München (epd). Der Verein „LichtBlick Seniorenhilfe“ setzt sich seit fast 20 Jahren für Seniorinnen und Senioren ein, deren finanzielle Mittel für ein Leben in Würde nicht ausreichen. In München, dem Sitz des Vereins, hilft er rund 20.000 alten Menschen mit Geld und als politische Stimme. „Lichtblick“-Angestellte Patricia Kokot über Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Stromrechnung bezahlen sollen. Anna Schmid hat sie interviewt.
epd sozial: Wie unterstützt der Münchener Verein „LichtBlick“ Seniorinnen und Senioren?
Patricia Kokot: Wir helfen den Menschen sowohl finanziell als auch mit Dingen des täglichen Bedarfs, wenn sie sich die nicht mehr leisten können. Das können Medikamente sein, orthopädische Schuhe oder eine neue Waschmaschine. Voraussetzung ist, dass die Menschen mindestens 60 Jahre alt sind und Rente aus der deutschen Rentenversicherung beziehen.
epd: Ist die Zahl der Anfragen wegen der aktuellen Inflation gestiegen?
Kokot: Wir hatten vorher schon großen Zulauf, aber jetzt ist es noch mehr geworden. War es vorher am 20. des Monats oft knapp, ist das jetzt schon am 10. oder 15. der Fall. Die zum 1. Juli anstehende Rentenerhöhung ist ein Nullsummengeschäft. Den Menschen wird davon nichts übrigbleiben.
epd: Wie empfinden die Seniorinnen und Seniorinnen die Lage seit Beginn des Krieges in der Ukraine? Manche werden sich ja noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern ...
Kokot: Der Krieg setzt natürlich noch mal eins drauf. Aber wenn du nicht mehr weißt, wie du dir Brot, Butter oder Äpfel leisten kannst, oder wenn du dich fragst, wie du deine Stromrechnung bezahlen sollst, steht das erstmal im Vordergrund. Heute hat eine Seniorin mit über 80 zu mir am Telefon gesagt, sie würde am liebsten sterben, weil sie nicht mehr weiß, wie sie das alles bezahlen soll.
epd: Das zweite Entlastungspaket der Bundesregierung beinhaltet eine Energiepreispauschale von 300 Euro, die die gestiegenen Energiekosten abfedern soll. Rentnerinnen und Rentner wurden dabei allerdings nicht berücksichtigt. Wie bewerten Sie das?
Kokot: Das zeigt, dass alte Menschen keine Lobby haben. Sie haben dieses Land doch aufgebaut! Ich finde das furchtbar traurig, es erschüttert mich.
epd: Profitieren die Senioren, die ihr Verein unterstürzt, von den anderen Maßnahmen aus dem Paket, wie dem 9-Euro-Ticket oder dem Tankrabatt?
Kokot: Vom 9-Euro-Ticket ganz sicher, viele sind noch sehr mobil. Aber es gibt auch ältere Menschen, für die sind auch neun Euro zu viel. Die überlegen lange, ob sie sich etwas kaufen oder nicht.
epd: Was könnte Menschen in Altersarmut helfen?
Kokot: Eine Rentenerhöhung, die vor Inflation geschützt ist. Und ein System, bei dem alle, egal welchen Beruf sie haben, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Auch Politiker. Damit alles etwas mehr ins Gleichgewicht kommt.
epd: Wie geht es im Winter weiter? Fürchten die älteren Menschen die Kälte?
Kokot: Schon vorher hatten viele Menschen Angst, die Heizung aufzudrehen, weil sie die Nachzahlung fürchten. Sie ziehen lieber mehrere Pullis übereinander an, machen sich eine Wärmflasche oder heizen nur einen Raum, in dem sie sich dann aufhalten. Das Geld für höhere Abschlagszahlungen ist nicht da. Und wenn du nichts hast, kannst du auch nichts sparen.