Rechtspopulistische und antidemokratische Einstellungen sind in der deutschen Bevölkerung einer aktuellen Studie zufolge weiter tief verwurzelt. Wie aus der am 25. April in Berlin veröffentlichten sogenannten Mitte-Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung hervorgeht, neigt jeder fünfte Deutsche (21 Prozent) zu rechtspopulistischen Einstellungen. Das sind ebenso viele wie bei der Erhebung im Jahr 2016. Die Autoren schlussfolgern, die Mitte verliere ihre demokratische Orientierung, und fordern mehr Investitionen in die Demokratiebildung. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erneuerte ihre Forderung nach einem Demokratiefördergesetz.

Die Studie vom Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld misst im Auftrag der SPD-nahen Stiftung im Turnus von zwei Jahren die Einstellung der Deutschen zur Demokratie und gegenüber Minderheiten wie Asylsuchenden, Einwanderern, Juden, Sinti und Roma sowie Homosexuellen. 1.890 repräsentativ ausgewählte deutsche Staatsbürger wurden dafür von September 2018 bis Februar des laufenden Jahres befragt. Die Studie trägt diesmal den Titel "Verlorene Mitte. Feindselige Zustände".

Verschwörungstheorien

Die Ergebnisse zeigen nach Worten der Forscher, dass sich rechte Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft verfestigen - "verkrusten", wie es der Leiter des Bielefelder Instituts, Andreas Zick, formulierte. So ist die Ablehnung gegenüber Asylsuchenden weiter gestiegen. Mehr als jeder zweite Deutsche (54,1 Prozent) teilt Einstellungen, die Flüchtlinge abwerten. 2016 lag der Wert bei 49,5 Prozent.

Harte rechtsextremistische Einstellungen werden der Studie zufolge wie in den Vorjahren nur von einer Minderheit geteilt - von 2,4 Prozent im Osten wie im Westen. Weit verbreitet sind der Studie zufolge aber nach wie vor Abwertung von Sinti und Roma (26 Prozent), fremdenfeindliche Einstellungen und Muslimfeindlichkeit (19 Prozent).

Erstmals wurde diesmal auch nach der Zustimmung zu Verschwörungstheorien gefragt. Ergebnis: 46 Prozent der Deutschen glauben, geheime Organisationen hätten großen Einfluss auf politische Entscheidungen. Ein Drittel glaubt, Politiker seien Marionetten "dahinterstehender Mächte", und ein Viertel (24 Prozent) ist davon überzeugt, Medien und Politik steckten "unter einer Decke".

Auf der anderen Seite spricht sich eine überwiegende Mehrheit für die Demokratie und die Werte des Grundgesetzes aus: 86 Prozent der Deutschen halten es für unerlässlich, dass die Bundesrepublik demokratisch regiert wird. 65 Prozent finden, dass es "im Großen und Ganzen" ganz gut funktioniert. 93 Prozent finden, Würde und Gleichheit aller Menschen sollten an erster Stelle stehen. Zugleich ist der Studie zufolge aber auch ein Drittel der Deutschen gegen die Idee gleicher Rechte für alle. Zehn Prozent unterscheiden zwischen "wertvollem" und "unwertem" Leben.

Initiativen stärken

Die Studie regt an, mehr in politische Bildung und Demokratiestärkung zu investieren. "Wir müssen Demokratiebildung und Prävention stärken", schloss sich der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter der Forderung an. Bundesfamilienministerin Giffey sagte, die Förderung einer lebendigen Zivilgesellschaft, die sich für Demokratie und Menschenrechte sowie gegen Vorurteile einsetze, sei eine Daueraufgabe.

Damit unterstrich sie ihr Plädoyer für ein Demokratiefördergesetz, das Initiativen und Organisationen, die derzeit von befristeten Projektmitteln abhängig sind, eine strukturelle Finanzierung sichern soll. "Wir müssen denen verlässlich und dauerhaft den Rücken stärken, die jeden Tag aufs Neue konkret vor Ort gegen Hass und Hetze vorgehen und aktiv unsere Demokratie verteidigen", sagte Giffey. Ihre Amtsvorgängerin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich bereits für ein solches Gesetz ausgesprochen, war damit aber auf Widerstand in der großen Koalition gestoßen.