Im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages haben die Sender nach Expertenmeinung trotz der Ablehnung ihres Eilantrages durch das Bundesverfassungsgericht gute Chancen auf einen Erfolg im Hauptsache-Verfahren. Dafür gebe es "gute Gründe, die sich gerade aus der bisherigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben", sagte Tobias Gostomzyk, Professor für Medienrecht an der Technischen Universität Dortmund, am 22. Dezember dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Karlsruher Richterinnen und Richter hatten tags zuvor gegen einen Eilantrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio wegen der Blockade der Beitragserhöhung um 86 Cent durch das Land Sachsen-Anhalt entschieden.

Vorheringe Entscheidungen des Gerichts regelten "einigermaßen detailliert", wann Landesparlamente von Finanzierungsvorschlägen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) abweichen dürften, sagte Gostomzyk. Grund sei, dass "der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade nicht Spielball parteipolitischer Auseinandersetzungen werden soll".

Die Rundfunkanstalten konnten nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes nicht ausreichend darlegen, warum ihnen durch einen gleichbleibenden Rundfunkbeitrag irreversible Nachteile entstünden. Bleibe der Beitrag bei 17,50 Euro, habe dies eher schleichende Auswirkungen, sagte Gostomzyk. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die digitale Umstrukturierung des Rundfunks und allgemeine Preissteigerungen. Das Argument des Gerichtes, die Beitragserhöhung könne bei Erfolg der Sender in der Hauptsache zurückgezahlt werden, "ist hier zu wenig", kritisierte der Medienrechtler.

Ein Sprecher des Deutschlandradios sagte dem epd, die Rundfunkanstalt werde "nun zeitnah kurzfristig umsetzbare Sparmaßnahmen beschließen". Bleibe die Beitragsanpassung aus, fehlten dem Deutschlandradio in den kommenden vier Jahren insgesamt rund 66,5 Millionen Euro. Einsparungen in dieser Größenordnung hätten "unweigerlich erhebliche Folgen für die Programmgestaltung". Ähnlich hatte sich bereits der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow nach der Entscheidungsverkündung geäußert.

ver.di befüchtet Verlust von Arbeitsplätzen

Auch die Gewerkschaft ver.di äußerte die Befürchtung, dass es zu Einschnitten ins Programm sowie einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen könnte. Ver.di werde sich gegen Reduzierungen der Beschäftigung sowohl in der laufenden Berichterstattung als auch von Freien und Projektbeschäftigten in Fernsehproduktionen einsetzen, sagte Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz. "Die Vielfalt und Aktualität der Programminhalte dürfen nicht zum Opfer der kurzfristigen Sparprogramme der Rundfunk-Intendantinnen und - Intendanten werden", erklärte er.

Wann genau das Bundesverfassungsgericht eine inhaltliche Entscheidung trifft, lasse sich nur schwer prognostizieren, sagte Medienrechtler Gostomzyk. Erfahrungsgemäß könne dies Jahre dauern. Zudem seien die zu beantwortenden Rechtsfragen gerade wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks folgenreich. "Von mindestens zwei bis drei Jahren dürfte man deshalb schon ausgehen", sagte er.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) regten derweil Reformdebatten über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an. Schleswig-Holstein dränge seit Jahren auf eine Überarbeitung von ARD, ZDF und Deutschlandradio, sagte Günther der Zeitung "Die Welt". Vorschläge, die etwa mehr Eigenverantwortung der Sender vorgesehen hätten, seien aber durch andere Länder abgelehnt worden.

Weil sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland", ein vielfältiges, vertrauenswürdiges Angebot in Audio, Video und im Internet sei wichtiger denn je. Innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens brauche es aber eine Debatte über die weitere Modernisierung der Öffentlich-Rechtlichen.