Stuttgart (epd). Eine Bestattung auf Kosten der Sozialhilfe darf einfach und dennoch würdig sein. Mittellose Angehörige können daher nicht darauf vertrauen, dass die Kosten für einen teuren Grabstein übernommen werden, wenn auch ein einfaches lackiertes Holzkreuz ortsüblich ist, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 4. Juni veröffentlichten Urteil. Gelder aus einer Sterbegeldversicherung können dann auch nur vorrangig zur Übernahme der angemessenen Bestattungskosten und nicht für einen Grabstein verwendet werden.
Im konkreten Fall ging es um die Übernahme der Bestattungskosten durch die Sozialhilfe für eine 2017 verstorbene mittellose Frau. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind die nahen Angehörigen bestattungspflichtig. Dazu gehört auch die Übernahme der Bestattungskosten, wenn der Nachlass diese nicht decken kann. Nur wenn die Angehörigen über keine ausreichenden Mittel verfügen, springt die Sozialhilfe ein.
Hier hatte der hinterbliebene Sohn über keine Einkünfte verfügt. Für die Bestattung seiner Mutter fielen Kosten in Höhe von insgesamt 12.430 Euro an. Allein der Grabstein schlug mit 7.508 Euro zu Buche. Eine zu Lebzeiten der Mutter abgeschlossene Sterbegeldversicherung steuerte 3.790 Euro bei. Die restlichen Bestattungskosten beglich der Sohn von seinen Ersparnissen und wollte sich diese vom Sozialhilfeträger erstatten lassen.
Die Behörde lehnte dies weitgehend ab. Zum einen seien nur 4.532 Euro der angefallenen Bestattungskosten erstattungsfähig, zum anderen habe der Kläger auch noch zwei Schwestern, die ebenfalls einen Teil der Kosten tragen müssten. Vom erstattungsfähigen Betrag müsse dann noch das Geld von der Sterbeversicherung abgezogen werden. Letztlich stünden dem Kläger nur 247,54 Euro zu.
Während des anschließenden Gerichtsverfahrens reduzierte der Sohn seine Forderung auf 7.032 Euro. Seine Schwestern könne er aber nicht zur Übernahme der Kosten bewegen, da er zu ihnen seit Jahren keinen Kontakt habe. Eine Schwester sei auf Sozialhilfe angewiesen. Beide hätten die Erbschaft ausgeschlagen. Der Sozialhilfeträger müsse im Rahmen seiner Amtsermittlungspflichten prüfen, ob die Schwestern zur Übernahme der Bestattungskosten herangezogen werden können. Mit seiner Mutter habe er verabredet, dass das Geld von der Sterbeversicherung auch zur Finanzierung des Grabsteins verwendet werden solle.
Der Sohn bekam vom LSG nur in geringem Umfang recht. Neben den von der Sozialhilfe zugesagten 247,54 Euro habe er Anspruch auf weitere 95,78 Euro. Denn der Gesetzgeber habe bestimmt, dass bei Mittellosigkeit der Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten für eine einfache und würdige Bestattung übernehmen muss. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. August 2011 zählten dazu nur Kosten, die unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängen. Todesanzeigen, Leichenschmaus, Anreisekosten oder Bekleidung gehörten nicht dazu.
Die Sozialhilfe müsse auch nur „nachrangig“ für die Kosten aufkommen. Zunächst seien die Kosten aus der Erbmasse oder von den bestattungspflichtigen nahen Angehörigen zu begleichen. Dem Kläger sei es zuzumuten, dass er sich zunächst an seine Schwestern wendet und diese um ihren Teil der Bestattungskosten bittet. Bei einer der Schwestern verfüge der Ehemann über ausreichende Mittel. Dass die Schwestern das Erbe ausgeschlagen hätten, führe zu keinem anderen Ergebnis. Nach den landesrechtlichen Regelungen müssten sie dennoch bei ausreichenden Mitteln die Kosten tragen.
Die geltend gemachten Bestattungskosten seien viel zu hoch. So habe der Sohn die Kosten des Bestattungsinstituts für die Erledigung von Formalitäten - etwa beim Standesamt - angeführt. Dies hätte er problemlos auch selbst erledigen können. Auch die Kosten für einen Grabstein, hier 7.508 Euro, könnten nicht berücksichtigt werden. Zwar zähle zu den angemessenen Kosten die Individualisierung der Grabstätte. Dabei komme es aber darauf an, was ortsüblich ist. In der Regel sei ein Holzkreuz ausreichend. Hier wäre ein lackiertes Holzkreuz für 94 Euro infrage gekommen.
Keine Rolle spiele es, dass die Mutter sich einen Grabstein gewünscht hatte und das Sterbegeld hierfür habe verwenden wollen. Die Sterbegeldversicherung sei nicht zweckgebunden gewesen, so dass das Sterbegeld insgesamt für die angemessenen Bestattungskosten verwendet werden müsse.
Das LSG Essen entschied mit rechtskräftigem Urteil vom 12. Dezember 2019, dass der Sozialhilfeträger nach den landesrechtlichen Regelungen bei Fehlgeburten überhaupt nicht für die Bestattungskosten aufkommen muss. Es fehle hierfür an einer Bestattungspflicht der Eltern. Bei Fehl- und in Nordrhein-Westfalen auch bei Totgeburten seien aber die Kliniken zur Kostenübernahme der Bestattung verpflichtet, so die Essener Richter. Die Klinik müsse dann die Tot- und Fehlgeburten „unter würdigen Bedingungen“ sammeln und bestatten.
Weder ergebe sich aus erb- und unterhaltsrechtlichen noch aus öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichten ein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten. So sei die Tochter als Fehlgeburt nie rechtsfähig geworden. Es gebe damit keine Erben, die zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet gewesen wären. Dies sei nur bei einer Lebendgeburt der Fall.
Az.: L 2 SO 1679/19 (Landessozialgericht Stuttgart)
Az.: B 8 SO 20/10 R (Bundessozialgericht)
Az.: L 20 SO 219/16 (Landessozialgericht Essen)