

Wiesbaden (epd). Rund 7,9 Millionen Menschen mit schwerer Behinderung haben zum Jahresende 2023 in Deutschland gelebt. Wie das Statistische Bundesamt am 19. Juli in Wiesbaden mitteilte, waren das rund 67.000 Personen oder 0,9 Prozent mehr als zum Jahresende 2021. Von der Gesamtbevölkerung hatte damit knapp jeder zehnte Mensch in Deutschland (9,3 Prozent) zum Jahresende 2023 eine schwere Behinderung. Knapp die Hälfte von ihnen ist zwischen 55 und 74 Jahre alt.
„Aktion Mensch“ sprach auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) von einem längerfristigen Trend: Der Anteil der Menschen mit Schwerbehinderung steige in Deutschland seit Jahren. Diese Entwicklung hat laut „Aktion Mensch“ und dem Sozialverband VdK demografische Gründe, hängt also mit der Alterung der Bevölkerung hierzulande zusammen.
„Hinzu kommt, dass Menschen mit Behinderung eine höhere Lebenserwartung als in früheren Zeiten aufweisen, bedingt etwa durch eine verbesserte medizinische Versorgung“, hob „Aktion Mensch“-Vorstand Armin von Buttlar hervor. Dass etwa jede zehnte Person in Deutschland mit einer Schwerbehinderung lebe, bringe „große gesellschaftliche Herausforderungen mit sich“. Beispiele seien „etwa der eklatante Mangel an Barrierefreiheit im öffentlichen Raum oder an barrierefreien Wohnungen, fehlendes Fachpersonal oder das Risiko der Altersarmut“.
VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärte ebenfalls auf epd-Anfrage, dass zunehmend mehr Menschen aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen als schwerbehindert anerkannt werden. Das könne unter anderem an mehr Stress zum Beispiel im Arbeitsleben liegen. Durch zu wenig Unterstützungsangebote könnten leichtere psychische Beeinträchtigungen zudem chronisch werden.
„Gleichzeitig werden psychische Krankheiten nicht mehr so tabuisiert“, sagte Bentele. „Sprich: Menschen trauen sich eher als früher, einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung zu stellen.“ Dies wertete die VdK-Chefin als „gute Entwicklung, damit die Menschen im Land die Unterstützung erhalten, die sie benötigen“.
Wichtig sei außerdem, „als Gesellschaft anzuerkennen, dass Menschen mit Behinderungen integraler Bestandteil dieser Gesellschaft sind. Zudem müssen diese Menschen stärker unterstützt und vom Rande der Gesellschaft weggeholt werden“: Die Politik müsse ihre Rechte stärken und die Inklusion in allen Lebensbereichen vorantreiben.
Als schwerbehindert gelten Personen, denen die Versorgungsämter einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent zuerkannt sowie einen gültigen Ausweis ausgehändigt haben. Die statistische Erhebung zur Zahl schwerbehinderter Menschen erfolgt zweijährlich zum Stichtag 31. Dezember. Ende vergangenen Jahres waren 50,1 Prozent der Schwerbehinderten Männer, 49,9 Prozent Frauen. 58 Prozent dieser Menschen hatten dauerhafte körperliche Beeinträchtigungen, 15 Prozent geistige oder seelische Behinderungen.
Behinderungen bestehen den Angaben des Bundesamts zufolge vergleichsweise selten seit der Geburt oder im Kindesalter, sondern entstehen meist erst im fortgeschrittenen Alter. Knapp 91 Prozent der schweren Behinderungen wurden von einer Krankheit verursacht, lediglich rund drei Prozent der Behinderungen waren angeboren oder traten im ersten Lebensjahr auf.