Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will zwei Milliarden Euro für ein "Aufholprogramm" für Kinder und Jugendliche bereitstellen, das negative Folgen der Corona-Krise ausgleichen soll. Damit werde versucht, entstandene Bildungslücken, Lernrückstände, ausgefallene Sprachschulungen oder psychologische Probleme zu kompensieren, sagte die Ministerin am 20. April bei einer Online-Infoveranstaltung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter. Die angedachten Projekte sollten sich nicht nur auf schulischen Nachhilfeunterricht beschränken, sondern auch die frühkindliche Bildung fördern und spezielle Sportangebote oder Kinderfreizeiten unterstützen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter will das Vorhaben unterstützen, sieht aber einen erheblich höheren Finanzbedarf. Deren Vorsitzender Lorenz Bahr forderte einen "Post-Corona-Fonds Kinder- und Jugendhilfe" in Höhe von jährlich 5,6 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027. Der lasse sich decken, wenn sich nicht der Bund alleine, sondern auch die Länder und Kommunen finanziell engagierten. Bahr sprach von einer gemeinschaftlichen Aufgabe. Er sei "relativ optimistisch, dass uns das auch gelingt."
Zugleich soll laut Giffey auch die Präsenz der Schulsozialarbeit ausgebaut werden. "Beteiligt an den Planungen sei auch das Bundesbildungsministerium: "Zwei Milliarden Euro, das ist viel, viel Geld."
Zugleich verwies die Ministerin auf den weiteren Ausbau finanzieller Unterstützungen für Familien in der Pandemie und darauf, dass hier bereits verschiedene gesetzliche Hilfen erweitert beziehungsweise verlängert wurden. Sie nannte beispielhaft die Erhöhung des Kinderzuschlages, mehr Gelder im Teilhabepaket und eine zusätzliche Milliarde Euro für den Kita-Ausbau. Auch verwies Giffey auf das aktuelle Vorhaben ihres Ministeriums, den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter noch bis zum Ende der Legislaturperiode durchzusetzen. Der Referentenentwurf dazu sei soeben zur Anhörung an die Verbände gegangen, so Giffey.
Umfrage unter Jugendämtern
Bahr stellte die neue Kampagne "Das Jugendamt - Unterstützung, die ankommt" vor, die vor allem über die Arbeit der Behörden informieren soll. Bei den kommenden Aktionswochen wolle man deutlich machen, dass "das Jugendamt immer da ist, gerade auch jetzt, in der Krise". Durch die Betreuung und Begleitung durch die Behörden bekämen Kinder eine "wichtige Starthilfe". Die Ämter hätten sich "kreativ, flexibel und pragmatisch der Situation in der Corona-Pandemie angepasst", sagte Bahr.
Der Vorsitzende stellte zugleich die Resultate einer Umfrage bei den 559 Jugendämterm vor, in der die Folgen der Pandemie für die Arbeit der Behörden ermittelt wurden. Man habe enorme Defizite in der Entwicklung junger Menschen festgestellt, sagte Bahr. Er sprach von "verlorenen Chancen in der Pandemie und nachhaltigen Schäden".
Die Folgen der Pandemie in der Bildung seien längst zu einem Mittelschicht-Problem geworden, sagte Bahr. "Viele junge Menschen, insbesondere im Alter von 14 bis 18 Jahren, sind unter dem Radar des Jugendamtes durchgegangen", erläuterte Birgit Zeller, Sprecherin der AG Öffentlichkeitsarbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft und Leiterin des Landesjugendamtes Rheinland-Pfalz in Mainz. Auch Familien in prekären Lebenslagen, psychisch erkrankte Eltern sowie Alleinerziehende seien deutlich schwerer für das Jugendamt erreichbar gewesen.