Mit politischen Forderungen nach einer menschlichen Flüchtlingspolitik, mehr Umweltschutz und einer stärker Bekämpfung des Antisemitismus ist am 21. November die diesjährige Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen zu Ende gegangen. Das Kirchenparlament der gut 2,2 Millionen westfälischen Protestanten verabschiedete zudem den Haushalt für 2019. Die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs in der viertgrößten deutschen Landeskirche soll zügig angegangen werden. Auf allen Ebenen will sich die Kirche bis zur nächsten Landessynode in einem Jahr mit dem Thema Kirche und Migration befassen und dann Konsequenzen aus den Ergebnissen dieses Prozesses ziehen.

Kritik an Verschärfung des Kirchenasyls

Das Phänomen der Migration kennzeichne zunehmend die Gesellschaft und die Kirche, sagte die leitende Theologin der westfälischen Kirche, Präses Annette Kurschus. Die Kirche werde immer mehr "durchmischt von Menschen, die dazugekommen sind". Sie müsse offene Türen haben und sich am Bedarf der Menschen orientieren, zugleich müsse sie mit weniger Geld auskommen und sich kleiner setzen, ohne sich marginalisiert vorzukommen. Der Kreis der Menschen in der Kirche werde bunter werden und hoffentlich auch jünger.

Zum Abschluss ihrer viertägigen Beratungen kritisierte die Synode die jüngsten Verschärfungen beim Kirchenasyl und forderte die Innenminister auf, die Einstufung von Flüchtlingen im Kirchenasyl als "flüchtig" zurückzunehmen. "Flüchtlingspolitik muss sich an Menschenrechten und Menschenwürde orientieren", sagte der Stellvertreter von Kurschus, Vizepräsident Ulf Schlüter. Das Kirchenparlament verlangte zudem, Flüchtlingsbürgen von unangemessenen, existenzbedrohenden Forderungen freizustellen.

Extremismus-Bekämpfung

Die Landeskirche rief in einem weiteren Beschluss dazu auf, sich Übergriffen gegen Juden und Muslime entgegenzustellen und die Opfer von rechtsradikaler Gewalt stärker in den Blick zu nehmen. Zur Energie- und Umweltpolitik hieß es, nötig sei ein zügiger Ausstieg aus der Kohleverstromung. Der damit verbundene Strukturwandel müsse jedoch sozialverträglich gestaltet werden. Die Verhinderung eines katastrophalen Klimawandels sei eine der größten Herausforderungen der Menschheit. Zur Linderung der Wohnungsnot will die westfälische Kirchen prüfen, wie sie mit ihren eigenen Immobilien zu einer Entspannung beitragen kann.

Aus Kirchensteuern erwartet die westfälische Kirche dieses Jahr schätzungsweise Einnahmen in Höhe von 550 Millionen Euro. Dank eines stabilen Arbeitsmarkts habe es in den letzten Jahren "unglaubliche Steigerungsraten" gegeben, sagte Finanzdezernent Arne Kupke. Durch den Bevölkerungsrückgang und das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsleben werde aber mit einem deutlichen Rückgang der Einnahmen in den kommenden Jahren gerechnet.

Große Vorfreude herrscht nach Schlüters Worten auf den 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 19. bis 23. Juni in Dortmund stattfindet. Die Landessynode signalisierte am 20. November mit großem Applaus für Kirchentagspräsident Hans Leyendecker, dass sie die Entscheidung unterstützt, keine AfD-Vertreter zur aktiven Teilnahme am Kirchentag zuzulassen. "Wir laden keine Hetzer und keine Rassisten ein", sagte Leyendecker. Allerdings solle es Foren geben, in denen Menschen zu Wort kommen, die die AfD wählen oder mit der Partei sympathisieren.

Auch Präses Kurschus stellte sich hinter den Beschluss des Kirchentagspräsidiums. AfD-Politikern dürfe "kein Podium für ihre populistische Propaganda" geboten werden. Die Veranstalter des Kirchentages rechnen mit bis zu 100.000 Dauerteilnehmern. Das Treffen steht unter der Losung "Was für ein Vertrauen".