Die Staatsanwaltschaft Berlin hat gegen einen mutmaßlichen ehemaligen KZ-Wachmann Anklage erhoben. Dem Angeschuldigten Hans H. werde Beihilfe zum Mord in mehr als 36.000 Fällen vorgeworfen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin am 23. November mit. Der heute 95-Jährige soll zwischen Sommer 1944 und Frühjahr 1945 Angehöriger der 16. Kompanie des SS-Totenkopfsturmbannes im Konzentrationslager Mauthausen gewesen sein. Das östlich von Linz (Österreich) gelegene Lager lag damals auf dem Gebiet des Deutschen Reiches.

Dort soll Hans H. laut Staatsanwaltschaft als Bewacher der Häftlinge eingesetzt worden sein, unter anderem auch bei Märschen zu Arbeitskommandos oder in dem Steinbruch "Wiener Graben". Während der Tatzeit wurden laut Staatsanwaltschaft in Mauthausen mindestens 36.223 Menschen getötet. Die Tötungen erfolgten dabei größtenteils durch Vergasung, aber auch durch "Totbade-Aktionen", Injektionen und Erschießungen sowie aufgrund der dramatischen Lebensumstände unter anderem durch Verhungern und Erfrieren.

"Tötungen gefördert"

Dem Angeschuldigten sollen sämtliche Tötungsarten und Tötungsmethoden ebenso bekannt gewesen sein wie die desaströsen Lebensumstände der inhaftierten Menschen. Er habe, so der Anklagevorwurf, "mit seiner Wachdiensttätigkeit die vieltausendfach geschehenen Tötungen der Lagerinsassen durch die Haupttäter fördern oder zumindest erleichtern wollen".

Die Anklageerhebung zu so einem späten Zeitpunkt sei möglich, weil laut der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von 2016 auch Fälle als Beihilfe zum Mord strafrechtlich verfolgbar sind, in denen Beschuldigte zwar selbst nicht getötet, aber in den organisierten Tötungsapparat eingebunden waren, heißt es. Laut "Bild"-Zeitung wohnt der Angeklagte in einer Hochhaussiedlung in Berlin-Neukölln. Das Landgericht Berlin muss jetzt über die Zulassung der Anklage und die Verhandlungsfähigkeit des 95-Jährigen entscheiden.