In Prag ist mit einem "Fest der Freiheit" und einem dazugehörigen Gottesdienst an die Ausreise von DDR-Botschaftsflüchtlingen in den Westen vor 30 Jahren erinnert worden. Dazu waren am 28. September einige Hundert der DDR-Bürger von einst wieder zur Deutschen Botschaft in der Hauptstadt Tschechiens zurückgekehrt. Am 29. September wurde mit einem ökumenischen Gottesdienst der Jahrestag der historischen Ereignisse vom 30. September 1989 gefeiert.

Dabei predigte als erster evangelischer Bischof der frühere sächsische evangelische Landesbischof, Jochen Bohl, in der katholischen Kirche Sankt Johannes Nepomuk in Prag. Die Freiheit sei ein "Geschenk Gottes", sagte Bohl und warnte zugleich vor völkischem und rassistischem Denken. Dieses könne nicht anders als auszugrenzen. Der frühere Landesbischof appellierte 30 Jahre nach der friedlichen Revolution in Europa auch an Demut und Dankbarkeit: "Wir machen nicht die Geschichte, wir gestalten sie und wirken mit."

Viele der ehemaligen DDR-Flüchtlinge waren beim "Fest der Freiheit" emotional bewegt und hatten Tränen in den Augen. "Die Erinnerungen an diese Zeit damals können wir nie ablegen", sagte Christian Bürger, der vor 30 Jahren Sprecher der DDR-Flüchtlinge war.

In der Prager Botschaft sei 1989 der erste Stein aus der Berliner Mauer gebrochen worden, betonte zudem der damalige Kanzleramtschef Rudolf Seiters (CDU) am 28. September in einer Ansprache. Zugleich mahnte er: "Ich wünsche mir, dass Aufbruch und Zuversicht auch heute wieder das Bild Europas kennzeichnen."

Ähnlich hatte sich Seiters zuvor auch im Sächsischen Verbindungsbüro in Prag geäußert. "Wir brauchen in Europa solidarische Antworten auf die Probleme unserer Zeit", sagte der CDU-Politiker. Die Erinnerung an die friedliche Revolution und die deutsche Wiedervereinigung sei eine Herausforderung, wieder zu einer Wertegemeinschaft, die von allem akzeptiert wird, und "zu diesem Vertrauensverhältnis zurückzufinden wie 1989".

Am 28. September war ein Sonderzug aus Dresden in Prag eingetroffen. Er fuhr in umgekehrter Richtung die Strecke, die 1989 für viele Tausend DDR-Bürger über Dresden nach Hof in Bayern geführt hatte. Am Bahnhof in Prag-Liben, wo damals die Fahrt in die Freiheit begann, wurde eine Gedenktafel eingeweiht.

Auch eine Trabi-Sternfahrt führte nach Prag. Die Teilnehmer erinnerten daran, dass zahlreiche DDR-Bürger vor 30 Jahren im Auto bis an die bundesdeutsche Botschaft fuhren, ihre Fahrzeuge dort zurückließen und über den Zaun in das Botschaftsgelände kletterten.

Seit dem Sommer 1989 waren immer mehr DDR-Flüchtlinge in der bundesdeutschen Botschaft in Prag zusammengekommen, die in den Westen ausreisen wollten. Bis September waren es mehrere Tausend, die dort in Stockbetten, auf Treppenstufen und in einem provisorischen Zeltlager übernachteten.

Seiters war am 30. September 1989 Mitglied der bundesdeutschen Delegation, die den DDR-Flüchtlingen in der Deutschen Botschaft in Prag ihre Ausreise zusicherte. Er überließ es Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), zu den Menschen zu sprechen. Genschers Worte vom Balkon des Palais Lobkowitz - "Liebe Landsleute, wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland möglich geworden ist." - gingen bekanntlich in lautstarken Jubel unter.