Berlin (epd). Der Mobilitätsforscher Gernot Liedtke wertet die angekündigte Erhöhung des Preises für das Deutschlandticket zum Januar 2025 als „recht moderat“. Fraglich sei allerdings, ob die Anhebung um neun Euro auf dann 58 Euro wirklich hilft, mehr Einnahmen zu erzielen, sagte der Direktor des Berliner Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Durch die Anhebung werden seiner Einschätzung nach einige Fahrgäste aufs Auto oder auf Einzeltickets abspringen. Auch würden wieder andere Tarife nachgefragt, so dass der Tarifdschungel sich nicht so schnell lichte.
Liedtke unterstrich, das Deutschlandticket habe nur einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrswende. In den Städten habe sich vom Verkehrsverhalten nicht viel verändert. Lediglich Berufspendler seien durch das Ticket finanziell entlastet worden. Insbesondere Pendler, die über zwei Verkehrsverbünde hinweg zur Arbeit fahren, hätten vor Einführung des Deutschlandtickets im Monat nicht selten 200 Euro und mehr bezahlt. „Diese Gruppe hat finanziell am stärksten vom Deutschlandticket profitiert, und aus ihr kommen viele Neukunden für den öffentlichen Verkehr“, sagte Liedtke.
Forderung nach Angeboten für Familien und Fahrradfahrer
Vermisst habe Liedtke in der Diskussion um das Deutschlandticket Überlegungen zu Tarifangeboten etwa für Familien oder Fahrradfahrer. Bislang müssten Familien bei Ausflügen Kindertickets einzeln kaufen. Auch die Fahrradtickets im Zug oder der U-Bahn seien für Pendler mit weiteren Strecken vielerorts zu teuer. Die Erhöhung hätte die Chance geboten, Tarifbündel für differenziertes Reisen zu schnüren. „Flatrates gibt es in allen Bereichen, aber im öffentlichen Verkehr wird dies nicht mitgedacht“, kritisierte Liedtke.
Zugleich mahnte Liedtke einen zuverlässigen Bahnbetrieb an. Durch die Ausfälle und Verspätungen bei der Deutschen Bahn wechselten gerade jene Berufsgruppen wieder zum Auto, die regelmäßig höhere Preise bezahlen könnten. Dies konterkariere viele Bestrebungen, den öffentlichen Verkehr zu stärken und den CO2-Ausstoß beim Autoverkehr zu reduzieren.