Bielefeld (epd). Kirchentagspräsident Hans Leyendecker hat die Entscheidung verteidigt, keine AfD-Vertreter zur aktiven Teilnahme am Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni in Dortmund zuzulassen. "Wir laden keine Hetzer und keine Rassisten ein", sagte er am 20. November in Bielefeld. Allerdings solle es Foren geben, in denen Menschen zu Wort kommen, die die AfD wählen oder mit der Partei sympathisieren. Auch Präses Annette Kurschus, leitende Theologin der gastgebenden westfälischen Kirche, stellte sich hinter den Beschluss des Kirchentagspräsidiums. AfD-Politikern dürfe "kein Podium für ihre populistische Propaganda" geboten werden.
"Wir wollen nicht, dass diese Parolen, die teilweise menschenverachtend, menschenverhetzend und voller Hass sind, durch unsere Veranstaltung verstärkt verbreitet werden", sagte Kurschus, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Natürlich müssen wir auch mit führenden AfD-Vertretern im Gespräch bleiben, ich möchte ihnen aber keine öffentliche Bühne bieten." Wichtig sei das Gespräch mit Menschen, die mit Positionen der AfD sympathisieren: "Nicht alle sind überzeugte Populisten und Menschenverächter."
Leyendecker sagte dem epd, die AfD habe sich seit 2017 noch weiter nach rechts entwickelt und es gebe eine "offene Hinwendung zum Nationalsozialismus". Deshalb setze der Kirchentag ein Zeichen, indem er keine AfD-Funktionäre auf Podien und in Diskussionen mitwirken lasse: "Ich glaube, dass die Zeit der Alibis, der Taktiererei, der ewigen Frage, ob man die Partei zum Märtyrer macht, vorbei ist." AfD-Politiker könnten "an Gottesdiensten teilnehmen oder bei einer Bibelarbeit dabei sein, wo immer sie wollen, sie kommen aber nicht auf Podien".
Sorgen um den Arbeitsplatz
Anders sei es mit Anhängern und Wählern: Sie sollten in Foren zu Wort kommen und über ihre Situation und ihre Probleme sprechen. Viele Menschen hätten heute das Gefühl, sie seien mit ihren Sorgen um den Arbeitsplatz, die Rente oder die Wohnung allein, ihnen höre niemand zu und sie würden nicht verstanden. "Die sozialen Verwerfungen in unserem Land müssen deutlich zur Sprache kommen", betonte Leyendecker.
"Wir wollen das Gespräch mit allen suchen, die an wirklichen Gesprächen interessiert sind." Daher sollten sich alle ausdrücklich eingeladen fühlen, "denen die Versprechen und Positionen der AfD als gute Antworten auf die aktuellen politischen Herausforderungen erscheinen".
Leyendecker erinnerte daran, dass der Kirchentag auch gegründet worden sei, weil die Kirche während der NS-Herrschaft versagt habe. "Die vor uns waren, haben bei verschiedenen Gelegenheiten Flagge gezeigt, und wir tun das jetzt auch", betonte der Kirchentagspräsident vor der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen, die auf seine Worte mit kräftigem Applaus reagierte.
"Roter Faden Migration"
Insgesamt soll der Dortmunder Kirchentag nach den Worten seines Präsidenten theologisch, politisch und unbequem sein. Er wünsche sich einen "Kirchentag der klaren Worte", der die Vielfalt der gesellschaftlichen Positionen in einen Dialog bringe, sagte Leyendecker. Aber nicht nur Probleme und Krisen würden thematisiert, sondern an einem "Ort der guten Nachrichten" würden auch Erfolge und Hoffnung ins Blickfeld gerückt. Ein "Roter Faden Migration" soll sämtliche Programminhalte durchziehen und das interreligiöse Programm soll "trialogische Veranstaltungen" von Juden, Christen und Muslimen anbieten.
Das komplette Programm des 37. Deutschen Evangelischen Kirchentages vom 19. bis 23. Juni mit mehr als 2.000 Veranstaltungen wird im März vorgestellt. Unter anderem soll es 400 Gottesdienste und 800 Konzerte geben. Zu den drei Eröffnungsgottesdiensten werden 80.000 Menschen erwartet, zum anschließenden Abend der Begegnung rund 250.000. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 100.000 Dauerteilnehmern. Das Treffen steht unter der Losung "Was für ein Vertrauen".