sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

was immer in der Pflege von den Fachkräften erledigt wird, muss schriftlich festgehalten werden. Diese Dokumentation fresse viel Zeit im Pflegealltag, beklagen die Beschäftigten. Wenn vor lauter Papierkram die Betreuung der Patienten zu kurz kommt, löst das oft Frust bei den Pflegeprofis aus. Ein Grund von mehreren, weshalb viele Pflegekräfte dem Job den Rücken kehren. Wie Intensivkrankenpfleger Benjamin Lutze.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) dominierte gleich nach dem Regierungswechsel die Schlagzeilen. Ihr Thema: die künftige Sicherheit der Renten. Sie schlug vor, auch Selbstständige, Beamte und Abgeordnete Beiträge in die Rentenkasse zahlen zu lassen. Die Union ging prompt auf Gegenkurs. Doch was ist dran an der Idee? Und was würde dieser Kurswechsel bringen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

In Deutschland dauert es laut dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste im Schnitt 500 Tage, bis eine qualifizierte Pflegefachkraft aus dem Nicht-EU-Ausland ihrer Ausbildung gemäß arbeiten darf. Der Grund: Die Anerkennung ihrer Qualifikation aus den Herkunftsländern samt Nachweis der Sprachkenntnisse dauert Monate. Präsident Bernd Meurer hat eine Lösung für dieses Problem, wie er im Gastbeitrag für epd sozial erläutert. Stichwort: „Kompetenzvermutung“.

Der Familienbund der Katholiken ruft die neue Bundesregierung auf, finanzielle Hilfen für Familien wie etwa die Reform des Elterngelds gesetzlich zu verankern. „Familien brauchen Verlässlichkeit und keine Vertröstungen auf ungewisse Zeit“, sagt Verbandspräsident Ulrich Hoffmann im Gespräch mit epd sozial. Fast alle Vorhaben stünden laut Koalitionsvertrag unter dem Vorbehalt der Finanzierung. Dabei sei es eine politische Entscheidung, „ob man Haushaltsmittel für soziale Gerechtigkeit oder in anderen Bereichen einsetzen möchte“.

Psychisch kranke Menschen dürfen laut einer Gerichtsentscheidung in einer korrekt erstellten Patientenverfügung ärztliche Zwangsbehandlungen verbieten. Setzt sich ein Gericht über diesen formulierten Willen hinweg und genehmigt eine Zwangsmaßnahme, ist das Recht des Patienten auf körperliche Unversehrtheit und Integrität verletzt, so der Bundesgerichtshof.

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Ihr Dirk Baas




sozial-Politik

Pflege

Wenn Unsicherheit die Dokumentation aufbläht




Dokumentation in einem Pflegeheim in Hersel bei Bonn
epd-bild/Meike Böschemeyer
In Kliniken und Heimen wird nicht nur gepflegt. Was immer auch getan wird, muss dokumentiert werden. Seit Jahren klagen Pflegekräfte über zu viel Bürokratie, doch die wird nicht weniger. Viele Fachkräfte kehren entnervt dem Job den Rücken.

Berlin (epd). Mit der „Strukturierten Informationssammlung“ (SIS) wurde zwar vor zehn Jahren in der Pflege eine entbürokratisierte Dokumentation eingeführt. Doch noch immer frisst die „Doku“ viel Zeit im Pflegealltag auf. Das führt zu Frust bei den Pflegeprofis - ein Faktor, der mit dazu beiträgt, dass Pflegekräfte aus dem Beruf aussteigen. Einer, der es wissen muss, ist Intensivkrankenpfleger Benjamin Lutze: „Wir befassen uns mit dem Falschen.“ Er hat der Pflegeberuf an den Nagel gehängt.

Lutze hat in mehreren Kliniken gearbeitet. Zuletzt in Frankfurt am Main, bevor er Ende 2024 aus der Pflege ausstieg. Fast überall, sagt er, wird doppelt oder dreifach dokumentiert. Dieselben Beatmungsparameter zum Beispiel können im Beatmungsprotokoll, in der Tageskurve und im Freitext der Standarddokumentation festgehalten werden - um sich nach allen Seiten abzusichern. Er selbst dokumentierte stets „präzise und knapp“. Was immer wieder zu Konflikten mit Kollegen oder Vorgesetzten führte: „Ständig musste ich mich rechtfertigen“, berichtet Lutze.

Lange Liste an zu erfassenden Daten

Pflegekräfte stehen schon aus Zeitmangel ständig vor der Frage: „Mache ich etwas, um Vorgaben zu erfüllen, oder tue oder unterlasse ich etwas im Sinne des Betreuten?“ Ein täglicher Konflikt, der nachvollziehbar wird, wenn man weiß, was in Heimen alles festgehalten werden muss - und diese Liste ist nicht vollständig: persönliche Stammdaten des Bewohners, Pflegeanamnese samt Erfassung der individuellen Pflegebedürfnisse, spezielle Gewohnheiten, soziale Beziehungen und aktuelle Befindlichkeiten, Ziele und Maßnahmen der Pflegeplanung, tägliche Berichte zu erledigten Arbeiten, individuelle Beobachtungen, Besonderheiten und Veränderungen samt Datum, Uhrzeit und Unterschrift der Pflegekraft sowie Schmerzprotokolle, Wunddokumentation und Medikamentenplanung.

Dokumentationen sollten Lutze zufolge ausschließlich der Patientensicherheit dienen. Soweit die Theorie. In der Praxis werde jedoch viel aus Unsicherheit dokumentiert. Um abgesichert zu sein, falls etwas schiefgeht. Damit werde die Sache absurd: Unter zeitaufwendigen Dokumentationen leiden laut Lutze nämlich jene Personen, für die dokumentiert werden soll.

Bürokratie nimmt in anderen Bereichen zu

Durch die entbürokratisierte Dokumentation muss laut Frank Weidner heute zwar weniger als vor zehn Jahren dokumentiert werden. Allerdings gelte das nur für die reine Pflege, sagte der Pflegeforscher und Vorstand des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Daneben gebe es weitere Berichtspflichten: „Zum internen Qualitätsmanagement, zum Datenschutz und Hygienekonzepten oder für Krisenkonzepte und das Beschwerdemanagement.“

In der Summe habe der Aufwand eher zugenommen. Doch egal, ob mal etwas mehr oder etwas weniger zu dokumentieren ist: „Die Dokumentation muss oft für den grundsätzlichen und häufig berechtigten Unmut in der Pflege wegen schlechter Rahmen- und Arbeitsbedingungen herhalten.“

Ulrich Dobler, Pressesprecher des Altenhilfeträgers „Stiftung Liebenau“ in Meckenbeuren (Bodenseekreis), sagt, der hohe Bürokratieaufwand könne ein Grund für „schlechte Pflege“ sein. Und er betont, dass aus der Dokumentation die Qualität der Betreuung nicht zwangsläufig ersichtlich sei, weil sie nicht sämtliche Arbeiten am Bett vollständig abbilden könne. Er verweist zudem auf ein Phänomen, das viele Heime beklagen: Doppelte Prüfung gleicher Tatbestände durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die kommunale Heimaufsicht: „Das wirft oft Fragen auf und führt zu Unsicherheit.“

Ständige Angst, in Haftung genommen zu werden

Pflegefachkraft Heike Arens aus Fulda betont, durch die Angst, in Haftung genommen zu werden, dehne sich die Dokumentation immer weiter aus. Deshalb werde in Heimen beispielsweise so viel rund um Prophylaxe schriftlich festgehalten. Denn: Bekomme ein Patient einen Dekubitus, könne über die Dokumentation nachgewiesen werden, dass pflegerisch alles versucht wurde, um ein Wundliegen zu verhindern.

Arens, die vor eineinhalb Jahren aus der Pflege aus- und in die Pflegeberatung einstieg, empfand die Dokumentationspflichten in der ambulanten Pflege als weitgehend sinnvoll. Anders stelle sich die Situation in der Tagespflege dar: „Ich musste dort genauso viel dokumentieren wie im stationären Bereich, dabei sind die Leute oft nur einmal in der Woche anwesend.“ Als freigestellte Praxisanleiterin in verschiedenen Pflegeheimen kam sie zu der Erkenntnis: Auch dort, wo Dokumentation an sich sinnvoll ist, wird Pflege nach ihrer Beobachtung nicht unbedingt besser.

Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen, hört immer wieder von Pflegekräften, dass Dokumentationen häufig nicht für die Patienten, sondern für die Prüfdienste geschrieben würden. Und nicht selten würden „pflegerische Binsenweisheiten festgehalten“. Fehlten die entsprechenden Sätze in den Dokumenten, werde das bei Prüfungen gerügt. Nach der Devise „sicher ist sicher“ werde oft doppelt dokumentiert.

Wichtige Zeit für die Pflege fehlt

Postel nennt die Situation paradox: „Die Dokumentation nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass weniger Zeit für die direkte Pflege bleibt und die Bewohner nicht ordentlich versorgt werden können.“ Statt nur Dokumentationen zu prüfen, sollten Prüfer mit Bewohnern sprechen und den Ablauf im Heim beobachten.

Kathrin Mangold vom Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen: „Der Grundsatz: ‚Was nicht dokumentiert ist, ist nicht gemacht‘, gilt schon lange nicht mehr, er wird aber noch von vielen Pflegekräften gelebt.“ Fachkräften müsse diese Angst genommen werden, fordert sie. Aber: „Die Dokumentationsprüfung durch die Heimaufsichten hat in vielen Bundesländern immer noch einen großen Stellenwert.“

Der Verband sieht in der Künstlichen Intelligenz (KI) Chancen, effektiver zu arbeiten und genauer zu dokumentieren: „Tools zur Spracherkennung, die viele Sprachen problemlos verstehen, machen Dokumentationen leichter.“ Die diktierten Inhalte könnten direkt an der richtigen Stelle abgespeichert werden. Auch sei es möglich, digital erhobene Vitaldaten direkt zu übernehmen.

Wie hilfreich KI bei der Dokumentation ist, wird gerade am Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung analysiert. Noch stoßen KI-Modelle schnell an ihre Grenzen, berichtet Forscher Frank Weidner. Sie benötigten, um gut sein zu können, einen Grundstock an vergleichbarer Systematik etwa in der Feststellung von Pflegebedarfen. Pflegediagnosen könnten die Basis dafür bilden: „Die sind in Deutschland aber nicht eingeführt.“

Pat Christ


Pflege

Soziologin: Sterben verrät viel über soziale Gerechtigkeit




Sonja Owusu Boakye
epd-bild/Louisa Windbrake

Bremen (epd). Das Sterben verrät nach Auffassung der Bremer Soziologin Sonja Owusu Boakye viel über soziale Gerechtigkeit. „Oft sind gerade diejenigen, die großen Unterstützungsbedarf haben, sozial benachteiligt“, sagte die Wissenschaftlerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Owusu Boakye ist Referentin im Begleitprogramm der Messe „Leben und Tod“, die am 16. Mai beginnt und bis zum 17. Mai dauert. Deren Leitfrage lautet „Am Ende ... sind wir alle gleich?“

Es gebe viele Merkmale, die zu Benachteiligungen führen könnten, sagte Owusu Boakye. So würden etwa weiße Menschen gegenüber „People auf Colour“ bevorzugt, Männer gegenüber Frauen und queeren Personen sowie Menschen ohne Behinderungen gegenüber Menschen mit Behinderung. „Auch das Alter, ein niedriges Einkommen oder geringe Bildung sind Faktoren, die zu Benachteiligungen führen können. Menschen sind vielfältig, aber nicht alle werden als gleichwertig anerkannt.“

Kaum Geld für Sterbebegleitung und Beerdigung

Konkret hätten beispielsweise Menschen mit einer Behinderung oder einer schweren chronischen Erkrankung häufig besonderen Therapiebedarf und entsprechend hohe Gesundheitskosten. „Alleinerziehende wiederum haben nur ein Gehalt zur Verfügung - und meist nur ein niedriges.“ Problematisch werde es auch für Menschen, die ergänzende Therapien benötigten, die die Kranken- oder Pflegeversicherung nicht übernehmen.

Nach dem Aufwand für medizinische Versorgung und Sterbebegleitung kämen schließlich noch die Kosten für die Beerdigung. Die könnten schnell hoch werden, wenn eine Sozialbestattung nicht möglich oder auch nicht gewollt sei: „Für Menschen, die aufgrund sozialer Benachteiligung ohnehin schon genau rechnen müssen, bleibt am Ende des Monats kaum Geld übrig, um für den Sterbefall vorzusorgen oder die Pflege des Grabes Angehöriger zu bezahlen.“

Eine einfache Lösung, um Ungleichheiten und ausgrenzendem Verhalten zu begegnen, gebe es nicht, erklärte Owusu Boakye. „Zu verstehen und anzuerkennen, dass es Unterschiede gibt, wäre der erste wichtige Schritt“, sagte sie. „Der zweite Schritt wäre - und das tut durchaus weh - sich selbst und das eigene Handeln zu hinterfragen. Da reicht schon die schlichte Frage: Wie würde ich mich anstelle der Person fühlen, wenn so mit mir umgegangen würde? Letztlich geht es darum, sich für benachteiligte Menschen einzusetzen.“

Dieter Sell


Studie

Teilhabechancen von Jugendlichen hängen stark vom Wohnort ab




Aktion für Kinderrechte beim Welkindertag 2024
epd-bild/Christian Ditsch
Für junge Menschen herrscht in Deutschland keine Chancengleichheit. Die Ausgangsbedingungen klaffen regional teils weit auseinander, wie eine Studie zeigt. Das Forschungsteam fordert, Kindern und Jugendlichen mehr Gehör zu schenken.

Berlin (epd). Von der Länge des Schulwegs über das Freizeitangebot bis hin zur Busanbindung: Die Voraussetzungen für Kinder und Jugendliche, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, unterscheiden sich innerhalb Deutschlands einer Studie zufolge enorm. „Chancengleichheit? Fehlanzeige!“, heißt es in der Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Wüstenrot Stiftung. Die am 12. Mai veröffentlichte Erhebung gibt auch eine Reihe von Empfehlungen, um die Lage zu verbessern.

Für die Studie analysierte das Forschungsteam Daten unter anderem zu Kinderarmut, dem Angebot an Ausbildungsplätzen, der Erreichbarkeit von Schulen und der Breitbandversorgung. Anhand dieser Daten wurden alle 400 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland miteinander verglichen. Zusätzlich führte das Forschungsteam in bestimmten, als exemplarisch ausgewählten Gegenden Interviews mit Kindern und Jugendlichen sowie Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit.

Wunsch nach Räumen, die selbst gestaltet werden können

Die Unterschiede zwischen den Regionen seien „teils gravierend“, heißt es in der Studie. Beispielsweise verließen im Kreis Stendal im Norden von Sachsen-Anhalt rund 15 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Schulabschluss. In München liege die Quote bei nur drei Prozent. „Noch größer sind die Unterschiede bei der Kinderarmut“, heißt es weiter.

Die Gespräche mit den jungen Menschen ergaben der Studie zufolge, dass sich deren Interessen überall stark ähneln, egal ob auf dem Land oder in der Stadt. „Sie wollen Freunde treffen, gemeinsam Sport treiben, Musik machen oder digitale Medien nutzen.“ Dabei wünschten sich die Kinder und Jugendlichen nicht nur „fertige Angebote“ sondern auch „Räume, die sie selbst gestalten können“.

Forscher: Interessen der Jugend ernst nehmen

Die Autorinnen und Autoren der Studie raten deshalb unter anderem dazu, jungen Menschen mehr Mitspracherechte zu geben. Entscheidungsträgerinnen und -träger „sollten sich trauen, Kinder und Jugendliche zu fragen und ihre Interessen ernst zu nehmen“, sagte Mitautor Jasper Mönning vom Berlin-Institut dem Evangelischen Pressedienst (epd). Diese machten „einen immer kleineren Anteil der Bevölkerung aus - aber das bedeutet nicht, dass ihre Stimme leiser werden sollte, eher im Gegenteil“.

Politikwissenschaftler Mönning verwies auf Erfahrungen aus der Recherche für die Studie, als die Autorinnen und Autoren Gespräche mit Kindern und Jugendlichen führten. „Das war häufig ein Aha-Erlebnis, weil wir gemerkt haben, Kinder und Jugendliche haben Lust, ihre Meinung kundzutun, und können das auch gut. Sie haben konkrete Ideen und möchten sich gerne einbringen.“

Großes Thema ist auch Mobilität

Ein großes Thema für junge Menschen sei beispielsweise Mobilität, sagte der Wissenschaftler. „Die Kinder und Jugendlichen wollen selbstständig und sicher unterwegs sein. Außer in größeren Städten gebe es aber “keinen ausreichenden öffentlichen Nahverkehr abseits der Schulzeiten„. Auch sichere Radwege seien gewünscht worden. “Was nützt mir das schönste Angebot, wenn ich gar nicht hinkomme oder nur mit dem Auto, das einkommensschwache Familien oft nicht besitzen?", fragte Mönning.

Er schilderte auch, was sich hinter abstrakten Zahlen zur Kinderarmut verbergen kann, die nicht nur die Teilhabe, sondern auch konkret den Bildungserfolg erschwere. „Es fängt etwa damit an, dass die Kinder zu Hause kein ruhiges Zimmer zum Lernen haben“, sagte Mönning. „Oft gibt es nicht einmal einen Schreibtisch. Ganz zu schweigen von einem Laptop. Das macht es einfach viel schwerer, sich gut um die Schule zu kümmern.“

Der Forscher berichtete von Gesprächen mit Sozialarbeiterinnen in einem Viertel von Wuppertal mit hoher Kinderarmut. Sie hätten von Angeboten per Videokonferenz in der Corona-Zeit berichtet. „Da wollten sie einmal Papierflieger bauen - aber es hatten einfach wenige von den Kindern Papier zu Hause.“

Gezielt in Bildung investieren

Johanna Okroi von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sagte bei der Präsentation der Studie in Berlin, in den Gesprächen hätten die jungen Menschen oft auch mehr Selbstbestimmung eingefordert. Dazu gehörten etwa guter öffentlicher Nahverkehr und sichere Radwege, um nicht aufs „Elterntaxi“ angewiesen zu sein. Auch mehr frei nutzbare Räume, etwa offene Jugendtreffs, würden gewünscht.

Zu den weiteren Empfehlungen in der Studie gehören außerdem gezielte Investitionen in Bildungseinrichtungen in benachteiligten Regionen. Um den Interessen junger Menschen mehr Gewicht zu verleihen, sollten zudem die UN-Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.

Christina Neuhaus


Alterssicherung

Hintergrund

Das Problem mit der Rente und den Beamten




Hinweisschild Rente
epd-bild/Heike Lyding

Berlin (epd). Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) sorgt für Schlagzeilen: Sie findet, dass auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenkasse einbezogen werden sollten. Die Union lehnt das ab. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Was ist der Status quo?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen in die gesetzliche Rentenkasse ein, die Hälfte des Beitragssatzes übernimmt der Arbeitgeber. Bei einigen anderen Erwerbstätigen ist das nicht der Fall. Viele Selbstständige etwa sind von der Versicherungspflicht befreit; zum Teil zahlen sie in separate Versorgungswerke ihrer jeweiligen Berufsgruppe ein. Für Beamte gibt es die Beamtenversorgung als eigenständiges System. Ihre Ruhegehälter fallen im Durchschnitt im Vergleich zu den gesetzlichen Renten deutlich höher aus, allerdings müssen davon auch Steuern und private Kranken- und Pflegeversicherung bezahlt werden. Abgeordnete bekommen eine sogenannte Altersentschädigung.

Was plant die Koalition und was fordert Bas?

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist vorgesehen, dass neue Selbstständige, „die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem zugeordnet sind“, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen. Zu Beamten und anderen Berufsgruppen gibt es keine Festlegung. Eine Rentenkommission soll bis 2027 weitere Vorschläge machen. Bas sagte in einem Interview, auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige sollten in die Rentenkasse einzahlen, um die Einnahmeseite zu verbessern - über die „Ausgestaltung“ solle die Kommission beraten.

Ist Bas' Idee überhaupt umsetzbar?

„Bei den Selbstständigen wäre es am einfachsten“, sagte der Volkswirt Stefan Moog, Senior-Experte für soziale Sicherheit bei der Prognos AG, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei Abgeordneten werde es schon schwieriger und „die größte Herausforderung stellen sicherlich die Beamtinnen und Beamten dar“, sagte Moog. Hintergrund ist das sogenannte Alimentationsprinzip. Es leitet sich aus dem Grundgesetz ab und besagt, dass der Staat den Beamtinnen und Beamten einen ihrem Amt angemessenen Lebensunterhalt gewähren muss - auch im Alter. Es müssten „erhebliche Hürden aus dem Weg geräumt werden und im Zweifelsfall wäre sogar eine Verfassungsänderung notwendig“, erläuterte Moog. Weil der überwiegende Teil der Beamtinnen und Beamten von den Bundesländern beschäftigt werde, müssten auch diese in eine Lösung einbezogen werden.

Was würde Bas' Vorschlag bringen?

Mehrere Studien stellen einen Entlastungseffekt in Aussicht. Die Wirtschaftsweisen erklärten Ende 2023 in ihrem Jahresgutachten, dass eine Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten sowie Selbstständigen der Rentenkasse einige Zeit helfen würde, weil die Zahl der Beitragszahlenden steigt und die Auszahlung von kommenden Renten erst sehr zeitverzögert anstehen würde. Moog sieht das ähnlich: Einige Jahrzehnte lang könne der Beitragssatz sinken und das Rentenniveau werde stabilisiert. Der bis etwa 2035 laufende Rentenstart der geburtenstarken Jahrgänge könne etwas abgefedert werden. „Klar ist aber auch, dass all die neuen Einzahlenden selbst Rentenansprüche erwerben, die irgendwann ausgezahlt werden müssen“, sagte Moog. „Das bedeutet: Die Ausgaben steigen langfristig.“ Die Beitragssatzvorteile würden „nach und nach wieder verschwinden“.

Würde die Umsetzung alle Probleme der gesetzlichen Rente beseitigen?

Nein. Experte Moog formuliert es so: „Wir haben über Jahrzehnte ein System fortgeführt, das gravierende Probleme aufweist - und diese lassen sich nicht mit einer einzelnen Maßnahme beheben.“ Auch die Wirtschaftsweisen hielten in ihrem Gutachten 2023 fest, dass die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung so „nicht gelöst“ würden.

Christina Neuhaus


Alterssicherung

Jenseits der Rentendebatte: Kirchen erwägen Ende der Verbeamtung



Düsseldorf, Kassel (epd). Während Politik und Beamtenvertreter über den Rentenvorstoß von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) diskutieren, erwägen oder planen manche evangelische Landeskirchen bereits ein Ende der Verbeamtung. So strebt die Evangelische Kirche im Rheinland als zweitgrößte deutsche Landeskirche eine Umstellung der Beschäftigung von künftigen Pfarrerinnen und Pfarrern auf privatrechtliche Dienstverhältnisse an. Sie würden dann in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Details sollen zurzeit geklärt und auf der Synode 2026 soll entschieden werden, ab wann die Neuerung gilt.

In der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck gibt es noch keinen Beschluss, aber eine Änderung der Anstellungsverhältnisse ist einer der Eckpunkte für die Haushaltskonsolidierung, wie Bischöfin Beate Hofmann sagte. „Jede Ordination ist ein goldener Handschlag über mehrere Millionen Euro aufs Leben gerechnet“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Die Frage ist schlichtweg: Können wir im Jahr 2060 oder 2070 jemandem seine Pension zahlen?“ Privatrechtliche Anstellungsverhältnisse seien im Blick auf die zukünftigen finanziellen Verpflichtungen der Kirche verlässlicher.

Teure Beihilfen zur Gesundheitsversorgung

Hintergrund sind die Kosten für die Beamtenversorgung, vor allem die Beihilfekosten zur Gesundheitsversorgung wachsen enorm. Mit jeder neu verbeamteten Pfarr- oder Verwaltungsperson werden zudem Rechtsverpflichtungen für rund 60 Jahre eingegangen: Wenn jetzt jemand mit 30 Jahren verbeamtet wird, könnte die Landeskirche Verpflichtungen bis möglicherweise 2085 eingehen. Diese Versorgungslasten will man künftigen Generationen nicht aufbürden. Anstellungen wären zudem auf Dauer pro Pfarrperson jeweils rund eine Million Euro günstiger.

Voraussetzung für die Umsetzung dieses im Februar beschlossenen Schritts der rheinischen Landeskirche ist, dass sich keine Risiken für die Landeskirche ergeben, „die in einem Missverhältnis zu den Chancen stehen“. Die Umstellung soll möglichst mit allen 20 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angegangen werden, im Zweifelsfall nur mit einigen oder notfalls auch alleine. Unter anderem denkt auch die westfälische Kirche über eine solche Veränderung nach.

Vorschlag der Ministerin sorgt für Unmut

Bundesarbeitsministerin Bas hatte gesagt, dass sich auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung beteiligen sollten. Über die Ausgestaltung werde die von der Koalition vereinbarte Rentenkommission beraten, erklärte sie. Gegen den Vorschlag gibt es Widerstand, vor allem aus der Union. Einer der Kritikpunkte an dem Vorschlag ist, dass so nicht langfristig mehr Geld in die Rentenkasse käme, da auch die Renten der Beamten daraus bezahlt werden müssten.

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist festgehalten, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent bis zum Jahr 2031 gesetzlich festgeschrieben wird. Entsprechende Mehrausgaben sollen mit Steuermitteln ausgeglichen werden. In einer Rentenkommission soll bis zur Mitte der Legislaturperiode eine neue Kenngröße für ein Gesamtversorgungsniveau geprüft werden.



Migration

Zuwanderung: Kritik an schleppender Umsetzung von Gesetzen




Die Einbürgerung bleibt in Deutschland ein zäher Prozess.
epd-bild/Christiane Stock
Qualität statt Quantität in der Gesetzgebung: Das fordert der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) in seinem Jahresbericht. Das Ziel sollten effizientere Verwaltungsabläufe in den Ausländerbehörden sein.

Berlin (epd). Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) fordert effizientere Verwaltungsabläufe in Ausländerbehörden. Zuständigkeiten sollten künftig auf Bundesebene konzentriert und Arbeitgeber etwa bei der Anerkennung von Berufserfahrungen stärker beteiligt werden, sagte der Vorsitzende Winfried Kluth am 13. Mai in Berlin bei der Vorstellung des Jahresgutachtens des Sachverständigenrates.

Zugleich sollten Gesetze und Maßnahmen regelmäßig evaluiert werden. In den vergangenen Jahren seien Gesetze „teilweise in schneller Folge geändert“ worden. Dies sei für die „ohnehin stark belasteten Verwaltungen eine Herausforderung“. Die Umsetzung von Gesetzen könne mit dem Tempo der Rechtsetzung „oft nicht Schritt halten“, sagte der Juraprofessor von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

„Gute Gesetzgebung muss Umsetzung mitdenken“

Kluth kritisierte auch kurze Anhörungsfristen im Gesetzgebungsprozess. „Gute Gesetzgebung“ müsse die „Umsetzung mitdenken“, heißt es unter anderem in den neun „Kernbotschaften“ des Expertengremiums. Regelmäßige „Praxischecks“ und Beteiligung der Behörden führten zu besseren Gesetzen: „Langsames Denken ist nachhaltiger“, sagte Kluth.

Die stellvertretende Vorsitzende Birgit Glorius sagte, Deutschland brauche nicht immer mehr Gesetze, sondern eine effektivere Umsetzung: „Es braucht mehr Mut zur Vereinfachung“, sagte die Migrationsforscherin von der Technischen Universität Chemnitz. Viele Behörden seien überlastet, die Digitalisierung komme nur schleppend voran, Arbeitsprozesse seien überreguliert.

Glorius: „Es sollte deshalb darum gehen, Bürokratie abzubauen, Prozesse stärker zu digitalisieren, Verfahren zu beschleunigen sowie die föderal organisierten Strukturen zu optimieren und Zuständigkeiten zu bündeln.“ Um die Wirkung von Gesetzen nachzuverfolgen, empfiehlt der SVR, Gesetzesvorhaben und Maßnahmen regelmäßig zu evaluieren und einer evidenzbasierten Aufgabenkritik zu unterziehen.

Neue Rolle für das Ausländerzentralregister

Der neunköpfige Sachverständigenrat empfiehlt im Gutachten unter anderem, „Kernprozesse“ zu zentralisieren. So könne das Ausländerzentralregister zu einer zentralen Plattform im Ausländer- und Asylrecht werden. Dokumente könnten dort einmalig für zugriffsberechtigte Behörden abgespeichert werden. Ausländerbehörden würden entlastet, „wenn nicht immer wieder dieselben Daten erhoben und Dokumente vorgelegt werden müssen“.

Hoffnungen verbindet der SVR auch mit dem neu geschaffenen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung. Ein zentrales Problem der Migrationsverwaltung sei die „fragmentierte Landschaft kommunaler IT-Unternehmen“. Behörden arbeiteten mit nicht immer kompatiblen Softwarelösungen.

Arbeitsteilung mit den Kommunen vorgeschlagen

Weiter sprechen sich die Experten für eine dauerhafte Förderung kommunaler Integrationsmaßnahmen durch die Länder aus. Eine Entlastung der Ausländerbehörden könnten das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten und die Bundesagentur für Arbeit erbringen. So könne das Bundesamt etwa Visa und Aufenthaltstitel bearbeiten und die Bundesagentur die Arbeitsmarktzulassung.

Der SVR empfiehlt zudem, Integrationskurse mit verlässlicher Kinderbetreuung sowie in Teilzeit anzubieten. Dies erleichtere es Teilnehmern, parallel zu arbeiten. Um den Fachkräftemangel im frühpädagogischen Bereich zu beheben, müssten die Anerkennungsverfahren für berufliche Qualifikationen ausländischer Fachkräfte vereinfacht und beschleunigt werden, sagte Glorius. Zudem empfehlen die Sachverständigen, lange Wartezeiten für Einbürgerungswillige zu verkürzen.

Lukas Philippi


Psychiatrie

Bundesarbeitsgemeinschaft: Alle Zwangsmaßnahmen erfassen



Ansbach (epd). Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie (BAG Psychiatrie) fordert eine einheitliche Definition und gleiche Kriterien für die Erfassung und das Monitoring von Zwangsmaßnahmen. Sie diskutierte das Thema bei ihrer jüngsten Jahrestagung in Ansbach. Im Kern ging es dabei auch um mehr Patientensicherheit. Erörtert wurden bauliche Konzepte, Schutzmaßnahmen, der Personaleinsatz sowie das Konfliktmanagement, heißt es in einer Mitteilung.

Die zentrale Erfassung von Zwangsmaßnahmen sei dringend erforderlich, betonten die Fachleute. Es gehe um Fixierungen, Medikationen, das Anlegen von Schutzkleidung, aber auch ärztliche Behandlungen und die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. „Der Rechtsrahmen dafür ist bewusst sehr restriktiv gehalten und es gibt zahlreiche Regelungen, die dafür sorgen sollen, dass kein Missbrauch erfolgt“, hieß es.

Transparenz sichert auch Qualität

Allerdings sei es bislang nicht möglich, eine bundesweite valide Übersicht über alle vollzogenen Zwangsmaßnahmen zu erhalten. „Das liegt daran, dass es keine einheitliche Definition gibt und auch keine zentral gesteuerte Erfassung.“ Die Unterschiede in den einzelnen Bundesländern seien vielfältig. So könne es sein, dass beispielsweise eine Fixierung nur dann als Zwangsmaßnahme zähle, wenn alle Extremitäten fixiert seien. Unterschiedliche Interpretationen gibt es den Angaben nach auch bei der Dauer der Maßnahmen. Schon an diesen beiden Beispielen zeige sich das Problem.

Die BAG fordert daher eine einheitliche Definition und einheitliche Kriterien für die Erfassung und das Monitoring dieser hochsensiblen, mitunter aber erforderlichen Maßnahmen. Nur dann könne man Transparenz schaffen und andererseits die Qualität sichern. „Gerade in der jetzigen Phase des Voranschreitens der Gesundheitsgesetzgebung in der neu gebildeten Bundesregierung sollte dieses Thema zwingend definiert werden“, hieß es.




sozial-Branche

Pflege

Aktionstag: Viele Forderungen nach Verbesserungen im Job




Es sind überwiegend Angehörige, die sich daheim um Demenzpatienten kümmern.
epd-bild/Klaus G. Kohn
Eine Petition mit mehr als 143.000 Unterschriften macht sich für Pflegebedürftige und deren Angehörige stark. Am Tag der Pflegenden am 12. Mai standen auch die Kompetenzen professioneller Pflegekräfte im Fokus.

Berlin (epd). Sozialverbände und Gewerkschaften haben zum Internationalen Tag der Pflegenden Verbesserungen für Pflegekräfte, Pflegebedürftige und deren Angehörige gefordert. In Berlin wurde eine Petition an das Bundesgesundheitsministerium übergeben. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sprach sich dafür aus, die Kompetenzen von Pflegekräften zu erweitern.

In der Petition „Mach dich stark für Pflege“ mit gut 143.000 Unterschriften forderten Verbände wie Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Paritätischer Gesamtverband, Deutscher Gewerkschaftsbund und Volkssolidarität den Umbau der Pflegeversicherung in eine Vollversicherung. Das solle Pflegebedürftige „vor unwägbaren finanziellen Risiken“ schützen, hieß es. Pflegende Angehörige müssten wirtschaftlich besser abgesichert werden. Lohnersatzleistungen und zusätzliche Rentenpunkte könnten dazu beitragen. Zudem müsse der Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung einfacher und übersichtlicher werden.

Hauptlast liegt bei Angehörigen

Diakonie-Bundesvorständin Elke Ronneberger wies darauf hin, dass 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt würden. Deren Angehörige trügen die Hauptlast der Pflege. Für deren Unterstützung müssten auch die Kommunen in die Pflicht genommen werden, forderte Ronneberger: „Wir brauchen eine bessere soziale Infrastruktur vor Ort für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige, wie zum Beispiel Tages- und Nachtpflegen und Seniorenclubs.“

Zuvor hatte die neue Gesundheitsministerin Warken erklärt, Pflege könne „mehr, als sie bislang darf“. Die Kompetenz von Fachkräften müsse stärker genutzt werden. „Wir müssen ihre Aufgaben ihren Fähigkeiten stärker anpassen, um den Beruf noch attraktiver zu machen“, ergänzte die Ministerin.

Auch Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbands Deutschland, bemängelte, dass hochqualifizierte Fachkräfte wie die Advanced Practice Nurse in Deutschland bislang ausgebremst würden. Trotz fundierter Ausbildung dürften sie ihre Kompetenzen nicht eigenständig anwenden, sagte Rümmelin: „Das frustriert, hemmt die Versorgung und vergeudet wertvolles Potenzial.“

Kirche unterstützt Pflegegeld-Vorschlag

Der Vorsitzende der Kommission für Ehe und Familie der Deutschen Bischofskonferenz, der Berliner Erzbischof Heiner Koch, sagte mit Blick auf die Reform von Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz, es sei im Sinne pflegender Angehöriger, „diese Gesetze zusammenzuführen, die Freistellungsansprüche flexibler zu gestalten und den Kreis der Berechtigten zu erweitern“. Der Einbezug von Nachbarn oder Freunden erkenne „die Bereitschaft von Menschen an, sich um ihre Nächsten zu kümmern“, sagte Koch. Die katholische Kirche unterstütze Überlegungen, ein Pflegegeld einzuführen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte fehlende Vereinbarungen zur Pflege im Koalitionsvertrag. Deren Vorstand Eugen Brysch äußerte Unverständnis darüber, dass eine Kommission eine Pflegereform erst erarbeiten soll. „Deutschland hat kein Erkenntnisproblem“, sagte Brysch, „sondern es fehlt an der Kraft der politischen Umsetzung.“ Pflegebedürftige und Angehörige bräuchten einen Rechtsanspruch auf Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Das Pflegegeld müsse um durchschnittlich 300 Euro pro Monat erhöht und anschließend dynamisiert werden. Auch müsse ein steuerfinanziertes Pflegezeitgeld kommen, ähnlich dem Elterngeld, sagte Brysch.

DRK dringt auf Handeln

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) verwies auf bereits bestehende Lösungsvorschläge. DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt erklärte, nun gelte es, „zu handeln, um den Kollaps im Pflegebereich zu verhindern“. Die Attraktivität von Pflegeberufen müsse mit Gehaltserhöhungen, Stärkung von Kompetenzen und mehr Freiraum für originäre Kernaufgaben erhöht werden. Zur Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger dringt das DRK auf den Ausbau von Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege, und forderte eine Stabilisierung der Pflegeversicherung durch eine breitere Einnahmenbasis und die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen aus dem Budget der Pflegekasse.

Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe erinnerte an die Rahmenbedingungen für die im Pflegesektor tätigen Unternehmen. Der Bundesgeschäftsführer des Verbands, Thomas Knieling, sagte, ohne tragfähige Pflegeunternehmen lasse sich „Versorgung weder sichern noch gestalten“. Es brauche ein „Pflegeunternehmensstärkungsgesetz“, das die wirtschaftlichen Grundlagen der Pflegeeinrichtungen sichere.

Nils Sandrisser


Pflege

Gastbeitrag

Versorgungslücken mit internationalen Fachkräften schließen




Bernd Meurer
epd-bild/bpa/Jürgen Henkelman
Der Präsident Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, fordert von der neuen Bundesregierung einen Kurswechsel bei der Anerkennung ausländischer Pflegekräfte. Mit der "Kompetenzvermutung" könnten schnell zusätzliche Fachkräfte für die Versorgung der Pflegebedürftigen eingesetzt werden, erläutert er in seinem Gastbeitrag für epd sozial.

Geschätzt 11.000 bestens ausgebildete internationale Pflegekräfte warten derzeit in Deutschland auf ihre formelle Anerkennung. Sie haben eine dreijährige Ausbildung oder sogar ein Studium hinter sich und verfügen über die notwendigen Sprachkenntnisse. Trotzdem dürfen sie über Monate hinweg nicht als Fachkräfte eingesetzt werden - im Schnitt unglaubliche 500 Tage lang.

Während unterschiedliche Behörden mit sprichwörtlicher deutscher Gründlichkeit Zeugnisse und Ausbildungsinhalte abstempeln, warten Familien in Deutschland händeringend auf professionelle pflegerische Unterstützung. Sie müssen die Versorgung eines pflegebedürftigen Angehörigen ohne Hilfe organisieren und dafür immer häufiger die eigene Berufstätigkeit einschränken oder sogar komplett aufgeben.

Leerstände wegen Personalmangels

Das ist die Situation, auf die die neue politische Spitze des Bundesministeriums für Gesundheit trifft. Die drängendste Aufgabe aktuell ist, die Versorgungssicherheit für pflegebedürftige Menschen in unserem Land wiederherzustellen und damit eines der zentralen Versprechen eines funktionierenden Staates wieder in Kraft zu setzen: Wer alt ist und professionelle Hilfe braucht, findet auch einen ambulanten Dienst, einen Tagespflegeplatz oder einen Platz in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Die Pflegeheimplätze sind da, aber sie können nicht genutzt werden, weil das Personal fehlt.

Über die Hälfte der Pflegeheime in Deutschland ist derzeit nicht voll belegt. Rund 80.000 Plätze dürften derzeit leer stehen, obwohl der Bedarf so groß ist wie nie zuvor. Im ambulanten Bereich ist es das gleiche Bild: Mehr als 80 Prozent der Pflegedienste lehnen neue Kunden inzwischen ab oder streichen ihre Touren sogar zusammen - es fehlen einfach die Kräfte, die rausfahren können.

Um diese Kapazitäten wieder nutzen und mehr pflegebedürftigen Menschen ein Versorgungsangebot machen zu können, sind vor allem zusätzliche Fachkräfte und qualifizierte Assistenzkräfte notwendig. Weil die generalistische Pflegeausbildung auch Jahre nach dem Startschuss nicht auf die Überholspur kommt, ist der Zuwachs im Bereich der Fachkräfte in den vergangenen Jahren ausschließlich über zugewanderte Kräfte entstanden und stagniert laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Wer internationale Fachkräfte schnell in den Versorgungsalltag bringt, löst auf diesem Wege die existenziellen Probleme tausender Familien.

Verheddert im Zuständigkeitswirrwarr

Die Zeit der kleinen Schritte bei den Themen Zuwanderung und Anerkennung von Pflegekräften ist vorbei. In den vergangenen Jahren haben vorbildliche Bundesländer wie Bayern die Anerkennungsbehörden gestrafft und ausgebaut, andere verheddern sich noch immer im Zuständigkeitswirrwarr. Da wird an mehreren Stellen geprüft, Dokumente liegen monatelang in den Behörden und müssen dann aktualisiert beschafft werden.

Das ist das Gegenteil einer Willkommenskultur. Das ist das Signal: Wir brauchen euch zwar irgendwie, aber eure Fähigkeiten brauchen wir nicht. So werden gut ausgebildete Pflegekräfte, die schon in Kliniken in Dubai gearbeitet oder gestern noch im Libanon intubiert haben, frustriert. Manche geben auf und bleiben Assistenzkräfte, manche ziehen weiter, andere üben sich monatelang in Geduld und spüren in dieser Zeit die ständige Geringschätzung, wenn sie entgegen ihrer Fähigkeiten lediglich als Hilfskräfte eingesetzt werden.

Jetzt brauchen die Pflegebedürftigen den großen, den mutigen Wurf. Dafür haben wir als bpa gemeinsam mit dem Verband der Ersatzkassen (vdek) die „Kompetenzvermutung“ vorgeschlagen. Sie wechselt komplett die Perspektive, sie reduziert bürokratische Anforderungen und bringt schnell zusätzliche Fachkräfte in die tatsächliche Versorgung der Pflegebedürftigen. Und sie kostet nicht einen Euro Steuergeld.

Die Idee dahinter ist einfach: Mit der Kompetenzvermutung können internationale Pflegekräfte mit einer mindestens dreijährigen Ausbildung oder einem Studium sowie den notwendigen Sprachkenntnissen sofort als Fachkräfte eingesetzt werden und uns bei der Lösung unserer demografischen Probleme helfen. Weitere Prüfungen von Ausbildungsinhalten und gegebenenfalls notwendige Anpassungsmaßnahmen erfolgen erst im Anschluss.

Eine einfache Lösung

Damit ist Pflegebedürftigen und ihren Familien geholfen, die wieder eine professionelle Unterstützung finden, und Pflegekräften ebenso, die derzeit unter einer immer weiter zunehmenden Arbeitsverdichtung ächzen. Dass die Kritiker dieser einfachen Lösung stets die Versorgungsqualität als Gegenargument ins Feld führen, verwundert. Die Vorstandsvorsitzende des vdek, Ulrike Elsner, hat dazu schon vor Monaten klargestellt: „Vorfahrt erhalten nur internationale Pflegekräfte mit einer mindestens dreijährigen Ausbildung oder einem Studium. Sie müssen außerdem angemessene sprachliche Qualifikationen vorweisen. Damit sichern wir das Kompetenzniveau (…).“ Worauf also noch warten?

Alle gewinnen: Die Kapazitäten zur Versorgung der Pflegebedürftigen wachsen, die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte sinkt, das Vertrauen in den Staat steigt und selbst die Anerkennungsbehörden werden entlastet.

Natürlich sind an der Umsetzung viele staatliche Ebenen beteiligt, doch die Regelungsmöglichkeiten liegen beim Bund und damit bei der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Ihr Haus kann - zum Beispiel über die geplante zeitnahe Gesetzgebung zur Kompetenzerweiterung von Pflegekräften - eine entsprechende Regelung zur Gleichwertigkeit internationaler dreijähriger Ausbildungen und Studiengänge unter der Bedingung des Vorhandenseins der entsprechenden Sprachkenntnisse in Paragraf 40 Abs. 2a Pflegeberufegesetz verankern.

Bernd Meurer ist Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa).


Pflege

Schulprojekt: Es muss keine Ausbildung zum Autoschrauber sein




Das Projekt in Hamburg mehr Jungen für den Pflegeberuf gewinnen.
epd-bild/Evelyn Sander
Von einer klischeefreien Berufswahl sind Jungen oft weit entfernt: Kfz-Mechatroniker, Industriemechaniker oder Elektroniker sind seit Jahren die beliebtesten Berufe. Ein Projekt in Hamburg will das ändern und mehr Jungen für Pflegeberufe gewinnen.

Hamburg (epd). Ein Blutdruck-Messgerät hatte Jonas (14) vorher noch nie in der Hand. „Es macht Spaß, so etwas mal auszuprobieren“, findet der Schüler der Stadtteilschule Hamburg-Bergstedt. Beim Projekttag „Jungs in der Pflege“ im Senator-Neumann-Haus legt der Achtklässler seinem Mitschüler die Manschette an, fühlt den Puls. Andere Jungen wickeln Verbandspäckchen aus, üben Druckverband oder testen den Lifter, der eine Menschenpuppe aus dem Bett in den Rollstuhl hebt.

„Wir wollen Hemmschwellen abbauen und zeigen, dass Pflege nicht nur weiblich ist“, sagt Ausbilder Simon Lachmann vom Sozialkontor, einem gemeinnützigen Anbieter von Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Zuerst ist Bewohner Timo Berdien dran. Er sitzt im St. Pauli-Trikot im Rollstuhl, erzählt munter drauflos: Über seinen Job und was er am liebsten in seiner Freizeit macht. Dann verteilen sich die Schüler der 8. Klasse an verschiedene Praxis-Stationen.

Klassische Rollenbilder werden überwunden

Ziel der Berufsvorbereitung ist es, neugierig zu machen. „Im Moment haben wir immer noch die klassischen Rollenbilder: Jungen gehen in die Werkstatt, Mädchen in die sozialen Berufe“, beobachtet Jonas Saßmannshausen, Lehrer der Stadtteilschule Bergstedt. Er möchte, dass das künftig anders wird: Kein Junge sollte als „uncool“ gelten oder sich einen Spruch einfangen, wenn er Pfleger werden will. „Es ist für alle Menschen gut, wenn Klischees durchbrochen werden und man seinen Horizont erweitert“, sagt Saßmannshausen. Jeder Mensch sollte einfach das lernen, was zu ihm passt.

Eine Ausbildung in der Pflege ist durchaus gefragt: „Ganz offensichtlich wollen viele junge Menschen in ihrem Berufsleben etwas Sinnstiftendes tun, etwas, das anderen hilft - das ist ermutigend“, sagt Bildungsexperte Arnold Rekittke von der Gewerkschaft ver.di Hamburg. Um den Nachwuchs langfristig in den Pflegeberufen zu halten, müssten sich jedoch die Bedingungen in der Ausbildung und im betrieblichen Alltag weiter verbessern.

Zahl männlicher Azubis wächst langsam

Laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes waren Ende 2024 insgesamt 147.100 Menschen in einer Ausbildung zu Pflege-Fachleuten. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg deutlich um neun Prozent auf rund 59.500. Insgesamt machen vor allem Frauen eine Ausbildung in der Pflege. Zwar wuchs die Zahl der männlichen Auszubildenden 2024 gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent auf 38.400. Dennoch waren immer noch fast Dreiviertel (74 Prozent) der Pflegeazubis weiblich.

Ausbilder Lachmann hofft, dass sich das ändern wird: „Wir brauchen mehr Menschen in der Pflege, vor allem auch mehr Männer.“ Trotz Hilfsmitteln sei die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen teilweise körperlich anstrengend. Nicht zuletzt sollte das Pflegeteam auch das „normale Leben widerspiegeln“, findet er. Viele Männer möchten sich lieber von Männern versorgen lassen. Lachmann: „Da spielen auch kulturelle Einflüsse eine Rolle, die wir berücksichtigen müssen.“

„Positive Pflegeerfahrungen möglich machen“

Um mehr Pflegenachwuchs zu gewinnen, kooperiert das Sozialkontor mittlerweile mit einigen weiterführenden Schulen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Im Rahmen des Projekts „Care - Entdecke deine Berufung“ werden praktische Unterrichtsangebote für die Berufsorientierung gestaltet. Lachmann: „Wir wollen jungen Menschen authentische und auch positive Erfahrungen mit Pflegeberufen ermöglichen.“

Die Jungen aus der 8. Klasse wissen jetzt, wie sie den Puls messen und einen Druckverband um den Arm anlegen sollen - zumindest so ungefähr. Levin weiß sogar mehr: Für den 15-Jährigen steht schon fest, dass er eine Pflege-Ausbildung anfangen will. Im Moment macht er in Bargteheide neben der Schule ein Langzeitpraktikum. Er hilft beim Frühstück, beim Anziehen und begleitet Spaziergänge. „Es ist schön, weil ich so viel von den Menschen zurückbekomme“, sagt Levin und knotet den Verband fest. „Sie freuen sich so, wenn ich komme.“ Ein gutes Gefühl, findet er.

Evelyn Sander


Pflege

Tiktok-Videos im Heim: Zwischen Ringlicht und Rollator




Edwin Szabaschus fährt auf dem Flur der Seniorenresidenz Heideblüte in einem ferngesteuerten Buggy-Auto.
epd-bild/Matthias Papst
Hunderttausende schauen die Tiktok-Videos der Bewohner und Pflegekräfte der Seniorenresidenz Heideblüte. Mit ihrer Idee wollen die Initiatoren Spaß in den Heimalltag bringen und für den Pflegeberuf werben.

Schneverdingen/Heidekreis (epd). Altenheim-Bewohner Edwin Szabaschus düst in einem kleinen Buggy-Auto, einer Art Gokart mit Elektromotor, über die Flure der Einrichtung. Er trägt einen aktuell angesagten Fischerhut, eine goldfarbene Kette, einen Trainingsanzug und schießt mit einer sogenannten Money Gun Geldscheine in die Luft. Klingt nicht nach einem normalen Tag im Altenheim? In der Seniorenresidenz Heideblüte im niedersächsischen Schneverdingen schon.

Hier gestalten Bewohner und Mitarbeiter gemeinsam Videos für die Social-Media-Plattform Tiktok. Seit 2023 veröffentlichen sie dort Clips. Viele davon sind viral gegangen, das heißt, dass sie von zahlreichen Menschen gesehen wurden. Ein Video hat bereits 2,2 Millionen Aufrufe, andere Videos wurden rund 500.000 Mal angeschaut.

Ideen für Filme kommen aus dem Team

Szabaschus hat sichtlich Freude in seinem Gefährt. „Wie im Kinderstuhl, ist Bombe, find ich gut“, sagt der 72-Jährige, der das erste Mal bei einem Tiktok-Dreh dabei ist. Ideen für die Videos kommen aus dem Team, aber auch von Bewohnerinnen und Bewohnern. „Es ist etwas aus der jungen Generation. Das finden die Bewohner cool“, sagt Pflegefachkraft Marleen Baden. Bei manchen Drehs kommt ein Ringlicht für eine bessere Ausleuchtung zum Einsatz.

Tiktok ist eine Social-Media-Plattform, auf der unter anderem kurze Tanzvideos mit Musikuntermalung gezeigt werden. Hauptzielgruppe sind jüngere Menschen bis 29 Jahre. Mit den Videos wolle das Team „das verstaubte Image, das die Pflege hat, ein bisschen wegbekommen“, sagt Baden. „Weil das so nicht ist.“

Ziel: Werbung für den Pflegeberuf

Nachwuchs in der Pflege wird dringend gesucht. 2055 werden Schätzungen zufolge 6,8 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig sein. Bis 2049 fehlen in Deutschland voraussichtlich zwischen 280.000 und 690.000 Fachkräfte. Mit den Videos wollen die Macher potenziellen Nachwuchs ansprechen. „Wir wollen zeigen, dass der Beruf attraktiv ist“, sagt Pflegedienstleiterin Natascha Sabrowski.

Rund 50 Videos wurden bislang auf dem Account der Seniorenresidenz Heideblüte hochgeladen. Sie hat rund 5.300 Follower. Mit den Tiktok-Aktionen wollen sie Spaß in die Seniorenresidenz bringen, sagt Einrichtungsleiter Morad Bounoua. Die Seniorinnen und Senioren machten nur mit, wenn sie es wollen. Auch die Angehörigen würden gefragt.

„Unser Ziel ist, dass die Senioren dem Alltag entfliehen können und wir sie aus den Routinen herausholen“, sagt Sabrowski. Bei den Drehs der Videos werde die Beziehung zwischen Bewohnern und Mitarbeitern gestärkt. Auch hätten sich dadurch Bewohner getroffen, die sich sonst nicht kennengelernt hätten, weil sie in verschiedenen Wohnbereichen leben.

Clip mit Musik des Rappers Eno

Das Buggy-Auto fährt vorbei am Empfang und verkeilt sich an der Eingangstür. Doch der Clip soll in einem Guss gedreht werden. Erneut gehen alle auf Position. Datenschutzbeauftragter Vincent Wetterling nimmt das Tiktok-Video mit dem Smartphone auf. Sabrowski lässt die Musik laufen, einen Song des Rappers Eno. Bounoua lenkt das Fahrzeug mit einer Fernbedienung. Szabaschus genießt den Trubel sichtlich.

Was jetzt passiert, ist Teil der am Vortag einstudierten Choreografie. Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung stellen sich Szabaschus in den Weg und werden von ihm 'über den Haufen' gefahren. Frei nach dem Motto: Macht Platz, ich mach mein Ding. Eine Kollegin verliert ihre Handtücher, die Mitarbeiterin aus der Betreuung fliegen die Mal-Unterlagen aus der Hand, Marleen Baden fallen die Tabletten-Pöttchen zu Boden.

„Das hat wirklich Spaß gemacht“

Zum Schluss fährt das Buggy-Auto nach draußen auf den Parkplatz. Cut: Szabaschus sitzt mit einer Mitarbeiterin aus der Pflege in einem Cabrio-Sportwagen - in Anlehnung an den Song des Rappers. „Das hat wirklich Spaß gemacht“, resümiert der 72-Jährige.

Die Reaktionen auf die Clips seien durchweg positiv, berichtet Baden. „Das finden immer alle sehr lustig, was wir hier mit den Bewohnern machen.“ Auch an diesem Tag haben sich einige Senioren ein Plätzchen in der Sonne gesucht und schauen sich von dort das Treiben an. „Pflege ist so viel mehr als waschen oder Medikamente verteilen“, sagt Baden. „Wir verbringen jeden Tag sehr viel Zeit mit den Bewohnern und bauen Beziehungen auf.“

Sonja Scheller


Armut

Interview

Katholischer Verband: Familienleistungen sind nicht sicher




Ulrich Hoffmann
epd-bild/Cathy Schneider/FDK
"Im Koalitionsvertrag steht einiges zur Familie drin", sagt Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbunds der Katholiken, im Interview mit epd sozial. Doch er schränkt gleich ein: "Vieles bleibt leider unkonkret. Es gibt wenig Verbindliches. Fast alles steht unter dem Vorbehalt der Finanzierung." - Kein gutes Omen.

Berlin (epd). Ulrich Hoffmann ruft die neue Bundesregierung auf, zentrale Projekte zugunsten von Familien wie die Reform des Elterngelds verbindlich zu finanzieren und gesetzlich zu verankern. Andernfalls bleibe „alles bloße Rhetorik. Familien brauchen Verlässlichkeit und keine Vertröstungen auf ungewisse Zeit“. Er stellt klar: „Es ist eine politische Entscheidung, ob man Haushaltsmittel für soziale Gerechtigkeit oder in anderen Bereichen einsetzen möchte.“ Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Herr Hoffmann, von mehreren Sozialverbänden war nach der Präsentation des Koalitionsvertrags von Union und SPD ein hartes Urteil zu hören: Der Vertrag verheiße nichts Gutes für Kinder und Familien, die in Armut leben. Gehen Sie da in dieser Rigorosität mit?

Ulrich Hoffmann: Wenn man sich die Präambel des Koalitionsvertrags anschaut, fällt positiv auf: Familien werden direkt benannt, ebenso die Bedeutung von Chancengleichheit und gesellschaftlicher Anerkennung. Das ist ein wichtiges Signal - allein schon, dass Familie nicht nur als privates Glück, sondern als politisches Anliegen ernst genommen wird. Im Verlauf der Koalitionsverhandlungen hatten wir die nicht ganz unbegründete Sorge, dass familienpolitische Themen hinten runterfallen könnten.

epd: Und jetzt?

Hoffmann: Mit dem vorliegenden Vertrag, sehen wir: Es ist doch einiges zur Familie drin. Das begrüßen wir ausdrücklich. Aber - und das ist entscheidend - vieles bleibt leider unkonkret. Es gibt viele gute Stichworte, aber wenig Verbindliches. Fast alles steht unter dem Vorbehalt der Finanzierung. Das macht es schwierig, denn solange die Umsetzung nur angekündigt oder erstmal an Kommissionen delegiert wird, bringt das einer Familie oder einer alleinerziehenden Mutter, die am Monatsende rechnen müssen, wenig.

epd: Die Regierung sollte also schnell ins Handeln kommen?

Hoffmann: Angesichts von über drei Millionen armutsgefährdeten Kindern in Deutschland braucht es konkrete, durchfinanzierte Maßnahmen, die zeitnah umgesetzt werden. Neben fachlicher Expertise braucht es politischen Willen, damit die dringenden gesellschaftlichen Fragen wie die gerechte Anerkennung von Sorgearbeit und die Reduktion der Familienarmut angegangen werden. Natürlich ist uns bewusst, dass die finanzielle Lage angespannt ist. Angesichts dessen hätte man sogar noch weniger befürchten können. Aber gerade das macht es umso wichtiger, Prioritäten richtig zu setzen. Wer jetzt nicht in Familien investiert - in Kinderbetreuung, Bildung, faire Unterstützung -, der spart an der Zukunft. Wir brauchen Verlässlichkeit. Wir brauchen konkrete Schritte - nicht nur Prüfaufträge.

epd: Ein Kernproblem der künftigen Regierung dürfte sein, dass an vielen Stellen das Geld fehlt. Werden da nicht zwangsläufig Reformen für Bedürftige ausgebremst?

Hoffmann: Wenn die Bundesregierung wirklich eine soziale Gesellschaft will, muss sie Prioritäten setzen - und Kinderarmut sowie die Unterstützung von Familien gehören an die oberste Stelle. Es ist eine politische Entscheidung, ob man Haushaltsmittel für soziale Gerechtigkeit oder in anderen Bereichen einsetzen möchte.

epd: Wie sicher sind die versprochenen Verbesserungen, die noch unter Finanzierungsvorbehalt stehen?

Hoffmann: Viele Vorhaben sind bisher nur Absichtserklärungen, und das ist enttäuschend. Wenn zentrale Projekte wie die Reform des Elterngelds nicht verbindlich finanziert und gesetzlich verankert werden, bleibt alles bloße Rhetorik. Familien brauchen Verlässlichkeit - kein „Vielleicht“ und keine Vertröstungen auf ungewisse Zeit. Derzeit ist nichts sicher. Fast alles, was im Koalitionsvertrag steht - ob Elterngeld, bessere Betreuung oder familienfreundlichere Leistungen - steht unter Finanzierungsvorbehalt. Und wir wissen alle: Die öffentlichen Kassen sind knapp, das wird sich so schnell auch nicht ändern. Deshalb ist es umso wichtiger, dass dort, wo es Zusagen gibt, das Geld auch wirklich ankommt. Im März hat die Bundesregierung ein Investitionspaket angekündigt - unter anderem für bessere Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur. Wir hoffen sehr, dass die Mittel aus diesem Investitionspaket auch wirklich dorthin fließen, wo sie gebraucht werden: in die Kitas, in die Schulen, in die Ausbildung von Fachkräften.

epd: Sie fordern konkret mehrere Maßnahmen, etwa höheres Kindergeld, mehr Elterngeld, Klimageld, Freibeträge für Eltern in den Sozialkassen. Wie dringend sind all diese Ansätze und wie sollen sie bezahlt werden?

Hoffmann: Diese Maßnahmen sind überfällig. Höheres Kindergeld, ein armutsfestes Elterngeld, Freibeträge für Eltern - das alles ist notwendig, um Familien zu stärken und Kinderarmut zu bekämpfen. Man darf nicht immer nur auf die Ausgabenseite von heute schauen und alles als „Mehrkosten“ abtun. Wenn wir heute mehr Geld in Bildung und Betreuung investieren, dann sind das keine Belastungen, sondern echte Zukunftsinvestitionen. Jeder Euro, der heute in gute Kitas, qualifizierte Fachkräfte oder verlässliche Ganztagsangebote gesteckt wird, zahlt sich später aus - gesellschaftlich wie volkswirtschaftlich. Ein weiteres gutes Beispiel ist das Klimageld. Natürlich kostet das etwas. Aber es gibt auch konkrete Gegenfinanzierungsmöglichkeiten - etwa über die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Das ist nicht nur machbar, sondern auch sozial gerecht: Wer wenig hat, darf am Ende nicht die Hauptlast des Umbaus zu mehr Klimaschutz tragen.

epd: Warum sind die Freibeträge für Familien so zentral?

Hoffmann: Bei unserer Forderung eines Freibetrags für Familien in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung geht es um eine gerechtere Verteilung der Lasten und um die gesellschaftliche Anerkennung dessen, was Familien tagtäglich für das Umlageverfahren leisten. Diese Freibeträge wären ein Zeichen: Ihr werdet gesehen, eure Leistung zählt. Das wäre nicht unbedingt teurer - vor allem wäre es fairer.

epd: Das Gleiche gilt bei der Bezahlung privater Pflegeleistungen (Pflegegeld). Wir realistisch ist es, dass hier Reformen kommen, die das möglich machen?

Hoffmann: Wenn wir uns anschauen, was der Koalitionsvertrag zum Thema Pflege sagt, dann sind die Aussagen leider sehr zurückhaltend. Da heißt es zum Beispiel: „Wir prüfen, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann.“ Das klingt mehr nach einem vagen Prüfauftrag als nach echter Reformbereitschaft. Aus unserer Sicht wird da viel zu wenig gemacht - obwohl der Handlungsdruck längst da ist. Die Pflege durch Angehörige ist eine tragende Säule unseres Pflegesystems. Doch viele Familien sind dabei finanziell überfordert. Eine Reform, die Pflegeleistungen verbessert und würdigt, ist nicht nur fair, sondern auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse.

epd: Warum?

Hoffmann: Realität ist, dass ein Großteil der Pflegearbeit in Deutschland von Familien, meist still, unbezahlt und unter hoher Belastung, geleistet wird. Wenn diese Familien nicht einspringen würden, müsste der Staat diese Pflege leisten. Hier wissen wir alle: Es fehlt an Fachkräften, es fehlt an Kapazitäten, an Infrastruktur, an finanziellen Mitteln. Mit anderen Worten: Ohne das Engagement der Familien würde das Pflegesystem an vielen Stellen schlichtweg zusammenbrechen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass diese Leistung endlich anerkannt wird - auch finanziell. Ein Familienpflegegeld wäre ein wichtiger Schritt als gerechter Ausgleich für die Pflegeleistung und die Entlastung der Allgemeinheit.

epd: Eine Möglichkeit, an Geld zu kommen, liegt in der Kappung des Ehegattensplittings. Wie stehen Sie dazu?

Hoffmann: Die Streichung des Ehegattensplittings ist kein seriöser Sparvorschlag. Beim Ehegattensplitting wird das gemeinsame Einkommen eines Paars versteuert, unabhängig davon, wie sich die Einkommen auf die beiden Partner verteilen. Dadurch werden alle Ehen mit gleichem Gesamteinkommen und gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gleich behandelt. Es geht also nicht um ein Steuerschlupfloch, sondern um eine sachgerechte Besteuerung des gemeinsamen Einkommens. Eine Streichung des Ehegattensplittings steht ausdrücklich nicht im Koalitionsvertrag und wäre im Übrigen auch verfassungswidrig.

epd: Wie sieht eine Alternative aus?

Hoffmann: Wir unterstützen würden die Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V. Sie verzerrt das Bild vom tatsächlichen Einkommen, wirkt sich nachteilig auf Rentenansprüche und Lohnersatzleistungen aus und gehört reformiert.

epd: Im Koalitionsvertrag wird eine sogenannte Teilhabe-App für Kinder angekündigt. Die Vorstellung ist, dass Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets - also etwa das Fußballtraining - künftig mit dieser Karte bezahlt werden sollen. Ist das hilfreich oder nicht mehr als eine technische Spielerei?

Hoffmann: Eine solche App kann hilfreich sein, aber sie darf keine Scheinlösung bleiben. Das Bildungs- und Teilhabepaket ist schon heute viel zu bürokratisch. Eine App ist nur dann ein Fortschritt, wenn sie Zugang zu Leistungen tatsächlich erleichtert und vor allem alle Familien erreicht - besonders jene mit geringem Einkommen. Die Umsetzung einer solchen App ist zudem komplex, da Bund, Länder und Kommunen zusammenarbeiten müssten.

epd: Noch ein Novum steht im Vertrag, über das bisher kaum jemand spricht: Die Einführung der Frühstart-Rente. Jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, das eine Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, soll pro Monat zehn Euro in ein kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen. Was sagen Sie dazu?

epd: Die angekündigten zehn Euro pro Monat sind sicherlich kein Gamechanger für die Altersvorsorge. Bis zum 18. Geburtstag würde der Staat für jedes Kind 1.440 Euro einzahlen. Mit Zinsen könnte es möglicherweise ein Betrag von gut 2.000 Euro werden. Der Hauptvorteil wäre der edukative Effekt: Kinder kämen bereits früh mit dem Thema der privaten Altersvorsorge in Kontakt und hätten bereits ein Altersvorsorgedepot. Wenn junge Menschen die bereits eingeleitete private Altersvorsorge fortführen würden, könnte dies tatsächlich einen großen Unterschied für ihr Vermögen im Alter machen.



Kinder

Kirche und Diakonie bangen wegen Finanznot um ihre Kitas




Kita in Bielefeld
epd-bild/Christian Weische
Gut jede sechste Kita in NRW wird von der evangelischen Kirche getragen. Viele von ihnen sehen ihre Arbeit gefährdet oder stehen bereits vor dem Aus. Die Träger beklagen eine eklatante Unterfinanzierung durch das Land - und fordern grundlegende Reformen.

Düsseldorf, Bielefeld (epd). Kirchlich getragene Kindertagesstätten bieten Betreuung und Bildung, aber auch religiöse Orientierung. Der Kirche sind sie ebenso lieb wie teuer. So musste etwa der Evangelische Kirchenkreis Bielefeld zu den bisherigen Kosten in den letzten vier Jahren außerplanmäßig rund 2,3 Millionen Euro zuschießen, weil die vom Land Nordrhein-Westfalen (NRW) pro Kind gezahlten Pauschalen erst nach 18 Monaten an tatsächliche Kostenerhöhungen angepasst werden. Dieser Betrag wird nicht erstattet. Die Finanzierung durch das Land sei „insgesamt nicht auskömmlich“, sagt die Geschäftsführerin des kreiskirchlichen Trägerverbundes, Melanie Hoffmann.

Landauf, landab warten kirchliche sowie andere freie Träger auf eine Novelle des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz), das die Finanzierung der Kitas regelt. Eine neue Regelung muss zum Kindergartenjahr 2026/27 in Kraft treten, doch noch liegt im Düsseldorfer Landtag nicht mal ein Referentenentwurf vor, wie aus Fachkreisen zu erfahren ist.

Keine Signale aus der Landesregierung

„Wir hören im Moment keine Signale, was die Landesregierung konkret plant“, sagt Christian Heine-Göttelmann, Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, bedauernd. Der Landesverband vertritt die 1.750 evangelischen Kindertagesstätten in NRW in Trägerschaft der verfassten Kirche und diakonischer Einrichtungen. Insgesamt gibt es im bevölkerungsreichsten Bundesland rund 11.000 Kitas.

Heine-Göttelmann fordert, die Kindpauschalen künftig sofort oder zumindest zeitnah an die Kostenentwicklung anzupassen. Zudem sollten die Trägeranteile größtenteils oder möglichst komplett wegfallen. Nötig sei ferner ein Aufschlag auf die Kindpauschalen von mindestens 25 Prozent, damit die Sachkosten auskömmlich finanziert werden könnten. Vergangenes Jahr seien real nur vier Prozent der Kindpauschalen für Sachkosten übrig geblieben. Hoffmann ergänzt, mit dem Aufschlag müssten auch die Instandhaltung von Gebäuden und die Kosten der Digitalisierung abgedeckt werden.

Viele Kita-Träger planen laut Heine-Göttelmann jedes Jahr mit hochdefizitären Haushalten, Rücklagen seien vielerorts nahezu aufgebraucht. Diese Träger setzten sich daher mit einer möglichen Aufgabe von Einrichtungen oder einer Reduzierung des Angebots auseinander. So kündigte der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein im Februar an, kommendes Jahr 11 seiner 56 Kitas abzugeben, weil die Belastung durch den kirchlichen Trägeranteil und die Verluste aus dem Kita-Betrieb nicht mehr zu stemmen seien.

Verhandlungen über Trägeranteil

So weit sei es in Bielefeld noch nicht, betont Geschäftsführerin Hoffmann. Sie ist für 28 Einrichtungen mit rund 2.000 Kindern zuständig. Für eine gewisse Entlastung sorgt, dass die Stadt Bielefeld die Trägeranteile der Anbieter freiwillig subventioniert. Müsste die Kirche ihren 10,3-Prozent-Anteil voll übernehmen, wären dies im laufenden Kindergartenjahr rund 3,2 Millionen Euro. „Das wäre utopisch“, sagt Hoffmann. So bleiben noch rund 565.000 Euro zu zahlen. Das sei „immer noch viel dafür, dass wir hier eine gesetzliche Aufgabe übernehmen“.

Derzeit werde mit der Stadt über eine Komplett-Übernahme des Trägeranteils verhandelt, erläutert Hoffmann. Gebe ein Träger eine Kita auf, sei die Kommune in der Pflicht - das käme sie deutlich teurer. Von ihrem Selbstverständnis her wolle die Kirche aber nicht auf Kindergärten verzichten. Kitas seien eine große Chance für die Gemeinden, jüngere Generationen zu erreichen. Sie seien auch wichtig für die Integration der Kinder aus Migrantenfamilien.

Die Liquiditätslücke von 2,3 Millionen Euro durch die späte Anpassung der Kindpauschalen macht es auch in Bielefeld schwer. Vor allem 2023, als die hohe Inflation nach Beginn des Ukraine-Krieges alles verteuerte, aber die Pauschale gleich blieb, habe man die Risikorücklagen massiv angreifen müssen, erklärt die Referatsleiterin. Ein kleiner Puffer sei noch vorhanden, mit dem anstehende Gehaltssteigerungen für die rund 600 Mitarbeitenden aufgefangen werden könnten. Die konfessionellen Träger bezahlen ihre Angestellten nach Tarifverträgen und haben damit höhere Personalkosten als andere Anbieter.

Standards sollen erhalten bleiben

Heine-Göttelmann ärgert sich über „Ratschläge aus der Politik, die Kita-Träger sollten nicht immer nur mehr Geld fordern, sondern kostengünstigere Personalkonzepte vorlegen“. Das Land hatte die Personalverordnung gelockert, damit auch anders qualifizierte Kräfte in Kitas beschäftigt werden können. Die evangelischen Kitas wollen aber nicht auf personelle Mindeststandards heruntergehen, sondern „die Qualität erhalten“, wie Hoffmann sagt. „Es geht ja nicht nur um Betreuung, sondern um Bildung.“ Wenn die Politik das wolle, müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen.

Falls in der KiBiz-Novelle die Trägeranteile nicht reduziert werden, die Sachkosten nicht steigen und die Kindpauschale nicht wenigstens alle sechs Monate fortgeschrieben wird, befürchten Hoffmann und Heine-Göttelmann eine Reduzierung der Trägervielfalt und der Wahlmöglichkeiten für Familien. „Auch wir müssten dann in ein paar Jahren überlegen, unsere personelle Ausstattung zu senken, Öffnungszeiten zu kürzen oder im schlimmsten Fall einzelne Kitas zu schließen“, sagt Hoffmann.

Ein größerer Rückzug evangelischer Kita-Träger werde aber nur erfolgen, wenn ihnen durch die Finanznot keine Wahl mehr bleibe, heißt es bei der Diakonie RWL. Dieser Punkt könnte nicht mehr weit entfernt sein, befürchtet Heine-Göttelmann.

Thomas Krüger


Kinder

SOS-Kinderdorf: Familientrennungen verhindern



München (epd). Zum Internationalen Tag der Familie am 15. Mai hat SOS-Kinderdorf auf die zunehmende Zahl von Kindern hingewiesen, die weltweit in Heimen leben. Schätzungen zufolge seien das acht Millionen Mädchen und Jungen, hieß es: Tendenz steigend. Generell seien sie dort oft struktureller Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalt ausgesetzt, heißt es in der Mitteilung.

Die Organisation verwies auf den eigenen „Globalen Bericht über Kinderbetreuung und Kinderschutz 2024“, laut dem der Anteil der Kinder in institutionellen Betreuungseinrichtungen Schlüsse über die Stärke des Kinderschutzsystems in den Ländern zulasse: Je höher die Zahl, desto wahrscheinlich sei es, „dass die Bedürfnisse der Kinder nicht berücksichtigt werden und dass staatliche Betreuungs- und Unterstützungssysteme für gefährdete Familien unzureichend sind“.

Kinder möglichst familiennah unterbringen

Boris Breyer, Pressesprecher der SOS-Kinderdörfer weltweit, sagt: „Es ist für jedes Kind ein massiver Einschnitt, seine Familie verlassen zu müssen. Wir müssen alles daransetzen, Familientrennungen zu verhindern. Sollte das nicht möglich sein, müssen wir dafür sorgen, dass Kinder familiennah und ihren Bedürfnissen entsprechend betreut werden.“

Stärkere Präventivmaßnahmen und Unterstützungssysteme in sozialen Bereichen wie Kinderschutz, Bildung und Gesundheit könnten gefährdete Familien stabilisieren. Stattdessen werde häufig auf die vermeintlich praktikabelste Lösung der Heimunterbringung zurückgegriffen. Alternative Betreuungsformen wie das Pflegefamiliensystem spielen den Angaben nach in den meisten Ländern weiterhin nur eine marginale Rolle.

Laut UN-Studien sind in Europa etwa 277 von 100.000 Kindern in Heimen untergebracht, der weltweite Durchschnitt liegt bei 102 von 100.000 Kindern. Innerhalb Europas haben die Ukraine, Weißrussland und Aserbaidschan die höchsten Raten bei der institutionellen Kinderbetreuung. In Ländern wie Paraguay, Ghana oder Nepal hätten zwischen 80 und 90 Prozent der Kinder in Heimen mindestens noch ein lebendes Elternteil. Viele Kinder aus von Armut betroffenen Familien lebten in Heimen, weil die Eltern nicht für Nahrung und Schulbesuch aufkommen könnten.

Überproportional hoch ist laut SOS-Kinderdorf in den Einrichtungen der Anteil von Kindern mit einer Behinderung. In Serbien etwa haben demnach 66 Prozent der Kinder in institutioneller Betreuung eine Beeinträchtigung. Obwohl die Heimunterbringung häufig damit begründet werde, dass dort ihr Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Bildung sichergestellt sei, erführen sie extrem oft eine unangemessene Behandlung. Laut SOS-Kinderdorf sind Kinder in Heimen generell oft struktureller Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalt ausgesetzt. In 120 Staaten sind Schläge in institutioneller Betreuung nicht ausdrücklich verboten.

Dirk Baas


Gesundheit

Malteser behandeln immer mehr Menschen ohne Krankenversicherung



Köln (epd). Die anonymen ärztlichen Sprechstunden der „Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung“ (MMM) verzeichnen einen wachsenden Zulauf. Die Zahl der Menschen, die sich 2024 an den 20 MMM-Standorten behandeln ließen, sei gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gestiegen, teilte der Malteser Hilfsdienst am 15. Mai in Köln mit. Danach suchten 7.400 neue Patientinnen und Patienten den Rat der Ärzte, die Zahl aller Behandlungen stieg auf 16.300, acht Prozent mehr als 2023.

„Nach unseren Daten wächst leider die Zahl der Menschen, die keine Krankenversicherung haben, statt sich zu verringern“, bilanzierte die MMM-Bundesbeauftragte des Malteser Hilfsdienstes, Gabrielle von Schierstaedt. „Das Menschenrecht auf eine gute Gesundheitsversorgung ist also nicht gewährleistet.“ Die Malteser-Sprechstunden seien „nur ein Auffangnetz, um das Nötige zu tun oder das Schlimmste zu verhindern“.

Die meisten Patienten waren EU-Ausländer

Unter den 7.400 Erstkontakten waren den Angaben zufolge 1.000 schwangere Frauen und 1.200 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Weitere 1.000 Patientinnen und Patienten seien älter als 60 Jahre gewesen. Die meisten Patienten kamen aus dem EU-Ausland (1.950), gefolgt von Asien (1.540), dem übrigen Europa (1.460) und Afrika (1.160). Rund die Hälfte aller Patientinnen und Patienten hatte keinen legalen Aufenthaltsstatus.

Einen deutlichen Anstieg verzeichneten die Malteser-Sprechstunden bei der deutschen Klientel. Fast 900 Patientinnen und Patienten hatten demnach eine deutsche Staatsbürgerschaft, ein Plus von 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2023.

In den Sprechstunden der Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung arbeiten den Angaben zufolge 360 überwiegend ehrenamtliche Medizinerinnen und Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen sowie Pflegekräfte und Verwaltungspersonal. Mit der vor kurzem eröffneten MMM-Einrichtung in Düren gibt es ingesamt 21 Standorte. Die größten fänden sich in Berlin, Duisburg, Hannover, Köln, Stuttgart und München, hieß es.




sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Patientenverfügung kann Zwangsbehandlung ausschließen




Bundesgerichtshof in Karlsruhe
epd-bild/Uli Deck
Eine von psychisch kranken Menschen wirksam erstellte Patientenverfügung kann Zwangsbehandlungen ausschließen. Genehmigt dennoch ein Gericht die Zwangsmaßnahme, liegt eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit vor, entschied der Bundesgerichtshof.

Karlsruhe (epd). Psychisch kranke Menschen dürfen in einer korrekt erstellten Patientenverfügung ärztliche Zwangsbehandlungen verbieten. Setzt sich ein Gericht dennoch über diesen formulierten Patientenwillen hinweg und genehmigt eine Zwangsmaßnahme, wird das Recht des Patienten auf körperliche Unversehrtheit und Integrität verletzt, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 5. Mai veröffentlichten Beschluss klar. Sei die Verfügung von einem Gericht als wirksam eingestuft worden, könne es die Zwangsbehandlung nicht wegen fehlender „rationaler Überlegung“ des Betroffenen erlauben, so die Karlsruher Richter.

Im Streitfall ging es um eine Frau aus Dresden, die seit 2021 wegen ihrer paranoiden Schizophrenie mehrfach in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht war. Am 29. September 2022 verfasste sie eine Patientenverfügung. Darin legte sie fest, dass sie nicht mit Neuroleptika und Antidepressiva zwangsweise behandelt werden solle. Lediglich für den Fall eines „später diagnostizierten Parkinson“ machte sie eine Ausnahme.

Amtsgericht genehmigte Zwangsbehandlung

Als das Amtsgericht Dresden auf Antrag ihrer Betreuerin Ende September 2024 die Unterbringung der Frau in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis zum 7. November 2024 genehmigte, schloss das auch die zwangsweise Gabe von Medikamenten zur Behandlung ihrer Schizophrenie ein. Nach Ende der Zwangsbehandlung wollte die Frau die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellen lassen.

Das Landgericht Dresden hielt die Zwangsbehandlung für rechtmäßig. Weil die Frau keinerlei Krankheitseinsicht zeige, müsse die notwendige Heilbehandlung auch gegen ihren Willen erfolgen. Auch die Patientenverfügung aus dem Jahr 2022 stehe einer Zwangsbehandlung nicht entgegen. Die Betroffene sei bei der Erstellung der Verfügung geschäftsfähig gewesen, so dass sie als wirksam anzusehen sei. Die Verfügung sei aber „kein Ergebnis rationaler Überlegung“ gewesen, weil die Patientin nicht in der Lage gewesen sei, „die Frage der Behandlung rational abzuwägen“.

Wirksame Verfügung ist bindend

Der BGH entschied nun jedoch, dass das Landgericht die zwangsweise Gabe der Medikamente nicht hätte genehmigen und sich nicht über die wirksame Patientenverfügung hätte hinwegsetzen dürfen. Eine Patientenverfügung stehe der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme entgegen, „wenn die Patientenverfügung wirksam errichtet wurde, eine Regelung zu Zwangsbehandlungen enthält und auch in der konkreten Behandlungssituation Geltung beanspruchen soll“. Das sei hier der Fall, entschied der BGH.

Für die Wirksamkeit einer Patientenverfügung müsse auch keine Geschäftsfähigkeit vorliegen. Es reiche aus, dass die Betroffene beim Verfassen ihres Patientenwillens über eine „natürliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit“ verfügt habe. Hier sei das Landgericht sogar von der Geschäftsfähigkeit der Frau ausgegangen. Widersprüchlich sei aber dann die Annahme, dass die Patientenverfügung trotz Geschäftsfähigkeit nicht auf dem Ergebnis „rationaler Überlegung“ beruhe und der Frau so die erforderliche Einsichtsfähigkeit abgesprochen wurde.

Landgericht muss Fall erneut prüfen

Damit sei die Beschwerdeführerin durch die ärztliche Zwangsbehandlung in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit und Integrität verletzt worden, so der BGH. Das Landgericht müsse zudem erneut prüfen, inwieweit die Frau in der Psychiatrie untergebracht werden durfte.

Am 8. Juni 2021 hatte auch das Bundesverfassungsgericht den hohen Stellenwert von Patientenverfügungen betont. Eine Zwangsbehandlung dürfe nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Patienten hätten ein Recht auf „Freiheit zur Krankheit“. Das schließe das Recht mit ein, „auf Heilung zielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese (...) dringend angezeigt sind und deren Unterlassen zum dauerhaften Verlust der persönlichen Freiheit führen kann“, erklärten die Verfassungsrichter im Fall eines psychisch kranken, im Maßregelvollzug untergebrachten Straftäters.

Voraussetzung sei aber, dass die Patientenverfügung wirksam „unter freiem Willen“ verfasst wurde. Untersage diese Verfügung eine Zwangsbehandlung, die allein dem Schutz des Patienten dienen soll, müssten Ärzte und Pflegekräfte sich daran halten. Anderes könne jedoch gelten, wenn die Zwangsmaßnahme auch zum Schutz anderer Menschen erforderlich sei, etwa, um tätliche Angriffe des Patienten zu verhindern. Hier müsse stets geprüft werden, ob die dann zulässige Zwangsbehandlung verhältnismäßig sei, so die Verfassungsrichter.

Im konkreten Fall müssten die Fachgerichte noch einmal darüber entscheiden, ob die Patientenverfügung wirksam vom Beschwerdeführer verfasst wurde und ob die Zwangsmedikation auch dem Schutz Dritter diente, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Az.: XII ZB 547/24 (Bundesgerichtshof)

Az.: 2 BvR 1866/17 und 2 BvR 1314/18 (Bundesverfassungsgericht)

Frank Leth


Bundesarbeitsgericht

Arbeitgeber muss für Datenschutzverstoß zahlen



Erfurt (epd). Arbeitgeber dürfen bei einem Software-Test nur erforderliche personenbezogene Daten ihrer Mitarbeitenden verarbeiten. Leiten sie zu Testzwecken für eine Personalverwaltungs-Software mehr Personaldaten an eine Konzernobergesellschaft weiter als in einer Betriebsvereinbarung geregelt, müssen sie für diesen Datenschutzverstoß Schadenersatz an den betroffenen Beschäftigten zahlen, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 8. Mai laut Mitteilung. Im Streitfall sprachen die Erfurter Richter dem klagenden Arbeitnehmer für seinen erlittenen Kontrollverlust über seine personenbezogenen Daten 200 Euro Schadenersatz zu.

Der Arbeitgeber, ein Konzern aus Baden-Württemberg, wollte im Jahr 2017 eine bestimmte cloudbasierte Personalverwaltungssoftware testen und dabei prüfen, ob diese konzernweit eingeführt werden soll. Der vorläufige Testbetrieb der Software war in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Diese sah vor, dass der Arbeitgeber unter anderem den Namen, das Eintrittsdatum, den Arbeitsort, die geschäftliche Telefonnummer und E-Mail-Adersse an die Konzernobergesellschaft übermittelt. Dann sollten die Daten in die Software übertragen werden. Tatsächlich wurden aber mehr Daten übermittelt, darunter etwa Gehaltsinformationen, die private Wohnanschrift, das Geburtsdatum, der Familienstand und auch die Steuer-ID.

EuGH entschied bereits im Dezember über den Fall

Der Kläger sah darin eine Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Er verlangte von seinem Arbeitgeber 3.000 Euro Schadenersatz. Das BAG legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor.

Nach dessen Urteil am 19. Dezember 2024 entschied nun das Bundesgericht, dass der Arbeitgeber einen Datenschutzverstoß nach der DSGVO begangen habe. Indem mehr personenbezogene Daten als in der Betriebsvereinbarung geregelt übermittelt worden seien, habe der Kläger einen Kontrollverlust über seine Daten erlitten. Dieser Datenschutzverstoß begründe einen Schadenersatzanspruch. Allerdings seien nicht 3.000 Euro, sondern nur 200 Euro hier angemessen.

Az.: 8 AZR 209/21




sozial-Köpfe

Verbände

Christine Vogler bleibt Präsidentin des Pflegerats




Christine Vogler
Keine Veränderung an der Spitze: Der Deutsche Pflegerat hat Christine Vogler im Amt der Präsidentin bestätigt. Vier neue Mitglieder ziehen in das Leitungsgremium ein.

Berlin (epd). Christine Vogler (56) bleibt an der Spitze des Deutschen Pflegerats (DPR). Sie wurde am 14. Mai in Berlin als Präsidentin bestätigt. Neu in das Amt als Vizepräsidentinnen wurden das bisherige Präsidiumsmitglied Jana Luntz sowie Pascale Hilberger-Kirlum gewählt. Neu im Führungszirkel sind Kathrina Edenharter, Silke Ludowisy-Dehl, Inge Eberl und Maria Kortgen vertreten.

Vogler dankte Irene Maier und Annemarie Fajardo, den ehemaligen Vizepräsidentinnen, und Christel Bienstein, Ulrike Döring und Birgit Pätzmann-Sietas für ihr langjähriges Engagement im Präsidium. Über viele Jahre hinweg hätten sie die Arbeit des Pflegerats maßgeblich mitgestaltet, „mit strategischem Weitblick, großem persönlichen Einsatz und tiefer Verbundenheit zur Profession Pflege“.

Christine Vogler steht seit Juni 2021 an der Spitze des DPR. Zuvor war die gebürtige Stuttgarterin von 2017 bis 2021 Vizepräsidentin. Vogler ist gelernte Krankenschwester und erwarb ein Diplom als Pflegepädagogin. Sie war Lehrerin für Pflegeberufe und leitete mehrere Pflegeschulen. Seit 2020 ist die Pflegeexpertin Geschäftsführerin des BBG Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe.

Der Deutsche Pflegerat ist der Dachverband von 22 Fachverbänden des Pflege- und Hebammenwesens. Er wurde 1998 gegründet, um mit einer Stimme für die Interessen der professionell Pflegenden in Deutschland zu sprechen. Heute vertritt er nach eigenen Angaben 1,7 Millionen beruflich Pflegende auf Bundesebene.



Weitere Personalien



Monika Kleinefenn (55) ist seit dem Monatsbeginn neue Vorständin von IN VIA Deutschland. Sie ist für die inhaltlich-fachlichen Themen des Verbandes zuständig. Gemeinsam mit Katja Schauen, die als Vorständin von nun an vor allem den Finanzbereich führt, leitet sie den Verband. Kleinefenn war zuletzt Geschäftsführerin der Katholischen Frauengemeinschaft im Erzbistum Köln. Sie engagiert sich für die Interessen von Frauen in Kirche und Gesellschaft, zum Beispiel auch im Vorstand des FrauenRats Nordrhein-Westfalen. Dazu bringt sie Erfahrung aus ihrer Arbeit als Büroleiterin bei Bundestagsabgeordneten mit. Der IN VIA-Rat freut sich über die neue Verbandsleitung. Sigrid Pätzold, Vorsitzende des IN VIA-Rates: „Monika Kleinefenn bringt alles für dieses Amt mit: langjährige Erfahrungen in politischen Netzwerken, breites Wissen zu allen Frauenthemen, Leitungskompetenzen und ein gutes Gespür für die gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit.“

Nora Welsch (32) soll neue Landes-Behindertenbeauftragte in Baden-Württemberg werden. Sie stammt aus Baden-Baden und soll die Nachfolge von Simone Fischer antreten, die nach ihrer Wahl in den Bundestag ihr Amt niedergelegt hat. Der Landes-Behindertenbeirat hat der Personalie bereits zugestimmt. Welsch, die im Rollstuhl sitzt, ist seit 2020 kommunale Behindertenbeauftragte der Stadt Baden-Baden und engagiert sich darüber hinaus im Landes-Behindertenbeirat. Nach ihrem Studium der Publizistik und Medien- und Kommunikationsforschung in Mainz sammelte sie unter anderem Erfahrungen beim Softwareunternehmen SAP sowie im Deutschen Kinderhospizverein.

Martin Tölle, Diplom-Volkswirt, wird ab Januar den Vorstandsvorsitz der Josefs-Gesellschaft gAG in Köln übernehmen. Er folgt auf Theodor-Michael Lucas, der nach mehr als 30 Jahren in den Ruhestand tritt. Tölle ist als Ökonom für das Bistum Aachen tätig und verantwortet dort die Finanz- und Vermögensverwaltung. Zuvor war er als Wirtschaftsprüfer bei der KPMG AG und in leitenden Positionen bei der Solidaris Revisions-GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beschäftigt. Das katholische Sozialunternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben 10.000 Mitarbeitende. Es ist Träger von 38 Beteiligungsgesellschaften für Menschen mit Behinderungen, Senioreneinrichtungen und Krankenhäusern. Die Angebote reichen von Wohnmöglichkeiten, Schulen, beruflicher Bildung und Werkstätten bis hin zur medizinischen und pflegerischen Versorgung.

Selma Möllenbeck ist neue Geschäftsführerin der Sozialwerk St. Georg Care gGmbH in Duisburg. Zuvor war sie als Einrichtungsleitung bei der Haus Golten gGmbH, einer Einrichtung der Josefs-Gesellschaft, tätig. Von 2019 bis 2024 arbeitete sie bei der AWO, zunächst als Einrichtungs- und Pflegedienstleitung in Kleve, anschließend als Fachbereichsleitung beim Kreisverband Wesel. Weitere berufliche Stationen führten sie zu verschiedenen Organisationen im Sozialwesen. Möllenbeck ist examinierte Altenpflegerin, Fachwirtin in der Alten- und Krankenpflege und hat Pflegemanagement in Bremen studiert.

Hannah Kirch leitet seit Monatsbeginn die Stabsstelle Organisations-, Personal- und Kulturentwicklung der Stephanus-Stiftung in Berlin. Zuvor war sie als Managerin bei der Infora GmbH tätig. Dort begleitete sie Organisationen bei der digitalen Transformation und Organisationsentwicklung. Von 2009 bis 2017 arbeitete sie bei der Bundesagentur für Arbeit, unter anderem als Bereichsleiterin, Expertin für berufliche Rehabilitation und Personalberaterin. Kirch ist Diplom-Politikwissenschaftlerin, systemischer Coach, Supervisorin und Business-Moderatorin.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Juni



Mai

22.5.:

Online-Fortbildung „Krisenprävention durch Früherkennung - Weg zur stabilen Unternehmensführung“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

28.5.:

Online-Kurs „Künstliche Intelligenz (KI) in sozialen Einrichtungen: Chancen nutzen, Datenschutz sichern“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200 1700

Juni

2.-3.6. Hannover:

Fachtagung „Aktuelle Fragen des Bürgergeldes, der Grundsicherung für Arbeitssuchende“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-606

3.-5.6.:

Online-Seminar „Fehlzeiten - Urlaub, Krankheit und Abwesenheitszeiten im Arbeitsrecht“

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

4.-5.6.:

Online-Seminar „Aktuelle Entwicklungen in der europäischen Sozialpolitik“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980-424

5.6.:

Online-Seminar „Psychische Erkrankungen: Vom Umgang mit Suizidalität“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 01577/7692794

16.-17.6. Berlin:

Seminar „Schutz und Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern - Gelingende Netzwerkarbeit vor Ort“

des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge

Tel.: 030/62980 605

24.6.:

Online-Seminar „Compliance - Grundlagen für gGmbHs, Vereine und Stiftungen“

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 01577/7692794

24.-26.6. Hildesheim:

Seminar „Wirksame Führung im 21. Jahrhundert“

der Akademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 0174/315 49 35