Die westfälische Präses Annette Kurschus warnt vor Politik als Selbstzweck. "Viele Menschen fühlen sich von den gewählten Volksvertretern nicht mehr vertreten und haben den Eindruck, dass die Politiker ihr eigenes Süppchen kochen und in erster Linie für sich selbst sorgen", sagte die Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bielefeld. "Dieser Vertrauensverlust bewirkt eine Krise der Demokratie." Bei der AfD sei es sehr offensichtlich: "Sie wollen in den Parlamenten vertreten sein und Macht ausüben."

Die rechtspopulistische Partei gewinne unter anderem dadurch Anhänger, dass sie behaupte, das "deutsche Vaterland" sei in Gefahr, weil zugewanderten Armen besser und schneller geholfen werde als "unseren" Armen, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Das nehme vorhandene Ängste in einem Teil der Bevölkerung auf. "Wir müssen deshalb aufpassen, dass nicht eine negative Konkurrenz zwischen verschiedenen Gruppen von Benachteiligten entsteht", warnte Kurschus.

Als Aufgabe der Kirche sieht Kurschus an, für eine offene, demokratische Gesellschaft zu werben. "Der christliche Glaube kann eine Art Grundnahrung und Grundvertrauen für das Funktionieren der Gesellschaft geben", sagte die 55-jährige Theologin, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.