Berlin (epd). Die Bundesregierung hat eine neue Strategie für die humanitäre Hilfe vorgestellt. Das Konzept des Auswärtigen Amtes, das Staatssekretärin Susanne Baumann am 26. September in Berlin vorstellte, soll als Kompass für das deutsche Handeln im internationalen humanitären System dienen. Fachleute sehen in dem Papier keinen großen Wurf - vor allem vor dem Hintergrund der geplanten Kürzungen im Etat für die humanitäre Hilfe.
In dem Strategiepapier verweist das Auswärtige Amt auf die 310 Millionen Menschen, die derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Deutschland trage entscheidend dazu bei, Not zu lindern und Überleben zu sichern. Zugleich wird in dem Papier auch der Bezug auf deutsche Sicherheitsinteressen hervorgehoben. Alle humanitären Krisen hätten das Potenzial, „sich in unserer vernetzten Welt global auszuwirken“, heißt es.
Krisendiplomatie, Flexibilität, Priorisierung
Konkret sind drei Schwerpunkte definiert. Das Auswärtige Amt will zum einen mit hochrangiger Krisendiplomatie ermöglichen, dass humanitäre Hilfe geleistet werden kann und humanitäres Völkerrecht eingehalten wird.
Zum anderen soll das System der humanitären Hilfe an die veränderten Bedürfnisse angepasst werden. Dazu gehört laut Baumann auch, dass die humanitäre Hilfe künftig weniger reaktiv, sondern vorausschauender eingesetzt wird. Ebenso will das Auswärtige Amt die humanitäre Hilfe stärker fokussieren und sich für eine verbesserte Koordinierung zwischen den weltweiten Gebern einsetzen.
Das gehe mit einer Priorisierung einher, betonte Baumann: „Eine humanitäre Krise, die in Lateinamerika stattfindet, wird bei uns eine geringere Rolle spielen als in den USA oder Kanada.“ Weil die Mittel nicht ausreichen, um allen Menschen zu helfen, sei es legitim, dass Deutschland bei der humanitären Hilfe zunächst nach Syrien, Sudan und der Sahel-Region schaue, sagte die Staatssekretärin.
Kritik an der Strategie kam von Fachleuten. Nach Einschätzung des Direktors des „Centre for Humanitarian Action“ (CHA), Ralf Südhoff, liefert sie nur wenig Orientierung. Viele Aspekte seien zwar sinnvoll, etwa das Vorhaben, lokale Organisationen in Hilfseinsätzen weiter zu stärken, betonte Südhoff. „Aber wie man das erreichen will - und vor allem mit welchen politischen, finanziellen und personellen Ressourcen -, das bleibt vielfach offen.“
Budgetkürzungen „dramatischer Schritt“
Dass das Budget für die humanitäre Hilfe 2025 um die Hälfte auf rund eine Milliarde Euro gekürzt werden solle, sei ein „dramatischer Schritt“. Entsprechend sei in der neuen Strategie „konsequent der Anspruch herausgestrichen, dass Deutschland ein führender humanitärer Geber ist“.
Auch Staatssekretärin Baumann bezeichnete die Kürzungen bei der humanitären Hilfe Haushaltsentwurf als „schmerzlich“ und betonte zugleich die Notwendigkeit, die bestehenden Mittel noch „zielorientierter und effizienter“ einzusetzen. Sie sprach von „großen Herausforderungen“ für die humanitäre Hilfe, weil die Zahl der Konflikte weltweit steige und gleichzeitig die zur Verfügung stehenden Mittel sinken.
Der Direktor des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Martin Frick, lobte die Strategie. „Hungerbekämpfung muss Teil einer umfassend gedachten Sicherheitspolitik sein und wir begrüßen, dass die humanitäre Strategie des Auswärtigen Amts das so klar herausstellt“, sagte er dem epd. Es brauche aber weiterhin ein starkes politisches und finanzielles Engagement Deutschlands in der humanitären Hilfe.