Frankfurt a.M. (epd). Die neue Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) heißt Christiane Tietz. Die 57 Jahre alte Theologieprofessorin erhielt am 28. September in Frankfurt am Main im ersten Wahlgang 82 von 119 abgegebenen Stimmen der Kirchensynodalen. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre und beginnt am 1. Februar des nächsten Jahres.
Ihre Mitbewerberin, die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, Henriette Crüwell, erhielt 20 Stimmen, der Beauftragte der Evangelischen Kirchen in Hessen am Sitz der Landesregierung, Martin Mencke, gewann 16 Stimmen. Tietz tritt die Nachfolge von Kirchenpräsident Volker Jung an. Der 64-Jährige zieht sich nach 16 Jahren an der Spitze der Kirche Ende des Jahres in den Ruhestand zurück.
Am Ende ihrer Vorstellungsrunde hatte Christiane Tietz der Kirche eine Liebeserklärung gemacht: „Die vergangenen Monate sind ein Verliebtsein mit der EKHN. Ich sehe die EKHN realistisch, mit ihrer Erschöpfung, ihren Spannungen und ungeklärten Herausforderungen. Diese Kirche möchte ich mit Ihnen gestalten.“ Sie sei in Frankfurt geboren und aufgewachsen, „hierher zurückzukehren, ist mir ein Herzensanliegen“.
Tietz möchte nach ihren Worten Formate stärken, in denen Kinder und Jugendliche den christlichen Glauben erfahren. Sie warb für ein Miteinander von „Innovation und dem, was aus guten Gründen heute noch trägt“. Dazu brauche es „warmherziges Augenmaß und mutige Nüchternheit“. Ihr erster Arbeitsschwerpunkt werde die Beschäftigung mit der ForuM-Studie zu sexuellem Missbrauch sein. Sie wolle die in der Studie aufgezeigten Defizite der Kirche wie Konfliktunfähigkeit bearbeiten.
Die künftige Kirchenpräsidentin räumte dem Klimaschutz eine wichtige Rolle ein: „Ich mache mir viele Gedanken, was ich esse, wie ich reise“, sagte sie. Die Rolle der Kirche bestehe hier auch in der Bildung. Flüchtlinge stünden im Zentrum der biblischen Geschichten, sagte Tietz. Das Angebot des Kirchenasyls stehe dafür, dass die Kirche dies wichtig nehme. Tietz unterstrich, die Kirche stehe für Grundwerte wie Gleichheit, Freiheit und Gleichberechtigung ein. Indem die Kirche versuche, in der Fläche zu bleiben, könne sie dort ein Gegengewicht zu politischen Extremen bilden.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, gratulierte Tietz zur Wahl. Sie hob „ihre kluge und zugewandte Art, ihre Erfahrungen in Gremien, in Wissenschaft und Ausland“ hervor.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte, er freue sich darauf, die von Vertrauen geprägte Zusammenarbeit des Landes Hessen und der EKHN mit Christiane Tietz weiterzuführen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte, er freue sich, dass Tietz Brücken bauen wolle zwischen unterschiedlichen Gruppen innerhalb und außerhalb der Kirche. Zudem begrüße er, dass sie sich dafür einsetzen will, dass Konsequenzen aus der ForuM-Studie gezogen werden.
Christiane Tietz wurde 1967 in Frankfurt geboren. Sie studierte Mathematik und Evangelische Theologie in Frankfurt und Tübingen. 1999 wurde sie in Evangelischer Theologie promoviert und 2004 habilitiert. Von 2008 bis 2013 war sie Theologieprofessorin an der Universität Mainz, seit 2013 in Zürich. Längere berufliche Auslandsaufenthalte führten sie nach Chicago, New York und Princeton.
Von 2010 bis 2012 war Tietz berufenes Mitglied der Kirchensynode der EKHN, von 2010 bis 2013 im Rat der EKD. Sie ist als Mitglied der EKHN berufene Synodale der EKD-Synode und Vorsitzende des Theologischen Ausschusses der Union Evangelischer Kirchen (UEK). Christiane Tietz ist verheiratet.
Die EKHN hat rund 1,3 Millionen Mitglieder in rund 1.000 Gemeinden. Das Kirchengebiet umfasst Teile von Mittel- und Südhessen sowie von Rheinland-Pfalz mit Mainz.
Berlin (epd). Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sieht in der aktuellen Migrationsdebatte die Gefahr, neue Politikverdrossenheit zu produzieren. Die Debatte sei „hilflos eskalierend“, sagte Heinrich am Rande eines Besuchs in einer Abschiebeeinrichtung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es würden hektische Vorschläge gemacht, die rechtlich nicht haltbar und praktisch nicht umsetzbar seien. Das sei eine Gefahr für die Wahrnehmung der Demokratie.
In der Bevölkerung gebe es den Wunsch nach Sicherheit und einem „handlungsfähigen, auch wehrhaften Rechtsstaat“. „Wer jetzt politische Versprechungen macht, die sich in naher Zukunft als nicht umsetzbar erweisen, weil die Wirklichkeit komplizierter ist, produziert wieder nur Enttäuschungen“, sagte die Präses des evangelischen Kirchenparlaments. Die Enttäuschungen wiederum produzierten das Gefühl von Steuerungsverlust und verstärkten den Eindruck, dass die Demokratie handlungsunfähig sei. „Das kann niemand wollen“, sagte sie.
Heinrich sagte, sie vermisse in der Diskussion um das Asylrecht „Rückgrat“ für grundlegende Werte. „Besonders in den Wahlkämpfen haben sich viele von populistischen Positionen unter Druck setzen lassen und vergessen, dass wir gerade erst 75 Jahre Grundgesetz gefeiert haben“, sagte sie mit Verweis auf das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl: „Wir dürfen uns nicht von Populisten treiben lassen.“ Benötigt werde eine sachliche und ernsthafte Debatte über Herausforderungen und Probleme mit Migration.
Kritik übte sie auch an der Forderung, Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. „Menschenwürde heißt für mich nicht, Leute einfach abblitzen zu lassen“, sagte Heinrich. Man müsse alles daran setzen, „im Inneren Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Menschenwürde zu gewährleisten und zu verteidigen, ohne diese an den Außengrenzen abzuschaffen“. An diesem Donnerstag stimmt der Bundestag über einen Antrag der Union ab, der Zurückweisungen auch von Asylsuchenden an den Grenzen fordert.
Die EKD-Synode, die im November in Würzburg zusammenkommt, hat das Thema „Migration, Flucht und Menschenrechte“ zum Schwerpunkt ihrer Jahrestagung gemacht. Heinrich hat in diesem Jahr mehrere Reisen zum Thema unternommen, unter anderem nach Griechenland. Aktuell informiert sie sich in Nordrhein-Westfalen über Ablauf und Schwierigkeiten bei Abschiebungen von Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben.
Frankfurt a.M. (epd). Die Kirchen müssen nach den Worten des bayerischen evangelischen Landesbischofs Christian Kopp schlankere Strukturen entwickeln, um auch in Zukunft ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. „Wir verwalten uns zu Tode. Das könnte man über die evangelische Kirche und wahrscheinlich auch insgesamt über die deutsche Bürokratie schreiben“, sagte der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern am 25. September auf dem Jahresempfang des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Deutschland (aeu) in Frankfurt am Main.
Soziale Systeme zeichneten sich durch eine starke Trägheit aus, fügte Kopp hinzu. Sie hätten das Ziel, das Bisherige möglichst zu erhalten. Das sei auch an den Kirchen zu beobachten: „Und darum brauchen wir eine Verständigung darüber, dass Qualität wichtiger ist als Quantität“, sagte Kopp auch mit Blick auf seelsorgerliche Handlungen wie Trauungen oder Beerdigungen. Er habe von Unternehmerinnen und Unternehmern die Lust auf Gestaltung, eine beständige Suche nach guten Lösungen sowie „die konsequente Orientierung an den Interessen der Kunden“ gelernt.
„Wer wie ich zu den Babyboomern gehört, der reibt sich in der heutigen Zeit quasi täglich die Augen“, sagte Kopp vor dem Arbeitskreis: „Mein Leben war über viele Jahre und Jahrzehnte bestens geordnet“, fügte er hinzu. Aber der gesellschaftliche Wandel habe eine Dynamik, „die mich manchmal fassungslos macht. Die Art und Weise, wie Religiosität in den westlichen Industrieländern geradezu am Verdunsten ist, hätte ich mir in dieser Geschwindigkeit nicht vorstellen können.“
Viele Menschen müssten sich aktuell so sehr um sich selbst kümmern, dass kaum noch Zeit für anderes bleibt. „Das Leben ist anstrengend, darum sind wir mittendrin in einer großen Veränderung beider großen Kirchen.“ Zu dieser Veränderung, die auch eine Verkleinerung ist, trage auch der allgemeine Vertrauensverlust in Organisationen und Institutionen bei, so der Landesbischof.
Kopp ermutigte die Kirchen dazu, sich mehr auf ihre Kernaufgaben Seelsorge, Diakonie und Gottesdienst zu konzentrieren. „Ich möchte das nicht lächerlich machen, aber vor lauter Beschäftigung mit unseren Regelungen und Strukturen kommen wir manchmal kaum zum Arbeiten“, sagte er. Vielmehr benötigten die Kirchen ganz viel Inspirierendes, Unerwartetes, Interessantes und gut Gemachtes: „Darum geht es.“
Ihm sei der „Blick auf das Höhere, auf den höheren Sinn der Organisation“ zentral wichtig, fügte er hinzu. Die alten kirchlichen Angebote und Formen würden in bestimmten Bereichen nicht mehr nachgefragt, sagte Kopp. Daher seien neue Formen nötig. Es brauche eine „neue Art, Kirche zu sein.“ Angesichts eines zurückgehenden Pfarrernachwuchses sei auch eine Transformation des Theologiestudiums nötig, um dafür mehr junge Menschen zu gewinnen.
Der 1966 gegründete Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutschland e. V. (aeu) mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. Zu seinen Aufgaben gehören der Dialog mit Kirchenleitenden, die Organisation von fachlichem Austausch sowie Angebote zur Glaubensvergewisserung für die Mitglieder.
Kaiserslautern (epd). Die evangelische Kirche muss sich nach Überzeugung von Pfarrerinnen und Pfarrern stärker an der Bibel ausrichten und zugleich innerkirchlich mehr Demokratie zulassen. Kirche sei eine „Christokratie“, die ihr Handeln stets an Jesus Christus mithilfe demokratischer Prinzipien orientiere, sagte Thomas Jakubowski vom Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland am 25. September dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Der Theologe Jakubowski äußerte sich zum Abschluss des Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertages in Kaiserslautern. Drei Tage lang diskutierten mehrere Hundert Teilnehmende über das Thema „Religion und Demokratie“.
„Unser Evangelium ist nicht die Demokratie, sondern sie ist das Werkzeug“, sagte Jakubowski, der stellvertretender Vorsitzender des Vereins Pfälzischer Pfarrerinnen und Pfarrer ist. Die evangelische Kirche stehe im demokratischen Sinne für Vielfalt, Offenheit und Toleranz und akzeptiere verschiedene politische Überzeugungen. Kirchenmitglieder, die etwa der AfD oder anderer extremistischer Parteien nahestünden, dürften nicht ausgegrenzt werden. Vielmehr müsse man sich ihnen „inhaltlich stellen“, sagte Jakubowski.
Die Verbandsmitglieder forderten, die Strukturen der evangelischen Kirche demokratischer zu gestalten. Die Kirche müsse stärker basisdemokratisch werden und ihren Mitgliedern in Gremien mehr Mitwirkung ermöglichen, sagte Jakubowski. Das demokratische Prinzip der Kirche verpflichte Kirchenmitglieder dazu, nicht passiv zu sein, sondern sich tatkräftig einzubringen. Nur dann sei die Kirche als „der Leib Jesu Christi“ auch in Zukunft funktionsfähig.
Gegen den Pfarrermangel in der evangelischen Kirche müsse die Pfarrerschaft angehen, indem sie „ihren Dienst richtig und gut macht“, betonte Jakubowski. Doch litten Pfarrerinnen und Pfarrer unter dem „Imageproblem“ der Kirche. Deshalb müssten sie auch öffentlich deutlicher darstellen, was sie für die Menschen tun: „Wir verkaufen uns unter Wert.“
Dem Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland mit Sitz in Dresden gehören etwa 20.000 Pfarrerinnen und Pfarrer in 20 Mitgliedsvereinen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland an. Dessen Ziel ist es, die Gemeinschaft über die Grenzen der Landeskirchen hinaus zu stärken, den theologischen Gedankenaustausch zu fördern und die Interessen der Mitglieder zu vertreten.
Potsdam/Berlin (epd). Das Ergebnis der brandenburgischen Landtagswahl ist in der Leitung der evangelischen Landeskirche mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Bischof Christian Stäblein von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sprach am 23. September in Berlin von „Erleichterung und Schrecken“.
Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge war die SPD bei der Landtagswahl am 22. September mit 30,9 Prozent erneut stärkste Kraft geworden. Danach folgen die AfD mit 29,2 Prozent, das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) mit 13,5 Prozent und die CDU mit 12,1 Prozent. Andere Parteien sind nicht mehr im Landtag vertreten.
Erleichtert zeigte sich Stäblein darüber, dass die AfD nicht stärkste Partei geworden ist. Menschenfeindliche Parolen und Extremismus dürften nicht die Oberhand gewinnen. Das gesellschaftliche Klima sei vielerorts schon viel zu vergiftet. Zugleich dürfe nicht über die hohe Unterstützung für Extremisten und Populisten hinweggesehen werden. „Die Auseinandersetzung um die Frage, wie wir leben wollen, muss geführt werden, braucht Orte, offene Orte - die Kirchen können und wollen solche Orte sein“, mahnte der Bischof.
Es brauche jetzt „ehrlichen Streit“, aber auch Schutz für die Menschen, die von Menschenfeindlichkeit direkt betroffen und bedroht sind, sagte Stäblein, der auch Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen ist. Wörtlich sagte der Bischof: „Die Stimmung, die gegen Geflüchtete gemacht wird, ist oft unerträglich.“
Weimar (epd). Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, hat die Position seiner Landeskirche in Bezug auf die AfD verteidigt. Die Wahlempfehlung gegen die AfD sei ein Signal gewesen, dass es in der Partei Positionen gebe, die mit dem Evangelium unvereinbar seien. Der Fremde sei der Hauptbegriff der Ethik im Alten Testament, sagte Kramer im Gespräch mit der in Weimar erscheinenden Mitteldeutschen Kirchenzeitung „Glaube und Heimat“.
Eine klare Abgrenzung gegenüber dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgesehen, äußerte Kramer in dem vorab zur Verfügung gestellten Interview. Eine völkisch-rassistische Haltung sehe er beim BSW nicht. Er wolle abwarten, wie sich das neue Bündnis entwickle. Er kenne die Spitzenkandidatin in Thüringen, Katja Wolf. Zur ehemaligen Eisenacher Oberbürgermeisterin gebe es gute Beziehungen, die im Reformationsjahr gewachsen seien, betonte der Landesbischof.
Kramer bestritt zugleich eine engere Verbindung zum BSW, die Medienberichte jüngst nahegelegt hatten. Seine Ablehnung von Waffenlieferungen bedeute keine Verbindung zu einer Partei. Kramer ist zugleich Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Kramer hat die Hälfte seiner zehnjährigen Amtszeit im Bischofsamt hinter sich. Für die kommenden Jahre plant er demnach ein festes Format der Begegnung mit den jüdischen Gemeinden. Darüber hinaus möchte er sich dafür einsetzen, dass die EKM als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird.
Berlin (epd). Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) hat dazu aufgerufen, sich angesichts drastischer Meinungsverschiedenheiten auf die Prinzipien der Demokratie zu besinnen. Das ist das, was die Gesellschaft heute eine, sagte Göring-Eckardt am 24. September bei einem „Politischen Abendgebet“ im Berliner Dom. Man müsse gemeinsame Lösungen finden, ohne Unterschiede zu ignorieren. Dies bedeute etwa, Brücken zu bauen und sich die Hand zu reichen.
Die aus Thüringen stammende Grünen-Politikerin sagte, sie sei vor 35 Jahren für die Freiheit auch des Andersdenkenden auf die Straße gegangen. „Freiheit war für mich damals wie heute eine, die einschließt und nicht ausschließt“, sagte sie. Freiheit bedeute für sie unter anderem Freiheit von Diktatur, Freiheit, saubere Luft zu atmen und zu lieben, wen man will. Es gehe aber auch um die „Freiheit, die deutlich sagt, was droht, wenn ein Faschist unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht.“
Die Berliner Domgemeinde und die Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegenüber der Politik in Berlin, Anne Gidion, hatten für Dienstag erstmals zum „Politischen Abendgebet“ eingeladen.
Fulda (epd). Kurz vor Beginn der Weltsynode in Rom hat der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, konkrete Veränderungen in der Kirche angemahnt. Es sei sein Anliegen, sehr konkrete Vorschläge zu machen, etwa was kirchenrechtliche Veränderungen bei Transparenz und Rechenschaft bischöflicher Macht angehe, sagte Bätzing am 26. September in Fulda zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischöfe.
Schon in der kommenden Woche beginnt in Rom der letzte Teil der Weltsynode, die seit 2021 läuft. Ziel der von Papst Franziskus angestoßenen Weltsynode ist es, Reformpotenziale für die Zukunft der Kirche aufzuzeigen, was etwa die Beteiligung von Laien an Entscheidungen oder die Gleichstellung von Frauen angeht. Bis Ende Oktober beraten Bischöfe und Laien aus aller Welt in Rom, entscheiden wird aber am Ende der Papst.
Bätzing sagte, er wolle sich persönlich für die Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche einsetzen. „Frauen und Männer sind gleich als Menschen in ihrer Würde“, sagte er. Das spiegele sich jedoch nicht annähernd in der Partizipation von Frauen an Beratungs- und Entscheidungsprozessen in der Weltkirche wider.
Zudem wünschte sich Bätzing auch eine stärkere Dezentralisierung von Entscheidungen als Ergebnis des weltweiten synodalen Prozesses. Es sei wichtig, die jeweiligen nationalen Bischofskonferenzen in ihren Kompetenzen zu stärken. „Nicht jede Frage ist in allen Kulturen und gesellschaftlichen Kontexten der katholischen Weltkirche gleich virulent“, sagte Bätzing. Damit eröffneten sich neue Handlungsspielräume.
Seit Montag hatten die deutschen Bischöfe in Fulda beraten, auch zu den Kriegen und Krisen in Nahost und der Ukraine. So forderte Bätzing bei der Abschlusspressekonferenz, den Blick auf die humanitäre Lage in der Ukraine vor dem bevorstehenden Winter zu richten. Die Ukraine stehe vor dem vermutlich härtesten Winter seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als zwei Jahren. Durch die Attacken Russlands auf die zivile Infrastruktur sei die Versorgungslage des Landes geschwächt, es drohe eine humanitäre Katastrophe, die auch zu weiteren Fluchtbewegungen führen könne.
Auch das Thema Missbrauch habe die Bischöfe erneut beschäftigt, sagte Bätzing. Es habe auf jeder Vollversammlung Priorität. Er teilte mit, dass die Bischofskonferenz die Mitglieder für ihren neuen Sachverständigenrat zum Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalterfahrungen berufen hat. Darunter ist etwa die Juristin und ehemalige hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU).
Dem Rat gehören auch Psychologen, ein Theologe, eine Sozialpädagogin sowie eine Politologin an. Sieben der neun Ratsmitglieder werden von der Bischofskonferenz ernannt, zwei durch den Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz. Die Auswahl der Mitglieder des Rates sei durch eine interdisziplinär besetzte Auswahlkommission ohne kirchliche Beteiligung erfolgt. Der Sachverständigenrat soll der Bischofskonferenz künftig über die Fortschritte bei der Bekämpfung und Aufklärung von Missbrauch in den 27 Diözesen berichten. Zudem soll er Empfehlungen aussprechen.
Brüssel (epd). Papst Franziskus hat die Verantwortlichen in der Kirche dazu aufgefordert, Fälle sexuellen Missbrauchs nicht zu vertuschen. „In der Kirche gibt es keinen Platz für Missbrauch. Es gibt keinen Platz für die Vertuschung von Missbrauch“, sagte er am 29. September in seiner Predigt zum Abschluss seiner Belgien-Reise im King Baudouin Stadion in Brüssel. „Ob Laie, Priester oder Bischof“ - jeder gehöre für eine solche Tat verurteilt. Zu der Messe, zu deren Beginn der Papst die Schwester Anna von Jesus selig sprach, waren rund 35.000 Menschen gekommen.
„Ich habe das Leiden von Missbrauchten gehört“, sagte der Papst weiter. Damit nahm er Bezug auf ein Treffen am Freitagabend in Brüssel mit 17 Betroffenen, die sexualisierte Gewalt durch belgische Kleriker erleben mussten. Sie hätten dem Papst ihre eigene Geschichte „und ihren eigenen Schmerz“, sowie ihre Erwartungen zum Engagement der Kirche gegen Missbrauch vorgetragen, schrieb der Vatikan in einer Mitteilung.
Bereits am Freitagvormittag hatte der Papst abweichend von seinem Redemanuskript gesagt, dass Kindesmissbrauch ein Übel sei, „für das sich die Kirche schämen und die Opfer um Vergebung bitten“ müsse. Die Kirche müsse „alle Voraussetzungen dafür schaffen, dass so etwas nicht wieder passiert“.
Der belgische Premierminister Alexander De Croo und König Philippe hatten zuvor in ihren Begrüßungsreden an Papst Franziskus harte Kritik am Umgang der Kirche mit dem Thema geübt. Am Donnerstag hatte das belgische Parlament einen Untersuchungsausschuss zum Fall sexueller Gewalt durch den früheren Bischof von Brügge, Roger Vangheluwe, eingesetzt. Im März hatte Franziskus Vangheluwe aus dem Klerikerstand entlassen.
Papst Franziskus war am 26. September zu seiner 46. Auslandsreise aufgebrochen. Diese führte den 87-Jährigen zunächst nach Luxemburg und am Abend desselben Tages weiter nach Belgien. Der eigentliche Anlass der Reise nach Belgien waren die Feierlichkeiten zum 600-jährigen Bestehen der Katholischen Universität Löwen, deren zwei Sitze der Papst besuchte.
Die Reise nach Luxemburg und Belgien war bereits die zweite Auslandsreise des Papstes in diesem Monat. Anfang September war er fast zwei Wochen lang durch Asien und Ozeanien gereist. Der Terminkalender des Papstes bleibt auch weiter voll: Am Mittwoch startet in Rom der abschließende Teil der Weltsynode. Am Abend davor will Papst Franziskus in einer Bußvirgil das Thema Missbrauch erneut in den Mittelpunkt stellen. An Weihnachten eröffnet der Papst das Heilige Jahr 2025.
Rom (epd). Die Weltsynode in Rom wird im Bewusstsein starten, was in der katholischen Kirche im Argen liegt: Vor dem Start der Versammlung von Bischöfen und Laien wird es nach Willen des Papstes am Abend des 1. Oktober im Petersdom einen öffentlichen Bußakt wegen der Verfehlungen der Kirche geben. Im Fokus steht der Umgang mit sexuellem Missbrauch. Drei Opfer werden vortragen, was ihnen angetan wurde. Franziskus will im Namen der gesamten Kirche um Vergebung bitten - ähnlich wie es Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 in einer Predigt getan hatte.
Auch andere Sünden sollen von den Teilnehmenden bekannt werden, wie Kardinal Mario Grech, der Generalsekretär der Synode vor wenigen Tagen in Rom bekannt gab. Darunter die „Sünde gegen den Frieden“, die „Sünde gegen die Frauen, die Familie, die Jugend“, oder die „Sünde gegen die Synodalität“, womit ein „Mangel an Zuhören“ gemeint ist.
Gegenseitig zuhören sollen sich die 368 stimmberechtigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des zweiten Teils der 16. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode vier Wochen lang. Vom 2. bis 27. Oktober werden Bischöfe, Ordensvertreter und katholische Laien aus aller Welt zusammensitzen, um über Struktur und Ausrichtung der katholischen Kirche zu beraten. Die diesjährige Bischofssynode bildet das Ende der im Herbst 2021 von Papst Franziskus eröffneten Weltsynode.
Mit dem ersten Teil im vergangenen Jahr hatte Papst Franziskus bereits Kirchengeschichte geschrieben: Zum ersten Mal waren bei einer Bischofssynode auch Laien stimmberechtigt, darunter rund 50 Frauen. Am Zuschnitt der Synode hat sich wenig geändert. Aus Deutschland werden wie 2023 neben dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, Bischof Felix Genn (Münster), Bischof Bertram Meier (Augsburg), Bischof Stefan Oster (Passau) und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck nach Rom reisen. Auch der Theologe Thomas Söding wird wieder teilnehmen.
Das offizielle Thema des Treffens lautet „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“. „Mancher wird sagen: Jetzt kreisen die wieder vier Wochen um sich selbst und draußen brennt die Welt“, sagte der Passauer Bischof Oster vor seiner Abreise nach Rom. Die Versammlung bezeichnete er als ein „Gespräch im Heiligen Geist im geschützten Raum.“ Es ginge darum, zu hören, was der Geist in dieser Zeit seiner Kirche sagen möchte.
Ein Inhalt, der nach außen schwer zu vermitteln ist. Vor allem, nachdem zentrale Bereiche aus dem Arbeitspapier der Synode ausgegliedert wurden. Mitte März hatte Papst Franziskus die Einrichtung von Arbeitsgruppen bekannt gegeben, die etwa über die Priesterausbildung, die Rolle der Bischöfe und grundsätzliche Fragen der Ämter in der Kirche beraten. Auch über die Rolle von Frauen in der Kirche und die Möglichkeit eines Diakonats für Frauen tauscht sich nun eine dieser Gruppen aus. Eine Entscheidung, die viele Teilnehmer irritiert hat.
Dies solle es der Synode ermöglichen, „sich in ihrer zweiten Sitzungsperiode leichter auf das allgemeine Thema zu konzentrieren, das ich ihr einst zugeordnet habe und das sich nun in der Frage zusammenfassen lässt: Wie kann man eine synodale Kirche sein, die hinausgeht?“, schrieb der Papst im Frühjahr zur Begründung. Resultate der Gruppenarbeit sollen ihm Mitte 2025 vorgelegt werden. Inwiefern die Themen dennoch von den Teilnehmern der Weltsynode aufgebracht und diskutiert werden können, bleibt abzuwarten. Für Bischof Oster stellt sich da vor den Gesprächen in Rom die prinzipielle Frage: „Wie verhält sich eine synodale Kirche zu einer hierarchischen?“
Im Vatikan wird immer wieder betont: Die Synode gilt nicht als eine Art Kirchenparlament. Man sitze hingegen zusammen, um den Willen Gottes für die Kirche herauszufinden. Auch die diesjährige Synode wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen. Die Mitglieder sind verpflichtet, das, was hinter verschlossenen Türen besprochen wird, für sich zu behalten. Dies soll das freie Reden begünstigen und Entscheidungsprozesse erleichtern, wie Kardinal Grech erklärte. Über ausgewählte Aspekte wird der Vatikan während der vier Wochen auf regelmäßigen Pressekonferenzen informieren.
Bereits zu Beginn der Weltsynode hatte Franziskus betont, der synodale Weg sei eine „langsame, vielleicht mühsame Übung.“ Zum Ende der diesjährigen Synode sollen nun konkrete Beschlüsse und Empfehlungen an den Papst formuliert werden. „Dann warten wir gespannt, was Franziskus seinerseits daraus macht“, sagte Oster.
Berlin (epd). Die Deutschen achten beim Einkaufen von Lebensmitteln zunehmend auf die verschiedenen Kennzeichnungslabel. Wie aus dem am 24. September in Berlin vorgestellten Ernährungsreport der Bundesregierung hervorgeht, beachten 65 Prozent der Befragten das sogenannte Tierwohllabel - 2015 waren das 36 Prozent. Zudem halten es 92 Prozent für wichtig, dass die Politik sich für bessere Tierhaltungsbedingungen einsetzt.
Auf das EU-Biosiegel achtet laut dem Bericht mehr als die Hälfte (59 Prozent) der Deutschen. Der Nutri-Score, die sogenannte Lebensmittelampel, gewinnt ebenfalls an Bedeutung: 88 Prozent der Verbraucher haben ihn bereits auf Verpackungen wahrgenommen - 2021 waren es noch 44 Prozent. 37 Prozent geben an, dass der Nutri-Score ihre Kaufentscheidung beeinflusst.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sagte, dass der Geschmack nach wie vor das wichtigste Kriterium für die Deutschen beim Lebensmitteleinkauf sei. Zudem legen 91 Prozent Wert auf gesunde Lebensmittel, wobei Frauen (97 Prozent) stärker darauf achten als Männer (85 Prozent).
Obst und Gemüse stehen bei 71 Prozent der Befragten mindestens einmal täglich auf dem Speiseplan. Milchprodukte konsumieren 62 Prozent täglich, vier Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Fleisch und Wurst werden von 23 Prozent der Befragten täglich gegessen - hier gab es kaum Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr. Seit 2015 ist der tägliche Fleischkonsum jedoch um 11 Prozent gesunken. Männer essen dabei deutlich häufiger Fleisch als Frauen.
Der Anteil der Vegetarier (8 Prozent) und Veganer (2 Prozent) stagniert im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem Jüngere greifen vermehrt zu vegetarischen und veganen Alternativen: 18 Prozent der 14- bis 29-Jährigen konsumieren sie täglich, bei den 45- bis 59-Jährigen sind es 8 Prozent, bei den über 60-Jährigen 5 Prozent. Insgesamt kaufen 39 Prozent der Befragten „öfters“ pflanzliche Alternativprodukte, zehn Prozent mehr als 2020. Neugier ist der häufigste Grund dafür, gefolgt von Tierschutz und Geschmack.
Özdemir kritisierte bei der Vorstellung des Reports den Kulturkampf um das Thema Ernährung. „Zum Teil wird die Diskussion mit einer hohen Aggressivität geführt. Der ein oder andere Politiker mischt sich auch ein. Ich glaube, dass uns das nicht weiterhilft“, sagte der Bundeslandwirtschaftsminister. Für den Ernährungsreport werden im Auftrag des Bundesernährungsministeriums seit neun Jahren Menschen zu ihren Essensgewohnheiten und -vorlieben befragt. Für den aktuellen Report wurden den Angaben zufolge im Mai rund 1.000 Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren vom Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt.
Berlin (epd). 35 Jahre nach dem Mauerfall empfindet laut einer Umfrage eine große Mehrheit der Menschen in Ost und West kein „Wir-Gefühl“. Lediglich etwa ein Drittel der Befragten hat Vertrauen in andere Menschen, wie aus dem „Deutschland-Monitor 2024“ des am 25. September in Berlin vom Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), vorgestellten Berichts zum Stand der deutschen Einheit weiter hervorgeht. Nur ein Viertel der Befragten glaube, dass sich die Mitmenschen gegenseitig unterstützen. Nicht einmal jede beziehungsweise jeder Achte bewerte demnach den gesellschaftlichen Zusammenhalt noch als positiv.
Ein gesamtgesellschaftliches „Wir-Gefühl“ werde zudem von Ostdeutschen im Schnitt seltener als von Westdeutschen bejaht. Auch bei Menschen mit mittlerer und niedriger Schulbildung, populistischen Neigungen, Parteinähe zu AfD und BSW und dem Empfinden sozialer Benachteiligung gebe es nur ein unterdurchschnittlich ausgeprägtes „Wir-Gefühl“.
Der Ostbeauftragte betonte, mit der Wiedervereinigung vor 34 Jahren habe sich ganz Deutschland verändert, auch Westdeutschland. „Im Innern wie auch in den Beziehungen nach außen musste sich Deutschland gewissermaßen neu erfinden“, erklärte Schneider: „Das bedeutet jedoch nicht, dass wir nun in vollständiger Homogenität leben.“
So gibt es weiterhin Unterschiede zwischen Ost und West, etwa bei den Durchschnittseinkommen, der Wirtschaftskraft, den Vermögenswerten oder der Lebenserwartung. Auch gebe es weiterhin zu wenig ostdeutsche Führungskräfte in Wirtschaft, Medien, Justiz und Hochschulen. Es bleibe noch einiges zu tun, damit gleichwertige Lebensverhältnisse erreicht werden, sagte der aus Thüringen stammende Ostbeauftragte.
Der 176-seitige Bericht zum Stand der deutschen Einheit trägt so auch den Titel „Ost und West. Frei, vereint und unvollkommen“. Große Sorge bereiten Schneider nach eigenen Worten die demografische Entwicklung und die Erfolge von Rechtspopulisten im Osten. In Ostdeutschland fehlen laut dem Bericht besonders viele Fachkräfte, gleichzeitig gehen mehr Menschen in Rente als in Westdeutschland. „Wir brauchen Zuwanderung und wir brauchen Binnenwanderung“, sagte der Ostbeauftragte.
Aber die jüngsten Wahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg seien da ein „starker Dämpfer“. „Da werden sich viele Menschen überlegen, ob sie in den Osten gehen wollen“, sagte Schneider. Zwar seien AfD und andere Populisten nicht nur ein Ost-Problem, aber sie seien ein Problem für Ostdeutschland. Sein Ziel sei deshalb, dort die „stille Mitte der Gesellschaft zu stärken“.
Laut dem von den Universitäten Halle, Jena und Mannheim gemeinsam erstellten „Deutschland-Monitor 2024“ sprechen sich mehr als 80 Prozent für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte aus, wie die Jenaer Politikwissenschaftlerin Marion Reiser sagte. Der Rückhalt für die Freiheitsrechte liege sogar bei mehr als 90 Prozent.
Zugleich sehen bundesweit ein Drittel, im Osten sogar 40 Prozent, die Presse- und Meinungsfreiheit nicht eingelöst. Darunter sind laut Reiser besonders viele AfD- und BSW-Anhänger. Befragt wurden für den „Deutschland-Monitor“ im Frühjahr knapp 4.000 Personen.
Berlin (epd). Nach dem Farbanschlag auf das Wohnhaus des Berliner Kultursenators Joe Chialo (CDU) hat die Polizei noch keine Spur zu möglichen Tätern oder Täterinnen. Die Ermittlungen dauerten an, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei am 24. September dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der Nacht zum Montag hatten Unbekannte die Fassade von Chialos Wohnhaus großflächig mit roter Farbe beschmiert. Außerdem hinterließen die Täter mehrere Schriftzüge mit den Worten „Genocide Joe Chialo“ (Deutsch: Genozid Joe Chialo). Der Vorfall löste bundesweit große Empörung aus.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verurteilte die erneute Attacke scharf. „Dass der Berliner Kultursenator Joe Chialo für seinen mutigen Kampf gegen Antisemitismus in den letzten Tagen verbal und tätlich in strafrechtlich relevanter Weise angegriffen wurde, hat mich zutiefst erschüttert“, sagte Klein dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Dienstag). Mit den Schmierereien an Chialos Wohnhaus sei eine weitere Grenze überschritten worden.
Erst wenige Tage zuvor war der Kultursenator bei einem öffentlichen Auftritt in Berlin aus einer Gruppe von 40 Personen heraus tätlich angegriffen und beleidigt worden. Die Täter riefen unter anderem die verbotene israelfeindliche Parole „From the River to the Sea“ (Deutsch: „Vom Fluss zum Meer“).
„Die mutmaßlich von israelfeindlichen Gruppen begangenen Straftaten zeigen nicht nur die geistige Armseligkeit dieses Milieus, sondern auch seine Gefährlichkeit für die Demokratie“, sagte Klein. Er betonte, Polizei und Justiz seien nun gefordert, die Täter rasch zu ermitteln und zur Verantwortung zu ziehen. „Derartige Einschüchterungsversuche werden uns nicht davon abbringen, den Kampf gegen Antisemitismus in aller Entschlossenheit weiterzuführen“, unterstrich er.
Die Attacke gegen Chialo war laut Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) auch Thema der Senatssitzung. „Dass davon Kinder und die Frau von Joe Chialo betroffen sind, sind Dinge, die gar nicht gehen“, sagte Wegner am Dienstag.
Auch die Schriftstellervereinigung PEN Berlin sprach von einer inakzeptablen Verletzung der Privatsphäre Chialos. PEN Berlin-Sprecher Deniz Yücel erklärte: „Wir streiten gerne mit Joe Chialo, welche Mittel bei der Bekämpfung des Antisemitismus angemessen und wirkungsvoll sind und sich mit dem Grundgesetz, der Kunstfreiheit und dem Ideal vereinbaren lassen“. Aber wenn Chialo tätlich angegriffen werde, wenn sogar seine Familie in Mitleidenschaft gezogen werde, dann gebe es „nichts zu diskutieren“, betonte der Journalist: „Dann stehen wir an seiner Seite.“
Yücel hatte in der Vergangenheit deutliche Kritik an der „Antisemitismus-Klausel“ geäußert, die Chialo Ende vorigen Jahres eingeführt und nach der Kritik von Kulturschaffenden und Verfassungsrechtlern wieder zurückgezogen hatte. Auch gegenüber einer modifizierten Klausel ist Yücel nach eigenen Worten skeptisch.
Der Journalist und PEN Berlin plädieren für die Einbeziehung moderater palästinensischer Stimmen in die Diskussion um den Nahost-Konflikt. Zudem müsse vermieden werden, jede Kritik an der Netanjahu-Regierung unter Antisemitismus-Verdacht zu stellen.
Frankfurt a.M. (epd). Der Rohbau für die Jüdische Akademie in Deutschland steht. Am 25. September wurde in Frankfurt am Main der Richtkranz auf den mehrgeschossigen Neubau gehoben. „Ein weiterer jüdischer Leuchtturm ist im Entstehen“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. „Das Haus steht für die Offenheit des Judentums für andere Menschen.“ Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und seinen Folgen stelle sich umso drängender die Frage, was man gegen Antisemitismus tun könne. „Bildung, Bildung, Bildung“, sagte Schuster.
„In einer Zeit, in der jüdisches Leben wieder Angst in Deutschland hat, ist es wichtig, ein Ausrufezeichen des jüdischen Lebens in Deutschland zu setzen“, betonte der hessische Antisemitismusbeauftragte, Staatssekretär Uwe Becker (CDU). Der Bau der Jüdischen Akademie sei ein Ausrufezeichen, das Deutschland guttun werde.
Frankfurt am Main sei der richtige Ort dafür, sagte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Frankfurt sei seit Jahrhunderten von jüdischem Leben geprägt, das die Stadt besser gemacht habe. Die jüdische Gemeinde sei wertvoll, weil sie sich nicht nur für sich, sondern auch für andere Menschen engagiere. „Die Jüdische Akademie ist ein Sprung nach vorn, der die Stadt noch besser machen wird“, sagte Josef.
Der mehrgeschossige Neubau soll durch ein verglastes Foyer mit einer früheren denkmalgeschützten Professorenvilla verbunden werden. Der Entwurf des Frankfurter Architekten Zvonko Turkali sieht im neoklassizistischen Altbau unter anderem ein Café sowie Besprechungs- und Verwaltungsräume vor. Insgesamt umfasst der Neubau fünf Ebenen. Im Untergeschoss ist ein Speisesaal geplant, im Erdgeschoss ein Akademiesaal. Der große Veranstaltungssaal für 200 Personen im ersten Obergeschoss soll in Teilen auch das zweite Geschoss einnehmen, dort kommen Gruppenräume hinzu. Auf dem Dach befindet sich eine Terrasse.
Die Gesamtkosten des Projekts lagen laut Zentralrat ursprünglich bei 34,5 Millionen Euro. Die Stadt hatte 5,5 Millionen Euro zugesagt, die Bundesregierung wollte sich nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags mit 16 Millionen Euro beteiligen und die hessische Landesregierung mit sieben Millionen Euro. Nach dem Spatenstich im September 2021 sollte das Haus ursprünglich in diesem Jahr eröffnet werden. Die aufwendige Sanierung des Altbaus und die Verzögerung bei der Lieferung von Baustoffen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben die Bauzeit nach Angaben des Architekten Turkali verlängert.
Die Jüdische Akademie geht auf einen Anstoß des früheren Zentralratspräsidenten aus Frankfurt, Dieter Graumann, zurück. Die Bildungseinrichtung steht in der Tradition des in den 1920er Jahren gegründeten Freien Jüdischen Lehrhauses, das in Frankfurt von dem Historiker und Religionsphilosophen Franz Rosenzweig (1886-1929) geleitet wurde.
Potsdam (epd). Die Erde überschreitet dem ersten „planetaren Gesundheitscheck“ zufolge die sicheren Grenzen der bisherigen Verhältnisse. Der Planet befinde sich inzwischen „bereits außerhalb des sicheren Handlungsraums für die Menschheit“, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) am 24. September unter Berufung auf die neue Studie mit. Der Zustand der lebenserhaltenden Erdsysteme und -prozesse verschlechtere sich rapide.
PIK-Direktor Johan Rockström erklärte, die Erde befinde sich in einem kritischen Zustand. Sechs von neun planetaren Grenzen seien bereits überschritten. „Insgesamt nimmt bei sieben dieser Erdsystemprozesse der Druck so stark zu, dass ein Großteil davon bald eine Hochrisikozone erreichen wird“, betonte er. Lebenswichtige Organe des Erdsystems würden geschwächt, hieß es weiter. Dies führe zu einem Verlust an Widerstandsfähigkeit und lasse das Risiko, Kipppunkte zu überschreiten, steigen.
Sobald eine der Grenzen überschritten wird, steigt den Angaben zufolge das Risiko, die kritischen Funktionen der Erde dauerhaft zu schädigen. Es drohten irreversible Veränderungen, hieß es. Wenn mehrere Grenzen überschritten werden, stiegen die Risiken drastisch an. Die PIK-Wissenschaftlerin Levke Caesar betonte, um das menschliche Wohlergehen, die wirtschaftliche Entwicklung und stabile Gesellschaften zu sichern, sei „ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, bei dem der Schutz des Planeten im Fokus steht“.
Der planetare Gesundheitscheck soll künftig jährlich, systematisch und ganzheitlich über den Zustand der Erde anhand seiner planetaren Grenzen informieren.
Berlin (epd). Deutschland hat im vergangenen Jahr Klimahilfen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro für Entwicklungsländer bereitgestellt. Damit liegen die Mittel unter den geleisteten 6,39 Milliarden Euro des Jahres 2022. Wie das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesentwicklungsministerium am 27. September in Berlin mitteilten, wurden die Zahlen für 2023 nun an die EU-Kommission gemeldet. Mit den Finanzhilfen werden ärmere Länder sowohl bei der CO2-Minderung unterstützt als auch bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung wie höhere Meeresspiegel, lange Dürreperioden oder heftige Stürme.
Trotz der gesunkenen Klimagelder versicherte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), dass Deutschland ein „verlässlicher Partner beim internationalen Klimaschutz“ bleibe. Sie appellierte mit Blick auf die kommende Weltklimakonferenz in Aserbaidschan im November auch an die Staaten, die bislang nicht zu den klassischen Gebern gehört haben, mehr zu tun. „Das betrifft besonders die Länder, die inzwischen selbst zu großen Treibhaus-Emittenten geworden sind und die nötige Finanzkraft haben“, erklärte sie. Zugleich warb die Ministerin dafür, neue Finanzquellen wie eine globale Besteuerung der Ultrareichen zu erschließen.
Bei der Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku vom 11. bis zum 22. November müssen sich die Staaten auf ein neues Ziel für die Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 einigen. Westliche Länder fordern, dass in Zukunft auch Staaten wie China stärker in die Pflicht genommen werden. Der Streit über die Einbeziehung neue Geber spielt in den internationalen Klimaverhandlungen seit Jahren eine Rolle.
Deutschland zählt bei den Klimahilfen für ärmere Länder zu den wichtigsten Gebern. Bis zum Jahr 2025 will die Bundesregierung jährlich sechs Milliarden Euro für den internationalen Klimaschutz und die Klimaanpassung in Entwicklungsländern bereitstellen. Die Anhebung der sogenannten Klimafinanzierung war von der früheren Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Aussicht gestellt worden und wurde von dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigt.
Die Hilfsorganisation Oxfam geht nicht davon aus, dass Deutschland diese Zusage über sechs Milliarden Euro künftig erfüllen kann. Es sei ärgerlich genug, dass die Mittel 2023 gesunken seien, aber das größere Problem seien die vorgesehenen weiteren Kürzungen im Entwicklungsetat, warnte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig. Für 2025 sind im Haushaltsentwurf für das Entwicklungsministerium fast eine Milliarde Euro weniger als im laufenden Jahr vorgesehen. Hieraus speist sich ein Großteil der Klimahilfen.
Die Industriestaaten hatten zugesichert, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung aus öffentlichen und privaten Mitteln bereitzustellen. Dieses Versprechen wurde 2022 laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum ersten Mal erfüllt.
Deutschland hat im Jahr 2023 insgesamt 9,9 Milliarden Euro zu der 100-Milliarden-Dollar-Zusage beigetragen. Diese setzen sich neben den 5,7 Milliarden Haushaltsmitteln aus Krediten und Privatinvestitionen zusammen, die mit öffentlichen Mitteln mobilisiert wurden.
Genf (epd). Eine Untersuchungskommission der UN hat neue Beweise für weitverbreitete und systematische Folter durch staatliche Stellen und Streitkräfte Russlands an ukrainischen Zivilisten und Kriegsgefangenen gefunden. Die Folter finde in den militärisch besetzten ukrainischen Gebieten und in Russland selbst statt, teilte die Kommission am 23. September in Genf mit.
Russland setze die völkerrechtlich verbotene Folter als gängige Praxis ein, darunter auch sexuelle Gewalt. Die Täter würden nicht belangt und könnten sich auf Straffreiheit verlassen, heißt es in einem Bericht der Kommission, den sie an den UN-Menschenrechtsrat leitete.
Die Kommission, die im Auftrag des Rates arbeitet, forderte, die Täter zu identifizieren, sie zur Rechenschaft zu ziehen und die Opfer der Folter umfassend zu unterstützen. Die Ermittler stützen sich auf Aussagen von Zeugen und Opfern. Zudem führen sie Untersuchungen in der Ukraine durch. Russland kooperiert nicht mit der Kommission.
Russland hatte im Februar 2022 eine militärische Großoffensive gegen die Ukraine begonnen. UN-Ermittler und andere Fachleute werfen den Russen regelmäßig das Verüben von Kriegsverbrechen vor. Opfer seien ukrainische Kriegsgefangene und Zivilisten.
Mannheim/Münster (epd). „Cringe“ (2021), „smash“ (2022) und „goofy“ (2023): Manch einer erfährt es aus der „Tagesschau“, dass die Jugend so spricht, wenn das „Jugendwort des Jahres“ präsentiert wird. Alljährlich wird es vom Langenscheidt Verlag gesucht: ein Begriff, den Jugendliche besonders häufig verwenden. In diesem Jahr sind „Talahon“, „Aura“ und „Schere“ die Finalisten. Am 19. Oktober soll das Siegerwort für 2024 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main verkündet werden. Eine Suche, die TikToker und Influencer Levi Penell im Mai dieses Jahres im Internet mit einer Gegenaktion einmal umgekehrt hat. Mit großer Resonanz.
Unter seinen jugendlichen Followern der Generation Z rief er online zur Abstimmung über das „Boomer-Wort des Jahres“ auf: Wenn die „Boomer“ nach einem neuen Wort suchten, welches die Jugend derzeit oft verwende, suche nun die Jugend nach einem „Retro“-Wort der Boomer-Generation, das heute viel zu selten genutzt werde. Als „Boomer“ gelten die Angehörigen der geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre.
Mehr als 116.400 Stimmen wurden bei der TikTok-Aktion abgegeben. Davon ging fast die Hälfte an das Siegerwort „Sportsfreund“. Weiter unter den Top Ten waren „schnabulieren“, „Papperlapapp“, „knorke“, „Firlefanz“ oder auch „steiler Zahn“ - Jugendsprache der älteren Generation.
Petra Storjohann vom Projekt „Lexikographie sprachlichen Wandels“ am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache Mannheim findet die Idee gut: „Solche Aktionen schärfen das Bewusstsein für Veränderungen im Bereich des Wortschatzes und sensibilisieren Jüngere für die individuellen Entwicklungsgeschichten von Wörtern.“
Es zeige sich, dass jüngere Menschen bestimmte Wörter genau dieser Generation gut zuordnen könnten, weil sie ihnen als auffällig erschienen. Jedoch sei sie sich nicht sicher, wie gut die meisten Ausdrücke tatsächlich verstanden würden, wenn man Jüngere gezielt nach ihren Bedeutungen fragen würde.
Dabei ist das, was junge Leute als Boomer-Sprache empfinden, ursprünglich auch mal Jugendslang gewesen: „Ein Kennzeichen zahlreicher Boomer-Wörter ist die Tatsache, dass die Ausdrücke oftmals in den Jugendjahren der Boomer-Generation aufkamen“, stellt Storjohann heraus. Beispiele seien Wörter wie knorke, Mucke (Musik), Gaudi, Schuppen (Disko, Club), Tüte (Joint), Fluppe (Zigarette) und schnuppe (egal). Wörter, die sich bei einigen Menschen bis ins Alter in der Alltagssprache gehalten haben.
Auffällig: „Nur wenige Ausdrücke waren dabei Englisch; hier sei nur 'cool' erwähnt, das etwa 1950, beeinflusst durch die amerikanische Popkultur, Eingang in die Jugendsprache und später in die Allgemeinsprache fand.“ Allgemein spiegelten viele Ausdrücke die damalige Jugendkultur wider, die stark von Musik und Partys geprägt gewesen sei. Einige dieser Wörter hätten überlebt und würden heute noch verwendet, sagt Storjohann, „während andere veraltet wirken und daher von Jüngeren bewusst gemieden werden.“
Nils Bahlo von der Universität Münster arbeitet und lehrt zur Jugendsprachforschung. Er betont: Die eine Boomer-Sprache gebe es ebenso wenig wie die eine Jugendsprache. Auf der Oberfläche aber lasse sich bei allen Jugendsprachen immer ein renoviertes, aktualisiertes, angepasstes Lexikon beobachten. Bahlo: „Die neuen Wörter passen sich dem Sprachgebrauch der Umgebung an.“ Entscheidend für die Variationen seien die Zeit, in der gesprochen werde, die Region, die Situation und das Milieu.
Social Media hätten den größten Einfluss darauf, wie Jugendliche heute sprächen, schreibt der Langenscheidt-Verlag. Sie konsumieren und verbreiten intensiv Inhalte aus der Popkultur, Musik, Film, Computerspiele, Memes im Internet. Storjohann: „Diese Inhalte beeinflussen ihre Sprache stark, und sie sorgen für neue Begriffe und Ausdrucksweisen im täglichen Sprachgebrauch.“ Durch Social Media und die Globalisierung hätten junge Menschen Zugang zu vielfältigen kulturellen Einflüssen und Sprachmustern aus aller Welt. Dabei spiele Englisch schon recht lange die entscheidende Rolle.
Wobei auch Verwendungsweisen für entlehnte englische Ausdrücke entstünden, die es in der Herkunftssprache nicht immer gebe (etwa „safe!“ für „garantiert“, „auf jeden Fall“). Auffällig sei, dass viele Ausdrücke derzeit einsilbig seien, was auf das Bedürfnis nach schnellen Reaktionen in der Kommunikation schließen lasse: lost, swag, cringe, sheesh, sus.
„Jugendliche nehmen Anpassungen für ihre Bedürfnisse vor. Sprache dient ihnen oft als Mittel, um ihre Gruppenzugehörigkeit und Identität auszudrücken. Jugendsprache hilft ihnen, sich von älteren Generationen abzugrenzen und eine eigene, unverwechselbare Identität zu schaffen. Das gilt für jede neue Generation“, erklärt Storjohann. Abstimmungen über Jugendworte und Boomer-Worte können also durchaus auch Anlass werden für einen Dialog zwischen den Generationen, wenn quasi Digga auf den knorken Sportsfreund trifft.
Frankfurt a. M. (epd). „Es knospt unter den Blättern, das nennen sie Herbst.“ So hat die Poetin Hilde Domin die Jahreszeit gesehen, die am 22. September begonnen hat. Denn wenn die Blätter von den Bäumen gefallen sind, werden schon kleine Knospen für das neue Frühjahr angelegt. Und Detlev von Liliencron dichtete: „Pfirsich an der Gartenmauer, Kranich auf der Winterflucht. Herbstes Freuden, Herbstes Trauer, welke Rosen, reife Frucht.“
Der Herbst mit seinen vollen Obstbäumen, dem besonderen Licht der tief stehenden Sonne und dem Morgennebel vor Beginn des dunklen Winters ist nicht nur für Literaten eine ganz besondere Jahreszeit. „Die existentielle Erfahrung des Herbstes ist nicht das Privileg des Dichters“, so schreibt der Gartenkolumnist Stefan Rebenich in seinem Buch „Der kultivierte Gärtner“.
Entgegen allen Klischees ist er auch voller Leben im Garten: Schmetterlinge, vor allem die Admirale, lieben süßes Fallobst, Wespen ebenfalls. Früchte mit Pilzbefall sollte man allerdings aufsammeln und in der Mülltonne entsorgen, damit sich die Pilzsporen nicht weiterverbreiten können. Beginnt dann auch das Laub zu fallen, sollte es mit einem Rechen vom Rasen gefegt werden, damit die Gräser darunter nicht faulen. Laubsauger töten Frösche und Igel sowie Insekten. Unter Obstbäumen nutzen Regenwürmer allerdings auch liegen gelassenes Laub, das sie in ihre Röhren hinabziehen, um es zu verspeisen, zu verdauen und damit den Boden zu düngen.
Stieglitze und andere Samenfresser unter den Vögeln wissen verblühte Sonnenblumen zu schätzen. Man sollte sie stehen lassen und nicht beschneiden, denn ihre Samen sind viel wert als Nahrungsquelle. Auch die Wilde Karde, die im Sommer als lila blühende Strukturpflanze die Hummeln ernährt hat, schmeckt im Spätherbst und Winter den Distelfinken.
Wenn die Eberesche, auch als Vogelbeere bekannt, orangerot fruchtet, geht der Sommer endgültig zur Neige, und die Jungspinnen schwingen sich an Seidenfäden in die Ferne. Für kleine Gärten bietet sich laut Rebenich die Herbsteberesche (Autumn spire) an, mit säulenförmigem Wuchs und orangeroten Blättern samt gelben Früchten. Jetzt lodert auch der Wilde Wein an der Hauswand empor, im späten Winter und Vorfrühling retten seine Früchte die Amseln vor dem Verhungern.
Und wie es die Dichterin Hilde Domin tut, kann man auch im Garten im Herbst schon an das Frühjahr denken: Es ist die Zeit, Zwiebeln von Tulpen, Krokus oder Narzissen zu setzen und Bäume und Büsche zu pflanzen. Der Naturschutzbund Deutschland empfiehlt Gehölze, die den Vögeln als Bankett dienen: etwa das - für Menschen giftige - Pfaffenhütchen mit seinen rosa Früchten, die aussehen wie altertümliche Kardinalsmützen, und die Berberitze, die kleine Singvögel mit roten Früchten lockt und zugleich mit ihren Stacheln vor größeren Räubern schützt.
Alle diese Pflanzen sind mit ihrer Blattfärbung eine Augenweide. Weiter lässt sich die Ästhetik des Herbstgartens mit dem Japanischen Feuerahorn steigern. Gräserstauden blühen und erobern den Garten mit ihren Samen, wie das Diamant-Reitgras. Herbstanemonen, kombiniert mit rötlichem Lampenputzergras, ziehen späte Bienen an.
Wer im Spätherbst die Knollen gefüllter Dahlien aus der Erde nimmt, um sie im nächsten Frühjahr wieder einzusetzen, sollte überlegen, ob nicht ungefüllte oder noch besser Astern sinnvoller wären. „Bei vielen Gartenbesitzern haben sie einen schlechten Ruf, da einige dazu neigen, sich auszubreiten“, warnt die Gartenhistorikerin und Gartenplanerin Isabelle van Groeningen in ihrem Buch „Die sieben Jahreszeiten“. Aber Astern sind eine späte Bienenweide. Und gefüllte Blüten bieten Tieren weder Nektar noch Pollen an.
Für den Dichter Liliencron waren Astern die Boten des kommenden Winters: „Astern blühen schon im Garten, schwächer trifft der Sonnenpfeil. Blumen, die den Tod erwarten durch des Frostes Henkerbeil.“ Theodor Storm sah den Herbst etwas handfester: „Und sind die Blumen abgeblüht, so brecht der Äpfel goldne Bälle; hin ist die Zeit der Schwärmerei, so schätzt nun endlich das Reelle!“ Und Goethe formulierte noch kürzer: „Über Rosen lässt sich dichten, in die Äpfel muss man beißen.“
Endingen/Weinheim (epd). Ob Krusten-, Radler- oder Jubiläumsbrot - jedes Brot von Matthias Schwehr hat eine Geschichte. Der Bäckermeister und Brotsommelier aus Endingen im südbadischen Kaiserstuhl erzählt mit Leidenschaft: „Ich hätte mir nie träumen lassen, was man als kleiner Bäcker vom Land mit Brot alles erreichen kann“, sagt er dem Evangelischen Pressedienst (epd) beim Besuch der 1898 gegründeten Bäckerei vor dem Internationalen Tag des Brotes am 16. Oktober. Weit über den 9.000-Einwohner-Ort bekannt wurde er durch sein „Brot Christi“: ein Fladenbrot aus Wasser, Mehl und Salz, wie es wohl zu Zeiten Jesu gegessen wurde.
Im Rahmen einer Projektarbeit für die Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim machte sich Schwehr auf die Suche nach dem Rezept: „Es hat mich gereizt, herauszufinden, wie Brot damals geschmeckt hat, wie es gebacken wurde.“ Fündig wurde er beim Historischen Institut der Universität Mannheim, dem Museum für Brot und Kunst in Ulm, dem Liturgischen Institut in Trier, der Erzdiözese Freiburg sowie dem Zentralrat der Juden in Berlin.
Die Bibel mit rund 270 Fundstellen für „Brot“ lieferte wichtige Informationen. Brot als das grundlegende Nahrungsmittel im Vorderen Orient bedeutet in der Heiligen Schrift sowohl schlicht „Nahrung“ als auch „Verbindung mit Christus“. Es war Lebensgrundlage und Opfergabe. Die Speisungsgeschichten, bei denen Jesus Brot vermehrt, mahnen zu teilen.
Heute liegt zum Erntedankfest (6. Oktober) in vielen Kirchen sinnbildlich ein - oft kunstvoll verzierter - Brotlaib auf dem Altar. An diesem Tag danken Christen Gott für die Gaben der Schöpfung, es geht um das Teilen und den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur und mit Lebensmitteln.
Besondere Bedeutung erhalte das gebrochene Brot beim letzten Abendmahl, wenn Jesus in der Bibel spreche: „Das ist mein Leib“ (Lukas 22, 19), sagt Oberkirchenrat, Matthias Kreplin von der Evangelischen Landeskirche in Baden in Karlsruhe. „Aus der Abendmahltradition wird Jesus selbst das Brot, mithin das 'Brot des Lebens'“, erklärt der Theologe.
Doch wie sieht es denn nun aus, das „Brot Christi“ von Matthias Schwehr? Der Bäckermeister zeigt einen runden, 250 bis 300 Gramm schweren Fladen, in der Mitte ein kleines Loch, Einkerbungen wie für Tortenstücke. In Pompeij sei in einem alten Ofen ein verkohltes Exemplar gefunden worden, sagt Schwehr: „Die Einkerbungen waren dazu da, es leichter brechen zu können.“
Das Loch entstehe durch Teig, der entfernt wurde, um den Fladen dem Priester im Tempel als Dankesgabe - jüdisch: „Challa“ - zu überreichen. Die Geschichte des „Brotes Christi“ erzählt der Bäcker auf Vorträgen und bei Verkostungen. Kirchengemeinden bestellten es vor allem zur Osterzeit.
Insgesamt backen Innungsbäcker in Deutschland mehr als 3.000 verschiedene Brotsorten. Besondere Wertschätzung erfuhr die Vielfalt deutscher Brotsorten mit der Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der nationalen UNESCO-Kommission 2014.
„Eine Brezel schmeckt in Schwaben anders als in Bayern“, beschreibt Bernd Kütscher diese Vielfalt. Er ist Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim und hat 2015 die Weiterbildung von Bäckermeistern zu Brotsommeliers ins Leben gerufen: „Nach Abschluss des ersten englischsprachigen Kurses haben wir 258 Brotsommeliers in 13 Ländern.“ In der Fortbildung werde neben Wissen, Kultur und Historie von Brot auch Sensorik vermittelt.
„Bei der Prüfung mussten wir fünf Bestandteile herausschmecken, ohne zu wissen, welche“, erzählt Schwehr. Auch Fehler im fertigen Produkt galt es herauszuschmecken. Dazu allerdings musste zunächst einmal eine eigene „Brotsprache“ her. „Es gab keine sensorisch soliden Wörter, um den Geschmack und die Konsistenz von Brot zu beschreiben“, so Kütscher. Auf der Homepage der Akademie gibt es eine freundliche „Nachhilfe“ zur Beschreibung des Brotgenusses mit Worten - vom „Duft der Krume“ über „Akzent der Oberfläche“ bis zu „Mundgefühl“.
Der Titel „Brotsommelier“ soll dazu beitragen, Brot wieder zu dem Stellenwert zu verhelfen, den es einmal hatte. Schließlich spielte Brot, insbesondere der Brotpreis bei der Bekämpfung von Hungersnöten, in der europäischen Geschichte von jeher eine Schlüsselrolle. „Es bringt Menschen zusammen und hat sogar die Gesellschaft verändert“, sagt Kütscher. „Brot war schon immer mehr als Lebensmittel.“
Bonn/Berlin (epd). Der Verein donum vitae begeht am Dienstag sein 25-jähriges Gründungsjubiläum. Der Bundesvorsitzende Olaf Tyllack erinnerte am 23. September in Berlin daran, dass katholische Laien am 24. September 1999 nach dem auf päpstliche Anweisung hin erfolgten Ausstieg der katholischen Kirche aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung den bürgerlich-rechtlichen Verein donum vitae (Geschenk des Lebens) gründeten. Die Gründung sei aus heutiger Sicht eine „große Erfolgsgeschichte“.
„Als Teil einer pluralen Beratungslandschaft wollten wir weiterhin im Sinne der doppelten Anwaltschaft an der Seite von Frauen im Schwangerschaftskonflikt bleiben und dem ungeborenen Leben eine Stimme geben“, fügte Tyllack hinzu: „Mittlerweile sind wir bundesweit mit mehr als 200 Beratungsstellen in 13 Bundesländern als einer der größten Träger aktiv und haben uns in Politik, Gesellschaft und Fachöffentlichkeit erfolgreich als werteorientierter, kompetenter und professioneller Fachverband zu Fragen rund um Sexualität, Familienplanung und Schwangerschaft etabliert.“
Die Beratungsstellen von donum vitae böten neben der allgemeinen Schwangerschafts- und der Schwangerschaftskonfliktberatung auch „psychosoziale Beratung vor, während und nach Pränataldiagnostik sowie bei unerfülltem Kinderwunsch, zur vertraulichen Geburt oder bei Trauer und Verlust an“, hieß es. Zusätzlich werde an vielen Standorten zu Veranstaltungen zur sexuellen Bildung an Schulen und außerschulischen Einrichtungen eingeladen.
Seit mehr als 15 Jahren bestehe mit der bundesweiten Online-Beratungsstelle von donum vitae zudem ein datenschutzsicherer schriftbasierter Beratungskanal. Laut Tyllack ist die Beratung mittels verschiedener digitaler, mobiler und Präsenzangebote ein fester Bestandteil „und weist den Weg in die Zukunft der Beratung, um möglichst alle Frauen, Männer und Familien mit ihren Anliegen zu erreichen.“
Zuvor hatte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) donum vitae gewürdigt. Seit seiner Gründung am 24. September 1999 habe sich der Fachverband zu einem zentralen Akteur der Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung in Deutschland entwickelt, erklärte das ZdK am Montag in Berlin.
Donum vitae sei „ein leuchtendes Beispiel dafür, wie engagierte Katholikinnen und Katholiken Verantwortung übernommen haben, als die katholischen Bischöfe sich auf Geheiß von Papst Johannes Paul II. aus der staatlich anerkannten Schwangerenkonfliktberatung zurückzogen“, so ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Auch 25 Jahre nach der Gründung stehe donum vitae weiterhin fest an der Seite von Menschen in schwierigen Lebenssituationen und gebe ihnen Orientierung.
Die Gründungsgeschichte von donum vitae ist eng mit dem Zentralkomitee der Katholiken, dem Zusammenschluss katholischer Laien, verbunden.
Bonn (epd). Die Frauenorganisation der Vereinten Nationen, UN Women, fordert eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland. Erforderlich sei eine Neuregelung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches sowie eine bessere Versorgungslage ungewollt Schwangerer, erklärte UN Women Deutschland am 23. September zum „Safe Abortion Day“ (Tag der sicheren Abtreibung, 28. September) in Bonn. Ungewollt Schwangere und Ärzte, die ihnen in dieser Situation helfen, dürften nicht mit dem Strafgesetzbuch bedroht werden.
„Lediglich der Abbruch gegen den Willen der Schwangeren soll strafbar bleiben. Wir brauchen eine Neuregelung noch in dieser Legislatur“, betonte Elke Ferner, Vorsitzende von UN Women Deutschland. Sie verwies darauf, dass im April eine Kommission der Bundesregierung zu reproduktiver Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in der Frühphase empfohlen habe. Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch wie die grundsätzliche Strafandrohung, die Pflichtberatung und die Wartezeit zwischen Beratung und Schwangerschaftsabbruch verletzten die sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmungsrechte.
UN Women Deutschland forderte zudem einen flächendeckenden Zugang zu der für die Schwangere am besten geeigneten Abbruchmethode. Abbrüche müssten Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden, hieß es. Krankenhäuser, die sich aus öffentlichen Mitteln finanzieren, müssten mit zur Versorgungssicherheit beitragen. Die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch sollen durch die Krankenkassen übernommen werden. Eine Abtreibung ist in Deutschland derzeit grundsätzlich verboten, bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche unter bestimmten Bedingungen straffrei.
Berlin, Hamburg (epd). Die Ausschreibung für die in 14 Bundesländern geplante Bezahlkarte für Flüchtlinge ist entschieden: Den Zuschlag hat das Unternehmen Secupay erhalten, wie der für die Vergabe zuständige öffentliche Dienstleister Dataport am 26. September in Hamburg mitteilte. Das Unternehmen verfüge über mehrjährige Erfahrung im bargeldlosen Zahlungsverkehr und habe sich mit dem wirtschaftlichsten Angebot im Wettbewerb durchgesetzt, hieß es. Secupay legt unter anderem bereits für Hamburg die „SocialCard“ auf.
Mit der Entscheidung können die 14 beteiligten Bundesländer den Angaben nach aus einem Rahmenvertrag mit Secupay Karten abrufen. Die Länder gingen dabei koordiniert, aber eigenständig vor, erklärten die Hamburger Innen-, Sozial- und Finanzbehörde. Die guthabenbasierte Karte biete unterschiedliche Funktionen, die Länder könnten entscheiden, mit welchen sie die Karten ausstatten wollen. Dazu zählten beispielsweise das umstrittene Limit für Barauszahlungen und Überweisungsmöglichkeiten. Bayern führte bereits im Juni die Bezahlkarte ein. Mecklenburg-Vorpommern sucht ebenfalls eine eigene Lösung.
Im November 2023 hatten die Bundesländer und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Bezahlkarte für Flüchtlinge beschlossen. Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg bereiteten laut Dataport die Ausschreibung vor. Noch Ende August hatte Dataport mitgeteilt, das Verfahren verzögere sich, da ein unterlegener Bieter Beschwerde beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingelegt hatte. Dort sei nun entschieden worden, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht verlängert wird, unter anderem, weil das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Verfahrens überwiege. Für den 18. Oktober ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Danach soll es laut Dataport eine Entscheidung in der Hauptsache geben.
Die Bundesländer verfolgen mit der Karte das Ziel, staatliche Leistungen für Asylsuchende und Flüchtlinge künftig weitgehend bargeldlos zu gewähren. Sie hoffen, dadurch die irreguläre Migration eindämmen und Geldüberweisungen an Herkunftsstaaten oder Schlepper unterbinden zu können. Umstritten ist insbesondere die von den Ländern geplante pauschale Deckelung für Barabhebungen. Zuletzt hatte das Hamburger Sozialgericht die Bargeld-Obergrenze von 50 Euro pro Monat gekippt und Einzelfallprüfungen angemahnt.
Berlin (epd). Der Mobilitätsforscher Gernot Liedtke wertet die angekündigte Erhöhung des Preises für das Deutschlandticket zum Januar 2025 als „recht moderat“. Fraglich sei allerdings, ob die Anhebung um neun Euro auf dann 58 Euro wirklich hilft, mehr Einnahmen zu erzielen, sagte der Direktor des Berliner Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Durch die Anhebung werden seiner Einschätzung nach einige Fahrgäste aufs Auto oder auf Einzeltickets abspringen. Auch würden wieder andere Tarife nachgefragt, so dass der Tarifdschungel sich nicht so schnell lichte.
Liedtke unterstrich, das Deutschlandticket habe nur einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrswende. In den Städten habe sich vom Verkehrsverhalten nicht viel verändert. Lediglich Berufspendler seien durch das Ticket finanziell entlastet worden. Insbesondere Pendler, die über zwei Verkehrsverbünde hinweg zur Arbeit fahren, hätten vor Einführung des Deutschlandtickets im Monat nicht selten 200 Euro und mehr bezahlt. „Diese Gruppe hat finanziell am stärksten vom Deutschlandticket profitiert, und aus ihr kommen viele Neukunden für den öffentlichen Verkehr“, sagte Liedtke.
Vermisst habe Liedtke in der Diskussion um das Deutschlandticket Überlegungen zu Tarifangeboten etwa für Familien oder Fahrradfahrer. Bislang müssten Familien bei Ausflügen Kindertickets einzeln kaufen. Auch die Fahrradtickets im Zug oder der U-Bahn seien für Pendler mit weiteren Strecken vielerorts zu teuer. Die Erhöhung hätte die Chance geboten, Tarifbündel für differenziertes Reisen zu schnüren. „Flatrates gibt es in allen Bereichen, aber im öffentlichen Verkehr wird dies nicht mitgedacht“, kritisierte Liedtke.
Zugleich mahnte Liedtke einen zuverlässigen Bahnbetrieb an. Durch die Ausfälle und Verspätungen bei der Deutschen Bahn wechselten gerade jene Berufsgruppen wieder zum Auto, die regelmäßig höhere Preise bezahlen könnten. Dies konterkariere viele Bestrebungen, den öffentlichen Verkehr zu stärken und den CO2-Ausstoß beim Autoverkehr zu reduzieren.
Berlin (epd). Die von Claude Monet (1840-1926) im Freien geschaffenen Bilder zeigen Blumenwiesen, Bäume, Szenen an Flußufern, mit flüchtigem Pinselstrich gemalt. Sie gehören zu den Ikonen der impressionistischen Malerei. Die Ausstellung „Claude Monet und die impressionistische Stadt“ in der Berliner Alten Nationalgalerie rückt nun erstmals seine Stadtansichten in den Fokus, in denen er die Landschaft in die Stadt holte und das moderne Paris mit seiner Stadtbevölkerung in Szene setzte.
Ob auf dem Vorplatz der Kirche Saint-Germain-L'Auxerrois, dem grünen Park des Jardin de l’Infante oder dem Quai du Louvre - es sind die Menschen, die als Flaneure diese Orte genießen. Mit impressionistischer Leichtigkeit malt Monet hier das flirrende Leben der Großstadt vor der steinernen Silhouette der Straßen.
1867 wählte Claude Monet mit seiner Bilderserie das nach 1850 radikal umgestaltete Paris mit neugeschaffenen Plätzen, breiten Boulevards und langen Avenuen zum Motiv. „Das war ein ganz neuer Blick auf die Stadt, man fühlte sich auf einmal ganz modern. Und dieses Quirlige, Zeitgenössische, hat ihn inspiriert“, erklärt Ralph Gleis, Direktor der Alten Nationalgalerie und Kurator der Schau.
Ausgehend von dem Werk aus der eigenen Sammlung mit der Kirche Saint-Germain-L'Auxerrois, stimmen zwei weitere Bilder der Serie, die aus Den Haag und aus Oberlin/Ohio in den USA nach Berlin reisten, auf das Thema ein und werden erstmals in einer Ausstellung zusammengeführt. Die Schau, die in Kooperation mit den beiden leihgebenden Institutionen entstand und dort ihre weiteren Stationen haben wird, ist zugleich die letzte Ausstellung des scheidenden Sammlungsdirektors Gleis.
Als Monet sich 1867 die moderne Metropole zum Motiv wählt, verschafft er sich mit einem Antragsschreiben Zugang zum Louvre, allerdings nicht - wie bis dahin üblich - um die Alten Meister zu studieren. Ralph Gleis: „Er geht auf den Balkon des Louvre und steht mit dem Rücken zur Geschichte, er sucht sich ein neues Sujet im Hier und Jetzt.“ Im Freien, von erhöhtem Standort aus, malt Monet das moderne Paris mit seiner neuen bürgerlichen Freizeitgesellschaft.
Zeitgenossen und Kollegen wie Camille Pissaro, Gustave Caillebotte, Maximilien Luc und Auguste Renoir ließen sich von Monet zu eigenen Stadtbildern inspirieren, wie die Ausstellung zeigt.
Für die Präsentation der mit rund 25 Gemälden, ergänzt durch Fotos und Dokumente, konzentrierten Schau wurde die Impressionisten-Sammlung der Alten Nationalgalerie umgehängt. Die im Zentrum des Ausstellungssaals im zweiten Obergeschoss locker aufgestellten lindgrünen Metallstühle wecken Assoziationen mit den Tuilerien und laden dazu ein, die Gemälde aus der Distanz zu genießen.
Die Bilder der Monet-Serie hängen an der Rückseite des Saals, im Kabinett dahinter dokumentieren Pläne, Fotos und Bilder, die den Abriss des alten Paris zeigen, den gigantischen Umbau durch den Stadtpräfekten Georges-Eugène Haussmann: Ganze Quartiere werden abgerissen, mittelalterliche Kirchen, etwa Notre-Dame, von Randbebauung befreit und mit grünen Vorplätzen als Monumente inszeniert.
Die Ausstellung zeigt, wie Kollegen das Motiv der Stadt aufgreifen und weiterentwickeln. Dabei dominiert der Blick aus der Vogelperspektive. Camille Pissaro etwa malt die moderne Großstadt zur Rushhour von erhöhtem Standpunkt aus einem Hotel heraus. In seinem Bild wimmelt es von Passanten, die von oben gesehen wie Ameisen die Straßen queren, im Wechsel mit Lohnkutschen und Taxen.
Gustave Caillebotte radikalisiert die Blickachsen und Perspektiven, indem er sich in einem der neuen Häuser im sechsten Stock einmietet und dort sein Atelier etabliert. Seine Arbeiten rahmen ein späteres Gemälde von Monet, „La Rue Montorgueil“ (1878), in dem dieser die steile Perspektive von Caillebotte aufnimmt. Er zeigt den Blick in die zum Nationalfeiertag in den Farben der Tricolore geschmückte Stadtschlucht, durch die fahnenschwenkende Menschenmassen wogen.
Den zeitlichen Bogen über 40 Jahre beschließen Gemälde der Kathedrale Notre-Dame von Henri Matisse (1859-1954) sowie des Postimpressionisten Maximilien Luce (1858-1941), der 35 Jahre nach Monet das Treiben vor der Kirche im späten Licht der Sonne ins Bild setzte.
Bonn (epd). Auf dem bäuerlichen Tanzvergnügen geht es wild und fröhlich zu: Pieter Bruegel hielt die Szene um 1650 fest, in der sich Paare auf einem Dorffest an den Händen halten und im Kreis drehen. Zweieinhalb Jahrhunderte später greift auch der Maler Franz von Stuck das Thema Tanz auf und malt feenhafte Frauen, die sich im Reigen in Einheit mit der Natur bewegen. Und wieder rund 100 Jahre danach liefert Simon Mayer eine Neuinterpretation der traditionellen Tänze seiner oberösterreichischen Heimat, in der zwei nackte Tänzer im Kreis wirbeln. Zu sehen sind diese unterschiedlichen Sichtweisen auf den Tanz in der Ausstellung „Tanzwelten“ in der Bonner Bundeskunsthalle.
Die Schau beleuchtet nicht nur die historische Entwicklung des Tanzes. Vielmehr nimmt sie die unterschiedlichen sozialen, religiösen und politischen Funktionen des Tanzes in den Blick. Zu sehen sind bis zum 16. Februar unter anderem Videos, Kostüme, Partituren, Gemälde, Grafiken, Fotografien, Bühnenmodelle sowie Installationen. Auf einer Tanzplattform im Zentrum der Ausstellung finden regelmäßig Vorführungen und Workshops statt.
„Wir wollen zeigen, aus welchen Beweggründen Menschen tanzen“, erklärt Kuratorin Katharina Chrubasik. Dabei geht die Ausstellung nicht chronologisch, sondern assoziativ vor und orientiert sich an den unterschiedlichen Funktionen des Tanzes. So kommt es, dass sich das Video des zeitgenössischen Choreografen Simon Meyer in unmittelbarer Nachbarschaft des Barockmalers Bruegel findet. Und ein mit Goldborte besetztes Ballettkostüm der berühmten Tänzerin Fanny Elßler aus der Zeit der Romantik korrespondiert mit dem zeitgenössischen Werk John Neumeiers, der Neufassungen historischer Handlungs- und Märchenballette entwickelt.
Wie Menschen zu unterschiedlichen Zeiten die erzählerische Kraft des Tanzes nutzten, wird beim Blick in die Choreografie-Werkstatt des langjährigen Hamburger Ballett-Intendanten Neumeier deutlich. Zu sehen ist das Material zur Entwicklung seines Balletts „Nijinsky“ (2000), in dem er die Ideen und die Lebensgeschichte des berühmten Tänzers Vaslav Nijinsky (1889-1950) mit seiner eigenen Bewegungssprache verknüpft. Neumeier entwickelte aus historischen Fotografien, Zeichnungen, Zeitungsausschnitten und Notaten ein neues Stück.
Ebenfalls von Nijinsky inspiriert ist ein Gemälde des spanischen Malers Federico Beltran-Masses, der den Tänzer 1910 in seiner Rolle in „Scheherazade“ malte. Beltran-Masses liebte Bezüge zur griechischen Mythologie. Tatsächlich ließen sich viele Tanz-Pionierinnen und Pioniere zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Posen Tanzender aus der Antike inspirieren, darunter auch Nijinsky. Sie sahen darin Vorbilder von Natürlichkeit und Harmonie und eine Abkehr vom klassischen Ballett.
Eine Revolutionärin bei der Befreiung von starren Tanz-Konventionen war Isadora Duncan (1877-1927), die ein System entwickelte, Gemütszustände in Gesten zu übersetzen. Abraham Walkowitz hielt ihre Bewegungen in seinen Aquarellen fest.
Zugleich ist der Tanz aber auch Ausdruck purer Lebensfreude und dient der Unterhaltung. So entstand im 19. und 20. Jahrhundert in den USA der Showtanz. Damit boten sich auch schwarzen Künstlerinnen und Künstlern neue Chancen. Ein Beispiel ist der Musical-Film „Stormy Weather“ von 1943 mit dem Stepptänzer William „Bojangles“ Robinson in der Hauptrolle. Der Hollywood-Film war ausschließlich mit afroamerikanischen Darstellerinnen und Darstellern besetzt, die zu dieser Zeit kaum in Hauptrollen zu sehen waren.
Auch die rituelle und spirituelle Funktion des Tanzes zieht sich durch die Jahrhunderte und durch die verschiedenen Kulturen. Während der Pest-Epidemien des Mittelalters entstanden in Europa Bilder von Skeletten, die mit Menschen tanzen. Ein Film zeigt, wie in New Orleans noch heute Menschen in einer Parade zu Jazzmusik tanzen, um die Verstorbenen zu feiern.
Frankfurt a.M. (epd). Die Oper in Frankfurt am Main ist zum dritten Mal in Folge zum „Opernhaus des Jahres“ gekürt worden. Kritikerinnen und Kritiker verliehen dem Haus den Titel bei der jährlichen Umfrage der „Opernwelt“ zum insgesamt achten Mal, wie die Zeitschrift am 25. September mitteilte. Es habe mit „einem sicheren Gespür für einen dramaturgisch plausiblen, spannenden, innovativen und abwechslungsreichen Spielplan“ überzeugt und so die Konkurrenz aus Straßburg (Opéra national du Rhin), Dortmund und Ulm hinter sich gelassen.
Die Frankfurter Oper errang auch in anderen Rubriken Spitzenplätze: Lydia Steier wurde erstmalig zur „Regisseurin des Jahres“ gekürt, insbesondere für ihre „Aida“-Inszenierung. „Chor des Jahres“ wurde wie im vergangenen Jahr der Frankfurter Opernchor. Auch eine der fünf „Aufführungen des Jahres“ fand in Frankfurt statt, nämlich „Tannhäuser“ von Matthew Wilds. Die weiteren „Aufführungen des Jahres“ waren „Moses und Aron“ von Lorenzo Fiorinis in Bonn, „Pique Dame“ von Timofej Kuljabins in Lyon, „Die Passagierin“ von Tobias Kratzer in München und „The Greek Passion“ von Simon Stones bei den Salzburger Festspielen.
„Orchester des Jahres“ wurde erneut das Bayerische Staatsorchester; die Auszeichnung als „Dirigent des Jahres“ erhielt Pablo Heras-Casado für seine „Parsifal“-Interpretation bei den Bayreuther Festspielen. Als beste Sängerin und Sänger bestimmten die Kritiker Asmik Grigorian für ihre sängerischen wie darstellerischen Rollenporträts sowie John Osborn, vor allem für seinen „Éléazar“ in der Frankfurter „La Juive“-Produktion. Schließlich wurde Dmitri Tcherniakov, in der Spielzeit 2022/23 „Regisseur des Jahres“, zum „Bühnenbildner des Jahres“ gewählt, Gianluca Falaschi zum besten Kostümbildner.
Mainz (epd). Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben die öffentliche Anhörung zum Reformstaatsvertrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio gestartet, dabei aber das Thema Rundfunkbeitrag ausgeklammert. Finanzierungsfragen würden Ende Oktober auf der Konferenz der Regierungschefs in Leipzig besprochen, teilte die rheinland-pfälzische Staatskanzlei am 27. September in Mainz mit. Ob und wann eine Beitragserhöhung kommen soll, ist damit weiterhin unklar. Eine Erhöhung zum 1. Januar hatte die Staatskanzlei bereits in der Vorwoche ausgeschlossen.
Die Finanzkommission KEF hatte im Februar empfohlen, den Beitrag zum 1. Januar 2025 um 58 Cent auf 18,94 Euro zu erhöhen. Mehrere Länder hatten Widerstand gegen die Erhöhung angekündigt, allerdings darf die Medienpolitik nur unter eng definierten Voraussetzungen von der KEF-Empfehlung abweichen. Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke hatte am Donnerstag erklärt, der Senderverbund gehe weiter von einer Beitragserhöhung aus.
In der online gestellten Entwurfsfassung, die auf einem „Kamingespräch“ der Regierungschefs am 26. September basiert, finden sich Vorschläge für den Medienstaatsvertrag sowie die einzelnen Staatsverträge für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Geplant ist unter anderem, dass mindestens 16 ARD-Hörfunkkanäle und knapp die Hälfte der zehn TV-Spartensender von ARD und ZDF wegfallen.
Bei der ARD ist vorgesehen, dass jede Anstalt künftig vier Radiosender betreiben darf, das wären 36 statt bisher 69 Kanäle. Zusätzlich können Landesgesetzgeber einen weiteren Sender pro sechs Millionen Einwohner erlauben und Sonderregeln für Mehrländeranstalten wie NDR oder MDR schaffen. Nach bisheriger Darstellung der Medienpolitik sollten insgesamt etwa 20 Sender entfallen, darauf hatte auch der ARD-Vorsitzende Gniffke am Donnerstag verwiesen. Nutzen die Landesgesetzgeber ihren Spielraum voll aus, würden 53 der aktuell 69 Programme verbleiben.
Bei den TV-Spartenkanälen sollen im Bereich Kultur die Inhalte des Senders 3sat, den ARD und ZDF mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF) und der Schweizer SRG SSR betreiben, nach Möglichkeit weitestgehend in Arte aufgehen. Der Bereich Information, Bildung und Dokumentation soll ebenfalls konsolidiert werden. Von den vier Sendern Tagesschau24, Phoenix, ARD-alpha und ZDFinfo sollen durch Bündelung nur noch ein oder zwei übrigbleiben.
Bei den Angeboten für junge Menschen soll an Sendern für verschiedene Altersgruppen festgehalten werden. Die Zahl soll jedoch von vier auf zwei bis drei Angebote mit „abgestimmter Strategie“ sinken. Betroffen sind der Kinderkanal, ZDFneo und ARD One und das Online-Jugendangebot Funk.
Beim Thema Sportrechte-Kosten gibt es zumindest im Detail noch keine Einigkeit. Grundsätzlich sollen diese Ausgaben gedeckelt werden. Im Entwurf heißt es, der Aufwand für den Erwerb dieser Übertragungsrechte dürfe „8-10 % abzüglich X %-Punkte“ des gesamten Programmaufwandes in einer Beitragsperiode nicht übersteigen. Derzeit liegt der Wert bei etwa 10 Prozent, die Senkung um den mit „X“ bezifferten Faktor ist weiter Gegenstand politischer Diskussionen.
Verbessert werden soll mit der Novelle auch die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dem Vorschlag zufolge soll ein „Kodex zu Standards für Leitung und Aufsicht“ vorgeschrieben werden, der dann gemeinsam mit Gremien der Sender entwickelt wird. Ein neuer Medienrat soll mit einem „Blick von außen“ die Auftragserfüllung im Ganzen überprüfen. Außerdem sollen die Sender zu einer stärkeren Kostentransparenz verpflichtet werden.
Nach Monaten intensiver Arbeit liege ein Entwurf vor, „der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk digitaler und zukunftsfester, aber auch effizienter und sparsamer macht“, erklärte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), der Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte: „Ziel der Reform ist es, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken.“ Es sei wichtig, auf Kosten und Effizienz zu achten und Doppelstrukturen zu vermeiden. Durch die Maßnahmen wolle man die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Sender in der Bevölkerung fördern.
Stellungnahmen zum Text können bis zum 11. Oktober auf der Webseite der Kommission eingereicht werden. Nach deren Auswertung soll der Staatsvertrag von den Länderchefs beraten werden. In Kraft treten kann dieser erst, wenn nach der Unterzeichnung durch die Länderchefs auch alle 16 Landesparlamente zugestimmt haben. Dies wird den Angaben zufolge frühestens im Sommer 2025 der Fall sein.
Mainz (epd). Mehrere Monate nach Bekanntwerden von Belästigungsvorwürfen hat sich das ZDF endgültig von seinem früheren Moderator und Leiter der Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen, Matthias Fornoff, getrennt. Der Journalist sei nicht mehr für das ZDF tätig, teilte eine Sprecherin der Sendeanstalt am 26. September dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit.
Nachfragen wollte das ZDF nicht beantworten. Auch, ob eine Kündigung ausgesprochen wurde oder das Arbeitsverhältnis auf andere Weise beendet wurde, ließ der Sender unter Berufung auf die „in Personalangelegenheiten übliche Verschwiegenheit“ offen.
Der langjährige ZDF-Journalist war für den Sender in verschiedenen führenden Positionen tätig, unter anderem als Korrespondent und Studioleiter in Washington und als Moderator der „heute“-Nachrichten. In seiner Funktion als Politikchef des Senders moderierte er neben vielen „ZDF spezial“-Ausgaben auch das „Politbarometer“.
Im Mai hatte das ZDF bekanntgegeben, dass Fornoff nach „Beschwerden über Fehlverhalten gegenüber Kolleginnen“ von seiner bisherigen Position entbunden werde. Er sollte demnach künftig eine neue Aufgabe ohne Führungsverantwortung in der Chefredaktion des öffentlich-rechtlichen Senders übernehmen.
Als Nachfolgerin Fornoffs an der künftigen Spitze der Hauptredaktion steht die ZDF-Journalistin Shakuntala Banerjee bereits fest. Sie soll die Leitung zum 1. November übernehmen.
Joker - Folie à Deux
Todd Phillips Sequel zu seinem Erfolgsfilm „Joker“ von 2019, das bei den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig angetreten war, knüpft inhaltlich direkt an den Vorgänger an. Arthur Fleck sitzt im Gefängnis und wartet dort auf seinen Mordprozess. Im Knastchor lernt er die Pyromanin Harley Quinn (Lady Gaga) kennen. Zwischen den beiden entspinnt sich bald eine unheilvolle Liebesgeschichte. Phillips hat einen Hybrid aus Musical, Gefängnisdrama, Gerichtsdrama und Melodram geschaffen, der trotz einiger gelungener Momente nicht so recht zünden will. Der Film punktet aber als unkonventionelle Dekonstruktion des Joker-Mythos.
Joker: Folie à Deux (USA 2024). Regie: Todd Phillips. Buch: Todd Phillips, Scott Silver. Mit: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Zazie Beetz, Ken Leung, Catherine Keener, Brendan Gleeson. Länge: 138 Min.
Der Wilde Roboter
In dem Animationsfilm von Chris Sanders erleidet Roboter Roz Schiffbruch auf einer Insel und versucht zunächst vergeblich, sich mit den tierischen Bewohnern anzufreunden. Mit dem verwaisten Gänseküken Brightbill findet er jedoch einen neuen Lebensinhalt. Denn die Zwerggans muss auf den bevorstehenden Vogelzug vorbereitet werden. Sanders ist ein bemerkenswerter Film über Freundschaft und Solidarität gelungen, der frischen Wind in das Animationsstudio Dreamworks bringt.
Der Wilde Roboter (USA 2024).Regie und Buch: Chris Sanders. Länge: 101 Min.
Memory
Sylvia (Jessica Chastain) führt ein einfaches, strukturiertes Leben. Gegenüber ihrer Tochter (Brooke Timber) verhält sie sich schroff, darüber hinaus nimmt sie regelmäßig an Treffen der Anonymen Alkoholiker teil. Eines Abends folgt ihr der demenzkranke Saul (Peter Sarsgaard) nach Hause. Die beiden scheint eine gemeinsame Vergangenheit zu verbinden, und so kommen sie sich näher. Diese Beziehung wird von Chastain und Sarsgaard sehr nuanciert gespielt. Regisseur Michel Franco verbindet Themen wie Alkoholismus, Missbrauch, Traumata und Demenz zu einem originellen Melodram, das ganz ohne Pathos und Klischees auskommt.
Memory (Mexiko/USA 2023). Regie und Buch: Michel Franco. Mit: Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Brooke Timber. Länge: 103 Min.
Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin
Element of Crime, das ist ein Sound, der neben Frontmann Sven Regener vor allem von Gitarrist und Mitgründer Jakob Ilja sowie von Schlagzeuger Richard Pappik geschaffen wurde. Charly Hübner hat sie für seinen Dokumentarfilm eine Woche lang begleitet und lässt sie von ihrer Geschichte, ihren Erfolgen und Problemen erzählen. Dabei betreibt er, der in „Wildes Herz“ von 2017 bereits sein Faible für Musikdokumentationen gezeigt hat, keine Heroisierung, sondern offenbart eine Art Netzwerk um die Band, in dem zahlreiche junge Acts und Wegbegleiter zu Wort kommen.
Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin (Deutschland 2024). Regie und Buch: Charly Hübner. Mit: Sven Regener, Jakob Ilja, Richard Pappik, Markus Runzheimer, Rainer Theobald, Ekki Busch. Länge: 93 Min.
Berlin/Mexiko-Stadt (epd). Wer aus der Seilbahn-Kabine auf Iztapalapa schaut, blickt auf ein Meer von Häusern, deren Dächer und Wände große bunte Gemälde zieren. Der Bezirk mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist eine der ärmsten und gefährlichsten Gegenden von Mexiko-Stadt - und zugleich die Hochburg von Morena, jener Partei, die auch in den kommenden sechs Jahren die Geschicke des Landes lenken wird.
Dabei wird mit Claudia Sheinbaum am 1. Oktober erstmals eine Frau als Präsidentin Mexikos ins Amt eingeführt. Einen Namen hat sich die Morena-Politikerin als Regierungschefin der Hauptstadt gemacht, unter anderem mit Projekten in Iztapalapa.
Gemeinsam mit der Bürgermeisterin des Bezirks, Clara Brugada, hat sie dafür gesorgt, dass die Kriminalität etwas abnahm. Mehr Polizeistreifen und beleuchtete Straßen sorgen heute dafür, dass sich Frauen nachts sicherer bewegen können. Dasselbe Ziel verfolgt die neue Seilbahn, die bisher abgehängte Gegenden mit der Innenstadt verbindet. Tausende großflächige Wandbilder einheimischer Künstler sollen zudem das Wohnumfeld kulturell besetzen und damit Sicherheit schaffen.
Nun wird Sheinbaum beweisen müssen, dass sie auch über ihr bisheriges Terrain hinaus erfolgreich agieren kann. Brugada steht ebenfalls vor neuen Herausforderungen, denn sie folgt als neue Regierungschefin von Mexiko-Stadt auf Sheinbaum.
Ihren Wahlsieg im Juni mit fast 60 Prozent der Stimmen verdankt die 62-jährige Sheinbaum der Beliebtheit ihres Vorgängers und Parteifreunds Andrés Manuel López Obrador, kurz Amlo. Der Morena-Gründer konnte mit seinem populistischen Diskurs, in dem er sich als Kämpfer des einfachen Volkes gegen die reiche Elite stilisierte, viele Menschen auf seine Seite ziehen. Zudem schuf er Sozialprogramme, etwa eine Grundrente für Ältere und Hilfsgelder für alleinerziehende Mütter. Der Mindestlohn stieg auf umgerechnet etwa 11,50 Euro.
Doch die eher zurückhaltende Sheinbaum hat nicht die Redegewandtheit López Obradors. Und ob sie die Sozialleistungen aufrechterhalten kann, ist nicht ausgemacht. Es habe Fortschritte im Kampf gegen Armut und Ungleichheit gegeben, sagt der Wirtschaftsprofessor Gerardo Esquivel von der Universität Colegio de México. Allerdings mahnt er zugleich eine stärkere Besteuerung von Reichtum an. Amlo hatte sich diesem Schritt immer verweigert, und auch Sheinbaum will nicht mit höheren Steuern auf Konfrontation mit Unternehmern und Wohlhabenden gehen.
Zugleich kündigte sie schon vor ihrer Amtsübernahme Hilfsgelder für ältere Frauen und weitere Sozialprogramme an. Als Vorbild für eine Sozialpolitik können die Vorhaben in Iztapalapa herhalten. In zwölf großen Stadtteilzentren, den „Utopías“, stellt die Regierung der Bevölkerung in dem Bezirk kostenlos ein umfangreiches Angebot zur Verfügung: Sportplätze, Schwimmbäder, Musikunterricht und Skate-Parks ebenso wie Beratungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen und Hilfe für Drogenabhängige.
Doch die Ausweitung einer solchen Politik auf das ganze Land könnte am Geld scheitern. Denn die künftige Staatschefin steht vor großen finanziellen Herausforderungen. Amlo hat mehrere Großprojekte ins Leben gerufen, deren Kosten viel höher ausfallen als geplant. Etwa den „Tren Maya“, einen „Maya-Zug“, mit dem Touristen über die Halbinsel Yucatán reisen können. Auch López Obradors auf Erdöl und Gas fokussierte Energiepolitik könnte teuer werden: Um die Klimaziele zu erreichen, wird die Physikerin Sheinbaum in erneuerbare Alternativen investieren müssen. Zudem wird sie sich schweren Vorwürfen der Opposition stellen müssen: Vor seinem Abgang peitschte Amlo noch eine umstrittene Justizreform durch, von der Kritiker befürchten, dass sie die Gewaltenteilung aufhebt.
Blickt man auf das gesamte Land, fällt auch das Resümee der Sicherheitspolitik anders aus als im Vorzeigeviertel Iztapalapa. Jeden Tag werden in dem mittelamerikanischen Land fast hundert Menschen getötet, viele Gegenden werden von Mafia kontrolliert. Allein in der Amtszeit von Amlo wurden etwa 50.000 Personen verschleppt - so viele wie nie zuvor. Weder die Schaffung einer Nationalgarde noch die Machtausweitung des Militärs brachten den versprochenen Wandel. Auch hier wird Sheinbaum neue Wege gehen müssen. Iztapalapa könnte eine Orientierung sein.
Nairobi/Arusha (epd). Simon Maginga sitzt an seinem Spinnrad, gebaut aus einer Fahrradfelge. Geschmeidig fließt die Baumwolle durch die Hände des 43-Jährigen und wird zum Faden. 2016 verlor Maginga bei einem Unfall beide Beine, bis dahin hatte er als Bauarbeiter gearbeitet. „Ohne Beine findet man keine Arbeit“, war lange die bittere Erfahrung des Tansaniers. Doch dann stieß er auf Shanga: In den Werkstätten am Stadtrand von Arusha arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung, die sich für Kunst begeistern. Aus allen möglichen, zum Teil recycelten Materialien entstehen Glaskunst, wunderschöne gemusterte Decken, Taschen oder Schmuck.
Shanga ist für Maginga mehr als nur ein Arbeitsplatz. Das Team hat ihm seine ersten Prothesen vermittelt - und einen Spender für ein dreirädriges Motorrad gefunden, mit dem er jetzt die acht Kilometer von zuhause zur Arbeit kommt. Die Kollegin, die ihm gegenübersitzt, ist gehörlos. Maginga hat über die Jahre ein paar grundlegende Gebärden gelernt. Wöchentlich gibt es Gebärdensprachenunterricht für alle interessierten Angestellten - und für die Stärkung des Miteinanders. „Hier ist ein Ort der Freundlichkeit“, sagt Maginga.
Mehr als vier der rund 65 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Tansanias leben mit einer Behinderung. Sie kämpfen oft gegen Stigma und Ausgrenzung. Eigentlich gibt es ein Gesetz, das Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten vorschreibt, mindestens zwei Prozent Mitarbeitende mit Behinderung einzustellen. Doch in der Praxis wird das selten umgesetzt. Viele Menschen mit Behinderung sind deswegen auf Unterstützung angewiesen oder finden Beschäftigung bei Projekten, die sich vielfach durch Spenden finanzieren. Bei Shanga ist das anders, weil das Unternehmen aktiv auf den Tourismusmarkt zielt.
Am späten Vormittag herrscht geschäftiges Treiben in den Shanga-Werkstätten. Die großen Holztüren der Gebäude stehen zum Hof hin offen, in den Bäumen klimpert Glaskunst im sanften Wind. Besuchergruppen sehen sich um. Es ist Spätsommer und Reisezeit in Europa, der Parkplatz ist voll mit Safari-Jeeps.
Der Tourismus ist für Tansania, und besonders für die Region rund um Arusha, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Zahlen der Reisenden sind nach der Pandemie angestiegen, knapp zwei Millionen Touristen besuchten das ostafrikanische Land 2023. Viele machen auf dem Weg in die Nationalparks Serengeti und Ngorongoro in Arusha Station, andere, bevor sie den Kilimandscharo, den höchsten Berg Afrikas, erklimmen. Prognosen sagen voraus, dass der Tourismus 2025 rund knapp 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen wird. Davon hofft auch Shanga zu profitieren.
Hinter der Werkstatt liegen Tausende Flaschen - braune Bierflaschen der „Twiga“-Brauerei und südafrikanische Weinflaschen, die Hotels aus der Umgebung hier abgeben, damit sie zu Gläsern, Mobiles und Vasen verarbeitet werden können.
2007 wurde Shanga gegründet, nachdem eine Schmuckmacherin aus Arusha Ketten aus Glasperlen bei einem Weihnachtsmarkt verkaufte und plötzlich viele Bestellungen für mehr Ketten eintrudelten. „Shanga“ ist Suaheli und bedeutet „Perle“.
Bei den Perlen sitzt Simon Saruni, 47 Jahre alt. In aller Ruhe und Geduld fädelt er mit einer Besucherin aus Äthiopien Armbänder aus winzig kleinen Perlen auf. Eine Gelegenheit in Kontakt zu kommen, zu interagieren, auch über die Sprachbarriere hinweg. Alle könnten hier lernen, „dass es für Menschen mit Behinderungen möglich ist, ein normales Leben zu führen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Shanga-Managerin Dina Wilson. „Und wie Recycling zum Umweltschutz beiträgt.“
Mittlerweile ist Shanga ein erfolgreiches Sozialunternehmen. 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten hier, 32 davon haben eine Behinderung. Die Produkte werden im Laden vor Ort verkauft. Auch in Geschäften in Kenia, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz und den USA sind sie erhältlich. Und der Online-Shop verschickt Ware in die ganze Welt.
Dynes Ngowo arbeitet in der Qualitätskontrolle und verpackt die Glasvasen so in den DHL-Karton, dass sie sicher am Ziel angelangen. Seit 2010 arbeitet sie bei Shanga und will gerne bleiben. „Anderswo findet man auch ohne Behinderung keinen Job im Kunstbereich“, meint sie
Berlin (epd). Die Bundesregierung hat eine neue Strategie für die humanitäre Hilfe vorgestellt. Das Konzept des Auswärtigen Amtes, das Staatssekretärin Susanne Baumann am 26. September in Berlin vorstellte, soll als Kompass für das deutsche Handeln im internationalen humanitären System dienen. Fachleute sehen in dem Papier keinen großen Wurf - vor allem vor dem Hintergrund der geplanten Kürzungen im Etat für die humanitäre Hilfe.
In dem Strategiepapier verweist das Auswärtige Amt auf die 310 Millionen Menschen, die derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Deutschland trage entscheidend dazu bei, Not zu lindern und Überleben zu sichern. Zugleich wird in dem Papier auch der Bezug auf deutsche Sicherheitsinteressen hervorgehoben. Alle humanitären Krisen hätten das Potenzial, „sich in unserer vernetzten Welt global auszuwirken“, heißt es.
Konkret sind drei Schwerpunkte definiert. Das Auswärtige Amt will zum einen mit hochrangiger Krisendiplomatie ermöglichen, dass humanitäre Hilfe geleistet werden kann und humanitäres Völkerrecht eingehalten wird.
Zum anderen soll das System der humanitären Hilfe an die veränderten Bedürfnisse angepasst werden. Dazu gehört laut Baumann auch, dass die humanitäre Hilfe künftig weniger reaktiv, sondern vorausschauender eingesetzt wird. Ebenso will das Auswärtige Amt die humanitäre Hilfe stärker fokussieren und sich für eine verbesserte Koordinierung zwischen den weltweiten Gebern einsetzen.
Das gehe mit einer Priorisierung einher, betonte Baumann: „Eine humanitäre Krise, die in Lateinamerika stattfindet, wird bei uns eine geringere Rolle spielen als in den USA oder Kanada.“ Weil die Mittel nicht ausreichen, um allen Menschen zu helfen, sei es legitim, dass Deutschland bei der humanitären Hilfe zunächst nach Syrien, Sudan und der Sahel-Region schaue, sagte die Staatssekretärin.
Kritik an der Strategie kam von Fachleuten. Nach Einschätzung des Direktors des „Centre for Humanitarian Action“ (CHA), Ralf Südhoff, liefert sie nur wenig Orientierung. Viele Aspekte seien zwar sinnvoll, etwa das Vorhaben, lokale Organisationen in Hilfseinsätzen weiter zu stärken, betonte Südhoff. „Aber wie man das erreichen will - und vor allem mit welchen politischen, finanziellen und personellen Ressourcen -, das bleibt vielfach offen.“
Dass das Budget für die humanitäre Hilfe 2025 um die Hälfte auf rund eine Milliarde Euro gekürzt werden solle, sei ein „dramatischer Schritt“. Entsprechend sei in der neuen Strategie „konsequent der Anspruch herausgestrichen, dass Deutschland ein führender humanitärer Geber ist“.
Auch Staatssekretärin Baumann bezeichnete die Kürzungen bei der humanitären Hilfe Haushaltsentwurf als „schmerzlich“ und betonte zugleich die Notwendigkeit, die bestehenden Mittel noch „zielorientierter und effizienter“ einzusetzen. Sie sprach von „großen Herausforderungen“ für die humanitäre Hilfe, weil die Zahl der Konflikte weltweit steige und gleichzeitig die zur Verfügung stehenden Mittel sinken.
Der Direktor des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Martin Frick, lobte die Strategie. „Hungerbekämpfung muss Teil einer umfassend gedachten Sicherheitspolitik sein und wir begrüßen, dass die humanitäre Strategie des Auswärtigen Amts das so klar herausstellt“, sagte er dem epd. Es brauche aber weiterhin ein starkes politisches und finanzielles Engagement Deutschlands in der humanitären Hilfe.
30.-31.10. Evangelische Akademie Villigst
Hybrid Sterben wollen - Leben müssen - Sterben dürfen? Assistierter Suizid und Freiverantwortlichkeit in der Praxis: Was bedeutet das für Menschen im Alter, Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen mit Behinderungen?
9.-10.11. Evangelische Akademie Thüringen
Wer die Jugend hat, … Staat kontra Kirche in der frühen DDR Wer jung war in der frühen DDR, der sollte sich entscheiden: Stehst Du rückständig zur Kirche? Oder marschierst Du mit voran zu Atheismus, Sozialismus, Kommunismus? Die SED zettelte einen antibürgerlichen und antichristlichen Machtkampf an, der theologisch in einer Diskussion um Obrigkeit mündete. Viele junge Menschen wurden aufgrund ihres Glaubens bzw. ihrer Kirchenzugehörigkeit drangsaliert, verfolgt und inhaftiert. Andere passten sich dem Staat an und kooperierten. Vor der Sonderausstellung des Lutherhauses Eisenach über die evangelische Kirche in der DDR der 1950er Jahre werden diese Zusammenhänge vorgestellt und diskutiert.
14.-15.11. Evangelische Akademie Hofgeismar
Das Leben feiern! Feste und Feiertage in Islam und Christentum Ob Ramadan oder Opferfest, ob Ostern oder Weihnachten: Gläubige vergewissern sich an den Festtagen ihrer jeweiligen Glaubenstraditionen, indem sie ihnen Gestalt und Leben verleihen. Religionen werden so mit Kopf, Herz und Hand erlebbar. Religiöse Feste und Rituale ermöglichen es, Glaubensinhalte auf vielfältige Weise zu erschließen.