Eigentlich sei sie gerade erst wieder in Plauen gelandet, sagt Ulrike Weyer, und die Anstrengung ist ihr durchaus anzuhören. Dennoch: "Ich stehe im Dienst der Landeskirche und möchte mich bereitfinden für das, wofür sie mich geeignet hält und braucht", betont die 46 Jahre alte Superintendentin des Kirchenbezirks Vogtland. Und sie höre da "durchaus deutlich den Ruf".

Und so stellte sich die Ehefrau eines Theologen und Mutter eines erwachsenen Sohnes kurz nach ihrer Kandidatur für das Bischofsamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) erneut einem aufwendigen Bewerbungsverfahren. Wie ihre männlichen Mitbewerber Tobias Bilz und Andreas Beuchel könnte sie nun am nächsten Wochenende an die Spitze der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens gewählt werden.

Ulrike Weyer wurde am 30. April 1973 in Dresden geboren und wuchs auch dort auf. Im Wendejahr 1989 schloss sie die Polytechnische Oberschule ab, ließ sich zur Wirtschaftskauffrau ausbilden. Ihr Elternhaus ist wissenschaftlich-atheistisch geprägt. "Das war mir nicht genug", sagt Weyer. Zur Kirche kommt sie über die Musik, besucht in Dresden häufig Kreuzchor und -kirche.

Taufen lässt sich Weyer erst mit 18 - und nimmt nur zwei Jahre später ihr Theologie-Studium in Halle und Leipzig auf. Ab 2001 absolviert sie ihr Vikariat bei Pfarrer Christian Führer an der Leipziger Nikolaikirche.

Ihre folgenden Stationen im Pfarrdienst klingen dann ein wenig wie das Anforderungsprofil für das sächsische Bischofsamt: Auf ihrer ersten Stelle im nordsächsischen Kirchspiel Sornzig (Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz) ist Weyer zuständig für sechs Kirchgemeinden und 37 Dörfer. Wo, wenn nicht hier, lässt sich lernen, was gerade Landpfarrer im stark entchristlichten Osten bewegt - noch dazu in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen, von Gemeindefusionen und Strukturanpassungen.

2015 wird Weyer Superintendentin - und muss die Fusion der Kirchenbezirke Plauen und Auerbach zum neuen Bezirk Vogtland stemmen. Dazu kommen politische Herausforderungen: Aus Plauen stammt die Neonazi-Kleinstpartei "Der III. Weg", 2016 entsteht dort zudem eine "Pegida"-ähnliche Bewegung namens "Wir sind Deutschland". Weyer entwickelt gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung die "Plauener Gespräche" - kurze Zeit später ist die Gruppierung wieder verschwunden.

Zur Debatte um Konservatismus und Rechtsextremismus, die sich in der Landeskirche nach dem Rücktritt von Bischof Carsten Rentzing entsponnen hat, hat Weyer wohl auch wegen dieser Erfahrungen eine klare Haltung. "Für mich ist da eine Grenzlinie, wo es antidemokratisch, rassistisch, völkisch, ethnopluralistisch wird", sagt sie: Man müsse aufpassen, dass klassisch konservative Werte nicht von der Neuen Rechten übernommen und umgedeutet würden.

Wertkonservativ, das bedeute für sie Gerechtigkeit, Frieden, Glaube, Hoffnung, erklärt Weyer weiter. Zu parteipolitischen Fragen wolle sie sich indes - ähnlich wie ihre Mitbewerber - eher nicht äußern. Nur so viel: Man dürfe die Wähler der AfD "nicht alle in einen Topf werfen".

Beim Thema öffentliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare - bei der Bischofswahl 2015 die große Kontroverse - hält Weyer die in Sachsen bestehende Linie, wonach jeder Pfarrer selbst entscheidet, für gelungen. Die Diskussion über die gleichberechtigte Trauung Homosexueller stehe Sachsen indes noch bevor, fügt sie hinzu.

Als größte Aufgaben für den neuen Bischof oder die Bischöfin sieht Weyer die enge, geistliche Begleitung der Strukturreformen - und die Versöhnung der verschiedenen "Milieus", wie sie es nennt, innerhalb der Landeskirche. Doch auch in die Gesellschaft will Weyer wirken: Mit Werten wie Nächstenliebe und Gerechtigkeit "müssen wir irgendwie nach draußen", betont sie.

Die Kirche habe hier durchaus Potenzial, sagt Weyer und verweist auf den "Runden Tisch für Demokratie, Toleranz und Zivilcourage" in Plauen: Dort sei die Kirche "Träger und Moderator - und da merken wir, dass Kirche als neutrale Instanz gefragt und akzeptiert ist. Dieser Aufgabe stellen wir uns."