sozial-Editorial

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Markus Jantzer
epd-bild/Heike Lyding

geflüchtete Ukrainerinnen stehen bereit, um Jobs in Restaurants und Hotels zu übernehmen. Und das Gastgewerbe könnte die Arbeitskräfte dringend gebrauchen, leidet es doch gewaltig unter dem akuten Personalmangel in der Branche. Doch bürokratische Auflagen machen die Jobvermittlung von Ukrainerinnen schwer, wie die Münchner Hotel-Managerin Susanne Grill und die im Hotel untergebrachten Ukrainerinnen seit Wochen erleben müssen. Dabei hat der Gesetzgeber die Aufnahmebedingungen für Ukraine-Flüchtlinge verbessert. Amnesty fordert derweil eine Gleichbehandlung aller Geflüchteten, egal aus welchem Land sie kommen.

Eine Studie sieht Deutschland digital gespalten. Viele Menschen wünschten mehr Teilhabe an der Digitalisierung. Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa warnte in diesem Zusammenhang vor Altersdiskriminierung. Sie wies auch auf die Bedeutung der digitalen Bildung im Bereich der Wohlfahrtsverbände hin.

Wer wie Sascha Lutz und Carmen Kille in der Sozialberatung arbeitet, ist nahezu täglich mit den Folgen der hohen Inflation konfrontiert. „Da kommt eine Not auf“, sagt Lutz vom Diakonischen Werk Göppingen zur wachsenden Energiearmut. Der Hartz-IV-Satz für die Stromkosten sei nicht auskömmlich, vielen drohten deshalb Stromsperren. Auch Patricia Kokot vom Verein „LichtBlick Seniorenhilfe“, der Menschen in Altersarmut mit Geld unterstützt, bekommt immer mehr Anrufe verzweifelter Seniorinnen und Senioren.

Mittellosen Menschen steht in Deutschland eine würdige Bestattung zu. Sie darf allerdings einfach sein. Die Sozialhilfe muss keinen Grabstein finanzieren, wenn ein schlichtes Holzkreuz ortsüblich ist, urteilte das Landessozialgericht Stuttgart.

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Ihr Markus Jantzer




sozial-Politik

Zuwanderung

Arbeitswillige Ukraine-Geflüchtete stehen vor bürokratischen Hürden




Tetiana aus Odessa in der Ukraine serviert im Hotel das Frühstück.
epd-bild/Matthias Balk
Die Gastronomie- und Hotelbranche leidet unter enormem Personalmangel. Können hier die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eine Chance sein? Im Grunde ja, aber bürokratische Auflagen verlangsamen die Jobvermittlung.

München (epd). 6.30 Uhr im Hotel Cocoon. Diana Kysyl und ihre ukrainischen Kolleginnen bereiten das Frühstück für die hundert Hotelgäste vor. Die junge Frau ist eine von vielen, die aus der Ukraine geflohen sind. Susanne Grill, Projektmanagerin der Hotel-Gruppe, ist begeistert von der Einsatzbereitschaft der Neuankömmlinge. „Sie sind sehr fleißig und unfassbar engagiert. Bis jetzt haben wir ausschließlich positive Erfahrungen gemacht“, sagt Grill, die seit mehr als 15 Jahren in der Gastronomiebranche tätig ist.

Drei Monate Bearbeitungszeit

Mit den kommunalen Behörden ist sie jedoch unzufrieden. „Erst seit kurzem dürfen alle offiziell arbeiten. Aus den versprochenen zwei Wochen Bearbeitungszeit sind drei Monate geworden.“ Es sei eine Tortur mit stundenlangem Telefonieren und über 50 E-Mails an die Stadt München und das Sozialreferat, sagt sie. „Viele Geflüchtete wollen arbeiten, aber es scheitert an bürokratischen Hürden.“

Die sieben Cocoon-Hotels in München beschäftigen schon seit Jahren Menschen aus der Ukraine. Als der Krieg am 24. Februar ausbrach, durften die Angestellten ihre Familien nachziehen lassen. Bald folgten Freunde und Bekannte. Nun sind es über 50, hauptsächlich Frauen und Kinder. „Wir wollen helfen“, sagt Grill, „aber es wird uns unheimlich schwer gemacht.“

Die Flüchtlinge sind zurzeit im Hotel untergebracht. Zu stemmen sei das nur mit ehrenamtlichem Engagement und Spenden. Das Sozialreferat der Stadt München teilte auf Anfrage mit: „Grundsätzlich können Geflüchtete aus der Ukraine selbst entscheiden, ob sie im Hotel bleiben oder in eine unserer Unterkünfte ziehen wollen.“ Allerdings sei die Erstattung der Wohnkosten begrenzt.

Enormer psychischer Druck

Fehlende Sprachkenntnisse bereiten Probleme. „Alle Deutschkurse waren ausgebucht. Wir konnten keinen Dolmetscher finden, zum Glück ist eine Bekannte eingesprungen“, erzählt Grill. Auch die Tatsache, dass bereits Ukrainer in dem Hotel gearbeitet haben, die Übersetzungsarbeit leisten konnten, war von Vorteil.

„Der jüngste Flüchtling war bei seiner Ankunft einen Monat alt. Nun hat er seinen Vater seit einem Vierteljahr nicht gesehen. Die Frauen sorgen sich um ihre Männer, die sich im Krieg befinden“, berichtet Grill. Die Geflüchteten stehen unter enormem psychischen Druck und leiden unter posttraumatischer Belastung.

Umso wichtiger sind geregelte Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Doch die Barrieren für den Eintritt in den deutschen Arbeitsmarkt sind hoch. Um als Geflüchteter erwerbstätig zu werden, braucht es eine Aufenthaltserlaubnis. Laut Bundesagentur für Arbeit ist der Weg dorthin kompliziert und braucht Zeit.

Claudia Moravek, Leiterin des Arbeitsbereichs „Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen“ im Bundesinstitut für Berufsbildung sagt: „Als Köchin oder Fachkraft im Gastronomiegewerbe ist die Anerkennung nicht zwingend notwendig, da diese Berufe in Deutschland nicht reglementiert sind. Somit können aus der Ukraine Geflüchtete, die bereits in Deutschland leben, sich unmittelbar auf freie Stellen in der Gastronomie bewerben.“

„Eine Chance für den deutschen Arbeitsmarkt“

Doch in der Praxis ist das nicht so einfach. Jeder Ausländer brauche eine sogenannte Fiktionsbescheinigung, mit der das Bestehen eines vorläufigen Aufenthaltsrechts nachgewiesen wird. Die Stadt München sei mit den Tausenden Flüchtlingen überfordert gewesen. „Wir müssen uns an die Vorgaben halten. Das hat bei so vielen Menschen eben gedauert“, erklärt die Pressestelle der Stadt.

In der Gastronomie und Hotelbranche ist der Personalmangel groß. Julia Stump, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Bayern, sieht in den Ukrainerinnen gut qualifizierte Arbeitskräfte. „Besonders mittelfristig können Frauen aus der Ukraine eine Chance für den deutschen Arbeitsmarkt sein.“

Doch es müsse sich auch strukturell etwas ändern. Grill berichtet über eine ihrer Angestellten, die ein Bankkonto eröffnen will und erst in drei Wochen einen Termin dafür erhält. Situationen wie diese erschweren den Geflüchteten den Neubeginn: „Die Menschen sehnen sich nach Normalität und Alltag.“

Stefanie Unbehauen


Zuwanderung

Amnesty fordert Gleichbehandlung von Flüchtlingen in Deutschland




Demonstration für Schutzsuchende aus Afghanistan
epd-bild/Rolf Zöllner
Menschenrechts- und Hilfsorganisationen fordern, Flüchtlinge aus Afghanistan genauso willkommen zu heißen wie aus der Ukraine. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung mahnt bessere Asylverfahren an. Sie seien bislang weder fair noch zügig.

Berlin (epd). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine ungleiche Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland kritisiert. Während die Bundesregierung bei den Ukraine-Flüchtlingen schnell und effektiv gehandelt habe, gebe es für andere Schutzsuchende wie Syrer und Afghanen noch immer verschiedene Rechtsinstrumente, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, am 20. Juni in Berlin. Am Vorgehen bei den Ukraine-Flüchtlingen werde man die Asylpolitik der noch verhältnismäßig neuen Bundesregierung messen, sagte sie beim Berliner Flüchtlingsschutzsymposium. Das sei „best practice“ gewesen.

Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen

Zur Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen hatten die EU-Staaten erstmals eine Richtlinie in Kraft gesetzt, die eine schnelle und unbürokratische Aufnahme ermöglicht. In Deutschland wechseln die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zudem schneller in den normalen Sozialleistungsbezug und haben zügiger Zugang zum Arbeitsmarkt. Duchrow forderte die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das für andere Flüchtlinge nach wie vor gilt und geringere Leistungen und Integrationsangebote enthält. Auch bei der Wahl des Aufnahmelandes könne sich die Bundesregierung für mehr Großzügigkeit einsetzen, sagte sie. Während sich die Menschen aus der Ukraine frei in Europa bewegen können, werden andere Flüchtlinge auf ein EU-Land festgelegt.

Beim Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz, organisiert von der evangelischen Kirche, Wohlfahrtsverbänden und Nichtregierungsorganisationen, treffen jährlich Flüchtlingshelfer auf Regierungs- und Behördenvertreter. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Mahmut Özdemir (SPD), versprach den Engagierten einen „Paradigmenwechsel“ durch die Koalition von SPD, Grünen und FDP. Er verwies unter anderem auf das geplante Chancen-Bleiberecht zur Reduktion der Kettenduldungen und geplante Verbesserungen beim Familiennachzug. Özdemir zeigte sich auch offen bei der Wahl des Aufnahmestaates. Waren und Dienstleistungen bewegten sich frei in der EU. Wenn es um Menschen geht, scheine man sehr an nationalen Grenzen zu hängen, beklagte er.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Flüchtlinge, Reem Alabali-Radovan (SPD), forderte Veränderungen im europäischen und auch im deutschen Asylsystem. „In den vergangenen Jahren waren viele Asylverfahren weder 'fair' noch 'zügig'“, sagte Alabali-Radovan und verwies auf schleppende Entscheidungen bei Asylantragstellern aus Afghanistan. „Wir brauchen schnellere und pragmatischere Entscheidungen, ob jemandem nach dem EU-Recht internationaler Schutz zusteht“, sagte sie. Die Vizepräsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Ursula Gräfin Praschma, wies Alabali-Radovans Vorwurf zurück. „Wir bemühen uns sehr, fair zu urteilen“, entgegnete sie bei der Veranstaltung.

Humanitäres Aufnahmeprogramm

Mehr Engagement forderten Organisationen insbesondere für Menschen in Afghanistan. Auch in der Regierung gab es dazu auf der Veranstaltung Selbstkritik. Die Bundesregierung habe es noch nicht geschafft, dem Koalitionsvertrag, in dem ein humanitäres Aufnahmeprogramm vereinbart wurde, ausreichend Rechnung zu tragen, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne). Sie äußerte die Erwartung, dass das Programm spätestens bis Mitte August auf den Weg gebracht wird. Julia Duchrow von Amnesty International forderte, das Programm müsse transparent und effizient sein sowie auch Familienangehörige von Menschen berücksichtigen, die eine Aufnahmezusage von Deutschland erhalten.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl richtete den Blick auf die europäische Asylpolitik. Geschäftsführer Günter Burkhardt bekräftigte seine Kritik an den diskutierten Zentren jenseits der EU-Grenzen, in denen die Asylperspektive geprüft werden könnte. Es müsse weiter sorgfältige Einzelfallprüfungen geben, sagte Burkhardt. Er forderte die Bundesregierung auf, solchen Zentren nicht zuzustimmen.

Corinna Buschow


Zuwanderung

Bundesregierung will Aufnahmeprogramm "Nest" verstetigen




Teilnehmende des Flüchtlingsprogramms "Nest" im niedersächsischen Schale
epd-bild/Dmitrij Leltschuk
Vor drei Jahren startete die Bundesregierung mit Wohlfahrtsorganisationen ein Aufnahmeprogramm, bei dem Freiwillige Verantwortung für die Flüchtlinge übernehmen. Es soll nun verstetigt werden. 139 Schutzsuchende haben bislang davon profitiert.

Berlin (epd). Die Bundesregierung will das vor drei Jahren in Kooperation mit Kirchen und Wohlfahrtsverbänden als Pilotprojekt gestartete Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge auf Dauer fortführen. Nach der erfolgreichen Pilotphase solle es Anfang 2023 verstetigt werden, kündigte die Beauftragte der Bundesregierung für Flüchtlinge, Reem Alabali-Radovan (SPD), am 20. Juni in Berlin an. Das Programm beziehe die Zivilgesellschaft aktiv mit ein, sagte sie beim Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz. „Damit können wir auch jenseits von Asylverfahren mehr Flüchtlingsschutz realisieren“, ergänzte Alabali-Radovan.

Hürde für Freiwillige

Der Bund hatte das Programm „Neustart im Team“ (Nest) 2019 gestartet. Dabei sorgen Mentorengruppen dafür, dass die Flüchtlinge, die über das Programm nach Deutschland kommen, eine Wohnung haben. Die Gruppen finanzieren beispielsweise für zwei Jahre die Kaltmiete und unterstützen bei Behördengängen und der Stellensuche.

Kooperationspartner sind das Deutsche Rote Kreuz, die Caritas, die Evangelische Kirche von Westfalen, die Stiftung Mercator und die Bertelsmann Stiftung. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR wählt wie beim regulären Resettlement-Verfahren die Flüchtlinge aus, die dann gezielt nach Deutschland geholt werden.

Das Pilotprojekt umfasste 500 Plätze. Ab 2023 sollen jährlich bis zu 200 Plätze zur Verfügung stehen, später auch mehr, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mitteilte. Schon zum Juli soll nach seinen Angaben die Hürde für Freiwillige gesenkt werden. Die Verpflichtung, eine Wohnung bereitzustellen oder die Nettokaltmiete zu bezahlen, gilt dann nur noch für zwölf statt bislang 24 Monate.

Mentorengruppen unterstützen

Die 500 zur Verfügung stehenden Plätze wurden in der Pilotphase nicht ausgeschöpft. Wie der Ministeriumssprecher mitteilte, wurden bislang 139 Menschen über „Nest“ aufgenommen. 31 Mentorengruppen unterstützten die Flüchtlinge.

Alabali-Radovan würdigte beim Flüchtlingsschutzsymposium die Hilfe aus der Zivilgesellschaft auch bei der Aufnahme von Ukraine-Flüchtlinge. „Die vielen Helfenden und auch die Kirchen sind in diesen Wochen ein wahrer Hoffnungsanker, mit offenen Türen, Spenden und Trost“, sagte sie.

Corinna Buschow


Zuwanderung

Faeser will Familiennachzug zu Fachkräften erleichtern



Berlin (epd). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will den Familiennachzug zu Fachkräften nach Deutschland erleichtern. Nach ihren Plänen soll bei ihnen künftig bei der Erteilung eines Visums auf den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse verzichtet werden. Dies geht aus dem Referentenentwurf für das geplante Chancen-Bleiberecht hervor, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Dadurch werde die Fachkräfteeinwanderung „insgesamt attraktiver ausgestaltet“, heißt es darin zur Begründung.

Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht

Die Erleichterungen beim Familiennachzug würden Ehepartner sowie bis zu 16-jährige, ledige Kinder einer Fachkraft betreffen. Die Veränderungen beschränken sich aber auf den Bereich ausländischer Fachkräfte. Das Versprechen der Koalition von SPD, Grünen und FDP, auch für sogenannte subsidiär Geschützte wieder ein Recht auf das Nachholen der Familie einzuführen, wird im aktuellen Entwurf noch nicht umgesetzt. Anders als anerkannte Schutzberechtigte etwa nach der Genfer Flüchtlingskonvention haben sie keinen Anspruch auf eine Zusammenführung mit der Kernfamilie, also Eltern und minderjährige Kinder, in Deutschland. Betroffen sind davon insbesondere syrische Kriegsflüchtlinge, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind.

Der Referentenentwurf sieht zentral die Umsetzung des im Koalitionsvertrag versprochenen Chancen-Bleiberechts vor. Ausländer, die am 1. Januar 2022 bereits seit fünf Jahren in Deutschland lebten und nur geduldet sind, sollen für ein Jahr einen Aufenthaltsstatus erhalten, um in der Zeit möglichst die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen. Zudem plant die Koalition, die Hürden für das dauerhafte Bleiberecht abzusenken.

Straffällige ausgeschlossen

Vom Chancen-Bleiberecht profitieren sollen dem Entwurf zufolge auch Familienmitglieder eines Berechtigten, selbst wenn sie selbst noch nicht seit fünf Jahren in Deutschland sind. Dies soll ein Auseinanderreißen der Familien verhindern, heißt es zur Begründung. Ausgeschlossen vom Chancen-Bleiberecht sollen laut Entwurf Menschen sein, die in Deutschland straffällig geworden sind. Auch deren Familien sollen nach Faesers Plänen dann keinen Anspruch auf die neue Regelung haben.

Profitieren könnten vom Chancen-Bleiberecht laut Entwurf rund 104.000 der etwa 242.000 Geduldeten in Deutschland. Sie haben grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis, können aus verschiedenen Gründen aber auch nicht ins Herkunftsland abgeschoben werden. Mit dem Chancen-Bleiberecht soll ein Teil von ihnen durch die Stichtagsregelung die Chance für einen legalen Aufenthalt in Deutschland bekommen.



Zuwanderung

Interview

Expertin: Flüchtlinge sind mit unerfüllbaren Erwartungen konfrontiert




Judith Kohlenberger
epd-bild/privat
Die Vorstellungen und die Erwartungen, die Aufnahmegesellschaften von oder an Geflüchtete haben, sind so widersprüchlich, das diese sie gar nicht erfüllen können. Darauf weist die Wiener Migrationsforscherin Judith Kohlenberger hin.

Wien, München (epd). „Fluchtparadox“ ist der Titel des neuen Buchs der Migrationsforscherin Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien. Es soll im August erhältlich sein. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) analysiert sie die Widersprüche der Asylpolitik in Europa. Die Fragen stellte Oliver Marquardt.

epd sozial: Ihr kommendes Buch trägt den Titel „Fluchtparadox“. Was läuft schief in der europäischen Migrationspolitik?

Judith Kohlenberger: Man könnte vielleicht umgekehrt fragen, was eigentlich nicht schiefläuft. Dann wäre ich schneller fertig. Aber im Ernst: Der Titel meines Buches bezieht sich auf die Widersprüchlichkeiten, einerseits in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik, andererseits aber auch - und das ist oft viel schwerer greifbar - auf die Narrative und Diskurse, die Vorstellungen und die Erwartungen, die Aufnahmegesellschaften von beziehungsweise an Geflüchtete haben - die diese aber gar nicht erfüllen können, eben weil sie so widersprüchlich sind. Solange wir uns innerhalb dieser Widersprüchlichkeiten bewegen, solange wir in diesem Paradox gefangen sind, ist eine Lösung der „Flüchtlingsfrage“ gar nicht möglich. Dann kann man zwar Symptombewältigung betreiben, die teilweise auch wichtig ist, zum Beispiel in Form von humanitärer Hilfe. Aber der große Wandel wird dadurch eben nicht entstehen.

epd: Was wäre denn der große Wandel?

Kohlenberger: Die Funktion eines Paradoxes ist ja, zunächst einmal diese Widersprüchlichkeiten offenzulegen und dadurch auch zu einer tieferen Wahrheit zu gelangen. Also zu erkennen, dass wir es mit einem System zu tun haben, das fast schon absurd anmutet. In so einer Situation, die von vielen Unsicherheiten und Widersprüchlichkeiten charakterisiert ist, ist es umso wichtiger, Verantwortung zu übernehmen, zu verantwortende Entscheidungen zu treffen. Stattdessen läuft es oft auf eine ständige Verlagerung hinaus: National könne man nichts machen, weil es ein europäisches Thema sei, europäisch könne man nichts machen, denn Ungarn sei dagegen, und so weiter. Verantwortung auf jeder Ebene wahrzunehmen, wäre aber der erste Schritt.

epd: Und der zweite?

Kohlenberger: Da lehne ich mich an den polnischen Philosophen Zygmunt Bauman an, der schon in seiner Postmodernen Ethik davon gesprochen hat, dass es zentral sei, das „Antlitz des Anderen“ immer vor sich zu haben, als Grundvoraussetzung für Empathie. Wobei Empathie da fast schon politisch zu verstehen ist. Es geht nicht um persönliches Mitgefühl, sondern um ein sich Hineinversetzen in jemand anderen. Interessanterweise hat das Hannah Arendt, auf die ich mich auch sehr viel beziehe, auch gesagt. Die Möglichkeit, im Sinne des Bösen zu handeln, liegt darin, dass ein Unvermögen besteht, eine Unfähigkeit, eine Dummheit sogar, sich in den anderen hineinzuversetzen. Und Empathie, glaube ich, ist besonders schwierig beim Thema Flucht und Vertreibung, weil die Sprache, die Art und Weise, wie wir damit umgehen, fast schon per se dehumanisierend geworden ist.

epd: Was meinen Sie genau?

Kohlenberger: Wir sprechen immer von Wellen oder Flut, von Bedroht- und Überrollt-Werden. Und wir lagern aus, beispielsweise an Asylzentren in Drittstaaten. All das ist ja dazu gedacht, die Menschen fernzuhalten, außerhalb der Grenzen der EU. Aber außerhalb der Grenzen des Menschlichen an sich. Also nicht zu nahe heranzulassen: Räumlich, aber auch metaphorisch.

epd: Ist es ein Problem, dass politische Akteurinnen und Akteuren mit einer verantwortungsbewussten Migrationspolitik bei Wählerinnen und Wähler vermutlich wenig zu gewinnen haben?

Kohlenberger: Ich glaube, das sind zwei Ebenen. Einerseits ist es widersprüchlich, dass fast alle Regierungschefinnen und -chefs der EU vorgeben, sie wären an einer Lösung der sogenannten „Flüchtlingsfrage“ interessiert. Aber wenn sie dann wieder aus Brüssel nach Hause zurückkehren und Innenpolitik betreiben, dann gibt es einige, die es sehr gut verstehen, aus dieser ungelösten Flüchtlingsfrage innenpolitisches Kleingeld zu schlagen. Orban ist da das klassische Beispiel.

epd: Was wäre die zweite Ebene?

Kohlenberger: Dahinter steht noch eine viel größere Widersprüchlichkeit, denn Migrations- und Fluchtbewegungen, wie wir sie jetzt sehen, hängen mit Globalisierung und Kolonialisierung zusammen, aus denen Europa bis dato immer nur als der große Gewinner hervorgegangen ist. Es gibt dieses geflügelte Wort in der Migrationsforschung: Migranten sind sichtbar gewordene Globalisierung. In ihnen zeigen sich die direkten und indirekten Auswirkungen von Konflikten, die wir selbst miterzeugt haben, durch Ausbeutung und kriegerische Konflikte. Das aber blenden wir meist aus.

epd: Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die vergleichsweise großzügige Behandlung ukrainischer Geflüchteter?

Kohlenberger: Was deutlich geworden ist: Man kann jetzt nicht mehr so einfach sagen, das Boot wäre voll. Das haben wir bis zum 23. Februar immer gehört, und plötzlich war es dann doch nicht voll, wir haben doch noch ein Platzerl gefunden. Womit ich aber zunehmend ein Problem habe, ist dieses Erste Klasse/Zweite Klasse-Flüchtlings-Narrativ, weil es suggeriert, die Ukrainerinnen und Ukrainer würden in der Business Class mit sämtlichen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten sitzen. Das ist wirklich nicht der Fall. Schon deswegen, weil sich die Aufnahme in vielen europäischen Ländern mittlerweile recht schwierig gestaltet. Was wiederum damit zusammenhängt, dass ein Land wie Polen etwa sich jahrelang nur gegen die Aufnahme von Geflüchteten gestemmt hat und deshalb über keine Systeme verfügt, die die vielen Ankünfte nun schultern können. Was aber zutrifft, ist, dass man eine spezielle Schutzkategorie nur für ukrainische Vertriebene geschaffen hat.



Corona

Lauterbach für kostenlose Covid-19-Tests in Verdachtsfällen




Utensilien für einen Corona-Schnelltest
epd-bild/Heike Lyding
Vor der im Herbst erwarteten Corona-Welle bemühen sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern um eine gemeinsame Strategie. Tests für bestimmte Personengruppen sollen auch weiterhin kostenlos angeboten werden.

Magdeburg (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich für kostenlose Corona-Tests in Verdachtsfällen ausgesprochen. „Bürgertests sollen künftig weiter gezielt dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen bringen“, sagte er am 23. Juni nach der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg. Kostenlos sollen die Tests demnach unter anderem für diejenigen bleiben, bei denen Verdacht auf eine Infektion besteht, die Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen betreten oder Großveranstaltungen in Innenräumen besuchen wollen. Der Gesundheitsminister verhandelt darüber nach eigenem Bekunden derzeit mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

Nicht erbrachte Leistungen abgerechnet

Angesichts von Medienberichten über Betrügereien bei Teststellen will der SPD-Politiker jedoch sicherstellen, dass angebotene Tests tatsächlich vorgenommen und ausgewertet werden. Er beklagte, dass es Fälle gegeben habe, in denen nicht erbrachte Leistungen abgerechnet worden seien sowie andere, in denen es nur negative Ergebnisse gegeben habe.

Zugleich warnte Lauterbach vor einer erneuten schweren Corona-Welle im Herbst. „Eine sehr schwere Zeit liegt vor uns“, sagte er in Magdeburg. Gemeinsam mit den Gesundheitsministern der Länder habe er sich über Parteigrenzen hinweg über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens gegen die Pandemie verständigt. Sein Sieben-Punkte-Plan, mit dem im Herbst die Pandemie bekämpft werden soll, sei dabei „auf große Zustimmung“ gestoßen.

Mit Blick auf eine drohende Infektionswelle im Herbst forderten die Gesundheitsminister die Bundesregierung auf, die zwischen Bund und Ländern hälftig geteilte Finanzierung der Impfkampagne bis mindestens zum Jahresende zu garantieren. Die bisherige Zusage des Bundes hinsichtlich der Verlängerung der Finanzierung der Impfzentren bis Ende 2022 müsse auf rechtlich sichere Beine gestellt werden.

Schnellere Digitalisierung

Darüber hinaus drangen die Gesundheitsminister auf einen Rechtsanspruch von Patientinnen und Patienten mit Symptomen auf eine PCR-Testung in der ambulanten ärztlichen Behandlung. Überdies müsse sichergestellt werden, dass die Regelungen für die Vergütung der Abstrichnahme durch Vertragsärztinnen und -ärzte bei symptomatischen Patientinnen und Patienten verlängert werden.

Angesichts aktueller Herausforderungen in der Pandemie-Bekämpfung muss die Digitalisierung des Gesundheitswesens den zuständigen Landesministern zufolge dringend beschleunigt werden. Sie begrüßten, dass die Europäische Kommission im vergangenen Monat einen „Europäischen Raum für Gesundheitsdaten“ auf den Weg gebracht hat. Gleichzeitig forderten sie, die Erhebung und Verarbeitung von Daten mit Blick auf den kommenden Herbst deutlich zu verbessern.

Bettina Gabbe


Corona

Jugendforscherin: Pandemie muss als Lebenserfahrung verheilen



Hildesheim (epd). Die Jugendforscherin Severine Thomas von der Universität Hildesheim sieht junge Menschen durch die Pandemie weiterhin belastet. Es sei eine Fehlannahme, dass Jugendliche durch wegfallende Corona-Restriktionen nahtlos an ihr Leben vor der Corona-Krise anknüpfen können, sagte Thomas dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Verunsicherung und Sorgen verfliegen nicht einfach so, das muss als einschneidende Lebenserfahrung verheilen.“

Wichtig sei es, die Kinder- und Jugendhilfe zu stärken, erklärte die Forscherin der Universität Hildesheim. „Für die Bundeswehr ist plötzlich Geld da, warum nicht auch für Kinder und Jugendliche?“

Bedarf an professioneller Hilfe

Thomas gehört dem Forschungsverbund „Kindheit - Jugend - Familie in der Corona-Zeit“ der Universität Hildesheim und der Goethe-Universität Frankfurt am Main an. Die Forschenden haben sich von April 2020 bis Ende 2021 in drei bundesweiten Studien mit der Frage beschäftigt, wie Jugendliche die Corona-Krise erleben. Ergebnis: Zukunftssorgen, soziale Ängste und psychische Beeinträchtigungen haben zugenommen. Mehr als jeder oder jede fünfte Befragte gab an, professionelle Hilfe zu benötigen.

Schwierig ist die Situation nach Angaben von Thomas besonders für Mädchen und Jungen, die sich am Anfang der Pubertät befinden. Sie würden von Pädagogen oft als antriebsarm, lethargisch, unmotiviert erlebt. „Aus dem Corona-Modus herauszukommen, sich wieder in Präsenz zu treffen, ungezwungen aufeinander zuzugehen, das muss sich mancher erst wieder aneignen“, sagte Thomas.

Zurück ins soziale Miteinander

Einrichtungen wie Jugendzentren, Sport oder Freizeiten müssten gefördert werden: „Wir müssen alles tun, dass junge Menschen zurück ins soziale Miteinander kommen“, sagte Thomas. Nur so könne erkannt werden, wenn sie Beratung benötigen. Die Gesellschaft spreche in Bezug auf die junge Generation und Corona meist über Schule und Bildung. „Das ist wichtig, aber nicht alles im Leben junger Leute.“

Thomas appellierte im Hinblick auf den Umgang mit der Pandemie bei steigenden Inzidenzen und Virusvarianten in der kalten Jahreszeit, Jugendliche stärker in Entscheidungsprozesse einzubinden. „Die Jugend hat die Pandemie bisher geduldig und solidarisch gemeistert, hatte aber kaum Mitspracherecht.“

Die fehlende gesellschaftliche Beteiligung junger Menschen sei ein grundsätzliches Problem. „Kinder werden nicht als unabhängige, vollwertige Akteure gesehen“, kritisierte Thomas. Dabei könnten sie viel beitragen. „Sie sind schließlich Experten ihrer eigenen Lebensrealität.“

Julia Pennigsdorf


Teilhabe

Studie: Deutschland nach wie vor digital gespalten




Nachrichten auf dem Handy
epd-bild/Heike Lyding
Eine Studie der Initiative "Digital für alle" sieht Deutschland nach wie vor digital gespalten. Danach wünschen sich viele Menschen mehr Teilhabe an der Digitalisierung.

Berlin/Münster (epd). Die Initiative „Digital für alle“ hat mehr Investitionen in digitale Bildung angemahnt. Laut einer am 21. Juni online veröffentlichten Befragung sieht mehr als die Hälfte der Menschen das Land digital gespalten. Für die Erhebung wurden 1.000 Bundesbürgerinnen und -bürger ab 16 Jahren befragt. „Es muss unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, Deutschland digital zu einen und allen Menschen zu ermöglichen, sich sicher und souverän in der digitalen Welt zu bewegen“, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg, bei der Präsentation der Studie. Vor allem ältere Menschen drohe die Gefahr, digital abgehängt zu werden, stellte die Initiative fest.

Mehr Fortbildung gewünscht

Jeder Zweite würde gerne mehr an der digitalen Welt teilhaben, kennt sich aber zu wenig mit digitalen Technologien aus, heißt es in der Studie. Danach wünschen sich die Menschen in Deutschland mehr Fortbildungsmöglichkeiten. Acht von zehn (83 Prozent) sprechen sich dafür aus, digitale Medien- und Informationskompetenzen über die gesamte Bildungskette hinweg zu fördern. 57 Prozent fordern kostenfreie Schulungs- und Weiterbildungsangebote. „Hier müssen wir ansetzen und die Vermittlung von Digital- und Medienkompetenz von der Kindheit bis ins hohe Alter in den Fokus rücken“, forderte Berg.

Grundsätzlich sehe mit 87 Prozent ein Großteil der Deutschen die Digitalisierung als Chance, heißt es in der Umfrage. Bei aller Aufgeschlossenheit fehle es aber an digitaler Kompetenz, stellte der Präsident des Deutschen Städtetages und Münsteraner Oberbürgermeister, Markus Lewe (CDU), fest. „Wenn nur jeder Zweite aktuell richtig einschätzen kann, ob Informationen im Netz von einer vertrauenswürdigen Quelle kommen, ist das ein ernstes Problem.“ Digitale Kompetenz sei mitentscheidend für die Frage, inwiefern Demokratie künftig noch funktioniere.

Auch für ältere Menschen brauche es mehr Angebote in der Erwachsenenbildung, damit sie nicht digital abgehängt würden, betonte Lewe. Laut der Studie geht 18 Prozent der Befragten die Digitalisierung zu schnell, vor allem den über 75-Jährigen (36 Prozent). Auch die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Maria Welskop-Deffaa, warnte vor den Folgen der Altersdiskriminierung im Zuge der Digitalisierung. Schon jetzt sei die Suizidrate bei Menschen über 70 Jahren deutlich höher als bei jungen Menschen, weil diese sich häufiger einsam und aus der Gesellschaft ausgegrenzt fühlten. „Wenn wir nicht aktiv dazu beitragen, dass die Digitalisierung diese latenten Gefahren nicht verstärkt, dann steuern wir wirklich auf eine gesellschaftliche Spaltung hin“, sagte sie.

Digitale Kenntnisse im Ehrenamt

Welskop-Deffaa wies auch auf die große Bedeutung der digitalen Bildung im Bereich der Wohlfahrtsverbände hin. „Längst ist der Sozialraum hybrid, alle niedrigschwelligen Kontaktmöglichkeiten brauchen digitale Unterstützung.“ Auch für das Ehrenamt seien digitale Kenntnisse heute unerlässlich. „Ehrenamtliche und freiwillig Engagierte brauchen Zugang zu digitaler Infrastruktur und Unterstützung beim digitalen Kompetenzerwerb, unabhängig von Alter, Herkunft oder Einkommen.“

Die Initiative „Digital für alle“ ist ein breites Bündnis, unter anderem aus Wohlfahrts-, Wirtschafts- und Verbraucherverbänden, Gewerkschaften und Organisationen aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich.

Claudia Rometsch


Arbeit

Weniger Konflikte zwischen Beruf und Familie durch Homeoffice



Wiesbaden (epd). Arbeiten im Homeoffice hilft einer Studie zufolge, Konflikte zwischen Beruf und Familie zu reduzieren. Für den Entlastungseffekt komme es wesentlich darauf an, wie viel Zeit pro Woche die Beschäftigten im Homeoffice verbringen, teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden am 22. Juni mit. „Homeoffice wirkt vor allem dann konfliktmindernd, wenn nicht nur ein kleiner Teil, sondern die meiste Zeit des Arbeitspensums zu Hause erledigt wird“, erklärte die BiB-Forscherin Inga Laß.

Beschäftigte mit großzügiger Homeoffice-Nutzung verfügen der Untersuchung zufolge über eine bessere Kontrolle ihrer Arbeitszeit und gewinnen durch reduzierte Pendelwege mehr Familienzeit. Allerdings würden diese Vorteile teils dadurch konterkariert, dass Homeoffice auch die Arbeit zu Randzeiten und am Wochenende begünstige, sagte Saß. Die Soziologin hat die Studie mit einem internationalen Forschungsteam anhand australischer Daten erstellt.

Mütter profitieren stark vom Homeoffice

Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie profitieren demnach Mütter stärker vom Homeoffice als Väter. Das Autorenteam sieht eine mögliche Ursache in geschlechtsspezifischen Nutzungsmustern des Homeoffice. „So nutzen Mütter den Zugewinn an Flexibilität und die eingesparte Pendelzeit häufiger als Väter auch dafür, familiären Anforderungen gerecht zu werden“, sagte. Laß. Insgesamt zeige die Studie bei einer starken Homeoffice-Nutzung aber sowohl für Mütter als auch für Väter einen konfliktreduzierenden Effekt. Dies könne sich positiv auf das Wohlbefinden, die Erwerbsbeteiligung und das Familienleben auswirken.

Auch für Deutschland zeigten Umfragedaten aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, dass Beschäftigte im Homeoffice Arbeit und Privatleben häufig besser miteinander vereinbaren konnten. Eine neue Balance zwischen Präsenz und Homeoffice mit verstärkter Homeoffice-Nutzung nach der Pandemie könnte somit vielen Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spürbar erleichtern, so Saß.




sozial-Branche

Inflation

Energiearmut: "Da kommt eine große Not auf"




Strompreiserhöhungen treiben Arme in die Schuldenfalle.
epd-bild/Heike Lyding
Die sozialen Folgen hoher Energiepreise sehen Sascha Lutz und Carmen Kille jede Woche. Für die Diakonie beraten sie Menschen mit wenig Geld. "Viele wohnen in alten Buden", sagt Lutz.

Göppingen/Calw (epd). Sascha Lutz, Geschäftsführer im Diakonischen Werk Göppingen, macht zu etwa einem Drittel seiner Arbeitszeit Sozialberatung. Jede Woche sitzen bei ihm Menschen, die an den steigenden Energiepreisen verzweifeln. „Es werden immer mehr, da kommt eine Not auf“, sagt er zur wachsenden Energiearmut.

Erschrocken über Nachzahlung

Der aktuelle Hartz-IV-Regelsatz von monatlich 449 Euro enthält 36,41 Euro für Haushaltsstrom. „Ich kenne keinen Menschen in der Beratung, der damit auskommt“, sagt Lutz. Bei vielen stiegen die Vorauszahlungen, realistisch seien etwa 55 Euro. Für andere komme der Schrecken erst mit der Nachzahlung. Manche Energieversorger sperrten sich bei Verhandlungen, auch mit der Diakonie als Vermittler. „Dann muss man gut begründen, warum es zu keiner Sperrung kommen darf, etwa wegen kleiner Kinder im Haushalt.“

Für die diakonische Erlacher Höhe berät die Diplom-Pädagogin Carmen Kille in Calw und anderen Orten. Sie kennt viele Wohnungen ihrer Klienten. „Das sind in der Regel schlecht isolierte Altbauten, häufig mit Stromheizungen.“ Einer ihrer Klienten müsse sich nach Aufforderung des Jobcenters eine neue Wohnung suchen, denn die Kosten für die Stromheizung seien zu hoch. Im bundesweiten Heizspiegel fehle ein Wert für Strom, die Jobcenter dürften diesen Heizspiegel bei Strom nicht für die Angemessenheit heranziehen, dazu gebe es Gerichtsurteile. „Sie tun es trotzdem.“

Ein Mann Mitte 50 sei, als er in Hartz IV fiel, in eine kleine Dachgeschosswohnung umgezogen, berichtet Kille, allerdings mit Stromheizung. „Sein Abschlag ist sehr hoch, ihm bleiben vom Regelsatz 280 Euro zum Leben.“ Bei einer anderen Klientin stehe die Wohnung darunter seit Langem leer, auch das mache Heizen teuer. Und: Wer immer zu Hause sei, verbrauche mehr als ein Berufstätiger. „Viele, die zu uns kommen, wohnen in alten Buden“, sagt Lutz sehr deutlich, manche heizten quasi für die Nachbarn mit.

Keine Lösung

Menschen mit wenig Geld könnten sich energiesparende Geräte nicht leisten, sagt Lutz. „Ich habe versucht, mit einem Alleinstehenden mit den 187 Euro zur Erstausstattung eine Kühl-Gefrier-Kombination zu kaufen. Das billigste Gerät lag bei 199 Euro.“

Der vom Bundestag beschlossene einmalige Energiezuschlag von 200 Euro für Beziehende der Grundsicherung sei zwar schön, sagt Lutz, aber keine dauerhafte Lösung. „Die Sätze sind insgesamt zu niedrig, das Gesamtsystem wurde über Jahre nicht verändert.“ Mit den 200 Euro kämen die Menschen nicht weit, sagt auch Kille.

Die sozialen Folgen haben die Berater ständig vor Augen. „Ich finde es erschreckend, was das mit Menschen macht“, sagt Kille. Eine Rentnerin mit geringfügiger Beschäftigung lebe im Winter bei 16 Grad und spare sich aus Angst vor hohen Heiz- und Stromkosten jeden Cent vom Mund ab. „Ich habe ihr gesagt, dass sie auch noch leben soll.“

Peter Dietrich


Inflation

Heil bremst Erwartungen an staatliche Hilfen gegen hohe Preise



Die Debatte um Entlastung der Bürger angesichts der Inflation geht weiter. Die Verbraucherzentralen fordern Energiekosten-Zuschüsse, die sich an den steigenden Preisen orientieren. Arbeitsminister Heil warnt vor zu hohen Erwartungen an den Staat.

Berlin (epd). In der Debatte um weitere Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger haben die Verbraucherzentralen am 22. Juni in Berlin gefordert, finanzielle Hilfen an die Preisentwicklung zu koppeln. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warnte unterdessen vor überzogenen Erwartungen an die Politik. „Der Staat kann nicht alles für alle ausgleichen“, sagte er dem Magazin „Stern“.

Existenzielle Bedrohung

Die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Jutta Gurkmann, forderte, wenn sich beispielsweise die Zusatzausgaben der Haushalte für Gas noch einmal verdoppelten, müsse die Bundesregierung den Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger entsprechend anheben. Man brauche ein „dynamisches Modell mit Verbindung zur Preisrealität“, erklärte sie. Das gelte auch für andere Transferleistungen, ergänzte Gurkmann.

Heil sagte dem „Stern“, die Preisentwicklung müsse gezielt für die Menschen abgefedert werden, für die sie eine existenzielle Bedrohung sei. Er sei offen dafür, über unterschiedliche Maßnahmen zu reden, „die gezielt Menschen mit unteren und normalen Einkommen entlasten“. Der SPD-Politiker sprach sich gegen allgemeine Steuersenkungen im Kampf gegen die Inflation aus. Er sehe „keine Spielräume, Menschen zu entlasten, die ein sehr hohes Einkommen haben“, sagte Heil und reagierte damit auch auf Forderungen nach einer Senkung der Mehrwertsteuer. Sozialverbände und die Linke fordern, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel auszusetzen.

Heil machte deutlich, dass er im Rahmen der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten „Konzertierten Aktion“ gegen die Inflation auch Beiträge von Arbeitgebern und Gewerkschaften erwartet. Darüber solle es „konkrete Verabredungen geben“, sagte er.

Bettina Markmeyer


Inflation

Interview

Altersarmut: "Wenn du nichts hast, kannst du auch nichts sparen"




Patricia Kokot
epd-bild/Lichtblick Seniorenhilfe
Eine Pauschale von 300 Euro soll die gestiegenen Energiekosten der Bürgerinnen und Bürger abmildern. Nur: Rentnerinnen und Rentner kommen im Entlastungspaket der Bundesregierung nicht vor. Patricia Kokot vom Verein "LichtBlick Seniorenhilfe" über leere Geldbeutel vor Monatsende.

München (epd). Der Verein „LichtBlick Seniorenhilfe“ setzt sich seit fast 20 Jahren für Seniorinnen und Senioren ein, deren finanzielle Mittel für ein Leben in Würde nicht ausreichen. In München, dem Sitz des Vereins, hilft er rund 20.000 alten Menschen mit Geld und als politische Stimme. „Lichtblick“-Angestellte Patricia Kokot über Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Stromrechnung bezahlen sollen. Anna Schmid hat sie interviewt.

epd sozial: Wie unterstützt der Münchener Verein „LichtBlick“ Seniorinnen und Senioren?

Patricia Kokot: Wir helfen den Menschen sowohl finanziell als auch mit Dingen des täglichen Bedarfs, wenn sie sich die nicht mehr leisten können. Das können Medikamente sein, orthopädische Schuhe oder eine neue Waschmaschine. Voraussetzung ist, dass die Menschen mindestens 60 Jahre alt sind und Rente aus der deutschen Rentenversicherung beziehen.

epd: Ist die Zahl der Anfragen wegen der aktuellen Inflation gestiegen?

Kokot: Wir hatten vorher schon großen Zulauf, aber jetzt ist es noch mehr geworden. War es vorher am 20. des Monats oft knapp, ist das jetzt schon am 10. oder 15. der Fall. Die zum 1. Juli anstehende Rentenerhöhung ist ein Nullsummengeschäft. Den Menschen wird davon nichts übrigbleiben.

epd: Wie empfinden die Seniorinnen und Seniorinnen die Lage seit Beginn des Krieges in der Ukraine? Manche werden sich ja noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern ...

Kokot: Der Krieg setzt natürlich noch mal eins drauf. Aber wenn du nicht mehr weißt, wie du dir Brot, Butter oder Äpfel leisten kannst, oder wenn du dich fragst, wie du deine Stromrechnung bezahlen sollst, steht das erstmal im Vordergrund. Heute hat eine Seniorin mit über 80 zu mir am Telefon gesagt, sie würde am liebsten sterben, weil sie nicht mehr weiß, wie sie das alles bezahlen soll.

epd: Das zweite Entlastungspaket der Bundesregierung beinhaltet eine Energiepreispauschale von 300 Euro, die die gestiegenen Energiekosten abfedern soll. Rentnerinnen und Rentner wurden dabei allerdings nicht berücksichtigt. Wie bewerten Sie das?

Kokot: Das zeigt, dass alte Menschen keine Lobby haben. Sie haben dieses Land doch aufgebaut! Ich finde das furchtbar traurig, es erschüttert mich.

epd: Profitieren die Senioren, die ihr Verein unterstürzt, von den anderen Maßnahmen aus dem Paket, wie dem 9-Euro-Ticket oder dem Tankrabatt?

Kokot: Vom 9-Euro-Ticket ganz sicher, viele sind noch sehr mobil. Aber es gibt auch ältere Menschen, für die sind auch neun Euro zu viel. Die überlegen lange, ob sie sich etwas kaufen oder nicht.

epd: Was könnte Menschen in Altersarmut helfen?

Kokot: Eine Rentenerhöhung, die vor Inflation geschützt ist. Und ein System, bei dem alle, egal welchen Beruf sie haben, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Auch Politiker. Damit alles etwas mehr ins Gleichgewicht kommt.

epd: Wie geht es im Winter weiter? Fürchten die älteren Menschen die Kälte?

Kokot: Schon vorher hatten viele Menschen Angst, die Heizung aufzudrehen, weil sie die Nachzahlung fürchten. Sie ziehen lieber mehrere Pullis übereinander an, machen sich eine Wärmflasche oder heizen nur einen Raum, in dem sie sich dann aufhalten. Das Geld für höhere Abschlagszahlungen ist nicht da. Und wenn du nichts hast, kannst du auch nichts sparen.



Behinderung

Leicht gesagt




Webseite der Stadt Köln in Leichter Sprache
epd-bild/Heike Lyding
Millionen Menschen in Deutschland tun sich schwer damit, schriftliche Texte zu verstehen. Für sie fertigen Büros für Leichte Sprache Übersetzungen an. Ihre Dienste sind zunehmend gefragt.

Celle (epd). Bei der Lebenshilfe im niedersächsischen Celle trifft sich die Prüfgruppe für verständliche Texte: Fünf Menschen mit Behinderungen haben jeweils einen Stapel Blätter vor sich. Darauf steht ein Text in kurzen, einfachen Sätzen, den die beiden Übersetzerinnen des „Büros für Leichte Sprache“ für die Webseite der Lebenshilfe angefertigt haben.

Reihum wird vorgelesen und diskutiert. Es geht in dem vorliegenden Text um die Arbeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. „Holz-Werkstatt“ ist klar, aber „Konfektionierung“? „Das sollte man weglassen oder erklären“, sagt Amaya Resow. Die 21-Jährige hat eine kognitive Beeinträchtigung und arbeitet im Wäscheservice der Lebenshilfe. Einmal in der Woche ist sie Textprüferin. „Wegen der neuen Website haben wir viel zu tun“, sagt Resow.

Verordnung zur barrierefreien Informationstechnik

So wie in Celle wird an vielen Orten in Deutschland übersetzt, vereinfacht und geprüft. Denn Leichte Sprache hat Konjunktur. Bundestag und Bundesregierung, oberste Gerichte und öffentlich-rechtliche Sender, Städte wie München oder Fußballclubs wie der HSV - sie bieten auf ihren Webseiten leicht verständliche Texte an. Öffentliche Stellen des Bundes sind durch das Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet, Informationen „vermehrt in Leichter Sprache“ bereitzustellen. Die Verordnung zur barrierefreien Informationstechnik (BITV 2.0) präzisiert das für digitale Anwendungen.

Mit kurzen Sätzen und einfacher Grammatik soll Leichte Sprache Barrieren abbauen und Teilhabe fördern. Das zielt nicht nur auf Menschen mit Behinderung. Es hilft auch Menschen mit geringen Deutsch-Kenntnissen und der großen Gruppe der funktionalen Analphabeten, die grundsätzlich lesen und schreiben können, aber mit Texten dennoch Schwierigkeiten haben.

Das erste deutsche Büro für Leichte Sprache ging 2004 in Bremen an den Start - und hat derzeit mehr als genug zu tun. „Die Nachfrage nach Leichter Sprache ist in den Jahren immer weiter gestiegen“, sagt Mitarbeiter Christian Glade. „Wir müssen Wartelisten für unsere Schulungen führen und viele Übersetzungsanfragen aus Zeitgründen absagen.“

Angebote zur Inklusion

Träger des Bremer Büros ist die Lebenshilfe. Fünf Mitarbeitende übersetzen und schulen, zwei Mitarbeitende mit geistiger Behinderung sind als Prüfer tätig. Zusätzlich arbeitet das Büro mit externen Prüfgruppen zusammen. Das Angebot rechnet sich, die Einnahmen decken Personal- und Sachkosten. Glade: „Wir schaffen inzwischen die schwarze Null.“

Thematisch gibt es keine Grenzen: Das Bremer Büro übersetzt das Wahlprogramm einer Partei und ein Faltblatt über Rauchmelder ebenso wie Fußballregeln, biblische Geschichten oder eine Kriminalerzählung. Für die Bremer Bürgerschaftswahl entwickelte das Büro 2015 Unterlagen in Leichter Sprache. Worauf sich Bürger beschwerten, die sich durch die einfachen Formulierungen nicht ernst genommen fühlten. Bei der Wahl vier Jahre später seien solche Reaktionen aber ausgeblieben, berichtet Büro-Mitarbeiter Glade.

Verstärkt auf digitale Unterstützung bei der Vereinfachung von Texten setzt „capito“. Dahinter steht die österreichische „atempo“-Gruppe, die sich mit Angeboten zur Inklusion profiliert hat. Sie vergibt für „capito“ Franchise-Lizenzen. Die Träger vor Ort bieten dann standardisierte Leistungen an, in Deutschland an acht Standorten.

„Es muss noch viel passieren“

„Wir haben capito digital als Schreibassistenz für leicht verständliche Sprache entwickelt“, erklärt Mitarbeiterin Anja Fuchs. Die Software arbeite wie eine Rechtschreibprüfung: Sie suche nach komplizierten Textstellen und schlage Verbesserungen vor.

Die automatisierte Bearbeitung werde noch zunehmen, heißt es bei „capito“. Doch auch dort laufen die klassische Übersetzung und die Arbeit mit Prüfgruppen weiter. „Letztendlich weiß nur die Zielgruppe, was für sie verständlich ist und was nicht“, sagt Fuchs.

Bei der Lebenshilfe in Celle ist das Pensum unterdessen geschafft. „Kinder·tages·stätten“ waren verständlich, über den Begriff „Politik“ hat die Gruppe diskutiert. „Leichte Sprache ist selbstverständlicher geworden, die Bewusstseinsbildung trägt langsam Früchte“, sagt die Sprach- und Übersetzungswissenschaftlerin Laura Heidrich, die das Büro aufgebaut hat. Dennoch sei das erst ein Anfang. Gerade bei Behördentexten, Anträgen und Bescheiden, so Heidrich, „muss noch viel passieren“.

Detlev Brockes


Geburten

"Wir müssen die Hälfte aller Anfragen an Hebammen ablehnen"




Schülerinnen einer Hebammenschule
epd-bild/Corinna Waltz/Diakonissen/Speyer-Mannheim
Dass es zu wenige Hebammen gibt, ist nicht neu. Doch der Hebammenmangel verschärft sich zum Beispiel in Bayern immer weiter. Viele werdende Mütter finden keine Geburtshelferin mehr für die Entbindung oder auch die Betreuung während des Wochenbetts.

Ansbach (epd). Hebamme Ruth Sichermann geht durch die bunten Gänge des Ansbacher Geburtshauses. An der Wand hängt ein Schild mit Namen und Uhrzeiten von Neugeborenen, die hier in den letzten Wochen zur Welt kamen. „Eine Geburt ist nicht planbar. Das läuft hier nicht ab wie am Fließband in der Fabrik“, sagt die Geburtshaus-Geschäftsführerin und lacht. Auch ihr Haus ist vom sich seit Jahren verschärfenden Fachkräftemangel der Branche betroffen.

Gute Betreuung

Den zwölf Hebammen im Ansbacher Geburtshaus fehlen gleich mehrere Kolleginnen, wollten sie allen Anfragen von werdenden Müttern gerecht werden. „Wir wollen Familien in ihrer Eigenkompetenz stärken“, sagt Sichermann, die seit 45 Jahren als Hebamme arbeitet. Weil die wenigsten heute als Großfamilie unter einem Dach leben „und viele Frauen nach der Geburt mit Geburtsverletzungen, Bindungsstörungen und Wochenbettdepressionen zu kämpfen haben, wäre eine gute Betreuung in den ersten Wochen nach der Geburt umso wichtiger“, sagt die 63-Jährige.

Um dem Hebammenmangel entgegenzuwirken, wurde der Beruf in den vergangenen Jahren in Deutschland akademisiert - später als in den meisten anderen EU-Ländern. Seit dem Jahr 2020 bieten Hochschulen das Fach „Hebammenkunde“ an, in Bayern kann man es an acht Orten studieren. Die Vorsitzende des Bayerischen Hebammen-Landesverbands, Mechthild Hofner, findet die Entwicklung gut: „Die Anforderungen an den Hebammenberuf sind komplexer und anspruchsvoller geworden.“ Die Überführung der Ausbildung an die Hochschulen sei richtig gewesen.

Zusätzlich zu einer soliden berufspraktischen Ausbildung bedarf es der Befähigung zum analytischen Denken, sagt Hofner: „Es ist dringend notwendig, dass Hebammen auch wissenschaftlich arbeiten. Wir brauchen 'Hebammenforschung' zur Physiologie des Gebärens.“ Diese Ausbildung geschieht durch Einsätze in der Klinik und in hebammengeleiteten Einrichtungen wie Geburtshäusern. Die gezielte Instruktion der Studierenden durch eine Hebamme in einer Eins-zu-Eins-Anleitung der wichtigsten Prozesse rund um die Geburt sei nach wie vor unersetzlich.

Unregelmäßige Arbeitszeiten

Hofner fordert ein anderes Vergütungssystem der Geburtshilfe: „Die Betreuungszeit einer normalen, physiologischen Geburt durch eine Hebamme muss entsprechend entlohnt werden. Höher als medizinische Interventionen, höher als ein Kaiserschnitt.“ Auch Sichermann sieht neben den unregelmäßigen Arbeitszeiten die geringe Bezahlung als Hauptursache für den Personalmangel. Für einen einstündigen Wochenbettbesuch bekommt eine Hebamme 38 Euro brutto. „Eigentlich werden genug Hebammen ausgebildet, aber nur die wenigsten bleiben“, sagt sie.

Für knapp die Hälfte der 336 Frauen, die im Geburtshaus Ansbach vergangenes Jahr betreut wurden, war es die erste Schwangerschaft. Eine aufwühlende Zeit, in der eine umfassende, intensive Betreuung umso wichtiger ist, sagt Sichermann. Eine der Geburtshaus-Hebammen ist Dana Mardus. Durch den Personalmangel steht sie unter Druck: „Ich komme oft an meine Grenzen, habe wenig Zeit für meinen Freund und meine Familie.“ Dennoch schätzt sie den zwischenmenschlichen Kontakt mit den jungen Müttern. „Im Kreißsaal hat man diese intensive Betreuung nicht“, sagt die 24-Jährige.

Mardus und ihre Kolleginnen geben alles, um Eltern auf dem Weg, eine Familie zu werden, die größtmögliche Unterstützung zu bieten. Auch wenn sie wegen Personalmangels vielen werdenden Müttern absagen müssen. „Gestern hatte ich zehn Anfragen, die Hälfte davon musste ich ablehnen“, sagt die 24-Jährige. Besonders eine Frau sei ihr dabei in Erinnerung geblieben. „Sie erzählte mir von ihrer ersten Geburt, bei der sie starke Wochenbettdepressionen erlitt. Umso wichtiger war es ihr, für die zweite Geburt die Unterstützung einer Hebamme während der ersten Monate zu haben. So jemanden ablehnen zu müssen - da blutet mir das Herz.“

Stefanie Unbehauen


Hilfsorganisationen

"Aktion Deutschland Hilft": Wiederaufbau nach Hochwasser ist Marathon




Zerstörte Fußgängerbrücke im Ahrtal
epd-bild/Hans-Jürgen Vollrath
Knapp ein Jahr nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und im Ahrtal ziehen Hilfsorganisationen trotz Kritik von Betroffenen eine positive Bilanz der geleisteten Unterstützung. Mit dem Wiederaufbau stehe jedoch noch eine Riesenaufgabe bevor.

Berlin (epd). Seit dem Hochwasser, bei dem im Juli vergangenen Jahres mehr als 180 Menschen starben, hat das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ nach eigenen Angaben 35 Millionen Euro an Soforthilfen überwiesen. Nach der Nothilfe für Betroffene und der Bereitstellung temporärer Unterkünfte stehe mit dem Wiederaufbau noch ein „Marathon“ bevor, sagte die Vorstandsvorsitzende des Bündnisses, Edith Wallmeier, am 22. Juni in Berlin. Bislang hätten die von den Mitgliedsorganisationen gezahlten Einzelfallhilfen 10.000 Menschen erreicht.

Warnung: „Es wird ein nächstes Mal geben“

Weiterhin nötig sei die psychosoziale Betreuung Betroffener und die Unterstützung bei der Beantragung staatlicher Mittel für den Wiederaufbau. Diese könnten ausschließlich online gestellt werden, sagte der Koordinator für humanitäre Hilfe bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Felix Neuhaus. Ältere Menschen und solche aus migrantischen Milieus hätten teilweise keinen Zugang zum Internet.

Vor dem Jahrestag des Hochwassers rief das Bündnis dazu auf, die Bevölkerung künftig besser auf Katastrophen vorzubereiten. „Wir müssen uns verdeutlichen, dass der Klimawandel nicht vor Deutschland Halt gemacht hat, es wird ein nächstes Mal geben“, warnte die geschäftsführende Vorständin des Bündnisses, Manuela Roßbach.

Die Bevölkerung müsse sensibilisiert werden und Kenntnis über das nötige Verhalten in Katastrophenfällen erhalten, fügte Wallmeier hinzu. Bei der Vorstellung einer Bilanz der bisherigen Hilfen für Betroffene des Hochwassers mahnte sie: „Jeder sollte wissen: Wie packe ich einen Notfall-Rucksack? Wie verhalte ich mich bei Starkregen? Wie erkenne ich Sirenenzeichen?“

Die „Aktion Deutschland Hilft“ nahm den Angaben zufolge Spenden in Höhe von 282,2 Millionen Euro für die Opfer der Katastrophe ein. Das sei die größte Summe, die das Bündnis je erhalten habe.

Immense Solidarität

Roßbach äußerte Verständnis für den Unmut Betroffener, die beklagten, sie hätten keine Hilfe erhalten. Gleichzeitig wies sie auf Fälle hin, bei denen eine Überprüfung in einem Register der erteilten Hilfen ergeben habe, dass Betroffene bereits von anderen Organisationen Unterstützung erfahren haben.

In einer Zeit sinkender Spendenbereitschaft sei die Solidarität der deutschen Bevölkerung mit den Betroffenen der Katastrophe immens gewesen, sagte Roßbach unter Hinweis auf eine Umfrage des Deutschen Zentralinstitutes für soziale Fragen (DZI). Demnach wurden im vergangenen Jahr 584 Millionen Euro an deutsche Hilfswerke für Katastrophenhilfe gespendet. Das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ sei entsprechend dieser Umfrage der größte Spendenempfänger in Deutschland gewesen.

„Aktion Deutschland Hilft“ ist nach eigenen Angaben ein im Jahr 2001 entstandener Zusammenschluss von rund 20 deutschen Hilfsorganisationen, die nach großen humanitären Katastrophen gemeinsam Hilfe leisten. Seit der Flutkatastrophe vom Juli vergangenen Jahres waren demnach 9.000 Helfer der Partnerorganisationen in rund 300 vom Hochwasser verwüsteten Städten, Kreisen und Gemeinden im Einsatz.

Bettina Gabbe


Pflege

VdK-Aktion für mehr Entlastung von pflegenden Angehörigen




Frau mit pflegebedürftigem Ehemann (Archivbild)
epd-bild/Klaus G. Kohn
Mit seiner Kampagne "Nächstenpflege" wirbt der Sozialverband VdK für bessere Rahmenbedingungen in der häuslichen Pflege. In Form von begehbaren Schilderwäldern fand in sieben bayerischen Städten jeweils eine "Stille Demo" statt.

München (epd). Der Sozialverband VdK hat mit seiner Demo-Aktion „Nächstenpflege“ in sechs bayerischen Städten für mehr Wertschätzung in der häuslichen Angehörigenpflege geworben. Diese neue Art „Stiller Demo“ ohne menschliche Beteiligung sei eine neue Idee, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele am 21. Juni in München. Menschen, die jemanden zu Hause pflegten, hätten nämlich gar keine Zeit, um selbst für die Verbesserung ihrer Situation zu demonstrieren. Stellvertretend für die Betroffenen wurden deshalb Schilder mit Zitaten, die deren Nöte und Sorgen ausdrücken, aufgestellt.

Unruhige Nächte

Auch in Bayern sei die Belastung von Angehörigen in der häuslichen Pflege erheblich, sagte die bayerische VdK-Chefin Ulrike Mascher. 60 Prozent der Pflegenden hätten gesundheitliche Probleme und vernachlässigten ihre eigene Gesundheit. Das habe eine Studie ergeben, die der VdK vergangenes Jahr in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück mit 56.000 Menschen gestartet habe. 27 Prozent könnten nachts nicht durchschlafen, weil auch nachts Pflege nötig sei. Hinzu komme, dass der Großteil der Menschen, die einen Angehörigen pflegten, erwerbstätig seien und durch ihr Engagement auf einen Teil ihres Verdienstes verzichteten. 40 Prozent der Pflegenden würden wegen der Pflege 500 Euro weniger im Monat verdienen.

Der Sozialverband VdK fordert deshalb mehr unabhängige Beratungsstellen, einen Ausbau der Angebote für Angehörige und Pflegebedürftige, Kurzzeitpflegeplätze und einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz. Auch müssten bürokratische Hürden abgebaut werden. „Für viele ist es eine Überforderung zu wissen, auf was sie eigentlich Anspruch haben“, sagte Bentele. Außerdem müsse das Pflegegeld jährlich angepasst werden. Im Hinblick auf die Alterssicherung setzt sich der VdK auch für einen vollen Rentenpunkt pro Pflegejahr ein.

Ökonomisiertes Pflegesystem

Dorothee Schiwy, Sozialreferentin der Landeshauptstadt München, stimmte Mascher zu, dass es dringend Kurzzeitpflegeplätze brauche. In München gebe es gerade mal 85 solcher Plätze. Grund dafür sei die fehlende Finanzierung von Vorbehaltsplätzen durch den Bund. „Wir brauchen dringend die Unterstützung der Bundesregierung“, erklärte Schiwy. An einem Pflegesystem, das ökonomisiert wurde, könne man als Kommune nur schwer etwas verändern. Die Stadt München hat Schiwy zufolge eine Vollkasko-Pflegeversicherung von der Bundesregierung gefordert.

Die Gesundheitsreferentin der Landeshauptstadt München, Beatrix Zurek, räumte ein, dass die bestehenden Beratungsangebote ihres Referats bislang nicht stark genutzt werden. Umso wichtiger sei es, vorhandene Beratungsangebote zusammenzufassen und besser bekanntzumachen. Der oberbayerische Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) begrüßt die neu ins Sozialgesetzbuch aufgenommenen Pflegestützpunkte. Bislang gebe es in Oberbayern 16 dieser Stellen, die wohnortnahe Beratung auch zur häuslichen Pflege anbieten sollen. Bis Januar 2023 sollen es 19 Pflegestützpunkte in Oberbayern sein.

Marika Cordes


Kinder

Kitas arbeiten an Schutzkonzepten gegen Missbrauch



Eine evangelische Kita in Kaiserslautern will möglichem sexuellen Missbrauch von Kindern in ihrer Einrichtung mit einem eigenen Schutzkonzept vorbeugen. Dabei holen sich die Erzieherinnen den Rat bei landeskirchlichen Expertinnen und Experten.

Kaiserslautern (epd). Bis zu eine Million Kinder und Jugendliche mussten in Deutschland nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO bereits sexuelle Gewalt durch Erwachsene erfahren oder erfahren sie noch. „Bei 160 Kindern mache ich mir schon Gedanken, wer möglicherweise betroffen sein könnte“, sagt Astrid Bernhart, Leiterin der protestantischen Kindertagesstätte Auf dem Seß in Kaiserslautern. Um auf mögliche Täter im Umfeld der Kinder aufmerksam zu werden und es diesen in der Einrichtung möglichst schwer zu machen, erarbeitet das Team momentan ein Schutzkonzept für die Kita.

Täterverhalten im Blick

Solche Konzepte sind Teil des Gesetzes zum Schutz vor sexueller Gewalt, das die Synode der evangelischen Landeskirche der Pfalz 2019 beschlossen hat. 20 Multiplikatoren wurden dazu geschult: Sie sollen Einrichtungen in evangelischer Trägerschaft, aber auch Kirchengemeinden fit machen.

Das Thema sexueller Missbrauch sei nicht neu, weiß Bernhart, die seit 40 Jahren im Job ist. „Wir hatten auch schon in den 1980er und 1990er Jahren Fälle, als Eltern - allerdings fälschlicherweise - verdächtigt wurden.“ Vorgeschrieben sei durch den Träger ohnehin ein allgemeines Schutzkonzept. Neu sei jetzt, dass sich das Team explizit mit sexualisierter Gewalt auseinandersetze, das Ganze verschriftlich werde, „und dass Täterverhalten in den Blick genommen wird“, sagt Bernhart.

Dazu gehöre, Tätern keine Räume oder Gelegenheiten zu geben, weil es uneinsichtige Ecken in der Kita gebe oder eine Erzieherin oder ein Erzieher ohne Kolleginnen oder Kollegen in den Räumen sind. So könne auch Missverständnissen vorgebeugt werden. „Wir haben auch männliche Erzieher im Team, sie lassen die Tür offen, wenn sie wickeln“, sagt Bernhart. „In jeder Gruppe sind immer zwei Personen.“ Bernhart schlägt zudem ein weiteres Modul für künftige Schulungen vor: Sexualisierte Gewalt unter Kindern, die manchmal auch mit Missbrauch zusammenhänge.

„Keine leichte Kost“

„Ich habe das Gefühl, die Kindertagesstätten sind schon gut auf dem Weg“, sagt Renate Walch, die als Multiplikatorin in einem Zweierteam die Kindertagesstätte in Kaiserslautern drei Tage lang geschult hat. Auch der Aufbau eines Interventionsteams im Kindergarten für Verdachtsfälle gebe dem Team Sicherheit.

Vieles von dem, was sie lerne und den Einrichtungen vermittle, sei „keine leichte Kost“, sagt Walch, die Referentin für Gemeinwesendiakonie im Dekanat Germersheim ist. „Es braucht schon ein Stück Mut, sich dem zu stellen.“

Dabei stand Walch anfangs dem Thema eher skeptisch gegenüber. Sie habe das Gefühl gehabt, es sei von der Synode nur wegen des Missbrauchsskandals der katholischen Kirche in den Blick genommen worden. Die Zahlen zum Missbrauch, ihr Eintauchen in das Thema habe sie dann eines Besseren gelehrt. „Es hat nichts damit zu tun, ob es die katholische oder evangelische Kirche ist: Das Vertrauen bricht weg.“

Für die Kindertagesstätte Auf dem Seß geht es jetzt darum, das Konzept umzusetzen. „Meine Angst ist, dass das im Alltag hinten runter fällt, weil man oft nur noch funktioniert“, sagt Bernhart mit Blick auf den eklatanten Personalmangel - nicht nur in ihrer Einrichtung. Dazu komme der Frust, „weil es auch schon Fälle gegeben hat, wo das Jugendamt letztlich nicht eingegriffen hat“, sagt die Leiterin.

Florian Riesterer


Behinderung

Älteste Werkstatt für behinderte Menschen im Osten feiert Jubiläum



Arnstadt (epd). Die älteste geschützte Werkstatt für behinderte Menschen in Ostdeutschland, das Marienstift Arnstadt, hat am 17. Juni ihren 60. Geburtstag gefeiert. Die Werkstatt biete ihren Klienten eine Beschäftigung, die ihren Neigungen und Fähigkeiten entspreche, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin Petra Hagt in Arnstadt. Zugleich schaffe sie für diejenigen, für die Arbeit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich sei, in speziellen Förderbereichen einen geschützten und betreuten Raum.

Im Jahr 1962 sei die Einrichtung in Thüringen mit zunächst neun Rehabilitanden in beengten Räumlichkeiten gestartet. Der Anstoß zur Gründung erfolgte durch einen Arnstädter Mediziner nach dem Besuch einer entsprechenden Einrichtung während einer Delegationsreise in den Niederlanden.

Mitglied im Diakonischen Werk

Seit 1996 ist die Werkstatt in einem Neubau am Stadtrand von Arnstadt angesiedelt. Dort leiten derzeit den Angaben zufolge 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt 203 Beschäftigte in diversen Arbeits-, Bildungs- und Förderbereichen an. Sie wünsche sich für die Zukunft, dass noch mehr Unternehmen von der Möglichkeit des Bundesteilhabegesetzes Gebrauch machen und auf die Klienten des Marienstifts zurückgreifen, erklärte Hagt. Das Marienstift Arnstadt ist Mitglied im Diakonischen Werk.

Die Mitarbeiter des Marienstifts werden in den Arbeitsbereichen Holz- und Metallwerkstatt, Montage, Recycling sowie in der Landschaftspflege, dem Arnstädter Tierpark und der Betreuung der Mühlburg eingesetzt.



Gehälter

Diakonie beschließt Zuschläge für "Holen aus dem Frei"



Nürnberg (epd). Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakonie Bayern erhalten ab 2023 bis zu 8,6 Prozent mehr Gehalt. Ihre Beschlüsse hat die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) am 17. Juni mitgeteilt. Für Beschäftigte im Schichtdienst seien Verbesserungen vereinbart worden. Eine kurzfristige Übernahme von Diensten wegen dem Ausfall einer Kollegin oder eines Kollegen werde zukünftig mit einem Zuschlag für das „Holen aus dem Frei“ mit 60 Euro vergütet.

Die beschlossenen Gehaltssteigerungen bedeuten zum Beispiel für Alten- und Krankenpflegerinnen und -pfleger sowie Erzieherinnen und Erzieher in Stufe 1 der Entgeltgruppe E8 eine Steigerung des monatlichen Gehalts von derzeit 3.132 Euro monatlich auf 3.293 Euro ab dem 1. Januar 2023, teilte die ARK mit. Mitarbeitende mit Leitungsverantwortung in der Pflege wie auch Sozialpädagoginnen und -pädagogen mit bestimmten Zusatzqualifikationen, erhalten 4.496 Euro statt bislang 4.294 Euro. Studierende, Auszubildende sowie Anerkennungspraktikantinnen und -praktikanten bekommen eine Erhöhung von 50 Euro monatlich.

Für Mitarbeitende im Schicht- sowie Bereitschaftsdienst wird die Schichtzulage für Mitarbeitende ebenso erhöht wie die Anrechnungspauschale für Rufbereitschaften. Für Bereitschaftsdienste soll es eine Jahresobergrenze geben. Die in der ARK vereinbarten Entgelterhöhungen haben eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2024.

Die ARK Bayern ist das oberste Tarifgremium für die Evangelisch-Lutherische Kirche und ihre Diakonie in Bayern. Ihre Entscheidungen betreffen nach eigenen Angaben derzeit rund 117.000 Mitarbeitende.




sozial-Recht

Landessozialgericht

Sozialhilfe kann bei Bestattung Holzkreuz statt Grabstein verlangen




Gräber auf einem Friedhof
epd-bild/Daniel Staffen-Quandt
Arme Menschen haben Anspruch auf eine einfache, aber würdige Bestattung. Die Sozialhilfe muss dann nicht unbedingt einen Grabstein, sondern lediglich ein schlichtes Holzkreuz finanzieren, urteilte das Landessozialgericht Stuttgart.

Stuttgart (epd). Eine Bestattung auf Kosten der Sozialhilfe darf einfach und dennoch würdig sein. Mittellose Angehörige können daher nicht darauf vertrauen, dass die Kosten für einen teuren Grabstein übernommen werden, wenn auch ein einfaches lackiertes Holzkreuz ortsüblich ist, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 4. Juni veröffentlichten Urteil. Gelder aus einer Sterbegeldversicherung können dann auch nur vorrangig zur Übernahme der angemessenen Bestattungskosten und nicht für einen Grabstein verwendet werden.

Nachlass deckt Kosten nicht

Im konkreten Fall ging es um die Übernahme der Bestattungskosten durch die Sozialhilfe für eine 2017 verstorbene mittellose Frau. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind die nahen Angehörigen bestattungspflichtig. Dazu gehört auch die Übernahme der Bestattungskosten, wenn der Nachlass diese nicht decken kann. Nur wenn die Angehörigen über keine ausreichenden Mittel verfügen, springt die Sozialhilfe ein.

Hier hatte der hinterbliebene Sohn über keine Einkünfte verfügt. Für die Bestattung seiner Mutter fielen Kosten in Höhe von insgesamt 12.430 Euro an. Allein der Grabstein schlug mit 7.508 Euro zu Buche. Eine zu Lebzeiten der Mutter abgeschlossene Sterbegeldversicherung steuerte 3.790 Euro bei. Die restlichen Bestattungskosten beglich der Sohn von seinen Ersparnissen und wollte sich diese vom Sozialhilfeträger erstatten lassen.

Die Behörde lehnte dies weitgehend ab. Zum einen seien nur 4.532 Euro der angefallenen Bestattungskosten erstattungsfähig, zum anderen habe der Kläger auch noch zwei Schwestern, die ebenfalls einen Teil der Kosten tragen müssten. Vom erstattungsfähigen Betrag müsse dann noch das Geld von der Sterbeversicherung abgezogen werden. Letztlich stünden dem Kläger nur 247,54 Euro zu.

Seit Jahren kein Kontakt

Während des anschließenden Gerichtsverfahrens reduzierte der Sohn seine Forderung auf 7.032 Euro. Seine Schwestern könne er aber nicht zur Übernahme der Kosten bewegen, da er zu ihnen seit Jahren keinen Kontakt habe. Eine Schwester sei auf Sozialhilfe angewiesen. Beide hätten die Erbschaft ausgeschlagen. Der Sozialhilfeträger müsse im Rahmen seiner Amtsermittlungspflichten prüfen, ob die Schwestern zur Übernahme der Bestattungskosten herangezogen werden können. Mit seiner Mutter habe er verabredet, dass das Geld von der Sterbeversicherung auch zur Finanzierung des Grabsteins verwendet werden solle.

Der Sohn bekam vom LSG nur in geringem Umfang recht. Neben den von der Sozialhilfe zugesagten 247,54 Euro habe er Anspruch auf weitere 95,78 Euro. Denn der Gesetzgeber habe bestimmt, dass bei Mittellosigkeit der Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten für eine einfache und würdige Bestattung übernehmen muss. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. August 2011 zählten dazu nur Kosten, die unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängen. Todesanzeigen, Leichenschmaus, Anreisekosten oder Bekleidung gehörten nicht dazu.

Die Sozialhilfe müsse auch nur „nachrangig“ für die Kosten aufkommen. Zunächst seien die Kosten aus der Erbmasse oder von den bestattungspflichtigen nahen Angehörigen zu begleichen. Dem Kläger sei es zuzumuten, dass er sich zunächst an seine Schwestern wendet und diese um ihren Teil der Bestattungskosten bittet. Bei einer der Schwestern verfüge der Ehemann über ausreichende Mittel. Dass die Schwestern das Erbe ausgeschlagen hätten, führe zu keinem anderen Ergebnis. Nach den landesrechtlichen Regelungen müssten sie dennoch bei ausreichenden Mitteln die Kosten tragen.

Grabstein von 7.508 Euro

Die geltend gemachten Bestattungskosten seien viel zu hoch. So habe der Sohn die Kosten des Bestattungsinstituts für die Erledigung von Formalitäten - etwa beim Standesamt - angeführt. Dies hätte er problemlos auch selbst erledigen können. Auch die Kosten für einen Grabstein, hier 7.508 Euro, könnten nicht berücksichtigt werden. Zwar zähle zu den angemessenen Kosten die Individualisierung der Grabstätte. Dabei komme es aber darauf an, was ortsüblich ist. In der Regel sei ein Holzkreuz ausreichend. Hier wäre ein lackiertes Holzkreuz für 94 Euro infrage gekommen.

Keine Rolle spiele es, dass die Mutter sich einen Grabstein gewünscht hatte und das Sterbegeld hierfür habe verwenden wollen. Die Sterbegeldversicherung sei nicht zweckgebunden gewesen, so dass das Sterbegeld insgesamt für die angemessenen Bestattungskosten verwendet werden müsse.

Bestattung von Totgeburten

Das LSG Essen entschied mit rechtskräftigem Urteil vom 12. Dezember 2019, dass der Sozialhilfeträger nach den landesrechtlichen Regelungen bei Fehlgeburten überhaupt nicht für die Bestattungskosten aufkommen muss. Es fehle hierfür an einer Bestattungspflicht der Eltern. Bei Fehl- und in Nordrhein-Westfalen auch bei Totgeburten seien aber die Kliniken zur Kostenübernahme der Bestattung verpflichtet, so die Essener Richter. Die Klinik müsse dann die Tot- und Fehlgeburten „unter würdigen Bedingungen“ sammeln und bestatten.

Weder ergebe sich aus erb- und unterhaltsrechtlichen noch aus öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichten ein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten. So sei die Tochter als Fehlgeburt nie rechtsfähig geworden. Es gebe damit keine Erben, die zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet gewesen wären. Dies sei nur bei einer Lebendgeburt der Fall.

Az.: L 2 SO 1679/19 (Landessozialgericht Stuttgart)

Az.: B 8 SO 20/10 R (Bundessozialgericht)

Az.: L 20 SO 219/16 (Landessozialgericht Essen)

Frank Leth


Oberverwaltungsgericht

Impfverpflichtung in Heimen nicht mit Zwangsgeld durchsetzbar



Lüneburg (epd). Die Corona-Impfpflicht für Mitarbeitende in Pflegeheimen und entsprechenden Einrichtungen darf nicht mit einem Zwangsgeld durchgesetzt werden. Mit diesem Beschluss wies das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am 22. Juni die Beschwerde des Landkreises Diepholz gegen eine vorangegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover ab.

Der Landkreis hatte der nicht geimpften Beschäftigten eines Seniorenhauses unter Androhung eines Zwangsgeldes auferlegt, einen Nachweis über eine Impfung gegen Covid-19 einzureichen. Der Nachweis über die Erstimpfung sollte innerhalb von 14 Tagen und der über die Zweitimpfung innerhalb von weiteren 42 Tagen vorliegen. Die Frau ging dagegen mit einem Eilantrag vor und bekam vom Verwaltungsgericht Recht. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Sichtweise nun bestätigt.

Pflegekräfte haben eine Wahl

Das Infektionsschutzgesetz biete für eine Durchsetzung der Impfpflicht mithilfe eines Zwangsgeldes keine Grundlage, urteilten die Lüneburger Richter. Die auch als „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ bezeichnete Nachweispflicht begründe gerade keine Verpflichtung der betroffenen Personen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Regelung stelle die Betroffenen vielmehr vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Impfung einzuwilligen.

Dementsprechend eröffne das Gesetz dem Gesundheitsamt die Möglichkeit, bei Nichtvorlage eines Nachweises ein sofort vollziehbares Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen, hieß es weiter. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht, äußerst verletzbare Personengruppen vor einer Infektion mit dem Coronavirus zeitnah und in besonderem Maße zu schützen. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Az.: 15 ME 258/22



Sozialgericht

Neugeborenes kommt gleich in die Familienversicherung



Duisburg (epd). Ein neugeborenes Kind kann auch ohne formellen Antrag Mitglied in der Familienversicherung einer gesetzlichen Krankenkasse sein. Wurde das Kind stationär in einem Krankenhaus behandelt und ist die Mutter bereits familienversichert, darf die Krankenkasse die Begleichung der Klinikrechnung wegen fehlender Mitgliedschaft nicht verweigern, entschied das Sozialgericht Duisburg.

Das Gericht verpflichtete damit eine Krankenkasse, die Klinikkosten in Höhe von 1.266 Euro für eine zweitägige stationäre Behandlung eines neugeborenen Kindes zu bezahlen. Die Mutter des Kindes war familienversichert und hatte dies auch bei der Aufnahme ihres Kindes im Krankenhaus so angegeben. Stammversicherte war die Großmutter. Der Vater des Neugeborenen ist unbekannt.

Gesetzliche Mitwirkungspflichten

Als das Krankenhaus von der Krankenkasse die Begleichung der Behandlungskosten forderte, lehnte diese ab. Sowohl die Mutter des Neugeborenen als auch die Großmutter hätten für das Kind gar keine Familienversicherung beantragt. Dies gehöre aber zu ihren gesetzlichen Mitwirkungspflichten. Nur wenn ein formeller Antrag vorliege, könne die Mitgliedschaft in der Familienversicherung geprüft werden.

Das Sozialgericht urteilte, dass das Neugeborene auch ohne formellen Antrag Versicherungsschutz in der Familienversicherung genießt. Die Krankenkasse müsse daher der Klinik die Behandlungskosten bezahlen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind die Kinder von familienversicherten Kindern regelmäßig versichert. Eine Voraussetzung hierfür sei ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland, nicht aber ein gestellter formeller Antrag auf Mitgliedschaft.

Schutz der gesetzlichen Versicherung

Hier sei die Mutter des Kindes bereits über die Großmutter familienversichert gewesen. Da die Geburt in Duisburg und die Behandlung nur wenige Tage später ebenfalls in Duisburg erfolgte, sei auch von einem gewöhnlichen Aufenthalt in der Ruhr-Metropole auszugehen.

Das Gesetz sehe zwar vor, dass das Stammmitglied hinsichtlich der Familienversicherung eine Mitteilungspflicht gegenüber der Krankenkasse hat. Voraussetzung für das Bestehen der Familienversicherung sei dies aber nicht. Denn andernfalls hätte dies zur Folge, dass „für Behandlungen direkt nach der Geburt nie ein Schutz der gesetzlichen Versicherung“ vorliegen würde, da vorher keine Gelegenheit zum vorherigen Antrag auf Mitgliedschaft besteht.

Az.: S 39 KR 1654/20



Europäischer Gerichtshof

Österreich diskriminiert Wanderarbeiter bei Familienbeihilfe



Luxemburg (epd). Österreichische Regelungen zur Familienbeihilfe und zu bestimmten Steuervergünstigungen diskriminieren Wanderarbeiter und sind europarechtswidrig. Das urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 16. Juni in Luxemburg und gab damit einer Klage der EU-Kommission in vollem Umfang statt.

2019 hatte Österreich die Familienbeihilfe sowie Steuervergünstigungen für Erwerbstätige, deren Kinder ständig in einem anderen EU-Land wohnen, geändert. Es führte einen Anpassungsmechanismus für die Berechnung ein, der sich nach dem Preisniveau des jeweiligen Landes richtet.

Leistungen nach unten angepasst

Damit habe Österreich gegen die EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verstoßen, entschieden die Luxemburger Richter. Denn Familienleistungen dürften dem Gesetz zufolge nicht deshalb gekürzt oder geändert werden, weil der Berechtigte oder seine Angehörigen in einem anderen als dem Staat wohnen, der sie gewährt.

Darüber hinaus stellte der EuGH mit Blick auf die Familienleistungen sowie die Steuervergünstigungen eine unzulässige Diskriminierung von Ausländern fest. Denn der Anpassungsmechanismus treffe „im Wesentlichen die Wanderarbeitnehmer, da insbesondere ihre Kinder möglicherweise in einem anderen Mitgliedstaat wohnen“, erklärte das Gericht.

Zudem kämen die Betroffenen großenteils aus Ländern mit niedrigeren Lebenshaltungskosten als Österreich. Dadurch würden Leistungen und Vergünstigungen bei ihnen vor allem nach unten angepasst.

Az.: C-328/20




sozial-Köpfe

Kirchen

Marion Feldmann wird Geschäftsführerin der Caritas im Emsland




Marion Feldmann
epd-bild/Caritas/Kerstin Kruse
Der Caritasverband für den Landkreis Emsland bekommt eine neue Geschäftsführerin. Die 52-jährige Religionspädagogin und Sozialarbeiterin Marion Feldmann übernimmt das Amt am 1. August.

Osnabrück (epd). Marion Feldmann löst als neue Geschäftsführerin des Caritasverbandes für das Emsland Marcus Drees ab, der eine neue Aufgabe beim Caritasverband für die Diözese Osnabrück wahrnehmen wird. Drees war seit November 2008 Geschäftsführer des emsländischen Caritasverbandes.

Feldmann ist mit dem katholischen Wohlfahrtsverband für den Kreis Emsland gut vertraut: 1995 absolvierte sie dort ihr Anerkennungsjahr als Diplom-Sozialarbeiterin in der Wohnungslosenhilfe und wechselte danach in die Fachambulanz Sucht. 2009 übernahm sie die Leitung der Fachambulanz.

Caritasdirektor Johannes Buß sagte, er sei „sicher, dass Marion Feldmann die großen Fußstapfen, die Marcus Drees hinterlässt, schnell ausfüllen wird. Sie ist tief und bodenständig im Emsland verwurzelt und hat ihre profunde berufliche und persönliche Kompetenz in den vergangenen 26 Jahren beim Caritasverband unter Beweis gestellt.“

In vier Beratungsstellen und an weiteren Sprechstunden-Standorten bietet der Caritasverband für den Landkreis Emsland ein Beratungsspektrum für beinahe alle sozialen Fragen. 70 Mitarbeitende erreichen jährlich rund 4.500 Klientinnen und Klienten.



Weitere Personalien



Katrin Wilhelm (42) leitet ab Juli das Diakoniezentrum für Obdachlose im Frankfurter Bahnhofsviertel, „Weser5“. Die Sozialarbeiterin löst Jürgen Mühlfeld (60) an der Spitze ab. Der Sozialpädagoge leitete das Diakoniezentrum mit Tagestreff, Sozialer Beratungsstelle, Straßensozialarbeit, Notübernachtungsplätzen und Männerwohnheim sechs Jahre lang und geht in den Ruhestand. Im „Weser5“ sind 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Wilhelm arbeitet seit Herbst 2020 im Diakoniezentrum in der Sozialen Beratungsstelle und der Straßensozialarbeit. Zuvor leitete sie eine Drogenhilfe-Einrichtung sowie eine Unterkunft für Wohnungslose in Darmstadt und eine Kältehilfe-Einrichtung der Diakonie in Berlin.

Ferda Ataman soll nach dem Willen der Bundesregierung Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes werden. Gewählt werden muss die Politologin und Publizistin vom Bundestag. Ataman (43) war unter anderem im Familien- und Integrationsministerium in Nordrhein-Westfalen tätig und baute den Mediendienst Integration auf, eine wissenschaftliche Internetplattform für Journalistinnen und Journalisten. Zuletzt gründete die Buchautorin, Journalistin und Kolumnistin ein Beratungsunternehmen für Diversität. Sie würde auf den Juristen Bernhard Franke folgen, der seit 2018 kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle ist.

Claudia Altwasser (61) vom Deutschen Olympischen Sportbund ist von der Mitgliederversammlung des Deutschen Frauenrats zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden gewählt worden. Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Elke Ferner gehört jetzt dem Vorstand als Mitglied für Strukturen der nationalen Gleichstellungspolitik und Annika Wünsche als Mitglied für europäische und internationale Gleichstellungspolitik an. Susanne Maier und Yvonne de Andrés komplettieren als die neuen Verantwortlichen für die Schwerpunktthemen „Armut“ und „Intersektionalität“ den Vorstand, dem auch Monika von Palubicki als Verantwortliche für das Thema „Klima“ bereits seit letztem Jahr angehört. Vorstandsvorsitzende des Deutschen Frauenrates ist Beate von Miquel von den Evangelischen Frauen in Deutschland.

Peter Stein (54) übernimmt zum Juli das Stabsreferat Lobbykoordination und Dialog bei „Brot für die Welt“. Der Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete tritt damit die Nachfolge von Thilo Hoppe an. Der 64 Jahre alte Hoppe war Bundestagsabgeordneter der Grünen, bevor er 2014 zu „Brot für die Welt“ wechselte. Stein war von 2013 bis 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags für den Wahlkreis Rostock - Rostock Land II, dabei Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und im parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung. Daneben war er auch Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Juli



Wir haben Tagungen, Seminare, Workshops und Webinare aufgelistet, die aktuell geplant sind. Wegen der Corona-Epidemie sagen Veranstalter allerdings Termine auch kurzfristig ab. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, das zu beachten.

Juni

28.6. Berlin:

Seminar „Die Stiftungsgeschäftsführung - Schlüsselkompetenzen im Zivil- und Gemeinnützigkeitsrecht“

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

29.-30.6.: Frankfurt a.M.:

Seminar „Arbeitsrecht für Leitungskräfte“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-10

29.6.-1.7. Berlin:

Seminar „Beratungskompetenz erweitern: Zuhören - Verstehen - Begleiten“

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-139

30.6. Stuttgart:

Seminar „Rechtsformen und Rechtsformwechsel gemeinnütziger Organisationen“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-10

Juli

6.7.:

Online-Fortbildung „Suizidalen Krisen begegnen“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/2001-700

20.-21.7. Stuttgart:

Seminar „Veränderungsprozesse gestalten“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/286976-10

28.7. München:

Seminar „Aktuelle Entwicklungen im Sozialdatenschutz“

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

August

8.-11.8. Berlin:

Seminar „Familiennachzug von Geflüchteten“

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-139

29.-31.8. Berlin:

Seminar „Überzeugen muss kein Kraftakt sein - Einsatz von Körper, Stimme, Sprache in Verhandlungen und Präsentationen“

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-476

30.8. Berlin:

Seminar „Grundlagen des Arbeitsrechtes in Einrichtungen der Sozialwirtschaft - Gestaltungsspielräume nutzen“

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356159

31.8. Berlin:

Seminar „Betriebsverfassungsrecht aus Arbeitgebersicht“

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356159