menschenwürdige Unterkunft, dem stattgegeben wurde, wie das Gericht am 16. Juli mitteilte. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

Demnach ist der Antragsteller seit Räumung seiner Wohnung obdachlos. Mit einer Verfügung der Stadt Hattersheim sei er an eine Obdachlosenunterkunft verwiesen worden. Für deren Nutzung verlange die Stadt monatlich 400 Euro von dem Obdachlosen.

Nach Angaben des Gerichts wird die Unterkunft mit drei verfügbaren Zimmern aktuell von sieben Männern bewohnt. Daneben stünden Toiletten mit Waschbecken und eine Waschküche zur Verfügung. Das obere Geschoss des zweistöckigen Gebäudes würde seit einem Brandschaden vom Anfang vergangenen Jahres nicht mehr genutzt. Duschen könnten sich die Bewohner in einem im Hof aufgestellten Container, so das Gericht.

Wegen des Brandschadens existiere aber keine Küche, die Bewohner erwärmten ihre Speisen deshalb in ihren Zimmern. Dagegen wendete sich der Antragsteller, demzufolge das ihm angebotene Zimmer stark verschmutzt, vermüllt und übelriechend sei. Laut Verwaltungsgericht sei die Notunterkunft nicht menschenwürdig. Es bemängelte die Küchen-Situation und äußerte Zweifel an der Berechtigung der Stadt, für die Unterkunft eine Nutzungsgebühr zu verlangen, jedenfalls sei das Entgelt in Höhe von 400 Euro „unangemessen“.

Az: 8 L 2051/24.F




sozial-Köpfe

Krankenhäuser

Alexianer-Chef Andreas Barthold geht in den Ruhestand




Andreas Barthold
epd-bild/Alexianer
Am Jahresende geht Andreas Barthold, Sprecher der Hauptgeschäftsführung der Alexianer GmbH, nach 36 Jahren im Dienst des Unternehmens auf eigenen Wunsch in den Ruhestand.

Münster (epd). Andreas Barthold, der Chef der katholischen Alexianer-Holding, tritt am 31. Dezember in den Ruhestand. Unter seiner Führung habe sich das Unternehmen zu einem der größten konfessionellen Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft entwickelt, heißt es in einer Mitteilung. Barthold, der 1989 zu den Alexianern kam, wird ab dem 1. Januar 2025 beratend für den Träger tätig sein.

Die Nachfolge als Sprecher der Hauptgeschäftsführung tritt Christian von Klitzing an. Zusammen mit Erika Tertilt und Sascha John wird er die neue dreiköpfige Hauptgeschäftsführung bilden.

Barthold ist Diplom-Kaufmann und Diplom-Gesundheitswissenschaftler. Er übernahm verschiedene Führungsaufgaben in der Gruppe. Seit 2000 ist Barthold in der Geschäftsführung der Trägergesellschaft des Alexianer-Verbundes tätig. Neben finanz- und betriebswirtschaftlichen Themen verantwortet Barthold in der Hauptgeschäftsführung auch die Bereiche Christliche Ethik, Leitbild und Spiritualität. Als Sprecher der Hauptgeschäftsführung ist er zudem für die Kommunikation gegenüber der Gesellschafterversammlung zuständig.

Würdigung des Engagements

Hartmut Beiker, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums der Alexianerbrüder, würdigt Bartholds Engagement: „Seine strategische Weitsicht und seine hohe Empathie haben uns Alexianer maßgeblich geprägt.“ Norbert Lenke, Aufsichtsratsvorsitzender, ergänzt: „Ohne Andreas Barthold wäre das Unternehmen nicht dort, wo es heute ist. Als Aufsichtsratsvorsitzender schaue daher auch ich auf eine erfüllende gemeinsame Zeit zurück.“

Die Alexianer-Gruppe ist bundesweit in vier Verbünden, acht Bistümern und sechs Bundesländern tätig. Die Alexianer beschäftigen derzeit 32.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreiben somatische und psychiatrische Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren sowie Einrichtungen der Senioren-, Eingliederungs- und Jugendhilfe. 2023 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro.



Weitere Personalien



Ulrich Pohl übernimmt den Vorsitz im Deutschen Spendenrat. Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsorganisationen des Rats wählten den Vorstandsvorsitzenden der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel einstimmig an die Spitze des Dachverbands spendensammelnder Organisationen in Deutschland. Sein Vorgänger Wolfgang Stückemann, der den Deutschen Spendenrat seit 2010 geleitet hatte, wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

Winfried Randerath und Marc Deffland erweitern die Geschäftsführung der MVZ Bethanien gGmbH. Gemeinsam mit Kai Goetze bilden sie die Spitze der Tochtergesellschaft der Krankenhaus Bethanien gGmbH. Randerath ist seit mehr als mehr als 20 Jahren als Chefarzt und Ärztlicher Direktor im Lungenfachkrankenhaus der Diakonie Bethanien tätig. Er ist Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Umweltmedizin, Schlafmedizin, Infektiologie und Palliativmedizin. Unter seiner Führung entstanden in Solingen unter anderem das Lungenkrebszentrum der Uniklinik Köln Solingen (LuKS) und das wissenschaftliche Institut für Pneumologie der Universität zu Köln. Zudem erarbeitete er das vielbeachtete „Solinger Konzept“ für die schrittweise Entwöhnung von Beatmungsgeräten und entwickelte das Krankenhaus zum Lehrkrankenhaus der Universität zu Köln weiter. Deffland ist Betriebswirt, Wirtschaftspädagoge und Medizinwissenschaftler. Er ist seit 2011 Dozent an verschiedenen Hochschulen und seit 2014 beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg als Berater und Juror für Start-Ups tätig. Zudem ist er seit Juli 2020 Geschäftsführer des „Hotel Bethanien“ auf Langeoog, das er nach der Übernahme der Verantwortung innerhalb eines Jahres erfolgreich modernisiert, neu positioniert und wirtschaftlich zukunftsfähig aufgestellt hat.

Didem Laçin Karabulut und Krzysztof Blau bilden gemeinsam die neue Doppelspitze des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI). Mit Karabulut übernimmt zum ersten Mal in der Geschichte des Verbands eine Frau den Vorsitz. Sie stammt aus Bayern, Blau aus Sachsen-Anhalt. Die Delegierten der BZI-Mitgliedsverbänden wählten sie mit großer Mehrheit am 21. Juli. Der BZI ist ein bundesweiter Zusammenschluss von mehr als 400 kommunaler Integrations-, Migrations- und Ausländerbeiräte und deren Landesorganisationen. Er wurde 1998 unter dem Namen Bundesausländerbeirat gegründet.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis September



August

22.-29.8.:

Online-Kurs: „Methodenkoffer für gute Teamzusammenarbeit“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-23

27.8. Berlin:

Seminar-Auftakt „Agile Führung - Teams und Organisationen in die Selbstorganisation führen“

der Paritätischen Akademie Berlin

Tel.: 030/275828211

28.8. Münster:

Grundlagenseminar: „Pflegesatzverhandlungen in der stationären Altenhilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

30.8.:

Online-Seminar „Psychische Erkrankungen: Das Drama mit dem Trauma - Einführung in die Grundlagen von Traumatisierung und Traumafolgestörungen“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 01577/7692794

September

2.9.:

Online-Seminar „Kooperations- und Netzwerkarbeit in der Adoptionsvermittlung“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980424

4.9. Stuttgart:

Seminar „Vergütungssatzverhandlungen in der Eingliederungshilfe - Vorbereitung, Strategie und Verhandlungsführung“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-375

5.9.

Online-Sommerakademie: „Resilienz-Training für Führungskräfte“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-16

11.9.:

Online-Workshop „Mit Wertschätzung und Klarheit - Kommunikation für Führungskräfte“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-23

12.9. Erkner

Aktuelle Herausforderungen im Jobcenter - Kooperationsplan und Gesundheitsförderung - Eine Tagung für Leitungskräfte

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-424

16.-18.9.:

Online-Seminar „Digitalisierung in Organisationen aus Kirche, Diakonie und Sozialwirtschaft - Den digitalen Wandel durch eigene Kompetenz als Chance begreifen und aktiv gestalten“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0172/3012819

17.-19.9. Eisenach:

39. Bundesweite Streetworktagung: „Zeig Dich und sag was!“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0174/315 49 35

18.9.

Online-Seminar „Soziale Arbeit über Grenzen hinweg - offenes Beratungsangebot und Grundfragen der Zusammenarbeit mit dem Ausland“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-605

24.-25.9.:

Online-Seminar: „Sicher im Umgang mit dem Zuwendungs- und Vergaberecht Öffentliche Fördermittel korrekt verwalten und verausgaben“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/2001700