Dresden (epd). Eine Landeskirche bemüht sich um Normalität: Nach den Schlagzeilen zum Rücktritt von Landesbischof Carsten Rentzing (52) will die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens positive Signale aussenden. Am Wochenende tritt die Landessynode zusammen, um eine neue Bischöfin oder einen neuen Bischof zu wählen. Vom 28. Februar bis 1. März ist dafür eine Sondertagung terminiert.
Drei Personen bewerben sich um das höchste geistliche Amt in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, das auf jeweils zwölf Jahre beschränkt ist. Die Plauener Superintendentin Ulrike Weyer (46) und Oberlandeskirchenrat Tobias Bilz (55) wurden von der sächsischen Kirchenleitung vorgeschlagen, der Meißener Superintendent Andreas Beuchel (56) von Synodalen. Laut Geschäftsordnung müssen für eine Nominierung mindestens zehn der insgesamt 80 sächsischen Synodalen einem Vorschlag zustimmen.
Beuchel könnte aber durchaus mehr Unterstützer in den Reihen des Kirchenparlaments haben. Stets war er Gast auf den Tagungen der Synode, hielt immer Kontakt. Wichtig ist ihm, dass sich Kirche auch nach außen öffnet, nicht nur zum Selbstzweck agiert. Als ehemaliger Senderbeauftragter der evangelischen Landeskirchen beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) ist er mit Medien und säkularer Öffentlichkeit gut vertraut.
Aber auch Weyer und Bilz dringen auf Kommunikation - innerhalb und außerhalb der Kirche. "Wir haben eine Stimme", sagt Weyer. Da sollte Kirche auch "nicht leise sein". Bilz findet es "erstaunlich, wie viele Menschen in der säkularen Gesellschaft sich wünschen, dass sich die Kirche zu Wort meldet." Spannungen zwischen verschiedenen Positionen gebe es in der Gesellschaft wie in der Kirche.
Wenn aber Christen "positiv in die Gänge kommen", dann seien sie in der Lage der Gesellschaft zu sagen, wie diese mit den Spannungen umgehen kann. Das unterstreichen auch Weyer und Beuchel.
Zudem betonen alle drei, dass Rechtsextremismus, Antisemitismus und Gewaltbereitschaft nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar seien. Parteipolitisch wollten sie sich nicht einmischen, kündigen sie an. Das sei nicht Aufgabe von Kirche. Allerdings wollten sie sich auf jeden Fall zu gesellschaftspolitischen Themen äußern.
Bilz, der bereits 2015 für das Bischofsamt kandidierte und nur knapp Rentzing unterlag, war Landesjugendpfarrer und hatte als solcher für neuen Schwung gesorgt. Das wünscht er sich jetzt für die gesamte Landeskirche.
Weyer war 2019 bei der Bischofswahl in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) angetreten und verlor gegen Amtsinhaber Friedrich Kramer. Sie wünscht sich vor allem auch, dass Familien in sozialer Not mehr unterstützt werden - auch da habe Kirche einen wichtigen Auftrag.
Weyer und Beuchel begleiten seit Monaten als Leitende jeweils eines Kirchenbezirks die landeskirchliche Strukturreform in ihren Regionen. Bilz leitet im sächsischen Landeskirchenamt das Dezernat für Seelsorge, Gemeindeaufbau, Medien und Kirchliche Werke. Derzeit kümmert er sich um dem Umzug der Evangelischen Akademie Meißen nach Dresden.
Das sächsische Bischofsamt ist seit dem 1. November vakant. Am Tag zuvor war Rentzing aus dem Amt geschieden, nachdem antidemokratische Texte aus seiner Studienzeit öffentlich bekanntgeworden waren. Rentzing befindet sich derzeit im sogenannten Wartestand. Welche Aufgabe er in der Landeskirche künftig übernehmen wird, ist offen.
Alle drei Bewerber für das Bischofsamt betonen immer wieder, wie wichtig das Gespräch sei - gerade nach dem umstrittenen Rücktritt des Landesbischofs. Ein "Lagerdenken" wollen sie grundsätzlich überwinden. Das bringe die Kirche nicht weiter.
Dass es sehr verschiedene Glaubens- und Bibelverständnisse innerhalb der sächsischen Landeskirche gibt, das hatte nicht erst der Rentzing-Rücktritt gezeigt. Bereits das Thema Homosexualität einschließlich einer möglichen öffentlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sorgte für heftige Spannungen und teils verletzende Diskussionen. Konservative Christen unter anderem aus dem Erzgebirge votierten gegen eine Öffnung der Kirche in dieser Frage.