Italien hat die unter Ex-Innenminister Matteo Salvini eingeführten Strafen in Millionenhöhe für private Seenotretter im Mittelmeer abgeschafft. Ein vom Ministerrat verabschiedetes Dekret sieht nach Regierungsangaben vom 6. Oktober überdies einen Ausbau der unter Salvini stark eingeschränkten Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge vor. Das Kabinett von Ministerpräsident Giuseppe Conte betonte in dem Dekret ferner das Verbot, Flüchtlinge in seeuntauglichen Booten zurückzuweisen.

Salvini von der rechtspopulistischen Lega hatte als Innenminister sogenannte Sicherheitsdekrete durchgesetzt. Diese schlossen einen Großteil der Migranten von Aufnahme- und Integrationsmaßnahmen aus. Private Flüchtlingsretter wurden mit Strafen von bis zu einer Million Euro belegt, ihre Schiffe beschlagnahmt. Im August vergangenen Jahres verließ der damalige Innenminister die Regierung. Seine Nachfolgerin Luciana Lamorgese gilt als gemäßigt, verzögert jedoch nach wie vor die Genehmigungen für Schiffe mit geretteten Flüchtlingen, italienische Häfen anzulaufen.

Auch "Sea-Watch 4" festgehalten

Die Schiffe werden nach ihrer Ankunft wegen technischer Kontrollen am Auslaufen gehindert. Das geschah auch mit dem kirchlichen Rettungsschiff "Sea-Watch 4", das in der Nacht zum 20. September in der sizilianischen Hafenstadt Palermo festgesetzt wurde. Die Crew hatte mehr als 350 Menschen aus Seenot gerettet. Die "Sea-Watch 4" wird von dem Bündnis "United4Rescue" betrieben, das die Evangelische Kirche in Deutschland initiiert hatte.

Salvini steht mittlerweile wegen der Blockade der "Gregoretti" mit 131 Flüchtlingen an Bord vor Gericht. Im Zusammenhang mit der Weigerung, das Schiff der italienischen Küstenwache in einen Hafen einlaufen zu lassen, wird ihm in Catania Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vorgeworfen. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Das zuständige Untersuchungsgericht in dem Fall will Ministerpräsident Conte und Innenministerin Lamorgese anhören. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Einstellung des Verfahrens.

Im Juli 2019 mussten die vor der libyschen Küste geretteten Flüchtlinge unter katastrophalen hygienischen Bedingungen mehrere Tage auf der "Gregoretti" ausharren. Erst unter internationalem Druck erteilte Salvini dem Schiff die Genehmigung, einen italienischen Hafen anzufahren.